Zitat Malu Dreyer, Natascha Kohnen, Thorsten Schäfer-Gümbel, Olaf Scholz, Manuela Schwesig und Ralf Stegner wurden heute auf dem Ordentlichen SPD-Bundesparteitag in Berlin als stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gewählt.
Hochinteressant. Ich hatte angenommen, daß Nahles auch Stellvertreterin wäre.
Damit ist wohl ziemlich klar, daß die Installierung als "kommissarische Vorsitzende" nicht gehen kann. Das ist simples Vereinsrecht - wenn der Vorsitzende ausfällt, macht einer der Stellvertreter weiter. Und ein Vorstand kann nicht einfach neue Führungspositionen erfinden und mit Entscheidungsbefugnis ausstatten, die nicht in der Satzung stehen.
Daß sowohl Nahles wie Schulz zu dumm sind, so etwas zu merken ist eine Sache. Aber daß niemand in der SPD-Zentrale über die Satzung Bescheid weiß ist eine andere.
Zitat von R.A. im Beitrag #51Aber daß niemand in der SPD-Zentrale über die Satzung Bescheid weiß ist eine andere.
Müssen sie auch normalerweise nicht. Hatten wir eine solche Situation überhaupt schon mal? Aber zumindest sollten sie jetzt einen kurzen Blick in die Satzung werfen. Was mich eher überrascht hat, ist daß Frau Dreyer da unter ihrem Nom de guerre fährt; kann natürlich sein, daß sie das mittlerweile als Markenzeichen hat eintragen lassen. Beim Ausdruck "Kommissar" plus "politisch--" kommen unsereins natürlich andere Assoziationen, von denen ich vermute, daß sie den Großkopferten der SPD längst nichts mehr sagen.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von R.A. im Beitrag #51 Hochinteressant. Ich hatte angenommen, daß Nahles auch Stellvertreterin wäre.
Damit ist wohl ziemlich klar, daß die Installierung als "kommissarische Vorsitzende" nicht gehen kann. Das ist simples Vereinsrecht - wenn der Vorsitzende ausfällt, macht einer der Stellvertreter weiter. Und ein Vorstand kann nicht einfach neue Führungspositionen erfinden und mit Entscheidungsbefugnis ausstatten, die nicht in der Satzung stehen.
Daß sowohl Nahles wie Schulz zu dumm sind, so etwas zu merken ist eine Sache. Aber daß niemand in der SPD-Zentrale über die Satzung Bescheid weiß ist eine andere.
Ist das aber nicht Ausdruck der Selbstherrlichkeit, die sich auch durch Merkels Kanzlerschaft gezogen hat? Warum sich mit Regeln beschäftigen, wenn man an der Macht ist? Auch an Merkel sind sämtliche Kommentare ehemaliger Verfassungsrichter abgeprallt, solange es keinen Kläger gibt, so lange kratzt es nicht. Diese einfache Regel jedenfalls beherrschen die Regierenden sehr gut. Wenn sie noch ein Weilchen warten, können sie voll auf das BVerfG zählen: http://www.danisch.de/blog/2018/02/12/da...ehr-nach-links/
Offensichtlich haben zumindest einige Leute die Nase in die Satzung gesteckt statt umgekehrt.
Zitat Die Landesverbände Berlin und Schleswig-Holstein haben die stellvertretenden SPD-Vorsitzenden für die kommissarische Führung der SPD ins Spiel gebracht, auch wegen rechtlicher Bedenken gegen eine umgehende kommissarische Übernahme des Parteivorsitzes durch Nahles. ... Auch der SPD Landesverband Schleswig-Holstein fordert von der Parteispitze, auf die Benennung von Nahles zu verzichten. „Stattdessen sollte satzungsgemäß eine Person aus der Reihe der stellvertretenden Vorsitzenden die Geschäfte kommissarisch fortführen, bis ein Bundesparteitag die Frage des Parteivorsitzes klärt", heißt es in einem Antrag des Landesparteirats, aus dem die Zeitung „Die Welt“ zitiert.
Kann sich mal die Erde auftun und diese Heinis verschlingen?
Zitat 18.36 Uhr: Martin Schulz tritt mit sofortiger Wirkung vom Amt des Parteivorsitzenden zurück. Es gehe um die Erneuerung der Gesellschaft. Aber auch: "Die SPD braucht eine personelle und programmatische Erneuerung", sagt Schulz. Mit seinem Verzicht wolle er dazu beitragen. Das SPD-Präsidium habe die Bundestags-Fraktionschefin Andrea Nahles einstimmig für den Parteivorsitz nominiert. Die Wahl werde am 22. April auf einem Parteitag in Wiesbaden stattfinden, sagte der scheidende Parteichef Martin Schulz am Dienstag in Berlin.
"Für mich ist das die letzte Ansprache als Vorsitzender der SPD", sagt Schulz hörbar angeschlagen. "Es ist ein bisweilen schwieriges Amt. Aber ich scheide ohne Bitterkeit und Groll aus diesem Amt. Ich habe es knapp ein Jahr versehen und dabei Höhen und Tiefen erlebt, das ist schon so." Aber: Die Zeit heile alle Wunden.
Zitat von Florian im Beitrag #12 In den Medien war letzte Woche viel davon zu lesen, dass Kramp-Karrenbauer (MP Saarland) eine mögliche Nachfolgerin von Merkel sein könnte. Dafür hätte man sie aber ins Kabinett holen müssen, damit sie bundespolitische Bekanntheit aufbauen kann.
Für mich ist das die allerseltsamste Personalie überhaupt. Ministerpräsident ist doch ein viel bedeutsameres Amt als CDU-Generalsekretär. Für Kramp-Karrenbauer ist das also ganz klar ein Karriere-Rückschritt. Etwa um als Kanzler-Kandidatin aufgebaut zu werden? Auch dafür ist das Amt des Generalsekretärs m.E. nicht optimal. In diesem Amt geht es darum, die eigene Basis zu mobilisieren. Man ist da immer eher auf Krawall gebürstet, muss auch mal kontroverse Positionen vertreten. Während man als Kanzlerkandidat eher gemäßigt auftreten sollte. Zudem hat Kramp-Karrenbauer aber als Ministerpräsidentin immer die Chance, eigene Positionen zu setzen. Während sie als Generalsekretärin immer Merkels loyaler Schoßhund sein muss. Ok, Merkel hatte als Karriereschritt auch mal dieses Amt. Aber bei Merkel gab es noch einen Zwischenschritt 6 Jahre als Parteichefin/Oppositionsführerin. WENN man Kramp-Karrenbauer als Kanzlerkandidatin aufbauen will, dann wäre ein öffentlichkeitswirksames aber nicht allzu kontroverses Bundesministerium sicher die bessere Wahl (meinetwegen Wirtschaft).
Also, was soll dieses Manöver? Und was verspricht sich Kramp-Karrenbauer davon?
Und: Was sagt uns das über Merkels Nachfolge-Pläne? Wenn sie Kramp-Karrenbauer faktisch demontiert und v.d.Leyen auf den Posten Nato-Generalsekretär abgeschoben werden soll: wer bleibt dann eigentlich noch als möglicher Nachfolger übrig?
Die Medien"diskussion" (denn eine wirkliche Abwägung ist es ja nicht, nur Zeitverbrauch. Mal davon ab, daß tatsächliche Abwägungen in unseren Medien mittlerweile durch vollständige Absenz glänzen) dürfte nichts als Kremlastrologie sein. Ein kleiner Rückblick auf die bisherigen Thronfolger_innen reicht aus, angefangen mit Friedrich Merz, über KT zu Guttenberg bis zuletzt Frau vd Leyen. Frau Merkel hinterläßt kein wohlbestelltes Haus, sondern eine Trümmerhalde, auf zwar auf allen Ebenen: sie hat ihren Staat, den sie als ihr persönlichen Lehen anzusehen scheint, zum Gespött der Welt gemacht, die EU zerlegt, das politische System der Nachkriegszeit zerstört und die eigene Partei nicht nur inhaltlich, sondern auch personell auf Null gefahren. Mittlerweile übernimmt die Antifa die Saalschlachten in ihrem Namen. All das wird man ihr nach ihrem hoffentlich irgendwann doch anstehenden Abgang von der politischen Bühne zur Last legen. Und nur ihr. (Obwohl ich sie nur für das sichtbarste Symbol eines tiefergehenden Zerfalls halte, aber darauf kommt es bei solchen Dynamiken nicht an.) Die einzige politische "Leistung", "Gestaltung", wie immer man es nennen möchte, war der Sturz ihres politischen Ziehvaters im #Bimbesgate vor zwanzig Jahren. Merkel weiß, daß jeder Nachfolger, der sich und die Partei irgendwie aus dem Desaster, das sie angerichtet hat, salvieren möchte, mit ihr in gleicher Weise verfahren müßte. Zudem dürfte ihre absolute Ichzentriertheit, deren einzig bestimmender Faktor die Macht ist, bei ihr eine solche Perspektive ausschließen.
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Und wieso ist alle Welt der Meinung, Merkel würde über die Nachfolge entscheiden? Ich raff's nicht mehr. Wieso lassen sich die CDU-Mitglieder das gefallen? Leben wir in einer Monarchie? Erleben wir gerade die Geburt einer neuen Adelsschicht? Und wieso nur Frauen? Dürfen Männer in der CDU keine Spitzenämter mehr einnehmen? Mal ganz abgesehen davon, dass die genannten Frauen allesamt dem linksextremen Flügel der CDU zuzuordnen sind. Das die "Welt" in diesem Zusamnenhang schreibt, Merkel wollen die CDU als "Partei der Mitte" halten, ist schon krass.
Naja. Dieses gutmenschliche Sozialexperiment hat sich in 30 Jahren erledigt, wenn die 15 Millionen Wähler über 60 gestorben sind und die 15 Millionen Neudeutschen mit Migrationshintergrund und kulturellen Wurzeln im großen I über 18 sind.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von Florian im Beitrag #56Ministerpräsident ist doch ein viel bedeutsameres Amt als CDU-Generalsekretär.
In der Tat. Selbst im Saarland. Ich habe die Szene dort in den letzten Jahren nicht verfolgt - kann es sein, daß es dort nicht mehr zufriedenstellend läuft für AKK?
Zitat Etwa um als Kanzler-Kandidatin aufgebaut zu werden? Auch dafür ist das Amt des Generalsekretärs m.E. nicht optimal.
Doch. Sie kann dort ihr Netzwerk in der Union ausbauen, das ist für die Kanzlerkandidatur wichtiger als ein paar Gummipunkte in der Öffentlichkeitsarbeit. Umgekehrt ist klar, daß sie in dieser Funktion fast nicht gegen die Vorsitzende putschen kann - als Ministerin ginge das.
Zitat Zudem hat Kramp-Karrenbauer aber als Ministerpräsidentin immer die Chance, eigene Positionen zu setzen.
Wenn sie solche hat.
Im übrigen zeigt Merkel mit dieser Nominierung, daß es mit ihr keine Koalition mehr mit der FDP geben wird.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #58Und wieso ist alle Welt der Meinung, Merkel würde über die Nachfolge entscheiden?
Es ist in allen Parteien üblich, daß der Generalsekretär das Vertrauen des Vorsitzenden haben muß und meist auch von diesem nominiert wird. Siehe seinerzeit Müntefering, der vom Vorsitz zurücktrat, als der Parteitag seinen Kandidaten nicht gewählt hat (sondern die Putschistin Nahles).
Diese Nominierung ist also die seltene Ausnahme, bei der ich Merkel KEINE undemokratischen Allüren vorwerfen würde.
Zitat von R.A. im Beitrag #62Beteiligt - aber er war nicht der Nachfolgekandidat.
Und sobald Kohl vom Putsch erfuhr, war er auch wieder weg. Generalsekretäre hängen vom Wohlwollen ihres Vorsitzenden ab. Ministerpräsidenten haben eine eigene Hausmacht, und Späth wäre damals nicht so leicht abzusägen gewesen, hätte er sich nicht angreifbar gemacht. Kohl hat dem "Spiegel" zwar keine Interviews mehr gegeben, aber benutzt hat er ihn schon... Mit dem Wechsel setzt AKK alles auf die Merkel-Karte und darauf, dass sie mit der Kombination aus Merkelschem Stallgeruch und inzwischen parteiintern notwendig gewordener konservativer "street credibility" neue Vorsitzende werden wird, wenn Merkel die Zeit für reif hält. Bei der SPD hätte das nichts zu sagen, aber so wie ich meine CDU kenne, ist die Sache damit durch, wenn AKK nicht irgendwelchen Bockmist baut.
Und ja, für die FDP ist das die Nachricht, auf absehbare Zeit Koalitionen jenseits der CDU zu suchen. Nicht nur der Umgang mit ihrem Ex-Koalitionspartner, auch zahlreiche Aussagen von AKK belegen, dass sie mit originär liberalen Ansätzen aber auch so gar nichts anfangen kann, erst recht nicht dann, wenn sie sich auf das wirtschaftliche Geschehen beziehen. Frau AKK ist eine Etatistin, wie sie im Buche steht. Man könnte es auch als konsequente Entwicklung der CDU betrachten.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
"Diese Nominierung ist also die seltene Ausnahme, bei der ich Merkel KEINE undemokratischen Allüren vorwerfen würde."
Ich dachte, es wäre klar, was ich gemeint habe. Mir geht es nicht nur um das Amt der Generalsekretärin, das ja eine reine Innenwirkung in der CDU hat. Wobei ich als CDU-Mitglied sehr wohl auch hier die Frage stellen würde, warum ein solches Amt persönlicher Besitz des Bundeskanzlers sein muss.
Aber die Medien verstehen die Wahl von K-K als "Entscheidund über Merkels Nachfolge". Und da wird mir schlecht. Wie kann man es NICHT als undemokratisch empfinden, wenn Merkel persönlich festlegt, wer in 4 Jahren Buka wird?
Das die CDU stärkste Partei bleibt ist wohl schwer zu verhindern - warum sollte ich dann überhaupt noch zu Wahl gehen?
Diese Selbstentmachtung der Abgeordneten bei der CDU ist nur noch ekelhaft - mit welchem Recht regen wir uns über Scheindemokratien bei Autokraten wie Putin oder Erdogan auf, wenn es bei uns ganz genau so läuft?
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Zitat von Frank2000 im Beitrag #64Aber die Medien verstehen die Wahl von K-K als "Entscheidund über Merkels Nachfolge".
Wenn es um Personalfragen geht, übertreiben die Medien gerne.
Die Personalie AKK gibt gewisse Hinweise, wie sich Merkel die weitere Zukunft vorstellt. Aber mehr eben auch nicht.
Ob die CDU dann, wenn die Frage ansteht, den Vorschlägen Merkels folgen wird oder nicht - das ist noch völlig offen.
Der Werwohlf hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Union traditionell zu besonders gehorsamen Verhalten gegenüber dem Kanzler/Parteivorsitzenden neigt. Kann man kritisieren, aber "undemokratisch" ist das nicht. Mein persönlicher Eindruck ist auf jeden Fall, daß dieser Gehorsam nur funktioniert, solange der/die große Vorsitzende noch eine machtpolitische Zukunft hat. In dem Moment, in dem der Abschied feststeht, verflüchtigt sich der Einfluß erstaunlich schnell. Weder Adenauer noch Kohl haben es geschafft, ihre Nachfolgevorstellungen durchzusetzen. Bis kurz vor der Aufgabe des Parteivorsitzes waren sie in der CDU fast allmächtig, gleich danach hatten sie nichts mehr zu melden. So wird es Merkel auch gehen. Sobald die Nachfolgefrage offen auf dem Tisch liegt, wird sie nicht mehr um ihre Meinung gefragt.
Zitat von R.A. im Beitrag #65 Bis kurz vor der Aufgabe des Parteivorsitzes waren sie in der CDU fast allmächtig, gleich danach hatten sie nichts mehr zu melden. So wird es Merkel auch gehen. Sobald die Nachfolgefrage offen auf dem Tisch liegt, wird sie nicht mehr um ihre Meinung gefragt.
Sehe ich auch so.
Und deshalb finde ich die Personalie AKK ja so seltsam.
Man darf getrost davon ausgehen, dass AKK das Generalsekretärs-Amt als einen Schritt Richtung Kanzleramt versteht. Anders wäre ja nicht plausibel, warum sie das Amt einer frisch gewählten, populären Ministerpräsidentin aufgibt für dieses neue, deutlich weniger prestigeträchtige, Amt.
Nur wäre durchaus möglich, dass AKK sich hier verkalkuliert. Als Generalsekretärin ist sie komplett von Merkel abhängig. Merkel kann sie jederzeit fallenlassen. Aber selbst wenn Merkel sie stützt, ist es kein Selbstläufer, dass sie Merkels Nachfolgerin wird. Denn genau in dem Moment, in dem die Nachfolgefrage virulent wird, verliert Merkel an Einfluss. Und wenn das geplante Nachfolge-Manöver nicht klappt, fällt AKK ins Bodenlose. Während sie als Ministerpräsidentin sicher im Sattel säße - egal was sich in Berlin abspielt.
Gut, gewisse Vorteile hat der neue Job für AKK. Erstens wird sie dadurch viel Kontakt zur CDU-Basis bekommen - und kann an ihrer Hausmacht arbeiten. Und zweitens kann sie sich bundespolitisch vermutlich stärker profilieren als als Provinz-Politikerin.
Man beachte übrigens, dass sich hier etwas gewandelt hat: In früheren Jahrzehnten war es recht üblich, dass ein Ministerpräsident neuer Kanzler (oder zumindest Kanzlerkandidat) wurde. Strauß, Rau, Engholm, Lafontaine, Scharping, Schröder, Stoiber: Alle bewarben sich als amtierende Ministerpräsidenten um das Kanzleramt. (Lafontaine sogar als direktes Vorbild aus dem Saarland).
Mittlerweile hat sich das gedreht: Merkel, Steinmeier und Schulz waren Bundespolitiker ohne irgendwelchen Background in der Landespolitik.
Vielleicht hat das was mit einer gewandelten Medienaufmerksamkeit zu tun. Früher mal waren Ministerpräsidenten auch in den Medien mit Gewicht. Wenn die was sagten, war das Thema in der Tagesschau. Heutzutage kommen Ministerpräsidenten in der bundesweiten Presse kaum noch vor. Da gibt es viel mehr inner-berlinerische Nabelschau. Kann also sein, dass man heutzutage wirklich in Berlin sitzen muss, wenn man wahrgenommen werden will. Und dass somit für AKK das (nominell leichtgewichtigere) Amt der Generalsekretärin das bessere Sprungbrett ist als ihr bisheriges MP-Amt.
Zitat von Florian im Beitrag #66Aber selbst wenn Merkel sie stützt, ist es kein Selbstläufer, dass sie Merkels Nachfolgerin wird.
Richtig. Vermutlich ist sich AKK auch darüber im Klaren - und sie will wie von Ihnen beschrieben ihre Basis in der CDU und der Berliner Öffentlichkeit ausbauen.
Zitat Vielleicht hat das was mit einer gewandelten Medienaufmerksamkeit zu tun. Früher mal waren Ministerpräsidenten auch in den Medien mit Gewicht. Wenn die was sagten, war das Thema in der Tagesschau. Heutzutage kommen Ministerpräsidenten in der bundesweiten Presse kaum noch vor. Da gibt es viel mehr inner-berlinerische Nabelschau.
Eine interessante und m. E. richtige Beobachtung. Nur als anekdotisches Detail: Früher kannte ich selbstverständlich die Namen aller deutschen Ministerpräsidenten. Heute schaffe ich mühsam die Hälfte.
Ein Faktor bei diesem Wandel könnte die Föderalismusreform von 2006 sein. Damals wurden viele gemeinsame Zuständigkeiten von Bund und Ländern getrennt, es gehen viel weniger Themen durch den Bundesrat und damit ist der Einfluß der Ministerpräsidenten auf die Bundesebene deutlich reduziert.
Zitat von R.A. im Beitrag #67 Ein Faktor bei diesem Wandel könnte die Föderalismusreform von 2006 sein. Damals wurden viele gemeinsame Zuständigkeiten von Bund und Ländern getrennt, es gehen viel weniger Themen durch den Bundesrat und damit ist der Einfluß der Ministerpräsidenten auf die Bundesebene deutlich reduziert.
Ein anderer natuerlich die grosse Koalition. Was sich SPD und CDU auf Bundesebene beschlossen haben, wird nicht mehr auf Ebene des Bundesrates kontrovers diskutiert.
Zitat von R.A. im Beitrag #67 Ein Faktor bei diesem Wandel könnte die Föderalismusreform von 2006 sein. Damals wurden viele gemeinsame Zuständigkeiten von Bund und Ländern getrennt, es gehen viel weniger Themen durch den Bundesrat und damit ist der Einfluß der Ministerpräsidenten auf die Bundesebene deutlich reduziert.
Ein anderer natuerlich die grosse Koalition. Was sich SPD und CDU auf Bundesebene beschlossen haben, wird nicht mehr auf Ebene des Bundesrates kontrovers diskutiert.
Dass im Bundesrat weniger diskutiert wird liegt an der Föderalismus-Reform. Aber NICHT an der großen Koalition. Denn die hat im Bundesrat keine eigene Mehrheit - und hatte sie glaube ich auch nie.
Man beachte: Bei Abstimmungen im Bundesrat braucht man für eine Zustimmung die Mehrheit aller Stimmen. Das bedeutet: Enthaltungen zählen wie Nein-Stimmen. Und bei Koalitionen in den Bundesländern wird praktisch immer vereinbart, dass sich das Land im Bundesrat enthält, wenn sich die Landes-Koalitionäre nicht einigen können. Somit kann jeder Koalitionspartner in jeder Landesregierung ein (faktisches) Nein im Bundesrat erzwingen. Stimmen FÜR die große Koalition kann man bei kontroversen Themen somit nur von solchen Ländern einplanen, die von Schwarz-Rot-Kombinationen regiert werden. Und das sind nicht allzu viele. (aktuell: 22 von 69 Stimmen)
Seither hat sich nochmal einiges verschoben. Schulz ist ja jetzt doch nicht mehr dabei. Und auch z.B. der Name Eva Högl ist (Gott sei dank) in der Versenkung verschwunden. Aus meiner Sicht am meisten überraschend ist die Personalie Maas. Das der - in der Öffentlichkeit doch eher unbeliebte - Herr Maas eine so gewaltige Hausmacht in der SPD hat, dass er sich das wichtige Außenamt sichern kann hätte ich nicht gedacht.
Grundsätzlich finde ich das Kabinett - im Rahmen dessen was man erwarten durfte - gar nicht mal so schlecht.
Fangen wir mal mit der SPD an:
Olaf Scholz und Hubertus Heil würde ich beide im "Realo"-Flügel der SPD verorten. Was schon einmal sehr wichtig ist, gerade für die Ministerien Finanz und Arbeit.
Und so wenig ich den Maas mag: Als Außenminister wird er womöglich weniger Schaden anrichten als als Justizminister. Und auch weniger Schaden als Schulz als Außenminister (letzterer hätte Deutschland an die EU verkauft. Beim Duo Maaß & Scholz kann man hingegen wenigstens noch darauf hoffen, dass die die Ideen zur Finanz-Union nicht 1:1 von Macron übernehmen).
Ein überraschender Lichtblick sind auch die beiden neuen SPD-Frauen Giffey und Schulze. Ich kannte beide bisher nicht. Die Personalie Giffey ist auch wirklich sehr überraschend. Von einer (erst kurz im Amt befindlichen) Stadtteil-Bürgermeisterin zur Bundesministerin: Eine wirklich ungewöhnlich steile Karriere. Aber was ich von ihr gehört habe, klingt sehr vernünftig. Und es kann auch nichts schaden, wenn jemand im Kabinett sitzt, der die Probleme von hohen Ausländeranteilen aus eigener Anschauung kennt. Und die neue Umweltministerin Schulze fand ich in ihrem ersten Interview auch sehr erfrischend: "Ich komme aus einem Industrie-Bundesland. Und weiß daher, dass man beim Umweltschutz auch die Bedürfnisse der Industrie mit berücksichtigen muss". Wann hat man jemals eine Umweltministerin so reden hören? (Wobei das genau DIE Art von Aussagen sind, die für die SPD so wichtig wären, um ihre Stammwählerschaft zu halten).
Auch die neuen bei der CDU sind positiv: Julia Klöckner und Anja Kalicek (die ich nicht kannte) sind zumindest mal bodenständig mit Erfahrung auch außerhalb der Politik. (Klöckner war 10 Jahre lang hauptberuflich Journalistin, zeitweise auch Chefredakteurin. Und Kalicek war fast 20 Jahre lang im familieneigenen Hotel tätig. Bodenständiger - und serviceorientierter - geht ja eigentlich gar nicht). Die beiden sind übrigens auch die einzigen im Kabinett mit Lebenserfahrung außerhalb von Politik und öffentlichem Dienst. Ansonsten dominieren leider komplett die Polit-Apparatschiks
Jens Spahn ist leider auch einer dieser Apparatschiks (erst 37 Jahr alt - aber schon 16 Jahre lang Bundestagsabgeordneter...). Aber immerhin politisch vernünftig denkend.
Ein kleiner weiterer Lichtblick ist die kurzfristige Nachnominierung von Dorothee Bär als Staatsministerin für Digitales. Und zwar deshalb, weil sie sehr gute Positionen vertritt. (Zum Beispiel hat sie bereits die Abschaffung von Maas' Zensurgesetz vorgeschlagen. Keine Ahnung ob sie das schafft - aber zumindest denkt sie vernünftig).
Dass das Innenministerium an die CSU geht, ist grundsätzlich auch ein Segen. Dass es an Seehofer geht, hingegen sehr schade (sage ich als Bayer). Ich bin sehr gespannt, was in diesem Ministerium passieren wird. Das ganze aktuelle Grenzregime incl. Flüchtlings-Durchwinken basiert ja lediglich auf ministeriellen Anordnungen. Und wären daher auch relativ leicht korrigierbar. Dafür bräuchte es gar keine Gesetzesänderungen. Schon auf dem Verwaltungsweg könnte ein Innenminister einiges bewegen. (Und ob sich Merkel trauen würde, dem Bundesminister mit schriftlicher Anweisung einen Kurswechsel zu untersagen müsste man erst mal sehen). Nur ob der windelweiche Seehofer nun tatsächlich das macht, was er seit 2 Jahren fordert, glaube ich nicht so recht. Nun, wir werden sehen.
Ernsthaft verärgert bin ich eigentlich nur über eine Personalie: Peter Altmaier im Wirtschaftsministerium. Altmaier ist der extremste Polit-Apparatschik, den es in Berlin überhaupt gibt. Der Mann strömt Verwaltungsdenken pur aus. Genau das pure Gegenteil von dem, was man sich von einem Wirtschaftsminister wünschen würde. Wäre es denn nicht möglich, wenigstens in diesem einen Amt jemanden zu haben, der wenigstens ein paar Jahre Erfahrung in der Wirtschaft hat?
Ähnlich seltsam ist übrigens auch die Besetzung des Arbeitsministeriums. Wir hatten das Thema ja hier im Forum schon mal. Früher war es üblich, dass Arbeitsminister eine gewisse Arbeitskarriere vorweisen konnten. Blüm war gelernter Werkzeugmacher. Riester gelernter Fliesenleger. Andrea Nahles war die erste, bei der das nicht so war. Und Hubertus Heil ist nun der zweite: 22 Semester Soziologie-Studium. Schon während dem Studium Bundestagsabgeordneter geworden. Und das war's. Wie die Arbeiter-Partei SPD so jemanden als Arbeitsminister installieren kann, ist mir ein Rätsel.
Zitat von Florian im Beitrag #70Und Kalicek war fast 20 Jahre lang im familieneigenen Hotel tätig. Bodenständiger - und serviceorientierter - geht ja eigentlich gar nicht
Ja, das ist schon bodenständig, aber wär's nicht sinnvoll, wenn jemand, der für Bildung und Forschung zuständig ist, auch ein paar eigene Erfahrungen in diesem Bereich hätte? Ich kann mir diese Personalentscheidung eigentlich nur durch irgendwelche parteiinternen Quoten (z.B. +Frau, +NRW) erklären.
Zitat von Florian im Beitrag #70Und Kalicek war fast 20 Jahre lang im familieneigenen Hotel tätig. Bodenständiger - und serviceorientierter - geht ja eigentlich gar nicht
Ja, das ist schon bodenständig, aber wär's nicht sinnvoll, wenn jemand, der für Bildung und Forschung zuständig ist, auch ein paar eigene Erfahrungen in diesem Bereich hätte? Ich kann mir diese Personalentscheidung eigentlich nur durch irgendwelche parteiinternen Quoten (z.B. +Frau, +NRW) erklären.
Stimmt schon, ist seltsam und sehr sicher eine Konzession an irgendwelche Quoten.
Gerade im Bildungsministerium gäbe es ja eine sinnvolle Verwendung für all die vielen Lehrer und Professoren die das Parlament bevölkern. Aber nein: da hat man endlich mal eine echte Unternehmerin als exotische Ausnahme - und steckt sie ausgerechnet in jenes Ministerium wo sie am wenigsten reinpasst. Und nimmt statt dessen für die wirtschaftsnahen Ministerin (wie Wirtschaft und Arbeit) reine Akademiker-Gewächse.
Dass bei der Postenvergabe politische Überlegungen wichtiger sind als Fachkompetenz sieht man ja bei etlichen Personalien.
Zum Beispiel auch beim Gesundheitsministerium. Es gibt im Kabinett mit Helge Braun und Frau von der Leyen zwei ausgebildete Mediziner. Das Gesundheitsministerium leitet aber stattdessen ein Politikwissenschaftler.
Oder beim Innenministerium. Für dieses sogenannte "Verfassungsministerium" wäre eine juristische Ausbildung sicher hilfreich. Fünf Kabinettsmitglieder sind Volljuristen. Stattdessen nimmt man für das Amt das einzige Kabinettsmitglied ohne Studium (und ohne Abitur).
Und überhaupt: Die Penetranz, mit der von den Medien auf die Einhaltung einer 50%-Frauenquote geachtet wurde. Klar erkennbar war das vielen Journalisten wichtiger als eine Vergabe nach Sachkompetenz.
Zitat von Florian im Beitrag #70Das der - in der Öffentlichkeit doch eher unbeliebte - Herr Maas eine so gewaltige Hausmacht in der SPD hat, dass er sich das wichtige Außenamt sichern kann hätte ich nicht gedacht.
Es sind geheime Mächte im Spiel, die saarländischen Politikern eine Bedeutung verschaffen, die ihnen eigentlich nicht zusteht. Honecker, Lafontaine, Maas, AKK... Ich wäre ja bereit, gegen eine Abschaffung des Euro das Saarland wieder mal den Franzosen aufzudrücken^W zu überlassen.
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Zitat von Florian im Beitrag #70Das der - in der Öffentlichkeit doch eher unbeliebte - Herr Maas ...
Ich glaube nicht, daß Maas in der Öffentlichkeit eher unbeliebt ist. Er ist regelrecht verhaßt - aber nur in einer kleinen Filterblase. Der größte Teil der Öffentlichkeit kennt ihn wahrscheinlich überhaupt nicht. Das war schon bei "Zensur-Uschi" so. Die Nerds im Internet haben getobt, und die breite Mehrheit im Lande hat davon gar nichts mitbekommen und sie blieb eine der Führungsfiguren der CDU.
Zitat Grundsätzlich finde ich das Kabinett - im Rahmen dessen was man erwarten durfte - gar nicht mal so schlecht.
Betonung auf: "im Rahmen dessen, was man erwarten durfte".
Ich finde es richtig und wichtig, auch die wenigen Pluspunkte aufzuzeigen. Ansonsten verfällt man in zu einseitiges Schwarz-Weiß-Denken. Aber das allgemeine Niveau dieses Kabinetts ist schon erschreckend.
Ich bin bestimmt nicht verdächtig irgendeiner "Früher war alles besser"-Nostalgie anzuhängen. Sondern finde im Gegenteil, daß es heute besser ist als jemals zuvor, und meist mit Abstand besser. Aber bei der Qualität des politischen Personals sehe ich das deutlich anders. Nur ganz wenige der aktuellen Minister wären vor 30 Jahren als "ministrabel" durchgegangen. Bei der Rekrutierung des politischen Personals haben wir große Probleme.
Zitat von Florian im Beitrag #12 Aber dass bei der parteiinternen Abwägung dann Gabriel weniger Gewicht auf die Waage bringt als Maas, das ist schon wirklich überraschend.
Das ging aber vermutlich nicht mehr. Schulz dürfte Gabriel das Aussenamt versprochen haben, was ja auch das einzig attraktive in dieser Regierung ist, weil es immer so ein bischen ausserhalb steht. Da kann man nicht mehr mit was anderem kommen und wenn man sich schon Feinde macht, dann kann man sich ruhig Todfeinde machen, das macht keinen großen Unterschied.
Ich habe gerade obigen Satz von Llarian noch mal gelesen.
Und da ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen:
Das ist ja 1-zu-1 der Plot von House of Cards: (Spoiler alert)
Der Präsident hat Frank Underwood das Außenministerium versprochen. Und dann bricht der Präsident das Versprechen - macht aber den Fehler, Underwood auf einem (halbwegs) einflussreichen Posten zu belassen. Und Underwood nutzt seine Position dann für den ultimativen Rachefeldzug gegen den Präsidenten.
Wäre der Präsident schlau gewesen, dann hätte er Underwood gleich richtig kaltstellen müssen. Schulz/Nahles haben hier also alles richtig gemacht: wenn man Gabriel schon abserviert, dann gleich richtig. Damit der in keiner Position mehr ist um sich zu rächen.
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