Zitat von Noricus im Beitrag #149 Nach Art. 4 VIII wird das Stimmrecht eines säumigen Mitglieds für den Zeitraum des Verzugs suspendiert. Liegt darin vielleicht der geniale Plan Merkels und Schäubles? Soll dadurch die Alleinherrschaft der Geberstaaten im ESM gesichert werden - eine Situation, die man in der EZB nie würde erreichen können?
Ja genau, lieber Noricus, dass habe ich auch tatsächlich lange angenommen und auch so in mehreren Kommentaren geschrieben. Für den finanzpolilitischen Sprecher der FDP Völker Wissig war das Hauptargument für den ESM auf den Mitgliederversammlungen zum Mitgliederentscheid (auf dem Podium immer mit Frank Schäffler als Gegner), der wesentlich höhere Stimmanteil von 27% im Vergleich zur EZB, wo jedes Land nur eine Stimme hat.
Aber das ist ja alles Murks, wenn Spanien seine Raten bezahlt, weil es Hilfen bekommt und sein Stimmrecht behält. Für eine Kapitalerhöhung ist auch nur eine einfache Mehrheit nötig, also keine Vetomöglichkeit für Deutschland. Der Trick ist, glaube ich, dass die Nehmerländer Wege finden werden, ihre Raten zu bezahlen. Sie holen halt mehr raus als sie reinstecken, hoffen sie wohl.
Zitat In der Tat, das hätten Sie. Seit dem 07.09.11 hier auf diesem Blog. Mit einem ausdrücklichen Verweis des Hausherren in seinem Artikel in Zettels Raum zum ESM vom 08.09.11.
Ja nun, mea culpa - abermals, Fettschrift. Umso unerklärlicher, wieso der Hausherr mit seinem besseren Wissen (ich gestehe ihm das ausdrücklich zu!) zu der Einschätzung gelangen konnte, diese Abtretung von Deutschlands Haushaltssouveränität sei eine Option, die sich möglicherweise als 'richtig' erweisen könne.
Früher erschien diese Option mir in meiner Naivität lediglich als überflüssig, jetzt liegt mir vor, daß das Verfassungsgericht sie nach aktuellen Bewertungsmaßstäben sogar als verfassungswidrig einstuft.
Und jetzt noch Sie. Ergreifen in diesem Disput Partei für Zettel und hämmern sehr engagiert Nägel in einen Sarg ... der aber gerade nicht der meine ist: Lange bevor er schrieb, daß sich wohl erst im nachhinein weisen würde welcher Weg richtig und welcher falsch sei habe Zettel es eigentlich schon besser gewußt. Na toll; wer solche Freunde hat, der braucht keine weiteren Feinde.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #151Aber das ist ja alles Murks, wenn Spanien seine Raten bezahlt, weil es Hilfen bekommt und sein Stimmrecht behält.
Ich meinte das ohnehin cum grano salis. Bzw wenn mehrere Nehmerländer ihre Schulden nicht mehr bezahlen können, dann werden die Stimmrechtsverhältnisse wohl nicht mehr das Hauptproblem sein, weil es dann nicht mehr viel abzustimmen gibt.
Zitat Für eine Kapitalerhöhung ist auch nur eine einfache Mehrheit nötig, also keine Vetomöglichkeit für Deutschland.
Ich lese aus Art. 5 Abs. 6 lit. d heraus, dass Kapitalerhöhungen im gegenseitigen Einvernehmen der Gouverneursratsmitglieder beschlossen werden. Und dann ja von den nationalen Parlamenten abgesegnet werden müssen. Gegenseitiges Einvernehmen ist auch für die Ausgabe von Anteilen mit Agio erforderlich (lit. b leg. cit.) Das sind dann aber wohl Szenarien, bei denen die vom BVerfG in der mündlichen Verhandlung evozierten Sachzwänge zum Tragen kommen.
Zitat von wflamme im Beitrag #152Und jetzt noch Sie. Ergreifen in diesem Disput Partei für Zettel und hämmern sehr engagiert Nägel in einen Sarg ...
Ich nehme an, das ist auch wieder Ironie.
Sie gehören, lieber wflamme, wohl zu den Menschen, die mit der Gabe der unbedingten Gewißheit gesegnet sind, daß allein ihre eigene Meinung die richtige ist.
Das ist schön für Sie. Es ist a bisserl hinderlich für eine Diskussion.
Und da es hier im Forum viele ersprießlichere Diskussionen gibt und mir ohnehin die Zeit fehlt, überall mitzudiskutieren, wo ich es gern täte, tu ich's halt mit Ihnen künftig nicht mehr.
Zitat von Rayson im Beitrag #144Und jetzt stelle ich eine ganz einfache Frage: Wie kann jemand als Liberaler auf die Idee kommen, so einen Weg einschlagen zu wollen?
Das weiß ich nicht, lieber Rayson. Was mich angeht, habe ich zu diesem Thema weder Ideen, noch maße ich mir an, irgendeinen Weg zu empfehlen.
Seit ich mich in den letzten Wochen etwas eingehender als zuvor mit dem Thema befaßt habe, ist mir bisher kein Vorschlag bekannt geworden, der einen gangbaren Ausweg zeigt.
Ich mache mir Sorgen um Deutschland. Ich habe noch die Erzählungen meiner Großeltern von den Wirtschaftskrisen der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre im Ohr. Die Familien meiner Großeltern sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits haben damals ihr gesamtes Vermögen verloren.
Ich habe noch immer von niemandem - auch nicht von Sinn, schon gar nicht von Juristen wie Kirchhof und Homburg - gelesen, wie man denn aus der Krise heil herauskommt, ohne daß es weiter Rettungsmaßnahmen gibt.
Auch hier im Forum lese ich überwiegend, was falsch ist. Ja, vielleicht ist das alles falsch. Und was wäre richtig? Griechenland bankrott gehen zu lassen, die spanischen Banken krachen zu lassen und in deren Gefolge eine europäische Bank nach der anderen? Es so weit kommen zu lassen, daß in Ländern mit einer langen kommunistischen Tradition wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal Volksrepubliken entstehen? Die Eurozone, dann vielleicht die EU zerbrechen zu lassen, ohne daß jemand weiß, wie es dann weitergehen soll?
Ich bin, lieber Rayson, schon ein wenig fassunglos über die Sicherheit, die Selbstgewißheit, diese frisch-fröhliche Überzeugtheit, man habe die Wahrheit zum alleingen Gebrauch erhalten, mit der zu diesen Themen diskutiert wird. Auch hier im Forum, wenngleich so nur von wenigen.
Zitat von Zettel im Beitrag #155Und was wäre richtig? Griechenland bankrott gehen zu lassen, die spanischen Banken krachen zu lassen und in deren Gefolge eine europäische Bank nach der anderen?
Wo ist das Problem? Das wird doch früher oder später sowieso passieren und da ist früher besser weil weniger blutig. Wer soll denn wirklich glauben, daß die hier so ausführlich diskutierten ja wohl nur als abenteuerlich zu bezeichnenden Konstruktionen am Ende zu einer Lösung führen werden? Das werden sie ganz sicher nicht.
Zitat von Zettel im Beitrag #155 Und was wäre richtig? Griechenland bankrott gehen zu lassen,
Ja. Warum solten wir mehr Vertrauen zu Griechenland haben als die vermögende Griechen, die Milliarden ins Ausland verfrachten.
Zitat die spanischen Banken krachen zu lassen
Ja, es sind ja nicht alle spanischen Banken marode. Warum sollten wir mehr Vertrauen zu den spanischen Banken haben als die Spanier?
Zitat und in deren Gefolge eine europäische Bank nach der anderen?
Sind die anderen europäischen Banken so sehr mit den betroffenen spanischen Banken verflochten, dass sie zwingend krachen müssen? Nein.
Zitat Es so weit kommen zu lassen, daß in Ländern mit einer langen kommunistischen Tradition wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal Volksrepubliken entstehen?
Macht das einen Unterschied zu der angestrebten Volksrepublik EU?
Zitat Die Eurozone, dann vielleicht die EU zerbrechen zu lassen, ohne daß jemand weiß, wie es dann weitergehen soll?
Das weiß auch bei Beibehaltung niemand, dann lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Das mögen jetzt alles polemische oder flappsige Antworten sein, aber nichts macht mir mehr Angst als eine europäische Zentralregierung, die, wenn sie sich auch nicht sozialistisch nennt, sozialistisch sein wird. Ich bin einfach zu kleinkariert für große Visionen und mir ist ein gescheiterter Nürburgring näher als ein gescheiterter spanischer Großflughafen. Think small.
Zitat von NoricusUnd es ist langsam auffällig, dass (fast?) alle diese gewichtigen Stimmen - dankenswerterweise - in der FAZ/FAS ein Forum finden.
Ja, das ist mir auch aufgefallen. Man könnte es auch negativ formulieren: Daß sie in den anderen Medien, die dafür auch in Frage kämen, bisher offenbar kein Forum gefunden haben.
Wenn ich das richtig verstehe, ist die Position der Kommunistn Wagenknecht (ihre Mitliedschaft bei der Kommunistischen Plattform ruht derzeit lediglich) fast deckungsgleich mit dem, was ich von radikalliberaler Seite lese.
Welcher der beiden Seiten sollte das zu denken geben?
Zitat von Zettel im Beitrag #155Ich mache mir Sorgen um Deutschland. Ich habe noch die Erzählungen meiner Großeltern von den Wirtschaftskrisen der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre im Ohr. Die Familien meiner Großeltern sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits haben damals ihr gesamtes Vermögen verloren.
Lieber Zettel,
und Sie glauben oder hoffen, dass der 'Rettungsschirm' eine Enteignung verhindert?
Zitat Ich habe noch immer von niemandem - auch nicht von Sinn, schon gar nicht von Juristen wie Kirchhof und Homburg - gelesen, wie man denn aus der Krise heil herauskommt, ohne daß es weiter Rettungsmaßnahmen gibt.
Was auch immer 'heil' ist? Vielleicht müssten Sie das erklären. Jede Maßnahme oder Nicht-Maßnahme (Zulassen der Insolvenzen) wird für uns sehr teuer werden, das hat auch Herr Sinn erklärt. In der Abwägung von Vermögen gegen Souveränität geht für mich letzteres vor. Dazu gehört auch die Priorität von Recht und Gesetz, was Kirchhof's Anliegen war.
Ich verstehe nicht, warum Sie 'Rettungsmaßnahmen' als solche sehen können, nur weil man ihnen den Namen gegeben hat. Pleiten und Insolvenzen sind Teil gesellschaftlicher Vorgänge, aus denen Gesellschaften auch neue Kraft ziehen können. Das Gegenteil ist der Fall, wenn sich die Menschen in weitere Abhängigkeit von staatlicher Dominanz begeben.
Niemand kann Ihnen die Zukunft im Detail vorrechnen, der Verlust von Freiheit und Souveränität ist mit den avisierten 'Rettungsmaßnahmen' aber sicher.
Zitat von Zettel im Beitrag #155Zitat:Ich habe noch immer von niemandem - auch nicht von Sinn, schon gar nicht von Juristen wie Kirchhof und Homburg - gelesen, wie man denn aus der Krise heil herauskommt, ohne daß es weiter Rettungsmaßnahmen gibt.
Was auch immer 'heil' ist? Vielleicht müssten Sie das erklären. Jede Maßnahme oder Nicht-Maßnahme (Zulassen der Insolvenzen) wird für uns sehr teuer werden, das hat auch Herr Sinn erklärt. In der Abwägung von Vermögen gegen Souveränität geht für mich letzteres vor. Dazu gehört auch die Priorität von Recht und Gesetz, was Kirchhof's Anliegen war.
Ist ja Recht, lieber Martin.
Wenn Sie meine Artikel verfolgt haben, dann wissen Sie, daß mich die Beiträge Sarrazins, Sinns, Kirchhofs und Homburgs zu dieser Diskussion am meisten überzeugt haben. Ich neige deshalb auch Ihrer Beurteilung zu.
Ich neige ihr zu. Aber ich billige denjenigen, die zu einer anderen Beurteilung kommen (von denen viele von der Sache erheblich mehr verstehen als ich) zu, daß sie gute Gründe dafür haben. Sie können Recht haben; sie können sich auch irren. So, wie jeder in der gegenwärtigen Lage.
Nur darum ging es mir in dieser kleinen Diskussion: Darum, daß in einer derart verfahrenen Situation niemand, der Verantwortung trägt, sicher sein kann, nicht einen fürchterlichen Fehler zu machen.
Es spielen derart viele ökonomische, fiskalische und ja auch politische Gesichtspunkte eine Rolle, ihre Interaktion ist derart komplex und das Gesamtsystem so instabil (man kann vielleicht, was seine Beherrschbarkeit angeht, von chaotischen Zügen sprechen), daß niemand mit Sicherheit die Folgen prognostizieren kann; was immer man tut.
Wogegen ich mich mit dem Wort "Schlaumeier" gewendet habe, das waren die Kommentare, die Sie zu Hunderten im Netz finden könnnen, von Leuten, die alle ganz genau wissen, was zu tun ist. Anflüge davon habe ich gelegentlich auch in diesem Forum wahrgenommen; aber vielleicht habe ich mich da ja geirrt.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #151 Für eine Kapitalerhöhung ist auch nur eine einfache Mehrheit nötig, also keine Vetomöglichkeit für Deutschland.
Ich lese aus Art. 5 Abs. 6 lit. d heraus, dass Kapitalerhöhungen im gegenseitigen Einvernehmen der Gouverneursratsmitglieder beschlossen werden. Und dann ja von den nationalen Parlamenten abgesegnet werden müssen. Gegenseitiges Einvernehmen ist auch für die Ausgabe von Anteilen mit Agio erforderlich (lit. b leg. cit.) Das sind dann aber wohl Szenarien, bei denen die vom BVerfG in der mündlichen Verhandlung evozierten Sachzwänge zum Tragen kommen.
Nicht wenn mit den Neueinlagen Verluste ausgeglichen werden sollen, und die wird es bestimmt geben.
Zitat von Zettel im Beitrag #162Es spielen derart viele ökonomische, fiskalische und ja auch politische Gesichtspunkte eine Rolle, ihre Interaktion ist derart komplex und das Gesamtsystem so instabil (man kann vielleicht, was seine Beherrschbarkeit angeht, von chaotischen Zügen sprechen), daß niemand mit Sicherheit die Folgen prognostizieren kann; was immer man tut.
Ein derart komplexes und damit in seiner Wirkungsweise wie in seinen Wirkungen undurchschaubares System ist ja schon grundsätzlich abzulehnen. Und warum diese Komplexität?
Es gibt ja mehrere Möglichkeiten: 1. die Konstruktion der EU mit ihren vielen Institutionen ist der Grund -> noch mehr Komplexität ist abzulehnen 2. die Beteiligten blicken nicht mehr durch -> ablehenenswürdig 3. die Komplexität ist Absicht -> der Beobachter ist verstimmt und lehnt es ab
Das ist - leider - keine Sichtweise, die das BVerfG einnehmen kann.
Zitat von Zettel im Beitrag #162Es spielen derart viele ökonomische, fiskalische und ja auch politische Gesichtspunkte eine Rolle, ihre Interaktion ist derart komplex und das Gesamtsystem so instabil (man kann vielleicht, was seine Beherrschbarkeit angeht, von chaotischen Zügen sprechen), daß niemand mit Sicherheit die Folgen prognostizieren kann; was immer man tut.
Ein derart komplexes und damit in seiner Wirkungsweise wie in seinen Wirkungen undurchschaubares System ist ja schon grundsätzlich abzulehnen.
Das ist auch meine Meinung. Nur folgt daraus, lieber AldiOn, ja keine Handlungsanweisung, gegeben diese nun einmal real exitierende Komplexität.
Man kann und sollte sich überlegen, ob man vier Eier zerschlägt, um daraus ein Rührei zu braten. Hat man aber das Rührei, dann ist es recht schwierig, wieder zu den ursprünglichen Eiern zurückzukommen (im weiten Sinn hat das übrigens mit Entropie zu tun).
Ich vermute, daß relativ wenige Politiker, wenn wir die Zeit noch einmal auf, sagen wir, 1980 stellen könnten, mit den jetzigen Erfahrungen ausgestattet noch einmal den Weg beschreiten würden, der in den Euro geführt hat, mit so vielen fragwürdigen Mitgliedsländern.
Aber das ist eben ein hypothetisches Szenario. Wir können keinen Reset machen. Und für die jetzige Lage scheint es kein attraktives Szenario zu geben.
Das Grunddilemma so, wie ich es sehe, habe ich schon einmal in einem der Artikel zu diesem Thema beschrieben:
Die jetzige Lage Europas ist instabil und war ja auch nie als stabil geplant. Man muß entweder voran oder zurück, was die Zentralisierung angeht. Aber voran wollen die Bürger nicht, und zurück wollen (und können vermutlich auch) die Eliten nicht.
Zitat von AldiOn im Beitrag #164Ein derart komplexes und damit in seiner Wirkungsweise wie in seinen Wirkungen undurchschaubares System ist ja schon grundsätzlich abzulehnen.
Das würde ich so pauschal nicht sagen. Generell sind föderative Systeme meist viel komplexer und intransparenter als zentralistische - und diesen trotzdem vorzuziehen, weil sie flexibler sind und auf die lokalen Verhältnisse und Wünsche eingehen können.
Zitat von Zettel im Beitrag #165Man kann und sollte sich überlegen, ob man vier Eier zerschlägt, um daraus ein Rührei zu braten. Hat man aber das Rührei, dann ist es recht schwierig, wieder zu den ursprünglichen Eiern zurückzukommen (im weiten Sinn hat das übrigens mit Entropie zu tun).
Ich habe erhebliche Zweifel an Ihrer Eieranalogie. Natürlich kann man an den Anfang der Eurokrise zurückgehen, die bereits gezahlten Beträge abschreiben, die danach gemachten Verträge in die Tonne treten und ein vergleichsweise kleines Land pleite gehen lassen. Es würden Buchverluste bei den Banken realisiert werden müssen, die aber sowieso alle in Staatshand sind. Da ich davon ausgehe, daß dies früher oder später sowieso passiert sage ich "Zähne zusammenbeißen und durch".
R.A. Mir geht es mehr um die schwer durchschaubaren Konsequenzen der hier diskutierten Verträge. Die EU für sich genommen ist ja gleichzeitig zentralistisch und förderalistisch wobei die Abgrenzung eher undurchschaubar ist. Ich verweise auf das von Zettel häufiger gebrachte Beispiel der Seilbahnen und eben auch auf die Schweinerei mit den Energiesparlampen. Ich kann dieses flexibel "auf die lokalen Verhältnisse und Wünsche eingehen" nicht erkennen. Das Ganze läuft doch eher auf eine nur scheinbar förderale Bürokratendiktatur hinaus.
Zitat von Zettel im Beitrag #162Wenn Sie meine Artikel verfolgt haben, dann wissen Sie, daß mich die Beiträge Sarrazins, Sinns, Kirchhofs und Homburgs zu dieser Diskussion am meisten überzeugt haben. Ich neige deshalb auch Ihrer Beurteilung zu.
Ich neige ihr zu. Aber ich billige denjenigen, die zu einer anderen Beurteilung kommen (von denen viele von der Sache erheblich mehr verstehen als ich) zu, daß sie gute Gründe dafür haben. Sie können Recht haben; sie können sich auch irren. So, wie jeder in der gegenwärtigen Lage.
Lieber Zettel,
ich denke Sie überschätzen das wirtschaftswissenschaftliche bzw. ökonomische Wissen (und die entsprechenden Kompetenzen) derjenigen, die Deutschland und Europa regieren, weitaus mehr, als Sie sich vorstellen können.
Auch wenn Sie sich davor scheuen, sich näher in die (übrigens hochinteressante und spannende) Welt der Ökonomie einzulesen, so würde ich Ihnen doch noch einmal wärmstens empfehlen, zumindest Ron Pauls Buch "The Revolution" in die Hand zu nehmen, seine Schilderungen aus dem Inneren der politischen Institutionen sind sehr erhellend und eindrucksvoll, insbesondere auch gerade was Hintergründe und Art und Weise der Entstehung (wirtschafts-)politischer Entscheidungen angeht - prinzipiell lassen sich seine Ausführungen durchaus auf die Situation in Deutschland und Europa übertragen.
Zitat von Zettel Man kann und sollte sich überlegen, ob man vier Eier zerschlägt, um daraus ein Rührei zu braten. Hat man aber das Rührei, dann ist es recht schwierig, wieder zu den ursprünglichen Eiern zurückzukommen (im weiten Sinn hat das übrigens mit Entropie zu tun).
Und die Geschwindigkeit des Verfalls nimmt zu. Deshalb ergibt es keinen Sinn, auf die Grube, in der es stinkt und gärt, einen Deckel zu legen und diesen zusätzlich mit einem Stein zu beschweren. Der Deckel wird abheben. Von daher sollten die Völker eigenständig ihren Weg gehen dürfen, auch als Sozialistische Volksrepublik Portugal.
Zitat Wogegen ich mich mit dem Wort "Schlaumeier" gewendet habe, …, von Leuten, die alle ganz genau wissen, was zu tun ist.
Da wir es nicht wissen, auch nicht, was in der Zukunft erforderlich sein wird, ist es sogar notwendig, den Versuch € / Europa zu beenden. Nur wenn man verschiedene Handlungsoptionen hat, kann man halbwegs für die Zukunft gerüstet sein.
Für mich ist eins sicher: wird das heutige System weiter mit Zwang zusammen gehalten, werden wir dahin kommen, dass der Nationalismus wächst und nach der starken Führerhand gerufen werden wird. Das, was man für alle Ewigkeit aus sich verdrängen wollte, wird einem dann wieder kraftvoll gegenüberstehen.
Zitat Wogegen ich mich mit dem Wort "Schlaumeier" gewendet habe, das waren die Kommentare, die Sie zu Hunderten im Netz finden könnnen, von Leuten, die alle ganz genau wissen, was zu tun ist. Anflüge davon habe ich gelegentlich auch in diesem Forum wahrgenommen; aber vielleicht habe ich mich da ja geirrt.
Haben Sie, soweit es mich betrifft. Diesen Vorwurf verdienen lediglich die, die angesichts der Krise behaupten ganz genau zu wissen, wie sie gelöst werden kann - diesen Anspruch habe ich jedoch nicht erhoben. Dahingegen bedarf es gerade keiner hellseherischen Begabung um Recht von Unrecht unterscheiden zu können.
So schwer ist es doch eigentlich nicht zu akzeptieren, daß bei Lösungsvorschlägen die Attribute 'rechtmäßig/unrechtmäßig' und die Attribute 'richtig/falsch' grundsätzlich unabhängig voneinander vergeben werden können, oder?
Zitat von Reisender im Beitrag #169Für mich ist eins sicher: wird das heutige System weiter mit Zwang zusammen gehalten, werden wir dahin kommen, dass der Nationalismus wächst und nach der starken Führerhand gerufen werden wird. Das, was man für alle Ewigkeit aus sich verdrängen wollte, wird einem dann wieder kraftvoll gegenüberstehen.
Darin sehe ich auch, lieber Reisender, eine der größten Gefahren. Europa war einmal eine Hoffnung; jedenfalls für meine Generation. Es wird immer mehr zum Alptraum.
Daß eine Rückkehr zum Europa der Nationalstaaten mit eigenen Zollgrenzen möglich ist, halte ich dennoch für unwahrscheinlich.
Aber nun gut, auch die UdSSR ist zerfallen. Das Reich Alexanders zerfiel sofort nach seinem Tod in die Satrapenstaaten. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation zerfiel in zahllose Staaten und Städte. Die USA hätten als Ergebnis des Sezessionskriegs zerfallen können.
Am ehesten würde ich noch eine Chance darin sehen, hinter die Verträge von Lissabon zurückzugehen. Damals begann der Abstieg der Europa-Idee, als man die Referenden nicht respektierte und einfach aus der Verfassung ein Vertragswerk machte. Damals haben sich die Eliten über den Willen jedenfalls eines Teils der Völker hinweggesetzt.
Wir brauchten jetzt die "Reflexion", die Noricus in einem seiner Beiträge angesprochen hat. Eine gründliche und ergebnisoffene Diskussion über das Europa, das wir haben wollen.
Zitat von Zettel im Beitrag #171Wir brauchten jetzt die "Reflexion", die Noricus in einem seiner Beiträge angesprochen hat. Eine gründliche und ergebnisoffene Diskussion über das Europa, das wir haben wollen.
Geht es noch um die Schuldenkrise oder schon um die EU überhaupt? In der Schuldenkrise sehe ich überhaupt keinen Grund für solche Fundamentalfragen. Die ist ein Problem der Investoren, die Staatsanleihen halten. Erst mit der völlig unbegründeten Behauptung, der Euro sei "in Gefahr", hat man die Geldwertstabilität mit expansionistischen "Rettungspaketen" gefährdet. Das hat nichts mit Europa zu tun. Mit oder oder Euro wachsen den Staaten (auch der Bundesrepublik Deutschland) ihre Schulden irgendwann über den Kopf. Ohne Euro könnte die Bundesbank in der Situation genau so handeln wie die EZB jetzt und aus einer Schuldenkrise eine D-Mark-Krise machen.
Zitat von ZettelMan kann und sollte sich überlegen, ob man vier Eier zerschlägt, um daraus ein Rührei zu braten. Hat man aber das Rührei, dann ist es recht schwierig, wieder zu den ursprünglichen Eiern zurückzukommen (im weiten Sinn hat das übrigens mit Entropie zu tun).
Um im Bild zu bleiben... stellt sich heraus, daß zwei der vier Eier faul waren, kann ich das verdorbene Omelett natürlich trotzdem hinunterwürgen und dabei riskieren, an einer Lebensmittelvergiftung zu verbleichen. Ich kann auch weitere Eier zerschlagen und hoffen, daß sich der üble Geschmack (und die Giftigkeit) dadurch verdünnen läßt.
Ich kann aber auch den Inhalt der Pfanne auf den Kompost werfen und mir stattdessen ein Schnitzel braten.
Zitat von ZettelDie jetzige Lage Europas ist instabil und war ja auch nie als stabil geplant. Man muß entweder voran oder zurück, was die Zentralisierung angeht. Aber voran wollen die Bürger nicht, und zurück wollen (und können vermutlich auch) die Eliten nicht.
Sodaß der Zeiger am Rad der Zeit einmal mehr auf die ewige Frage weist: wer ist souverän? Noch wissen wir die in unserem Fall zutreffende Antwort auf diese Frage nicht. Klar geworden ist bisher nur, daß die von Ihnen "Eliten" genannte herrschende Klasse der Politfunktionäre mit Selbstverständlichkeit davon ausgeht, sie sei es.
________________________________________________ Für eine demokratische Deutsche Republik!
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #151 Für eine Kapitalerhöhung ist auch nur eine einfache Mehrheit nötig, also keine Vetomöglichkeit für Deutschland.
Ich lese aus Art. 5 Abs. 6 lit. d heraus, dass Kapitalerhöhungen im gegenseitigen Einvernehmen der Gouverneursratsmitglieder beschlossen werden. Und dann ja von den nationalen Parlamenten abgesegnet werden müssen. Gegenseitiges Einvernehmen ist auch für die Ausgabe von Anteilen mit Agio erforderlich (lit. b leg. cit.) Das sind dann aber wohl Szenarien, bei denen die vom BVerfG in der mündlichen Verhandlung evozierten Sachzwänge zum Tragen kommen.
Nicht wenn mit den Neueinlagen Verluste ausgeglichen werden sollen, und die wird es bestimmt geben.
Und das ist in welchem/n Artikel(n) des Vertrages geregelt?
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #151 Für eine Kapitalerhöhung ist auch nur eine einfache Mehrheit nötig, also keine Vetomöglichkeit für Deutschland.
Ich lese aus Art. 5 Abs. 6 lit. d heraus, dass Kapitalerhöhungen im gegenseitigen Einvernehmen der Gouverneursratsmitglieder beschlossen werden. Und dann ja von den nationalen Parlamenten abgesegnet werden müssen. Gegenseitiges Einvernehmen ist auch für die Ausgabe von Anteilen mit Agio erforderlich (lit. b leg. cit.) Das sind dann aber wohl Szenarien, bei denen die vom BVerfG in der mündlichen Verhandlung evozierten Sachzwänge zum Tragen kommen.
Nicht wenn mit den Neueinlagen Verluste ausgeglichen werden sollen, und die wird es bestimmt geben.
Und das ist in welchem/n Artikel(n) des Vertrages geregelt?
Ah, Sie meinen vermutlich Art. 9 II (Beschluss des Direktoriums mit einfacher Mehrheit). Dieser regelt aber keine Kapitalerhöhung, sondern die Wiederherstellung des eingezahlten Betrages in Form des Abrufs genehmigter, aber noch nicht eingezahlter Kapitalanteile. Allein dadurch ergibt sich kein zusätzliches Haftungsrisiko für ein Mitgliedsland.
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