Als ich diesen Beitrag von Stefanolix hier im Forum gelesen hatte, wollte ich gern dazu etwas in ZR haben. Hier ist es; mit herzlichem Dank an Stefanolix für die schnelle und perfekte Arbeit.
Ich schlage vor, die Diskussion zu diesem Thema jetzt hier in diesem Thread fortzusetzen.
Danke, lieber Stefanolix, dass Sie uns ein wenig teilhaben lassen! Ich bin leider zu weit weg, um dort zu sein. Wobei ich mich mit solchen Massenveranstaltungen sowieso eher schwer tue.
Dass es fürchterlich grün zugehen würde, war ja abzusehen. Wobei es überhaupt nicht klar ist, was der Atomausstieg mit evangelischer Zeitansage (Göring-Eckardt) zu tun haben soll ...
Zu Margot Käßmann bin ich auf einen netten Artikel gestoßen – ausgerechnet in der taz.
Zitat von tazKäßmann ist die uncouragierteste Person des Nachkriegsprotestantismus. Sie hat den Siegeszug christlichen Gedankenguts in den öffentlichen Diskurs angeführt: Krieg ist doof, immer; Armut ist grausam, stets und ständig; einfache Merksätze sind lebendiger als komplizierte Diskurse. Käßmanns Trick: Sie agitiert, wie in Dresden, ein Publikum, als sei es ein zu eroberndes - dabei ist sie für dieses längst eine Art Heilige der Jetztzeit, unfehlbar in ihrer Fehlbarkeit.
Zitat von Stefanolix Die grüne Spitzenkandidatin hat also von ihrem unermüdlichen Einsatz gegen die Atomkraft, gegen herkömmliche deutsche Autos, ...
Da bin ich aber gespannt. Aus meiner Erfahrung (die nicht repräsentativ sein muss) haben die Kirchenoberen ein offenes, tolerantes Verhältnis zu Oberklasseautos. Radfahren sollen die anderen. Wenn ich mich recht entsinne, hat die Trinkerin die bekannte Tat nicht mit einer Familienkutsche begangen.
Zitat von ZettelIch schlage vor, die Diskussion zu diesem Thema jetzt hier in diesem Thread fortzusetzen.
Wohlan denn:
Noch nie war in Deutschland die Verflechtung zwischen einer Partei und einer Kirche so eng wie heute diejenige zwischen der EKiD und der Partei "Die Grünen".
Zur Adenauerzeit gab es einen gewissen Einfluß der Katholischen Kirche auf die CDU/CSU. Aber dies war eben ein (durch andere Einflüsse in Schranken gehaltener) Einfluß der Kirche auf die Partei; nicht umgekehrt.
Heute hingegen wirkt die Evangelische Kirche kaum in die Partei "Die Grünen" hinein, die - anders als damals die Union - mit den zahlreichen Ex-Kommunisten in ihren Reihen ja gewiß keine christliche Partei ist (siehe den Beitrag von Meister Petz. Es ist auch daran zu erinnern, daß Jürgen Trittin 1998 den Amtseid ohne die religiöse Eidesformel geleistet hat).
Sondern umgekehrt ist es die Partei "Die Grünen", der es gelungen ist, die Evangelische Kirche in ihrem Sinn zu politisieren. Daß diese Kirche einen Politiker der christlichen Partei CDU zum Präses wählen könnte, ist heutzutage nachgerade ausgeschlossen.
Noch eine Bemerkung, lieber Stefanolix - wir haben das ja, glaube ich, schon einmal diskutiert -: Auch in der DDR war die Evangelische Kirche politisch; an der Basis regimekritisch und an der Spitze zumindest teilweise regimefreundlich. Aber das war der besonderen Situation in einer Diktatur geschuldet.
Die Spitze war regimefreundlich, weil in der DDR jede Spitze regimefreundlich sein mußte. Die Basis war (zumindest um Teil, Sie können das ungleich besser beurteilen als ich) regimekritisch-politisch, weil es keine andere Möglichkeit gab, einigermaßen in (relativer) Geschütztheit regimekritisch zu sein.
Heute in der Bundesrepublik gibt es keine Rechtfertigung mehr für eine Politisierung der Kirche. Die Grünen brauchen die Kirche nicht, um ihre Inhalte vorzutragen; sie finden ja überall Gehör und Wohlwollen.
Ich frage mich, wie sich konservative und liberale evangelische Christen eigentlich in dieser Kirche fühlen. Wie Dissidenten in der DDR?
Herzlich, Zettel
Edit: Die "Möglichkeit, ... regimekritisch sein zu können" konnte ich nicht stehenlassen. Dieser pleonastische, tautologische weiße Schimmel mußte weg.
Zitat von GürteltierDa bin ich aber gespannt. Aus meiner Erfahrung (die nicht repräsentativ sein muss) haben die Kirchenoberen ein offenes, tolerantes Verhältnis zu Oberklasseautos. Radfahren sollen die anderen. Wenn ich mich recht entsinne, hat die Trinkerin die bekannte Tat nicht mit einer Familienkutsche begangen.
Ich möchte gleich zu Beginn auf die Regeln in Zettels Raum verweisen: wir wollen fair und sachlich diskutieren. Frau Käßmann wurde ein einmaliges Fahren unter Alkoholeinfluss nachgewiesen. Das ist nicht zu beschönigen; es berechtigt aber auch niemanden, sie als Trinkerin zu bezeichnen.
Zitat von Herr(…) Zu Margot Käßmann bin ich auf einen netten Artikel gestoßen – ausgerechnet in der taz.
Zitat von tazKäßmann ist die uncouragierteste Person des Nachkriegsprotestantismus. Sie hat den Siegeszug christlichen Gedankenguts in den öffentlichen Diskurs angeführt: Krieg ist doof, immer; Armut ist grausam, stets und ständig; einfache Merksätze sind lebendiger als komplizierte Diskurse. Käßmanns Trick: Sie agitiert, wie in Dresden, ein Publikum, als sei es ein zu eroberndes - dabei ist sie für dieses längst eine Art Heilige der Jetztzeit, unfehlbar in ihrer Fehlbarkeit.
Ich will nicht zu viel versprechen, aber es wird noch einen längeren Artikel auf meinem eigenen Blog geben (wegen des Dresden-Bezugs). Darin werden auch nicht-grüne Tendenzen beschrieben ;-)
Was ich vielleicht noch allgemein anmerken möchte: Ich habe mir etliche Titel und Beschreibungen zu Israel und zum Jüdischen Glauben durchgelesen. Eine antiisraelische oder antijüdische Haltung bzw. derartiges Material konnte ich bisher nirgends finden. In dem Medienzelt war heute dezidiert positives Material zu Israel verfügbar.
Zitat von GürteltierDa bin ich aber gespannt. Aus meiner Erfahrung (die nicht repräsentativ sein muss) haben die Kirchenoberen ein offenes, tolerantes Verhältnis zu Oberklasseautos. Radfahren sollen die anderen. Wenn ich mich recht entsinne, hat die Trinkerin die bekannte Tat nicht mit einer Familienkutsche begangen.
Ich möchte gleich zu Beginn auf die Regeln in Zettels Raum verweisen: wir wollen fair und sachlich diskutieren. Frau Käßmann wurde ein einmaliges Fahren unter Alkoholeinfluss nachgewiesen. Das ist nicht zu beschönigen; es berechtigt aber auch niemanden, sie als Trinkerin zu bezeichnen.
Dem möchte ich mich anschließen, lieber Gürteltier.
In diesem Forum geht es moderater zu als in vielen anderen Kommentarspalten und Foren. Wer das schätzt, der fühlt sich hier erfahrungsgemäß wohl und sieht das kleine Zimmer vielleicht sogar als so etwas wie ein Refugium an.
Wer es deftiger mag - was sein gutes Recht ist -, der ist anderswo besser aufgehoben.
In diesem Sinn, den ich Sie ernstzunehmen bitte: Herzlich willkommen!
Zur Zeit scheint eh eine gewisse Kässmann-Dämmerung Einzug zu halten, auch SPON, das sich ja bekanntlich immer auf unmittelbarere Höhe des Zeitgeistes befindet, wartet mit gleich zwei kritischen Artikeln auf:
Zitat Die Welt ist unübersichtlich geworden: Libyen, Fukushima, Afghanistan. Doch in den Predigten und Reden Käßmanns findet sich diese Komplexität nicht wieder. Die Theologin bedient eine Sehnsucht, die viele Menschen teilen: Sie gibt einfache Antworten auf komplizierte Fragen. In ihren Schilderungen tauchen die Widersprüche der Gegenwart nicht auf: Wird der Westen schuldig, wenn er gegen Gaddafi vorgeht? Oder wenn er dem Massaker in Libyen tatenlos zusieht?
Käßmann fordert "mehr Kreativität" bei der Lösung von Problemen. Eine Antwort auf die Frage, wie genau diese "kreativen" Lösungen aussehen könnten, gibt sie nicht. Ihren Anhängern vermittelt sie dennoch das gute Gefühl, auf der moralisch richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière, ebenfalls Referent auf dem Kirchentag, klingt sehr viel zurückhaltender, als er im Dresdener Kulturpalast zur Öffentlichkeit spricht. Er weiß, dass er Lösungen für Afghanistan finden muss - wirkliche Lösungen.
Zitat Mehr als 50 Bücher hat sie geschrieben, sie heißen "Meine Füße auf weitem Raum" oder "Was im Leben trägt". Es sind Bücher, die immer die gleiche Botschaft haben: Fehlschläge sind normal, du darfst nicht verzweifeln. Die Bücher sind aus Fertigbauteilen zusammengesetzt wie ein Ikea-Regal. Und genauso erfolgreich. (...) Hatte sie sich nicht mit dem Establishment angelegt und eine Position bezogen, für die sie dann kräftig Prügel bezog?
In Wirklichkeit war die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite. Wie viel Mut erfordert es, gegen einen Krieg zu sein, den die meisten nicht wollen? Selbst der Verteidigungsminister lobte, Käßmann habe eine wichtige Debatte angestoßen. Trotzdem klagte sie: "Es hat mich sehr verletzt, dass ich so angegriffen wurde." Die angeblich so heftigen Angriffe dienen als Ausweis des eigenen Mutes.
Ihren Kritikern, zumal denen aus der Politik, traut Käßmann alles zu. Deutschland hat sich im Uno-Sicherheitsrat in der Libyen-Frage enthalten? Das könnte man als Ausdruck des Zweifels an der Militäraktion deuten. Käßmann hat eine andere Interpretation: "War hier nicht eher ausschlaggebend, dass die Öllieferungen stabil bleiben?", fragt sie. Wie die Enthaltung mit stabilen Öllieferungen zusammenhängt, ist nicht ganz klar. Klar ist lediglich, dass die Bundesregierung irgendwelche dunklen Motive zu haben scheint. Es ist keine Kleinigkeit, wenn Käßmann der Politik unlautere Absichten unterstellt. Sie ist für viele ein Vorbild, sie gilt als ehrlich und glaubwürdig. Was sie sagt, hat Gewicht. Sie ist die prominenteste Vertreterin der evangelischen Kirche, auch ohne hervorgehobenes Amt. Sie hat eine Verantwortung, als öffentliche Person und als Christin.
Mit dieser Verantwortung geht sie fahrlässig um. In Käßmanns Welt lassen sich komplexe politische Themen auf einen Satz bringen: Nichts ist gut in Afghanistan. Das stimmt nicht, in Afghanistan hat sich vieles verbessert, die Situation der Frauen zum Beispiel.
Und hier zeigt sich auch das verbindende Element zur grünen Partei: Banalitäten werden als differenziertes Weltbild verkauft. Es gibt die guten Pazifisten und Atomkraftgegner und die Bösen Kriegstreiber und Konzerne. Die einen handeln für eine bessere Welt, die anderen für ihren Profit. Ob der Strom ausfällt oder AFG im Taliban-Sumpf verkommt - egal, wir stehen auf der richtigen Seite.
Zitat von Zettel(…) Sondern umgekehrt ist es die Partei "Die Grünen", der es gelungen ist, die Evangelische Kirche in ihrem Sinn zu politisieren. Daß diese Kirche einen Politiker der christlichen Partei CDU zum Präses wählen könnte, ist heutzutage nachgerade ausgeschlossen.
Wobei ich ergänzen möchte, dass Frau Göring-Eckardt prinzipiell eine Vertreterin einer Schwarz/Grünen oder Grün/Schwarzen Koalition bzw. Zusammenarbeit sein könnte. Sie ist innerhalb der Grünen eine Realo-Politikerin und ihre Verbundenheit mit dem christlichen Glauben ist authentisch (sie ist wirklich nicht in irgendwelchen K-Gruppen großgeworden).
Zitat von Zettel(…) Noch eine Bemerkung, lieber Stefanolix - wir haben das ja, glaube ich, schon einmal diskutiert -: Auch in der DDR war die Evangelische Kirche politisch; an der Basis regimekritisch und an der Spitze zumindest teilweise regimefreundlich. Aber das war der besonderen Situation in einer Diktatur geschuldet.
Die Spitze war regimefreundlich, weil in der DDR jede Spitze regimefreundlich sein mußte. Die Basis war (zumindest um Teil, Sie können das ungleich besser beurteilen als ich) regimekritisch-politisch, weil es keine andere Möglichkeit gab, einigermaßen in (relativer) Geschütztheit regimekritisch sein zu können.
Heute in der Bundesrepublik gibt es keine Rechtfertigung mehr für eine Politisierung der Kirche. Die Grünen brauchen die Kirche nicht, um ihre Inhalte vorzutragen; sie finden ja überall Gehör und Wohlwollen.
Ich frage mich, wie sich konservative und liberale evangelische Christen eigentlich in dieser Kirche fühlen. Wie Dissidenten in der DDR?
Ich kann nicht sagen, ob es viele liberale evangelische Christen gibt. In Sachsen ist die FDP-Spitze sehr kirchenkritisch eingestellt (wobei man trefflich darüber streiten kann, ob Herr Zastrow damit anderen Parteien vor das Schienbein treten will oder ob er es wirklich so meint). Wenn ich die Mitgliederstruktur der FDP hier in Dresden betrachte, dürfte es keine bedeutende Schnittmenge mit der Evangelischen Kirche geben.
Wenn Sie allerdings »Rückenmarksliberale« (nach Statler) meinen, dann gibt es hier mindestens noch einen, der im Kirchenbuch steht ;-)
Die Rolle der Evangelischen Kirche im Verlauf der friedlichen Revolution ist bei vielen Leuten in Vergessenheit geraten.
Konservative Christen gibt es mit Sicherheit. Man kann in diesen Tagen hier in Dresden viele sehen (man sieht es durch Beobachtung und man hört es an mancher Äußerung). In der heutigen Diskussion konnte ich einige erleben und sie haben sich gar nicht so schlecht geschlagen. Aber da das Thema [edit: der heutigen Diskussionsveranstaltung] einen starken Bezug zu Dresden/Sachsen und zu mir selbst hat, möchte ich in Ruhe einen Artikel für mein Blog vorbereiten.
Zitat von stefanolixWobei ich ergänzen möchte, dass Frau Göring-Eckardt prinzipiell eine Vertreterin einer Schwarz/Grünen oder Grün/Schwarzen Koalition bzw. Zusammenarbeit sein könnte.
Davor möge uns der Himmel bewahren. Seit ihrer "christlich" fundierten "Wachstumskritik" kann ich die Dame nicht mehr als"Realo" ernstnehmen. Was ist nur aus der guten alten Arbeitsethik geworden?
Ich will es aber noch mal der Fairness halber betonen: Beide (Künast/Roth) haben den Teil des Wahlkampfs weggelassen, in dem der politische Gegner angegriffen wird (solange ich zugehört habe). Ihre Gegner waren: die Industrie (soweit nicht »ÖKO«), die Bauern (soweit nicht »BIO«) und die Autos (soweit nicht »elektro«).
Zitat von Meister PetzDavor möge uns der Himmel bewahren. Seit ihrer "christlich" fundierten "Wachstumskritik" kann ich die Dame nicht mehr als"Realo" ernstnehmen. Was ist nur aus der guten alten Arbeitsethik geworden?
Was in dem verlinkten Beitrag wiedergegeben wird, ist aber bei den heutigen Grünen »realo«-Einstellung. Die meisten anderen sind doch noch viel wirtschaftsfeindlicher.
Zitat von stefanolixZettelwand mit Botschaften der Teilnehmer
Naja immerhin haben sie die zwei atomfreundlichen Statements nicht entfernt, das hätte ich nicht gedacht. Aber "Öfter mal das Fahrrad nehmen & die Grünen wählen" ist natürlich das Mittel der Wahl.
Zitat von stefanolixIch will es aber noch mal der Fairness halber betonen: Beide (Künast/Roth) haben den Teil des Wahlkampfs weggelassen, in dem der politische Gegner angegriffen wird (solange ich zugehört habe). Ihre Gegner waren: die Industrie (soweit nicht »ÖKO«), die Bauern (soweit nicht »BIO«) und die Autos (soweit nicht »elektro«).
Naja, wenn die drei Gegner besiegt sind, gibt es sowieso keine politischen Gegner mehr. Ist ja nicht so, dass die Grünen keinen Hang zur Transzendenz hätten...
Zitat von stefanolixWas in dem verlinkten Beitrag wiedergegeben wird, ist aber bei den heutigen Grünen »realo«-Einstellung. Die meisten anderen sind doch noch viel wirtschaftsfeindlicher.
Mag ja sein, dass sonst wirtschaftsfeindlicher gedacht wird, aber dann im klaren Bewusstsein, die Menschheit umzukrempeln und in die Steinzeit zurückzuführen. Das unrealistische daran ist ja die Versprechung, trotz Deindustrialisierung den grünen Bionade-iPhone-Lebensstil zu garantieren. Und das liegt nicht mal in einer ausgeprägten Wirtschaftsfeindlichkeit, sondern (zumindest bei Grünen-Wählern in meinem Umkreis) aufgrund völliger Ignoranz gegenüber wirtschaftlichen und industriellen Prozessen.
Albern finde ich ja immer die durchgekreuzten Kühltürme — als ob es bei anderen Kraftwerken keine Kühltürme gäbe. Aber hoppla: die anderen Kraftwerke sind ja auch böse ;-)
Na ja. Gehen wir erst mal schlafen. In dieser Nacht werden die Grünen noch nicht an die Macht kommen.
Zitat von stefanolixAlbern finde ich ja immer die durchgekreuzten Kühltürme — als ob es bei anderen Kraftwerken keine Kühltürme gäbe. Aber hoppla: die anderen Kraftwerke sind ja auch böse ;-)
Stimmt, und die meisten AKWs haben keinen. Aber wer wird denn beckmessern, wenn die historische Wende bevorsteht?
Zitat von stefanolixNa ja. Gehen wir erst mal schlafen. In dieser Nacht werden die Grünen noch nicht an die Macht kommen.
Sie meinen, sie werden nicht an die Regierung kommen. An der Macht sind sie längst.
Zitat Ich frage mich, wie sich konservative und liberale evangelische Christen eigentlich in dieser Kirche fühlen.
Ich habe sie aus genau dem beschriebenen Grund verlassen. Ist mir sehr schwergefallen, aber ich habe es noch nicht ein einziges Mal bereut.
Ich glaube, ich habe es schon mal erzählt, aber mein bester Freund ist während seiner Bundeswehrzeit aus der luth. Kirche ausgetreten, weil diese sich zu der Zeit den Satz "Soldaten sind potenzielle Mörder" zu eigen gemacht hat.
Man mag mir Freudsche Fehlleistungen attestieren, aber beim ersten Überfliegen stach mir direkt in's Auge: „Umwelt schützen – Bad benützen“ und ich dachte: Ja, paßt zu den Grünen.
Zitat von Zettel Ich frage mich, wie sich konservative und liberale evangelische Christen eigentlich in dieser Kirche fühlen. Wie Dissidenten in der DDR?
Vielleicht sollte ich einen etwas weiteren Bogen schlagen, um eine gute Antwort zu finden. In bezug auf (ev.) Kirche in der DDR wie auch einige Gruppierungen darum herum bin ich jedenfalls sowas wie ein Insider.
Zuallererst würde ich festhalten, welchen fundamentalen Unterschied es zwischen katholischen und evangelischen Christen gibt: für Katholiken ist die Kirche heilsnotwendig. Ein Heil außerhalb der umfassenden und alleinseligmachenden Kirche (und es gibt eben nur die eine authentische) ist nicht zu haben. Für Evangelische ist das Heil unabhängig von irgendeiner Kirche, ja Luther hätte am liebsten auf das Vorhandensein einer Institution ganz verzichtet (daß er es nicht tat, begründete er so: "...dafür habe ich die Menschen nicht...").
Die einzige Institution für Evangelische ist prinzipiell die Bibel selbst. Zudem ist (theoretisch) jeder Christ auch selbst berufen, sich anhand der Bibel sein eigenes Urteil zu bilden und danach auch die Predigten bzw. Glaubensinhalte und -formen seiner jeweiligen Kirche (oder Gruppe) selbst zu beurteilen. Auf diesem Hintergrund läßt sich sagen, daß auch die institutionelle ev.-lutherische Kirche schon weit vor der DDR-Zeit auf Kritik vieler ernsthaft-konsequenter Bibelleser gestoßen ist. Und das führte ganz schlicht dazu, daß diese Menschen ihren Glaubensweg unabhängig von der Kirche oder in Parallelstrukturen gesucht haben. Man könnte mit den Pietisten anfangen (Spener, August Hermann Francke) mit den Herrnhutern (Zinzendorf) fortfahren und im 19.Jhd. auf die Flut der Freikirchen kommen (Baptisten, Methodisten, Brüdergemeinden etc. pp.) sowie im 20. Jhd. auf Pfingstler und Charismatiker.
Für konservative (synonym für "ernsthafte, gewissensgeschärfte, bibelorientierte") Christen war es daher zu fast allen Zeiten schwer innerhalb der Kirche auszuhalten. Für Deutschland existieren seit langem zwei Auswege für diese Christen: ein Teil (sozusagen die "Zauderer" - meine persönliche Zuschreibung, lach) möchte nicht vollständig mit der Kirche brechen, bleibt also Kirchenmitglied, lebt aber das Gemeindeleben nahezu komplett in Parallelstrukturen. Das sind die Pietisten (aka "Gemeinschaftsbewegung"), mit eigenen Verbänden, eigenen Predigern, eigenen Gemeinderäumen, eigenen Gottesdiensten, eigener Jugendarbeit. Partiell kann es noch Zusammenarbeit mit der ev. Landeskirche geben, aber oft auch nicht.
Der andere Teil sind die, die ganz ohne Kirchenmitgliedschaft in den (ihrer Sicht nach) "bibeltreueren" Freikirchen den Glauben leben. Hierbei gibt es allerdings eine große Bandbreite und eine extreme Ausdifferenzierung. Am Ende des Spektrums stehen die fundamentalistischen Christen, wobei man von außen gesehen wohl auch schon die Pietisten so nennen würde.
Ein Oberbegriff für alle diese konservativen Strömungen, die mit den offiziellen Haltungen und Handlungen der Kirche unzufrieden sind, ist "Evangelikale". Diese werden in D hauptsächlich vertreten von der Evangelischen Allianz, unter deren Dach allerdings "normale" Kirchenmitglieder mit Freikirchlern aller Art zusammenarbeiten.
Ich gehe davon aus, daß dies für alle Nicht-Insider absolut verwirrend und nahezu erschlagend ist, aber ich habe eben die "Szene" so dargestellt, wie sie ist. Kurz wiederholt: die Konservativen, die Dissidenten machen in- und außerhalb der Kirche ihr eigenes Ding (auch schon zu DDR-Zeiten), und jeder "ernsthafte" Christ kommt irgendwann in den Konflikt "kann ich diese Kirche noch als Mitglied (er)tragen". Manche bleiben in der Kirche, um sie von innen heraus zu verändern, sehr viele treten aus und wechseln in andere Gemeinden. Das Angebot ist extrem breit.
Ich habe hier die "liberalen" Christen mal herausgelassen - mit einer Verbeugung gen Stefanolix behaupte ich, daß Liberalismus und das Christentum der Bibel nur recht wenige Schnittmengen haben, ja sogar, daß Christentum und Liberalismus nicht wirklich zusammengehen. Aber das ist meine ganz persönliche Ansicht.
Zitat von Meister PetzZur Zeit scheint eh eine gewisse Kässmann-Dämmerung Einzug zu halten, auch SPON, das sich ja bekanntlich immer auf unmittelbarere Höhe des Zeitgeistes befindet, wartet mit gleich zwei kritischen Artikeln auf.
Von dem SPON-Artikel war ich zunächst sehr positiv überrascht. Das hätte ich nicht erwartet. Nun sehe ich aber vermehrt Kritik an Käsmann, was mir neu ist. Die Pressewelt schein sich in der Tat auf eine Käsmann-Dämmerung geeinigt zu haben.
In den letzten Jahren war sie der Liebling der Presse, was ich nie verstehen konnte. Für mich war sie stets eine Populistin, wie sie kaum in den Niederungen des Politikbetriebs anzutreffen war und daher für ein Kirchenamt vollkomen fehlbesetzt.
Der SPON-Artikel unterstreicht elegant und suptil die populistische Haltung der Frau Käsmann. Es fällt der Satz, den man über jeden Populisten fallen kann: "Sie gibt einfache Antworten auf komplizierte Fragen."
Zitat von PoliturDer SPON-Artikel unterstreicht elegant und suptil die populistische Haltung der Frau Käsmann. Es fällt der Satz, den man über jeden Populisten fallen kann: "Sie gibt einfache Antworten auf komplizierte Fragen."
Zitat von ThanatosZuallererst würde ich festhalten, welchen fundamentalen Unterschied es zwischen katholischen und evangelischen Christen gibt: für Katholiken ist die Kirche heilsnotwendig. Ein Heil außerhalb der umfassenden und alleinseligmachenden Kirche (und es gibt eben nur die eine authentische) ist nicht zu haben. Für Evangelische ist das Heil unabhängig von irgendeiner Kirche, ja Luther hätte am liebsten auf das Vorhandensein einer Institution ganz verzichtet (daß er es nicht tat, begründete er so: "...dafür habe ich die Menschen nicht...").
Das ist aber nur die theologische Seite. Nur weil der evangelische Christ seine Heilserwartung in den privaten Bereich verlagert (was, möchte man hinzufügen, sich für ihn heutzutage als einzige Rettungsmöglichkeit erweist), heißt das nicht, dass er nur im privaten wirkt. Was die gesellschaftlich institutionalisierte Politik angeht, ist der Protestant viel mehr eingebunden als der ultramontane Katholik. Der "Marsch durch die Institutionen" hat seine geistigen Ursprünge nicht umsonst zu einem gewissen Teil in Pfarrersfamilien. Die Staatsnähe der lutherischen Kirche (auch in der DDR und im NS-Regime) ist ja nicht unlutherisch, da es immer eine Nähe zu den Souveränen gab. Trotzdem schafft es die PR-Abteilung der Evangelen immer, ihre eigenen Mitglieder als autonome kritische Geister darzustellen und uns als von Rom ferngesteuerte Schafe. Mein Respekt ist ihr dafür gewiss!
Zitat Für konservative (synonym für "ernsthafte, gewissensgeschärfte, bibelorientierte") Christen war es daher zu fast allen Zeiten schwer innerhalb der Kirche auszuhalten.
Da hat es der Katholik leichter, denn trotz des Lehramtes gibt es ein unglaublich breites Spektrum von Umsetzungen. Das geht auch gar nicht anders, denn eine weltumspannende Kirche muss das aushalten, während der Protestant, wenn ihm was nicht passt, einfach seine eigene Kirche aufmachen kann.
Zitat Der SPON-Artikel unterstreicht elegant und suptil die populistische Haltung der Frau Käsmann. Es fällt der Satz, den man über jeden Populisten fallen kann: "Sie gibt einfache Antworten auf komplizierte Fragen."
Und rührt damit an ein Grundproblem, um nicht zu sagen -dilemma: Die soziale Funktion von Religion ist als Reduktion von Komplexität beschrieben worden. M.a.W.: Sinn stiften und Orientierung geben scheint nur auf dem Wege der Vereinfachung zu funktionieren.
Zitat von ThanatosEin Oberbegriff für alle diese konservativen Strömungen, die mit den offiziellen Haltungen und Handlungen der Kirche unzufrieden sind, ist "Evangelikale". Diese werden in D hauptsächlich vertreten von der Evangelischen Allianz, unter deren Dach allerdings "normale" Kirchenmitglieder mit Freikirchlern aller Art zusammenarbeiten.
Nun, das ist aus meiner Sicht nur eine bestimmte Art von Konservatismus. Auch trifft die von Ihnen beschriebene Differenzierung im Verhältnis zur Evangelischen Kirche nur teilweise zu. Gerade in der sächsischen Landeskirche, aus der ich komme, ist der "Pietismus" vielerorts tief im Gemeindeleben verwurzelt und zum Teil auch in der Pfarrerschaft.
Eine andere Art von protestantischem Konservatismus ist aber in viel größerem Maße verschwunden: das, was man mit dem Wort "Luthertum" verbindet: Traditionsbewusstsein, Bekenntnistreue, theologische Redlichkeit, Arbeitsethos, Anständigkeit, auch eine gewisse emotionale Zurückgenommenheit ...
Es muss doch in der Kirche auch Raum geben für einen reflektierten bürgerlichen Konservatismus, der mit naiver Betstundenfrömmigkeit nicht so viel anfangen kann und mit links-grünem Betroffenheits- und Weltverbesserungspathos auch nicht. Genau diesen Raum sehe ich immer weniger.
Zitat Ich habe hier die "liberalen" Christen mal herausgelassen - mit einer Verbeugung gen Stefanolix behaupte ich, daß Liberalismus und das Christentum der Bibel nur recht wenige Schnittmengen haben, ja sogar, daß Christentum und Liberalismus nicht wirklich zusammengehen. Aber das ist meine ganz persönliche Ansicht.
Können Sie diese Ihre persönliche Ansicht denn auch begründen? Kennen Sie die großen Traditionen der Liberalen Theologie im 19. und 20. Jahrhundert?
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