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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

24.05.2016 16:39
#51 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #47
Und Frankfurt hat einen weit größeren Ausländeranteil als alle anderen deutschen Städte.
Ich kenne Frankfurt nun schon viele Jahre und ich mußte in den letzten Monaten, natürlich erst einmal nur nach eigenem Empfinden, eine Verädnerung in größeren Teilen des öffentlichen Raums feststellen. Es geschieht immer öfter, dass ich mich indifferent unwohl fühle. Das geht von aggressivem, Raum greifenden Auftreten bis hin zu abschätzenden und abschätzigen Blicken einer gewissen Klientel. Das kannte ich bis vor kurzem, auch in Frankfurt, so nicht.

Dieses Einschätzung wird von vielen Menschen, die ich kenne, geteilt. Nicht wenige davon übrigens Befürworter der Merkelschen Flüchtlingspolitik. Natürlich kann man jetzt darüber philosophieren, ob diese Wahrnehmung nur eine Art "selffulfilling prophecy" ist oder, wenn sie obejektiv nachvollziehbar ist, inwieweit sie wirklich unmittelbar auf die Politik der letzten Monate zurückzuführen ist.

Meine vorläufige Interpretation ist allerdings, dass die Sicherheit des öffentlichen Raumes durch die merkelsche Politik in der Tat gelitten hat. Dies ist der Preis, der für unsere Gesellschaft auf Dauer eine wirkliche Gefahr darstellen kann. Im Gegensatz zu einem von mir aus auch hohen Euro Betrag, der mir derzeit verkraftbar erscheint. Im Zweifel wird einfach die Energiewende ersatzlos gestrichen.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

26.05.2016 01:32
#52 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #51
Meine vorläufige Interpretation ist allerdings, dass die Sicherheit des öffentlichen Raumes durch die merkelsche Politik in der Tat gelitten hat.
Eher durch den Zeitgeist, als dessen Ausfluss die Merkel-Politik verstanden werden muss. Ein Zeitgeist, der Investitionen verabscheut, weil sie dem Konsum Mittel entziehen. Ein Zeitgeist, der alles Übel in soziologischen Pauschalisierungen aufgehen lässt, die immer und ausschließlich in einer Selbstbezichtigung der Mehrheitsgesellschaft resultieren, statt die konkreten Auswüchse des Bösen wirksam zu bekämpfen und jeden Einzelnen zu schützen. Er könnte ja Angehöriger der "schuldigen" hetero-normativen, rassistischen und patriarchalischen Mehrheitsgesellschaft sein und damit sein Schicksal mehr als verdienen. Dieser Zeitgeist verlangt die Reinigung dieser Mehrheitsgesellschaft durch die Anpassung an die per Definition unbelasteten und anspruchsberechtigten Kräfte von außen. Was Leuten wie Dir als Kriminalität begegnet, ist nur notwendiger Bestandteil dieses Transformationsprozesses.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.261

26.05.2016 12:41
#53 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Ich muss leider schon wieder los, deswegen nur als Stichwort:

Für mich immer noch unbeantwortet ist der Widerspruch zwischen der Staats- und Autoritätsgläubigkeit der Deutschen auf der einen Seite; und der extremen Abneigung, Demütigung und Abschaffunbg der Exekutivmacht auf der anderen Seiten. Polizei, Bundeswehr, Bundesnachrichtendienst, LKAs und andere Organe der staatlichen Exekutive sind inzwischen in Deutschland nur noch Witzfiguren. Wenn ich mit dem normalen, autoritätsgläubigen Deutschen diskutiere, und tatsächlich mal ein Hauch von Einsicht existiert, dass die millionenfachze Einwanderung auch ein Sicherheitsproblem darstellt; wenn ich dann einwerfe, dass man vielleicht der Polizei auch mal wieder mehr Autorität zugestehen muss, was auch in die Anwendung körperlicher Gewalt zur Durchsetzung polizeilicher Anweisungen führen wird -

dann ist das ENTSETZEN in die Gesichter der Gesprächspratner geschrieben. Nein, amerikanische Verhältnisse wolle man doch nicht; es sei sooo wichtig, dass Polizisten "nicht mal einfach so aus Lust und Laune losprügeln" könnten; Militär bräuchten wir eigentlich gar keins, weil die Russen unsere "natürlichen Verbündeten" wären und der wahre Feind, die USA weit weg sei, und der Geheimdienst wäre doch selbst rechtsradikal, denen müsse man nicht noch mehr Macht geben. Und überhaupt, wer zur Polizei oder zur Bundeswehr gehen würde, wäre doch im Geiste immer ein Nazi und mache das nur, um seine Gewaltphantasien auszuleben.

Das ist zwar von mir polemisch etwas überspitzt und n ur selten wörtlich so in Summe gesagt worden; aber gemeint ist es fast immer so.

Also: wie passt das schon pathologische Bedürfniss der Deutschen nach Autorität und Kollektivmaßnahmen mit dieser Wut und dem Hass auf die Exekutive zusammen?
Das kenne ich aus keinem anderen Land so.

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Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

26.05.2016 14:29
#54 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #52
Eher durch den Zeitgeist, als dessen Ausfluss die Merkel-Politik verstanden werden muss.
Dieser Gedanke ist so richtig wie wesentlich.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Johanes Offline




Beiträge: 2.419

09.07.2016 13:40
#55 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Um noch mal das Thema aufzugreifen.
Hier im Forum wurde in ver Vergangenheit ja schon das Thema diskutiert, die AfD speise sich vor allem aus Wählern aus den unteren Schichten und den linken Milieu, während die Grünen und die Unionsparteien sich zunehmend gegenseitig um Wählerstimmen bekämpfen.

Wenn man sich die Wählerwanderungen (1) so ansieht, dann scheint mir diese Theorie eigentlich vom Tisch zu sein.
Die AfD in Deutschland bekommt Stimmen von allen Parteien, doch eindeutig am Meisten von CDU-Wählern. An zweiter Stelle kommen Nichtwähler, das heißt, die AfD schafft es tatsächlich Leute, die bisher zu Hause geblieben sind, zu mobilisieren.
Die drittgrößte Gruppe sind die Wählerer "Anderer" Parteien. Dahinter kann sich im Prinzip alles verstecken, von irgendwelchen Protestparteien, über Extremparteien in beiden Spielarten bis hin zu Kleinparteien.
Selbst wenn ich die Wanderung aus allen etablierten linken Parteien zusammenzähle, komme ich grade mal auf eine Zahl, die etwa der Wanderung von der CDU entspricht.

Allenfalls Sachsen-Anhalt fällt hier etwas aus dem Rahmen (2). Das lässt sich allerdings auch damit erklären, dass auch vor den Einzug der AfD die Mehrheitsverhältnisse dort ganz andere waren als bisher. Auch hier sind allerdings Nichtwähler und "sonstige" die Größten Parteien.

Wenn ich ausgehend von diesen Informationen den Wahlsieg der AfD deuten sollte, so würde ich eher die Hypthose aufstellen, dass es sich hier um eine Protestwahl gehandelt hat. Das kommt ganz besonders raus, wenn man den Erfolg der AfD mit den der Piraten vergleicht.

Vielleicht ein anderer, interessanter Sachverhalt ist, dass von 16 Bundesländern inzwischen in 10 die Grünen an der Regierung beteiligt sind und da im deutschen Gesetzgebungsverfahren immer die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat notwendig ist, bedeutet das faktisch, dass die Grünen auf jeden Fall mitregieren können, egal welche Koalition vom Bundestag aus regiert. Das sind mehr Bundesländer als die Union momentan hat...



(1) http://www.zeit.de/politik/deutschland/2...fd-nichtwaehler
https://wahl.tagesschau.de/wahlen/2016-0...t_8888557.shtml
https://wahl.tagesschau.de/wahlen/2016-0...t_8888573.shtml
(2) https://wahl.tagesschau.de/wahlen/2016-0...t_8899654.shtml

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.561

11.07.2016 20:22
#56 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Unsre Medien. SPON.

Zitat von Die Meuterei
Durch die AfD geht ein Riss, das Zerwürfnis zwischen Frauke Petry und Jörg Meuthen ist nicht mehr zu kitten. Doch die Männer in der Partei finden einfach keinen Weg, die Chefin aus dem Weg zu räumen. Was ist da los?



http://www.spiegel.de/spiegel/machtkampf...-a-1102217.html

Was passiert wohl, wenn ich bei SPON in der exakt gleichen Wortwahl kommentiere:

"Was da los ist? Das Gleiche wie bei den Christdemokraten. Da finden die Männer auch einfach keinen Weg, die Chefin aus dem Weg zu räumen."



Unsre Medien II. Nicolaus Fest, gestern.

Zitat
Während deutsche Zeitungen ihre ausgewogene Berichterstattung über Boris Johnson und den „Brexsack“ Farage (BILD) fortsetzen...



Nicht nur einmal. Als feststehender Nick, im 3-Tagestakt auf der Titelseite.
25.06. http://www.bild.de/politik/ausland/brexi...79370.bild.html
28.06. http://www.bild.de/politik/ausland/europ...44010.bild.html
04.07. http://www.bild.de/politik/ausland/polit...34894.bild.html
06.07. http://www.bild.de/politik/ausland/brexi...66302.bild.html

Man braucht nicht darauf hinzuweisen, daß Farage auf massive Drohungen gegen seine Familie (und einen im Januar tatsächlich verübten Mordversuch) reagiert hat, oder daß man die englische Entscheidung "Demokratie" nennt, um festzustellen:

Tja, liebes Brexblatt, im Wettbewerb, welches der beiden deutschen Systeme nach 45 die widerlichere Propaganda vorzuweisen hat, hast Du für Klarheit gesorgt.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.561

26.07.2016 10:02
#57 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Da war doch mal was? Neues aus einer alten Kabale:

DLF: "AfD-Fraktionen wollen sich rasch wieder zusammenschließen"

Zitat von Deutschlandfunk, 26.07.
Die AfD in Baden-Württemberg strebt eine rasche Zusammenführung ihrer beiden Fraktionen im Stuttgarter Landtag an.

Der Landesvorsitzende Meuthen sagte der FAZ, vor dem Parteikonvent Mitte August sollte es eine Einigung geben. Andernfalls käme es zu einer gefährlichen Zerreißprobe. Ähnlich hat sich auch der Chef der Rest-AfD-Fraktion, Merz, geäußert.



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Frank2000 Offline




Beiträge: 3.261

26.07.2016 13:44
#58 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Eigentlich müsste die AfD schon bei 25% stehen.
Das die AfD ihr Potential nicht ausschöpfen kann, ist jetzt mal nicht die Schuld des linksmedialen Komplexes.
Sondern einzig und allein den rechtsradikalen, antisemitischen und rechtsnationalen Egozentrikern in der AfD zuzuschreiben, die ihren (Alb)Traum von der "Erweckung Deutschlands" und der Wiedererrichtung des deutschen Reiches zum Besten geben. Wenn Deutschland wirklich scheitert, dann ist es diesen rechten intellektuellen Stiefelträgern zu verdanken, die es nicht ertragen können, wenn eine konservative Partei Stimmen OHNE den radikalrechten Rand einfährt.

Wie kann man diesen Salon-Nazis nur der den Mund sto... ? Die dürfen gern denken, was sie wollen. Die Gedanken sind frei. Aber in Deutschland gibt es rechts keine demokratische Mehrheit. Ohne die Mitte kann die AfD nichts bewegen - geht das nicht in deren Schädel?

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Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

01.08.2016 13:03
#59 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

In einem Monat ist ja Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern und zwei Wochen später Abgeordnetenhauswahl in Berlin. In den verlinkten Umfrageergebnissen hat man schon mal eine Vorausschau auf ein mögliches Bundestagswahlergebnis im nächsten Jahr: Die "große Koalition" aus CDU/CSU und SPD ist zu klein für eine absolute Mehrheit und die AfD wäre Oppositionsführerin, wenn Schwarz-Rot-Grün die Regierung bilden. M.E. eine interessante, neuartige Konstellation, die da auf uns zukommt.

Störoperator Offline




Beiträge: 88

01.08.2016 14:24
#60 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #59
In einem Monat ist ja Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern und zwei Wochen später Abgeordnetenhauswahl in Berlin. In den verlinkten Umfrageergebnissen hat man schon mal eine Vorausschau auf ein mögliches Bundestagswahlergebnis im nächsten Jahr: Die "große Koalition" aus CDU/CSU und SPD ist zu klein für eine absolute Mehrheit und die AfD wäre Oppositionsführerin, wenn Schwarz-Rot-Grün die Regierung bilden. M.E. eine interessante, neuartige Konstellation, die da auf uns zukommt.



Zum Einen ist mir nicht klar, warum sie Landtagswahlumfragen als Stimmungsbild für die Bundestagswahl nehmen, wenn es auch Bundestagswahlumfragen gibt und zum Anderen hat die GroKo in der verlinkten MeckPomm-Umfrage eine Mehrheit. Zwar nicht die Mehrheit der Wählerstimmen, aber bei 10 % für NPD, F. D. P. und Sonstige die nicht berücksichtigt würden reichte eine Minderheit von ca. 45 % der Wählerstimmen (GroKo liegt bei 57 %) für etwa 50 % der Sitze.

Gruß,
Störoperator

Florian Offline



Beiträge: 3.136

01.08.2016 15:52
#61 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von Störoperator im Beitrag #60

Zum Einen ist mir nicht klar, warum sie Landtagswahlumfragen als Stimmungsbild für die Bundestagswahl nehmen, wenn es auch Bundestagswahlumfragen gibt und zum Anderen hat die GroKo in der verlinkten MeckPomm-Umfrage eine Mehrheit.


Beides richtig.
Dennoch sind diese Wahlen zumindest Indikatoren, wie "bunt" die deutsche Politik noch werden kann.

Zum Beispiel Berlin die letzte Umfrage von Infratest:
CDU: 20%
SPD: 21%
Grüne: 19%
Linke: 18%
AfD: 13%

Wenn man nun noch bedenkt, dass bei den letzten Wahlen die AfD in den Umfragen jeweils deutlich unterschätzt wurde, wären auch noch ein paar Punkte mehr für die AfD vorstellbar.
Letztlich haben wir in Berlin also 5 Parteien, alle so in etwa auf Augenhöhe.
Jede dieser fünf Parteien könnte womöglich stärkste Parte werden. Und jede könnte auch auf Platz 5 landen.

(Bei der letzten Wahl in Sachsen-Anhalt hat sich die SPD gegenüber der letzten Umfrage von Forsa z.B. noch um 6,4% verschlechtert und die AfD um 6,2% verbessert.
In Berlin würde schon eine deutlich kleinere Fehlermarge reichen, damit die aktuell erstplatzierte SPD und die letztplatzierte AfD die Plätze tauschen).

Wie krass dieses Bild ist, wird auch deutlich, wenn man sich folgendes vor Augen hält:
In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bis in die jüngste Vergangenheit bei BT- und LT-Wahlen die Gewissheit, dass sich Union und SPD die ersten beiden Plätze teilen würden (bzw. in wenigen Fällen die PDS sich im Osten einmal auf Platz 2 schieben konnte) und der Ministerpräsident von einer dieser beiden Parteien gestellt würde.
Diese Gewissheit ist nun vorbei. Wir haben jüngst Wahlergebnisse erlebt, die noch vor ganz wenigen Jahren schlicht undenkbar gewesen wären.
Etwa in Baden-Württemberg: SPD landet auf Platz 4 (!) hinter Grünen und hinter AfD (!)
Oder in Sachsen-Anhalt (wo die SPD in den 90ern stärkste Partei war und mit Höppner den Ministerpräsidenten stellte): SPD landet auf Platz 4 (!) hinter Linkspartei und weniger als halb so stark wie die AfD.
Wir haben nun Ministerpräsidenten von den Grünen und der Linkspartei.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin sind ähnliche Ergebnisse zumindest möglich.
In beiden Ländern wäre für die SPD und auch für die CDU ein Abrutschen auf Platz 4 oder in Berlin sogar Platz 5 möglich.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.561

10.08.2016 22:36
#62 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Oha. Made my day - sehe aber ein, daß das nicht ganz pük ist.

Zitat von FOCUS, 10.08.
Paukenschlag im Sommerloch: Die AfD nutzt ihre Macht, die sie mit derzeit zwei Fraktionen im baden-württembergischen Landtag hat, um einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Die beiden Fraktionen der AfD im Landtag wollen einen Untersuchungsausschuss zum Thema Linksextremismus beantragen. Beide beschlossen, zusammen einen entsprechenden Antrag einzubringen.
...
Die rechtlichen Grundlagen des Landtags sehen vor, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden muss, wenn ein Viertel der Mitglieder des Landtags oder zwei Fraktionen einen Antrag unterzeichnet haben.



http://www.focus.de/regional/stuttgart/l...id_5811653.html



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Frank2000 Offline




Beiträge: 3.261

11.08.2016 11:01
#63 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Abendgebet eines bürgerlichen Wählers 1989:
"Lieber Gott,
bitte mach, dass ich die Reps nicht eines Tages wählen MUSS, weil die die einzige in Deutschland überhaupt noch existierende Opposition sind.
Die gehen mir nämlich auf den Sack."
Und Gott erfüllte den Wunsch.

Abendgebet eines bürgerlichen Wählers 1998:
"Lieber Gott,
bitte mach, dass ich die Schillpartei nicht eines Tages wählen MUSS, weil die die einzige in Deutschland überhaupt noch existierende Opposition sind.
Die gehen mir nämlich auf den Sack."
Und Gott erfüllte den Wunsch.

Abendgebet eines bürgerlichen Wählers 2000:
"Lieber Gott,
bitte mach, dass ich die Möllemann-FDP nicht eines Tages wählen MUSS, weil die die einzige in Deutschland überhaupt noch existierende Opposition sind.
Die gehen mir nämlich auf den Sack."
Und Gott erfüllte den Wunsch.

Abendgebet eines bürgerlichen Wählers 2017:
"Lieber Gott,
bitte mach, dass ich die AfD nicht eines Tages wählen MUSS, weil die die einzige in Deutschland überhaupt noch existierende Opposition sind.
Die gehen mir nämlich auf den Sack."
Aber Gott war in Urlaub.

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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.561

14.09.2016 19:54
#64 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

https://www.welt.de/politik/deutschland/...ich-werden.html

Zitat
Nach monatelangem Streit haben sich die zwei AfD-Fraktionen im baden-württembergischen Landtag wieder vereinigt.
Zum Fraktionschef wurde Bundeschef Jörg Meuthen gewählt, der seine Position im Machtkampf mit Frauke Petry stärkt.


Und das neue Flachkachel-Design von Welt Online ist 1-fach schoysterlich.



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Florian Offline



Beiträge: 3.136

28.09.2016 11:42
#65 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zum Thema "Epochenbruch im Parteiensystem" hier mal ein etwas spezieller Blickwinkel.

Nämlich auf die langfristige Entwicklung der Parteien der "Bonner Republik".

Hier sind die Summe Wahlergebnisse der drei Parteien der Bonner Republik (Union+SPD+FDP):

1949 hatten Union+SPD+FDP zusammen 72% der Stimmen. Wahlbeteiligung war 78%.

1972 war der Höhepunkt der alten staatstragenden Parteien der "Bonner Republik": Union+SPD+FDP hatten zusammen (heute unfassbare) 99,1% bei einer (auch heute unfassbaren) Wahlbeteiligung von 91%.

Von 1972 an erodierte die Macht dieser drei Parteien zunehmend.
Gründe waren die 68er, das Erstarken der Grünen, die Wiedervereinigung (incl. Auftauchen der SED/PDS/Linkspartei). Und eine ganz allgemeine Pluralisierung der Gesellschaft.

2002 (bei der letzten Wahl vor Merkel)war ein vorläufiger Tiefpunkt erreicht: nur noch 84,4% für Union+SPD+FDP.

Worauf ich hinaus will:
das sind sehr langsame, träge Wellen.
23 Jahre um Union+SPD+FDP in einem langsamen monotonen Anstieg von 72% auf 99% zu bringen.
Weitere 30 Jahre für einen langsamen monotonen Rückgang von 99% auf 84%.

Und dies, obwohl es in den Jahrzehnten 1949-2002 (und speziell auch 1992-2002) ja durchaus massivste Umbrüche gab: der Wähler war träge. Über Jahrzehnte gab es für Union+SPD+FDP nur geringe Schwankungen. Vielleicht wurde mal von CDU zu FDP gewechselt oder von SPD zu CDU. Aber das waren Wechsel INNERHALB der alten systemtragenden Parteien. Nicht Wechsel zu den Rändern oder Experimente mit ganz neuen Parteien. Alles sehr beständig.

Seit dem Amtsantritt von Frau Merkel hat sich das aber nun sehr dramatisch geändert:

2013 hatten Union+SPD+FDP nur noch 72%.
Und die aktuellen Umfragen von z.B. Forschungsgruppe Wahlen sehen Union+SPD+FDP gar nur noch bei 60%.

Der Erosionsprozess der alten, systemtragenden Parteien (allesamt übrigens auch Koalitionspartner von Frau Merkel und daher aus Wählersicht für deren Politik mitverantwortlich) hat sich seit ihrem Amtsantritt massiv verstärkt.

Es brauchte die 30 Jahre von 1972 bis 2002 für einen Schwund von 99% auf 84% (= -15%).
Und dann nur weitere 14 Jahre für einen Schwund von 84% auf 60% (= -24%).

Wobei es dafür eigentlich wenig äußeren Anlass gab.
Zwischen 1972 und 2002 lagen immerhin massive Veränderungen: Aufstieg der 68er und der Ökobewegung, Wiedervereinigung, Gründung der EU und die Euro-Einführung. Dass das alles nicht ganz ohne Auswirkung auf das Parteienspektrum bleiben kann ist eigentlich logisch.
Von 2002 bis 2016 gab es hingegen keine solche massiven Veränderungen. Nur politische Maßnahmen, die die Regierung selbst ohne Not angestoßen hat.

Ein gewaltiger (und historisch betrachtet sehr schneller) Erosionsprozess, der da unter der Amtszeit von Frau Merkel passiert ist.
Die Beschreibung "Epochenbruch im Parteiensystem" trifft das m.E. ganz gut.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.261

28.09.2016 14:03
#66 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #65

Ein gewaltiger (und historisch betrachtet sehr schneller) Erosionsprozess, der da unter der Amtszeit von Frau Merkel passiert ist.
Die Beschreibung "Epochenbruch im Parteiensystem" trifft das m.E. ganz gut.



Schöne Analyse. Warum lese ich so etwas nie in der Presse? Statt dessen wird wieder mal ein Fass aufgemacht, weil in Politiker "Süße Maus" gesagt hat.

Was genau sind "68er"? Wohl kaum Leute, die 68 geboren sind. Eher schon Leute, die im Jahr 68 politische Beteiligung erreicht haben (Ü18). Oder sind das Leute, die sich im Jahre 68 selbst zu Revolutionären erklärt haben? Könnte also jemand, der 1968 bereits ein 50jähriger Altkommunist war, aber an einer Dutschke-Demo teilgenommen hat, ein 68er sein?

Ich frage deswegen, weil der Höhepunkt der Systemtreue ja 1972 erreicht wurde - was ja bedeutet, dass die Demonstranten der Jahre 68-72 eine ABSOLUT WINZIGE SPLITTERGRUPPIERUNG in Deutschland waren. Und lediglich mit massiver Gewalt, Arroganz und Intoleranz entsprechend Aufmerksamkeit bekommen haben. Was wiederum ein deutliches Indiz dafür wäre, dass "die 68er" jahrelang mit Samthandschuhen angefasst wurden! Denn eine Splittergruppierung, die eine demokratische Mehrheit von 99% der Wähler bei 91% Wahlbeteiligung gegen sich haben und trotzdem für sich in Anspruch nehmen, die Republik mit Hass und Gewalt zu überziehen, können eigentlich kaum mit viel Freiraum rechnen.

Wenn man sich überlegt, welche gesellschaftlichen Abwehrprozesse heute aufgefahren werden gegen eine politische Strömung, die schon wenigstens ein Fünftel der Wahlbevölkerung umfasst - und welchen Langmut man damals mit WIRKLICHEN Radikalen zeigte, die kaum mehr als ein, zwei Prozent gewesen sein können...

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Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

28.09.2016 14:07
#67 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #66

Wenn man sich überlegt, welche gesellschaftlichen Abwehrprozesse heute aufgefahren werden gegen eine politische Strömung, die schon wenigstens ein Fünftel der Wahlbevölkerung umfasst - und welchen Langmut man damals mit WIRKLICHEN Radikalen zeigte, die kaum mehr als ein, zwei Prozent gewesen sein können...



Tja, Houellebecq lesen: http://www.nzz.ch/feuilleton/zeitgescheh...tmord-ld.118845

Gruß, martin

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.561

06.10.2016 20:11
#68 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Wer sich über die Wucht der Detonation wundert, mit der heute Alan Posener id Welt auf den Bei- & Auftritt Nicolaus Fests zur AfD hochgegangen ist: das Stichwort lautet Gramsci. Der galt ja bei der radikal-marxistischen 68er-Fraktion nicht nur als einer der wenigstens halbwegs komplexer daherkommenden Vortänzer. Sondern das ganze Konzept der "Infiltrierung der Schaltstellen", der "Besetzung von Schlüsselpositionen" zur Propagierung und schlußendlichen Durchsetzung der linken Agenda, mit Augenmerk auf den 3-Klang Parteien, Medien & Pädagogik (& dann 20 Jahre warten), alles zusammen dann von Dutschke als "Langer Marsch durch die Institutionen" propagiert, ist 1 zu 1 Gramsci. Zum Mentor ist der in dem Milieu propagiert geworden, nachdem das 1968/69 mit dem Aufmischen des "Systems" eher nichts wurde.

Zitat
Posener studierte Germanistik und Anglistik an der FU Berlin und der Ruhr-Universität Bochum. Dabei war er als Kader des Kommunistischen Studentenverbands und der maoistischen KPD-AO aktiv. 1975 trat er der Gewerkschaft bei, noch heute ist er Mitglied bei ver.di.



https://de.wikipedia.org/wiki/Alan_Posener



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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.10.2016 11:51
#69 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #65
Ein gewaltiger (und historisch betrachtet sehr schneller) Erosionsprozess, der da unter der Amtszeit von Frau Merkel passiert ist.

Auf jeden Fall. Wobei die Fehler bzw. der Politikstil Merkels hier m. E. nur noch der letzte Auslöser waren - die eigentlichen Ursachen für diese Erosion sind langfristig. Und vor allem nicht auf Deutschland beschränkt. Die der Erosion zugrunde liegende Unzufriedenheit findet sich ja in vielen demokratischen Ländern, und ähnlich findet sich oft auch die Reaktion durch das Aufkommen populistischer Parteien.

Das eigentliche Problem ist: Bei der Kritik sind sich wirklich sehr viele Leute einig. Bei der Schuldzuweisung gehen die Meinungen dann schon auseinander.
Aber ernst zu nehmende Lösungsvorschläge gibt es eigentlich überhaupt nicht.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.10.2016 14:48
#70 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #69
Aber ernst zu nehmende Lösungsvorschläge gibt es eigentlich überhaupt nicht.



Begrüßenswert ist zumindest, wenn ein Ministerpräsident Kretschmann sich mal deutlich zur Gesellschaftspolitik positioniert und dabei auch den Konflikt mit seiner Bundespartei in Kauf nimmt https://www.baden-wuerttemberg.de/de/ser...-verantwortung/.

Seine (aus dem Zusammenhang gerissene) Aussage

Zitat
So ist und bleibt die klassische Ehe die bevorzugte Lebensform der meisten Menschen – und das ist auch gut so.

hat wohl einen Shitstorm der selbstverliebten, immer nach Aufmerksamkeit heischenden und gegenderten Rumpelstielzchen ausgelöst, denen sich die Berliner Grünen so verbunden fühlen. Ich zolle Kretschmann für seine klare, korrektive Haltung Respekt, daneben schrumpft Merkel zum menschlichen Zwerg. Dafür darf Kretschmann gerne bei CDU-Anhängern fischen gehen. Nebenbei überholt er auch die aktuellen Kirchenfürsten auf der menschlichen Seite.

Vor dem Lösungsvorschlag muss man erst mal den ideologielastigen Ballast abwerfen.

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.10.2016 14:51
#71 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #70
Ich zolle Kretschmann für seine klare, korrektive Haltung Respekt, ...

So klar leider nicht.
Sobald die zu erwartende Empörung aufkam, ist er sofort zu Kreuze gekrochen und hat sich für das "Mißverständnis" entschuldigt.

Florian Offline



Beiträge: 3.136

07.10.2016 15:52
#72 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #69
Zitat von Florian im Beitrag #65
Ein gewaltiger (und historisch betrachtet sehr schneller) Erosionsprozess, der da unter der Amtszeit von Frau Merkel passiert ist.

Auf jeden Fall. Wobei die Fehler bzw. der Politikstil Merkels hier m. E. nur noch der letzte Auslöser waren - die eigentlichen Ursachen für diese Erosion sind langfristig. Und vor allem nicht auf Deutschland beschränkt. Die der Erosion zugrunde liegende Unzufriedenheit findet sich ja in vielen demokratischen Ländern, und ähnlich findet sich oft auch die Reaktion durch das Aufkommen populistischer Parteien.



Deutschland ist hier aber doch m.E. ein Sonderfall.

Richtig, in vielen europäischen Ländern verlieren die alten Nachkriegsparteien an Bindungskraft.

Egal ob Italien, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Griechenland oder Österreich:
Für etliche Jahrzehnte nach 1945 gab es in jeden dieser Länder EINE dominante konservative Partei und EINE dominante sozialdemokratische Partei, die zusammen typischerweise über 80% der Parlamentssitze hatten. Manchmal hatte eine dieser Parteien eine absolute Mehrheit, manchmal hatte sie einen Koalitionspartner.
Alles sehr stabil.

Diese Zeiten sind in vielen Ländern vorbei.
Und dafür gibt es sicher auch Gründe.

Interessanterweise ist dieser Umbruch aber in den meisten europäischen Ländern schon vor Jahrzehnten passiert (z.B. in Italien und Österrecih).
Und sofern es in jüngerer Vergangenheit gab es dafür auch nachvollziehbare Gründe.
Griechenland und Spanien durchleben zum Beispiel schwere Rezessionen. Dass da Extremisten sprießen ist nachvollziehbar.

Deutschland ist anders gelagert.*
Da war bis in die sehr junge Vergangenheit das Volksparteien-Modell noch quicklebendig.
(Klar, es gab Abschmelzungen. Aber eben von 99% für Union+SPD+FDP auf 84%. Also auch nach 2000 immer noch sehr hohe Stimmenanteile für die alten Nachkriegsparteien).
Und es gibt keine wirtschaftliche Krise.
Ganz im Gegenteil: Die Indikatoren Beschäftigungsquote, Inflation, Staatsdefizit sind alle so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Dass die Traditionsparteien nun ausgerechnet jetzt in Deutschland so massiv erodieren, dafür gäbe es eigentlich keinen Grund.
Abgesehen natürlich von jenen Gründen, die die Regierungen unter Merkel selbst produziert haben.


*Zugegeben:
Es gibt noch zwei weitere westliche Demokratien, wo es ebenso eine selbstverschuldete, nicht durch Wirtschaftskrise provozierte, Krise der Traditionsparteien gibt.
Nämlich Großbritannien und die USA.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.10.2016 16:25
#73 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #72
Deutschland ist hier aber doch m.E. ein Sonderfall.

Das ist richtig. Aber Deutschland ist doch IMMER ein Sonderfall in Europa. Die Größe, die Lage, die Geschichte, die politischen Traditionen ...
Bei uns waren die beiden "Volksparteien" immer dominanter als in fast allen anderen Staaten, die liberale Tradition ist vergleichsweise schwach, die Neigung zu politischer Romantik und Irrationalität immer sehr stark (deswegen sind die Grünen auch in Deutschland entstanden und sind nirgends sonst so stark), alles ab konservativ steht unter Nazi-Verdacht und das singuläre Ereignis "Wiedervereinigung" hat auch heftige Spuren hinterlassen.

Zitat
Egal ob Italien, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Griechenland oder Österreich:
Für etliche Jahrzehnte nach 1945 gab es in jeden dieser Länder EINE dominante konservative Partei und EINE dominante sozialdemokratische Partei, die zusammen typischerweise über 80% der Parlamentssitze hatten.


Es gab dort aber immer auch noch andere Parteien, und in den übrigen europäischen Ländern war die Parteienvielfalt noch größer.

Zitat
Interessanterweise ist dieser Umbruch aber in den meisten europäischen Ländern schon vor Jahrzehnten passiert (z.B. in Italien und Österrecih).


Weil da offenbar schon früher Anlässe da waren. Die Ursachen dürften m. E. aber dort nicht so viel anders oder früher da gewesen sein. Von "Politikverdrossenheit" spricht man ja in Deutschland auch schon lange. Nur waren halt die Stammwählerbindungen zu stark bzw. die Gründungshindernisse für neue Parteien zu hoch, als das das schon früher aufs Parteiensystem durchgeschlagen hätte.

Zitat
Griechenland und Spanien durchleben zum Beispiel schwere Rezessionen. Dass da Extremisten sprießen ist nachvollziehbar.


Natürlich. Aber ich halte es fast für nebensächlich, ob die Unzufriedenheit nun bei Extremisten landet oder "nur" bei Populisten. Ist ja sowieso heftigst umstritten, ob FN, UKIP, AfD oder Syriza nun demokratischer Protest oder pöse Verfassungsfeinde sind. Deren Wählern scheint das auch ziemlich egal zu sein.

Zitat
Und es gibt keine wirtschaftliche Krise.
Ganz im Gegenteil: Die Indikatoren Beschäftigungsquote, Inflation, Staatsdefizit sind alle so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr.


Die Zufriedenheit der Leute macht sich aber weniger am Staatsdefizit als am persönlichen Wohlstand und vor allen den persönlichen Zukunftsaussichten fest.
Und da ist es der Angst-Lobby in Politik und Medien erfolgreich gelungen breiten Kreisen einzureden, daß "die Schere immer weiter aufgeht", immer größere Bevölkerungsteile von Armut bedroht sind und der "Sozialabbau" kaum noch ein menschenwürdiges Leben zuläßt.
Und teilweise deckt sich diese Propaganda auch mit den Wahrnehmungen gerade schlichterer Einkommensschichten, weil ihre Lohnzuwächse über Jahre weitgehend für Abgaben und politisch verursachte Kostensteigerungen (EEG!) draufgegangen sind.

Und es ist auch nicht gesagt, daß Unzufriedenheit überhaupt viel mit konkret meßbaren Sachen zu tun haben muß.

Siehe Schweiz: Die ist ja nun eigentlich die Insel der Seligen in Europa, alle möglichen Meßgrößen sind positiv, das politische System ist eigentlich viel besser als jedes andere in Europa - und trotzdem gibt es dort massive Unzufriedenheit und eine starke Zunahme von Protestparteien (SVP).

Und das finde ich besonders deprimierend, weil in der Schweiz genau die politischen Verbesserungen schon implementiert sind, die ich mir für Deutschland wünschen würde. Die wirken zwar positiv, der Schweiz geht es besser als Deutschland - aber gegen die Unzufriedenheit scheinen sie kaum zu helfen.

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

07.10.2016 16:53
#74 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #71
Zitat von Martin im Beitrag #70
Ich zolle Kretschmann für seine klare, korrektive Haltung Respekt, ...

So klar leider nicht.
Sobald die zu erwartende Empörung aufkam, ist er sofort zu Kreuze gekrochen und hat sich für das "Mißverständnis" entschuldigt.


Er inkludiert in die "klassische Ehe" natürlich auch Schwule und Lesben als wünschenswerten Zustand. Das hat er bei anderweitigen Gelegenheiten hinreichend deutlich gemacht (mal hier gucken zum Beispiel. Ist über ein Jahr alt). Das nicht zu sehen ist in der Tat ein Mißverständnis - das allerdings auf die Rezipienten zurückfällt. Die Anführungszeichen sind eigentlich nur dadurch gerechtfertigt, dass innerparteiliche Gegner das Ganze absichtlich mißverstehen wollen, was nicht so ungewöhnlich ist, denn bei Grünens ist es natürlich so wie in allen Parteien: Die ärgsten politischen Gegner sind immer im eigenen Laden.

Jedenfalls ist korrektiv an dieser Haltung überhaupt nichts und im Übrigen eh eine Zustandsbeschreibung ("die meisten Menschen" - zu denen er im Übrigen selbst gehört), die kein Mensch ernsthaft bestreiten kann.

Wo ist da jetzt das "zu Kreuze kriechen" ?

Im Übrigen besteht in diesem Punkt (was die sog. Eheöffnung angeht) 100%ige Übereinstimmung mit der FDP........... hüstel.

lich
Dennis

Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.10.2016 19:57
#75 RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #71
Zitat von Martin im Beitrag #70
Ich zolle Kretschmann für seine klare, korrektive Haltung Respekt, ...

So klar leider nicht.
Sobald die zu erwartende Empörung aufkam, ist er sofort zu Kreuze gekrochen und hat sich für das "Mißverständnis" entschuldigt.


Das behauptet beispielsweise Spiegel online. So richtig im Kontext habe ich die 'Entschuldigung' nicht lesen können. 'Missverständnis' wäre es, wenn seine Aussage gegen Homosexuelle verstanden würde. Dass dies aber so nicht gemeint war geht aus dem gesamten Abschnitt hervor. Vermutlich lesen das aber die Wenigsten bevor sie losschreien, oder es passt nicht auf Twitter.

Gruß, Martin

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