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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 103 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

27.11.2011 11:52
#26 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Llarian

NEIN. Und das nein muss klar betont werden. Es war eben nicht Deutschland, dass dagegen regelmäßig verstossen hat.


Doch.

Zitat von Stabilitäts- und Wachstumspakt-Wikipedia
Obwohl Deutschland und Frankreich die Defizitgrenzen 2002 und 2003 überschritten, setzte der ECOFIN-Rat die Verfahren vorübergehend aus, da beide Länder versprachen, ihre Neuverschuldung 2005 unter die 3-Prozent-Hürde zu drücken. Um auf Dauer Rechtssicherheit über die Mechanismen und Vorgehensweisen in Defizitverfahren zu erlangen, reichte die Europäische Kommission gegen den Beschluss des ECOFIN-Rates Klage beim Europäischen Gerichtshof ein. Der damalige Währungskommissar Pedro Solbes wollte insbesondere die Frage klären, ob der Rat befugt sei, Sparauflagen der Kommission abzulehnen und damit in einem laufenden Verfahren Sanktionen gegen einen Defizitsünder zu verhindern.[4] Am 13. Juli 2004 entschied das Gericht, dass der Rat nicht zwingend den Vorschlägen der Kommission folgen müsse und prinzipiell berechtigt sei, ein Defizitverfahren zunächst auszusetzen. Der konkrete Beschluss vom November 2003 war jedoch nicht mit dem EU-Recht zu vereinbaren, da die vom Rat formulierten Empfehlungen gegen das Initiativrecht der Kommission verstießen und auch hinter den bereits beschlossenen Auflagen zurückblieben.


Zitat
Am 7. Oktober 2009 wurden weitere Defizitverfahren gegen Deutschland, Österreich, Belgien, Italien, die Niederlande, Portugal, die Slowakei, Slowenien und Tschechien eingeleitet


Zitat von EU-Konvergenzkriterien-Wikipedia
Auch Deutschland werden manipulative Methoden vorgeworfen, weil der damalige Finanzminister Theo Waigel von der Deutschen Bundesbank eine Neubewertung ihrer Goldreserven forderte. Der Gewinn sollte nach dem Willen des Ministers als Buchgewinn an die Bundesregierung ausgeschüttet werden und so zu einer Senkung der Nettoneuverschuldung führen. Hinzu kamen weitere haushaltspolitische Konstruktionen: So verkaufte die deutsche Bundesregierung Aktien der Deutschen Telekom und der Deutschen Post an die staatseigene Bank KfW, um seinen Schuldenstand zu verringern. Faktisch blieb dabei das Risiko fallender Kurse ebenso wie die Dividendeneinnahmen jedoch beim Bund. Es handelte sich um eine reine Umbuchung, die rechnerisch zu hohen Zahlungen an den Staatshaushalt führte.[8]
Auch nach Einführung des Euro wurden die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts in einigen Ländern (darunter auch Deutschland) nicht immer eingehalten. Der Rat der Europäischen Union verzichtete jedoch jeweils darauf, Sanktionen zu verhängen. Aufgrund der Finanzkrise ab 2007 wurden die Kriterien Mitte 2010 überhaupt nur von Estland und Schweden eingehalten; allerdings hatte auch die Europäische Kommission angekündigt, bei der Bewertung von Defiziten während dieser Ausnahmesituation großzügig zu verfahren.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

27.11.2011 12:32
#27 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Lieber Herr Plaethe, Sie wissen so gut wie ich, dass das, was Sie da anbringen ziemlich lässliche Dinge sind und weit von dem Betrug entfernt sind, den wir beispielsweise in Griechenland sehen. Wenn ein Regierungschef verspricht 10 Milliarden zu sparen und schafft nur 9, dann ist das heute immernoch ein ziemlich gutes Ergebnis.

Aber gut, ich schenks Ihnen, Deutschland verstosse gegen den Stabilitätspakt. Dann ist es doch nur konsequent die BRD aus dem Euro rauszunehmen. Damit sind wir doch auf völlig unterschiedlichem Weg zu einem gemeinsamen Ziel gekommen. Glauben Sie aber auch, dass unsere lieben Nachbarn uns diese Argumentation durchgehen liessen ? Ich habe Zweifel.
Ich habe nicht das geringste gegen das Defizitverfahren, ich finde es nur konseuqent. Denn würden solche Verfahren endlich einmal durchgeführt, hätten wir entweder eine stabile Währung oder das Ende des Windelweich-Euro. Beides Ergebnisse mit denen ich zumindest leben könnte.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

27.11.2011 13:35
#28 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Lieber Llarian,

ich will den Betrug Griechenlands keinesfalls auf eine Stufe mit den Regelverletzungen Deutschlands stellen.
Ein Austritt Deutschlands ist von der UBS mal durchgerechnet worden:

Zitat von Credit Writedowns
Were a stronger country such as Germany to leave the Euro, the consequences would include corporate default, recapitalisation of the banking system and collapse of international trade. If Germany were to leave, we believe the cost to be around EUR6,000 to EUR8,000 for every German adult and child in the first year, and a range of EUR3,500 to EUR4,500 per person per year thereafter. That is the equivalent of 20% to 25% of GDP in the first year. In comparison, the cost of bailing out Greece, Ireland and Portugal entirely in the wake of the default of those countries would be a little over EUR1,000 per person, in a single hit.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

27.11.2011 15:58
#29 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Ein Austritt Deutschlands [/url] ist von der UBS mal durchgerechnet worden:


Und könnte es sein, dass die UBS ein bischen voreingenommen sein könnte in Bezug darauf ob Staatsanleihen in Zukunft bezahlt werden oder nicht ? Meinen Sie wirklich das jemand, der in Folge einer bestimmten politischen Entscheidung arbeitslos wird, eine neutrale Referenz zur Beurteilung der Lage ist ? Dann könnten wir auch Solarworld fragen welche katastrophalen Folgen für das Weltklima ein Ausstieg aus der Solarförderung bedeuten würde.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass ein Aussteigen Deutschland aus dem Euro eine wirtschaftliche Welle nach sich ziehen wird, gegen die die Finanzkrise vermutlich recht harmlos aussieht. Das sie aber ein Viertel des BIP kosten soll halte ich dagegen für Humbug (für sogar grotesken Humbug, denn obschon Deutschland sehr stark exportorientiert ist, macht der EU Handel sicher nicht ein Viertel des BIP aus, und auch dann würde der nur bei einem totalen Handelszusammenbruch wegfallen). Aber nehmen wir sogar mal an, es würde stimmen: Ein Ende mit Schrecken ist dennoch besser als ein Schrecken ohne Ende. Natürlich kostet das Retten von Griechenland vergleichweise wenig. Nur dabei bleibt es ja nicht. Und Griechenlands Schulden sind ziemlich harmlos gegen das, was noch in Spanien, Portugal und Italien steckt. Und der grosse Witz ist ja der: Die wollen ja weitermachen. Das Ziel ist die Transferunion. Und wenn man sich das Bruttosozialprodukt von Griechenland oder Spanien ansieht, dann kann man sich schnell überlegen das es nicht bei einem Transfer von 1000 Euro per annum bliebe, selbst wenn die Zahl stimmte.

Ich komme nochmal auf den Kern zurück: Europa wurde als Freihandelszone gegründet. Und das hat unserem Handel sehr genützt. Aber eben allen Beteiligten. Die Deutschen, die ja so vom Binnenmarkt und der Währung profitieren sind nämlich nur eine Seite der Medaille, wer verkauft hat schliesslich auch Käufer. Und die haben Interesse daran das morgen auch zu kaufen. Insofern ist ein freier Binnenmarkt durchaus von Interesse für alle Beteiligten. Ein Umverteilen von Geld ist es dagegen nicht. Und das war sicher auch nie vereinbart. Einer der besten Handelspartner Deutschlands ist die USA. Stellen die Forderungen an uns, weil sich Volkswagen so gut in Detroit verkaufen ?

Ich glaube auch, dass man im Ausland durchaus versteht, wenn Deutschland erklärt, dass es zu einer Transferunion keine Lust hat. Das ist sicher bitter für den vermeintlichen Emfänger, aber irgendwo nachvollziehbar. Nur muss man es eben auch klar sagen, sonst darf man sich nicht wundern, wenn es die anderen Länder nicht verstehen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

27.11.2011 16:05
#30 Sehr guter Beitrag in der Welt Antworten

Normalerweise verlinke ich keine Artikel, aber dieser ist wirklich ausgezeichnet:

http://www.welt.de/debatte/kommentare/ar...ll-Europas.html

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

27.11.2011 16:19
#31 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Llarian
Normalerweise verlinke ich keine Artikel, aber dieser ist wirklich ausgezeichnet:
http://www.welt.de/debatte/kommentare/ar...ll-Europas.html


Da kann ich Ihnen nur zustimmen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Frank Offline




Beiträge: 187

27.11.2011 17:00
#32 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Hier noch zwei interessante Artikel:
Eurobonds
http://www.handelsblatt.com/meinung/kolu...rl/5885828.html

und irgendwie Lob (?) des autoritären Modells Singapur-China
http://www.zeit.de/2011/47/Kapitalismus-...komplettansicht

>>>>
Sit intra te concordia et publica felicitas
>>>>

Urlauber ( gelöscht )
Beiträge:

27.11.2011 17:15
#33 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe
ich will den Betrug Griechenlands keinesfalls auf eine Stufe mit den Regelverletzungen Deutschlands stellen.
Ein Austritt Deutschlands ist von der UBS mal durchgerechnet worden:

Zitat von Credit Writedowns
Were a stronger country such as Germany to leave the Euro, the consequences would include corporate default, recapitalisation of the banking system and collapse of international trade. If Germany were to leave, we believe the cost to be around EUR6,000 to EUR8,000 for every German adult and child in the first year, and a range of EUR3,500 to EUR4,500 per person per year thereafter. That is the equivalent of 20% to 25% of GDP in the first year. In comparison, the cost of bailing out Greece, Ireland and Portugal entirely in the wake of the default of those countries would be a little over EUR1,000 per person, in a single hit.


Wie kommen die auf die Zahlen?
Hans-Werner Sinn meint, dass uns der Spaß ohne Austritt 559.000.000.000€ kostet. Bei rund 82 Mio Einwohner macht das 6.800€/Nase.
Da die Zuwendungen an die Hartzis und anderen Kostgängern der Gemeinschaft nicht gekürzt werden dürfen, wird jeder zu Schröpfende für das Friedensprojekt ungefähr 10.000€ abdrücken.
Mir fehlt die Sachkenntnis, um das nachzurechnen. Aber zehntausend scheinen mir realistischer als die tausend.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

27.11.2011 20:21
#34 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Calimero

Ja, darauf wird es wohl mangels Alternativen auch hinauslaufen. Aber ... diesen butterweichen Euro, den die EZB nach Belieben nachdrucken kann, wird auf dem reinen Finanzmarkt niemand haben wollen. Warum sollte man in derlei Anleihen investieren, und wenn doch - zu welchem Zinssatz?



Es gibt ja Leute, die haben bereits langfristige Anleihen. Wer kurzfristig investiert ist, den wird die Inflation nciht stören, denn bevor sie ankommt, hat er sein Geld wieder; je nach Rückkaufpreis der EZB. Die Inflation senkt den Wert langfristiger Verbindlichkeit; das ist die eine Wirkung. Die andere Wirkung ist, dass bei einer höheren Inflationsrate Anpassungen (zu deutsch Kürzungen bei gewissen Löhnen und Sozialleistungen) einfacher durchsetzbar sind. Die Erhöhung muss nur geringer ausfallenn. 10% Prozent Inflation sind auch keine Hypereinflation mit chaotischen Verhältnissen.

Zitat

Nee, es trifft die Kleinen am Härtesten. Die können weder flüchten noch umschichten, und außerdem hängen sie an stetigem Geldzufluss.


Der Geldfluss ist von der Inlfationsrate unberührt; Bestandsgrößen werden angegriffen.



Zitat von WasIstLiberal
Weicher Euro eine Lösung? Also warum schreiben sie nicht klipp und klar. "Ich bin dafür die Leute die irgendwie Geld halten, sollen bezahlen" Das ist was Sie wollen und ehrlich.


Aber das habe ich doch getan. Und diejenigen, die Geldvermögen halten sind jene, die die Staaten direkt (in Form von Staatsanleihen) oder indirekt (in Form vom Guthaben bei Banken, die wiederum in Staaten investiert sind), die Staaten finanziert haben. Deswegen halte ich es für nicht ungerechtfertigt, wenn sie es sind - und nicht diejenigen, die Sachvermögen halten - die bezahlen.

Zitat

Ach sowas wie die wirlich einmaligen Rettungsaktionen, auch nur für Griechenland und sonst niemand? Nein Dirk diese "Einmaligkeiten" haben wir lange genug wiederholt.


Das ist das große Problem: Wie vergindert man eine politische Kettenreaktion oder den slippery slope in den Eurosozialismus. Über den ESFS und Neugründung politischer Institutionen sicher nicht. Das geht nur über die monetäre Seite, wenn Investoren für Staatsfinanzierung bestraft werden und Anreize haben, zukünftig vorsichtiger mit Geld umzugehen.

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

28.11.2011 06:42
#35 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe


Darin würde ich kein Problem sehen wenn es so wäre. Ist es aber nicht. Wir haben uns eben nicht an das gehalten was festgelegt wurde.



Das sich daran halten gilt für alle oder?. Also müssen wir den Euro verlassen weil wir gegen die Kriterien verstoßen, und alle anderen die die Kriterien nicht erfüllen verlassen den Euro ebenfalls. Gut also sind Sie doch dafür wieder nationale Währungen einzuführen. Warum schreiben Sie dann von irgendeiner "Schande"?

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

28.11.2011 09:22
#36 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von WasIstLiberal?

Das sich daran halten gilt für alle oder?. Also müssen wir den Euro verlassen weil wir gegen die Kriterien verstoßen, und alle anderen die die Kriterien nicht erfüllen verlassen den Euro ebenfalls. Gut also sind Sie doch dafür wieder nationale Währungen einzuführen. Warum schreiben Sie dann von irgendeiner "Schande"?


Also, ich hab von Schmach geredet, für den Fall das Deutschland einseitig die Eurozone verlässt. Aber so etwas Ähnliches wie ein Austritt scheint sich ja abzuzeichnen. Wir sind ja nicht das einzige Triple-A-Land, dass sich durch den Bruch der "No Bail Out"-Klausel unkontrollierbaren Finanztransfers gegenübersieht. Wenn innerhalb der Eurozone eine Zone grösserer Stabilität geschaffen wird, ist dies zwar nicht das Gleiche aber eine Entwicklung in diese Richtung. Aber ich habe den Eindruck, dass die Lage viel ernster ist als in den Qualitätsmedien vermittelt wird.

Deutschland macht sich Sorgen darüber, dass deutsches Steuerzahlergeld ausgegeben wird, für die Folgen europäischer Fehlentscheidungen. Bruch der Regeln, Bruch der "No Bail Out"-Klausel.
Es geht nicht wie in der Vergangenheit um so etwas wie Agrarsubventionen. Deutschland zahlt jetzt für andere Staaten auch nicht aus Altruismus, sondern aus purem Selbsterhaltungstrieb.
Und genau dieser Selbsterhaltungstrieb veranlasst Amerikaner zu der Überlegung rechtzeitig die FED tun zu lassen, was Deutschland evtl. erst bereit wäre zu tun, wenn es zu spät ist.
Ich zitiere den Telegraph:

Zitat
If break-up occurs in a disorderly fashion, with Club Med states and Ireland spun into oblivion one by one, the chain reaction will cause an implosion of Europe’s €31 trillion banking nexus (S&P estimate), the world’s biggest and most leveraged. This in turn risks an almighty global crash – first class passengers included.
So the question arises, should the rest of the world take over management of Europe to prevent or mitigate disaster? Specifically, should the US Federal Reserve assume leadership as a monetary superpower and impose policy on a paralyzed ECB, acting as a global lender of last resort?


Zitat
Nobel economist Myron Scholes first floated the idea over lunch at a Riksbank forum in August. "I wonder whether Bernanke might not say that `we believe in a harmonized world, that the Europeans are our friends, and we know that the ECB can't print money to buy bonds because the Germans won't let them. And since the ECB will soon run out of money, we will step in and start buying European government bonds for them'. It is something to think about," he said.
This is not as eccentric as it sounds. The Fed’s Ben Bernanke touched on the theme in a speech in November 2002 – “Deflation: making sure it doesn't happen here” – now viewed as his policy `road map' in extremis.
"The Fed can inject money into the economy in still other ways. For example, the Fed has the authority to buy foreign government debt. Potentially, this class of assets offers huge scope for Fed operations," he said.


Zitat
David Zervos from Jefferies has proposed an extreme variant of this, accusing Germany’s fiscal Puritans of reducing Europe’s periphery to “indentured servants” and driving the whole region into depression with combined fiscal and monetary contraction.
“We in the US need to snuff out these sado-fiscalists and fast, they are a danger to the world. The US can force monetisation at the ECB. We should back up the forklift and buy Euro area bonds. Lots of them,” he said.


Zitat
What we know for certain is that Europe’s current policy settings must lead ineluctably to ruin and perhaps to fascism. Nothing can be worse.


Der Grund für meinen Artikel waren vor allem Fragen wie diese:
Sind das alles Panikmacher auf der Insel und in Übersee? Wollen die alle nur Europa an's Leder?

Wie würde sich das anfühlen wenn die FED das tut, was Deutschland der EZB verweigert, um die Welt, nicht allein Europa, vor einer Weltwirtschaftskrise zu retten?

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

28.11.2011 10:11
#37 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Ich hab noch einen Witz und einen interessanten Beitrag von Oliver Marc Hartwich vom Spektator:

Zitat
There is an old joke about a man being told by his doctor that he has only half a year left to live. “What should I do?” asks the frightened patient. “Marry an economist”, the doctor replies. “And, will that make me live longer?” the patient wants to know. The doctor’s answer: “No, but half a year will just seem much longer.”

Viele Grüße, Erling Plaethe

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

28.11.2011 11:49
#38 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe

Zitat
What we know for certain is that Europe’s current policy settings must lead ineluctably to ruin and perhaps to fascism. Nothing can be worse.


Der Grund für meinen Artikel waren vor allem Fragen wie diese:
Sind das alles Panikmacher auf der Insel und in Übersee? Wollen die alle nur Europa an's Leder?

Wie würde sich das anfühlen wenn die FED das tut, was Deutschland der EZB verweigert, um die Welt, nicht allein Europa, vor einer Weltwirtschaftskrise zu retten?




Vielleicht müssen Sie die Frage anders herum stellen. Geht es den USA so viel besser? Und wann hätte die FED schon mal groß zu Gunsten der Eurozone "eingegriffen".
Ich denke das Problem ist weitaus größer weil weder die USA, noch die Euroländer noch China irgendein größeres Land Ihre Schulden im "Griff" haben. Es ist völlig egal wo das Kartenhaus zuerst zusammenbricht, der nächste Block wird mit fallen. Ob es nun die absoluten Schuldenkönige in den USA sind oder "unsere" Spezis ist völlig egal.

Es ist auch eine ganz andere Mentalität unterwegs. In den USA ist das "Schlimmste" die Weltwirtschaftskrise mit aberwitzig hohen Arbeitslosenzahlen (aber auch damals war es eigentlich nur ein Bust nach einem Book) während unser schlimmsten Erfahrungen die beiden Hyperfinlationen waren. Offensichtlich meinen eben die Verantwortlichen in Amerika man kann sich aus jeder Krise drucken, nur wir wissen das definitiv besser. Zweimal wurde es versucht und zweimal gab es einen völligen Zusammenbruch. Das ist den Amerikanern (bisher) noch nicht passiert. Ich denke es stände selbst den Amerikanern gut an zu lernen, ich bin nicht der Ansicht es Bedarf eines völligen Zusammenbruchs in der USA um "recht" zu behalten.

Es ist für mich offensichtlich, daß wir am Ende der Schulden angekommen sind. Je länger wir noch so tun als gäbe es kein Problem, umso unvermeidlicher und schlimmer wird der Zusammenbruch. Und egal was kommen wird, es wird auf eine gewaltige Reduzierung der Ausgaben hinauslaufen. Wo es nicht mehr viel gibt, kann auch nicht mehr viel verteilt werden.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

28.11.2011 12:20
#39 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe

Zitat
Nobel economist Myron Scholes first floated the idea over lunch at a Riksbank forum in August. "I wonder whether Bernanke might not say that `we believe in a harmonized world, that the Europeans are our friends, and we know that the ECB can't print money to buy bonds because the Germans won't let them. And since the ECB will soon run out of money, we will step in and start buying European government bonds for them'. It is something to think about," he said.





Lieber Erling Plaethe,

seit August ist wieder viel wasser den Rhein heruntergeflossen, und die EZB hat eine ganze Menge Bonds aufgekauft. Ich wüsste nicht, wie Deutschland die EZB daran hindern könnte dies weiter zu betreiben.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

28.11.2011 12:58
#40 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Martin

seit August ist wieder viel wasser den Rhein heruntergeflossen, und die EZB hat eine ganze Menge Bonds aufgekauft. Ich wüsste nicht, wie Deutschland die EZB daran hindern könnte dies weiter zu betreiben.


Das tut Deutschland auch nicht. Aber darum geht es nicht. Diese Aufkäufe sind nicht wirkungsvoll. Es geht darum, der EZB zu ermöglichen soviel Geld drucken zu dürfen wie sie braucht um so viel Anleihen aufzukaufen wie die Staaten Geld benötigen, oder besser die Banken. Das ist in dem Zitat gemeint.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Martin Offline



Beiträge: 4.129

28.11.2011 13:04
#41 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe

Zitat von Martin

seit August ist wieder viel wasser den Rhein heruntergeflossen, und die EZB hat eine ganze Menge Bonds aufgekauft. Ich wüsste nicht, wie Deutschland die EZB daran hindern könnte dies weiter zu betreiben.


Das tut Deutschland auch nicht. Aber darum geht es nicht. Diese Aufkäufe sind nicht wirkungsvoll. Es geht darum, der EZB zu ermöglichen soviel Geld drucken zu dürfen wie sie braucht um so viel Anleihen aufzukaufen wie die Staaten Geld benötigen, oder besser die Banken. Das ist in dem Zitat gemeint.




Das verstehe ich nicht, m.E. sind die Aufkäufe wirkungsvoll, und die EZB kann soviel Geld 'drucken' wie das die EZB-Repräsentanten beschließen. Solange Deutschland in der Minderheit ist, kann es das nicht verhindern.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

28.11.2011 13:20
#42 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Martin

Zitat von Erling Plaethe

Zitat von Martin

seit August ist wieder viel wasser den Rhein heruntergeflossen, und die EZB hat eine ganze Menge Bonds aufgekauft. Ich wüsste nicht, wie Deutschland die EZB daran hindern könnte dies weiter zu betreiben.


Das tut Deutschland auch nicht. Aber darum geht es nicht. Diese Aufkäufe sind nicht wirkungsvoll. Es geht darum, der EZB zu ermöglichen soviel Geld drucken zu dürfen wie sie braucht um so viel Anleihen aufzukaufen wie die Staaten Geld benötigen, oder besser die Banken. Das ist in dem Zitat gemeint.




Das verstehe ich nicht, m.E. sind die Aufkäufe wirkungsvoll, und die EZB kann soviel Geld 'drucken' wie das die EZB-Repräsentanten beschließen. Solange Deutschland in der Minderheit ist, kann es das nicht verhindern.



Dann wären die ganzen Verhandlungen über Eurobonds und Bazooka nichts als Phantomdiskussionen. Davon gehe ich im Moment nicht aus. Die EZB nimmt für die Anleihenkäufe Liquidität vom Markt.
Ex-Finanzminister Waigel dazu:

Zitat
In einem Gastbeitrag für "Bild am Sonntag" schreibt Waigel: "Das ständige Gerede, die EZB sei wegen ihrer Ankäufe von Staatsanleihen zu einer "Bad Bank" geworden, ist so falsch wie fahrlässig. Die EZB hat sich in der Krise stabilitätsbewusst gezeigt. Sie hält die Geldmenge unter Kontrolle und reduziert die Liquidität, die durch den vorübergehenden Ankauf von Anleihen auf dem Sekundärmarkt entsteht."

Viele Grüße, Erling Plaethe

Eierkopp Offline



Beiträge: 226

28.11.2011 13:32
#43 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Diese Aufkäufe sind nicht wirkungsvoll. Es geht darum, der EZB zu ermöglichen soviel Geld drucken zu dürfen wie sie braucht um so viel Anleihen aufzukaufen wie die Staaten Geld benötigen, oder besser die Banken.



Die gescheiterte Auktion deutscher Anleihen werte ich so, dass die Investoren genau diese Reaktion der Politiker und dann der EZB antizipieren. Wie käme ein verantwortungsvoller Anleger im Moment auf die Idee, in Euro notierte Anleihen - zu welchem Zins auch immer - zu kaufen (vgl. Calimeros Beitrag weiter oben), wenn nicht abschätzbar ist, wieviel man sich später vom eingesetzten Geld noch kaufen kann.

Entsprechend hat Italien heute einen Langläufer inflationsidexierter Anleihen verkauft. Ohne Inflationsschutz wären die Dinger sicher völlig unveräußerbar, d.h. die Märkte trauen der EZB nicht mehr zu, die Inflationsrate in der Nähe der satzungsgemäßen 2% zu halten. Bei massivem Aufkauf wäre es auch nicht mehr möglich, die Käufe zu sterilisieren, d.h. die Liquidität wieder aus dem Markt zu nehmen.

Der nächste Schritt wird dann die Verschuldung in Fremdwährung (was Ungarn gerade das Genick bricht).

Schuldenabbau über die Notenpresse funktioniert nur für schon ausgegebene Anleihen, spätestens beim Ablösen der Altschulden werden Anleger (mit Ausnahme der EZB) auf Inflationsschutz bestehen. Damit bleibt nur noch ein Vorgehen analog zur FED, d.h. die EZB kauft die Neuemissionen auf und legt sie in den Keller. Das ist für Staaten umso angenehmer, je höhere Zinsen sie jetzt zu zahlen haben und je höher die private Verschuldung zur Zeit ist. Mehr Moral Hazard geht nicht mehr.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

28.11.2011 13:41
#44 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Das verstehe ich nicht, m.E. sind die Aufkäufe wirkungsvoll, und die EZB kann soviel Geld 'drucken' wie das die EZB-Repräsentanten beschließen. Solange Deutschland in der Minderheit ist, kann es das nicht verhindern.


Dann wären die ganzen Verhandlungen über Eurobonds und Bazooka nichts als Phantomdiskussionen. Davon gehe ich im Moment nicht aus. Die EZB nimmt für die Anleihenkäufe Liquidität vom Markt.[/quote]

Nun, es gibt Leute die behaupten, dass die Ankäufe nicht innerhalb des vertraglichen Rahmens der EZB sind, es gibt wohl auch eine entsprechende Klage. Es gibt aber kein Urteil dazu. Deshalb gehe ich davon aus, dass die EZB bis auf weiteres freie Hand hat. Das mit 'Liquidität vom Markt nehmen' verstehe ich auch nicht. Die EZB, bzw. angegliederte Nationalbanken haben irische, griechische u.a. Geschäftsbanken mit Liquidität versorgt.

Gruß, Martin

FAB. Offline



Beiträge: 523

28.11.2011 13:44
#45 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Die EZB nimmt für die Anleihenkäufe Liquidität vom Markt.


Ja, man hört von solcher angeblichen "Sterilisierung" der Anleihenkäufe wohl. So ganz klar ist mir das Prinzip und vor allem seine Sinnhaftigkeit im gegebenen Kontext allerdings noch nicht, zumal andere diesen Vorgang despektierlich mit recht anzüglichen Vokabeln bezeichnen:

Zitat von ZeroHedge
Presenting: The Scam That Is ECB Bond Purchase "Sterilization"
In essence what the ECB does, by pretending to not monetize and pretending to sterilize, is taking on not only interest rate risk one level removed, but also bank solvency and liquidity risk!



Sachlicher Einwand oder Panikmache? Bitte um Aufklärung.

____________________________________________________
"I want my republic back!"

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

28.11.2011 14:47
#46 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe
com/news.php?id=37442&title=Ex-Finanzminister+Waigel+verteidigt+Aufkauf+von+Staatsanleihen&storyid=1322353635923] Ex-Finanzminister Waigel [/url] dazu:

Zitat
In einem Gastbeitrag für "Bild am Sonntag" schreibt Waigel: "Das ständige Gerede, die EZB sei wegen ihrer Ankäufe von Staatsanleihen zu einer "Bad Bank" geworden, ist so falsch wie fahrlässig. Die EZB hat sich in der Krise stabilitätsbewusst gezeigt. Sie hält die Geldmenge unter Kontrolle und reduziert die Liquidität, die durch den vorübergehenden Ankauf von Anleihen auf dem Sekundärmarkt entsteht."




Es steht genau das eben nicht, wie Sie das macht. Und es steht deswegen da nicht weil es eben nichts gibt. Ansonsten warum hinter dem Berg halten. Es reicht doch ein Blick auf das Geldmengenwachstum und dann sieht man genau "auch diesmal ist es nicht anders". Geschickterweise veröffentlicht die FED nichts mehr zum Geldmengenwachstum, sie wissen genau warum. Denn die neuen Kleider es Königs gibt es eben nicht Und ebenso geschickt wird die Basis für die Inflation angepasst. Dann gibt es auf einmal core Inflation und eben nicht core.. In nicht core wird alles "verschoben" was "zu sehr steigt".

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

28.11.2011 15:37
#47 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von FAB.

Sachlicher Einwand oder Panikmache? Bitte um Aufklärung.


EZB-Monatsbericht Oktober 2011:

Zitat
Was die monetäre Analyse betrifft, so stieg die Jahreswachstumsrate der Geldmenge M3 von 2,1 % im Juli 2011 auf 2,8 % im August.



http://www.bundesbank.de/download/ezb/mo...1110.mb_ezb.pdf

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

28.11.2011 17:05
#48 RE: Europas Krise (6): Eisiger Wind Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Und genau dieser Selbsterhaltungstrieb veranlasst Amerikaner zu der Überlegung rechtzeitig die FED tun zu lassen, was Deutschland evtl. erst bereit wäre zu tun, wenn es zu spät ist.


Es ist schon fast der Witz des Tages wenn die Könige der Schuldenmacher mehr Schulden machen wollen, um andere Schuldenmacher vor höheren Zinsen zu schützen. Woher will die FED denn das Geld nehmen ? Die müssten das schlicht drucken, denn alles was die USA haben sind Schulden und davon nicht zu knapp. Da will ein Schuldenmacher den anderen schützen, damit nicht die heimischen Gläubiger anfangen auch den Dollar zu hinterfragen. Das wird aber schlicht nicht funktionieren. Die USA sind auch bereits abgestuft worden, wenn die FED wirklich anfangen würde im mehrstelligen Milliardenbereich Eurobonds zu kaufen, kracht der Dollar hinterher.

Man muss wirklich den Kopf schütteln: Statt das die westlichen Regierungen mal einräumen "Okay, wir haben zuviel Schulden gemacht. War unser Fehler. Wir haben daraus gelernt." wollen die ihre Party immer weiter führen. Ein besseres Konjunkturprogramm für den Lachenden Dritten, den asiatischen Markt, kann ich mir kaum vorstellen.

Michael B. Offline



Beiträge: 66

28.11.2011 23:25
#49 Währungskrieg Dollar gegen Euro Antworten

Zitat
Es reicht doch ein Blick auf das Geldmengenwachstum und dann sieht man genau "auch diesmal ist es nicht anders". Geschickterweise veröffentlicht die FED nichts mehr zum Geldmengenwachstum, sie wissen genau warum. Denn die neuen Kleider es Königs gibt es eben nicht Und ebenso geschickt wird die Basis für die Inflation angepasst. Dann gibt es auf einmal core Inflation und eben nicht core.. In nicht core wird alles "verschoben" was "zu sehr steigt".



Ja. Aber es gibt zwei gewaltige Unterschiede zwischen der FED und der EZB, was das Inflationspotenzial und das Geldmengenwachstum angeht. In der FED ist das Zentralbankgeld eine Monade, bei der EZB nicht. Das ist absolut entscheidend. Ich muß etwas ausholen:

1. Das in der Wirtschaft flottierende Geld (Bargeld, Buchgeld, Kredite, Forderungen etc.) und das Zentralbankgeld besitzen zwar irritierenderweise den selben Namen (€, $, usw.), sind aber grundverschiedene Dinge. Zum Verständnis der Inflation und der Währung an sich ist es vorteilhaft, sich das ständig vor Augen zu halten.

1.1 Die flottierende Geldmenge, deren Allokation im Detail und deren Umlaufgeschwindigkeit ist für die Inflation egal, sie betrifft "nur" Verteilungsfragen, nämlich über den Preismechanismus, sozusagen den Wert der Währungseinheit. Es kommt zu Preissteigerungen, vulgo: "alles wird teurer" (auch die Löhne natürlich). Am Ende verliert der i.d.R. der Sparer auf Kosten des Kreditnehmers, die Wirtschaftskraft bleibt in Summe mehr oder weniger konstant.

1.2 Die Zentralbankmenge bestimmt den Wert der Währung an sich: Wenn die Zentralbankmenge gegenüber der flottierenden Geldmenge erhöht wird, entsteht Inflation. Im Gegensatz zum Szenario oben verlangen Produzenten jetzt nicht einfach mehr Geldeinheiten pro Produkt- oder Arbeitseinheit, sondern sie wehren sich gegen die Annahme von Geld ("Geld ist immer weniger wert"). Die Wirtschaftstätigkeit verlangsamt sich, es kommt mindestens zur Rezession, bei anschließenden Spiralen von Ausweitungen beider Geldmengen zur Hyperinflation mit völligem Zusammenbruch der Wirtschaft.

2. Grob gesagt befindet sich der Euro auf Pfad 1.1, der Dollar auf Pfad 1.2. Warum?

2.1 Der erste Unterschied ist die Bewertungsmethode des Zentralbankgeldes: Die EZB gibt hier vierteljährlich Berichte heraus, in denen alle Assets (z.B. Zentralbankgold, Sonderziehungsrechte usw) in aktuellen Marktpreisen angegeben sind, es existiert also ein realer Gradmesser des Wertes der Zentralbankmenge. Die FED tut dies nicht, sondern legt einen historisch fixierten, fiktiven Dollarkurs an, ähnlich wie hierzulande für Steuerzwecke alle Grundstücke mit den fiktiven Wert von 1921 verbucht werden. Mit anderen Worten: Man weiß um den Wert des Euros, beim Dollar kann man nur hoffen oder fürchten. Der Kreditschöpfungshebel des Euro ist transparent, der des Dollar opak, und zwar neuerdings von beiden Seiten der Gleichung, immer aber schon von einer Seite her, was Schätzungen weiter erschwert.

2.2 Beim Design der EZB war man außerordentlich clever, alles an ihrer Ausgestaltung ist planmäßig auf die Ablösung des Dollar als Leitwährung gerichtet. Die nachgeschobenen, sogenannten Stabilitätskriterien sind hierfür völlig unerheblich, diese waren nur Publicity für die deutsche Öffentlichkeit und ihre Verletzung ist deshalb auch kein Beinbruch. Auch der Euro ist natürlich "designed to print" aber den Regierungen ist es verwehrt, durch Zentralbankgeldausweitungen mit dem Strick den ihnen die EZB in Form frischen Geldes weiterhin in die Hand gibt, Dritte zu hängen -- sie können sich nur noch selbst hängen. Exakt das ist den PIIGS passiert.

2.2.1 Konkret: Der strukturelle Unterschied ist der Injektionspunkt des geschöpften Geldes: Bei der FED über den Staatshaushalt als ersten Empfänger neuen Geldes, bei der EZB die Geschäftsbanken. bei der FED steht also frischem, umlaufenden Geld eine gleiche Menge Zentralbank gegenüber, was das Verhältnis der beiden Geldarten permanent zuungunsten des Umlaufenden Geldes verschiebt, dieses also entwertet (siehe 1.2), bein Euro ist die Geldschöpfung derart, daß eine entsprechende Menge Zentralbank entsteht (oder entstehen kann, i.d.R wird es das tun). Das Verhältnis der beiden Geldarten bleibt also konstant.

3. Die Schaffung des Euro ist eine ungeheure Machtprobe der Europäer mit den USA, deshalb ist Schäuble zuzustimmen, wenn er sagt, daß hinter den Euro nicht mehr zurückgegangen werden kann. Egal welche Maßnahmen man ergreift (Eurobonds, Stabilisierungsfonds, Kauf von Staatsanleihen durch die EZB), die Regeln aus 2.1 und 2.2 bleiben in allen Fällen wirksam, und es ergeben sich "nur" verschiedene schmerzhafte Binnenverteilungseffekte. Eine Gefahr für den Euro besteht in keinem Falle. Katastrophal wäre hingegen eine Auflösung des Euro, die wieder eine sofortige Abhängigkeit vom Dollarraum bedeuten würde. Bis in die späten 70er (also bis zum Beginn der Planungen für den ECU und die EZB) war das ein eher geringes Problem, nachdem man in den USA aber QE entdeckte und sich mit Riesenschritten auf Szenario 1.2 zubewegt, wäre eine solche Abhängigkeit für Europa geradezu tödlich. Alle Rettungskosten sind dagegen Peanuts.

4 (Exkurs England/Schweiz) Warum hat die Schweiz den Franken mitten in der Krise an den Euro gekoppelt? Wieso prophezeit Schäuble, England würde binnen 24 Monaten in den Euro einsteigen? Weil beide Länder wählen müssen, weil ein Zuwarten nicht mehr lange gutgeht. Die Schweiz hat sich entschieden, England kann ohne den Euro untergehen (d.h. irrationalerweise darauf hoffen, von den USA als Binnenland angesehen zu werden) oder mit allen Rechten, allerdings gegen die eigene Europascheu, beim Euro einsteigen. Sie wären extrem dumm, es nicht zu tun.

5 (Exkurs Wechselkurs) Das gelegentlich vorgebrachte Argument, der $-zu-€-Kurs würde der These von der strukturellen und zunehmenden Wetlosigkeit des Dollar wiedersprechen, übersieht erstens, daß der Dollar nur noch mit erheblichen Zwängen und mangels etablierter Alternativen im Ausland angenommen wird und zweitens daß der Kurs in erster Linie die gegenwärtigen Stromgrößen spiegelt und noch nicht (sondern nur "in the long run") die Entwicklung der realen Vermögens. Das ist ein weites Feld und ich will hier nicht weiter darauf eingehen.

6 (Exkurs Eingreifen der FED und der Großinvestoren) Eine Zerschlagung der Eurozone ist für die USA zum wirtschaftlichen Überleben absolut notwendig. So ist auch die Ankündigung von Seiten der FED zu verstehen, "notfalls" selber im Euromarkt einzugreifen. Dieses Eingreifen würde nur dazu dienen, die EZB zu umgehen und den Euro hinsichtich der in 2) genannten Merkmale dem Dollar anzugleichen und somit als Alternative zum Dollar als Leitwährung zu entwerten um die eigene Hegemonie zu erhalten. Vermutlich ist auch die Zurückhaltung der überwiegend im amerikanischer Hand befindlichen Großinvestoren beim Verkauf der jüngsten Bundesanleihen so zu verstehen: Entweder dort wird hinter den Kulissen Druck aufgebaut oder die Großanleger setzen auf die USA als vorläufigen Sieger im Kampf gegen den Euro.

7 (Fazit) Die Probleme aller angedachten Lösungen hinsichtlich der Schuldenkrise sind riesig hinsichtlich der Verteilungsgerechtigkeit, des moral hazard und der demokratischen Legitimation. Ein Scheitern des Euro wäre weit schlimmer und in seinen Konsequenzen für Europa äquivalent zur Wiederholung der Resultate des zweiten Weltkrieges: Europa würde zum von den USA abhängigen Billigexporteur degradiert.

8 (Prognose) Keine. Ich halte den Ausgang für völlig offen. Die Entscheidung wird daran hängen wieviel Umverteilung, austerity und Brüsseler Machtübernahne die europäischen Völker zu tolerieren bereit sind, während man sie über die Motive belügt.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

28.11.2011 23:47
#50 RE: Währungskrieg Dollar gegen Euro Antworten

Zitat von MIchael B.
Aber es gibt zwei gewaltige Unterschiede zwischen der FED und der EZB, was das Inflationspotenzial und das Geldmengenwachstum angeht. In der FED ist das Zentralbankgeld eine Monade, bei der EZB nicht. Das ist absolut entscheidend. Ich muß etwas ausholen:



Die eine Hälfte, insbesondere den Unterschied zwischen Zentralbankgeld und "flottierendem Geld", habe ich nicht verstanden. Der anderen, insbesondere der Begründung der Stärke des Dollars und der Entscheidung der Schweiz, würde ich widersprechen. Folgende Fragen: Wie äußert sich in dieser Welt die Abhängigkeit von einer anderen Währung? Wie äußert sich eine "Hegemonie" des Dollars und warum ist die vorteilhaft für die Amerikaner? Warum suchen die USA nach einem weiteren Billigexporteur, wo sie doch mit dem bisherigen schon Probleme genug einkaufen?

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

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