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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 98 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
Johann Grabner Offline



Beiträge: 84

02.07.2012 13:14
#51 in den USA ist der Bail-Out institutionalisiert Antworten

Die USA haben als wichtigste Säule den laufenden Finanzausgleich. Unter einer dreistelligen Anzahl von Programmen finden sich etwa die Arbeitslosenversicherung, die Rentenversicherung, die Veteranenversorgung, die Sozialhilfe (vor allem Essensmarken) oder der Bau von Bundesautobahnen. Regionale Schocks, die sich in erhöhter Arbeits- und Sozialhilfenachfrage niederschlagen, belasten damit kaum die bundestaatlichen Budgets (nur dort, wo die Staaten die Bundeshilfe noch aufstocken, wie es etwa CA macht, allerdings mit sinkender Tendenz).

Dieser automatische Ausgleich macht den Unterschied zwischen Florida und Spanien aus: die Immobilienblasen waren vergleichbar, der Einbruch in der Wirtschaftsleistung hier wie da erheblich, aber die Aufwendungen für die Bankenrettung, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die wird Florida zu 100% vom Bund bezahlt: http://krugman.blogs.nytimes.com/2012/06...a-versus-spain/

Bei noch größeren Problemen wie der S&L-Krise in den 1980ern springt dann der Bund auch gerne mal mit zusätzlichen Hilfen ein. Davon hat damals Texas stark profitiert: http://acemaxx-analytics-dispinar.blogsp...us-spanien.html würde die EU Spanien so helfen wie die USA damals Texas, man müßte 250 Mrd. Euro überweisen - geschenkt.

Texas hat übrigens daraus gelernt und kam durch die letzte Finanzkrise ganz gut durch. Die haben unter anderem heute weit strengere Vergabevorschriften für Hypothekarkredite, weshalb die Kredithaie von Countrywide und Konsorten dort nie die Blase aufpumpen konnten wie in einigen anderen Bundesstaaten. Eine lockere Politik der Flächenwidmung hat auch geholfen.

Man darf also das mit dem no Bail-Out nur im größeren Zusammenhang sehen. Daß alle Einheiten, die Dollar nicht selbst erzeugen können, sich nicht übermäßig verschulden dürfen, ist klar. Aber daß es dazu eine starke schützende Hand in Form der Bundesregierung geben muß, die bei Bedarf schnell mit Finanzhilfen (echte Hilfen, nicht Krediten) einspringt, muß man dazu auch wissen. Hätte etwa die EZB europ. Staatsanleihen im Umfang von sagen wir 2.000 Mrd. Euro aufgekauft (so wie es die FED, die Bank of Japan oder die Bank of England in ähnlicher Höhe relativ zur Größe ihrer Volkswirtschaften gemacht haben), wir hätten noch nie etwas von einer Euro-"Schulden"krise gehört. Hätte man auch in Europa 700 Mrd. Euro in die Hand genommen, um notleidende Hypothekenkredite aufzukaufen, dann ebenso nicht. Daß von den 750 Mrd. 200 nach Spanien und 100 nach Irland gegangen wären, aber nur 2 nach Österreich und gar nichts nach Finnland, das wäre in den USA kaum einer Diskussion wert gewesen, ist aber in Europa offenbar nicht möglich.

Das angebliche "Schuldenproblem" ist kein ökonomisches, sondern ein theologisches, moralisches, ideologisches. "Es wird aus dogmatischen Gründen eine Phantomdebatte geführt, als ob das Wirtschaftsleben eine Moralfabel wäre. "Südeuropa hat gesündigt und es muss bestraft werden [, selbst wenn wir dabei mit untergehen]"." Martin Wolf beschreibt die deutsche Haltung so: "Fiat justitia, et pereat mundus. " (http://blogs.ft.com/martin-wolf-exchange.../#axzz1zSj92AoI)

Martin Offline



Beiträge: 4.129

02.07.2012 13:36
#52 RE: in den USA ist der Bail-Out institutionalisiert Antworten

Zitat von Johann Grabner im Beitrag #51
Hätte etwa die EZB europ. Staatsanleihen im Umfang von sagen wir 2.000 Mrd. Euro aufgekauft (so wie es die FED, die Bank of Japan oder die Bank of England in ähnlicher Höhe relativ zur Größe ihrer Volkswirtschaften gemacht haben), wir hätten noch nie etwas von einer Euro-"Schulden"krise gehört. Hätte man auch in Europa 700 Mrd. Euro in die Hand genommen, um notleidende Hypothekenkredite aufzukaufen, dann ebenso nicht.
Nun, in den USA ist das ein Thema, und der Kniefall Paulsons vor Frau Pelosi ist Geschichte.

Zitat
Daß von den 750 Mrd. 200 nach Spanien und 100 nach Irland gegangen wären, aber nur 2 nach Österreich und gar nichts nach Finnland, das wäre in den USA kaum einer Diskussion wert gewesen, ist aber in Europa offenbar nicht möglich.



Das ist auch nicht das dominierende Thema in Europa. Das Thema sind die fehlenden Regularien als Voraussetzung für einen vernünftigen Transferprozess.

Gruß, Martin

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

02.07.2012 13:48
#53 RE: in den USA ist der Bail-Out institutionalisiert Antworten

Zitat
Hätte etwa die EZB europ. Staatsanleihen im Umfang von sagen wir 2.000 Mrd. Euro aufgekauft (so wie es die FED, die Bank of Japan oder die Bank of England in ähnlicher Höhe relativ zur Größe ihrer Volkswirtschaften gemacht haben), wir hätten noch nie etwas von einer Euro-"Schulden"krise gehört.

Stimmt, denn die Probleme der Banken und der Staaten wären dann erstmal gelöst. Bis zur nächsten Blase halt. Aber Schneeballsysteme halten nicht ewig.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

02.07.2012 15:57
#54 RE: in den USA ist der Bail-Out institutionalisiert Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #53

Zitat
Hätte etwa die EZB europ. Staatsanleihen im Umfang von sagen wir 2.000 Mrd. Euro aufgekauft (so wie es die FED, die Bank of Japan oder die Bank of England in ähnlicher Höhe relativ zur Größe ihrer Volkswirtschaften gemacht haben), wir hätten noch nie etwas von einer Euro-"Schulden"krise gehört.
Stimmt, denn die Probleme der Banken und der Staaten wären dann erstmal gelöst. Bis zur nächsten Blase halt. Aber Schneeballsysteme halten nicht ewig.


Von Blase zu Blase von Krise zu Krise. Und zwischendrin gibt's blauen Himmel mit Wölkchen in denen neue Kuckucksheime errichtet werden.



Vielen Dank für den Beitrag um den Link, lieber Johann Grabner.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Florian Offline



Beiträge: 3.136

02.07.2012 16:28
#55 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

@ Zettel:

Zitat
Natürlich war allen klar, daß eine Einheitswährung nur funktionieren kann, wenn es eine einheitliche, wenigstens eine ähnliche Fiskalpolitik gibt; deshalb die Konvergenzkriterien von Maastricht.



Ich sehe die Dinge hier ja anders als R.A. (das haben wir schon an anderer Stelle diskutiert.

Aber auch Sie, lieber Zettel, haben hier einen Denkfehler.
Allerdings einen Fehler, den man in der Euro-Diskssuion immer wieder hört.
Daher möchte ich das hier einmal thematisieren:

Im Euro-Raum haben die einzelnen Länder teilweise unterschiedliche Entwicklungen.

Richtig ist, dass Fiskalpolitik ein (zwar nicht ganz modernes, aber zumindest mögliches) Mittel ist, um diese unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen auszugleichen.
Damit dass allerdings funktioniert, muss die Fiskalpolitik in den einzelnen Ländern UNTERSCHIEDLICH sein.

Wenn in einem Land die private Nachfrage wegbricht, kann dies der Staat ggf. durch staatliche Investitionen ausgleichen.
Wenn die private Nachfrage überschäumt, kann dies der Staat ggf. durch entsprechende Sparsamkeit oder durch Steuererhöhungen ebenfalls ausgleichen.

Dies setzt dann aber zwingend voraus, dass die einzelnen Staaten eine eigenständige, nicht harmonisierte Fiskalpolitik betreiben.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

02.07.2012 16:45
#56 RE: Ausgehebelt Antworten

Ach ja, was ich vergaß: Mit einem dem Art. 136 AEUV anzufügenden Abs. 3 soll ein kompetenzrechtliches Feigenblatt für den ESM geschaffen werden, das zum 1.1.2013 in Kraft treten sollte, während für den ESM-Vertrag ja der 1.7.2012 als Geburtsdatum vorgesehen war. Ist das nicht so etwas wie das Geständnis, dass die Völkerrechtskonstruktion des ESM eine Umgehung von Unionsrecht darstellt? Und noch ein Schmankerl: Die Änderung des Art. 136 AEUV soll im vereinfachten Vertragsänderungsverfahren nach Art. 48 Abs. 6 EUV erfolgen: http://dejure.org/gesetze/EU/48.html

Voraussetzung für dieses Verfahren ist aber u.a. auch, dass die Änderung nicht zu einer Ausweitung der Unionskompetenzen führt. Im betreffenden Beschluss des Europäischen Rates (aufgepasst, Erling Plaethe, ein Grund mehr, dieses Organ nicht zu mögen ) heißt es lakonisch (6. Erwägungsgrund): "Die Änderung ... führt nicht zu einer Ausdehnung der der Union im Rahmen der Verträge übertragenen Zuständigkeiten." Eine Begründung dafür wird nicht gegeben. Aber man kann da durchaus anderer Ansicht sein: Denn diese Änderung gibt der Union eine Bailout-Kompetenz, die sie nach Art. 125 AEUV gerade nicht hat. Man hat sich wohl nicht getraut, diesen Artikel aufzuheben, weil dies das Eingeständnis des Endes der Stabilitätsunion und der Begründung der Schuldenunion gewesen wäre.
Unsere nationalen Volksvertreter haben diesen neuen Art. 136 Abs. 3 AEUV übrigens am Freitag gemeinsam mit dem ESM und dem Fiskalpakt abgesegnet. Siehe Näheres dazu und auch den Beschluss des ER im Wortlaut: http://www.bundestag.de/dokumente/textar..._esm/index.html
(Man klicke auf den letzten Link (17/9047) im Text unter der Überschrift Euro-Rettungsschirm ESM und ESM-Finanzierungsgesetz).

Interessantes zu ESM, Fiskalpakt und Art. 136 Abs. 3 AEUV findet man auch in diesem Beitrag von M. Herdegen, einem namhaften Staats- und Völkerrechtler:
http://www.faz.net/aktuell/politik/staat...z-11708293.html

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.07.2012 18:01
#57 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #55
@ Zettel:

Zitat
Natürlich war allen klar, daß eine Einheitswährung nur funktionieren kann, wenn es eine einheitliche, wenigstens eine ähnliche Fiskalpolitik gibt; deshalb die Konvergenzkriterien von Maastricht.
Ich sehe die Dinge hier ja anders als R.A. (das haben wir schon an anderer Stelle diskutiert.

Aber auch Sie, lieber Zettel, haben hier einen Denkfehler.

Und wo liegt nun der Denkfehler Ihrer Ansicht nach, lieber Florian? Mir scheint das, was Sie von mir zitieren, eher eine Binsenweisheit zu sein.

ESKA ( gelöscht )
Beiträge:

02.07.2012 22:43
#58 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

Zitat von Michael B. im Beitrag #39
... andere Perspektive ...
Schließe mich kaa an. Viele Denkanstöße. Hab´s jetzt zum dritten mal gelesen.
Warum, zur Hölle, liest man davon kein einziges Wort in den Medien?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

02.07.2012 22:45
#59 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

Zitat von ESKA
Warum, zur Hölle, liest man davon kein einziges Wort in den Medien?

Weil es zu sehr nach Verschwörungstheorie klingt?

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

uniquolol Offline




Beiträge: 254

02.07.2012 23:23
#60 RE: Ausgehebelt Antworten

BTW - nur für Spezialisten bzw. Interessierte:

In einem Podcast des Radiomoderators Holger Klein erklärt der Chef der Berliner Piratenfraktion Christopher Lauer seine persönliche Theorie zur Eurokrise...

“WR084 Eroberung von Lauers Büro”
http://www.wrint.de/2012/07/02/wr084-ero...on-lauers-buro/

(ab 22:54 Minuten - Dauer circa 10 Minuten)

EDIT: 03.07.12 - 19:00 Uhr
Dieses Audio soll nur die Denkungsart führender Piratenmitglieder aufzeigen, ich persönlich bin natürlich nicht der Meinung von Christopher Lauer...

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

03.07.2012 01:37
#61 RE: Ausgehebelt Antworten

Zitat
Problematisch ist aber unter anderem, dass der Rat (= Ministerrat, nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat = Staats- und Regierungschefs) eigentlich als Exekutivorgan konzipiert ist, aber zusammen mit dem Parlament auch der Gesetzgeber der Union ist. Letztlich liegt der Haken wohl darin, dass die EU eine Institutionenlandschaft übernommen hat, die für sektorielle Gemeinschaften wie die einstige EGKS, die Euratom oder die alte EWG passend gewesen sein mag, für die EU des Jahres 2012 aber nicht mehr taugt. Eine Fortentwicklung hat es nur bei der Versammlung, also dem heutigen Parlament, gegeben.



Diese unstrukturierte Gewachsenheit der EU halte ich für eines der Haupthindernisse warum es vielen so schwer fällt sich mit dieser zu identifizieren, denn dazu müsste man ersteinmal durchblicken können. Etwas ähnliches meine ich mit Verbritung der EU-Verfassung.

Die EU erinnert ein bisschen an GB...

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein


"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."

-Thomas Jefferson

Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

03.07.2012 02:07
#62 RE: Ausgehebelt Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #45
Zitat von Noricus im Beitrag #42
Was ich vergessen habe zu erwähnen: In der EU gilt ja grundsätzlich das Prinzip des dezentralen Vollzugs, d.h. das Gros des Unionsrechts wird von nationalen Behörden und Gerichten vollzogen. Bei Zweifeln über die richtige Auslegung des Unionrechts bzw. über die Gültigkeit eines sekundären Unionsrechtsakts muss jedenfalls die letzte nationale Instanz dem EuGH die Frage vorlegen, wie die betreffende Unionsnorm auszulegen bzw. ob sie gültig sei (Vorabentscheidungsverfahren, Art. 267 AEUV). Auch auf diesem Weg übt der EuGH seine Verfassungsgerichtskompetenz aus.

Gut, aber mir ging es um die verfassungsmässige Kontrolle des Gesetzgebers und der Regierung und da hält sich der EuGH zurück. Wieso hält er still wenn mit dem Gouverneursrat des ESM ein rechtsfreier Raum geschaffen wird? Wann kennzeichnet der EuGH verfassungswidrige Massnahmen dieser Organe?



Wie kann der ESM-Vertrag gegen eine "EU-Verfassung" verstoßen? Wenn überhaupt, dann besteht ein höherrangiges "EU-Verfassungsrecht" ja aus völkerrechtlichen Verträgen. Der ESM-Vertrag siedelt auf der gleichen Ebene an. Er ist quasi eine Verfassungsänderung (der EU-Verfassung).

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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

03.07.2012 02:21
#63 RE: in den USA ist der Bail-Out institutionalisiert Antworten

Zitat von Johann Grabner


Man darf also das mit dem no Bail-Out nur im größeren Zusammenhang sehen. Daß alle Einheiten, die Dollar nicht selbst erzeugen können, sich nicht übermäßig verschulden dürfen, ist klar. Aber daß es dazu eine starke schützende Hand in Form der Bundesregierung geben muß, die bei Bedarf schnell mit Finanzhilfen (echte Hilfen, nicht Krediten) einspringt, muß man dazu auch wissen. Hätte etwa die EZB europ. Staatsanleihen im Umfang von sagen wir 2.000 Mrd. Euro aufgekauft (so wie es die FED, die Bank of Japan oder die Bank of England in ähnlicher Höhe relativ zur Größe ihrer Volkswirtschaften gemacht haben), wir hätten noch nie etwas von einer Euro-"Schulden"krise gehört. Hätte man auch in Europa 700 Mrd. Euro in die Hand genommen, um notleidende Hypothekenkredite aufzukaufen, dann ebenso nicht. Daß von den 750 Mrd. 200 nach Spanien und 100 nach Irland gegangen wären, aber nur 2 nach Österreich und gar nichts nach Finnland, das wäre in den USA kaum einer Diskussion wert gewesen, ist aber in Europa offenbar nicht möglich.




Nennen wir den Vorschlag beim Namen: Druckerpresse anwerfen. Egal ob eine Geldmengenausweitung durch entsprechendes Wirtschaftswachstum gedeckt ist.

Zitat

Das angebliche "Schuldenproblem" ist kein ökonomisches, sondern ein theologisches, moralisches, ideologisches. "Es wird aus dogmatischen Gründen eine Phantomdebatte geführt, als ob das Wirtschaftsleben eine Moralfabel wäre. "Südeuropa hat gesündigt und es muss bestraft werden [, selbst wenn wir dabei mit untergehen]"." Martin Wolf beschreibt die deutsche Haltung so: "Fiat justitia, et pereat mundus. " (http://blogs.ft.com/martin-wolf-exchange.../#axzz1zSj92AoI)



Moment mal: Was ist hier dogmatischer, quasi-religiöser Glaube? Ist das nicht eher der Glaube an diese segensbringende Wirkung der Druckerpresse? Oder ist aus ihrer Sicht tatsächlich das Misstrauen gegenüber einer wundersamen, angeblichen Kaufkraftquelle ohne realwirtschaftliche Deckung die Religion?

Ist aus ihrer Sicht nicht der gottgläubige Mensch der religiöse, sondern der Atheist? Sind schon Agnostiker verirrte Seelen auf dem Pfad der Irrationalität, da sie Atheisten schon zu nahe stünden?

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― Robert A. Heinlein


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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

03.07.2012 02:41
#64 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #59

Zitat von ESKA
Warum, zur Hölle, liest man davon kein einziges Wort in den Medien?
Weil es zu sehr nach Verschwörungstheorie klingt?



Eben gerade nicht. Schreiben wir über die selben Ausführungen? Wo wird eine Verschwörung postuliert?

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Michael B. Offline



Beiträge: 66

03.07.2012 03:40
#65 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

Weil es keinen zu interessieren scheint, liest man davon nur in Nischenbeiträgen. Zum Beispiel hier: http://www.breitbart.com/Big-Government/...phs-Over-Europe , eine konservative und ganz und gar nicht antiamerikanische US-Newsquelle, keine der ganz großen, aber auch kein Zwerg. Um Geheimwissen oder "Konspirationsstoff" handelt es sich ja nicht, aber "Medien" haben halt ein kurzes Gedächtnis, und was sich langsam aber nichtsdestoweniger mächtig, quasi kontinentalverschiebungsartig bewegt, ist halt keine Neuigkeit, zu wenig Theater, zu wenig Anknüpfungspunkte für Tagesinteressen.

Der erste Abstaz im verlinkten Artikel ist natürlich objektiv total übertrieben (es ging da nur um relativ normale Swaps in Höhe von unter 10 Mrd. $) und soll wohl amerikanischen Patrioten ein wohliges Gefühl verschaffen. Interessant (für den oben von mir diskutiuerten Zusammenhang Euro kontra Dollar) ist der Rest, der da so matter-of-factly rekapituliert wird. Dieser Fundamentalkonflikt ist in den USA alles andere als ein fast peinliches Geheimnis., man betreibt den Dollar-Imperialismus fürs heimische Publikum schon immer recht offen.

Hier das gleiche Sujet aus europäischer Sicht, in seiner offiziellen, aber drögestmöglichen Form mit viel Zwischen-den-Zeilen-Lesevergnügen für Spezialisten (und nützlichen Zahlen): www.ecb.int/pub/pdf/other/euro-internati...ole201107en.pdf

Michael B. Offline



Beiträge: 66

03.07.2012 04:32
#66 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

Ergänzung zum Beitag von gestern:
Drittens die Banken und die jetzt offene Möglichkeit zu ihrer Rekapitalisierung durch die EZB über dem EMS-Mechanismus und die Bankenunion sowie die Kapitalmarktsteuer: Das ist eine 100%ig begrüßenswerte und lange überfällige Sache für 99,99% aller Europäer und wer hier aus antistaatlichen liberalen Laissez-faire-Reflexen Bedenken hat, schüttet das Kind mit dem Bade aus. Rekapitalisierung heißt ja im Endeffekt nichts anderes als die Verdrängung der Alteigentümer durch die EZB, also Übernahme der Banken in EU-Besitz sowie Gewinnabschöpfung bei den Banken (das Geld aus der Kapitalmarktsteuer, ca. 30-50 Mrd. € pro Jahr fließt ja wieder in den EMS-Mechanismus zurück), quasi eine Rücküberführung der Banken in den Zustand, den ihnen die klassische liberale Theorie von Smith über Hayek bis Erhardt zubilligt: als Infrastruktur für die Produktivwirtschaft, nicht als quantitativ dominanter Wirtschaftsfaktor auf eigene Rechnung.
Das inhärente Problem der Staatskontrolle der Banken (bestes Beispiel: unfähige Proporzpolitiker als Aufsichtsräte in Landesbanken!!) wird immerhin ein weinig gemildert durch die Angliederung an die EZB, nicht den Staat. Allerdings verwischt das natürlich etwas die wünschenswerte Schranke zwischen Zentralbank als Zinssetzer und Geschäftsbank als Kreditgeber, aber angesicht der ungeheuerlichen Mißbräuche der Banken in den letzen 20 Jahren halt ich das für ein relativ kleines Übel.
Der Verlust ist ja längst da, es gilt ihn nur noch geografisch und zwischen Steuerzahler und Bankkapitaleignern zu verteilen, es sollte also klar sein, daß es nicht zu einem 100%-Bailout kommt. Natürlich ist es für den Kleinanteilsnehmer doof, hier Geld zu verlieren, aber für die Steuerzahler auch und um die Detailverteilung der Lasten wird man streiten müssen. Es war richtig, die Banken zunächst zu retten, und es ist genaus richtig sie jetzt in Ruhe zu erdrosseln, das Trennbankengebot wieder durchzusetzen und sie auf den Status seriöser Sparkassen und Geschäftsbanken zu stutzen. Und Banken in EZB-Besitz hauen auch nicht nach London oder HongKong ab, um die Kapitalmarktsteuer zu umgehen, wie man gelegenlich hört, die sind Befehlsempfänger und bleiben schön hier. Einige nichteuropäische Banken werden das natürlich in einigen Geschäftsfeldern tun - sie werden uns nicht fehlen.

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

03.07.2012 07:37
#67 RE: Ausgehebelt Antworten

Zitat von uniquolol im Beitrag #60
BTW - nur für Spezialisten bzw. Interessierte:

In einem Podcast des Radiomoderators Holger Klein erklärt der Chef der Berliner Piratenfraktion Christopher Lauer seine persönliche Eurokrise-Theorie...
So ... und ... ähm, ... also diese ganze Nummer, ... äh ..., also, ... das nehme ich ihnen jetzt aber wirklich übel, lieber uniquolol. Ich habe jetzt tatsächlich 10 Minuten meiner Lebenszeit dafür verschwendet, diesen beiden unterbelichteten Schwachköpfen zuzuhören.

Und das Schlimmste ist: Vor vielen vielen Monden, als ich noch jung und naiv war, da fand ich Holger Klein noch echt gut, so ... äh ... im Jugendradio, also ... äh ... damals.

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Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.

notquite Offline



Beiträge: 506

03.07.2012 09:38
#68 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #35

Zitat von R.A.
Dann hätten die Griechen zum Londoner Club gehen und ihren Staatsbankrott verhandeln müssen.
Das hätte aber die implizite Erwartung der gesamtschuldnerischen Haftung der Eurostaaten platzen lassen, von der die Märkte seit Ankündigung der Währungsunion ausgingen und die von der Politik mehr gefördert als gedämpft wurde. Und dann wären die Zinsen für Länder bis hin zu Frankreich binnen Kurzem auf ein Niveau geschnellt, das zu noch mehr hektischer Aktivität Anlass gegeben hätte. Auf der anderen Seite wären die Folgen für das Finanzsystem nach der Finanzkrise enorm bis katastrophal gewesen. Da trafen sich also die Interessen der Politik und der Bankbosse, diesen Fall nicht auszutesten, und diese Logik beherrscht das Geschehen bis heute. Die Frage ist, ob sich die Katastrophe überhaupt vermeiden lässt. Da bin ich skeptisch. Die nächste Frage wäre, in welcher Form die Katastrophe eintreten wird. Da bin ich optimistischer. Es wird nur eine Hyperinflation geben.



Diese angeblich kritischen Zinsniveaus sind ja nun auch eine Erfindung der südländischen Erpresser, die in der politischen Debatte in Deutschland ohne Nachfrage geschluckt wird. Spanien und Italien wollen von einem Zinsniveau befreit werden, das deutsche Staatsanleihen zwischen 1949 und 2005 NIE (richtig gelesen, NIE) unterschritten haben. Die Spitzenzinssätze der bundesdeutschen Verschuldung lagen waren sogar etwa doppelt so hoch (> 10 %), ähnlich wie bei Russland, Brasilien oder Indien aktuell.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

03.07.2012 10:23
#69 RE: in den USA ist der Bail-Out institutionalisiert Antworten

Zitat von Johann Grabner im Beitrag #51
Das angebliche "Schuldenproblem" ist kein ökonomisches, sondern ein theologisches, moralisches, ideologisches.

Das kommt darauf an, wie man mit den Schulden umzugehen gedenkt.

Die übliche bürgerliche Auffassung ist, daß man Schulden zurückzahlen muß. Und dann sind (zu hohe) Schulden ein ganz erhebliches ökonomisches Problem.

Sie scheinen (wie viele linke Politiker) davon auszugehen, daß der Staat seine Schulden ohnehin nie zurückzahlen wird. Dann hat er - zumindestens vorerst - vielleicht noch kein ökonomisches Problem.
Aber ein massives moralisches.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

03.07.2012 10:28
#70 RE: Legendenbildung Merkel ? Antworten

Zitat von Michael B. im Beitrag #66
Rekapitalisierung heißt ja im Endeffekt nichts anderes als die Verdrängung der Alteigentümer durch die EZB...

Wieso?
M. W. stellt die EZB nur Kredite zur Verfügung bzw. kauft den Banken ihre Problempapiere ab. An den Eigentumsverhältnissen bei den Banken ändert sich dadurch überhaupt nichts.

uniquolol Offline




Beiträge: 254

03.07.2012 11:19
#71 RE: Ausgehebelt Antworten

@calimero:
Kann ich aus Ihrer Antwort schließen, dass Lauer Sie nicht überzeugen konnte? Er ist doch immerhin einer dieser hochbegabten Vordenker der Freibeuter!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.07.2012 11:21
#72 RE: Ausgehebelt Antworten

Zitat von uniquolol im Beitrag #71
Kann ich aus Ihrer Antwort schließen, dass Lauer Sie nicht überzeugen konnte? Er ist doch immerhin einer dieser hochbegabten Vordenker der Freibeuter!
Meinen Sie mich? Oder wen?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.07.2012 11:28
#73 Forumsregeln Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #72
Zitat von uniquolol im Beitrag #71
Kann ich aus Ihrer Antwort schließen, dass Lauer Sie nicht überzeugen konnte? Er ist doch immerhin einer dieser hochbegabten Vordenker der Freibeuter!
Meinen Sie mich? Oder wen?


Schauen Sie, lieber uniquolol, deshalb gibt es die Forumsregel, Nachträge (nicht Korrekturen von Tippfehlern oder stilistische Verbesserungen) durch "Edit" zu kennzeichnen.

Während ich meine Antwort schrieb, haben Sie Ihren Beitrag geändert und "@Calimero" eingefügt. Sie haben das nicht als nachträgliche Einfügung gekennzeichnet.

Ich als Admin konnte das sehen. Ein anderer, der wie ich den fehlenden Bezug Ihres Beitrags in der ursprünglichen Form beanstandet hätte, stünde jetzt als Depp da; denn da steht doch "@Calimero".



Diese Forumsregel ist ja keine Willkür. Sondern ihre Einhaltung ist für eine faire Diskussion erforderlich.

Ich bitte Sie, sich künftig daran zu halten.

Zettel

uniquolol Offline




Beiträge: 254

03.07.2012 11:32
#74 RE: Forumsregeln Antworten

@zettel:
Okay!

H_W Offline



Beiträge: 456

03.07.2012 11:50
#75 Nicht nur ähm! Antworten

Zitat von Calimero im Beitrag #67
Zitat von uniquolol im Beitrag #60
BTW - nur für Spezialisten bzw. Interessierte:

In einem Podcast des Radiomoderators Holger Klein erklärt der Chef der Berliner Piratenfraktion Christopher Lauer seine persönliche Eurokrise-Theorie...
So ... und ... ähm, ... also diese ganze Nummer, ... äh ..., also, ... das nehme ich ihnen jetzt aber wirklich übel, lieber uniquolol. Ich habe jetzt tatsächlich 10 Minuten meiner Lebenszeit dafür verschwendet, diesen beiden unterbelichteten Schwachköpfen zuzuhören.

Lieber Calimero, anscheinend haben Sie nicht richtig hingehört! Sonst wären Ihnen die vielen "öhms" nicht entgangen.
Netter wäre es gewesen, Sie hätten statt "Schwachköpfen" die Wort "Intellektuelle" oder "Experten" gebraucht, am Inhalt Ihres Statement hätte sich ja nichts geändert.

Lustig auch wieder das häufige Auftauchen von "irgendwie" ;-)

Gruß, H_W

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Woran erkennt man ein linksgrünes Märchen?
Es beginnt mit: Es wird einmal sein.
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