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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 121 Antworten
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Llarian Offline



Beiträge: 7.115

31.08.2020 15:06
#26 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von X27 im Beitrag #20
Eine Anmerkung, Schüler sind manchmal einfach schlecht in der Schule, weil sie dort gemobbt werden. Für diese Schüler kann Heimunterricht eine wahre Wohltat sein.

Das glaube ich nicht, bzw. ich glaube nicht dass man diesen Schülern einen Gefallen damit tut. Mobbing ist ein ohne Frage ein ernstes Thema, aber man kann es nicht damit lösen indem man weg läuft. Mobbing muss in der Schule adressiert werden, es muss von Lehrern und Eltern agressiv angegangen werden und es ist m.E. nach auch zentral wichtig genau das den Mobbing Opfern zu vermitteln. Andernfalls ist nämlich alles was die Opfer lernen, dass man sich vor Gefahren verstecken muss.

Vielleicht eine Analogie, die weniger aufgeladen ist: Es wird bis heute immer wieder für getrennte Jungen- und Mädchenschulen argumentiert, weil Mädchen sich in Gegenwart von Jungen nicht richtig durchsetzen können und damit schwächere Leistungen bringen. Nehmen wir für die Argumentation an, dem wäre auch so. Aber wem ist damit gedient, wenn er (oder in dem Fall sie) nur lernt gute Leistungen zu bringen, wenn die Hälfte der Bevölkerung nicht anwesend ist? Glauben Sie, dass solche Mädchen, wenn sie erwachsen sind, sich gegen Männer durchsetzen werden? Ich glaube es nicht.

Und deshalb glaube ich auch nicht, dass man Mobbing-Opfern einen großen Gefallen tut, wenn man sie sich verstecken lässt.

X27 Offline



Beiträge: 6

31.08.2020 15:31
#27 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #26
Zitat von X27 im Beitrag #20
Eine Anmerkung, Schüler sind manchmal einfach schlecht in der Schule, weil sie dort gemobbt werden. Für diese Schüler kann Heimunterricht eine wahre Wohltat sein.

Das glaube ich nicht, bzw. ich glaube nicht dass man diesen Schülern einen Gefallen damit tut. Mobbing ist ein ohne Frage ein ernstes Thema, aber man kann es nicht damit lösen indem man weg läuft. Mobbing muss in der Schule adressiert werden, es muss von Lehrern und Eltern agressiv angegangen werden und es ist m.E. nach auch zentral wichtig genau das den Mobbing Opfern zu vermitteln. Andernfalls ist nämlich alles was die Opfer lernen, dass man sich vor Gefahren verstecken muss.


Und es muss Konsequenzen für die Mobber geben, bis zum Schulverweis.

Zitat von Llarian im Beitrag #26
Vielleicht eine Analogie, die weniger aufgeladen ist: Es wird bis heute immer wieder für getrennte Jungen- und Mädchenschulen argumentiert, weil Mädchen sich in Gegenwart von Jungen nicht richtig durchsetzen können und damit schwächere Leistungen bringen. Nehmen wir für die Argumentation an, dem wäre auch so. Aber wem ist damit gedient, wenn er (oder in dem Fall sie) nur lernt gute Leistungen zu bringen, wenn die Hälfte der Bevölkerung nicht anwesend ist? Glauben Sie, dass solche Mädchen, wenn sie erwachsen sind, sich gegen Männer durchsetzen werden? Ich glaube es nicht.

Da stimme ich Ihnen völlig zu. Das kenne ich aus eigener Erfahrung.
Ich bin fünf Jahre lang in eine reine Burschenklasse gegangen. Nicht weil da keine Mädchen erlaubt waren, sondern weil sich keines für Elektrotechnik interessiert hatte. Die Jugend rein männlich zu verbringen, ist für die persönliche Entwicklung auch nicht so ideal.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

01.09.2020 09:06
#28 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Gorgasal im Beitrag #1
Trotzdem hört man jeden einzelnen Tag in den Nachrichten die aktuellen Ansteckungszahlen - aber nie die Sterbezahlen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Journalisten nur an die Ansteckungszahlen kommen und nicht an die Sterbezahlen.


Ein interessanter Beitrag auf Basis der Sterbezahlen in Schweden, und eine Analyse im Vergleich zu den skandinavischen Nachbarländern.

https://www.aier.org/article/swedens-hig...ortant-factors/

Hat Schweden u.a. im Vergleich zu den Nachbarn deutlich niedrigere Sterbezahlen in den vergangenen Grippesaisons kompensiert?

Gruß
Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

05.09.2020 18:17
#29 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #17
Werter hubersn,

"Von daher würde ich vermuten, dass die Maßnahmen Post-Lockdown nur ganz geringe negative Wirkung entfalten. "

Im Nachbarthema hatte ich ja und mal ein ganz konkretes Beispiel gebracht: bei einem meiner Söhne wurde das Studium von Unibetrieb auf Fernstudium umgestellt.
Es steht Ihnen natürlich frei, solche Änderungen in unserem Land zu ignorieren oder als unwichtig einzustufen. Es wäre aber zumindest fair, wenn Sie umgekehrt zur Kenntnis nehmen würden, dass andere Menschen solche Experimente nicht als unwichtig einstufen.



Selbstverständlich liegt die Bewertung solcher Wirkungen im Auge des Betrachters und wird von jedem individuell eingestuft. Und jeder hat seine persönliche Abwägung zwischen den verschiedensten Parametern: der Gefahr, die von der Pandemie ausgeht, dem Risiko, das er selbst bereit ist einzugehen, dem Risiko, das er bereit ist anderen zuzumuten, der Bereitschaft, eigene Gewohnheiten umzukrempeln, der Bereitschaft, Opfer zu bringen zur Eindämmung der Pandemie, die Abschätzung, welche Alternativen welche Auswirkungen hätten.

Da meiner altmodischen Ansicht nach ein Studium zuallererst dem Wissenserwerb dienen soll, empfinde ich die Einschränkung auf Fernstudium jetzt nicht als dramatischen Eingriff. Von daher läuft Ihr persönliches Beispiel bei mir unter "Luxusproblem". Ja, es existiert. Wollen wir, dass wir alle wieder zur "Normalität" zurückkehren können? Sicherlich. Aber was genau schlagen Sie vor? Welche Einschränkungen sind ihnen zu restriktiv, und warum? Welches Risiko sind sie bereit, selbst einzugehen und anderen zuzumuten? Die Abschaffung diverser Einschränkungen zu fordern ist billig. Alternativen zu skizzieren und die daraus resultierenden Risiken abzuwägen, das brauchen wir. Auch in diesem Forum sind diese Alternativen aber absolute Mangelware.

Da ich selbst duale Studenten bei uns im Betrieb betreue, kann ich zumindest diesbezüglich direkt von der Front berichten, dass diese Studenten den Fernunterricht nicht als besonders nachteilig empfunden haben. Man hat sich dann halt außerhalb der Hörsäle mit den Kommilitonen getroffen.

Zitat

Ich könnte noch viel mehr persönliche Beispiele bringen, von einer Kollegin mit einem Kindergartenkind, die seit Monaten ihren Alltag nicht mehr organisieren kann, von Kollegen, die zwangsversetzt wurden, weil unsere Business unit Miese schreibt, von meinem persönlichen Berufsumfeld, weil ICH tatsächlich auch mal gern Kollegen in Person sehen würde. Zugegeben, ich kenne auch Kollegen, die durch die Blume gesagt haben, daß Corona ein Geschenk des Himmels sei, weil das die perfekte Begründung sei, absolut keine anderen Menschen, weder Kollegen noch Kunden mehr sehen zu müssen und man völlig damit zufrieden sei, allein (oder manchmal auch zu zweit) den Rest des Lebens im Home office zu verbringen.



Bei uns in der Firma sind persönliche Begegnungen schon lange wieder erlaubt, unter kontrollierten Bedingungen. Wer will, kann also. Wenn das bei Ihnen anders ist, dürfen Sie das gerne als Sozialexperiment ihres Arbeitgebers betrachten, sollten es aber nicht den Regierungsmaßnahmen in die Schuhe schieben.

Das Thema Kinderbetreuung ist natürlich schwierig, allerdings war in unserer Gegend es kein Problem, dass die Härtefälle (sprich: nicht anderweitig organisierbar) eine Ganztagesbetreuung wie vorher bekamen. Auch während des Lockdowns wohlgemerkt. Sicher nicht optimal, aber im Großen und Ganzen machbar. Ich habe auch Kollegen, die im Home Office die Kinder nebenher betreuen müssen. Nicht optimal, aber machbar - man tut was man kann, um diese Kollegen zu unterstützen.

Dass Firmen oder "Business Units" in diesen Zeiten teils dramatische Verluste schreiben, kann keinem von uns gefallen. Ob das allerdings hauptsächlich mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hierzulande zu tun hat oder vielleicht eher mit dem natürlichen Verhalten von Menschen in Krisensituationen nebst des erheblichen Rückgangs des Exports aufgrund von Maßnahmen im Ausland, auf die wir naturgemäß keinen Einfluss haben - das ist m.E. nicht mal ansatzweise klar oder nachgewiesen. Das Beispiel Schweden scheint eher zu zeigen, dass etwas harmlosere Anti-Pandemie-Maßnahmen praktisch keinen positiven Effekt auf die Wirtschaft haben.

Zitat

Völlig unabhängig davon, dass ich solche Gefühlswelten für mindestens mal schräg, wenn nicht sogar unnatürlich halte: Fakt ist nun mal, dass die ganzen Maßnahmen ein gigantisches Sozialexperiment sind; dass soziale Geflechte, soziale Normen grade mit dem Vorschlaghammer in neue Formen geschlagen werden.

Das SIND reale Wirkungen der aktuellen Maßnahmen, ganz unabhängig davon, ob sie die gut oder schlecht finden oder überhaupt nur zur Kenntnis nehmen.



Seien Sie versichert: ich nehme alles zur Kenntnis, was ich so lese. Nur meine Einschätzung zur Gewichtung dieser realen Wirkungen in Bezug auf mögliche Alternativen unterscheiden sich hier. Jede Menge Feminist*innen haben sich ja beklagt, dass durch den Lockdown schon überwunden geglaubte antiemanzipatorische Rollenverteilungen wieder verstärkt zum Tragen kamen. Beschäftigte im Gesundheitssystem haben sich beklagt, dass sie die Hauptlast der Krise schultern, aber nicht anständig bezahlt werden und nur ein paar warme Worte als Belohnung bekommen haben. Fußballfans beklagen sich, dass sie nicht ins Stadion dürfen. Kinofans beklagen sich, dass Hollywood die großen Blockbuster zurückhält und man nicht mal ins Kino gehen würde, wenn denn eines offen hätte. Allergiker beklagen sich, dass sie bei jedem heuschnupfengetriggerten Niesanfall von ihrer Umgebung gemobbt werden. Jugendliche beklagen sich, dass Discos und Clubs immer noch geschlossen sind. Die Risikogruppe beklagt sich, dass vor allem jüngere Menschen sehr sorglos mit den Gefahren der Pandemie umgehen.

Ja. Alles mehr oder weniger schlimm. Aber was ist die Konsequenz? Welche Maßnahmen können weg? Wie reagieren wir, wenn den ansteigenden Infektionszahlen auch wieder ansteigende Sterbezahlen folgen? Oder nehmen wir die in Kauf? Was ist da unser Limit? 1000, 10000 oder doch 100000 vermeidbare Tote?

Und wenn wir hier unsere Risikobereitschaft erneut justiert haben - machen wir das dann auch in allen anderen Gesellschaftsbereichen? Die Politik kostet mich persönlich seit Jahrzehnten durch maßlos teure Bekämpfung nachgewiesenermaßen minimalster Risiken jede Menge Geld und Freiheit. Das gigantische Sozialexperiment, wie Sie es nennen, läuft doch schon seit es Politik gibt. Warum jetzt der große Aufschrei? War der Lockdown teurer als die Energiewende? Als die Grenzöffnung für die Wirtschaftsflüchtlinge dieser Welt? Als die ständig steigende Steuer- und Abgabelast? Als die Nullzinspolitik der EZB? Als die verdeckte Staatenfinanzierung der EZB? Als die letzten zwanzig fehlgeschlagenen Gesundheitsreformen? Als die diversen Bildungsreformen?

Zitat

Von den langfristigen ökonomischen Folgen ganz zu schweigen.



Die sowohl in Details auch auch in ihrer Größenordnung noch völlig im Dunkeln liegen. Die Börse scheint gerade auf "zügige Erholung der Weltwirtschaft" zu wetten. Aus meiner Sicht eine Blase, aber das sage ich schon seit zehn Jahren und liege bis jetzt völlig falsch.

Ökonomisch gesehen ist gerade weitgehend Krise, mit vereinzelten Krisengewinnern. Die Welt wandelt sich ständig, und Krisen sind Beschleuniger solcher Transformationsprozesse. Das kann man bedauern, aber ehrlich gesagt sehe ich noch keinen Hinweis darauf, dass wir dadurch in eine länger andauernde Rezession oder sowas abgleiten. Jede Krise hat auch die Eigenschaft, Dinge zu bereinigen (wenn man sie lässt - die deutsche Strategie ist ja eher das Bewahren der Asche). Firmen, die jetzt in Schwierigkeiten geraten, hatten vielleicht auch einfach kein zukunftsfähiges Geschäftsmodell, das erhaltenswert ist. Und nicht zuletzt ist die Krise eben Teil des unternehmerischen Risikos. In guten Zeiten partizipiert der Unternehmer überproportional, quasi seine Risiko-Rendite. Dann sollte er doch auch in schlechten Zeiten sein Risiko akzeptieren und kleinere Brötchen backen.

Es ist ja auch nicht so, dass eine weltweite Pandemie ein singuläres Ereignis ist, das gar nicht denkbar oder vorhersehbar war. Nein, die Planspiele dazu (meist in Form der Wiederkehr der spanischen Grippe) existieren ja schon seit langer Zeit. Die allermeisten Unternehmen scheinen aber hier keinerlei Risikovorsorge getroffen zu haben (und sind da kein Stück besser als unser Staat), vermutlich weil sie die Eintrittswahrscheinlichkeit als zu klein eingeschätzt haben. That's life, würde ich sagen. Solche Fehleinschätzungen können eben in die Insolvenz führen.

Und hier sehe ich das große Risiko für die langfristige ökonomische Entwicklung: dass wir noch mehr Staat bekommen, noch mehr Finanzhilfen ausgeschüttet werden, noch mehr Verzerrungen in die Marktwirtschaft einziehen. Gerade wird ja wieder gieskannenartig das Geld verteilt (und ja, auch mein Geld), dass es jedem Liberalen die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Zitat

Im übrigen ist es im Wortsinn normal und natürlich, dass man Risiken auf der Basis der persönlichen Kosten schätzt und solche persönlichen Kosten damit auch zu einer realistischen, wie man so sagt geerdeten Bewertung von Risiken führen. Nicht von ungefähr ist der Krankenstand bei Behörden und Ämtern fast doppelt so hoch wie in der Privatwirtschaft. Das liegt nicht an kränkeren Beamten, sondern an der deutlich höheren Bereitschaft, bereits wegen einem Schnupfen oder Kopfweh krank zu feiern.

Ein Recht, dass absolut nichts kostet, wird überproportional nachgefragt, dass lehrt uns die Ökonomie. In so weit ist es völlig gerechtfertigt zu überlegen, ob man in einigen Bereichen Risikoabwehr nicht schlicht zu billig gemacht hat.

Wobei billig = auf Kosten anderer, denn jede Risikoabwehr kostet Geld. Egal, ob die Menschen sich das eingestehen oder nicht.



Nun ist aber die bessere Absicherung von Beamten - auch und gerade in Krisenzeiten - keine neue Erkenntnis. Und jeder Beamte wird Ihnen sicher erklären, dass er u.a. durch die schlechtere Bezahlung gegenüber der "freien Wirtschaft" natürlich ständig und dauerhaft in "normalen Zeiten" empfindliche Nachteile erleidet, und deshalb in der Krise jetzt dadurch das Recht hat, auch mal die Vorteile seiner Risikoaversion zu genießen. Oder?

Gruß
hubersn

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hubersn Offline



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05.09.2020 18:47
#30 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Gorgasal im Beitrag #21
Zitat von hubersn im Beitrag #16
Die Schüler, Kinder, Jugendlichen um mich herum hatten allesamt Unterricht, haben sich mit Gleichaltrigen getroffen, hatten eigentlich mit der Gesamtsituation relativ wenig Probleme. Von daher würde ich vermuten, dass die Maßnahmen Post-Lockdown nur ganz geringe negative Wirkung entfalten. Und der Lockdown war ja nun sehr kurz und vergleichsweise harmlos hierzulande, da würde ich auch kaum negative Wirkungen erwarten. Vielleicht sogar positive, angeblich soll ja gemeinsame Zeit in der Familie sehr wertvoll sein. Nie gab es so viel gemeinsame Zeit wie im Lockdown.

Ich persönlich kenne Schüler der gymnasialen Unterstufe, die seit März keinen Präsenzunterricht mehr haben, weil ein Elternteil sich als Risikopatient fühlt.



Ja, das gibt es bestimmt (wenn auch vermutlich eher selten). Da aber an den meisten Orten eh kein Präsenzunterricht stattfand, erwuchs diesen Kindern daraus auch kein Nachteil, oder? Ein Nachteil erwuchs ihnen, weil unser Bildungssystem in einem erbarmungswürdigen Zustand bezüglich u.a. der Digitalisierung ist, und eine erschreckend hohe Anzahl von Lehrkräften nicht in der Lage war, vernünftigen Online-Unterricht durchzuführen. Denn gehen tut das schon, auch das hat die Krise gezeigt. Und eigentlich erfordert es auch nur eine gewisse Grundhaltung, die bei Pädagogen generell von Vorteil ist: Lust auf Neues, Veränderungen positiv aufnehmen, Problemstellungen kreativ lösen. Leider scheint unser Bildungssystem verhältnismäßig viele Technikneurotiker als Lehrkräfte (her-)anzuziehen.

Zitat

Und exakt diese Selbstwahrnehmung und diese Angst werden durch die mediale Darstellung geschürt. Während die Kinder, die seit einem halben Jahr ihre Klassenkameraden nur online gesehen haben, darunter tatsächlich leiden.



Ich kann es nur wiederholen: niemand hat verboten, dass sich die Kinder außerhalb des Klassenzimmers treffen. Und sie haben sich getroffen. Zumindest in meinem Umfeld.

Aber was Risikopatienten und deren Selbstwahrnehmung angeht: je nach Alter und Vorerkrankungen ist dieses Virus eine verhältnismäßig große und potenziell tödliche Gefahr. Es wäre also auch möglich, dass die Risikoabschätzung dieser Menschen völlig richtig liegt.

Zitat

Zitat von hubersn im Beitrag #16
Klar, bei einigen gab es ein länger dauerndes Alkohol- und Feierdefizit, das kann man schon als "negative Wirkung" sehen.

Es ist natürlich Ihr gutes Recht, Sorgen wie meine oben als lächerlich anzusehen.



Ich habe damit Bezug genommen auf Kommentare genau der beschriebenen besonders betroffenen Gruppe, die genau die fehlende Feiermöglichkeit als größtes Problem ihrer Generation ansahen.

Zitat

Ich nehme mir umgekehrt das Recht, es als lächerlich anzusehen, wie aktuell in den Medien und der Politik mit COVID umgegangen wird.

Zettel hat seinerzeit den Atomausstieg nach Fukushima als "kollektive Besoffenheit" in Deutschland bezeichnet. Ich suche seit Monaten für eine passende Vokabel für den aktuellen Wahnsinn. Die letzte ähnliche dunkle Erinnerung wäre, als wir 1986 nach Tschernobyl nicht in den Wald durften. Aber das war nach ein paar Wochen vergessen.



Mit dieser Einschätzung rennen Sie bei mir offene Türen ein. Mich verblüfft vor allem, wie diverse Medien komplett unterschiedlich schwerwiegende Dinge quasi gleichberechtigt nebeneinander beschreiben und davon berichten bzw. kommentieren.

Aber das ist jetzt, wie Sie ja selbst mit dem Beispiel der "kollektiven Besoffenheit" beschreiben, keine neue Erkenntnis. Es ist erlebte Realität seit 20 Jahren. Mindestens. Naja, eher 40 - man denke an das Waldsterben. Oder noch früher die DDT-Panik.

Gruß
hubersn

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hubersn Offline



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05.10.2020 15:41
#31 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Ich hatte versucht, den aktuellen Stand der Zahlen v.a. bezüglich Deutschland aufzudröseln:

http://politikblog.huber-net.de/2020/09/...elle-situation/

Das war am 18.9., und ich wunderte mich noch, dass in Deutschland - im Gegensatz zu Österreich, Spanien, Frankreich - die Zahlen der Patienten in intensivmedizinischer Behandlung doch auf sehr niedrigem Niveau verweilt.

Inzwischen hat sich dieses Bild leicht verändert. Das DIVI-Intensivregister meldet für heute 447 Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, davon 210 invasiv beatmet. Das ist gegenüber Mitte September, wo die Zahl irgendwo zwischen 220 und 240 pendelte, schon ein deutlicher Sprung nach oben, der mehr oder weniger kontinuierlich Tag für Tag zu beobachten war. Die Sterbezahl im 7-Tage-Mittel liegt derzeit bei etwa 10 Menschen pro Tag. Es kommen also überschlägig derzeit rund 30 Menschen täglich in intensivmedizinische Behandlung.

Als Hausnummer zur Einordnung der deutschen Situation, die sich intensivmedizinisch immer noch sehr entspannt ausnimmt: 7000 High-Care-Betten sind aktuell frei, 600 davon mit invasiver Beatmungsmöglichkeit. Solange es keine extremen lokalen Hotspots gibt, ist das im Moment also noch handhabbar.

IFR scheint sich auf 0,5%-1% einzupendeln, was vermutlich der derzeitigen eher jungen Altersstruktur zu "verdanken" ist. Der Schutz der Risikogruppe scheint in Deutschland also verhältnismäßig gut zu gelingen - in Frankreich und Spanien hingegen liegen die Todeszahlen schon wieder beim 10fachen des Wertes hierzulande. Wobei ich da keine Infos zur Altersstruktur der Erkrankten recherchiert habe.

Gruß
hubersn

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Martin Offline



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05.10.2020 16:02
#32 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Da ich gerade Zahlen und die Maskendikussion von Holland gesehen habe stelle ich den Beitrag hier rein: https://www.theautomaticearth.com/2020/1...t-to-do-corona/

Das Bild ist ähnlich dem in Deutschland: Steigende Fallzahlen, mäßig steigende Sterbezahlen. Sicher hat der Beginn des seit einem halben Jahr gestoppten regulären Schulbetriebs einen Schub an positiven Testergebnissen zur Folge, und Schüler tragen Infektionen dann auch an Ältere weiter. Ich lese immer wieder, dass auch Lehrer oder Lehrerinnen Infektionen aus Urlaubsgebieten in die Klassen schleppen. Wir haben jetzt auch so einen Fall, eine Klasse ist erst mal in Quarantäne. Vielleicht wäre es besser, gerade bei jungen Leuten die Immunisierung einfach laufen zu lassen. Hätte man das in den Sommermonaten gemacht, wäre die Herdenimmunität unter wärmeren klimatischen Bedingungen weiter fortgeschritten.

Gruß
Martin

hubersn Offline



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05.10.2020 19:48
#33 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #32
Da ich gerade Zahlen und die Maskendikussion von Holland gesehen habe stelle ich den Beitrag hier rein: https://www.theautomaticearth.com/2020/1...t-to-do-corona/



Keine Ahnung, was ich aus diesem verlinkten Beitrag für neue Erkenntnisse ziehen soll. Viel des sattsam bekannten Gelabers Für und Wider des Maskentragens, mit dem merkwürdigen "schafft ein falsches Gefühl der Sicherheit"-Argument, das wir von (Schlenker zurück zum Ausgangspunkt "Verkehrstote") ja so auch von Autos und ihren Sicherheitseinrichtungen vom Airbag über die Knautschzone bis zum ABS kennen. Und schon dort immer noch einer schlüssigen Beweisführung harrt.

Auch Masken sind kein Patentrezept. Es ist aber derart offensichtlich, dass sie entscheidende Parameter wie Virenlast und Virenreichweite reduzieren, dass ich die Diskussion nicht nachvollziehen kann. Ich sehe es als sehr wahrscheinlich an, dass ein Teil der jetzt auftretenden milderen Fälle genau durch die Verringerung der Virenlast durch die Masken erreicht wurde. Dass irgendwo auf der Welt hingegen negative Effekte zu beobachten sind, davon habe ich noch nicht gehört.

Zitat

Das Bild ist ähnlich dem in Deutschland: Steigende Fallzahlen, mäßig steigende Sterbezahlen.



Die Niederlande stellen sich schon etwas anders dar, weil sie bei weniger als einem Viertel der Bevölkerung Deutschlands inzwischen bei doppelt so vielen Neuinfektionen pro Tag angekommen sind, und die Trajektorie sieht eher steil ansteigend aus, im Gegensatz zu Deutschland.

Und die Sterbezahlen liegen auch über denen hierzulande (seit 27. September konstant über 10 pro Tag im 7-Tage-Mittel). Also ziemlich deutlich über den deutschen Zahlen. Ein Effekt der Altersstruktur der Erkrankten? Oder ein Effekt der deutlich höheren Bevölkerungsdichte? Oder ein Unterschied bei den Maßnahmen zur Eindämmung? Oder nur deren Einhaltung in der Breite? Schlechteres Track&Trace? Die niederländische Gesundheitsversorgung gilt ja in vielerlei Hinsicht als vorbildlich, vor allem bezüglich der Hygienestandards, das kann fast kein nachteiliger Faktor sein.

Zitat

Vielleicht wäre es besser, gerade bei jungen Leuten die Immunisierung einfach laufen zu lassen. Hätte man das in den Sommermonaten gemacht, wäre die Herdenimmunität unter wärmeren klimatischen Bedingungen weiter fortgeschritten.



Das kann im Moment niemand seriös sagen. In Anbetracht großer unbekannter Parameter (wie lange hält die Immunisierung? Wie weit verbreitet sind Spätfolgen? Wie schützt man die Risikogruppe, wenn die Prävalenz jüngerer Infizierter deutlich ansteigt?) halte ich das Konzept "Herdenimmunität durch Durschseuchung" weiterhin für ziemlich riskant. Gibt es zeitnah einen wirksamen Impfstoff (da glaube ich nicht wirklich dran - was sauber getestetes eher so gegen Mitte nächsten Jahres, wenn überhaupt)? Gibt es bald ein wirksames antivirales Medikament oder einen anderen Durchbruch bei der Behandlung? Schon jetzt ist ja auch die Sterberate bei den Älteren/der Risikogruppe deutlich niedriger als im März/April - wäre es also eine gute Idee gewesen, mit dem Herdenimmunitätsplan im Juni oder so anzufangen? Auch unter den Jüngeren gibt es ja reichlich Bedarf an Hospitalisierung (das sagen zumindest die Zahlen aus Österreich) - wie balanciert man das, um eine Überlastung der medizinischen Versorgung zu verhindern? Je voller die Krankenhäuser durch COVID-19, desto weniger andere wichtige Behandlungen können durchgeführt werden. Wie balanciert man das? Vor allem, weil die Toten ja erst ungefähr 3-4 Wochen nachdem die Infektionszahlen ansteigen in der Statistik auftauchen.

Gruß
hubersn

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Gorgasal Online




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05.10.2020 20:58
#34 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #33
... mit dem merkwürdigen "schafft ein falsches Gefühl der Sicherheit"-Argument, das wir von (Schlenker zurück zum Ausgangspunkt "Verkehrstote") ja so auch von Autos und ihren Sicherheitseinrichtungen vom Airbag über die Knautschzone bis zum ABS kennen. Und schon dort immer noch einer schlüssigen Beweisführung harrt.

Nuja, das Phänomen der Risk compensation ist ja durchaus schlüssig und auch in freier Wildbahn beobachtet worden. Verwandt ist der Tullock spike, den ich aber auch Armen Alchian zugeschrieben gesehen habe.

Nein, damit will ich jetzt nicht sagen, dass Masken, Sicherheitsgurte und Motorradhelme nichts bringen, sondern nur anmerken, dass es da durchaus eine schlüssige Beweisführung und empirische Belege gibt. Vielleicht lernt jemand ja hier auch noch etwas...

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Non delectent verba nostra, sed prosint. - Seneca, Epistulae morales ad Lucilium, 75, 3

Martin Offline



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05.10.2020 21:39
#35 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #33
Keine Ahnung, was ich aus diesem verlinkten Beitrag für neue Erkenntnisse ziehen soll. Viel des sattsam bekannten Gelabers Für und Wider des Maskentragens, mit dem merkwürdigen "schafft ein falsches Gefühl der Sicherheit"-Argument, das wir von (Schlenker zurück zum Ausgangspunkt "Verkehrstote") ja so auch von Autos und ihren Sicherheitseinrichtungen vom Airbag über die Knautschzone bis zum ABS kennen. Und schon dort immer noch einer schlüssigen Beweisführung harrt.
Da es um non-medical face masks ging, gehe ich davon aus, dass das kein Argument gegen medical face masks ist. Wer sich also als gefährdet sieht, kann sich mit einer FFP2-Maske tatsächlich besser schützen, als mit einer OP-Maske. Damit ist auch das Argument des falschen Sicherheitsgefühls schlüssig. So hatte ich das auch vor Wochen in Dänemark gesehen. Und wenn es um Selbstschutz geht, kann das jeder selbst entscheiden, kann der Staat sich raushalten.

Zitat
Die Niederlande stellen sich schon etwas anders dar, weil sie bei weniger als einem Viertel der Bevölkerung Deutschlands inzwischen bei doppelt so vielen Neuinfektionen pro Tag angekommen sind, und die Trajektorie sieht eher steil ansteigend aus, im Gegensatz zu Deutschland.

Und die Sterbezahlen liegen auch über denen hierzulande (seit 27. September konstant über 10 pro Tag im 7-Tage-Mittel). Also ziemlich deutlich über den deutschen Zahlen. Ein Effekt der Altersstruktur der Erkrankten? Oder ein Effekt der deutlich höheren Bevölkerungsdichte? Oder ein Unterschied bei den Maßnahmen zur Eindämmung? Oder nur deren Einhaltung in der Breite? Schlechteres Track&Trace? Die niederländische Gesundheitsversorgung gilt ja in vielerlei Hinsicht als vorbildlich, vor allem bezüglich der Hygienestandards, das kann fast kein nachteiliger Faktor sein.

'Neuinfektionen' sind relativ. Auf die Bevölkerungszahl extrapoliert müssten wir in D ja auch bis zum 80-fachen der gemeldeten Neuinfektionen haben. Mir ging es aber nicht um die absoluten Zahlen, die evtl. interpretationsbedürftig sind, sondern um das deutliche Auseinanderlaufen von 'Infektionen' und Sterbezahlen. Letztlich ein Plädoyer dafür, den 'Infektionszahlen' nicht allzuviel Bedeutung zuzumessen. Und die Sterbezahlen sind weder in einem besorgniserregenden Bereich, noch Trend.

Zitat
Das kann im Moment niemand seriös sagen. In Anbetracht großer unbekannter Parameter (wie lange hält die Immunisierung? Wie weit verbreitet sind Spätfolgen? Wie schützt man die Risikogruppe, wenn die Prävalenz jüngerer Infizierter deutlich ansteigt?) halte ich das Konzept "Herdenimmunität durch Durschseuchung" weiterhin für ziemlich riskant. Gibt es zeitnah einen wirksamen Impfstoff (da glaube ich nicht wirklich dran - was sauber getestetes eher so gegen Mitte nächsten Jahres, wenn überhaupt)? Gibt es bald ein wirksames antivirales Medikament oder einen anderen Durchbruch bei der Behandlung? Schon jetzt ist ja auch die Sterberate bei den Älteren/der Risikogruppe deutlich niedriger als im März/April - wäre es also eine gute Idee gewesen, mit dem Herdenimmunitätsplan im Juni oder so anzufangen? Auch unter den Jüngeren gibt es ja reichlich Bedarf an Hospitalisierung (das sagen zumindest die Zahlen aus Österreich) - wie balanciert man das, um eine Überlastung der medizinischen Versorgung zu verhindern? Je voller die Krankenhäuser durch COVID-19, desto weniger andere wichtige Behandlungen können durchgeführt werden. Wie balanciert man das? Vor allem, weil die Toten ja erst ungefähr 3-4 Wochen nachdem die Infektionszahlen ansteigen in der Statistik auftauchen.



Viele der Fragen stellen sich im Prinzip bei jeder Grippewelle, und der Staat muss deshalb objektive Kriterien haben, ab wann er sich einmischt, und ab wann er sich zurückzieht - auch, um die Politiker vor einer Verantwortung zu entlasten. Sterbe- und Belegzahlen sind .E. das zuverlässigere Kriterium, als wenig aussagekräftige 'Fallzahlen'. Das Thema Langzeitfolgen stellt sich immer. Nur, wie das Kriterium schon andeutet, weiß man das erst nach langer Zeit. Dasselbe gilt aber eben auch für Impfstoffe. Der Unterschied ist dann aber, dass 1 % Langzeitfolgen bei von Zehntausenden überstandenen Erkrankungen zahlenmäßig weniger zuschlägt, als bei einer millionenfachen Impfung mit 1 % Langzeitfolgen. So als Hausnummer. Und die Balancierung der medizinischen Versorgung ging bisher eher in die Richtung, dass wegen freigehaltener Betten die Versorgung anderer Fälle unterblieb. Sicher wurden viele Entscheidungen im März mit Bildern aus Italien im Blick getroffen, wir wissen aber schon lange, dass diese für D nicht zutreffen. Warum, das ist sicher eine Forschungsarbeit wert.

Gruß
Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

05.10.2020 23:11
#36 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Gorgasal im Beitrag #34

Nein, damit will ich jetzt nicht sagen, dass Masken, Sicherheitsgurte und Motorradhelme nichts bringen, sondern nur anmerken, dass es da durchaus eine schlüssige Beweisführung und empirische Belege gibt. Vielleicht lernt jemand ja hier auch noch etwas...


Dass es einen theoretischen Ansatz gibt, so einen Effekt zu erklären, wollte ich nicht bestreiten. Aber wo sind denn im Falle der Masken die empirischen Belege? Die empirischen Belege zur Reduktion beispielsweise der Virenlast sind erdrückend, selbst bei einfachen Masken. Messtechnisch klar nachweisbar und nicht strittig. Wie sollen die überkompensiert werden durch riskanteres Verhalten der maskentragenden Masse? Dafür gibt es doch nicht mal eine im Ansatz schlüssige Idee. Also zumindest mir fällt da nix dazu ein. Und umgekehrt kann man ja ebenso wolkig argumentieren mit dem optischen Effekt der Maske, der einen stets daran erinnert, den Abstand zu halten, der das Risikobewusstsein ständig wach hält.

Und insofern ist es für mich die gleiche Kategorie wie Airbag, ABS, ESP, Sicherheitsgurt, Knautschzone, bessere Bremsen, Helm. Vielleicht gibt es einen minimalen entgegengesetzten Effekt. Aber wo ist wenigstens ein starker Hinweis auf eine solche Überkompensation?

Gruß
hubersn

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Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.10.2020 21:54
#37 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #35
Letztlich ein Plädoyer dafür, den 'Infektionszahlen' nicht allzuviel Bedeutung zuzumessen. Und die Sterbezahlen sind weder in einem besorgniserregenden Bereich, noch Trend.

Nun plötzlich auch Aufklärung in der ARD: https://www.youtube.com/watch?feature=yo...yKs&app=desktop

Das wurde auch Zeit, möglicherweise mit der Absicht, um den Handlungsdruck von der Politik zu nehmen, die sich dem Druck der 'Infektions'-Zahlen nicht entziehen kann.

Gruß
Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

10.10.2020 22:52
#38 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #37
Nun plötzlich auch Aufklärung in der ARD: https://www.youtube.com/watch?feature=yo...amp;app=desktop

Das wurde auch Zeit, möglicherweise mit der Absicht, um den Handlungsdruck von der Politik zu nehmen, die sich dem Druck der 'Infektions'-Zahlen nicht entziehen kann.



Naja, wer sich durch ARD und ZDF informieren lässt, hat bei jedem Thema verloren. Warum war irgendwer der Meinung, dass das bei COVID-19 anders sein sollte?

Allerdings unterschlägt der Beitrag auch wieder so viele wichtigen abzuwägenden Fakten, dass es am Ende doch wieder typisch ARD war. In der Berichterstattung bin ich gerade von Spiegel Online positiv überrascht, die teilweise sehr ausgewogene Beiträge bringen, die viele Einflussfaktoren und Fakten gegeneinander abwägen. Hätte ich nie gedacht, dass ich den Relotius-Verein mal wieder loben kann.

Gruß
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10.10.2020 23:59
#39 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #35
Zitat von hubersn im Beitrag #33
Keine Ahnung, was ich aus diesem verlinkten Beitrag für neue Erkenntnisse ziehen soll. Viel des sattsam bekannten Gelabers Für und Wider des Maskentragens, mit dem merkwürdigen "schafft ein falsches Gefühl der Sicherheit"-Argument, das wir von (Schlenker zurück zum Ausgangspunkt "Verkehrstote") ja so auch von Autos und ihren Sicherheitseinrichtungen vom Airbag über die Knautschzone bis zum ABS kennen. Und schon dort immer noch einer schlüssigen Beweisführung harrt.
Da es um non-medical face masks ging, gehe ich davon aus, dass das kein Argument gegen medical face masks ist. Wer sich also als gefährdet sieht, kann sich mit einer FFP2-Maske tatsächlich besser schützen, als mit einer OP-Maske. Damit ist auch das Argument des falschen Sicherheitsgefühls schlüssig.



Finde ich immer noch nicht schlüssig. Denn welche höheren Risiken gehe ich denn ein, wenn ich eine einfache Maske trage (übrigens sind die mehrlagigen Stoffmasken ebenfalls nachgewiesenermaßen sehr effektiv sowohl beim Selbstschutz als auch beim Schutz anderer), als wenn ich keine Maske trage? Verstehe ich immer noch nicht.

Zitat

So hatte ich das auch vor Wochen in Dänemark gesehen.



Seit Mitte September hat Dänemark wieder stark verschärfte Regeln. Immer noch ein Vorbild?

Zitat

Und wenn es um Selbstschutz geht, kann das jeder selbst entscheiden, kann der Staat sich raushalten.



Da die Prävalenz des Virus in der Gesamtbevölkerung entscheidend ist für das individuelle Risiko, und ebenfalls Auswirkungen auf das Gesundheitswesen hat, scheint mir die Idee "jeder für sich" sehr abwegig.

Zur Erinnerung: wir sind das Land mit dem strengen Rauchverbot in Kneipen. Mit einem ultraniedrigen Stickoxidgrenzwert. Mit einem absurd niedrigen Feinstaubgrenzwert. Es würde jeder Verhältnismäßigkeit spotten, ausgerechnet bei SARS-CoV-2 plötzlich eine zurückhaltende Linie zu fahren.

Ich frage mich immer noch, wie dieses "wir müssen die Risikogruppe schützen" eigentlich in der Praxis aussehen soll. Die Risikogruppe ist überall, je nachdem wo man den "Cut" ansetzt sind das 20-40 Millionen. Da fehlt mir die Phantasie. Der einzige Schutz ist eine niedrige Prävalenz bis der Impfstoff kommt und/oder eine bessere Behandlungsmöglichkeit. Beides scheint ja in Reichweite, ein Gutteil der jetzt niedrigeren Todesfallzahlen ist ja genau auf die verbesserte Behandlung zurückzuführen.

Zitat

Zitat
Die Niederlande stellen sich schon etwas anders dar, weil sie bei weniger als einem Viertel der Bevölkerung Deutschlands inzwischen bei doppelt so vielen Neuinfektionen pro Tag angekommen sind, und die Trajektorie sieht eher steil ansteigend aus, im Gegensatz zu Deutschland.

Und die Sterbezahlen liegen auch über denen hierzulande (seit 27. September konstant über 10 pro Tag im 7-Tage-Mittel). Also ziemlich deutlich über den deutschen Zahlen. Ein Effekt der Altersstruktur der Erkrankten? Oder ein Effekt der deutlich höheren Bevölkerungsdichte? Oder ein Unterschied bei den Maßnahmen zur Eindämmung? Oder nur deren Einhaltung in der Breite? Schlechteres Track&Trace? Die niederländische Gesundheitsversorgung gilt ja in vielerlei Hinsicht als vorbildlich, vor allem bezüglich der Hygienestandards, das kann fast kein nachteiliger Faktor sein.



'Neuinfektionen' sind relativ. Auf die Bevölkerungszahl extrapoliert müssten wir in D ja auch bis zum 80-fachen der gemeldeten Neuinfektionen haben.




Das verstehe ich jetzt nicht. Ich habe doch gerade die Niederlande ins Verhältnis gesetzt zu den deutschen Zahlen, gemessen an der Gesamtbevölkerung. Was ist jetzt mit dem "80-fachen" gemeint?

Zitat

Mir ging es aber nicht um die absoluten Zahlen, die evtl. interpretationsbedürftig sind, sondern um das deutliche Auseinanderlaufen von 'Infektionen' und Sterbezahlen. Letztlich ein Plädoyer dafür, den 'Infektionszahlen' nicht allzuviel Bedeutung zuzumessen. Und die Sterbezahlen sind weder in einem besorgniserregenden Bereich, noch Trend.



Die Infektionszahlen von heute sind, unter Berücksichtigung hauptsächlich des Alters der Infizierten, die Zahlen der Belegung der Krankenhäuser und Intensivstationen von morgen und der Toten von übermorgen. Und die Infektionszahlen zeigen sehr deutlich, wie sich das Ansteckungsrisiko entwickelt. Alle Untersuchungen zeigen ja, dass die Anzahl der bisher Infizierten bei weitem nicht ausreicht, um schon von einer beginnenden Herdenimmunität zu profitieren.

Wie alle Zahlen muss man diese eben auch verstehen und interpretieren. Und da kann man aktuell sehen, dass die Belegungszahlen der Intensivstationen mit COVID-19-Patienten wieder stark ansteigen. Nicht im kritischen Bereich, aber sehr sehr deutlich. Sogar unser lokales Klinikum berichtet wieder von deutlich mehr COVID-19-Patienten in den letzten zwei Wochen. Vor 5 Tagen schrieb ich noch von 447 intensivmedizinisch versorgten COVID-19-Patienten in Deutschland, heute sind wir bei 532 (Mitte September waren es noch 220). Gestorben sind täglich in dieser Zeit 14 bis 20.

Aus meiner Sicht ist das ein klarer Trend, der wie immer in zeitlichem Abstand zum Infektionsgeschehen passiert. Insofern ein klarer Hinweis, dass die Infektionszahlen wichtig sind - als Frühindikator. Man hat ja in der ruhigen Zeit im Sommer den Betrieb in den Krankenhäusern wieder weitgehend normalisiert und die "COVID-Reserve" auf den Intensivstationen wieder auf etwa 10% reduziert. Im Moment sind 9000 Intensivbetten als frei gemeldet. Im Moment ist es also entspannt, eben weil sich hauptsächlich Jüngere infizieren, aber damit geht auch ein höheres Infektionsrisiko für die Risikogruppe einher (ich glaube Florida war da ein gut untersuchtes Beispiel in den USA, wo genau das passiert ist).

Zitat

Zitat
Das kann im Moment niemand seriös sagen. In Anbetracht großer unbekannter Parameter (wie lange hält die Immunisierung? Wie weit verbreitet sind Spätfolgen? Wie schützt man die Risikogruppe, wenn die Prävalenz jüngerer Infizierter deutlich ansteigt?) halte ich das Konzept "Herdenimmunität durch Durschseuchung" weiterhin für ziemlich riskant. Gibt es zeitnah einen wirksamen Impfstoff (da glaube ich nicht wirklich dran - was sauber getestetes eher so gegen Mitte nächsten Jahres, wenn überhaupt)? Gibt es bald ein wirksames antivirales Medikament oder einen anderen Durchbruch bei der Behandlung? Schon jetzt ist ja auch die Sterberate bei den Älteren/der Risikogruppe deutlich niedriger als im März/April - wäre es also eine gute Idee gewesen, mit dem Herdenimmunitätsplan im Juni oder so anzufangen? Auch unter den Jüngeren gibt es ja reichlich Bedarf an Hospitalisierung (das sagen zumindest die Zahlen aus Österreich) - wie balanciert man das, um eine Überlastung der medizinischen Versorgung zu verhindern? Je voller die Krankenhäuser durch COVID-19, desto weniger andere wichtige Behandlungen können durchgeführt werden. Wie balanciert man das? Vor allem, weil die Toten ja erst ungefähr 3-4 Wochen nachdem die Infektionszahlen ansteigen in der Statistik auftauchen.



Viele der Fragen stellen sich im Prinzip bei jeder Grippewelle, und der Staat muss deshalb objektive Kriterien haben, ab wann er sich einmischt, und ab wann er sich zurückzieht - auch, um die Politiker vor einer Verantwortung zu entlasten.




Es sind so viele Parameter zu berücksichtigen - wie sollen denn diese "objektiven Kriterien" aussehen? Vor allem, wenn man zu Anfang bei einem bisher unbekannten Virus im Status der Unsicherheit agieren muss?

Und ja, diese Fragen werden bei jeder Grippewelle gestellt. Und ja, da gab es auch schon (allerdings nur lokale) Lockdowns, Schulschließungen, das volle Programm. Aufgrund der Natur der Influenza ist deren Bekämpfung aber ungleich einfacher. Man weiß z.B. sehr genau, was in den letzten Jahren geimpft wurde, welche Varianten im Umlauf sind - das macht die Risikoabschätzung sehr viel einfacher. Man hat einen reichen Erfahrungsschatz. Einige Länder scheinen sich bei SARS-CoV-2 ja an ihrem Erfahrungsschatz bei SARS und MERS orientiert zu haben - mit fatalen Folgen.

Selbst wenn man eine klare Quantifizierung hätte im Sinne von "jedes Lebensjahr ist uns x Euro wert" gäbe es immer noch viele Unbekannte.

Zitat

Sterbe- und Belegzahlen sind .E. das zuverlässigere Kriterium, als wenig aussagekräftige 'Fallzahlen'.



Das hat man ja im Frühjahr gesehen, als man in Europa viel zu spät oder zu schwach reagiert hat. Wer die Infektionszahlen verfolgt, hat ein Frühwarnsystem.

Zitat

Das Thema Langzeitfolgen stellt sich immer. Nur, wie das Kriterium schon andeutet, weiß man das erst nach langer Zeit. Dasselbe gilt aber eben auch für Impfstoffe. Der Unterschied ist dann aber, dass 1 % Langzeitfolgen bei von Zehntausenden überstandenen Erkrankungen zahlenmäßig weniger zuschlägt, als bei einer millionenfachen Impfung mit 1 % Langzeitfolgen. So als Hausnummer.



Um mal die Sache mit dem Impfrisiko zu quantifizieren: Pandemrix war ja einer der eher schlecht verträglichen Impfstoffe der jüngeren Vergangenheit, mit einer Häufung bei Narkolepsie-Fällen. Europaweit 2-6 Fälle pro 100000 verabreichter Impfdosen.

Da sehe ich die Gefahren doch deutlich eher bei den schon dokumentierten Spätfolgen von schweren (ca. 18000 haben die Intensivstation wieder lebend verlassen) und wohl auch leichteren Verläufen von COVID-19 gegenüber derzeit eher hypothetischen Impfschäden.

Zitat

Und die Balancierung der medizinischen Versorgung ging bisher eher in die Richtung, dass wegen freigehaltener Betten die Versorgung anderer Fälle unterblieb. Sicher wurden viele Entscheidungen im März mit Bildern aus Italien im Blick getroffen, wir wissen aber schon lange, dass diese für D nicht zutreffen. Warum, das ist sicher eine Forschungsarbeit wert.



Es ist nicht so, dass die Lage in Deutschland völlig entspannt war. Es lagen zu Hochzeiten 3000 Menschen auf den Intensivstationen des Landes. Da gab es nicht mehr viele freien Kapazitäten. Und dass in Deutschland medizinisch notwendige Behandlungen abgesagt wurden, ist auch eher ein Gerücht. Kritisch waren halt die verschobenen Behandlungen mit immunsystemunterdrückender Wirkung, aber das ist halt eine Risikoabschätzung wenn ein gefährlicher Virus unterwegs ist. Gefühlsmäßig sehe ich wenig Anhaltspunkte, dass diese Risikoabschätzung falsch war.

Übrigens haben ja Belgien, Frankreich, Spanien, UK und Schweden eindrucksvoll gezeigt, wie schnell man an die Grenzen des Gesundheitssystems stoßen kann. Deutlich nach Italien.

Offenbar sind die Europäer zu dumm, von den Asiaten zu lernen. Taiwan, Südkorea, Japan, Singapur, Hongkong. Echte Masken-Hotspots übrigens. Und zugunsten eines schnelleren und umfassenderen Track&Trace mit etwas zurückgeschraubten Datenschutzanforderungen. Scheint mir eine deutlich bessere Balance zu sein bei den Einschränkungen als hierzulande.

Gruß
hubersn

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Ulrich Elkmann Offline




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11.10.2020 00:39
#40 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #33

Zitat:Die Niederlande stellen sich schon etwas anders dar, weil sie bei weniger als einem Viertel der Bevölkerung Deutschlands inzwischen bei doppelt so vielen Neuinfektionen pro Tag angekommen sind, und die Trajektorie sieht eher steil ansteigend aus, im Gegensatz zu Deutschland.




Zahl der Neuinfektionen:
DE: 8.10. 4341, 9.10. 4964, 10.10. 2960 (der übliche Wochenend-Nachmeldeeffekt; die tatsächlichen Werte liegen höher)

NL: 7.10. 4889, 8.10. 5822, 9.10. 5971, 10.10. 6499.

In den Niederlanden hatten wir ein ganz starkes Abflachen der Kurve seit Anfang Mai; ein erstes Neuansteigen Anfang September (der niedrigste Wert der täglichen Neuinfektionen war am 31.8. mit 508), und um den 12.9. herum ist das explodiert, momentan steigt die Zahl der Neufälle gegenüber der des Vortages um 400-500.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Martin Offline



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11.10.2020 14:36
#41 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #39
Finde ich immer noch nicht schlüssig. Denn welche höheren Risiken gehe ich denn ein, wenn ich eine einfache Maske trage (übrigens sind die mehrlagigen Stoffmasken ebenfalls nachgewiesenermaßen sehr effektiv sowohl beim Selbstschutz als auch beim Schutz anderer), als wenn ich keine Maske trage? Verstehe ich immer noch nicht.
Es ging um FFP2 vs. einfacher Maske. Ansonsten: Zum Nachweis der Effektivität muss natürlich auch der übliche Gebrauch berücksichtigt werden. Und wenn ich sehe, was ich alles an zerknüllten Masken in allen möglichen Taschen habe, damit ich nicht irgendwo vor mir 'verschlossenen' Türen stehe...

Zitat
Seit Mitte September hat Dänemark wieder stark verschärfte Regeln. Immer noch ein Vorbild?

Wer Infektionen minimieren will hat mit dem ÖPNV auch mit jeder Grippesaison ein Problem. Masken können die Wahrscheinlich einer Infektion sicher reduzieren, wer sich aber gefährdet sieht, sollte diesen ganz meiden.

Zitat
Da die Prävalenz des Virus in der Gesamtbevölkerung entscheidend ist für das individuelle Risiko, und ebenfalls Auswirkungen auf das Gesundheitswesen hat, scheint mir die Idee "jeder für sich" sehr abwegig. Zur Erinnerung: wir sind das Land mit dem strengen Rauchverbot in Kneipen. Mit einem ultraniedrigen Stickoxidgrenzwert. Mit einem absurd niedrigen Feinstaubgrenzwert. Es würde jeder Verhältnismäßigkeit spotten, ausgerechnet bei SARS-CoV-2 plötzlich eine zurückhaltende Linie zu fahren.

In der Logik, dass irrationale Maßnahmen nicht durch rationale bloß gestellt werden sollten, kann ich schwer widersprechen. Trotzdem denke ich, dass im März/April die Menschen primär das eigene Risiko im Auge hatten, und dass das auch heute noch der Fall ist. Vor allem ältere Leute dürften ihre soziale Kontakte eingeschränkt haben.

Zitat
Ich frage mich immer noch, wie dieses "wir müssen die Risikogruppe schützen" eigentlich in der Praxis aussehen soll. Die Risikogruppe ist überall, je nachdem wo man den "Cut" ansetzt sind das 20-40 Millionen. Da fehlt mir die Phantasie. Der einzige Schutz ist eine niedrige Prävalenz bis der Impfstoff kommt und/oder eine bessere Behandlungsmöglichkeit. Beides scheint ja in Reichweite, ein Gutteil der jetzt niedrigeren Todesfallzahlen ist ja genau auf die verbesserte Behandlung zurückzuführen.

Der Cut ist m.E. nach wie vor die die Krankheitsrate / Sterberate. In der Sterberate implizit ist auch die Verbesserung der Behandlungsmethoden. Ich gehe davon aus, dass der Großteil der Bevölkerung in ansehbarer Zeit mit dem Virus in Berührung gekommen sein wird.

Ich weiß nach wie vor nicht, was die aus den PCR-Tests ermittelten 'Infektionsraten' letztlich in Bezug auf die Risiken bedeuten. Im Raum steht jedenfalls eine Kreuzimmunität bei ca. 80 % der Bevölkerung, eine Zahl, mit der man im März nicht gerechnet hat. Im Mai gab es in einigen deutschen Ortschaften (Kupferzell, Feilnbach,.) eine Erfassung von Antikörpern. Bei ca. 30 % waren bei zuvor 'Infizierten' keine Antikörper feststellbar gewesen. Einschließlich dieser Dunkelziffer waren also im Mai ca. 10 % der dortigen Bevölkerung mit dem Virus in Kontakt gewesen. Im Tessin waren es im Mai 10 % plus Dunkelziffer, im September 11 % plus Dunkelziffer. Da Antikörper wohl nach drei Monaten kaum noch nachweisbar sind, dürften unter Berücksichtigung der Dunkelziffer mindestens 30 % der Bevölkerung mit dem Virus in Kontakt gewesen sein. Die Durchseuchung nimmt ihren Gang, ohne dass bisher unsere Krankenhäuser am Anschlag sind.

Jetzt holt man in den Schulen das nach, was man vor den Sommerferien unterdrückt hat. M.E. wäre es vernünftiger, dies in den Schulen einfach laufen zu lassen, ohne gleich Klassen zu schließen. Wenn die 'Fallzahlen' tatsächlich Infektionen bedeuten, müsste das in wenigen Wochen durch sein. Wir haben in der Schule eine PCR-positive Lehrerin, ein Teil der Lehrer in Quarantäne, unsere junge Dame war letzte Woche wegen Kopfschmerzen und Unwohlsein zuhause. Ich habe nicht die Erwartung, dass wir einer Infektion entrinnen können. Das hinter dem Lockdown stehende Kalkül ist nicht aufgegangen.

Zitat
Und die Sterbezahlen liegen auch über denen hierzulande (seit 27. September konstant über 10 pro Tag im 7-Tage-Mittel). Also ziemlich deutlich über den deutschen Zahlen. Ein Effekt der Altersstruktur der Erkrankten? Oder ein Effekt der deutlich höheren Bevölkerungsdichte? Oder ein Unterschied bei den Maßnahmen zur Eindämmung? Oder nur deren Einhaltung in der Breite? Schlechteres Track&Trace? Die niederländische Gesundheitsversorgung gilt ja in vielerlei Hinsicht als vorbildlich, vor allem bezüglich der Hygienestandards, das kann fast kein nachteiliger Faktor sein.

Vielleicht der ÖPNV? Raum für wissenschaftliche Arbeiten.

Zitat
Das verstehe ich jetzt nicht. Ich habe doch gerade die Niederlande ins Verhältnis gesetzt zu den deutschen Zahlen, gemessen an der Gesamtbevölkerung. Was ist jetzt mit dem "80-fachen" gemeint?

Ich hatte schon an anderer Stelle die Frage angerissen, wie repräsentativ die inzwischen breit angelegten PCR-Tests (ca. 1,2 Mio pro Woche) repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind. Könnte man also jede Woche die gesamte Bevölkerung testen, dann wäre die Infektionsrate folgerichtig bei bis zum 80-fachen. Wenn also 5.000 pro Woche positiv sind, dann gibt es in Wirklichkeit 400.000 'Fälle' pro Woche. Ich habe leider keine Schätzungen darüber, wie repräsentativ die 1,2 Mio Tests sind.

Zitat
Die Infektionszahlen von heute sind, unter Berücksichtigung hauptsächlich des Alters der Infizierten, die Zahlen der Belegung der Krankenhäuser und Intensivstationen von morgen und der Toten von übermorgen. Und die Infektionszahlen zeigen sehr deutlich, wie sich das Ansteckungsrisiko entwickelt. Alle Untersuchungen zeigen ja, dass die Anzahl der bisher Infizierten bei weitem nicht ausreicht, um schon von einer beginnenden Herdenimmunität zu profitieren.

Wie alle Zahlen muss man diese eben auch verstehen und interpretieren. Und da kann man aktuell sehen, dass die Belegungszahlen der Intensivstationen mit COVID-19-Patienten wieder stark ansteigen. Nicht im kritischen Bereich, aber sehr sehr deutlich. Sogar unser lokales Klinikum berichtet wieder von deutlich mehr COVID-19-Patienten in den letzten zwei Wochen. Vor 5 Tagen schrieb ich noch von 447 intensivmedizinisch versorgten COVID-19-Patienten in Deutschland, heute sind wir bei 532 (Mitte September waren es noch 220). Gestorben sind täglich in dieser Zeit 14 bis 20.

Aus meiner Sicht ist das ein klarer Trend, der wie immer in zeitlichem Abstand zum Infektionsgeschehen passiert.

Ja, was auch zu erwarten ist, nach einem umfangreichen Lockdown. Die Schulen haben - soweit nicht unterbrochen - wieder Normalunterricht, laut einem Schreiben des Stuttgarter Verkehrsministeriums sind die öffentlichen Verkehrsmittel wieder voll und fahren im normalen Takt. Wobei aber 'Fälle' und Todeszahlen weit auseinander klaffen.

Zitat
Das kann im Moment niemand seriös sagen. In Anbetracht großer unbekannter Parameter (wie lange hält die Immunisierung? Wie weit verbreitet sind Spätfolgen? Wie schützt man die Risikogruppe, wenn die Prävalenz jüngerer Infizierter deutlich ansteigt?) halte ich das Konzept "Herdenimmunität durch Durschseuchung" weiterhin für ziemlich riskant. Gibt es zeitnah einen wirksamen Impfstoff (da glaube ich nicht wirklich dran - was sauber getestetes eher so gegen Mitte nächsten Jahres, wenn überhaupt)? Gibt es bald ein wirksames antivirales Medikament oder einen anderen Durchbruch bei der Behandlung? Schon jetzt ist ja auch die Sterberate bei den Älteren/der Risikogruppe deutlich niedriger als im März/April - wäre es also eine gute Idee gewesen, mit dem Herdenimmunitätsplan im Juni oder so anzufangen? Auch unter den Jüngeren gibt es ja reichlich Bedarf an Hospitalisierung (das sagen zumindest die Zahlen aus Österreich) - wie balanciert man das, um eine Überlastung der medizinischen Versorgung zu verhindern? Je voller die Krankenhäuser durch COVID-19, desto weniger andere wichtige Behandlungen können durchgeführt werden. Wie balanciert man das? Vor allem, weil die Toten ja erst ungefähr 3-4 Wochen nachdem die Infektionszahlen ansteigen in der Statistik auftauchen.



Folgt man der These, dass Infektionen im Sommer weniger kritisch verlaufen, als im Winter, dann hätte man mit dem Beginn der Herdenimmunität tatsächlich besser den Juni gewählt. Spekuliert man bei COVID-19 auf Spätfolgen, muss man das auch bei einem hastig eingeführten Impfstoff tun. Wie gehabt, ich glaube nicht, dass eine Durchseuchung aufzuhalten ist. Ein Frage hätte ich aber an diejenigen, die jetzt Grippeimpfungen empfehlen: Enthalten die Impfstoffe Immunverstärker? Erhöhen diese dann als Nebenwirkung nicht das Risiko gegenüber COVID-19-Infektionen?

Zitat
Um mal die Sache mit dem Impfrisiko zu quantifizieren: Pandemrix war ja einer der eher schlecht verträglichen Impfstoffe der jüngeren Vergangenheit, mit einer Häufung bei Narkolepsie-Fällen. Europaweit 2-6 Fälle pro 100000 verabreichter Impfdosen.

Da sehe ich die Gefahren doch deutlich eher bei den schon dokumentierten Spätfolgen von schweren (ca. 18000 haben die Intensivstation wieder lebend verlassen) und wohl auch leichteren Verläufen von COVID-19 gegenüber derzeit eher hypothetischen Impfschäden.

Es ist halt schon ein Unterschied, ob ein 80jährigen an Spätfolgen leidet, oder ob einem jungen Menschen der Rest seines Lebens versaubeutelt ist. Deshalb gibt es als Maßstab u.a. die 'Quality adjusted Life Years'. Wie auch immer, wir kennen die Risiken einer Impfung nicht ohne ausreichende Erprobung. Zusätzlich dürfte die Risiko/Nutzen-Abwägung altersabhängig sein.

Gruß
Martin

Martin Offline



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12.10.2020 09:26
#42 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #41
Wer Infektionen minimieren will hat mit dem ÖPNV auch mit jeder Grippesaison ein Problem. Masken können die Wahrscheinlich einer Infektion sicher reduzieren, wer sich aber gefährdet sieht, sollte diesen ganz meiden.


Ergänzend dazu die reale Situation im ÖPNV: https://www.lkz.de/lokales/stadt-ludwigs...rid,609922.html

Dass Masken hier viel Wirkung haben, ist Illusion. Man muss sich bei solchen Verhältnissen auch nicht wundern, wenn die 'Fallzahlen' in Städten ansteigen. Zwar denkt der Stuttgarter Verkehrsminister über 'Verstärkerbusse' nach, vergisst dabei aber, dass bereits ohne in Stoßzeiten die Haltestellen die Kapazität der langen Busse kaum schaffen. Ich wundere mich schon lange, warum man nicht durch gestaffelte Anfangszeiten solche Situationen entschärft.

Gruß
Martin

Martin Offline



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16.10.2020 10:30
#43 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Inzwischen wird bei uns eine unsichtbare Mauer in der Stadt gezogen: Ab hier oder hier gilt Maskenpflicht auch auf der Straße, mit empfindlichen Strafen bei einem Verstoß. Dabei gibt es meines Wissens keinerlei Evidenz, dass Masken im Freien auch in frequentierten Fußgängerzonen einen signifikanten Einfluss auf Corona-Infektionen haben. Auch eine Corona-App registriert erst ab 15 Minuten andauernde körperliche (genau: Handy-) Nähe. Ich kann nur wünschen, dass erste Bußgeldzahlungen vor Gericht landen.

Dass momentan positive Testraten und auch Krankenstände ansteigen, ist kein Wunder. Es ist zumindest mit der Öffnung der Schulen Kalkül, und es wäre vernünftig gewesen, für einige Zeit Schwellwerte, bei denen sich Verwaltungen zu Eindämmungsmaßnahmen veranlasst sehen, anzupassen. Seit Juli gibt es bundesweit weitgehend Normalbetrieb in den Schulen, seit Mitte September hier in Baden-Württemberg. Nur am Beispiel unseres Teenagers ein Rechenexempel: Über viele Wochen bis Juli Heimunterricht, dann im Juli insgesamt zweimal eine Woche Unterricht bei halber Klassenstärke, dann sechs Wochen Ferien. Außer dem kurzzeitigen Unterricht gab es Kontakt zu maximal einer Mitschülerin, die in der Nähe wohnt. Das heißt, seit Mitte September haben sich die Kontakte unseres Teenagers verzigfacht, darunter auch mit solchen, die zwischenzeitlich mit Eltern irgendwo in Europa Urlaub gemacht hatten. Ein Teil der Schüler kommt zudem mit dem ÖPNV zum Unterricht, dessen Kapazität sie jetzt an den Anschlag gebracht haben. Die Maske im ÖPNV kann bei der bestehenden Enge kaum Infektionen verhindern.

Erstaunlicherweise war die Rolle des ÖPNV beim Treffen im Kanzleramt kein Thema - zumindest habe ich darüber nichts gelesen.

Diese Zusammenhänge waren kalkulierbar und sie müssen nicht erschrecken. Im Sinne einer Herdenimmunität müssten sie eher willkommen sein. Natürlich muss die Auslastung der Krankenbetten ständig im Blick bleiben. Aber allein die Anstiegsrate in den letzten Wochen ist noch kein Kriterium.

Schaut man sich Europaweit die allgemeinen Sterberaten an, so verlaufen diese alle weitgehend im üblichen Rahmen. Die skandinavischen Länder gehen eher in Richtung Untersterblichkeit, selbst Frankreich ist unauffällig. Italien und Spanien haben leicht erhöhte Sterberaten. Interessant immer ein Blick auf Schweden: Trotz mit höheren Testraten einhergehenden steigenden positiven Testergebnissen gibt es bei Todesfällen durch/mit Corona keine Steigerungsraten.

Warum es diese Unterschiede gibt bleibt momentan Spekulation. Ich habe Dänemark im August recht locker erlebt, während es in Frankreich ziemlich rigorose Maßnahmen gab. Trotzdem sind die dänischen Zahlen besser als die von Frankreich.

Gruß
Martin

Martin Offline



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16.10.2020 12:28
#44 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #41
Ich hatte schon an anderer Stelle die Frage angerissen, wie repräsentativ die inzwischen breit angelegten PCR-Tests (ca. 1,2 Mio pro Woche) repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind. Könnte man also jede Woche die gesamte Bevölkerung testen, dann wäre die Infektionsrate folgerichtig bei bis zum 80-fachen. Wenn also 5.000 pro Woche positiv sind, dann gibt es in Wirklichkeit 400.000 'Fälle' pro Woche. Ich habe leider keine Schätzungen darüber, wie repräsentativ die 1,2 Mio Tests sind.


Es gibt jetzt eine Publikation im WHO-Bulletin von John Ioannidis, in der die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu sterben, auf aktueller Datenbasis (September) geschätzt wurde. https://www.who.int/bulletin/online_first/BLT.20.265892.pdf

Zur Repräsentativität der Tests

Zitat
Estimating a single infection fatality rate value for a whole country or state can be misleading, when there is often huge variation in the population mixing patterns and pockets of high or low mortality.



Aber:

Zitat
Acknowledging these limitations, based on the currently available data, one may project that over half a billion people have been infected as of 12 September, 2020, far more than the approximately 29 million documented laboratory-confirmed cases.



Danach wären am 12.September 17 mal mehr Menschen 'infiziert' gewesen, als positive Testergebnisse vorlagen. Dazu gibt es natürlich sicher starke regionale Unterschiede bei der Auswahl der Testpersonen. Da die Anzahl der Tests seither weltweit hochgefahren wurde, würde ich erwarten, dass das Verhältnis heute höher ist. Nimmt man den Faktor 20, dann hätte es gestern nicht 7.3000 vom RKI gemeldete 'Neuinfektionen' gegeben, sondern reale 146.000.

Gruß
Martin

Martin Offline



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25.10.2020 14:43
#45 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #39
Übrigens haben ja Belgien, Frankreich, Spanien, UK und Schweden eindrucksvoll gezeigt, wie schnell man an die Grenzen des Gesundheitssystems stoßen kann. Deutlich nach Italien.


Eine kleine Beobachtung am Rande: Letzte Woche gab es ein Treffen von Firmenchefs/Geschäftsführern mehrerer kleiner Zulieferer bei einem ihrer Kunden - Themen Business Conduct, Nachhaltigkeit, und so. Alle bis auf einen Italiener aus Bergamo nahmen ohne Maske teil. Der Italiener hatte eine FFP2-Maske. Gefragt, warum er Wert auf seine Maske legt, hat er erzählt, wie viele seiner Verwandten -einer auch um die 40 - im Frühjahr an Corona zu Tode gekommen sind. Er kennt keine Familie, die nicht auch Tote zu beklagen hatte. Er möchte deren Schicksal keinesfalls teilen.

Wie auch immer man die Situation in Norditalien beurteilen will, es muss sehr schlimm gewesen sein, der Schock scheint tief zu sitzen. Zwei meiner Bekannten hatte es im März auch sofort getroffen - Intensivstation. Die Frau des einen ist dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen. Eine solche Häufigkeit von schweren Fällen, wie um Bergamo gab es hierzulande aber trotzdem nicht. Die Spekulation über Falschbehandlungen, und deswegen hohen Sterberaten, halte ich nicht für plausibel. Man muss erst mal ausreichend krank sein, um sich dem Gesundheitssystem auszuliefern. Das scheint in Norditalien deutlich häufiger der Fall gewesen zu sein als hier.

Ein Hinweis, dass es dort einen grundlegenden Faktor gab, den es hier nicht gab? Eine andere Mutation?

Es werden immer wieder Vergleiche mit anderen Ländern herangezogen. Vielleicht macht das wenig Sinn, und wir sollten uns auf unsere eigenen Zahlen konzentrieren.

Gruß
Martin

Martin Offline



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27.10.2020 09:52
#46 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Eine kleine Zusatzinformation: Der eine Bekannte, der mit Corona im März auf der Intensivstation lag, hatte damals auch einen positiven Antikörpertest. Er hat sich jetzt, im Oktober, nochmals auf Antikörper testen lassen. Er hatte diesmal mehr Antikörper als unmittelbar nach der Erkrankung. Das ist deshalb interessant, weil typischerweise nach drei Monaten kaum noch Antikörper nachweisbar sein sollen. Oder gab es eine zweite, nicht symptomatische Ansteckung? Er lässt keine Vorsicht walten, denn er hält sich für immun.

Gruß
Martin

Martin Offline



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31.10.2020 19:06
#47 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #12
Obwohl Schweden ja vieldiskutiert ist, scheint vielen nicht bewusst, dass Schweden deutlich härtere Maßnahmen als hierzulande deutlich länger aufrecht erhalten hat (bei denen war "Großveranstaltung" schon "mehr als 50 Leute", auch bei privaten Feiern). Auch bezüglich Gastronomie waren die schwedischen Maßnahmen jetzt nicht so unterschiedlich zu unseren.


Ich habe mal die Sterberaten Deutschland über um den Faktor 8 multiplizierten Sterberaten Schwedens gelegt:


Da immer wieder von den hohen Sterberaten in Schweden die Rede ist, hier ganz offensichtlich: Die hohen Sterberaten wurden synchron mit den Deutschen erreicht, noch bevor sich in Deutschland ein Lockdown (auch Schulschließungen) auswirken konnte. Es muss also einen Faktor geben in Schweden, der grundsätzlich zu höheren Sterberaten führte. Legt man die Verläufe so übereinander, dass die Maxima in etwa gleich sind (Schwedische Zahlen mit Faktor 2,7 multipliziert) dann sieht man meines Erachtens den Effekt Lockdown vs. Nicht-Lockdown. Die deutschen Sterbefälle gehen steiler zurück, die schwedischen eher linear.

Bei einem mit Deutschland vergleichbaren Verlauf hätte es in der Zeit vom 10.4. bis 27.7. Schweden ungefähr 2.100 weniger Todesfälle gegeben.

Jetzt, Ende Oktober laufen Deutschland und Schweden deutlich auseinander. Holen wir jetzt das Versäumte nach?

Zitat
Der wahre Test kommt nach Ende der Sommerferien, alle Urlauber wieder zuhause, die Schulen beginnen mit dem Regelbetrieb. Und wenn es dann in den Herbst geht, das Wetter schlechter wird, man sich eher wieder drinnen trifft als draußen - das wird spannend.

Und eben der volle ÖPNV.
Gruß
Martin

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Ulrich Elkmann Offline




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31.10.2020 19:19
#48 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #47
Es muss also einen Faktor geben in Schweden, der grundsätzlich zu höheren Sterberaten führte.


Aus der Lamäng:

Zitat von torsdag 19 mars 2015
As many as half of the Swedish population may be suffering from lack of Vitamin D during the winter months, according to a new study from Sahlgrenska University Hospital.

The researchers in Gothenburg studied the vitamin D levels, during different seasons, in 550 blood donors and found that, during the winter months, as many as half of them had insufficient levels of the vital vitamin.



https://sverigesradio.se/artikel/6120407

Zitat von Published online 2018 Mar 27
Vitamin D deficiency was common in all patients at a Swedish primary care centre, but more so in patients born outside of Europe



https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6245030/



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Martin Offline



Beiträge: 4.129

31.10.2020 20:44
#49 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #48
As many as half of the Swedish population may be suffering from lack of Vitamin D during the winter months, according to a new study from Sahlgrenska University Hospital.


Ich bin durchaus auch von Vitamin D-Supplementierung überzeugt, vor allem bei Älteren. Der Faktor hat aber zu anderen Grippezeiten nicht zugeschlagen. Auch wäre die Frage, ob sich Schweden da von anderen skandinavischen Ländern unterscheidet.

Bei dem grundlegenden Faktor einer höheren Sterblichkeit können auch einfache Dinge eine Rolle spielen: Zählweise ob mit/an Corona gestorben, national anders geregelte Patientenversorgung / Behandlungsmethoden, o.a..

Gruß
Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

18.11.2020 12:08
#50 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #47
Jetzt, Ende Oktober laufen Deutschland und Schweden deutlich auseinander. Holen wir jetzt das Versäumte nach?


Wie es aussieht holen wir das 'Versäumte' nicht nach. Der Graph ist jetzt über sieben Tage gemittelt, so dass der Graph etwas weniger zappelig ist. Die schwedischen Zahlen sind mit 8 multipliziert. Seit dem Juli hat Deutschland und Schweden einen - bezogen auf die Bevölkerungszahl - vergleichbaren Verlauf:
Zwar sieht es in den letzten Tagen in Schweden nach einem Rückgang aus, allerdings hat Schweden bisher des Öfteren Fälle nachgemeldet, so dass ich da noch etwas mehr erwarte. Schweden hat zwar in der letzten Zeit zusätzliche Empfehlungen an die Bevölkerung gegeben, aber keine harten lockdown-Maßnahmen ergriffen.

Gruß
Martin

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