Zitat von Dagny(Waere soetwas in der Kath. Kirche nach kanonischem Recht uberhaupt moeglich? Als Bischof oder Kardinal so einfach zurueckzutreten?)
Die Bischofsweihe ist ebenso unauflöslich wie Taufe, Priesterweihe und Ehesakrament. Vom Amt des Bischofs kann man entbunden werden, und jeder Bischof ist verpflichtet, bei Erreichen eines gewissen Alters (65? 75?) seinen Rücktritt anzubieten. In einem ganz extremen Fall wurde auch schon ein Bischof laisiert. Bei Kardinälen weiß ich nichts über einen möglichen Rücktritt.
Der Abt des Klosters Ettal ist gerade zurückgetreten. Das wurde ihm seitens des Bistums dringend angeraten, nachdem er kircheninterne Richtlinien verletzt hat, nach denen auch der bloße Verdacht auf Kindesmissbrauch sofort zu melden sei.
-- La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von califaxAber sie scheint ein sehr weltfremdes und perfektionistisches Menschenbild zu haben.
Mich fröstelt es, bei ihrem Anblick. Schon vor Jahren, als ich ab und zu per Zufall ihr "Wort zum Sonntag" sah. Wenn man nicht perfekt sein möchte oder kann, hat man da nicht viel zu lachen, denkt es mir. Und ich erschrecke gleich doppelt, sowohl als möglicher Sünder, als auch über mich selbst, ob dieser gemeinen Gedanken. Derer ich doch sonst überhaupt nicht fähig bin ;-) Jetzt bin ich mit mir aber wieder im Reinen, es waren doch nur gesunde Instinkte..
Ich lasse mich als blutiger Laie sehr gerne korrigieren, aber muß man nicht als Geistlicher eigentlich gewisse "Spuren" aufweisen, die nunmal die zu tragende Last gerne verursacht? Auch der Akzeptanz wegen? Strahlende Selbstgewissheit ist für mich jedenfalls keine sehr "adequate Spur". Aber gefährlich, wenn mit Macht ausgestattet.
Lauter verdammte Vorurteile, die so auf keinen Fall in einen seriösen Blog gehören. Ich sage es daher nur "unter der Hand" und nur weil hier doch nur die Zimmerleute mitlesen...
Andererseits hat PHOENIX im Themenbeitrag gerade erwähnt, daß die Dame auch für Babyklappen eingetreten ist. Und das ist nun wieder eine sehr realistische Position. Naja, vielleicht war ihr auch einfach der Druck zu groß.
-- Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.
Zitat Meine Vermutung war ja, es stuenden keine Diadochen bereit, die das Amt nolens volens ubernehmen koennten. Bin auch etwas uberascht, wie schnell der Ruecktritt vonstatten ging, zumal von gleich allen Amtern. (Waere soetwas in der Kath. Kirche nach kanonischem Recht uberhaupt moeglich? Als Bischof oder Kardinal so einfach zurueckzutreten?)
Wir Katholiken haben ein anderes Verständnis vom Bischofsamt als die Protestanten. Ein katholischer Bischof steht über das Sakrament der Weihe durch einen anderen Bischof in der (theoretischen) direkten Sukzession der Apostel, d.h. ist wird angenommen (was nicht beweisbar ist), dass es eine geschlossene Kette von Bischofsweihen gibt, auf die sich der einzelne Bischof bzw. der Bischof seine Amtsautorität bis auf einen der Apostel und letztlich auf die Berufung durch Christus zurückführen kann.
Diese apostolische Sukzession kennen die Protestanten nicht; dort hat man die Kirche quasi-demokratisch aufgebaut, und der Bischof wird in einem mehr oder weniger demokratischen Verfahren gewählt. Dementsprechend kann hier auch jemand von einem Amt zurücktreten.
Kardinal ist ein Ehrentitel und Ehrenamt, das man durch Ernennung erlangt.
Zitat von GansguoterWir Katholiken haben ein anderes Verständnis vom Bischofsamt als die Protestanten.
Jein. Das ist alles richtig, was Du über die Apostelsukzession etc. darlegst. Das betrifft aber "nur" die Bischofsweihe, nicht das eigentliche Amt. Zum Amt wird man gewählt (vom Domkapitel) bzw. ernannt (vom Papst), und davon kann man auch zurücktreten. Dann übt man die Funktion nicht mehr aus, aber die Weihe verliert ihre Gültigkeit nicht. Es gibt ja auch reine Weihbischöfe, die haben nicht wirklich ein Amt.
Zitat von UngeltMich fröstelt es, bei ihrem Anblick. Schon vor Jahren, als ich ab und zu per Zufall ihr "Wort zum Sonntag" sah. Wenn man nicht perfekt sein möchte oder kann, hat man da nicht viel zu lachen, denkt es mir.
Ja, diese offenbar unerschütterliche Selbstsicherheit finde ich auch irritierend. Auch heute Nachmittag, nachdem sie ein paar Tage Zeit gehabt hatte, über Formulierungen nachzudenken, brachte sie Wörter wie "Verfehlung" oder "Schuld" nicht über die Lippen. Sondern sie sagte:
Zitat von Margot KäßmannAm vergangenen Samstagabend habe ich einen schweren Fehler gemacht, den ich zutiefst bereue. Aber auch wenn ich ihn bereue, und mir alle Vorwürfe, die in dieser Situation berechtigterweise zu machen sind, immer wieder selbst gemacht habe, kann und will ich nicht darüber hinwegsehen, dass das Amt und meine Autorität als Landesbischöfin sowie als Ratsvorsitzende beschädigt sind.
Bereuen tut man einen Fehler, ja. Zum Beispiel den falschen Mann geheiratet oder die Schule vor dem Abitur abgebrochen zu haben. Daß sie sich in freier Entscheidung, also schuldhaft, so verhalten hat, daß sie einen Menschen ebensogut hätte töten oder verletzen können, wie sie die Ampel überfuhr, paßt offenbar nicht in ihr selbstgerechtes Bild von sich.
Zitat Das betrifft aber "nur" die Bischofsweihe, nicht das eigentliche Amt.
Das kommt jetzt darauf an, was man mit "Amt" versteht. Nach dem kath. Verständnis wird ja auch von (Bischofs-)Amt gesprochen, das durch die Weihe erlangt wird, unabhängig vom (Verwaltungs- oder Funktions)Amt an der Spitze einer Diözese. Ich meinte mit "Amt" eben dieses geistliche Amt, das unverlierbar ist. In der evgl. Kirche, so scheint es mir, überwiegt der Charakter des Funktionsamtes. Oder?
Zitat Es gibt ja auch reine Weihbischöfe, die haben nicht wirklich ein Amt.
Ja doch, sie haben a) das Bischofsamt qua Weihe und b) ein Titularbistum irgendwo in der Wüste.
Zitat Andererseits hat PHOENIX im Themenbeitrag gerade erwähnt, daß die Dame auch für Babyklappen eingetreten ist. Und das ist nun wieder eine sehr realistische Position.
Kaum. Es gibt keinerlei Beleg, dass eine Babyklappe gegen Kindstötungen hilft, da Frauen, die ihr Kind töten, in der Regel nicht rational vorgehen und abwägen "umbringen oder in die Babyklappe einwerfen".
Die Babyklappen führen aber dazu, dass das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung unwiderruflich gebrochen wird für das betroffene Kind.
Insofern sehe ich diese Klappen als hochproblematisch, und auch Gutachter sind vor ein paar Monaten zu diesem Ergebnis gekommen.
Ich habe den leisen Verdacht, dass wir von Frau K. noch viel hören werden. Dieser schnelle Rücktritt ist kein Zufall. Bei ihrer Persönlichkeitsstruktur, soweit sie jedenfalls in ihren öffentlichen Äußerungen und Handlungen zu erkennen ist, habe ich keinen Zweifel daran, dass sie diesen Schritt melken wird bis zum Untergang. Paar Monate warten, irgendwann kann man sich dann als Opfer sehen, in ein paar Jahren, wenn man wieder in Amt und Würden ist, fragt kein Mensch mehr danach.
Vielleicht macht sie ja auch einfach eine Beratungsfirma auf, Unternehmensethik oder so.
Zitat von automatDieser schnelle Rücktritt ist kein Zufall. Bei ihrer Persönlichkeitsstruktur, soweit sie jedenfalls in ihren öffentlichen Äußerungen und Handlungen zu erkennen ist, habe ich keinen Zweifel daran, dass sie diesen Schritt melken wird bis zum Untergang. Paar Monate warten, irgendwann kann man sich dann als Opfer sehen, in ein paar Jahren[....] Vielleicht macht sie ja auch einfach eine Beratungsfirma auf, Unternehmensethik oder so.
Gut moeglich. In 2 Wochen bei Kerner, in 3 bei Maischberger, in 4 bei Anne Will? Frei von der Last des Amtes mit dem gleichen moralischen Impetus.
Zitat Das betrifft aber "nur" die Bischofsweihe, nicht das eigentliche Amt.
Das kommt jetzt darauf an, was man mit "Amt" versteht. Nach dem kath. Verständnis wird ja auch von (Bischofs-)Amt gesprochen, das durch die Weihe erlangt wird, unabhängig vom (Verwaltungs- oder Funktions)Amt an der Spitze einer Diözese. Ich meinte mit "Amt" eben dieses geistliche Amt, das unverlierbar ist.
Neenee, das sind schon zwei Paar Stiefel. Schauen Sie sich mal die SSPX-Bischöfe an, die Lefebvre seinerzeit unerlaubt geweiht hat. Die Weihen sind gültig, die vier Herren stehen in der apostolischen Sukzession. Aber sie üben das Amt des Bischofs nicht erlaubt aus. Ich glaube mich zu erinnern, dass es zu diesem Thema einpaarArtikel in ZR gab
Man kann das mit einem Arzt vergleichen, der seine Approbation verloren hat. Er ist noch immer Arzt, darf aber nicht mehr praktizieren.
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Zitat Neenee, das sind schon zwei Paar Stiefel. Schauen Sie sich mal die SSPX-Bischöfe an, die Lefebvre seinerzeit unerlaubt geweiht hat. Die Weihen sind gültig, die vier Herren stehen in der apostolischen Sukzession. Aber sie üben das Amt des Bischofs nicht erlaubt aus.
Neenee, das ist dann noch komplizierter. Die SSPX-Bischöfe sind gültig, aber nicht rechtmäßig geweiht. Daher stehen sie in der Sukzession, aber dürfen die Funktionen nicht ausüben, die normalerweise mit der Weihe übertragen werden.
Die Trennung zwischen Weiheamt und "Verwaltungsamt" des Bischofs sieht man hingegen darin, dass jemand zum Bischof geweiht werden kann (und dann die entsprechenden Weihevollmachten hat), ohne automatisch Diözesanbischof zu werden und die Vollmachten zu erhalten als Vorsteher einer Duiözese, und daran, dass ein Bischof bei Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren von der Leitung der Diözese entbunden werden kann und folglich die Kompetenz verliert, Entscheidungen als Ortsbischof zu treffen, während die mit der unverlierbaren Weihe ihm übertragenen Vollmachten dem sog. Emeritus verbleiben, d.h. kann weiterhin selbst weihen oder das Sakrament der Firmung spenden.
Wenn ich es recht sehe, verliert bei Protestantens ein Bischof mit seinem Rücktritt nicht nur die Verwaltungs- und Leistungsfunktion in der jeweiligen Landeskirche, sondern auch seine geistlichen Funktionen, da es ja die entsprechende Weihe nicht gibt.
Zitat Andererseits hat PHOENIX im Themenbeitrag gerade erwähnt, daß die Dame auch für Babyklappen eingetreten ist. Und das ist nun wieder eine sehr realistische Position.
Kaum. Es gibt keinerlei Beleg, dass eine Babyklappe gegen Kindstötungen hilft, da Frauen, die ihr Kind töten, in der Regel nicht rational vorgehen und abwägen "umbringen oder in die Babyklappe einwerfen".
Die Meinung kann irrig sein, aber sie setzt ein realistisches Menschenbild voraus.
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Zitat Aber Scherz beiseite: Unverantwortliches Handeln einen "Fehler" zu nennen, das zeigt wieder diese Tendenz, sich vom eigenen Handeln zu distanzieren. Ein Fehler unterläuft einem. Eine Tat begeht man.
Mir scheint, die Bischöfin will uns sagen: Niemals hätte sie sich dafür frei entschieden, sich betrunken ans Steuer zu setzen. Aber irgendwie hat sich da ein Fehler in ihr Verhalten eingeschlichen, ein schlimmer.
Und dann auch noch dies: "Mir ist bewusst, wie gefährlich und unverantwortlich Alkohol am Steuer ist". Fehlt nur noch, daß sie gesagt hätte: Also bitte nicht nachmachen.
Fehler - mistake : The act or an instance of deviating from an accepted code of behavior
Ich verstehe die Aufregung über das Wörtchen "Fehler" nicht. Sie hat zugegeben, dass sie betrunken wider ihr besseres Wissen einen Fehler gemacht hat. Sie streitet nichts ab, sie beschönigt nichts. Strafe ist ihr sicher, sie steht dazu.
Schade, dass die Dame nicht gecoacht war, dann hätte sie vielleicht die richtigen Vokabel finden können. Tiger Woods' Anwalt hätte ihr jedenfalls geraten, mal ein paar Wochen nichts zu sagen. ;-)
Zitat von automatDieser schnelle Rücktritt ist kein Zufall. Bei ihrer Persönlichkeitsstruktur, soweit sie jedenfalls in ihren öffentlichen Äußerungen und Handlungen zu erkennen ist, habe ich keinen Zweifel daran, dass sie diesen Schritt melken wird bis zum Untergang. Paar Monate warten, irgendwann kann man sich dann als Opfer sehen, in ein paar Jahren[....] Vielleicht macht sie ja auch einfach eine Beratungsfirma auf, Unternehmensethik oder so.
Gut moeglich. In 2 Wochen bei Kerner, in 3 bei Maischberger, in 4 bei Anne Will? Frei von der Last des Amtes mit dem gleichen moralischen Impetus.
Merkwürdige, ehrverletzende Kommentare, wie mir scheint. Wir erinnern uns: "Otto Wiesheu, damals CSU-Generalsekretär, rammt 1983 im Suff (1,7 Promille) auf der Autobahn mit seinem schweren Mercedes einen kleinen Fiat 500. Der Fahrer kommt ums Leben. Wiesheu wird von 1993 bis 2005 Bayerischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie." (Zitat von Werner Loewe - 23.09.2008)
Zitat von ZettelBereuen tut man einen Fehler, ja. Zum Beispiel den falschen Mann geheiratet oder die Schule vor dem Abitur abgebrochen zu haben. Daß sie sich in freier Entscheidung, also schuldhaft, so verhalten hat, daß sie einen Menschen ebensogut hätte töten oder verletzen können, wie sie die Ampel überfuhr, paßt offenbar nicht in ihr selbstgerechtes Bild von sich.
Lieber Zettel, dass die Formulierung "Fehler gemacht" zu schwach ist, da stimme ich ihnen zu. Aber auch bei einer schweren Verfehlung, einem Versagen, Schuldigwerden, einer Sünde, was soll man anders tun als bereuen? Vielleicht büßen? Aber auch zur Buße gehört die Reue.
Und ehrlich gesagt finde ich es auch nicht fair, öffentliche Bußübungen oder eine Gewissenserforschung vor der versammelten Presse zu erwarten. Das ist dann auch gut protestantisch: Ich übernehme öffentlich Verantwortung, aber die Frage des Umgangs mit Schuld kläre ich mit meinem Gott.
Man kann über Formulierungen diskutieren. Ich würde es nicht tun. Ich habe Respekt dafür, dass sie sich und uns nicht eine lange Diskussion über sich und darüber, was ihr Amt verträgt, zumutet. Ich habe Achtung vor ihrem moralischen Anspruch, auch wenn ich in vielen Fragen nicht mit ihr übereinstimme, und in der Weise ihres Rücktritts wird sie diesem ihrem Anspruch auch gerecht.
Nach dem konsequenten Rücktritt empfinde ich alle weiteren Angriffe auf sie als Nachtreten. (Etwas anderes wäre es, würde sie, wie auch hier irgendwo vermutet, daraus persönlich Kapital schlagen. Aber ich habe bis zum Erweis des Gegenteils keinen Grund das anzunehmen.)
Zitat von ZettelBereuen tut man einen Fehler, ja. Zum Beispiel den falschen Mann geheiratet oder die Schule vor dem Abitur abgebrochen zu haben. Daß sie sich in freier Entscheidung, also schuldhaft, so verhalten hat, daß sie einen Menschen ebensogut hätte töten oder verletzen können, wie sie die Ampel überfuhr, paßt offenbar nicht in ihr selbstgerechtes Bild von sich.
Lieber Zettel, dass die Formulierung "Fehler gemacht" zu schwach ist, da stimme ich ihnen zu. Aber auch bei einer schweren Verfehlung, einem Versagen, Schuldigwerden, einer Sünde, was soll man anders tun als bereuen? Vielleicht büßen? Aber auch zur Buße gehört die Reue.
Ganz einverstanden. Ich kritisiere ja den Begriff "Fehler". Und habe nur darauf hinweisen wollen, daß in Verbindung mit "Fehler" das Wort "bereuen" eben eine andere Konnotation hat als in Verbindung mit einer der Bezeichnungen, die aus meiner Sicht angemessen gewesen wären - Verfehlung, Schuld, Versagen zum Beispiel.
Zitat von HerrUnd ehrlich gesagt finde ich es auch nicht fair, öffentliche Bußübungen oder eine Gewissenserforschung vor der versammelten Presse zu erwarten. Das ist dann auch gut protestantisch: Ich übernehme öffentlich Verantwortung, aber die Frage des Umgangs mit Schuld kläre ich mit meinem Gott.
Ja sicher, einverstanden.
Zitat von HerrMan kann über Formulierungen diskutieren. Ich würde es nicht tun.
Über wohlerwogene Formulierungen kann und muß man meines Erachtens diskutieren. Nachdem ich den Artikel geschrieben hatte, habe ich mir gesagt: Vielleicht hat sie sich ja mit diesem Wort "Fehler" einfach vergriffen. Da ruft jemand von der Bildzeitung an, und man findet naturgemäß nicht immer die richtige Formulierung. Deshalb war ich gespannt darauf, was sie nun in der Presseerklärung sagen würde. Und als ich das gehört und dann nachgelesen hatte, habe ich diesen kleinen Beitrag geschrieben, weil es mir in der Tat bemerkenswert erschien, daß sie auf diesem Wort "Fehler" beharrte.
Ich kann mich nicht erinnern, daß irgendwer in dem vergleichbaren Fall Jörg Haider von einem Fehler gesprochen hätte. Man hat ihn zu Recht verurteilt, trotz de mortuis nil nisi bene. Es gab überhaupt keinen Zweifel, daß er sich schuldig gemacht hatte und ihm nicht lediglich ein Fehler passiert war.
Zitat von HerrIch habe Respekt dafür, dass sie sich und uns nicht eine lange Diskussion über sich und darüber, was ihr Amt verträgt, zumutet. Ich habe Achtung vor ihrem moralischen Anspruch, auch wenn ich in vielen Fragen nicht mit ihr übereinstimme, und in der Weise ihres Rücktritts wird sie diesem ihrem Anspruch auch gerecht.
Heute beim Frühstück habe ich mit meiner Frau über den Fall gesprochen. Wir waren uns einig, daß sie zurücktreten würde, weil ihre ganze Haltung ja die einer moralischen Überlegenheit gewesen war. Das war nun dahin. Wie hätte sie so weitermachen können, wenn man bei jeder ihrer Äußerungen, mit denen sie anderen die Leviten liest, im Hinterkopf gehabt hätte: Und das sagt die Frau, die bedenkenlos das Leben anderer gefährdet hat, indem sie betrunken Auto fuhr?
Sie hatte keine Wahl. Sie hat das Unausweichliche kurz und klar absolviert. Das war sicher besser als Larmoyanz; aber ich kann daran nichts erkennen, was meinen besonderen Respekt verdienen würde.
Zitat von HerrNach dem konsequenten Rücktritt empfinde ich alle weiteren Angriffe auf sie als Nachtreten.
Zitat von ReaderSchade, dass die Dame nicht gecoacht war, dann hätte sie vielleicht die richtigen Vokabel finden können.
Ich habe, dear Reader, gerade in meiner Antwort an Herr zu erläutern versucht, warum ich noch einmal auf diesen Punkt zurückgekommen bin: Weil ich mir im Nachhinein auch gesagt habe, daß ihr dieses unpassende Wort vielleicht gegenüber der Bildzeitung herausgerutscht war. Deshalb war ich gespannt, wie sie ihr Verhalten jetzt in der Presseerklärung kennzeichnen würde.
Die Presseerklärung konnte sie sorgfältig vorbereiten. Sie hat wieder nicht Verfehlung, Schuld, Unverantwortlichkeit oder Ähnliches gesagt.
Wäre es auch ein "Fehler" gewesen, wenn sie statt der Ampel einen Menschen überfahren hätte?
Zitat von LeibnizMerkwürdige, ehrverletzende Kommentare, wie mir scheint. Wir erinnern uns: "Otto Wiesheu, damals CSU-Generalsekretär, rammt 1983 im Suff (1,7 Promille) auf der Autobahn mit seinem schweren Mercedes einen kleinen Fiat 500. Der Fahrer kommt ums Leben. Wiesheu wird von 1993 bis 2005 Bayerischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie." (Zitat von Werner Loewe - 23.09.2008)
Zitat von WikipediaAm 29. Oktober 1983 verursachte Wiesheu auf der Autobahn München-Nürnberg unter Alkoholeinfluss (1,75 Promille) einen schweren Verkehrsunfall, bei dem er eine Person tötete und eine weitere schwer verletzte. Nachdem der Bayerische Landtag daraufhin Wiesheus Immunität aufgehoben hatte, wurde er in erster Instanz vom Amtsgericht München im Oktober 1984 zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten ohne Bewährung verurteilt. In zweiter Instanz verurteilte ihn das Landgericht München I 1985 rechtskräftig wegen grob fahrlässiger Tötung zu 12 Monaten Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Geldstrafe von 20.000 DM.
Wiesheus und Käßmanns Verhaltensweisen sind nahezu identisch, und beide sind nahezu identisch mit derjenigen von Jörg Haider. Frau Käßmann hat lediglich das Glück gehabt, daß sie keinen Menschen getötet oder verletzt hat. Das ist nicht ihr Verdienst, sondern sie kann es ihrem Schutzengel zuschreiben.
Zitat von UngeltStrahlende Selbstgewissheit ist für mich jedenfalls keine sehr "adequate Spur".
Für mich schon. Noch dazu wenn man weiß, daß die Person gelitten hat. Das beste wäre, alle Leute hätten strahlendes Selbstbewußtsein. Achso, Selbstgewissheit. Nein, das ist auch für mich unter aller Kanone.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
Zitat von ReaderSie hat zugegeben, dass sie betrunken wider ihr besseres Wissen einen Fehler gemacht hat. Sie streitet nichts ab, sie beschönigt nichts. Strafe ist ihr sicher, sie steht dazu. Schade, dass die Dame nicht gecoacht war, dann hätte sie vielleicht die richtigen Vokabel finden können.
Manchmal will einem auch mit Coach die richtige Vokabel nicht über die Lippen, zum Beispiel die Vokabel "Schuld" mit Bezug auf einen selbst.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
Zitat von UngeltStrahlende Selbstgewissheit ist für mich jedenfalls keine sehr "adequate Spur".
Für mich schon. Noch dazu wenn man weiß, daß die Person gelitten hat. Das beste wäre, alle Leute hätten strahlendes Selbstbewußtsein. Achso, Selbstgewissheit. Nein, das ist auch für mich unter aller Kanone.
Was Frau K. persönlich durchlitten hat, davon habe ich keine Ahnung. Möglicherweise so viel, daß jede Ihre Tat und jedes Wort und jede Tat von diesem Blickwinkel aus verständlich und leicht entschuldbar ist. Keine Ahnung. Wovon ich reden wollte, ist das, was nach Aussen getragen wird, meinem Eindruck nach. (Denn zwischen dem, was "gesendet" und "empfangen" wird, kann es ja auch noch Unterschiede geben, in meinem Fall möglicherweise besonders große.)
Ob es nun gut wäre, wenn alle Leute ein strahlendes Selbstbewustsein hätten? Selbstbewußstsein ist meinem Verständnis nach eine rein innere Angelegenheit. Es wäre dann wohl nicht immer "begründet", denn auf was soll es sich denn stützen? Auf die tollen Eigenschaften der menschlichen Spezies? Selbstzweifel gehören einfach zum kompletten Menschen dazu, und diese nagen doch zwangsläufig am Selbstbewußtsein, nicht? Das Fehlen dieser Selbstzweifel ist für mich ein Element, das mir zumindest unverständlich bleibt und mich auch skeptisch macht..
Mit Selbstgewissheit wollte ich jedenfalls ausdrücken, daß ich die sichtbare, oder besser nach Außen getragene Komponente des Selbstbewustseins meine. Mir ist klar, daß es in ihrem Fall wohl als so etwas wie eine etwas naive Werbebotschaft verstanden werden soll - "seht her, so selbstsicher und fröhlich kann man sein, wenn man dem richtigen Glauben besitzt". Das widerspricht allerdings komplett meiner Vorstellung von Religiosität. Ob der liebe Gott damit etwa unter Druck gesetzt werden soll? Ist alles schon klar?
Ich glaube aber auch zu verstehen, daß sich dieser Zugang wahrscheinlich insbesondere für Frauen anbietet, denn dieses "gebückte und zweifelnde" paßt wohl in der Regel weniger zu ihrem Selbstbild. Auch, daß wir auf diese Weise dann alle zu "Kindern" werden, denen die christliche Übermutter fröhlich den richtigen Weg weisen kann. Bei mir kommen dann allerdings schnell auch Assoziationen auf, die beim "weichen Wasser", das "den Stein bricht" beginnen, sich über "Frauen sind die besseren Menschen" fortsetzen, und, ich bitte um Nachsicht, irgendwo beim Mutterkreuz leider enden.
Liebe Grüße, Ungelt (der auch nicht schlafen kann )
Zitat von UngeltSelbstzweifel gehören einfach zum kompletten Menschen dazu, und diese nagen doch zwangsläufig am Selbstbewußtsein, nicht?
Solche für alle gültigen Behauptungen lassen sich mit einem einzigen Gegenbeispiel widerlegen. Ich glaube auch, daß Selbstbewußtsein eine innere Angelegenheit ist. Doch da bleibt es ja nicht. Sobald man selbst was davon mitkriegt, merken das auch andere. Selbstbewußtsein braucht man nicht absolut, damit es genug ist. Ich fangs anders an. Ich habe jede Menge Selbstbewußtsein und immer mal wieder Selbstzweifel. Ich weiß wovon ich schreibe, ich sollte es nur noch formuliert kriegen. Die Selbstzweifel sind nicht substanziell. Wäre ja auch ungünstig von der Natur eingerichtet. Zweifel haben korrigierende Funktion. Sie sind keine Lebensbasis. Chronische Selbstzweifel sind sinnlos und unbekömmlich. Man kann sie eigentlich nur mit Selbstgerechtigkeit oder eingeredeter Lust am Leiden runterkriegen.
Die Energiebilanz von chronischen Selbstzweifeln ist verheerend. Selbst in Fällen wo die Selbstzweifel inhaltlich vollkommen berechtigt sind, sind sie in ihrer chronischen Form kontraproduktiv. Hat man ernsthaft die Absicht, all das zu korrigieren, worauf die Selbstzweifel hindeuten, sollte man sie zuallererst in eine willkürlich zu aktivierende Form umwandeln. Zum Beispiel immer Donnerstags von 13:30 bis 14:45 eine Stunde Selbstzweifel, gefolgt von einer Viertelstunde Abschied nehmen. Ich würde allerdings größere Abstände empfehlen, zweimal im Jahr Selbstzweifel reichen durchaus für die persönliche Fortentwicklung aus, dann sollte man sich jeweils einen halben Tag dafür Zeit nehmen. Danach sollte man Schokoladenpudding essen.
Natürlich muß der Platz, den vordem die chronischen Selbstzweifel eingenommen hatten, nun mit etwas gefüllt werden. Eine Leerstelle in der Psyche mündet automatisch in Dekadenz. Da bietet sich oberflächliches Selbstbewußtsein an. Das Selbstbewußtsein wird sich erst mal eingeredet. Man weiß natürlich, daß alles verallgemeinerte Gute, was man da über sich denken könnte, falsch ist. Doch alles verallgemeinerte Schlechte, was man früher über sich sagte, ist ja auch falsch. Man bekämpft also Lügen mit Lügen. Und weiß, daß man das tut, somit ist es in Ordnung, alle Beteiligten wissen Bescheid.
Und ehe man sich versieht, ist das Selbstbewußtsein so fest installiert, daß man wirklich darauf achten muß, die Verabredung mit den Selbstzweifeln nicht zu vergessen. Wenn man Glück hat, kann man mit ihnen einen Vertrag schließen, daß sie sich automatisch melden, falls man vergißt sie zu kontaktieren. Das Selbstbewußtsein tritt dann auch sofort in solch unanständigen Mengen auf, daß man andere gute Eigenschaften entwickeln muß, damit es bei anderen Leuten nicht negativ ankommt.
Nach Aussen tragen muß man dieses Selbstbewußtsein nämlich nicht. Das läßt sich nicht verheimlichen. Das, was als "strahlende Selbstgewißheit" äußerlich aufgetragen wird, dient einem Zweck. Über den könnte ich nur Vermutungen anstellen, das will ich aber nicht.
Liebe Grüße
Kaa
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Zitat von HerrNach dem konsequenten Rücktritt empfinde ich alle weiteren Angriffe auf sie als Nachtreten. (Etwas anderes wäre es, würde sie, wie auch hier irgendwo vermutet, daraus persönlich Kapital schlagen. Aber ich habe bis zum Erweis des Gegenteils keinen Grund das anzunehmen.)
Nicht Angriffe, wohl aber die Diskussion, lieber Herr, wird wohl noch ein paar Tage weitergehen. Dazu empfehle ich sehr den kenntnisreichen Artikel des Theologen und Journalisten Reinhard Bingener in der heutigen FAZ.
Der Fall hat ja ein ganz ungewöhnliches Aufsehen erregt (übrigens auch hier in Blog und Forum; ZR hatte am Tag des Artikels mehr als 1700 Besuche, und dies ist einer der meistgelesenen Threads).
Woher dieses sehr große Interesse?
Zum einen hatte Frau Käßmann politisch schon zuvor polarisiert. Ich kann mich nicht erinnern, daß jemals ein herausgehobener Repräsentant einer Kirche sich so engagiert, so einseitig, so parteilich zu politischen Fragen geäußert hätte. (Und ich frage mich, nebenbei gesagt, was die Reaktion gewesen wäre, wenn sie - oder wenn gar ein katholischer Amtsbruder - mit dieser Einseitigkeit konservative politische Äußerungen getan hätte).
Aber mir scheint, daß das nicht die ganze Erklärung ist. Frau Käßmann hat - das klingt auch in dem Artikel von Reinhard Bingener an - versucht, sich zu einer Ikone zu stilisieren. Die in sich ruhende, die selbstbewußte Frau, die gegen eine Männerwelt aufsteht. Die Pazifistin, die den Krieg verdammt. Die Leidende, die durch ihr Leid nur gestärkt wird. Die Ehrliche. Die Unbeugsame. Diejenige, die uns allen vorlebt, wie wir eigentlich zu leben hätten.
Das hat, so scheint es mir ein - man könnte fast sagen archetypisches - Schema aktiviert, in dem auch Frauen wie Evita Peron und Rosa Luxemburg ihren Platz haben: Jeanne d'Arc.
Wenn so jemand schuldig wird, dann löst das, so scheint es mir, starke affektive Reaktionen aus, und zwar entgegengesetzte: Für die einen ist es nur eine weitere Prüfung, ein weiteres Stück auf dem Leidensweg. Für die anderen ist es so etwas wie eine Demaskierung.
Das ist es für mich. Wenn Käßmann gern Alkohol trinkt, dann ist das ihre Sache. Warum aber mußte sie - und da hat man eben diese Selbststilisierung, dieses Ich-bin-euer-Vorbild - öffentlich erklären, daß sie zur Fastenzeit nie Alkohol trinke?
Zitat von ZettelWarum aber mußte sie - und da hat man eben diese Selbststilisierung, dieses Ich-bin-euer-Vorbild - öffentlich erklären, daß sie zur Fastenzeit nie Alkohol trinke?
Wenn ich mich recht entsinne, dann erklärte sie in einem Interview letztes Jahr, dass sie in der seinerzeit aktuellen Fastenzeit auf Alkohol verzichtete. Das heißt ja nicht, dass sie in der Fastenzeit nie Alkohol trinkt. Vielleicht fastet sie dieses Jahr auf andere Weise? (Wobei ich zugegebenermaßen keine Ahnung über protestantische Praktiken habe.)
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