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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

02.08.2012 14:11
#201 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von captndelta im Beitrag #198
Man kann daraus erkennen, das eine hoehere Sparquote der privaten Haushalte hoehere Staatsausgaben bedingen

Das kann ich erst einmal nicht erkennen.
Die Sparbeschlüsse der Privaten und das Ausgabeverhalten des Staates sind erst einmal voneinander unabhängige Sachen. Der Staat hätte natürlich Probleme seine Ausgaben zu erweitern, wenn ihm dafür keiner Geld leiht. Aber umgekehrt kann er seine Ausgaben zurückfahren, ohne daß die privaten Haushalte ihn durch höheres Sparen daran hindern können.

Zitat
wenn wie erwaehnt, die anderen Vorraussetzungen relativ gleich bleiben (gleiches BIP, gleicher Export - Import).


Das sind doch aber abgeleitete Größen. Insbesondere geht der Import zurück, wenn weder die Haushalte noch der Staat das entsprechende Geld dafür ausgeben.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

02.08.2012 16:10
#202 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #184
Bismarck war der letzte Große Deutsche, der geschickt zu taktieren verstand. Daran gilt es anzuknüpfen, indem auch wir taktische Allianzen, die über die Jahre und Jahrzehnte auch wechseln können, bilden und uns mit anderen, die die gleichen oder ähnliche Interessen haben, zusammentun. Alleingänge sind grundsätzlich riskante Gänge, die sich nur eine Weltmacht erlauben kann.


Richtig. Das Problem - es wurde in diesem Zimmer schon darüber diskutiert - liegt wohl vor allem in der Missachtung, die Deutschland den kleinen Ländern entgegenbringt. Man gibt sich nur mit Partnern auf Augenhöhe oder Größeren ab. Was dann, wenn diese ihre Allianzen wechseln, zu einer Isolation Deutschlands führt. Wie schon angedeutet, wird das Verhältnis insbesondere zu den Niederlanden für Deutschland von zentraler Bedeutung sein, um im ESM notfalls durch Abwesenheitspolitik Schlimmeres zu verhindern. Man hätte sich zu Beginn der Griechenland-Hilfen, als Finnlands Forderung nach Sicherheiten bei allen Schuldenunionisten für helle Empörung sorgte, ganz klar und deutlich an die Seite Helsinkis stellen und die Legitimät dieses Ansinnens betonen müssen. Und bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen können, dass es nicht nur keine europarechtliche Bailout-Pflicht gibt, sondern sogar einen expliziten Ausschluss und nach überwiegender Meinung sogar ein Verbot solcher Hilfen, und dass gerade diese Klausel eine wesentliche Voraussetzung für die deutsche Zustimmung zur Währungsunion war. Aber außer ein paar lauwarmen Worten kam - soweit ich mich recht erinnere - aus Berlin nichts. Kein Wunder, dass sich die anderen stabilitätsaffinen Länder nun im Hintergrund halten und Merkel ganz allein die Prügel der Transferbefürworter bezieht.

Ich fürchte auch, dass die Regierung zu ungeschickt sein wird, eine eventuelle Aufhebung des ESM-Zustimmungsgesetzes für Neuverhandlungen des ESM-Vertrages auszunutzen, durch welche die deutsche Position gestärkt werden könnte.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

02.08.2012 16:45
#203 RE: Grundsatzentscheidungen Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #171
Am ehesten würde ich noch eine Chance darin sehen, hinter die Verträge von Lissabon zurückzugehen. Damals begann der Abstieg der Europa-Idee, als man die Referenden nicht respektierte und einfach aus der Verfassung ein Vertragswerk machte. Damals haben sich die Eliten über den Willen jedenfalls eines Teils der Völker hinweggesetzt.

Wir brauchten jetzt die "Reflexion", die Noricus in einem seiner Beiträge angesprochen hat. Eine gründliche und ergebnisoffene Diskussion über das Europa, das wir haben wollen.


Richtig. Ein bloßes Rollback zu den Einstellungen vor Lissabon würde allein nichts bringen. Die Probleme der Europa-Idee haben sich nicht erst nach dem gescheiterten Verfassungsvertragsentwurf, sondern eigentlich schon damals gezeigt, als der Beitritt osteuropäischer Staaten und damit eine massive Vergrößerung der Union und eine weitere Heterogenisierung inkl. Bildung neuer Machtzentren absehbar wurde. Aus der Ex-post-Perspektive betrachtet hätte man sich damals schon für ein Europa-Konzept entscheiden und das Prinzip der dynamisch-evolutiven Entwicklung aufgeben müssen. Doch diesen Weg ist man nicht gegangen, sondern man hat nach alter Methode der Union immer mehr Kompetenzen zugeschaufelt, z.T. auch solche, die ohne andere Zuständigkeiten sinnlos oder risikobefrachtet sind, und hat es verabsäumt, die Verfahren und das institutionelle Zusammenspiel durchgreifend zu überarbeiten. Die fortschreitende Aufwertung des Europäischen Parlaments war diesbezüglich die einzige Errungenschaft. Und auch der Verfassungsvertrag hätte die Probleme nicht gelöst, sondern den Wal nur ein bisschen fischiger aussehen lassen.

Sie haben natürlich damit Recht, dass man die Reflexionsphase nach dem Scheitern des Verfassungsvertrages wirklich hätte nutzen müssen und den Inhalt dieses Entwurfs nicht einfach hätte neu servieren dürfen, diesmal halt ohne staatstragende Beilagen. In dieser Hinsicht birgt die Krise Chancen und Gefahren: etwa die Chance, dass die bisherige Methode, blindlings in eine immer engere Union zu rennen, ohne das Ziel der Reise zu kennen, endlich als falsch erkannt wird; etwa die Gefahr, dass die gesamte Europa-Idee wie das Kind mit dem Bad ausgeschüttet wird oder dass unsere Eliten sich ein Europa zurechtzimmern, das bequem zu regieren ist, aber das mit dem Geist dieses Kontinents nicht mehr viel zu tun hat.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

02.08.2012 17:47
#204 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von captndelta im Beitrag #198

die Ursache kann man in der antizyklischen Wirtschaftspolitik finden. Seit dem Crash 2008 versuchen sich private Haushalte im sparen, welches die gestiegenen Vermoegen (oder Rueckgang von Schulden) erklaert. Um einen dadurch verursachten Rueckfall in die Rezession zu vermeiden, gibt der staatliche Sektor mehr Geld aus, was zu hoeheren Schulden fuehrt.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen, zwar kann ich den Zusammenhang immer noch nicht sehen, aber jetzt ist mir klar wo Sie ihn sehen.
Ein paar Bemerkungen möchte ich aber zu diesem Modell noch loswerden.
Nicht die privaten Haushalte bewirken die Schulden, sondern dass der Staat sie anhäuft um die Wirtschaft zu steuern und Wahlgeschenke zu verteilen. Dass er wie Keynes der Ansicht ist, der Rezession entgegenzuwirken wenn er Schulden aufnimmt ist nicht plausibel, weil er das auch in Boomphasen tut. Keynes bedeutet dem Staat dann gar nichts mehr.
Auch halte ich das, was unter dem albernen Begriff "Ankurbeln der Wirtschaft" läuft, oft für wettbewerbsverzerrend und krisenverschärfend. Es ist eigentlich nichts anderes als das künstliche Aufrechterhalten von Überkapazitäten, in Deutschland zuletzt die Autoindustrie betreffend. Opel z.B. wird trotz Umweltprämie demnächst Kapazitäten abbauen müssen, der Bürger aber wurde nicht nur gelockt, neue Autos zu kaufen, sondern auch gezwungen, durch die Umweltzonen.
Wollte man dagegen die Binnennachfrage stärken, könnte man auch die Steuern senken. Das hätte den gleichen Effekt wie Stimulus-Pakete und würde dazu noch eine liberalere Wirtschaftspolitik signalisieren, was noch immer die Investitionsbereitschaft befördert hat, freiwillig.
Kombiniert mit Ausgabensenkungen.
Das würde natürlich ebenfalls die Rezession nicht verhindern oder schlagartig beenden.
Aber ist es nicht etwas anmaßend, auch nur anzunehmen, man könne Krisen, welche der Selbstjustierung der Märkte dienen, einfach abschaffen?

Viele Grüße, Erling Plaethe

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

02.08.2012 18:22
#205 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #204
Wollte man dagegen die Binnennachfrage stärken, könnte man auch die Steuern senken.

Aber pfui, das geht für die Keysenianer aber überhaupt nicht.
Die offizielle Argumentation geht wohl so, daß befristete Steuersenkungen nicht wirken (weil die Empfänger das dann sparen würden), und dauerhafte Steuersenkungen viel zu teuer wären.
Es geht bei den "Konjunkturpaketen" ja angeblich immer nur darum, mal einen kurzen Schubs zu geben, damit der Laden anschließend wieder von selber läuft.

Nur wenn der Staat selber das Geld bekommt ist garantiert, daß er es auch sofort auf den Kopf haut.


Das führt in der Praxis dann zu interessanten Effekten.
Beim hessischen "Konjunkturpaket" vor zwei Jahren bekamen die Kommunen Zuschüsse, aber nur für Maßnahmen, die noch nicht beschlossen und im Haushalt geplant waren. Und sie mußten natürlich entsprechend zusätzliche eigene Gelder einsetzen.
Damit wollte man sicherstellen, daß maximal viele neue Ausgaben getätigt wurden um die Konjunktur zu fördern.
In der Praxis sparten die Gemeinden natürlich die schon geplanten Maßnahmen ein, um ihren Teil der Finanzierung der Neuprojekte zu stemmen.
Unterm Strich wurden daher nicht so viele zusätzliche Maßnahmen finanziert - aber das waren natürlich durchweg die, die man vorher als weniger wichtig aus der Planung genommen hatte. Und auf der Strecke blieben Vorhaben mit inhaltlich hoher Priorität ...

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

02.08.2012 19:58
#206 RE: Diskussionen Antworten

Zitat von Zettel
Auf was, das du geschrieben hast? Ich weiß es nicht und werde jetzt auch keine Suche im Forum oder in diesem Thread starten. Nein, das werde ich nicht tun.

Ich ging, lieber Zettel, davon aus, dass du, wenn du auf einen Beitrag antwortest und ihn z.T. sogar zitierst, ihn auch insgesamt gelesen haben würdest. Zumal ich ja darin gerade meine Gegenposition zu dem begründet hatte, was du in deiner Antwort praktisch nur wiederholt hast.

Es ist also nicht so, dass ich auf einen bestimmten Beitrag eine Antwort erwartet hätte. Die hatte ich ja, aber sie kam mir merkwürdig vor, weil sie auf den Kommentar nicht nur inhaltlich gar nicht einging, sondern sich so las, als hätte ich das alles gar nicht geschrieben.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.08.2012 20:40
#207 RE: Diskussionen Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #206

Zitat von Zettel
Auf was, das du geschrieben hast? Ich weiß es nicht und werde jetzt auch keine Suche im Forum oder in diesem Thread starten. Nein, das werde ich nicht tun.
Ich ging, lieber Zettel, davon aus, dass du, wenn du auf einen Beitrag antwortest und ihn z.T. sogar zitierst, ihn auch insgesamt gelesen haben würdest. Zumal ich ja darin gerade meine Gegenposition zu dem begründet hatte, was du in deiner Antwort praktisch nur wiederholt hast.

Es ist also nicht so, dass ich auf einen bestimmten Beitrag eine Antwort erwartet hätte. Die hatte ich ja, aber sie kam mir merkwürdig vor, weil sie auf den Kommentar nicht nur inhaltlich gar nicht einging, sondern sich so las, als hätte ich das alles gar nicht geschrieben.

Worum geht es konkret? Bitte verlinken und den Punkt markieren, zu dem du meine Antwort haben möchtest. Ich gebe sie dann (weil du's bist, lieber Rayson ).

Herzlich, Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

02.08.2012 21:47
#208 RE: Diskussionen Antworten

Zitat von Zettel
Bitte verlinken und den Punkt markieren, zu dem du meine Antwort haben möchtest. Ich gebe sie dann (weil du's bist, lieber Rayson ).

Ich weiß die Ehre zu schätzen

Das ist er: topic-threaded.php?board=83273&forum=14&threaded=1&id=5290&message=76988

In der Mitte des Kommentars taucht diese Frage auf:

Zitat
Wie kann jemand als Liberaler auf die Idee kommen, so einen Weg einschlagen zu wollen? Und wie kann man als Liberaler einer Regierung sein Vertrauen schenken, die ihn beschreitet?



Welcher Weg das ist, steht über der Frage. Und mein Fazit darunter...

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.08.2012 23:16
#209 Meine offizielle Antwort ;-) Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #208

Zitat von Zettel
Bitte verlinken und den Punkt markieren, zu dem du meine Antwort haben möchtest. Ich gebe sie dann (weil du's bist, lieber Rayson ).
Ich weiß die Ehre zu schätzen

Das ist er: topic-threaded.php?board=83273&forum=14&threaded=1&id=5290&message=76988]

In der Mitte des Kommentars taucht diese Frage auf:

Zitat
Wie kann jemand als Liberaler auf die Idee kommen, so einen Weg einschlagen zu wollen? Und wie kann man als Liberaler einer Regierung sein Vertrauen schenken, die ihn beschreitet?

Welcher Weg das ist, steht über der Frage. Und mein Fazit darunter...


Ah so. Die Antwort ist einfach, lieber Rayson: Wenn ich eine Frage beurteile, dann frage ich nicht: Was ist jetzt die liberale Antwort? sondern: Was ist die unter den gegebenen Umständen vernünftige Antwort?

Das ist allerdings meist die liberale. Oft aber auch die konservative. Siehe Mein liberal-konservativer Vermittlungsausschuß. Und manchmal eine, der man gar kein Etikett aufkleben kann.

Man könnte sagen, daß mein ganzes Bemühen in ZR und hier im Forum darauf gerichtet ist, nach vernünftigen Antworten zu suchen und nicht nach denen, die man aus seiner jeweiligen Ideologie ableitet, indem man in den Automaten oben ein Chip der betreffenden Farbe hineinwirft, und unten kommt die Antwort heraus.



Übrigens praktizieren die Piraten das derzeit extensiver, als ich es jeweils bei einer anderen Partei erlebt habe, die Kommunisten ausgenommen. Wenn einer spricht, dann sagt er nicht "Liebe Parteifreunde", sondern "Liebe Piraten".

Inzwischen wurde schon das Adjektiv "piratig" kreirt. Ich habe eben mal gegoogelt. Da gibt es zum Beispiel piratige Wissenschaft, das Allgemene piratige Mandat und, natürlich, jede Menge "piratige Gedanken".

Also, von Piraten vermute ich, daß sie diese Frage ständig stellen, auf welche Ideen man als Pirat kommen kann und auf welche nicht. Als Kommunist bekommt man gar nicht die Frage gestellt, sondern man erhält die Antwort mitgeteilt. Aber als Liberaler?



Was die Sache angeht, dachte ich eigentlich, meine Meinung deutlich gemacht zu haben:

Die Einführung des Euro war ein Fehler, weil - und zwar schon seit den achtziger Jahren, als die Weichen gestellt wurden - der Primat der Politik sich über die ökonomische Vernunft durchsetzte, inzwischen immer mehr auch über geschlossene Verträge.

Aus dieser Einsicht folgen aber nicht unmittelbar Handlungsanweisungen für das, was jetzt getan werden muß. Was getan werden muß, weiß niemand. Hänge dich auf oder hänge dich nicht auf, du wirst beides bereuen.

Ich neige - und habe auch das ja oft genug geschrieben - der Meinung derer zu, die den ESM für einen Fehler halten. Nicht nur wegen der unkalkulierbaren Gefahren für den deutschen Staatshaushalt, sondern auch wegen der nicht minder großen Gefahr, daß ein unkontrollierbarer Apparat entsteht und daß dies der Einstieg in ein gestärktes Brüsseler Regiment auch in anderen Bereichen sein könnte.



Aber ich respektiere die Meinung derer, die das anders sehen. Mir fehlen bei weitem die Kenntnissse (und die Insider-Informationen, nebenbei), um ausschließen zu können, daß ich mich irre.

Was die deutsche Regierung angeht, so agiert sie ja nicht in einem luftleeren Raum. Sie ist immensen Pressionen ausgesetzt und mußte diesen immer wieder nachgeben. Zur Zeit Sarkozys hatte sie noch einen starken Verbündeten, jetzt hat sie mit Hollande einen weiteren starken Gegner.

Nach meinem Eindruck tut die deutsche Kanzlerin das, was sie kann, um deutsche Interessen zu wahren. Ihr zu raten, sie solle doch einfach nein sagen, wäre Stammtischpolitik.

Auch Thatcher taugt da nicht als Gegenbeweis. Sie hat null Einfluß auf die europäische Weichenstellung gehabt, sondern mit ihrem vielfachen No! lediglich Sonderkonditionen für England in ein paar Bereichen durchgesetzt.



So, war das jetzt die gewünschte Antwort?

Das meiste, was ich jetzt geschrieben habe, sind, lieber Rayson, Wiederholungen.

Ich werde jetzt die URL dieses Beitrags speichern und bei Bedarf - wenn jemand wieder einmal wissen will, welches denn meine Haltung zu dieser Frage ist - einfach einen Link setzen.

Herzlich, Zettel

captndelta Offline




Beiträge: 69

03.08.2012 00:33
#210 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #201
Zitat von captndelta im Beitrag #198
Man kann daraus erkennen, das eine hoehere Sparquote der privaten Haushalte hoehere Staatsausgaben bedingen

Das kann ich erst einmal nicht erkennen.
Die Sparbeschlüsse der Privaten und das Ausgabeverhalten des Staates sind erst einmal voneinander unabhängige Sachen. Der Staat hätte natürlich Probleme seine Ausgaben zu erweitern, wenn ihm dafür keiner Geld leiht.
Die hoehere Sparquote hat doch zur Folge, das es leichter ist - auch fuer den Staat -- sich Geld zu borgen (gerade weil die Haushalte dieses ersparte Geld "sicher anlegen" moechten). Warum sollte es in diesem Falle fuer den Staat schwerer sein, sich Geld zu leihen?

Zitat von R.A. im Beitrag #201
Aber umgekehrt kann er seine Ausgaben zurückfahren, ohne daß die privaten Haushalte ihn durch höheres Sparen daran hindern können.

Das koennte er, nur wuerde dadurch eben das BIP sinken, worauf man sich auf einer niederen BIP-Stufe beim gleichen Equilibrium wieder sehen wuerde (ausser der Staat faehrt die Steuern im gleichen Masse zurueck). Die Folgen solcher Politik kann man gerade in Griechenland sehen.

Zitat von R.A. im Beitrag #201

Zitat
wenn wie erwaehnt, die anderen Vorraussetzungen relativ gleich bleiben (gleiches BIP, gleicher Export - Import).

Das sind doch aber abgeleitete Größen. Insbesondere geht der Import zurück, wenn weder die Haushalte noch der Staat das entsprechende Geld dafür ausgeben.


Wenn es sich um optionale Importe, wie z.B. Luxusgueter handlet, dann koennten sie recht haben. Oft fallen jedoch Importe oder Exporte nicht in diese Kategorie, und sind somit nicht abgeleitet. Als Beispiel koennte man hier den Erdgashandel in den USA sehen. Noch vor 10 Jahren riesige Importe, inzwischen wird man zum Exportland. Weder der Staat noch die privaten Haushalte hatten mit dieser Aenderung irgendetwas zu tun (--> keine abgeleitete Groesse). Japan waere ein aehnliches Beispiel, mit umgekehrtem Vorzeichen.

-Th

neues-forum.info

captndelta Offline




Beiträge: 69

03.08.2012 01:09
#211 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #204
Zitat von captndelta im Beitrag #198

die Ursache kann man in der antizyklischen Wirtschaftspolitik finden. Seit dem Crash 2008 versuchen sich private Haushalte im sparen, welches die gestiegenen Vermoegen (oder Rueckgang von Schulden) erklaert. Um einen dadurch verursachten Rueckfall in die Rezession zu vermeiden, gibt der staatliche Sektor mehr Geld aus, was zu hoeheren Schulden fuehrt.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen, zwar kann ich den Zusammenhang immer noch nicht sehen, aber jetzt ist mir klar wo Sie ihn sehen.
Ein paar Bemerkungen möchte ich aber zu diesem Modell noch loswerden.
Nicht die privaten Haushalte bewirken die Schulden, sondern dass der Staat sie anhäuft um die Wirtschaft zu steuern und Wahlgeschenke zu verteilen. Dass er wie Keynes der Ansicht ist, der Rezession entgegenzuwirken wenn er Schulden aufnimmt ist nicht plausibel, weil er das auch in Boomphasen tut. Keynes bedeutet dem Staat dann gar nichts mehr.

Wir widersprechen uns da keinesfalls, auch mir geht es gegen den Strich, das das von Keynes postulierte antizyklische Verhalten gerne waehrend des Booms vergessen wird, um sich irgendwelche Wahlen zu sichern.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #204
Auch halte ich das, was unter dem albernen Begriff "Ankurbeln der Wirtschaft" läuft, oft für wettbewerbsverzerrend und krisenverschärfend. Es ist eigentlich nichts anderes als das künstliche Aufrechterhalten von Überkapazitäten, in Deutschland zuletzt die Autoindustrie betreffend. Opel z.B. wird trotz Umweltprämie demnächst Kapazitäten abbauen müssen, der Bürger aber wurde nicht nur gelockt, neue Autos zu kaufen, sondern auch gezwungen, durch die Umweltzonen.

Wiederum "violent agreement", der Staat als Unternehmer greift recht gerne in's Klo. Ein aehnliches Beispiel ist Obama's Solarfimmel.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #204
Wollte man dagegen die Binnennachfrage stärken, könnte man auch die Steuern senken. Das hätte den gleichen Effekt wie Stimulus-Pakete und würde dazu noch eine liberalere Wirtschaftspolitik signalisieren, was noch immer die Investitionsbereitschaft befördert hat, freiwillig.
Kombiniert mit Ausgabensenkungen.
Das war der Plan von G.W., allerdings haperte es auch hier an der Ausgabensenkung.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #204
Das würde natürlich ebenfalls die Rezession nicht verhindern oder schlagartig beenden.
Aber ist es nicht etwas anmaßend, auch nur anzunehmen, man könne Krisen, welche der Selbstjustierung der Märkte dienen, einfach abschaffen?

Wenn sich bei ihnen dieser Eindruck verfestigt hat, das dies meine Meinung ist, da kann ich sie beruhigen, dem ist sicher nicht so. Allerdings moechte ich ihre Frage mit einer Gegenfrage beantworten:

Nehmen wir mal an das der Staat - auch unter liberalster Sicht - gewisse Aufgaben warnimmt, welche Geld kosten (Verteidigung, Polizei, Justiz, Strassenbau?), und nehmen wir weiterhin an, das er fuer diese Aufgaben einen gewissen Spielraum hat, zu welchem Zeitpunkt investiert wird.
Sollte der Staat, als Marktteilnehmer, dies zu einer Zeit tun, wenn Kredit teuer oder billig ist?

-Th

neues-forum.info

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

03.08.2012 07:54
#212 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von captndelta im Beitrag #211

Wenn sich bei ihnen dieser Eindruck verfestigt hat, das dies meine Meinung ist, da kann ich sie beruhigen, dem ist sicher nicht so. Allerdings moechte ich ihre Frage mit einer Gegenfrage beantworten:

Nehmen wir mal an das der Staat - auch unter liberalster Sicht - gewisse Aufgaben warnimmt, welche Geld kosten (Verteidigung, Polizei, Justiz, Strassenbau?), und nehmen wir weiterhin an, das er fuer diese Aufgaben einen gewissen Spielraum hat, zu welchem Zeitpunkt investiert wird.
Sollte der Staat, als Marktteilnehmer, dies zu einer Zeit tun, wenn Kredit teuer oder billig ist?

Meine Kritk bezog sich nicht auf Sie, sondern auf Regierungen bei denen ich derlei aus ihrem Handeln ableite.
Zu Ihrer Frage möchte ich sagen, dass ich angesichts der bereits angehäuften Schulden es lieber sehen würde, der Staat agierte innerhalb eines ausgeglichenen Haushalts.
Dieser sollte die Spielräume festlegen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

FAB. Offline



Beiträge: 523

03.08.2012 10:32
#213 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von Zettel
Man kann nur hoffen, daß auch im Kanzleramt und im Finanzministerium Fachleute wie Homburg sitzen, die solche Verträge zu lesen wissen.


Saurons Mund sprach, und was er sagte war: "Alles wird gut. Vertraut mir."

Zitat von FAZ 03.08.2012
Der ESM ist im nationalen Interesse Deutschlands. Entgegen anderslautender Behauptungen gibt es keinen unbegrenzten Haftungsautomatismus, der Rettungsfonds hat keine „Banklizenz“ und er vergibt auch keine „Eurobonds“.


Hmja, es überrascht wenig, daß Herrn Schäubles Emissär zumindest vorgibt das zu meinen. Allein, was er spricht, bleibt mangels näherer Begründung oder Auseinandersetzung mit der Gegenmeinung schiere Behauptung. Die kann man glauben, wenn man glauben will und man ihren Urheber für vertrauenswürdig hält. Ich aber vertraue ihm und seinem Meister nicht. Ganz und gar nicht. Woran das nur liegen mag? Rückblende...

Zitat von FAZ 24.07.2010
FAZ: Aus diesem Grund haben Sie auch ein Insolvenzverfahren für Staaten vorgeschlagen. (...) Jede Wette, daß Ihr Vorschlag gleichwohl nicht verwirklicht und stattdessen der Rettungsschirm für die Euroländer verlängert wird.
Schäuble: Solange Angela Merkel Bundeskanzlerin ist und ich Finanzminister bin, würden Sie diese Wette verlieren. Die Rettungsschirme laufen aus. Das haben wir klar vereinbart. Griechenland wird insgesamt drei Jahre die Kreditlinien in Anspruch nehmen können. Dann können sie noch fünf Jahre laufen. Danach ist Schluß.

________________________________________________
Für eine demokratische Deutsche Republik!

captndelta Offline




Beiträge: 69

03.08.2012 10:34
#214 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #212
Zitat von captndelta im Beitrag #211
Nehmen wir mal an das der Staat - auch unter liberalster Sicht - gewisse Aufgaben warnimmt, welche Geld kosten (Verteidigung, Polizei, Justiz, Strassenbau?), und nehmen wir weiterhin an, das er fuer diese Aufgaben einen gewissen Spielraum hat, zu welchem Zeitpunkt investiert wird.
Sollte der Staat, als Marktteilnehmer, dies zu einer Zeit tun, wenn Kredit teuer oder billig ist?

Meine Kritk bezog sich nicht auf Sie, sondern auf Regierungen bei denen ich derlei aus ihrem Handeln ableite.
Zu Ihrer Frage möchte ich sagen, dass ich angesichts der bereits angehäuften Schulden es lieber sehen würde, der Staat agierte innerhalb eines ausgeglichenen Haushalts.
Dieser sollte die Spielräume festlegen.

Ich lebe in einem solchen Staat, welcher per Gesetz dazu verpflichtet ist, jaehrlich einen ausgeglichenen Haushalt zu haben. Dieser Staat hat eine aehnliche Wirtschaftskraft wie Italien oder GB, mit der ungefaehren Einwohnerzahl von Polen. Wenn man das GDP/BIP pro Einwohner (also die Effizienz) heranzieht, dann liegt man hierzulande ungefaehr 35% ueber der von Deutschland.
Dazu wurde auch noch vom Volk in direkter Wahl bestimmt, das die Regierung und das Parlament keine Steuererhoehung ohne Volksbefragung beschliessen darf. Nachdem die Regierung so "sneaky" war, dafuer gewisse Gebuehren (z.B. fuer Auto-Zulassung) zu erhoehen, kam die Nachlage per Volksentscheid, das auch dies nicht ohne direkte Zustimmung des Volkes geschehen darf.

Trotzdem ist dieser Staat der proverbiale Pleitestaat schlechthin, das praktisch gelebte "schlechte Beispiel". Wir haben schon seit Jahren ein Defizit, das mehr schlecht als recht gestopft wird, aufgrund von Verpflichtungen welche in besseren Zeiten entstanden (ausgeglichener Haushalt, remember?), allerdings in der momentanen Lage einfach zuviel sind. Es gibt Einsparungen, mit denen man Leben kann (z.B. das die Zulassungstelle nur an 3 Tagen in der Woche geoeffnet ist), andere sind eher weniger erbaulich (z.B. das die Feuerwehr im Ort dichtgemacht wurde, und wir nun auf die vom Nachbarort angewiesen sind).

Das gelebte Beispiel eines ausgeglichenen Haushalts also.

Viele Gruesse aus Californien,
-Th

PS: Ich werd' hier trotzdem nie wegziehen, eben weil man anscheinend hier alles als erster erlebt, und das ganze trotzdem (oder gerade deswegen) unheimlich viel Spass macht..
Edit: Grammatik und Punktuation

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

03.08.2012 12:00
#215 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von captndelta im Beitrag #210
Die hoehere Sparquote hat doch zur Folge, das es leichter ist - auch fuer den Staat -- sich Geld zu borgen ...

Nicht zwingend.
Sondern nur wenn die Bürger bereit sind, ihr Ersparnisse den staatlichen Kreditwünschen anzuvertrauen.
In vielen Staaten (insbesondere Deutschland) war das lange Zeit fast ein Automatismus. In Griechenland nicht.

Zitat
Zitat von R.A. im Beitrag #201
Aber umgekehrt kann er seine Ausgaben zurückfahren, ohne daß die privaten Haushalte ihn durch höheres Sparen daran hindern können.

Das koennte er, nur wuerde dadurch eben das BIP sinken


Möglich. Wir haben aber noch die Unternehmen als dritten Beteiligten. Die z. B. für Bürger eine naheliegende Anlagemöglichkeit sind, wenn sie ihre Ersparnisse nicht in Staatsanleihen versenken wollen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

03.08.2012 12:03
#216 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von captndelta im Beitrag #214
Ich lebe in einem solchen Staat, welcher per Gesetz dazu verpflichtet ist, jaehrlich einen ausgeglichenen Haushalt zu haben.
...
Trotzdem ist dieser Staat der proverbiale Pleitestaat schlechthin, ...

Ich kenne mich in der Vorgeschichte nicht gut aus - aber ist das nicht ein Übergangsproblem?
D.h. hatte nicht Kalifornien eine lange Übung unsolider Haushaltsführung (wie in Europa üblich), bevor dann die harten Bremsen eingeführt wurden?
In so einem Fall ist es schon logisch, daß das Ausgabeniveau erst nach einer gewissen Zeit angepaßt werden kann.

Bei einer gewachsenen Stabilitätskultur (z. B. à la Schweiz) müßten die jährlichen Steuereinnahmen Kaliforniens eigentlich locker reichen, um alle nötigen Ausgaben ohne Kredite zu finanzieren.

captndelta Offline




Beiträge: 69

03.08.2012 12:27
#217 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #216
Zitat von captndelta im Beitrag #214
Ich lebe in einem solchen Staat, welcher per Gesetz dazu verpflichtet ist, jaehrlich einen ausgeglichenen Haushalt zu haben.
...
Trotzdem ist dieser Staat der proverbiale Pleitestaat schlechthin, ...

Ich kenne mich in der Vorgeschichte nicht gut aus - aber ist das nicht ein Übergangsproblem?

Nein, ich glaube eher das die Schweiz in diesem Fall ein "Uebergangsproblem" hat, welches noch nicht aufgetreten ist - der Vergleich zur Dot-Com bubble bietet sich hier an.

Zitat von R.A. im Beitrag #216
D.h. hatte nicht Kalifornien eine lange Übung unsolider Haushaltsführung (wie in Europa üblich), bevor dann die harten Bremsen eingeführt wurden?
In so einem Fall ist es schon logisch, daß das Ausgabeniveau erst nach einer gewissen Zeit angepaßt werden kann.
Jetzt kommen wir aber vom "Balanced Budget" auf etwas anderes - etwas das sie etwas schwammig als "unsolide Haushaltsfuehrung" bezeichnen. Wenn man mit ihrem urspruenglichen Gedanken - balanced budget - geht, dann muss das Budget in Boomzeiten nach oben angepasst werden. Das hat man hier in Californien auch getan; Feuerwehrleute die $150.000/a verdienten waren hierzulande die Norm, anderweitig haette man keine Feuerwehr gehabt. Nachdem die Flaute eintrat, tat sich der wirtschaftliche Sektor leicht, Leute wurden entlassen und gingen zurueck nach Minnesota oder Indien. Nur was macht man jetzt mit den ueberbezahlten Feuerwehrleuten?

Zitat von R.A. im Beitrag #216
Bei einer gewachsenen Stabilitätskultur (z. B. à la Schweiz) müßten die jährlichen Steuereinnahmen Kaliforniens eigentlich locker reichen, um alle nötigen Ausgaben ohne Kredite zu finanzieren.
Ich glaube, das die Schweiz einfach das gleiche noch nicht erlebt hat, das Wort 'Stabilitaetskultur ist in diesem Zusammenhang nur eine Floskel. Im Endeffekt bahnt sich jedoch ein aehnliches Problem gerade dort an - nur mit dem Unterschied das man seine eigene Waehrung hat.

Als Vergleichsbasis: Die Schweiz hat in etwa das gleiche BIP wie die 5 hier umliegenden "Landkreise" (Counties), bei etwa gleicher Bevoelkerungszahl. Nur haben diese 5 Landkreise keine eigenen Franken. Allerdings unternimmt gerade jetzt die Schweiz alles moegliche, um ihr in der momentanen Boomzeit anfallende Einnahmen nicht im Land ausgeben zu muessen (man kauft anstatt Euro oder Dollar) - also genau das Gegenteil von 'balanced budget'.

-Th

neues-forum.info

captndelta Offline




Beiträge: 69

03.08.2012 12:35
#218 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #215
Zitat von captndelta im Beitrag #210
Die hoehere Sparquote hat doch zur Folge, das es leichter ist - auch fuer den Staat -- sich Geld zu borgen ...

Nicht zwingend.
Sondern nur wenn die Bürger bereit sind, ihr Ersparnisse den staatlichen Kreditwünschen anzuvertrauen.
In vielen Staaten (insbesondere Deutschland) war das lange Zeit fast ein Automatismus. In Griechenland nicht.

Zitat
Zitat von R.A. im Beitrag #201
Aber umgekehrt kann er seine Ausgaben zurückfahren, ohne daß die privaten Haushalte ihn durch höheres Sparen daran hindern können.

Das koennte er, nur wuerde dadurch eben das BIP sinken

Möglich. Wir haben aber noch die Unternehmen als dritten Beteiligten. Die z. B. für Bürger eine naheliegende Anlagemöglichkeit sind, wenn sie ihre Ersparnisse nicht in Staatsanleihen versenken wollen.



Wenn keine Ersparniss vorliegt, d.h. wenn der private Sektor das "gesparte" Geld sofort wieder "investiert", dann aendert sich das in der obigen Formel angegebene (I-S) nicht. D.h. der Staat braucht auch nichts zu unternehmen um die "Wirtschaft anzukurbeln", die Wirtschaft laeuft von selbst. Die von ihnen beschriebenen Szenarien ist genau der gewuenschte Zustand.

-Th

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

03.08.2012 13:02
#219 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von captndelta im Beitrag #217
Nein, ich glaube eher das die Schweiz in diesem Fall ein "Uebergangsproblem" hat, welches noch nicht aufgetreten ist ...

Das wäre aber ein extrem langer "Übergang". Die Schweiz ist ja nun ziemlich lange stabil und finanziell gesund.

Zitat
Wenn man mit ihrem urspruenglichen Gedanken - balanced budget - geht, dann muss das Budget in Boomzeiten nach oben angepasst werden.


Das wäre aber eine sehr unsinnige Interpretation (was nicht heißt, daß es nicht gemacht wurde).
Der Staat soll nicht mehr ausgeben, als er zur Verfügung hat (an Steuern und Reserven).
Aber er kann selbstverständlich weniger ausgeben, um Reserven anzusparen. Wobei er dabei nicht übertreiben, sondern irgendwann die Steuern senken sollte.

Zitat
Nachdem die Flaute eintrat, tat sich der wirtschaftliche Sektor leicht, Leute wurden entlassen und gingen zurueck nach Minnesota oder Indien. Nur was macht man jetzt mit den ueberbezahlten Feuerwehrleuten?


Entlassen bzw. mit einem normalen Gehalt wieder einstellen.

Zitat
Als Vergleichsbasis: Die Schweiz hat in etwa das gleiche BIP wie die 5 hier umliegenden "Landkreise" (Counties), bei etwa gleicher Bevoelkerungszahl. Nur haben diese 5 Landkreise keine eigenen Franken.


Der eigene Franken ist derzeit eher ein Nachteil für die Schweiz, weil er als Fluchtwährung benutzt wird und der Kurs in wirtschaftlich schwer verkraftbare Höhen getrieben wird.

Zitat
Allerdings unternimmt gerade jetzt die Schweiz alles moegliche, um ihr in der momentanen Boomzeit anfallende Einnahmen nicht im Land ausgeben zu muessen (man kauft anstatt Euro oder Dollar) - also genau das Gegenteil von 'balanced budget'.


Langsam!
Die Schweiz hat derzeit nicht umbedingt einen Boom, sondern hält sich gerade mal. Es fallen auch keine zusätzlichen Einnahmen an (weder für den Staat noch für Private), sondern Ausländer deponieren Kapital (und behalten das Eigentumsrecht daran). Für das Budget des Schweizer Staates (Bund wie Kantone) sind diese Gelder irrelevant.
Und Devisen kauft auch nicht der Staat mit seinen Haushaltsgeldern, sondern die Schweizer Notenbank zur Kurspflege.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

03.08.2012 17:47
#220 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Ein vernichtendes Urteil über die Bundeskanzlerin heute in der FAZ. Gertrud Höhler urteilt dort: "Über Angela Merkels visionäres Profil wissen wir nichts. Sie arbeitet seit ihrem Auftreten an ihrer Flexibilität; wer sie auf eine Idee festlegen will, muss scheitern. Für sie hat sich die Abstinenz gegenüber Ideen und Visionen als Karriere-Treibsatz erwiesen. Das Fazit: In Deutschland kann man seit der Einigung politisch an die Spitze rücken, wenn man als Asket an allen Vorgaben vorbeizieht, von denen sich die Mitspieler aus der alten Westwelt aufhalten lassen: Rechtsnormen und Verfassungswerte, Verträge und Wettbewerbsfreiheit, ethische Standards und moralischer Grundkonsens."

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/de...m-11841711.html

In vielen Punkten kann man Höhler zustimmen, etwa darin, dass Merkel ihr "wie einen Gemischtwarenladen" führt: "Produkte, die nicht gehen, werden aus dem Angebot genommen. Produkte der Konkurrenz, die besser laufen, werden kopiert."

Ob es richtig ist, Merkels Politik als "autoritären Sozialismus" zu bezeichnen, das scheint mir danebengegriffen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

03.08.2012 20:26
#221 RE: Zitat des Tages: ESM Antworten

Zitat von captndelta im Beitrag #214
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #212
Zitat von captndelta im Beitrag #211
Nehmen wir mal an das der Staat - auch unter liberalster Sicht - gewisse Aufgaben warnimmt, welche Geld kosten (Verteidigung, Polizei, Justiz, Strassenbau?), und nehmen wir weiterhin an, das er fuer diese Aufgaben einen gewissen Spielraum hat, zu welchem Zeitpunkt investiert wird.
Sollte der Staat, als Marktteilnehmer, dies zu einer Zeit tun, wenn Kredit teuer oder billig ist?

Meine Kritk bezog sich nicht auf Sie, sondern auf Regierungen bei denen ich derlei aus ihrem Handeln ableite.
Zu Ihrer Frage möchte ich sagen, dass ich angesichts der bereits angehäuften Schulden es lieber sehen würde, der Staat agierte innerhalb eines ausgeglichenen Haushalts.
Dieser sollte die Spielräume festlegen.

Ich lebe in einem solchen Staat, welcher per Gesetz dazu verpflichtet ist, jaehrlich einen ausgeglichenen Haushalt zu haben. Dieser Staat hat eine aehnliche Wirtschaftskraft wie Italien oder GB, mit der ungefaehren Einwohnerzahl von Polen. Wenn man das GDP/BIP pro Einwohner (also die Effizienz) heranzieht, dann liegt man hierzulande ungefaehr 35% ueber der von Deutschland.
Dazu wurde auch noch vom Volk in direkter Wahl bestimmt, das die Regierung und das Parlament keine Steuererhoehung ohne Volksbefragung beschliessen darf. Nachdem die Regierung so "sneaky" war, dafuer gewisse Gebuehren (z.B. fuer Auto-Zulassung) zu erhoehen, kam die Nachlage per Volksentscheid, das auch dies nicht ohne direkte Zustimmung des Volkes geschehen darf.

Ich lebe auch in einem Staat, "welcher per Gesetz dazu verpflichtet ist, jaehrlich einen ausgeglichenen Haushalt zu haben". Trotzdem steigen die Schulden und die Ausgaben auch. Und auch in meinem drückt die Last zukünftiger Pensionen, wird ein Großteil des Budgeds für Soziales ausgegeben (ein Drittel aller Sozialhilfe-Empfänger der USA leben in Kalifornien).
Aber zwei Dinge, welche mir spontan einfallen sind anders:
Bis jetzt glaubt kaum einer, dass wir zahlungsunfähig werden könnten und bei uns in Europa gelten sogar richtige Ramschpapiere noch als Sicherheit für frisches Geld.
Wenn Kalifornien längst aus dem Gröbsten raus ist, werden wir vorzeigen, was keynesianisch auf europäisch bedeutet.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

03.08.2012 23:31
#222 RE: Meine offizielle Antwort ;-) Antworten

Zitat von Zettel
Man könnte sagen, daß mein ganzes Bemühen in ZR und hier im Forum darauf gerichtet ist, nach vernünftigen Antworten zu suchen und nicht nach denen, die man aus seiner jeweiligen Ideologie ableitet, indem man in den Automaten oben ein Chip der betreffenden Farbe hineinwirft, und unten kommt die Antwort heraus.



Ich hoffe doch sehr stark, lieber Zettel, dass diejenigen unter uns, die sich Liberale nennen, aus vernünftigen Überlegungen heraus zu ihrer Meinung gekommen sind. Daher vermag ich diesem Anflug von Gegensatz nicht so richtig zu folgen. Die Argumente gegen Kollektivierung und Zentralismus sind ja keine ideologischen Axiome, sondern zum einen logisch abgeleitet aus liberalen Prämissen (ich bin nicht Liberaler, weil mir die Antworten Liberaler so fürchterlich vernünftig vorkommen, sondern weil ich den Wert der individuellen Freiheit höher schätze als die meisten anderen politisch erreichbaren Werte - in Statlers Sinn ein "Rückenmarksliberaler"), zum anderen aber eben auch durch die Geschichte und aktuelle Verhältnisse immer wieder bestätigt.

Zitat von Zettel
So, war das jetzt die gewünschte Antwort?

Ja, denn sie ging z.T. auf meine Argumentation ein. Danke. Und ich kann mir jetzt denken, wie du dich damals in der Debatte zwischen Erhard und Nölting, zwischen Markt- und Planwirtschaft, wohl positioniert hättest. Nämlich wie beim Euro: gar nicht. Zum Glück war Erhard, obwohl Kollege von dir, da etwas anders gestrickt. Heute kommt ihm Sinn am nächsten, aber es gibt keinen Kanzler mehr, der die Weisheit eines Adenauer besitzen würde.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.08.2012 00:06
#223 RE: Meine offizielle Antwort ;-) Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #222
Zum Glück war Erhard, obwohl Kollege von dir, da etwas anders gestrickt.
Er war, lieber Rayson, jedenfalls anders ausgebildet, nämlich als Ökonom.

In Bereichen, in denen ich mich auskenne, habe ich im Allgemeinen eine deutliche Meinung, weil ich mir ein Urteil zutraue. In der Ökonomie habe ich diese Ausbildung nun einmal nicht (und staune über die Vielen, die sie auch nicht haben und meinen, ökonomische Sachverhalte beurteilen zu können).

Ich versuche zu lernen; das Vernünftige und Plausible zu erkennen. Die Mitteilung, daß das eine "liberal" sei und das andere nicht, hilft mir dabei überhaupt nicht.

Und ich mag, lieber Rayson, diese Debatte nicht besonders. Sie erinnert mich gelegentlich an meine Zeit bei den Jusos, als man darum stritt, wer denn der wahre Marxist ist. Und wo auch solche Sätze fielen wie: Was du da sagst, ist unmarxistisch.

Herzlich, Zettel

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.08.2012 06:41
#224 RE: Meine offizielle Antwort ;-) Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #223
Zitat von Rayson im Beitrag #222
Zum Glück war Erhard, obwohl Kollege von dir, da etwas anders gestrickt.
Er war, lieber Rayson, jedenfalls anders ausgebildet, nämlich als Ökonom.

In Bereichen, in denen ich mich auskenne, habe ich im Allgemeinen eine deutliche Meinung, weil ich mir ein Urteil zutraue. In der Ökonomie habe ich diese Ausbildung nun einmal nicht (und staune über die Vielen, die sie auch nicht haben und meinen, ökkonomische Sachverhalte beurteilen zu können).

Ich versuche zu lernen; das Vernünftige und Plausible zu erkennen. Die Mitteilung, daß das eine "liberal" sei und das andere nicht, hilft mir dabei überhaupt nicht.

So geht es mir auch, lieber Zettel.
Was die Diskussion um den ESM aber so interessant macht, ist ja gerade dass sie sich nicht ausschließlich um ökonomische Fragen dreht, sondern vor allem um politische.
Es geht um Fragen der Gewaltenteilung, der Stellung des Souveräns und nicht zuletzt um die Funktion eines Parlaments. Also um Fragen die jeden Bürger etwas angehen sollten, um nicht zu sagen, müssten.
Egal wo er sich politisch verortet oder verortet wird.

Es geht um die Frage, ob das Recht auch dann noch seinen herausgehobenen Wert behält, wenn der gesellschaftliche Wohlstand in Gefahr zu sein scheint.

Oder um es mit anderen Worten zu sagen:
Ob der von der Mannschaft ernannte Kapitän das Schiff aufgeben darf um die Mannschaft zu retten, welcher das Schiff gehört, ohne vorher die Eigner darüber abstimmen zu lassen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

04.08.2012 09:21
#225 RE: Meine offizielle Antwort ;-) Antworten

Zitat von Erling Plaethe #224
Es geht um die Frage, ob das Recht auch dann noch seinen herausgehobenen Wert behält, wenn der gesellschaftliche Wohlstand in Gefahr zu sein scheint.


Genau! Die juristischen Details eines ESM-Vertrages sind ja nur dann von Bedeutung, wenn auch alle bereit sind, sich daran zu halten. Und da lassen die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit eigentlich keinerlei Vertrauen mehr aufkommen.

Interessanter ist m.E. ob Spanien denn überhaupt unter den Rettungsschirm muß, weil es mit seinem 100-Mrd-Sparprogramm die Investoren von seinem Reformwillen überzeugen kann. Sollte das in Spanien klappen, wäre doch ein Präzedenzfall geschaffen, um den sich niemand mehr herumdrücken können dürfte. Aber vielleicht darf es deswegen auf keinen Fall dazu kommen...

Herzlich, Thomas

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