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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 79 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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dirk Offline



Beiträge: 1.538

25.03.2016 17:36
#76 RE: Mal wieder was zu einer Spiegel-Kolumne Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #68
Aber im Grund genommen ist es meiner Ansicht nach durchaus fremdenfeindlich, wenn man zwischen Fremden 1. und 2. Klasse unterscheidet. Das klingt so nach "Ich kann ja nicht fremdenfeindlich sein, ich hab mir gestern eine Pizza liefern lassen". Aber noch mal - das ist eine Frage der persönlichen Beurteilung, ich gebe zu, dass ich da strenger bin.

Gruß Petz


Nein. Wenn man zwischen Fremden "1. und 2. Klasse" anhand einer Charakteristik X diskriminiert, heisst es, dass man vielleicht X-feindlich ist, aber nicht fremdenfeindlich. Wenn ich gegen die Augnahme/Einreise krimineller Ausländer bin, bin ich nicht fremdenfeindlich (auch wenn unsere Staatspropagandasender das vielleicht anders sehen). Wenn ich gegen die Aufnahme von Muslimen bin, bin ich möglicherweise muslimenfeindlich. Aber auch das nicht notwendigerweise. Vielleicht bin ich auch nur Islamistenfeindlich und kann Statistiken interpretieren.

Florian Offline



Beiträge: 3.171

29.03.2016 12:54
#77 RE: Mal wieder was zu einer Spiegel-Kolumne Antworten

Das Problem beim Spiegel scheint mir zu sein, dass aus deren Sicht alles links der SPD ohnehin irgendwie unappetitlich ist.

Es fehlt dann die Trennschärfe, um verschiedene Spielarten von "Konservativ" auseinanderhalten zu können.

Man betrachte z.B. den aktuellen Spiegel-Titel:
https://magazin.spiegel.de/SP/2016/13/in...aign=centerpage

"Die gefährliche Rückkehr der Religionen".

Ich will mich jetzt gar nicht darüber auslassen, dass der Spiegel die Problematik "religiöser Terrorismus" mit einem großen Kreuz illustriert.
(Die Spiegel-Ausgaben ausgerechnet zu Weihnachten und zu Ostern sind seit Jahrzehnten für anti-christliche Propaganda reserviert. Das hat da halt Tradition).
Sondern auf ein kleines Detail hinweisen:
Rechts oben auf dem Titel hat der Spiegel auch noch Donald Trump reinkopiert.
Als ein weiteres Beispiel für "religiösen Fanatismus".

Was aber natürlich komplett falsch ist.
Trump ist der am wenigsten religiös auftretende republikanische Kandidat seit Jahrzehnten. (siehe u.a.: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgesc...ld-trump-kritik ). Zudem ist er in gesellschaftspolitischen Fragen sehr moderat. Unter anderem ist er - sehr ungewöhnlich für einen Republikaner - "pro-choice".
Dass er damit durchkommt (und den evangelikalen Rivalen Cruz deutlich hinter sich lässt), zeigt ja gerade, dass der Einfluss der (lt. Spiegel) "christlichen Fundamentalisten" auch in der republikanischen Partei tendenziell geringer geworden ist.

Und ausgerechnet Trump nimmt der Spiegel nun als Poster-Boy für das Erstarken christlicher Fundamentalisten.
Schon sehr seltsam.
Und eben nur so zu erklären, dass aus Sicht der Spiegel-Redaktion das alles die gleiche Soße ist: Republikaner, christliche Fundamentalisten, Tea Party, NeoCons, Evangelikale, Neoliberale: alles rechts der SPD, alles irgendwie "bäh", alles miteinander verwandt und irgendwie das gleiche Zeugs.
Ist es natürlich in Wahrheit nicht. Dass der Spiegel das nicht erkennen kann, liegt an der eigenen ideologischen Distanz zu diesen Weltanschauungen.


[Für eine Analyse der verschiedenen Spielarten von "Republican" siehe z.B. immer sehr gute Seite www.fivethirtyeight.com.
Ein Beispiel:
http://fivethirtyeight.com/features/marc...ver-had-a-base/
In diesem Artikel wird das Kandidaten-Feld der Republikaner in fünf verschiedene ideologische Felder aufgeteilt, die sich mehr oder weniger überschneiden können. (Wobei zum Beispiel die Kreise "Libertarian" und "Christian Conservative" logischerweise kaum Schnittmengen haben.)
Von allen relevanten Kandidaten ist Trump am weitesten entfernt vom Kreis "Christian Conservative" eingezeichnet. Meines Erachtens zu Recht.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.422

29.03.2016 13:43
#78 RE: Mal wieder was zu einer Spiegel-Kolumne Antworten

Werter Florian,
Ihr Beitrag war für mich außergewöhnlich informativ. Danke.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

29.03.2016 15:04
#79 RE: Mal wieder was zu einer Spiegel-Kolumne Antworten

Zitat
Ich verstehe ganz ehrlich nicht wo dieses Argument immer wieder herkommt. Das hatte ich auch schon einmal länger mit unserem Techniknörgler debattiert. Das deutsche Grundgesetz gilt .... tada .... in Deutschland.



Hier muss ich korrigieren: Es gilt für Deutschland. Es bindet die deutsche Staatsgewalt.

Zitat
Sich auszusuchen wer nach Deutschland kommt und wer nicht, hat mit dem Grundgesetz, mal ab vom Asylrecht, genau gar nichts zu tun. Andernfalls müsste man zu der absurden Annahme kommen, dass der deutsche Staat auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit weltweit durchsetzen müsste.



Hier wird mit einer parallele zwischen Gleicheitsgrundrecht und Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit argumentiert. Dann kann man auch mit eine parallele zwischen Asylrecht auf der einen Seite und Gleicheitsgrundsatz und körperlicher Unversehrtheit auf der anderen Seite argumentieren. Warum ist das Asylrecht die Ausnahme?

Der Grund, warum Deutschland nicht weltweit körperliche Unversehrtheit durchsetzen muss, ist, dass man außerhalb Deutschlands die Grundrechte nicht als Anspruchsgrundrechte interpretieren kann, sondern nur als reine Abwehrmaßnahme gegen deutsches Staatshandeln. Das verstößt auch nicht gegen den Gleicheitsgrundsatz, denn nach Staatsangehörigkeit oder in- und ausländischem Wohnort kann man durchaus unterscheiden. Das ist aber etwas anderes als Rechtlosigkeit.

Und selbst wenn: Jemand, der deutschen Boden betreten hat, kann sich auf jeden Fall auf den Gleicheisgrundsatz berufen.

Was ich mich bei dem Argument immer frage: Wie kommt man eigentlich darauf, die Grundrechte würden die deutsche Staatsgewalt außerhalb deutschen Hoheitsgebietes gar nicht binden? Wegen der Formulierung "Geltungsbreich des Grundgesetzes"? Das ist einfach eine andere Formulierung für "Inland", weil man die DDR nicht "Ausland" nennen wollte. Die Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland basiert natürlich vollumfänglich auf dem Grundgesetz, es ist die Rechtsgrundlage für ihre Existenz. Es beschreibt auch den Aufbau dieser Staatsgewalt, schafft damit die Rechtsgrundlage für das deutsche Auswärtige Amt, für den Bundespräsidenten und sein Recht Deutschland nach außen zu vertreten, Botschafter in andere Länder zu entsenden und - last but not least - bestimmt, wer eigentlich die oberster Befehls- und Kommandogewalt hat, sowie es überhaupt die Rechtsgrundlage für die Bundeswehr zu schafft. Hieße dies, dass der Verteidigungsminister (im Verteidigungsfall: der Bundeskanzler) deutschen Soldaten außerhalb deutschen Hoheitsgebietes keine Befehle erteilen kann? Und was ist mit der Rechtsgrundlage, auf der sonstige Befehlsgewalt innerhalb der Bundeswehr basiert? Die entsprechende Verordnung ist auf Basis eines Gesetzes erlassen wurden, welches wiederum erst durch den Bundestag erlassen wurde - ein Gesetzgeber, der erst vom GG geschaffen wurde.

Das man Unterschiede zwischen In- und Ausland machen muss und darf ist unbestritten. Das der deutsche Staat nicht auf Grund der Grundrechte außerhalb seines Hoheitsgebieten aktiv werden muss, dass es hier keine Anspruchsgrundrechte seien können, ist klar. Aber gar nicht gebunden?

So mag man die Bill of Rights der amerikanischen Verfassung auslegen, wo man gerne das niedergeschriebene Grundrecht weit fasst und dann ungeschriebene Einschränkungen postuliert ("sooo war das aber jetzt nicht gemeint..."). Das passt zur commen law Tradition und die US-Verfassung wurde vor diesem Hintergrund geschrieben, ist also auch so auszulegen. Aber die deutsche Rechtstradition ist anders.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

30.03.2016 18:55
#80 RE: Mal wieder was zu einer Spiegel-Kolumne Antworten

Um beim Spiegel Niehergeb zu bleiben: Fleischhauers Versuch der Entdramatisierung ist noch viel zu kurz gesprungen.

http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...-a-1084424.html

Zitat von SPON, 29.03.
Auch die Fischgräte wird, was die Mortalität angeht, regelmäßig unterschätzt. Einem Kommentar zu den Anschlägen von Brüssel habe ich entnommen, dass in Deutschland 500 Menschen an verschluckten Fischgräten verenden, und zwar pro Jahr. Das stellt den islamistischen Terror ebenfalls weit in den Schatten.



Die Story kam übrigens vom Schweizer Tagesanzeiger.

In der FAZ kann man dann feststellen, daß Qualitätspresse kein deutsches Alleinstellungsmerkmal ist.

Zitat von FAZ, Don Alphonso, 29.03.
Neben der moralischen Dimension gibt es noch ein anderes Problem: Die angebliche Statistik ist eine glatte Erfindung.
Das statistische Bundesamt sammelt die Zahlen der Todesfälle in Deutschland. Verantwortlich dafür ist Silvia Stelo, und sie hat den Blick in die Statistik, den man Constantin Seibt zufolge haben sollte. Ich habe dort nachgefragt, und der Blick zeigt Erstaunliches:
Es gibt gar keine Statistik über die Todesfälle durch Fischgräten.



"Terrorverharmlosung mit der Fischgrätenlüge"

Und weil wir beim Thema sind: auf eigentümlich frei sind die kurzen Beine der FR-Homestory "Syrische Flüchtlinge retten NPD-Funktionär" zu begutachten.

http://www.ef-magazin.de/2016/03/29/8673...urter-rundschau



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

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