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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 86 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

20.06.2011 18:17
#26 RE: Schuldzuweisung Antworten

Jetzt geht einiges durcheinander.

Der "Skandal" ist wohl das, was EH nach ihrem zweiten Bucherfolg passierte. Als sie bei der Vorstellung von "Das Eva-Prinzip" sich in freier Rede verhaspelte oder aus ihrem rechten Herzen keine Mördergrube machte. Was genau passiert ist, das wissen wir nicht. Wir wissen nur dass sie das gesagt hat:

Zitat von EH
“Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch ‘ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68er wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war ‘ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben….“



Entweder aus rechter Gesinnung oder aus Dämlichkeit sagt sie das berühmte "es war ne grausame Zeit (...) aber" was der Klassiker der Verharmlosung des Nationalsozialismus ist. "Alles schlimm, aber..."

EH hat immer brhauptet das so nicht gesagt zu haben. Später, das so nicht gemeint und nicht gesagt zu haben. Sie habe die "Werte" gemeint die "schon vor 1933" bestanden hätten und von den 68er eben einfach auch abgeschafft wurden. In der BamS meinte sie aber fast zeitgleich etwas anderes, nämlich dass

Zitat von EH
"Werte wie Familie, Kinder und das Mutterdasein, die auch im Dritten Reich gefördert wurden, anschließend durch die 68er abgeschafft wurden".



Dafür wurde sie kritisiert, sehr scharf und schließlich von NDR gekündigt. Wie ich finde zurecht denn das ist nicht mehr nur "konservatives Fa,milienbild" sondern etwas ganz anderes.

Dass ihr erstes Buch von Schwarzer, Nick und Konsoerten kritisiert wurde hat ihr so sehr geschadet, dass sie weiter beim NDR arbeitete, ein zweites Buch geschrieben hat und eigentlich nichts passiert ist außer Kritik.

Wo habe ich jetzt das Thema verfehlt?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.06.2011 18:36
#27 Eva Herman hat Recht Antworten

Zitat von vielleichteinlinker
Jetzt geht einiges durcheinander.

Der "Skandal" ist wohl das, was EH nach ihrem zweiten Bucherfolg passierte.

Der Skandal ging mit dem ersten Buch los, das habe ich ja zitiert. Aber streiten wir nicht um Worte. Wichtiger ist, ob sie zu Recht mit den Nazis in Verbindung gebracht wurde.

Zitat von vielleichteinlinker
Wir wissen nur dass sie das gesagt hat:

Zitat von EH
“Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch ‘ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68er wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war ‘ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben….“


Sie nennen keine Quelle, aber nehmen wir einmal an, sie hat das gesagt: Ja und?

Sie hat gesagt, daß in der 68er Zeit auch das, was gut war, abgeschafft wurde. Was man durchaus vertreten kann. Was jedenfalls mit einer positiven Beurteilung der Nazis nichts zu tun hat. Davon sagt sie exakt kein Wort.

Ich lese das jetzt zum ersten Mal im Wortlaut. Es ist noch viel harmloser, als ich vermutet hatte. Denn das "damals" bezieht sich ja eindeutig nicht auf die Nazizeit, sondern auf die 68er Zeit.

Über die Nazizeit sagt Eva Herman in dem Zitat nur Schlechtes - "grausame Zeit", "völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verdreben geführt hat" - geht's denn noch deutlicher?

Und lieber Vielleichteinlinker: Wenn Herman darauf hinweist, daß man in Deutschland Werte wie Mutterschaft deshalb seit der 68er Zeit diskreditiert, weil die Nazis sie hochgehalten hatten, dann hat sie exakt recht. Ich habe gerade erst in der vergangenen Nacht geschrieben, daß das Problem mit unsrer Kümmer-Identität daher rührt, daß alles, was die Nazis geschätzt haben, automatisch verdammt wurde.

Nur hat man meines Wissens den Vegetariern noch nicht ihre Nähe zu Hitler vorgeworfen, der bekanntlich Vegetarierer war.

Oder anders gesagt:

Affen essen Bananen
Sokrates ißt Bananen
Also ist Sokrates ein Affe
ist nun einmal ein lausiger Syllogismus.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.06.2011 19:52
#28 RE: Eva Herman hat Recht Antworten

Zitat von Zettel
Und lieber Vielleichteinlinker: Wenn Herman darauf hinweist, daß man in Deutschland Werte wie Mutterschaft deshalb seit der 68er Zeit diskreditiert, weil die Nazis sie hochgehalten hatten, dann hat sie exakt recht. Ich habe gerade erst in der vergangenen Nacht geschrieben, daß das Problem mit unsrer Kümmer-Identität daher rührt, daß alles, was die Nazis geschätzt haben, automatisch verdammt wurde.

Zu lesen hier.

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

20.06.2011 23:24
#29 RE: Eva Herman hat Recht Antworten

Sie teilen EHs Familienwerte und hätten gerne mehr Chauvinismus? Gut, nicht überraschend und irgendwie knapp vorbei am Thema.

Zitat von Zettel
Der Skandal ging mit dem ersten Buch los, das habe ich ja zitiert.



Nein. Sie haben Antworten auf EHs Buch zitiert die Evas Meinung nicht teilen, scharf kritisieren und verurteilen. Zum Teil unsachlich, teils übertrieben, teils mit interessanten Argumenten. Mit einem Skandal hat das nichts zu tun. Dass man beim öffentlichen Reden öffentlich Widerspruch ernten kann ist, es ist ja banal das zu sagen, irgendwie normal. Was denn sonst? Skandalös war daran nichts. Nein, es war so unspektakulär dass EH ein zweites Buch geschrieben, weiter beim NDR gearbeitet hat. Außer bei Frau Nick, Frau Schwarzer und Frau Schmidt hat ihr das erste Buch exakt nicht geschadet. Kein Grund zur Aufregung.

Zitat von Zettel
Sie nennen keine Quelle, aber nehmen wir einmal an, sie hat das gesagt: Ja und?



Das ist albern und etwas arg kleinlich. Sie haben angeblich den Wikipedia-Artikel gelesen und dann diese Frage. Bleiben Sie bitte sachlich. Ich mach' das, Sie häufen wieder Popanz an wo er Ihnen bei einem schwachen Argument helfen soll, denn:

Zitat von Zettel
Und lieber Vielleichteinlinker: Wenn Herman darauf hinweist, daß man in Deutschland Werte wie Mutterschaft deshalb seit der 68er Zeit diskreditiert, weil die Nazis sie hochgehalten hatten, dann hat sie exakt recht. Ich habe gerade erst in der vergangenen Nacht geschrieben, daß das Problem mit unsrer Kümmer-Identität daher rührt, daß alles, was die Nazis geschätzt haben, automatisch verdammt wurde.



Das ist entweder unfassbar uninformiert oder beängstigend blind. Die Nazis haben Werte wie Mutterschaft und Zusammenhalt nicht hochgehalten. Sie haben diese Werte aufs übelste verdreht, pervertiert und für ihre Zwecke eingespannt wo sie da waren. In Auschwitz starben Mütter und Kinder, in ganz Europa fielen die Kinder der Mütter deren "Werte" man angeblich hochgehalten hat. Was Sie sagen, das funktioniert nur wenn man so tut, als hätte das Dritte Reich zwar auch aus dem Massenmord, dem Weltkrieg, der Idee, 11Mio Menschen zu ermorden bestanden aber aben auch daraus, dass man für das xte Kind einen Orden bekommt. Das sehe ich nicht so. Ich weiß genug über die Nazis um eben zu wissen dass das faktisch falsch ist, was Sie für "exakt richtig" halten. Man muss schon mit einem gepfeffert Maß an Unwissenheit oder Blindheit an die Sache gehen um das so zu sehen. In Ihrem Fall gehe ich von Blindheit aus, die 68er versperren da wohl manchmal den Blick für die Dinge. Nein, das Mutterbild der Nazis war das einer Heim- und Herd hütenden Gebährmaschine ohne Muttergefühle für ihre Kinder die möglichst früh daran gewöhnt werden sollten, dass sie entweder genau so oder richtige Soldaten werden sollten.

Zitat
Über die Nazizeit sagt Eva Herman in dem Zitat nur Schlechtes - "grausame Zeit", "völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verdreben geführt hat" - geht's denn noch deutlicher?



Warum dann das "aber"? Warum ist das eine "grausame Zeit [...]aber"? Warum war es ein "völlig durchgeknallter Politiker der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat aber"? Man braucht kein aber um etwas Schlechtes zu sagen. Man braucht es nur wenn man doch etwas Gutes sagen möchte. Wozu denn bitte sonst?

Zitat von Zettel
Nur hat man meines Wissens den Vegetariern noch nicht ihre Nähe zu Hitler vorgeworfen, der bekanntlich Vegetarierer war.



Das ist fast schon lustig!? Wer soll es ihm denn vorwerfen? Die 68er? Sie (und EH) behaupten doch dass die 68er alles was "von den Nazis kam" verteufelt haben. Die Erklärung, warum die Vegetarier dabei ausgelassen wurden könnte also von Ihnen kommen.

Zitat von Zettel
...ist nun einmal ein lausiger Syllogismus.



Es ist Ihrer. Gehen Sie nicht so hart mit sich ins Gericht, ich mach' es nicht und manchmal hätte ich wirklich Lust darauf... ;-)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.06.2011 00:08
#30 RE: Eva Herman hat Recht Antworten

Zitat von vielleichteinlinker
Sie teilen EHs Familienwerte und hätten gerne mehr Chauvinismus? Gut, nicht überraschend und irgendwie knapp vorbei am Thema.

Ich habe weder das eine noch das andere geschrieben.

Daß Sie mir wieder einmal etwas zuschreiben, was ich nicht behauptet habe, ist freilich nicht überraschend.

Es ist ermüdend, und es ist ärgerlich.

Und weil ich lieber zur Sache diskutiere, als falsche Zuschreibungen richtigzustellen, belasse ich es jetzt dabei. Es gibt hier im Forum genug Diskussionen, die mir Freude machen und bei denen ich etwas lerne.

Gruß, Zettel

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

21.06.2011 00:27
#31 RE: Eva Herman hat Recht Antworten

Zitat
Und weil ich lieber zur Sache diskutiere, als falsche Zuschreibungen richtigzustellen, belasse ich es jetzt dabei. Es gibt hier im Forum genug Diskussionen, die mir Freude machen und bei denen ich etwas lerne.



Von der Sache haben Sie sich schon lange verabschiedet. Von Eva Herman ging es zu Ihren Auslassungen über Patriotismus, zu kümmer-Identität. Große, weite Bogen zu spannen ist Ihre Art, das lese ich gerne und schätze es. Nur finde ich es dann etwas unfair mir vorzuwerfen, ich äußere mich nicht zur Sache wenn ich das, was Sie schon als "selbstverständlichkeiten" bezeichneten Ihnen "andichte"? Ja was denn sonst?

Ich bitte Sie Zettel, ich kann ein schlechtes Argument führen, faktisch falsch liegen, lügen, betrügen, schlecht zitieren. All das vielleicht. Aber Ihnen "wieder einmal" etwas zuschreiben was Sie "nicht behauptet" haben ist schlechter Stil. Das wissen Sie selbst und das will ich nicht so stehen lassen. Sie müssen mit mir nicht reden. Aber tun Sie bitte nicht so als läge das an "freilich nicht überraschend[en]" Zuschreibungen.

Wir waren schon einmal weiter mit einander.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.06.2011 02:04
#32 RE: Eva Herman hat Recht Antworten

Zitat von vielleichteinlinker
Wir waren schon einmal weiter mit einander.

In der Tat.

H_W Offline



Beiträge: 456

21.06.2011 08:21
#33 vielleichteinlinker? Antworten

Lieber vielleichteinlinker,

mein Eindruck ist, Sie können Ihren Nick auf "ganzsicherein..." ändern.

Anfänglich waren Ihre Diskussionen mit Zettel ja recht amüsant zu lesen. Inzwischen empfinde ich Ihre Statements aber nur noch als langweilige pseudointellektuelle Spitzfindigkeiten.

Sie müssen Zettels Meinung ja nicht zustimmen. Ihm aber "Fehler" durch Wortklaubereien "nachweisen" zu wollen scheint mir aber doch kleinkarierte und unaufrichtige Diskussionführung. Und eine solche ist nun mal typisch links.

Letzter Behauptung möchte ich auch gleich noch durch eine Geschichte aus längst vergangenen Jugendtagen belegen.
Als Schüler habe ich gerne in Altpapierbergen nach älteren Autozeitschriften gestöbert. In einer gefundenen Sammlung war auch eine Reihe von Ordnern mit Schulungsmaterial der Jusos. Entsetzlich! Welch Verlogenheit da regelrecht trainiert wurde, einfach widerlich! Nannte sich Dialektik, als Normalbürger nennt man das eher Tatsachenverdrehung.
Ist nicht meine Welt!
Daß inzwischen alle Parteien nach diesen Prinzipien kommunizieren, macht die Sache nicht erträglicher.

Gruß, H_W

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

21.06.2011 08:33
#34 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von vielleichteinlinker
Entweder aus rechter Gesinnung oder aus Dämlichkeit sagt sie das berühmte "es war ne grausame Zeit (...) aber" was der Klassiker der Verharmlosung des Nationalsozialismus ist. "Alles schlimm, aber..."


Wirklich ganz groß. Bravo. Zunächst also durch jahrelange PC-Indoktrination so ziemlich jeden, der etwas zur NS-Zeit sagen möchte, dazu nötigen eine Art Distanzierung voran zu stellen und diese dann als Anlaß nehmen um einen Strick daraus zu drehen. Fürwahr ein Paradebeispiel linken Sophismuses. Da erübrigt sich in der Tat jede Diskussion.

~~~
Die zunehmende Armut, welche allenthalben beklagt wird, scheint mir zuvörderst geistiger Natur.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

21.06.2011 19:17
#35 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von Vogelfrei

Zitat von vielleichteinlinker
Entweder aus rechter Gesinnung oder aus Dämlichkeit sagt sie das berühmte "es war ne grausame Zeit (...) aber" was der Klassiker der Verharmlosung des Nationalsozialismus ist. "Alles schlimm, aber..."


Wirklich ganz groß. Bravo. Zunächst also durch jahrelange PC-Indoktrination so ziemlich jeden, der etwas zur NS-Zeit sagen möchte, dazu nötigen eine Art Distanzierung voran zu stellen und diese dann als Anlaß nehmen um einen Strick daraus zu drehen. Fürwahr ein Paradebeispiel linken Sophismuses. Da erübrigt sich in der Tat jede Diskussion.




Aber für eine Argumentation zugunsten der Familienwerte muss man doch nicht ausgerechnet auf die NS-Zeit zurückgreifen! Würde jemand ernsthaft auf das Winterhilfswerk oder »Kraft durch Freude« als Musterbeispiele der Sozialpolitik verweisen?

Es hätte doch aus ihrer Sicht völlig ausgereicht, den 68ern vorzuwerfen: sie hätten die Werte der Aufbaujahre und der Wirtschaftswunderzeit zerstört, als die Familien noch zusammenhielten, die Mütter noch geachtet wurden und ein Sonntagsbraten noch ein Sonntagsbraten war.

Der Verweis auf die Nazizeit war doch für ihre Argumentation in jeder Hinsicht unbrauchbar.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.06.2011 19:48
#36 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von stefanolix
Der Verweis auf die Nazizeit war doch für ihre Argumentation in jeder Hinsicht unbrauchbar.

Sie war dann nicht unbrauchbar, lieber Stefanolix, wenn Herman in der zitierten Passage - es ist freie Rede und deshalb nicht ganz eindeutig - so argumentieren wollte, wie ich es an anderer Stelle getan habe: Weil diese Begriffe in der Nazizeit propagiert wurden, hat man sie später strikt abgelehnt. Aber allein der Umstand, daß die Nazis sie mißbraucht oder auch nur verwendet haben, diskreditiert Werte wie Mutterschaft doch nicht von vornherein.

Das war es, was sie aus meiner Sicht sagen wollte; nur hat sie es eben sehr ungeschickt - ja auch mit syntaktisch ganz verunglückten Satzbruchstücken - gesagt. Deshalb konnte man es ihr um die Ohren hauen und es so interpretieren, daß sie irgend etwas an der Nazizeit hatte loben wollen.

Es gab über diese Passage übrigens einen Rechtsstreit, der soeben höchstinstanzlich entschieden wurde. Heute vormittag konnte ich den Artikel in FAZ-Net noch lesen; jetzt ist er nur noch Abonnenten kostenlos zugänglich.

Jedenfalls hatte das "Hamburger Abendblatt" Herman in dem oben genannten Sinn interpretiert, und sie hatte dagegen geklagt. In den unteren Instanzen hatte sie Recht bekommen, aber letztinstanzlich wurde ihre Klage abgewiesen.

Man sollte sich halt nie in freier Rede öffentlich äußern, wenn man diese nicht meisterlich beherrscht.

Und die Sache ist vielleicht auch eine Überlegung dazu wert, warum Politiker sich so oft in gestanzten Phrasen ausdrücken. Sie wissen, daß jede mißglückte Formulierung gegen sie verwendet werden kann.

Dabei wird ja interessanterweise nicht zur Kenntnis genommen, was der jeweilige Sprecher erläuternd sagt. Herman hat klargestellt, daß sie nichts Gutes hatte über die Nazizeit sagen wollen. Aber man kann die Passage nun einmal so interpretieren - und zack, in der Falle! Da hilft kein Klarstellen des Gemeinten.

Herzlich, Zettel

PS: Eben sehe ich, daß "Spiegel-Online" die Meldung auch hat.

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

21.06.2011 19:48
#37 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von stefanolix
Aber für eine Argumentation zugunsten der Familienwerte muss man doch nicht ausgerechnet auf die NS-Zeit zurückgreifen! Würde jemand ernsthaft auf das Winterhilfswerk oder »Kraft durch Freude« als Musterbeispiele der Sozialpolitik verweisen?


Das hat E. H. ja auch gar nicht. Sondern dargelegt, daß sie es für falsch hält, daß die 68er eben diese Werte, auf Grund der übermäßigen Instrumentalisierung im Nationalsozialismus, bekämpft und somit das Kind - im wahrsten Sinne des Wortes - mit dem Bade ausgegossen haben... Alles weitere war doch blos eine einzige große Inszenierung.

Oder um es mit den Worten Michael Klonovskys zu sagen:

Zitat
Wenn sich alle einig sind, wird immer einer geschlachtet. Damit sich alle einig sein können, muss immer einer geschlachtet werden. Man sollte nur erkennen, dass es vollkommen egal ist (und bloß der gerade herrschenden Gesinnungsmode entspricht), wen es unter welchem Vorwand trifft.

~~~
Die zunehmende Armut, welche allenthalben beklagt wird, scheint mir zuvörderst geistiger Natur.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

21.06.2011 20:22
#38 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von stefanolix
Der Verweis auf die Nazizeit war doch für ihre Argumentation in jeder Hinsicht unbrauchbar.

Sie war dann nicht unbrauchbar, lieber Stefanolix, wenn Herman in der zitierten Passage - es ist freie Rede und deshalb nicht ganz eindeutig - so argumentieren wollte, wie ich es an anderer Stelle getan habe: Weil diese Begriffe in der Nazizeit propagiert wurden, hat man sie später strikt abgelehnt. Aber allein der Umstand, daß die Nazis sie mißbraucht oder auch nur verwendet haben, diskreditiert Werte wie Mutterschaft doch nicht von vornherein. (…)





Es ist wahr: In freier Rede kann man vieles falsch machen! Aber man legt sich doch vorher die Argumente zurecht. Man überlegt sich: werde ich mich auf die Kaiserzeit, die Weimarer Republik, die NS-Zeit oder den Zeitabschnitt danach beziehen? In der Zeit des Aufbaus und des Wirtschaftswunders wurden diese Werte zwar nicht vom Staat propagiert, aber trotzdem hochgehalten und weitergegeben.

Ich bin Jahrgang 1967 und auch noch in der DDR geboren. Ich weiß nicht, ob die 68er die Familienwerte ausdrücklich mit Bezug auf die Nazis abgelehnt haben. Ich weiß aus Büchern und Filmen, dass die 68er den vorangegangenen Generationen Schweigen und Mittäterschaft vorgeworfen haben, auch denen, die nicht in der NSDAP und anderen Nazi-Organisationen waren. Natürlich habe ich auch über das Mutterkreuz und die Blut-und-Boden-Ideologie (in der Herleitung seit den 20er Jahren) gelesen.

Hat man damals diese Werte wirklich wegen des Missbrauchs durch die Nazis abgelehnt oder nicht doch eher, weil man sich von der Elterngeneration freimachen wollte?

Mir ist schon klar, dass der Missbrauch dieser Themen die eigentlichen Werte nicht diskreditiert. Aber hätte sie das nicht anders formulieren können? Ihr ging es doch um eine Argumentation für bestimmte Werte und gleichzeitig gegen die 68er. Da würden mir andere Themen einfallen.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

21.06.2011 20:46
#39 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von Vogelfrei

Zitat von stefanolix
Aber für eine Argumentation zugunsten der Familienwerte muss man doch nicht ausgerechnet auf die NS-Zeit zurückgreifen! Würde jemand ernsthaft auf das Winterhilfswerk oder »Kraft durch Freude« als Musterbeispiele der Sozialpolitik verweisen?


Das hat E. H. ja auch gar nicht. Sondern dargelegt, daß sie es für falsch hält, daß die 68er eben diese Werte, auf Grund der übermäßigen Instrumentalisierung im Nationalsozialismus, bekämpft und somit das Kind - im wahrsten Sinne des Wortes - mit dem Bade ausgegossen haben... Alles weitere war doch blos eine einzige große Inszenierung.

Oder um es mit den Worten Michael Klonovskys zu sagen:

Zitat
Wenn sich alle einig sind, wird immer einer geschlachtet. Damit sich alle einig sein können, muss immer einer geschlachtet werden. Man sollte nur erkennen, dass es vollkommen egal ist (und bloß der gerade herrschenden Gesinnungsmode entspricht), wen es unter welchem Vorwand trifft.




Nicht dass wir uns falsch verstehen: Das Mobbing gegen Frau Herman war zu keinem Zeitpunkt berechtigt, es war extrem unfair und es war auf die unangenehmste Weise selbstgerecht. Aber deshalb kann man sich ja trotzdem ganz sachlich mit ihrer Argumentation befassen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.06.2011 21:37
#40 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von stefanolix
Ich weiß aus Büchern und Filmen, dass die 68er den vorangegangenen Generationen Schweigen und Mittäterschaft vorgeworfen haben, auch denen, die nicht in der NSDAP und anderen Nazi-Organisationen waren. Natürlich habe ich auch über das Mutterkreuz und die Blut-und-Boden-Ideologie (in der Herleitung seit den 20er Jahren) gelesen.

Hat man damals diese Werte wirklich wegen des Missbrauchs durch die Nazis abgelehnt oder nicht doch eher, weil man sich von der Elterngeneration freimachen wollte?

Beides, nach meiner Erfahrung. Das ging ja Hand in Hand.

Solch einen Riß zwischen aufeinanderfolgenden Generationen hat es selten, vielleicht nie in der deutschen Geschichte gegeben. Es kam da aus meiner Sicht Zweierlei zusammen:

- Das Unverständnis derer, die in Frieden und wachsendem Wohlstand aufgewachsen waren, für die Moral und die Werte ihrer Eltern. Diese waren überwiegend in schlimmen Umständen aufgewachsen und hatten in ihnen überleben müssen - Erster Weltkrieg, Inflation, Zweiter Weltkrieg, die harte Nachkriegszeit. Da zählten zwangsläufig Werte wie Fleiß, Disziplin, Sparsamkeit. Und ganz oben die Familie - wer keine Verwandten hatte, die ihm in der Not halfen, der war verloren. Die Jungen wollten davon nichts mehr wissen, denn es widersprach krass ihrer Lebenserfahrung, daß das Leben angenehm ist, viel Lustvolles bietet und ständig besser wird.

- Das war ein (fast) weltweiter Konflikt, und deshalb gab es diese Bewegung in den unterschiedlichsten Formen in verschiedenen Ländern, mehr oder weniger friedlich oder blutig - Hippies und Weathermen, Kulturrevolution und Prager Frühling, der französische Mai '68 und die deutsche APO. Aber in Deutschland kam noch das Spezifische der deutschen Schuld hinzu. Die Eltern hatten sich größtenteils persönlich nichts zuschulden kommen lassen, äußerten sich aber auch nicht offen über diese Zeit, weil sie fürchteten, beschuldigt zu werden. Die Generation der Kinder glaubte, sich deshalb über sie erheben zu können.

- Das war natürlich eine elegante Methode, sich selbst nicht den deutschen Verbrechen zu stellen. Man sah sich - in der DDR geschah das in großem Stil - einfach auf der Seite der Sieger. (Noch jetzt gibt es eine "Antifa" - man muß sich das mal vorstellen; ungefähr so, als hätten Leute 1870 noch gegen Napoléon kämpfen wollen!). Für die Eltern war das natürlich bitter, daß sich damit ihre eigenen Kinder gegen sie stellten.

Es war also ein Generationskonflikt, der zugleich ein politischer Konflikt war. Man stellte sich einerseits gegen die Werte der Eltern, weil sie nicht dem eigenen Lebensgefühl entsprachen. Und in Deutschland kam andererseits hinzu, daß man diese Werte mit dem Nazismus identifizieren und sich damit wunderbar einfach über sie erheben konnte.

Herzlich, Zettel

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

21.06.2011 22:14
#41 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von stefanolix
Ich weiß nicht, ob die 68er die Familienwerte ausdrücklich mit Bezug auf die Nazis abgelehnt haben.

Ja, das haben sie, wenn auch nicht so sehr wegen des Missbrauchs durch die Nazis, sondern in der Spur der Theorien über die "Autoritäre Persönlichkeit", zum Beispiel jener Wilhelm Reichs:

Zitat von Wikipedia
Reich lieferte mit seiner Massenpsychologie des Faschismus die erste größere, aus psychoanalytisch-gesellschaftskritischer Sicht geschriebene Auseinandersetzung mit dem Faschismus bzw. dem Nationalsozialismus. Er behauptet einen fundamentalen Zusammenhang zwischen autoritärer Triebunterdrückung und faschistischer Ideologie. Die patriarchalische (Zwangs-)Familie als Keimzelle des Staates schaffe die Charaktere, die sich der repressiven Ordnung, trotz Not und Erniedrigung, unterwerfen.

Die bürgerliche Familie muß zerstört werden, damit sich Auschwitz nicht wiederholt. So etwa.

Herzliche Grüße,
Kallias

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

22.06.2011 01:36
#42 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat
Dabei wird ja interessanterweise nicht zur Kenntnis genommen, was der jeweilige Sprecher erläuternd sagt. Herman hat klargestellt, daß sie nichts Gutes hatte über die Nazizeit sagen wollen. Aber man kann die Passage nun einmal so interpretieren - und zack, in der Falle! Da hilft kein Klarstellen des Gemeinten.



Aus diesem Grund hatte ich den Spiegel-Artikel verlinkt in dem ein wörtliches Zitat aus einem Interview mit der Bild am Sonntag steht. Dort sagte EH:

„Was ich zum Ausdruck bringen wollte, war, dass Werte, die ja auch vor dem Dritten Reich existiert haben, wie Familie, Kinder und das Mutterdasein, die auch im Dritten Reich gefördert wurden, anschließend durch die 68er abgeschafft wurden. Vieles, was in dieser Zeit hochgehalten wurde, wurde danach abgeschafft.“

Zitiert jetzt nach FAZ
http://www.faz.net/artikel/C31315/raussc...b-30106180.html

Das ist nicht die freie Rede der Buchvorstellung. Das ist ein authorisiertes, in Ruhe gehaltenes Interview.

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

22.06.2011 07:36
#43 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von vielleichteinlinker
Das ist nicht die freie Rede der Buchvorstellung. Das ist ein authorisiertes, in Ruhe gehaltenes Interview.


Und was genau bietet Ihrer Meinung nach nun den konkreten Anlaß zur Echauffierung? Also einmal abgesehen davon, daß die gutmenschliche Meute eher selten bis nie einen solchen benötigt...

[Ich packe vorsichtshalber schon mal die Goldwaage aus.]

Edith meint: ein davon is nu davon

~~~
Die zunehmende Armut, welche allenthalben beklagt wird, scheint mir zuvörderst geistiger Natur.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

22.06.2011 07:52
#44 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von Vogelfrei

Zitat von vielleichteinlinker
Das ist nicht die freie Rede der Buchvorstellung. Das ist ein authorisiertes, in Ruhe gehaltenes Interview.


Und was genau bietet Ihrer Meinung nach nun den konkreten Anlaß zur Echauffierung? Also einmal davon abgesehen davon, daß die gutmenschliche Meute eher selten bis nie einen solchen benötigt...

[Ich packe vorsichtshalber schon mal die Goldwaage aus.]




Ganz ohne Goldwaage und wirklich nicht als ad-hominem-Argument gegen Frau Herman: es geht um den Nebensatz »die auch im Dritten Reich gefördert wurden«.

Im Dritten Reich wurde nur gefördert, was den Zielen der Nationalsozialisten diente. Im Dritten Reich wurde nur propagiert, was in Goebbels' Propaganda passte. Man kann doch nicht so tun, als ob das Dritte Reich die Familienwerte um ihrer selbst willen gefördert hätte.

Eine wirklich geschickte Argumentation wäre: Die Familienwerte haben im Dritten Reich trotz der Diktatur überlebt. Die Menschen haben unter einem verbrecherischen Regime auch daraus Kraft geschöpft, dass sie in Familien integriert waren. Daran sieht man, wie wichtig diese Werte sind und wie falsch die 68er mit ihrer Ablehnung lagen.

Mit diesem oben zitierten Nebensatz hat sich Frau Herman ihre Argumentationslinie ohne Not selbst kaputtgemacht. Das gibt niemandem das Recht, sie zu mobben. Aber wo kämen wir hin, wenn man die Argumente nicht mehr prüfen dürfte?

Hausmann Offline



Beiträge: 710

22.06.2011 08:46
#45 RE: Schuldzuweisung Antworten

Darf ich, in Bewunderung logischer Allaussagen, diesen schönen Satz einfach mal wiederholen?

Zitat von stefanolix
Im Dritten Reich wurde nur gefördert, was den Zielen der Nationalsozialisten diente.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

22.06.2011 08:58
#46 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von stefanolix
Eine wirklich geschickte Argumentation wäre: Die Familienwerte haben im Dritten Reich trotz der Diktatur überlebt. Die Menschen haben unter einem verbrecherischen Regime auch daraus Kraft geschöpft, dass sie in Familien integriert waren. Daran sieht man, wie wichtig diese Werte sind und wie falsch die 68er mit ihrer Ablehnung lagen.

Mit diesem oben zitierten Nebensatz hat sich Frau Herman ihre Argumentationslinie ohne Not selbst kaputtgemacht. Das gibt niemandem das Recht, sie zu mobben. Aber wo kämen wir hin, wenn man die Argumente nicht mehr prüfen dürfte?



Ich verweile ja nun auch schon ein ganzes Weilchen in diesem Land, aber mir fehlt dummerweise dieses Filter zwischen politisch korrekt und nicht in dieser Feinheit. Vielleichteinlinker gibt dann auch zu erkennen, welchen Nerv wahre oder geglaubte Geschichtsunkenntnis trifft:

Zitat
Das ist entweder unfassbar uninformiert oder beängstigend blind. Die Nazis haben Werte wie Mutterschaft und Zusammenhalt nicht hochgehalten.



Ich gestehe, dass ich mich manchmal auch 'unfassbar' meine (nein, eigentlich benutze ich solche Begriffe nicht, das widerspricht der Lebenserfahrung), wenn sich jemand nach meiner Meinung völlig unqualifiziert zu meinem Fachgebiet äußert. Aber ich weiß nun mal, dass das Wissen und der Stand der Wissenschaft nicht nur unendlich, sondern auch dynamisch sind. Wenn ich also eine Diskrepanz zu meinem Kenntnisstand sehe, dann versuche ich das möglichst unaufgeregt abzuklären.

Es ist aber sicher für jeden Unvoreingenommenen erkennbar, dass Äußerungen zur Nazizeit in diesem Land einem besonderen Verdauungsprozess ausgeliefert sind. Da stürzen sich Experten, und welche die sich als solche wähnen, und zersetzen Texte und Äußerungen in ihre historischen Kleinteile und sprachliche Konnotationen, nur mit dem Ziel, eine mediale Treibjagd zu veranstalten.

EH mag ja geschichtliche Kenntnis haben, die nicht auf dem Stand der Wissenschaft sind. Dann kann man den Kenntnisstand kommentieren, man kann gegenhalten, aber man diskreditiert nicht die Person, den Menschen. Das ist schlicht keine zivile Kultur.

Gruß, Martin

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

22.06.2011 09:00
#47 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von Hausmann
Darf ich, in Bewunderung logischer Allaussagen, diesen schönen Satz einfach mal wiederholen?

Zitat von stefanolix
Im Dritten Reich wurde nur gefördert, was den Zielen der Nationalsozialisten diente.




Ich freue mich ja über jeden ironischen Kommentar, aber hier sehe ich in meinem Satz keinen Schwachpunkt. Das Dritte Reich war ein totalitäres Regime. Dort war alles der Vorbereitung und Durchführung des totalen Krieges und der totalen Vernichtung von Millionen Menschen untergeordnet. Möchte mir hier jemand entgegenhalten, daß Winterhilfswerk, »Kraft durch Freude« und die Propaganda von der deutschen Mutterschaft nicht diesen beiden Zielen untergeordnet gewesen seien? Dann lehne ich mich jetzt zurück und warte auf überzeugende Argumente.

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Ergänzung: Ich denke, dass man der links- und rechtsextremistischen Propaganda in der heutigen Zeit nur überzeugend entgegentreten kann, wenn man die totalitären Herrschaftsformen der Vergangenheit kennt. Linksextremisten und Rechtsextremisten setzen darauf, dass die Menschen vergessen und vielleicht sogar positive Elemente in der totalitären Herrschaft sehen. Muster: »Unter der stalinistischen Herrschaft bzw. im dritten Reich war ja nicht alles so schlimm, von ein paar Übertreibungen abgesehen.«

Aber die totalitären Herrschaftsformen haben zu weit über hundert Millionen Toten geführt und in ihnen war wirklich alles einem Ziel untergeordnet: der Vernichtung von Menschen, die nicht in das jeweilige totalitäre System gepasst haben.

Deshalb lege ich Wert auf die Feststellung, dass eine Argumentation mit der Mütterförderung des Dritten Reichs letzten Endes nur den Extremisten in die Hände spielt. Die einen Extremisten fühlen sich darin bestätigt, dass das Dritte Reich auch seine guten Seiten gehabt habe. Die anderen Extremisten nutzen den Schwachpunkt in der Argumentation aus, um ihre Stellung zu stärken, ihre Propaganda zu verbreiten und bürgerliche Positionen anzugreifen.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

22.06.2011 09:06
#48 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von Martin

Zitat von stefanolix
Eine wirklich geschickte Argumentation wäre: Die Familienwerte haben im Dritten Reich trotz der Diktatur überlebt. Die Menschen haben unter einem verbrecherischen Regime auch daraus Kraft geschöpft, dass sie in Familien integriert waren. Daran sieht man, wie wichtig diese Werte sind und wie falsch die 68er mit ihrer Ablehnung lagen.

Mit diesem oben zitierten Nebensatz hat sich Frau Herman ihre Argumentationslinie ohne Not selbst kaputtgemacht. Das gibt niemandem das Recht, sie zu mobben. Aber wo kämen wir hin, wenn man die Argumente nicht mehr prüfen dürfte?



Ich verweile ja nun auch schon ein ganzes Weilchen in diesem Land, aber mir fehlt dummerweise dieses Filter zwischen politisch korrekt und nicht in dieser Feinheit.




Mir geht es doch nicht um das Zeigen politischer Korrektheit. Es sind zwei völlig unterschiedliche Argumentationen. Frau Hermans Argumentation ist in meinen Augen nicht falsch, weil sie politisch inkorrekt wäre. Das interessiert mich gar nicht. Ich wollte nur deutlich machen, dass sie ihrer Sache mit diesem Argument geschadet hat.


Zitat von Martin
(…) EH mag ja geschichtliche Kenntnis haben, die nicht auf dem Stand der Wissenschaft sind. Dann kann man den Kenntnisstand kommentieren, man kann gegenhalten, aber man diskreditiert nicht die Person, den Menschen. Das ist schlicht keine zivile Kultur.



Das sage ich doch die ganze Zeit schon. Und wiederum nicht aus politischer Korrektheit, sondern das gehört einfach zum Anstand.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

22.06.2011 09:10
#49 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von stefanolix

Zitat von Hausmann
Darf ich, in Bewunderung logischer Allaussagen, diesen schönen Satz einfach mal wiederholen?

Zitat von stefanolix
Im Dritten Reich wurde nur gefördert, was den Zielen der Nationalsozialisten diente.




Ich freue mich ja über jeden ironischen Kommentar, aber hier sehe ich in meinem Satz keinen Schwachpunkt. Das Dritte Reich war ein totalitäres Regime. Dort war alles der Vorbereitung und Durchführung des totalen Krieges und der totalen Vernichtung von Millionen Menschen untergeordnet. Möchte mir hier jemand entgegenhalten, daß Winterhilfswerk, »Kraft durch Freude« und die Propaganda von der deutschen Mutterschaft nicht diesen beiden Zielen untergeordnet gewesen seien? Dann lehne ich mich jetzt zurück und warte auf überzeugende Argumente.



Die Nazis verteilten auch allerlei soziale Wohltaten in der Tradition Bismarcks - natürlich auch, um das Volk ruhigzustellen und um den Krieg vorzubereiten. Können wir jetzt auch über "Arbeitnehmerrechte, die auch von den Nazis hochgehalten wurden" erregen und die Diskussion darüber als "geht gar nicht" klassifizieren?

Oder Toiletten? Ich bin mir sicher, dass die Nazis auch Toiletten verwendet haben. Geht das auch gar nicht?

Die Mutterschaft wurde von allen Zivilisationen hochgehalten. Außer von den aktuell sich selbst abschaffenden Deutschen und sonstigen Westlern. Ich kann offen gestanden nicht ganz nachvollziehen, warum wir diese Diskussion überhaupt führen.

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.06.2011 09:11
#50 RE: Schuldzuweisung Antworten

Zitat von stefanolix
Das Dritte Reich war ein totalitäres Regime. Dort war alles der Vorbereitung und Durchführung des totalen Krieges und der totalen Vernichtung von Millionen Menschen untergeordnet.


Schwierige Formulierung.
Wenn "untergeordnet" heißen soll: "war von niedrigerer Priorität", dann stimme ich zu. Insbesondere war natürlich nach 1939 die Kriegsführung die oberste Priorität der Nazi-Führung und alle anderen Ziele waren untergeordnet.
Aber diese Interpretation ist eigentlich so trivial, daß sie für die Diskussion gar nichts bringen würde.

Willst Du dagegen sagen, daß Winterhilfswerk und Mutterkreuz nur Mittel waren zur Kriegsvorbereitung und -führung, dann würde ich widersprechen.
Die Ideologie der Nazis bestand (die wohl alle großen Ideologien) aus einer Reihe von verschiedenen Zielen und Maßnahmen, die teilweise auch konkurrierten oder im Widerspruch standen. Und Sozialpolitik incl. Familienpolitik waren m. E. durchaus genuine und eigenständige Ziele der Nazis, auch unabhängig von der Kriegsplanung.

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