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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 90 Antworten
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Llarian Offline



Beiträge: 6.905

16.01.2021 05:56
#26 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Da die Diskussion hier läuft, möchte ich keinen weitern Beitrag im Zimmer aufmachen, daher hier mein Link auf mein Wort zum Samstag.

alpha_beta Offline



Beiträge: 119

16.01.2021 11:00
#27 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Man wird den Big-Techs wohl eine Monopolstellung zustehen können, somit wäre rechtlich eine Zerschlagung a la Bell Systems möglich. Falls nicht, dann mindestens "collusion" im Rahmen dieser modernen Tech-Reichskristallnacht.

Im Übrigen bin ich amüsiert, dass oft davon gesprochen wird Gewalt sei keine Lösung. Trump muss so sprechen, natürlich. Aber ich höre das selbst im privaten Umfeld. Ganz so, als würde in Frankreich noch ein König regieren, die Amerikaner noch Steuern an England zahlen, oder das 1000-jährige Reich bald sein 100. feiern würde. Ja...nö. Gewalt ist durchaus eine Lösung, und sie gegeben dem Druck im System mittlerweile mehr als überfällig. Aber der französische König et al hätten dem uneingeschränkt zugestimmt, dass man ein Rechtsstaat sei welches auf rechtsstaatlichen Prinzipien beruht, und Gewalt niemals (niemals!) eine Lösung sein könne.

Wie auch immer. Der Druck im Kessel wird kaum abnehmen, und wer sich zukünftig auf den Pfad des Widerstandes begibt muss wissen, dass ihn sein Gegner mit allen lauteren und unlauteren Mitteln vernichten will, sobald er sich als Widerstandskämpfer zu erkennen gibt. Und wird sein Verhalten wohl dementsprechend anpassen.

Johanes Offline




Beiträge: 2.389

16.01.2021 13:15
#28 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #24
Nein, in der DDR gab es "Samisdat", also die Weiterverbreitung mit (bescheidenen) Eigenmitteln.


Ja, aber wir erfolgreich war das? Wenn man sich nächtelang hinsetzt und einen Text verfasst, der die gesamte Verlogenheit und Falschheit des DDR-Systems offenbart, dann kann man davon etwa 100 Kopien herstellen.
Die kann man vielleicht verteilen, aber am Ende stoßen nur Leute auf diesen Text, die ohnehin schon danach gesucht haben.

Zitat
Die Situation in der DDR war ganz einfach: Egal ob über Samisdat oder eine Rede im Volkspark, es konnte dazu führen, daß man wegen des Inhalts seiner Meinungsäußerung verhaftet, enteignet und gefoltert wird. Die DDR-Führung hat da kein Problem gesehen, weil nach deren Ideologie eine Meinung nur das ist, was nicht im Widerspruch mit der Staatsdoktrin ist. Alles andere war ein Verbrechen.



Das ist in der Tat ebenfalls korrekt.
Allerdings ist meine Argumentation durchaus valide: Nehmen wir mal rein hypothetisch an, es gäbe irgendwo auf der Welt ein Land, in welchem zwar abstrakt die selbe Meinungsfreiheit herrscht wie hier, aber das Eigentum an Produktionsmitteln zu 100% in der Hand des Staates liegt.
Unseligerweise zählen Druckereien, Webserver und Funkstationen ebenfalls zu den Produktionsmitteln. Der Staat verfolgt nun die Politik, dass solche wertvollen Güter wie Rundfunkfrequenzen, Internetseiten oder eben Papier nur für wertvolle Informationen gebraucht werden sollten.

Sie können sich zwar auf eine Seifenkiste stellen oder privat etwas drucken oder so, aber das bekommt dann effektiv niemand mit. Ihnen fehlen komplett die Mittel zur effektiven Verbreitung ihrer Meinung.

Zitat
Die Frage ist also, ob der Staat sich mit dem Inhalt einer Meinungsäußerung befaßt.



Das tut der Staat aber in jedem mir bekannten Rechtssystem. Insbesondere auch in den USA, denn auch dort kann Beleidigung zu strafen führen. Nur gegenüber Prominenten ist die USA wesentlich liberaler als die Bundesrepublik.

Zitat
Nein, Meinungsfreiheit ist nicht, wenn sie keine Konsequenzen hat.



Sie interpretieren mich offensichtlich falsch.

Auch in der DDR hatte eine Meinungsäußerung Konsequenzen. Es konnte zur Folge haben, dass sie ihren Job im "volkseigenen Betrieb" verlieren, das Freunde und Bekannte zu ihnen auf Abstand gehen, um sich selbst zu schützen und dass sie zum Opfern von "Zersetzungsmethoden" der Stasi werden.
Alles vorgekommen und dokumentiert.

Ähnliches gab es in den USA als dort Listen von Kommunisten geführt wurden, jedenfalls vermittelt uns das Hollywood.

Sehen Sie, @Emulgator , das wirklich nicht als eine Einschränkung dessen, was man sagen kann?

Zitat
In der US-Verfassung, die ja eine philosophische Fundierung in den Gedanken von John Locke hat, werden Rechte als eingeboren bezeichnet. Sie sind also auch ohne Staat da, nicht eine gnädige Verleihung des Staates und auch keine freiwillige Selbstbeschränkung desselben.



Dazu habe ich drei Einwände:
1. Wo genau in der US-Verfassung ist von "eingeborenen Rechten" die Rede? Die Unabhängigkeitserklärung mag in der Selbstbetrachtung der Amerikaner eine große Rolle spielen, aber sie hat keinen Verfassungsrang. Es mag sein, dass die Gründerväter so ein Verständnis im Hinterkopf hatten, das erkennt man am 10. Zusatzartikel möglicherweise, aber explizit gemacht haben sie das damals nicht. Das ist meines Erachtens auch gut, ein Staat sollte möglichst neutral gegenüber solchen philosophischen Auffassungen sein, damit Bürger sich unabhängig davon mit ihn identifizieren können.
2. Die Tatsache, dass diese Rechte von den Gründervätern oder auch vom Verfassungstext selbst so betrachtet werden, impliziert ja nicht, dass das auch stimmt. Newton z. B. war meines Wissens der Auffassung, dass er durch die Entdeckung seiner Naturgesetze sozusagen einen Teil des Plans Gottes erkannte. Selbstredend gibt es auch Andersgläubige, die die newtonische Mechanik einsetzen können.
Was ich damit sagen will, ist: Die US-Verfassung ist letztlich ein Werk fehlbarer Menschen, die sich in verschiedenen Hinsichten irren können. Insbesondere auch in der Hinsicht, ob sie qua Geburt durch Gott Rechte erhalten haben oder ob Rechte nicht nur gesellschaftliche Konstrukte sind (oder etwas drittes). Also Verhaltensregeln, auf die man sich stillschweigend geeinigt hat und die dabei die Stabilität der Gruppe, die sie einhält, begünstigen.
3. Grade der erste Zusatzartikel der US-Verfassung spricht gar nicht von Rechten, sondern spricht vielmehr ein Verbot an den Kongress aus, in gewisser Hinsicht legislativ tätig zu werden. Als mir das zum erste Mal klar wurde, habe ich mich sogar gefagt, was mit Beschränkungen aus den Common Law-Präzedenzfällen ist.

Ich möchte damit übrigens nicht sagen, dass es kein Naturrecht gibt, wie es z. B. katholische Denker oder einige libertäre Strömungen in den USA entwickelt und verbreitet haben. Meine Frage zielt lediglich nach den Gründen, warum ich an solche Naturrechte glauben soll.

Mein Problem mit den Naturrechten lässt sich eigentlich ebenfalls in drei Punkte aufspalten:
a.) Läuft das Ganze darauf hinaus, dass ich eine gewisse Behauptung ("naturgegebene Rechte") glauben soll, weil mir das Ergebnis ("Staat muss meine Recht akzeptieren") sehr gut in den Kram passt. Das ist sehr verführerisch, doch ist es auch der richtige Weg zur Wahrheit?
b.) Es bläht die Ontologie auf. Welchen Status sollen Naturrechte haben? Existieren sie oder sind die eine "emergente Eigenschaft" oder was? Allerdings, die Frage könnte man auch über Naturgesetze stellen oder mathematische Theoreme.
c.) Gibt es meines Erachtens sehr gute, "naturalistische" Erklärungsmodelle für die Entstehung von so etwas wie Rechten. Man findet das bei Hayek, bei diversen Rechtshistorikern und bei Axelrods simulierten Spieltheorien.

Übrigens sprechen diese Einwände nicht notwendigerweise gegen ein "Vernunftrecht". Da hier alles vernünftig hergeleitet werden soll, entfällen die ersten beiden Einwände vollständig.

Zitat
Naja, das sagte nur das BVerfG.



Und die Urteile des BVerfG werden selbstredend von anderen Fachgerichten bis hinauf zu den höchsten Instanzen bei ihrer Rechtssprechung berücksichtigt. Jedenfalls langfristig.

Als ich begann, mich mit dem Thema zu befassen, war die Theorie der "mittelbaren Drittwirkung" schon eine Art "Lehrbuchwissen". Ich stimme Ihnen übrigens zu, dass die "mittelbare Drittwirkung" sich nicht unbedingt aus dem Verfassungstext selbst ergibt.

Meines Erachtens liegt die Interpretation aber nahe, weil Artikel 1 GG besagt, dass der Staat verpflichtet ist die Menschenwürde nicht nur zu achten, sondern auch zu schützen. Es wäre meines Erachtens nachlässige Auslegung, zu unterstellen, dass der Verfassungsgeber hier "[Die Menschenwürde] zu achten und zu schützen" nur aus rhetorischen Gründen eingefügt hat. Wobei man natürlich darüber streiten kann, was denn der Unterschied zwischen Schutz und Achtung der Menschenwürde ist.
Artikel 5 GG geht ebenfalls weiter. Er verbietet den Staat nicht bloß Zensur. Das tut er explizit bereits im letzten Satz (1); nein, er stellt auch fest, dass "jeder" das Recht hat, seine Meinung zu verbreiten und sich zu unterrichten.
Jetzt ist die Frage, wieso ein "Jedermann" seine Rechte nur gegen den Staat durchsetzen kann und nicht auch gegenüber einen Verlag? Wenn es nur um Zensur ginge, wieso wird Zensur dann explizit noch mal ausgeschlossen. Auch hier bewegen wir uns in einem Bereich nachlässiger Auslegung, wenn wir den Verfassungsgeber unterstellen, er habe sich redundant ausgedrückt. Wobei ich nicht ausschließen will, dass der Parlamentarische Rat sich da suboptimal ausgedrückt hat, aber offizielle Auslegung durch die Justiz sollte wohl eher nicht auf dieser Annahme aufbauen.

Entschuldigen Sie, @Emulgator , Sie haben bei mir wohl einen Nerv getroffen und nun verliere ich reflexartig sehr viele Worte.

Zitat
Es ist ja auch absurd, daß Rechte gegenüber der Staatsgewalt genauso gelagert sein sollen wie Rechte zwischen einander gleichen Rechtsgenossen.



Da stimmt ich Ihnen zu. Es gehört aber auch zur "deutschen Rechtstradition", spätestens seit dem BGB, dass das Gesetz auch den schwächeren Vertragspartner gegenüber den stärkeren schützen soll.

Sonst könnte man ja auch argumentieren, dass jemand lieber einen Kredit zu Wucherzinsen nimmt als gar keinen. Trotzdem schützt der Staat solche Verträge nicht, setzt sie gerichtlich nicht durch. In der Realität gibt es natürlich immer noch Leute, die Wucherzinsen verlangen. Nur setzen die ihre Geldforderungen anders durch als durch Gerichtsverfahren und Anwälte.

Die Privatautonomie ist eben nicht unbegrenzt. Durch das Zivilrecht kommt das staatliche Gesetz in jeden Vertrag hinein, auch wenn man sich nicht explizit darauf geeinigt hat.

Zitat
Das mag Anhängern sozialistischer Denkweisen schmecken, aber gegen Diktaturen hilft das überhaupt nicht. Da sind die USA viel besser dran.



Ich stimme Ihnen zu, dass die Drittwirkungslehre nicht dem reinen liberalen Denken der Grundrecht als Abwehrrechte gegen den Staat entspricht.

Was aber besser gegen Tyrannen hilft, das ergibt sich aus empirischer Beobachtung. Da habe ich meine Zweifel, ob es wirklich darauf ankommt.

Zitat von Martin im Beitrag #25
Meinungsfreiheit kann nicht funktionieren, wenn Monopole bestimmen, welche Meinung verbreitet wird. Aus gutem Grund gibt es Antitrust-Gesetze. Vermutlich reichen diese nicht, wenn Medien, wie in Deutschland, von der Hand des Staates (auch Zwangsgebühren) leben.


Ich weise darauf hin, dass das genau die Argumentation vieler sozialistischer Linker gegen die "bürgerliche Meinungsfreiheit" war. Dass nämlich viele Leute mangels Geld ihre Ideen gar nicht vervielfältigen könnten.

Das ist übrigens auch die offizielle Rechtfertigung der Öffentlich-Rechtlichen für ihre Existenz, dass die anderen Medien in der Hand der Werbetreibenden wären.

Übrigens finde ich es interessant, dass dieser Aspekt von den Zimmerleuten gar nicht betrachtet wird. Die großen sozialen Netzen wie Facebook oder Suchmaschinen wie Google leben letztlich von der Werbeindustrie. Sie können zwar einzelnen Werbetreibern vor den Kopf stoßen, aber nicht der großen Mehrheit von ihnen. Und die wollen eben, ganz Zeitgeistkonform, nicht, dass ihre Produkte neben politisch "problematischen" Botschaften beworben werden.
Die politisch korrekten sehen das nämlich als abschreckend, während die Anderen zumeist unabhängig einkaufen. Abgesehen von kleineren Käufergruppen wie "fundamentalistische Christen" oder so, aber auf die kann man leichter verzichten als auf die vergleichsweise vielen "woken".

Zitat von alpha_beta im Beitrag #27
Im Übrigen bin ich amüsiert, dass oft davon gesprochen wird Gewalt sei keine Lösung.


Mit solchen Aussagen nützen Sie nur der Gegenseite. "Seht her, die radikalisieren sich schon" und die Gegenseite hätte damit dann auch recht.

Zudem Gewalt eben nicht hilft. Wir haben es hier mit einem Phänomen zu tun, dass eher auf sozialen Druck basiert und auf der Weigerung, mit gewissen Personen zusammenzuarbeiten, egal auf welcher Ebene.
Hier kann man mit Gewalt im Grunde nichts ausrichten.

Im Gegenteil, vielleicht führt die Präsidentschaft von Biden sogar dazu, dass es auch viele politisch korrekten einfach zu absurd wird.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.827

16.01.2021 14:12
#29 RE: Voraussetzungen der Meinungsfreiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #25
[quote=""|p158671]Sehr wohl haben wir aber eine Situation mit beschädigter Meinungsfreiheit, wenn eine Onlineveröffentlichung verboten wird, weil "Fakt checking" daneben steht. Genau das hatte Trump aber vor.
Das wäre mir neu. Gibt es dazu eine Referenz?

Ja, hier eine journalistische Zusammenfassung der Geschehnisse und --falls man auch hier eine Lüge argwöhnt-- hier die genannte Verordnung auf den Seiten von Tump's Weißen Haus und ebenda die Bemerkung des Präsidenten Trump, die diese VO mit dem Anlaß des "fact checking" verbindet (es ist also Anlaßgesetzgebung).

Interessant ist ja folgendes: Trump argumentiert, die privaten Unternehmen würden zensieren. Die Leiterin der FCC (Telekommunikationsbehörde) hingegen sagt aber, wenn ihre Behörde diese Verordnung umsetzen würde, wäre sie es, die Zensur für den Präsidenten betriebe. Irgendjemand hat da etwas nicht verstanden. Ich glaube, die FCC-Leiterin weiß besser als Trump, was die Grenzen ihrer legalen Kompetenzen sind.

Zitat von Martin im Beitrag #25
Im Übrigen geht es nicht um eine Trump-spezifische Auseinandersetzung, sondern es geht viel breiter https://thefreethoughtproject.com/facebo...essing-dissent/
Mit dem Verweis auf Ron Paul treffen Sie natürlich einen weichen Punkt bei mir.
Allerdings weiß ich nicht, ob Ron Paul selber so argumentiert. Ich traue es ihm nicht zu. Und selbst wenn, kann er sich auch mal irren.

Zitat von Martin im Beitrag #25
Es sieht eher so aus, als wäre Trump das letzte Hindernis vor der Entfaltung des Machtanspruchs der Facebooks, Twitters und Apples.
Nein, denn Trump kann zum Glück gegen die verfassungsmäßigen Befugnisse nicht bewirken. Das haben wir ja am Dreikönigstag gesehen. Entscheidend ist, was man mit seinem Konsumentenverhalten macht. Ich bin genervt, wenn mich Leute zu WhatsApp drängen wollen und ich begründe, warum ich das nicht darf (man räumt WhatsApp Zugriff auf das eigene elektronische Telefonbuch ein, gewöhnlich aber, ohne diejenigen aus dem Telefonbuch zu löschen, die damit nicht einverstanden sind). Ich bin nirgends Kunde von Google, Facebook, Twitter, Microsoft oder ihren Tochtergesellschaften.
Natürlich, damit das funktioniert, muß man manchmal eine Spende an einen Verein oder Entwickler überweisen. Jedes Mastschwein erkennt irgendwann: Wenn man etwas gratis bekommt ohne eigene Mühe, ist man nicht Kunde sondern Produkt.

Zitat von Martin im Beitrag #25
Ihre Ausführungen zu Meinungsfreiheit greifen m.E. nicht, lieber emulgator. Meinungsfreiheit kann nicht funktionieren, wenn Monopole bestimmen, welche Meinung verbreitet wird.
Man hat eben nur das Recht, seine Meinung ohne Aussicht auf staatliche Vergeltung zu äußern, man hat nicht das Recht, daß sie verbreitet wird. Zum Glück! Denn wie würde dieses Recht aussehen, wenn viele Leute mit einem Mitteilungsbedürfnis wie Trump darauf pochen würden? Kämen wir dann noch nachts zum Schlafen, weil dauernd Lautsprecherwagen uns die Meinungen von Hinz und Kunz in die Wohnungen brüllen?
Wenn man verstehen will, ob man es mit einem Naturrecht zu tun hat, das der Staat respektieren muß, ist es ein zweites gutes Kriterium, sich zu überlegen, wie die Welt aussähe, wenn viele darauf pochen würden oder ob das postulierte Recht nur davon lebt, daß die meisten darauf verzichten. Beispielsweise gibt es ebensowenig wie ein Recht auf Meinungsverbreitung --die faktisch ihre Grenze ja an der Aufnahmefähigkeit der Öffentlichkeit hat-- ein Naturrecht auf Sozialhilfe, weil irgendjemand den Spaß ja bezahlen muß.
Leider ist unsere Politik für solche Gedanken zu verhuscht und zu oberflächlich.

Zitat von Martin im Beitrag #25
Aus gutem Grund gibt es Antitrust-Gesetze.
Nur leider hängen die sehr an Regierungsentscheidungen. Da gibt es Regierungen, die argumentieren, ein "nationaler Champion" wäre gut für die eigene Machtentfaltung (siehe Olaf Scholz (SPD)), und schon wird eine Monopolbildung toleriert. Später ist dann das Geheule groß.
Und wie gesagt, Trump hätte ja versuchen können Antitrustgesetze gegen Facebook, Twitter und Google anzuwenden. Hat er wohl versäumt.

Zitat von Martin im Beitrag #25
Vermutlich reichen diese nicht, wenn Medien, wie in Deutschland, von der Hand des Staates (auch Zwangsgebühren) leben.
Stimmt, Twitter hat lange Zeit von Trumps Gezwitscher offensichtlich profitiert. Jetzt geht diese Zeit vorbei, weil das Interesse an einem Nichtpräsidenten natürlich geringer ist, und damit ändert sich auch das Kalkül von Twitter.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.827

16.01.2021 14:54
#30 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #26
Da die Diskussion hier läuft, möchte ich keinen weitern Beitrag im Zimmer aufmachen, daher hier mein Link auf mein Wort zum Samstag.



Zitat von Llarian @ ZR
Genau wie im historischen Vorbild reklamierte niemand den Anschlag für sich, und ebenso wie im historischen Vorbild waren die Schuldigen dennoch schnell ausgemacht.

Das ist jetzt ein schräger Vergleich. Aus dem Kapitol haben die Randalierer ja ihre Bilder in die Internetzöffentlichkeit verteilt. Das macht jetzt die Strafverfolgung so einfach. So etwas machen so viele nur, wenn sie wirklich glauben, damit vor der Strafverfolgung davonzukommen. Also ja, viele der Randalierer haben offensichtlich geglaubt, an einem Putsch teilzunehmen, dessen Erfolg (wie es bei einem Putsch üblich ist) ihnen die spätere Strafverfolgung erspart. Gegen welche unterstellte Macht sich dieser Putschversuch richtete, haben Sie selber formuliert: Das "linke Establishment", zu dem übrigens zu dem Zeitpunkt auch Mike Pence gehört hat, da man ja ihn hängen wollte.

Beim Reichstagsbrand ist es viel schwieriger gewesen. Gesichert ist lediglich, daß van der Lubbe ein Attentat vornehmen wollte und der Hitler-Regierung, die vorher schon im Preußenschlag einen Staatsstreich in einem deutschen Land geschafft hat, van der Lubbe als nützlicher Idiot gerade Recht kam.

Interessant übrigens die Wahl des Zieles: Bei den Kommunisten galt der Reichstag als bestes Symbol für Hitlers Herrschaft, so daß ja auch die dortige Hissung der Sowjetflagge 1945 so zelebriert wird, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Reichstag schon 12 Jahre lang ungenutzte Ruine war. Für Hitler und seine Anhänger war der Reichstag aber nur eine Schwatzbude.


Zitat von Llarian @ ZR
Doch aufgrund des Problems, dass Donald Trump und seine Leute immerhin noch ein paar Tage im weißen Haus saßen, und Verhaftungen (noch) nicht so recht funktionieren würden (zumal der amerikanische Rechtsstaat zumindest derzeit noch stabiler in der Brandung steht als die Weimarer Gerichtsbarkeit), fand man noch einen bessern Weg die Krise gut auszunutzen.

Da zeigen Sie viel Unkenntnis der verfassungsmäßigen Verhältnisse. Die Bundesstaaten haben doch ihre eigene unabhängige Strafverfolgung.

Zitat von Llarian @ ZR
dabei ist es auch völlig nebensächlich, dass Trump (wie auch die allermeisten anderen, jetzt Exkommunizierten) den Sturm deutlich verurteilte und eine harte Bestrafung der Täter forderte.

Von der harten Bestrafung, die er wolle, habe ich nichts mitbekommen. Er sagte jedenfalls auch, daß der Kampf weitergehen müsse und redet immer noch von der gestohlenen Wahl, anstatt --wie es alle Präsidenten gemacht haben, die nicht vorher gestorben sind, bei der Amtseinführung dabei zu sein. Wie beurteilen wir das?

Da Sie ja schon denselben historischen Vergleich gebracht haben: Es gibt auch von Hitler keine Anweisung, alle Juden zu ermorden, nur eine Rhetorik von wegen "Kampf" und "Bedrohung". Hat Hitler damit nichts mit der Judenermordung zu tun?


Zitat von Llarian @ ZR
Ich glaube der Schaden, der der amerikanischen Gesellschaft durch die sechs Konzerne in der letzten Woche angerichtet wurde, wird sich nicht mehr beheben lassen, zu schwer und deutlich sind die Folgen

Das stimmt. Die Anhänger der QAnon-Verschwörungstheorie, aus deren Reihen ja schon Attentäter kommen, werden sich durch diese Entwicklung eher bestärkt fühlen.


Zitat von Llarian @ ZR
Kommen wir noch einmal zu Big-Tech. Big-Tech nimmt inzwischen ein deutliches Kommunikationsmonopol war. Wie das erworben wurde ist dabei nebensächlich,

Finde ich gar nicht nebensächlich. Sie sind groß geworden, weil so viele Nutzer mitgemacht haben, übrigens auch Trump. Die Frage ist vielmehr, ob es Aufgabe des Staates ist, auf die schlechten Folgen von dummen Massenverhalten kompensierend zu reagieren. Da kommen wir nämlich auch zu der Frage, was der Staat nun wegen dem Klimawandel überhaupt tun darf: Die Leute umerziehen oder Deiche erhöhen?

Zitat von Llarian @ ZR
Wenn der Staat es zulässt, dass durch die Monopole der großen Netzkonzerne das Grundrecht zur Meinungsfreiheit seiner Bürger gebrochen wird,

Wiederholen Sie nur das, wogegen ich Ihnen Argumente geliefert habe nur oft genug, dann wird es nach Goebbels auch irgendwann geglaubt. Immerhin hilft Ihnen "das linke Establishment" sogar dabei.
Es gibt kein Grundrecht, seine Meinung mit den Mitteln Dritter zu verbreiten. Es gibt kein Grundrecht, daß ich nicht hören muß, was mein zartes Gemüt kränkt. Grundrechte richten sich gegen den Staat.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.827

16.01.2021 15:06
#31 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von alpha_beta im Beitrag #27
Im Übrigen bin ich amüsiert, dass oft davon gesprochen wird Gewalt sei keine Lösung. [...] Gewalt ist durchaus eine Lösung, und sie gegeben dem Druck im System mittlerweile mehr als überfällig.
So haben auch die RAF und ihre Sympathisanten argumentiert. Gewalt ist keine Lösung, wenn man es nicht mit Gewalt zu tun hat. Das ist ganz einfach. Wenn man sich einem gegenwärtigen Angriff gegenübersieht, darf man freilich auch Gewalt anwenden, da es meistens die einzige mögliche Abhilfe ist.
RAF, Antifa und jetzt offensichtlich auch Trump-Anhänger bezeichnen die bloße Verfügung über Eigentum hingegen als Gewalt, die sie zu Gegengewalt berechtige. Ganz klassisch bei Ulrike Meinhof. Das ist in Wahrheit aber nur eine verklausulierte Form des Rachegefühls.

alpha_beta Offline



Beiträge: 119

16.01.2021 17:51
#32 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #31
So haben auch die RAF und ihre Sympathisanten argumentiert.


Korrekt - leider gehen Sie nicht auf meine Beispiele ein. Schade. Stattdessen schlage ich vor dass wir einen Sprung in die Gegenwart machen. Quiz-frage: Von welcher Seite kommen die folgenden Positionen?

"The thing that critics of activists don’t get is that they tried playing the “polite language” policy game and all it did was make them easier to ignore. [...]
It wasn’t until they made folks uncomfortable that there was traction to do ANYTHING even if it wasn’t their full demands. The whole point of protesting is to make ppl uncomfortable. Activists take that discomfort w/ the status quo & advocate for concrete policy changes. Popular support often starts small & grows. To folks who complain protest demands make others uncomfortable... that’s the point."
"I believe injustice is a threat to the safety of all people. Because once you have a group that is marginalized and marginalized and marginalized… [...] they have no choice but to riot"
"There needs to be unrest in the streets"
"Protestors should not let up"
"I just don't even know why there aren't uprisings all over the country, and maybe there will be when people realize that this is a policy that they defend"

Die Seite die ihre Positionen so aggressiv propagiert und verteidigt, gewinnt. Keine normative Feststellung, sondern eine deskriptive.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

16.01.2021 23:11
#33 RE: Voraussetzungen der Meinungsfreiheit Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #29
Ja, hier eine journalistische Zusammenfassung der Geschehnisse und --falls man auch hier eine Lüge argwöhnt-- hier die genannte Verordnung auf den Seiten von Tump's Weißen Haus und ebenda die Bemerkung des Präsidenten Trump, die diese VO mit dem Anlaß des "fact checking" verbindet (es ist also Anlaßgesetzgebung).
Ja, der Artikel reflektiert meinen Kenntnisstand. Trump will nichts zensieren, weil 'fact checking' daneben steht, er will es aber als redaktionellen Beitrag bewertet sehen und facebook & Co. dafür zur Verantwortung ziehen. Meines Erachtens liegt er damit prinzipiell richtig.

Zitat von Martin im Beitrag #25
Natürlich, damit das funktioniert, muß man manchmal eine Spende an einen Verein oder Entwickler überweisen. Jedes Mastschwein erkennt irgendwann: Wenn man etwas gratis bekommt ohne eigene Mühe, ist man nicht Kunde sondern Produkt.
Ein Land kann Facebook und Co. auch den Saft abdrehen, wie m.W. in Uganda passiert.

Zitat von Martin im Beitrag #25
Man hat eben nur das Recht, seine Meinung ohne Aussicht auf staatliche Vergeltung zu äußern, man hat nicht das Recht, daß sie verbreitet wird. Zum Glück! Denn wie würde dieses Recht aussehen, wenn viele Leute mit einem Mitteilungsbedürfnis wie Trump darauf pochen würden? Kämen wir dann noch nachts zum Schlafen, weil dauernd Lautsprecherwagen uns die Meinungen von Hinz und Kunz in die Wohnungen brüllen?
S. Uganda, zumindest bis Starlink installiert ist. Russland hat Nutzern schon Strafen angedroht. Weil das alles eben nicht so einfach, sondern ein Machtkampf ist. Man hat sicher nicht das Recht, dass die eigene Meinung verbreitet wird, aber ich denke, dass man das Recht haben muss, dass die Verbreitung der eigenen Meinung fairen Kriterien folgen muss, sonst ist es eben als redaktionell zu bewerten. Wer sich als unzensierte Plattform anbietet muss unzensiert bleiben. Bleibt er das nicht, sind regulatorische Eingriffe gerechtfertigt. Es wäre naiv, zu glauben, dass das Agieren solcher Plattformen beispielsweise keinen Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse haben. Der Gesetzgeber muss das sehen und regeln.

Gruß
Martin

Emulgator Offline



Beiträge: 2.827

17.01.2021 21:11
#34 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #33
Ja, der Artikel reflektiert meinen Kenntnisstand. Trump will nichts zensieren, weil 'fact checking' daneben steht, er will es aber als redaktionellen Beitrag bewertet sehen und facebook & Co. dafür zur Verantwortung ziehen.
Wie genau soll das "zur Verantwortung ziehen" denn aussehen und inwiefern ist das dann keine Zensur?

Zitat von Martin im Beitrag #33
Zitat von Martin im Beitrag #25
Natürlich, damit das funktioniert, muß man manchmal eine Spende an einen Verein oder Entwickler überweisen. Jedes Mastschwein erkennt irgendwann: Wenn man etwas gratis bekommt ohne eigene Mühe, ist man nicht Kunde sondern Produkt.
Ein Land kann Facebook und Co. auch den Saft abdrehen, wie m.W. in Uganda passiert.
Aus echtem Interesse: Wo holen Sie sich denn diese Nachrichten her? Bei reuters.com findet man, daß umgekehrt Facebook Sockenpuppen von Musevenis Ministerium für Volksaufklärung (ja, ich weiß, eigentlich heißt das anders...) gelöscht habe.

HR2 Offline



Beiträge: 912

17.01.2021 21:19
#35 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #26
Da die Diskussion hier läuft, möchte ich keinen weitern Beitrag im Zimmer aufmachen, daher hier mein Link auf mein Wort zum Samstag.





Vielleicht nehmen Sie sich 12 Minuten Zeit uns schauen dieses Video:
https://www.youtube.com/watch?v=6h-iBSE-Mu8

Ihre Meinung dazu würde mich interessieren.
Big Tech nicht als natürlicher Verbündeter der Linken (Demokraten),
sondern nur sich selbst der Nächste.
Eine grundsätzliche Machtdemonstration, eine Warnung auch an die zukünftige demokratische Regierung.

P.S.: Wenn selbst Merkel diese Verbannung als Gefahr erkennt, liegt Prof. Rieck vielleicht gar nicht so falsch.

HR2 Offline



Beiträge: 912

17.01.2021 21:33
#36 RE: Voraussetzungen der Meinungsfreiheit Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #28


Im Gegenteil, vielleicht führt die Präsidentschaft von Biden sogar dazu, dass es auch viele politisch korrekten einfach zu absurd wird.



Die Hoffnung habe ich und ich sehe das im Privaten. Wenn sehr Linke und politisch Korrekte beginnen die pc-Sprachregelung als einschränkend
und Zumutung zu empfinden, wenn sie reflektieren, daß sie nicht mehr "Eskimo" sagen dürfen, dann sehe ich Licht am Ende des Tunnels.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.827

18.01.2021 00:25
#37 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #28
Ja, aber wir erfolgreich war das?
Die DDR gibt es nicht mehr. Reicht Ihnen das?

Zitat von Johanes im Beitrag #28
Nehmen wir mal rein hypothetisch an, es gäbe irgendwo auf der Welt ein Land, in welchem zwar abstrakt die selbe Meinungsfreiheit herrscht wie hier, aber das Eigentum an Produktionsmitteln zu 100% in der Hand des Staates liegt.
Unseligerweise zählen Druckereien, Webserver und Funkstationen ebenfalls zu den Produktionsmitteln.
Wenn man also sich eine Druckerei bastelt, wird man enteignet, richtig? Grundrechte haben nur im Gesamtpaket ihren Wert.

Zitat von Johanes im Beitrag #28
Das tut der Staat aber in jedem mir bekannten Rechtssystem.
Als Gegenargument ist das jetzt ein naturalistischer Fehlschluß.

Zitat von Johanes im Beitrag #28
Auch in der DDR hatte eine Meinungsäußerung Konsequenzen. Es konnte zur Folge haben, dass sie ihren Job im "volkseigenen Betrieb" verlieren, das Freunde und Bekannte zu ihnen auf Abstand gehen, um sich selbst zu schützen und dass sie zum Opfern von "Zersetzungsmethoden" der Stasi werden.
Alles vorgekommen und dokumentiert.
Korrekt, deswegen sagt man auch, gab es in der DDR keine Meinungsfreiheit.

Zitat von Johanes im Beitrag #28
1. Wo genau in der US-Verfassung ist von "eingeborenen Rechten" die Rede? Die Unabhängigkeitserklärung mag in der Selbstbetrachtung der Amerikaner eine große Rolle spielen, aber sie hat keinen Verfassungsrang.
Stimmt, die Declaration of Independence ist gemeint. Pardon!

Zitat von Johanes im Beitrag #28
Das ist meines Erachtens auch gut, ein Staat sollte möglichst neutral gegenüber solchen philosophischen Auffassungen sein, damit Bürger sich unabhängig davon mit ihn identifizieren können.
Das funktioniert gerade nicht. Sich zu identifizieren, ist ja etwas idealistisches, hat also zwangsläufig mit philosophischen Auffassungen zu tun. So kommt eine Monarchie nicht ohne eine philosophische Begründung aus, warum man dem König persönliche Treue schuldet. Ein Nationalstaat kommt ohne die Idee der Nation nicht aus. Und selbst wenn man sich auf beides nicht festlegen will, bleibt als "Klamm" des Staates immer noch die schiere Staatsgewalt. Sich ihr zu unterwerfen, hat auch eine philosophische Begründung. Andere Philosophien --z.B. das Christentum-- machen da nämlich nicht so einfach mit.

Zitat von Johanes im Beitrag #28
2. Die Tatsache, dass diese Rechte von den Gründervätern oder auch vom Verfassungstext selbst so betrachtet werden, impliziert ja nicht, dass das auch stimmt.
Das ist an sich richtig, im Kontext der Diskussion geht es aber darum, daß Tump und "die Linken" (also seine politischen Gegner außerhalb der GOP und der Libertären Bewegung) übereinstimmend eine andere Auffassung von den Grundrechten haben als die Gründerväter.

So eine Entwicklung ist übrigens nicht selten. Beispielsweise beruht die "identitäre Bewegung" auf einem Konzept von soziokultureller Identität, das auf dem Mist ihrer politischen Gegner, der "Multikultibewegung", gewachsen ist. Ähnliches gilt für den Nationalsozialismus.

Zitat von Johanes im Beitrag #28
c.) Gibt es meines Erachtens sehr gute, "naturalistische" Erklärungsmodelle für die Entstehung von so etwas wie Rechten. Man findet das bei Hayek, bei diversen Rechtshistorikern und bei Axelrods simulierten Spieltheorien.

So gut kenne ich mich auch nicht aus. Prinzipiell kann man man einen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat sicher auch ohne den Begriff des (Grund-)Rechts aufbauen. Über Gerechtigkeit zwischen Menschen kann man auch ohne Staat nachdenken. In vielen Fällen wäre es auch sauberer, zu sagen, wer konkret wozu verpflichtet ist, anstatt ein Recht einfach irgendwo ein den Raum zu hängen.
Aber das römische Reich hat nun mal diesen Begriff in die Welt gesetzt. Langsam wird's aber schon OT.

Zitat von Johanes im Beitrag #28
Artikel 5 GG geht ebenfalls weiter. Er verbietet den Staat nicht bloß Zensur. Das tut er explizit bereits im letzten Satz (1); nein, er stellt auch fest, dass "jeder" das Recht hat, seine Meinung zu verbreiten und sich zu unterrichten.[...]
Wenn es nur um Zensur ginge, wieso wird Zensur dann explizit noch mal ausgeschlossen.
Im Absolutismus und sogar noch im Hohenzollern-Deutschland gab es Zensurbehörden, wo man die Veröffentlichungserlaubnis für seine Schriften holen konnte. Veröffentlicht man etwas ungenehmigt, konnte man bestraft werden. Ist es dann auch noch Majestätsbeleidigung oder sowas, dann erst recht.
Das Recht sich zu unterrichten besteht z.B. darin, daß man alle Bücher lesen darf und nicht für den Besitz oder das Lesen bestimmter Bücher bestraft wird.

Publius Offline



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18.01.2021 15:14
#38 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #28
Mein Problem mit den Naturrechten lässt sich eigentlich ebenfalls in drei Punkte aufspalten:
a.) Läuft das Ganze darauf hinaus, dass ich eine gewisse Behauptung ("naturgegebene Rechte") glauben soll, weil mir das Ergebnis ("Staat muss meine Recht akzeptieren") sehr gut in den Kram passt. Das ist sehr verführerisch, doch ist es auch der richtige Weg zur Wahrheit?
b.) Es bläht die Ontologie auf. Welchen Status sollen Naturrechte haben? Existieren sie oder sind die eine "emergente Eigenschaft" oder was? Allerdings, die Frage könnte man auch über Naturgesetze stellen oder mathematische Theoreme.
c.) Gibt es meines Erachtens sehr gute, "naturalistische" Erklärungsmodelle für die Entstehung von so etwas wie Rechten. Man findet das bei Hayek, bei diversen Rechtshistorikern und bei Axelrods simulierten Spieltheorien.


Die in der Bill of Rights verfassten Menschenrechte, die Teil der US-Verfassung sind, leiten sich aus den Naturrechten ab. Der englische Aufklärer John Locke, dessen Philosophie u.a. die Gründerväter beeinflusste, sah den Menschen im Naturzustand, wo es keinen Staat und Gesetze gibt, als absolut frei und Herr seiner eigenen Person und Besitztümer an. Jedoch wäre die Freude, Leben, Freiheit und Vermögen zu genießen, was Locke unter „Eigentum“ zusammenfasste, aufgrund der Übergriffe anderer nicht sicher, weshalb man sich mit anderen zu einer Gesellschaft bzw. Staat verbindet, mit dem Ziel zur Erhaltung des „Eigentums“. Wenn auch die Mitglieder einer Gesellschaft ihre Gewalt an den Gesetzgeber abgeben, so könne doch die Gewalt der Legislative niemals größer sein als jene, welche die Menschen im Naturzustand besaßen. Daraus schloss Locke, dass in einer bürgerlichen Gesellschaftsordnung eine willkürliche Gesetzgebung ausgeschlossen sei. Daher hätten die Bürger, wenn sich eine tyrannische Regierung bilden sollte, welche ihre Rechte, dessen Erhaltung der Zweck zur Verbindung einer Gesellschaft gewesen ist, da im Naturzustand es keine Sicherheit gibt, verletzt oder gar beseitigt, ein Widerstandsrecht.

Der amerikanische Gründervater James Madison, der 1808 zum vierten US-Präsidenten gewählt wurde, war von dieser Philosophie stark beeinflusst. Als man auf die Forderung der Kritiker, welche das Fehlen von Menschenrechtsartikeln der neuen US-Verfassung bemängelten, einging, brachte Madison einen Entwurf in den Kongress ein, aus dem nach Beratungen und Abstimmungen die Bill of Rights hervorging. Ich möchte den ersten Artikel von Madison´s Entwurf zitieren:

First. That there be prefixed to the Constitution a declaration, that all power is originally vested in, and consequently derived from, the people. That Government is instituted and ought to be exercised for the benefit of the people; which consists in the enjoyment of life and liberty, with the right of acquiring and using property, and generally of pursuing and obtaining happiness and safety. That the people have an indubitable, unalienable, and indefeasible right to reform or change their Government, whenever it be found adverse or inadequate to the purposes of its institution.

Es geht hier nicht darum, was der „richtige Weg zur Wahrheit“ ist, sondern die Freiheit des Einzelnen so gut es geht zu schützen. Notfalls auch gegen eine Mehrheit, die sich tyrannisch verhält, was die größte Gefahr in einer Demokratie ist. Während der Debatte um die Annahme der US-Verfassung deutete James Madison die Mangelhaftigkeit der menschlichen Natur an und dass, wenn die Menschen Engel wären, keine Regierung notwendig sei.

Karl Marx übrigens hielt überhaupt nichts von Menschenrechten. Für ihn gingen diese nicht über „den egoistischen Menschen hinaus“. Wie groß der Grad von Freiheit für die Menschen war, die z.B. in der Sowjetunion oder DDR lebten, welche die Ideen von Marx in die Praxis umsetzten, konnte man ja sehen.

Gruß

Publius

Klumpfuß Offline



Beiträge: 36

18.01.2021 18:20
#39 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Mich wundert, dass Parler so hochgeschrieben wird und nicht Gab, das die Welle neuer Nutzer aufnehmen kann, auch wenn die selbst betriebenen Server unter der Last ächzen. Der Gab-Gründer Andrew Torba musste jedoch schon einen hohen Preis dafür zahlen, dass er überhaupt eine Alternative bereitstellt:

Zitat
As a result of Torba’s free speech principles, both Gab and Andrew have been no-platformed and banned by 25+ service providers over the years including both App Stores, multiple payment processors, and hosting providers.

Torba himself has been personally banned from online banks, cryptocurrency exchanges, and Twitter for many years now. His family is also blacklisted by VISA.

Andrew Torba has also faced numerous threats of violence, doxxing, stalking, and more for his fight to defend free speech online for all people.



Quelle: news.gab.com (auch: JoNova)

Dirk Pohlmann (hier zum bereits belegten Einfluss des tiefen Staats) hat anscheinend Recht damit, dass Soziale Medien (und auch Wikipedia [edit: verlinkt]) der Meinungsmanipulation dienen. Meist geschieht das diskret per Shadow-Banning. Vielleicht pusht man auch gezielt Knallköpfe, um die Gegenseite in ein schlechtes Licht zu rücken.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

18.01.2021 19:09
#40 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Klumpfuß im Beitrag #39
Vielleicht pusht man auch gezielt Knallköpfe, um die Gegenseite in ein schlechtes Licht zu rücken.



Scheint mir sehr gefährlich. In den letzten 40 Jahren habe ich sehr viele Knallköpfe komplett absurde Dinge absondern gehört. Ein bis zwei Jahrzehnte später waren diese Ansichten dann plötzlich mehrheitsfähig oder zumindest akzeptierter Teil des allgemeinen Diskurses.

Gruß
hubersn

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Llarian Offline



Beiträge: 6.905

19.01.2021 03:27
#41 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #35
Vielleicht nehmen Sie sich 12 Minuten Zeit uns schauen dieses Video:
https://www.youtube.com/watch?v=6h-iBSE-Mu8

Ihre Meinung dazu würde mich interessieren.
Big Tech nicht als natürlicher Verbündeter der Linken (Demokraten),
sondern nur sich selbst der Nächste.
Eine grundsätzliche Machtdemonstration, eine Warnung auch an die zukünftige demokratische Regierung.


Kurz ausgedrückt: Das überzeugt mich nicht. :)

Aber langsam: Grundsätzlich finde ich Professor Riecks Argumentation gut vorgetragen und begründet. Es könnte durchaus so sein. Aber ich glaube es nicht. Ich glaube es deshalb nicht, weil es gegen eine grundsätzliche Verhaltensweise der Wirtschaft verstößt: Maul halten. Große Konzerne sind nicht an Öffentlichkeit interessiert, sie sind nicht daran interessiert große Konflikte auszutragen, sie sind nicht daran interessiert "Messages" zu verschicken. Der Hampelmann Käser ist die große Ausnahme, die allermeisten Konzerne haben kein Interesse daran irgendetwas anderes zu tun als still möglichst viel Geld zu verdienen. Weil Konflikte kosten. Kampfansagen kosten Geld und sie stellen ein Risiko dar. Wenn ich einen Kampf ansage, dann nur einen, den ich schon gewonnen habe. Donald Trump liegt am Boden, auf ihn einzutreten ist billig. Aber sich mit der neuen linken Junta anzulegen ist ein gewaltiges Risiko.

Und ich glaube tatsächlich, dass sich Big-Tech den Demokraten anbiedert. Die Demokraten regieren für mindestens die nächsten vier Jahre und wenn sie das amerikanische System so sabotieren, wie sie es intern angekündigt haben, dann werden es nicht nur vier Jahre sein, sondern eher 10 bis 20 bis sie die ganze Kiste so weit in den Dreck gefahren haben, wie heute Kalifornien. Sie sprechen ja selber davon Kalifornien als Vorbild der USA zu erheben. Und länger als 20 Jahre plant kaum ein Konzern, entsprechend ist es nur logisch sich genau den Machthabern maximal anzudienen.

Zitat
P.S.: Wenn selbst Merkel diese Verbannung als Gefahr erkennt, liegt Prof. Rieck vielleicht gar nicht so falsch.


Ich glaube nicht, dass sie auch nur irgendetwas erkannt hat. Sie hat allenfalls irgendwo im neuen Süddeutschland oder im Kinderstürmer eine Randnotiz gesehen, wo sich jemand ein Feigenblatt gegeben hat, dass es mal sowas wie einen freien Staat gab. Und das plappert sie nach. Sie würde vermutlich auch den Postillion für bare Münze nachplappern, wenn sich dieser in ihrer Pressemappe fände.

Kallias Offline




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19.01.2021 08:45
#42 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #41

Zitat
P.S.: Wenn selbst Merkel diese Verbannung als Gefahr erkennt, liegt Prof. Rieck vielleicht gar nicht so falsch.

Ich glaube nicht, dass sie auch nur irgendetwas erkannt hat. Sie hat allenfalls irgendwo im neuen Süddeutschland oder im Kinderstürmer eine Randnotiz gesehen, wo sich jemand ein Feigenblatt gegeben hat, dass es mal sowas wie einen freien Staat gab. Und das plappert sie nach. Sie würde vermutlich auch den Postillion für bare Münze nachplappern, wenn sich dieser in ihrer Pressemappe fände.

Sie wird als eine Person, die bei allem zuerst an sich selbst denkt, die Majestätsbeleidigung daran empfunden haben.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

19.01.2021 11:30
#43 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #34
Ein Land kann Facebook und Co. auch den Saft abdrehen, wie m.W. in Uganda passiert.

Zitat
Aus echtem Interesse: Wo holen Sie sich denn diese Nachrichten her? Bei reuters.com findet man, daß umgekehrt Facebook Sockenpuppen von Musevenis Ministerium für Volksaufklärung (ja, ich weiß, eigentlich heißt das anders...) gelöscht habe.


Manche Informationen bleiben nebenbei hängen, vielleicht hatte ich es von hier: https://www.heise.de/news/Uganda-Vor-Wah...rt-5022995.html
Reuters ist ja auch nicht das Wahrheitsministerium. Vor allem wäre es nicht außergewöhnlich, da nach ungefährer Erinnerung China, Iran und Weißrussland auch schon zu diesen Mitteln gegriffen haben (ohne dem jetzt hinterher zu googeln). Manche Länder wollen Einflussnahme von außen minimieren, ist ja wie das Westfernsehen in der DDR. Es gibt für mich keinen Grund, Nachrichten dieser Art mit großem Misstrauen zu begegnen.

Gruß
Martin

crastro Offline



Beiträge: 212

19.01.2021 13:37
#44 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Jetzt habe ich mir beide Ansichten hier durchgelesen und bin, zugegeben, leicht verwirrt.
Warum?
Weil ich dem Grunde nach beiden Ansichten (Llarian/Emulgator) zustimme.

Deshalb erlaube ich mir, meine Sichtweise hier beizusteuern, die völlig anders aussieht:

Über den POTUS, also noch Trump und dessen Vorgänger, wurde und wird immer behauptet, sie seien die "mächtigsten Männer der Welt". Den Punkt, ob das vielleicht doch ein anderer ist,lasse ich weg.Darum gehts nicht.
Für mich ergibt sich die Frage, wer denn wirklich mächtig ist,wenn eine Handvoll Oligarchen den Potus praktisch über Nacht weitgehend mundtot machen kann? Diese Handvoll Leute besitzt doch damit weit mehr Macht als der Präsident.
Die müssen sich nur halbwegs einig sein,was angesichts ihrer geringen Zahl und doch unterschiedlicher Geschäftsmodelle so schwer nicht sein wird.
Das war und ist doch das klare Zeichen, daß es den immer als Verschwörungstheorie abgetanen "Tiefen Staat" tatsächlich gibt. Klarer war das bisher für praktisch jeden daran eher desinteressierten Bürger noch nie zu sehen.
So dies derart deutlich zu Tage kommt, kann nur bedeuten, daß a) diese Leute gerade in voller Panik handeln oder b) ihnen völlig egal ist, was die Bürger bemerken,weil sie praktisch bereits unangreifbar geworden sind.

Beide Möglichkeiten sind erschreckend.

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 1.997

20.01.2021 08:16
#45 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Wenn ich auch mal meinen Senf dazu abgeben darf:

Gegen die These, dass Big Tech linksradikal ist spricht doch schon das Timing. Twitter hätte Trump jederzeit abwürgen können, das wäre während seiner Amtszeit sogar effektiver gewesen, wenn man ein politisches Statement setzen will. Das Gegenteil war der Fall, die haben sich doch damit gebrüstet, dass der POTUS für die Kommunikation exklusiv ihre Schrottplattform nutzt. Und auf einmal, eine Woche vor seinem Abtritt, fällt Twitter ein dass man dem Mann das Wort entziehen muss? Wer's glaubt wird selig.
M.E. ist das nur ein Bücken vor den neuen Machthabern, und wenn Biden & Co ihre Agenda durchgesetzt bekommen wird das auch dringend nötig sein...

Tristram Shandy Offline



Beiträge: 46

20.01.2021 14:38
#46 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #41
Große Konzerne sind nicht an Öffentlichkeit interessiert, sie sind nicht daran interessiert große Konflikte auszutragen, sie sind nicht daran interessiert "Messages" zu verschicken. Der Hampelmann Käser ist die große Ausnahme, die allermeisten Konzerne haben kein Interesse daran irgendetwas anderes zu tun als still möglichst viel Geld zu verdienen.


Ist das tatsächlich noch so? "Woke" Botschaften sind doch mittlerweile gängig, Konzerne die keine Haltung zeigen beinahe die Ausnahme. Ich denke da nur an die Gillette-Werbung, die ganz nonchalant ihrer Hauptzielgruppe ans Bein pinkelte, was mal eben so 8 Mrd. Dollar Umsatzeinbußen eingebracht hat. Hierzulande hat Edeka hat für seinen "Lasst uns froh und bunter sein"-Spot Prügel einstecken müssen. Tinder, Microsoft, Dropbox, Unilever, Amazon und Starbucks haben öffentlich für Black-Lives-Matter gespendet, wobei Starbucks seine Anbiederei auch nicht vor ausgebrannten Filialen bewahren konnte. Ob die krankhaft adipösen Calvin Klein Models sich nachhaltig als verkaufsfördernd erweisen werden, muss sich erst noch zeigen.

In fast jedem aktuellen Hollywoodfilm springt einem die Diversityquote ins Gesicht, sogar Historienschinken im viktorianischen England werden inklusive der Queen überwiegend mit Schwarzen besetzt, selbst in "Star Wars" wird krampfhaft eine Lesbenszene reingequetscht, mit dem Resultat, dass die Star-Wars Marke mittlerweile als ruiniert gilt. Die NBA hat sich mit ihrer BLM-Positionierung auch nicht nur Freunde gemacht und steht ebenfalls vor Einbußen in Milliardenhöhe. Der Spruch "Get woke, go broke" kommt demnach nicht von ungefähr. Eine Änderung im Sendungsbewusstsein ist aber bislang nirgends auch nur Ansatzweise zu erkennen.

Die Belegschaften insbesondere der Silicon-Valley-Techs sind massiv "Woke" unterwandert. James Damore wurde aufgrund eines harmlosen Memos von Google gefeuert. Der Meinungs- und Konformitätsdruck ist dem Vernehmen nach enorm. Ich kann mir gut vorstellen, dass zahlreichen Unternehmen tatsächlich die Botschaft inzwischen wichtiger ist als der Gewinn. Vielleicht stehen wir auch in dieser Hinsicht vor einer Zeitenwende. The Times They Are A-Changin'.



Heute gehört uns Deutschland, und morgen der ganzen Welt...

Llarian Offline



Beiträge: 6.905

21.01.2021 03:18
#47 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Tristram Shandy im Beitrag #46
Ist das tatsächlich noch so? "Woke" Botschaften sind doch mittlerweile gängig, Konzerne die keine Haltung zeigen beinahe die Ausnahme.

Ich glaube diese Beobachtung stimmt nicht. Weil "woke" Aussagen eben auch laut sind und von den Medien breit goutiert werden. Ich glaube nicht, dass es eine Mehrheit der Konzerne ist, weil man von den meisten Konzernen gar nichts mitbekommt. Haben Sie schon mal von der ZF Friedrichshafen AG gehört? Oder von der Evonik? Nein? Das sind Riesenkonzerne (zumindest für deutsche Verhältnisse), die aber kaum einer kennt. Und das sind die meisten. Man kennt die ganz großen, aber so ab den Plätzen 30 bis 40 wirds dann deutlich dunkler. Und wie gesagt, Konzerne wollen in erster Linie Geld verdienen, Aktionäre wie Eigner haben nichts von Botschaften.

Zitat
Ich denke da nur an die Gillette-Werbung, die ganz nonchalant ihrer Hauptzielgruppe ans Bein pinkelte, was mal eben so 8 Mrd. Dollar Umsatzeinbußen eingebracht hat.


Procter und Gamble ist in der Tat ein Härtefall. Aber die Frage stellt sich dennoch: Macht das ein Konzern, weil er davon überzeugt ist und Botschaften schicken will, oder macht er es um Werbung zu machen? Die Gilette Kampagne ist vollkommen schief gelaufen, aber ich kann mich erinnern, in diesem Forum hier massiv mit einigen Zimmersleuten gestritten zu haben, ob das gute Werbung sei. Da waren diverse von überzeugt. Ich hielt es damals schon für schlechte Werbung, aber der Versuch ist an sich kein Beweis für Überzeugung. Und nebenbei, P&C hat in dem Jahr 8 Milliarden für die Sparte abgeschrieben, das sind keine 8 Milliarden Umsatzverlust.

Zitat
Tinder, Microsoft, Dropbox, Unilever, Amazon und Starbucks haben öffentlich für Black-Lives-Matter gespendet, wobei Starbucks seine Anbiederei auch nicht vor ausgebrannten Filialen bewahren konnte.


Ist das Überzeugung oder Schutzgeld? Werbung? Das ist am Ende schwer zu sagen. Ich glaube einfach nicht, dass Konzernlenker und Manager nun gerade die Leute sind, die von vielen "Idealen" überzeugt sind. Sonst wären sie keine Manager geworden.

Zitat
Ob die krankhaft adipösen Calvin Klein Models sich nachhaltig als verkaufsfördernd erweisen werden, muss sich erst noch zeigen.


Das ist ja nun ganz klar Werbung und hat nix mit woke zu tun. Und leider funktioniert es ziemlich gut.

Zitat
In fast jedem aktuellen Hollywoodfilm springt einem die Diversityquote ins Gesicht, sogar Historienschinken im viktorianischen England werden inklusive der Queen überwiegend mit Schwarzen besetzt, selbst in "Star Wars" wird krampfhaft eine Lesbenszene reingequetscht, mit dem Resultat, dass die Star-Wars Marke mittlerweile als ruiniert gilt. Die NBA hat sich mit ihrer BLM-Positionierung auch nicht nur Freunde gemacht und steht ebenfalls vor Einbußen in Milliardenhöhe. Der Spruch "Get woke, go broke" kommt demnach nicht von ungefähr. Eine Änderung im Sendungsbewusstsein ist aber bislang nirgends auch nur Ansatzweise zu erkennen.


Das ist Hollywood, aber ich gebe zu, an der Stelle haben Sie einen sehr guten Punkt. Es ist mir völlig unverständlich wie die großen Filmgesellschaften weiter blind in ihr Verderben rennen. Das Schauspieler ausgesucht dämlich sind ist nicht neu und war eigentlich schon immer so, aber das die Produktionsfirmen mit Machwerken wie Ghostbusterinnen, Dark Phoenix oder Birds of Prey hunderte von Millionen für sinnfreie Propaganda rauswerfen, kann ich nicht nachvollziehen.

Zitat
Ich kann mir gut vorstellen, dass zahlreichen Unternehmen tatsächlich die Botschaft inzwischen wichtiger ist als der Gewinn.


Dann gehen sie aber daran kaputt. Das ist das schöne an der Marktwirtschaft. Wenn sich einer selber Fesseln anlegt, gewinnt das Rennen der, der keine Fesseln trägt. Big-Tech mag derzeit durch massive Protektionierung und Monopolisierung noch geschützt sein, aber in den Medien sieht man wo das ganze hinführt. Go woke, go broke, da sind wir uns durchaus einig. Star Wars ist kaputt, Star Trek ist kaputt, Marvel auf gutem Wege ...

HR2 Offline



Beiträge: 912

23.01.2021 02:40
#48 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #41
Zitat von HR2 im Beitrag #35
Vielleicht nehmen Sie sich 12 Minuten Zeit uns schauen dieses Video:
https://www.youtube.com/watch?v=6h-iBSE-Mu8

Ihre Meinung dazu würde mich interessieren.
Big Tech nicht als natürlicher Verbündeter der Linken (Demokraten),
sondern nur sich selbst der Nächste.
Eine grundsätzliche Machtdemonstration, eine Warnung auch an die zukünftige demokratische Regierung.


Kurz ausgedrückt: Das überzeugt mich nicht. :)

Aber langsam: Grundsätzlich finde ich Professor Riecks Argumentation gut vorgetragen und begründet. Es könnte durchaus so sein. Aber ich glaube es nicht. Ich glaube es deshalb nicht, weil es gegen eine grundsätzliche Verhaltensweise der Wirtschaft verstößt: Maul halten.




Sie vermuten Big Tech derart naiv, eine sozialistische Harris nicht längst auf der Rechnung zu haben?
Es drohen empfindliche Steuererhöhungen, ein Vorbote der Zerschlagung. Natürlich hält man sein Maul,
läßt aber seine Muskeln spielen, Muskeln die einen amtierenden Präsidenten von der Öffentlichkeit abschneiden,
quasi per Mausklick. "Merkt euch das! (Harris und Co.)"

Llarian Offline



Beiträge: 6.905

23.01.2021 03:31
#49 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #48
Sie vermuten Big Tech derart naiv, eine sozialistische Harris nicht längst auf der Rechnung zu haben?

Ganz und gar nicht, ich bin sicher, dass Big Tech nicht nur Kamala Harris, sondern ihre ganze Junta auf der Rechnung haben. Die These von Riek war aber, dass sie ihr gegenüber kraftvoll auftreten und jetzt das Maul ausreißen, um Macht zu demonstrieren. und genau das halte ich für falsch. Man dient sich lieber an, damit hat die Wirtschaft hunderte von Jahren Erfahrung.

Zitat
Es drohen empfindliche Steuererhöhungen, ein Vorbote der Zerschlagung. Natürlich hält man sein Maul, läßt aber seine Muskeln spielen, [...]


Und genau das ist ein Widerspruch. Man kann nicht gleichzeitig leise und laut sein. Man kann nicht drohen und sich einschleimen. Davon mal ab, dass ich an Steuererhöhungen für Big-Tech so oder so nicht glaube, ist das Risiko der Zerschlagung tatsächlich ganz ordentlich, noch schlimmer das Risiko der Regulierung. Aber das ist auch der Punkt: Es ist in dem Fall gerade nicht allzu schlau sich direkt mit den Machthabern der näheren und vielleicht auch weiteren Zukunft anzulegen. Es gibt einen ganz gewaltigen(!) Unterschied zwischen den Demokraten und Trump. Wenn Big-Tech Trump zensiert, dann funktioniert das. Die Demokraten haben immer noch ihre Propagandasender und die funken völlig unabhängig von Google und Konsorten alles was sich die Demokraten wünschen jeden Tag in fast 100 Millionen amerikanische Haushalte. Trump konnte gegen Big-Tech wenig tun, aber wenn die Demokraten es zerstören wollen, dann gibts die in einem Jahr nicht mehr.

Johanes Offline




Beiträge: 2.389

23.01.2021 12:42
#50 RE: Der Präsident ist deplatformed. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA. Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Aus dem Kapitol haben die Randalierer ja ihre Bilder in die Internetzöffentlichkeit verteilt. Das macht jetzt die Strafverfolgung so einfach. So etwas machen so viele nur, wenn sie wirklich glauben, damit vor der Strafverfolgung davonzukommen. Also ja, viele der Randalierer haben offensichtlich geglaubt, an einem Putsch teilzunehmen, dessen Erfolg (wie es bei einem Putsch üblich ist) ihnen die spätere Strafverfolgung erspart. Gegen welche unterstellte Macht sich dieser Putschversuch richtete, haben Sie selber formuliert: Das "linke Establishment", zu dem übrigens zu dem Zeitpunkt auch Mike Pence gehört hat, da man ja ihn hängen wollte.


Das ist übrigens eine sehr gut Argumentation und sie hat mich überzeugt. Zumindest einige der Capitolstürmer müssen also logisch gesehen geglaubt haben, sie würden einen Umsturz durchführen.
Das allein ist gefährlich.

Zitat von alpha_beta im Beitrag #32
Die Seite die ihre Positionen so aggressiv propagiert und verteidigt, gewinnt. Keine normative Feststellung, sondern eine deskriptive.


Nur dann, wenn ihr nicht ab einem gewissen Moment Widerstand entgegen gebracht wird.
Und in dem Augenblick kann solche Kompromisslosigkeit zum offenen Kampf führen. Ich glaube nicht, dass irgendjemand das ernsthaft will.

Zitat von HR2 im Beitrag #35
Vielleicht nehmen Sie sich 12 Minuten Zeit uns schauen dieses Video:
https://www.youtube.com/watch?v=6h-iBSE-Mu8

Ihre Meinung dazu würde mich interessieren.
Big Tech nicht als natürlicher Verbündeter der Linken (Demokraten),
sondern nur sich selbst der Nächste.
Eine grundsätzliche Machtdemonstration, eine Warnung auch an die zukünftige demokratische Regierung.

P.S.: Wenn selbst Merkel diese Verbannung als Gefahr erkennt, liegt Prof. Rieck vielleicht gar nicht so falsch.


Ich wurde zwar nicht gefragt, malde mich aber trotzdem mal zu Wort.

Prof. Rieck Argumentation ist logisch und intelligent, aber sie basiert auf einer falschen Prämisse.
Um genau zu sein, beginnt die Stelle an 3:22 des Videos. Dort sagt der Professor, ich zitiere es im Rahmen der Argumentation: "Sie [die Technologiekonzerne] sind die Institution durch die der Präsident überhaupt noch seine Macht in irgendeiner Form nach Außen hin projezieren kann. Also mit den klassischen Medien geht das immer weniger."

Diese Aussage stimmt nach meinem subjektiven Dafürhalten nicht.
1. Stimmt diese Argumentation eingeschränkt nur für Donald Trump selber. Der verzichtet weitgehend auf klassische Kommunikationswege wie Pressekonferenzen oder Ansprachen an den Kongress oder das Volk und spielt auf Twitter gleich seinen eigenen Pressesprecher.
Das traff in der Form aber weder auf Bush, noch auf Obama zu und ich glaube auch nicht, dass Biden zur Kommunikations mit seinen Anhängern auf Twitter angewiesen ist. Im Gegenteil, Biden wird die erste Zeit massiv einen Bias der Medien auf seiner Seite haben.
2. Der US-Präsident braucht natürlich kein Twitter, um seine Macht zu projezieren. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Chef der Bundesexekutive, besitzt ein Veto-Recht gegen jedes Gesetz des Kongresses, schlägt Kandidaten für Posten auf Bundesebene vor und kann Ausführungsbestimmungen erlassen.
Das ist die wirkliche, verfassungsmäßige Macht des Präsidenten und sie besteht natürlich unabhängig von Twitter. Die Behörden bekommen das schon mit, wenn ihr Chef irgendwas anordnet.
3. Selbst wenn der US-Präsident zur Ausübung seiner Macht wirklich auf Twitter angewiesen wäre, müsse er selbst und Twitter das auch so sehen, damit dieser "Schachzug" als Signal eine Wirkung hat.

Da allerdings die gesamte Argumentation von Prof. Rieck auf dieser Prämisse aufbaut, kann das Ergebnis richtig sein, muss aber nicht. Die Argumentation selbst bezieht sich jedenfalls nicht auf den vorliegenden Fall.

Zitat von HR2 im Beitrag #36
Die Hoffnung habe ich und ich sehe das im Privaten. Wenn sehr Linke und politisch Korrekte beginnen die pc-Sprachregelung als einschränkend
und Zumutung zu empfinden, wenn sie reflektieren, daß sie nicht mehr "Eskimo" sagen dürfen, dann sehe ich Licht am Ende des Tunnels.


In den USA haben die Plünderungen von Einzelhandelsgeschäften und die Gewalt während der Proteste wohl schon einige Leute zum Nachdenken gebracht.

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Wenn man also sich eine Druckerei bastelt, wird man enteignet, richtig? Grundrechte haben nur im Gesamtpaket ihren Wert.


Sie würden schon gar nicht das Material dafür in die Hand bekommen, weil das ja alles dem Staat gehört.

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Als Gegenargument ist das jetzt ein naturalistischer Fehlschluß.


Punkt für Sie, werter Herr @Emulgator .

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Sich ihr zu unterwerfen, hat auch eine philosophische Begründung.


Damit haben Sie ebenfalls recht. Im Grunde läuft meine Argumentation darauf hinaus, aus dem Liberalismus etwas absolutes zu machen.
Dennoch sehe ich da einen Unterschied zwischen "ideologisch möglichst neutral", so dass unterschiedliche Leute ohne "Kröten zu schlucken" mitmachen können, und eine klare, doktrinäre Staatsphilosophie oder -ideologie.
In den ehemaligen Ostblockstaaten konnte man nicht ernsthaft überzeugter Bürger sein, wenn man die Lehre des Marxismus-Leninismus anzweifelte. Vielleicht begannen mit den zweifeln daran sogar die Zerfallsprozesse.
Unter der Herrschaft eines "allerkatholischsten Königs" wird man als Protestant immer ein bisschen reserviert bleiben, umgekehrt auch.

Mit den USA dagegen kann man sich identifizieren, auch wenn man völlig andere Gedanken pflegt als die Gründerväter oder die Mehrheit der Bevölkerung.

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Das ist an sich richtig, im Kontext der Diskussion geht es aber darum, daß Tump und "die Linken" (also seine politischen Gegner außerhalb der GOP und der Libertären Bewegung) übereinstimmend eine andere Auffassung von den Grundrechten haben als die Gründerväter.


Ich frage mal: Wie viel des Idealismus der Gründerväter ist heute in den USA überhaupt noch übrig?

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Prinzipiell kann man man einen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat sicher auch ohne den Begriff des (Grund-)Rechts aufbauen. Über Gerechtigkeit zwischen Menschen kann man auch ohne Staat nachdenken. In vielen Fällen wäre es auch sauberer, zu sagen, wer konkret wozu verpflichtet ist, anstatt ein Recht einfach irgendwo ein den Raum zu hängen.


Ihre Argumentation, werter Herr @Emulgator, basiert auf dem Naturrecht. Es ist für mich wirklich ein Hindernis, Ihnen da zu folgen, da ich inzwischen erhebliche Zweifel daran habe.

Das ist durchaus vergleichbar damit, dass ich meine Argumentation darauf aufbauen würde, eine bestimmte Person herrsche "von Gottes Gnaden". Warum das so ist kann ich nicht näher begründen und jeder "Andersgläubige" muss mir im Grunde widersprechen.

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Im Absolutismus und sogar noch im Hohenzollern-Deutschland gab es Zensurbehörden, wo man die Veröffentlichungserlaubnis für seine Schriften holen konnte. Veröffentlicht man etwas ungenehmigt, konnte man bestraft werden. Ist es dann auch noch Majestätsbeleidigung oder sowas, dann erst recht.


Heute kann man durchaus Probleme kriegen, wenn man später indiziertes Material ohne FSK-Freigabe herausgibt. Deshalb empfiehlt es sich, vorher durch einen Anwalt die rechtliche Unbedenklichkeit bescheinigen zu lassen. Dann ist man zumindest "gutgläubiger Herausgeber" und hat ein besseres Blatt vor Gericht.

Es gibt in Deutschland AFAIR ungefähr 80.000 Veröffentlichungen in Buchform im Jahr, dazu kommen noch kleinere Schriften und Zeitungen und Importe usw.usf.
Wie bereits der ein oder andere Autor hingewiesen hat, ist die Aufgabe der Zensur zum Teil mehr dem Unwillen geschuldet, alle Veröffentlichungen wirklich vorher noch mal zu kontrollieren, als dem Sieg des Idealismus. In meinen zynischeren Momenten glaube ich, der Hinweis ist gut...

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Das Recht sich zu unterrichten besteht z.B. darin, daß man alle Bücher lesen darf und nicht für den Besitz oder das Lesen bestimmter Bücher bestraft wird.


Sofern das Buch überhaupt Papier und Tinte bekommen hat.

Zitat von Publius im Beitrag #38
Der englische Aufklärer John Locke, dessen Philosophie u.a. die Gründerväter beeinflusste, sah den Menschen im Naturzustand, wo es keinen Staat und Gesetze gibt, als absolut frei und Herr seiner eigenen Person und Besitztümer an. Jedoch wäre die Freude, Leben, Freiheit und Vermögen zu genießen, was Locke unter „Eigentum“ zusammenfasste, aufgrund der Übergriffe anderer nicht sicher, weshalb man sich mit anderen zu einer Gesellschaft bzw. Staat verbindet, mit dem Ziel zur Erhaltung des „Eigentums“.


Der englische Philosoph Hobbes kam mit ähnlichen Voraussetzungen zu völlig anderen Ergebnissen.

Zitat von Publius
Wenn auch die Mitglieder einer Gesellschaft ihre Gewalt an den Gesetzgeber abgeben, so könne doch die Gewalt der Legislative niemals größer sein als jene, welche die Menschen im Naturzustand besaßen.



1. Wäre es sehr wohl denkbar, dass eine organisierte Gruppe von Menschen eine andere Gewalt ausüben kann als ein einzelner Mensch.
2. Es können sich im "Naturzustand" ja sehr wohl gewisse Individuen dazu verabreden, einen anderen Menschen auszugrenzen, weder mit ihn zu reden, noch ihn an den Vorzügen der Arbeitsteilung teilhaben zu lassen. Sokrates wurde aus Athen verbannt, das ist im Wesentlichen der Entschluss einer lokalen Gruppe dazu.
3. Es gibt bis heute Staaten, die auf einer anderen Auffassung beruhen. Zum Beispiel der, dass die staatliche Autorität sich letztlich durch Gott speist. Man betrachte nur die beiden Inselkönigreiche Japan und das Vereinte Königreich (wobei Japan komplizierter ist). Selbst in Deutschland ruft die Verfassung explizit die Verantwortung des Menschen vor Gott an.

Zitat von Publius
Daher hätten die Bürger, wenn sich eine tyrannische Regierung bilden sollte, welche ihre Rechte, dessen Erhaltung der Zweck zur Verbindung einer Gesellschaft gewesen ist, da im Naturzustand es keine Sicherheit gibt, verletzt oder gar beseitigt, ein Widerstandsrecht.



Im Grunde genommen war weiter oben von Gewalt die Rede, die Menschen im Naturzustand haben und sie dann an den Kongress abtreten.
Hier aber steht etwas von "Rechten".

Wäre ein allgemeines Alkoholverbot kein Beispiel für eine willkürliche Gesetzgebung? Falls ja, was ist mit einem allgemeinen Verbot von anderen Rauschmitteln?
Dennoch scheint niemand sein "Recht auf Widerstand" deshalb wahrnehmen zu wollen.

Tatsächlich läuft diese Argumentation doch darauf hinaus, dass die Bürger immer noch die Möglichkeit haben sich mit ihrer Gewalt als einzelner Mensch gegen die Macht des Staates zu wehren.

Zitat von Publius
Es geht hier nicht darum, was der „richtige Weg zur Wahrheit“ ist, sondern die Freiheit des Einzelnen so gut es geht zu schützen. Notfalls auch gegen eine Mehrheit, die sich tyrannisch verhält, was die größte Gefahr in einer Demokratie ist. Während der Debatte um die Annahme der US-Verfassung deutete James Madison die Mangelhaftigkeit der menschlichen Natur an und dass, wenn die Menschen Engel wären, keine Regierung notwendig sei.



Ich sehe, Herr @Publius , Ihr Name ist wohl gewählt.

Sie müssen aber schon den Fall unterscheiden, ob wir hier "vor den Orden der Zimmerleute", eine philosophische Diskussion darüber führen oder das vor einem Parlament tun.

Nebenbei findet der "Weg zur Wahrheit" meines Wissens sehr wohl seinen Platz in Rechtssprechung zum 1. Zusatzartikel.

Ich habe mir über den Punkt durchaus Gedanken gemacht. Man kann die Meinungsfreiheit verschieden "interpretieren" und sie je nachdem aus verschiedenen Quellen herleiten.
Beispielsweise als Ausfluss aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder als Merkmal einer demokratischen Republik ("schlichtweg konstituierend") oder als Werkzeug zur Wahrheit oder einfach als Ausdruck des Misstrauens gegenüber dem Geschmack der Mehrheit und den Zensurbehörden. Vielleicht arbeite ich das bei Zeiten mal aus.
Ich frage mich, in wie weit sich das ganz praktisch darauf Auswirkt, wie weit oder eng man die Meinungsfreiheit auslegt.

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