Zitat von Zettel im Beitrag #20Welches sollten denn die einzelnen "Todestriebe" sein?
Fragen Sie Freud. Ich bin, wie gesagt, kein Kenner.
Ich habe ihn gefragt. Er hat gesagt, daß "Todestriebe" Quatsch ist; das hätte er nie geschrieben.
War übrigens interessant. Ihm geht es im Elysium so weit recht gut. Er darf Zigarren rauchen, und niemand macht ihm deswegen Vorhaltungen. Jung und Adler und vor allem Reich hat man so weit weg von ihm einquartiert, daß sie ihn nicht ärgern können.
Er glaubt selbst nicht mehr an die Psychoanalyse und amüsiert sich darüber, daß so viele immer noch daran glauben, die offenbar die Fortschritte der Neurologie nicht mitbekommen haben.
Er hat längst erkannt, daß er eigentlich ein Philosoph und klassischer Philologe ist, und daß er in der Psychologie eigentlich fehl am Platz war. Gerade eben liest er den ganzen Platon auf Griechisch und ist glücklich dabei; natürlich vor allem, wenn ein Engel dazu seine Harfe erklingen läßt.
Zitat von Zettel im Beitrag #101 Er hat längst erkannt, daß er eigentlich ein Philosoph und klassischer Philologe ist, und daß er in der Psychologie eigentlich fehl am Platz war. Gerade eben liest er den ganzen Platon auf Griechisch und ist glücklich dabei; natürlich vor allem, wenn ein Engel dazu seine Harfe erklingen läßt.
"Every false philosophy is an imagination of a world propitious to irrational demands and unregulated desires. The false philosopher's dream infects someone in closer touch than himself with everyday experience, this agent of his desire seeks to translate the dream into reality, and disaster follows. It is the Cinderella story in actual life. Rousseau was Robespierre's fairy godmother, Karl Marx was Lenin's, Nietzsche was Hitler's." "Oscar Wilde's Fairy Godmother", The Best of Hugh Kingsmill (1973) p. 278 (1948)
Zitat von Emulgator im Beitrag #88Erstens das lahme Palaver, zweitens aber die Gegenstände, die meistens eben nicht so interessant sind. Im zweiten Fall wäre man doch ganz zufrieden, wenn man die Beschäftigung damit den Gremienmitgliedern überlassen kann?
Ja, gewiß.
Dann helfen Sie mir bitte zu verstehen, was Sie wirklich mit Ihrer Kritik an der "Demokratisierung" im Kontrast zur früheren Ausgestaltung mit (so verstehe ich Sie) Vollversammlungen der Professoren meinen. Und wieso soll das zu der "schändlichen Entscheidung" geführt haben? Wir wissen ja, daß schon im Fakultätsrat die Mehrheit der Professoren für die Aberkennung gestimmt hat. Kennen die sich nun weniger aus mit akademischen Maßstäben, weil sie in ein Gremium gewählt wurden?
Mir kommt das vor wie Kritik am Schiedsrichter, wenn die eigene Mannschaft schlecht gespielt hat.
Ach, wenn es denn so waere. Ein Schiedsrichterteam, das ist eine (more or less) professionelle Mannschaft, die nichts anderes macht als Spiele zu pfeifen. Ein Fakultaetsrat wuerde sich im Sport aus den 4 Schiedsrichtern, je 2 Spielern je Mannschaft, je 1 Fan je Team, 1 Sportreporter und 2 Zuschauern aus der Hauptribune zusammensetzen. Dieses Team muesste dann uber ein knappes Abseitstor entscheiden, ohne dabei den Videobeweis verwenden zu duerfen.
Einige Stunden vor der Entscheidung aus Düsseldorf habe ich mir auf <schavanplag> selbst ein Bild vom fraglichen Sachverhalt zu machen versucht. Da steht in einer linken Spalte mit Seiten- und Zeilenangabe sowie Fußnoten der Text der Dissertation, rechts daneben die "Quellen", im Original oder aus der Sekundärliteratur. Nach jedem Beispiel folgt ein Kommentar des Herausgebers z.B. mit der Aussage, ob über die kenntlich gemachten Zitate oder aber das Fehlen dieser Kennzeichnung hinaus Hinweise an dieser oder irgendeiner anderen Stelle in der Arbeit zu finden sind. Diesen öffentlich vorgetragenen und überprüfbaren Angaben habe ich vertraut.
Dann ergibt sich folgendes Bild: Die Verfasserin der Dissertationsschrift hat wiederholt eindeutig Texte verwendet, die nicht von ihr selbst stammen. Dabei hat sie ebenfalls mehrfach die Autoren weder an der zitierten Stelle noch sonstwo in ihrer Arbeit auch nur erwähnt. Daneben stehen Beispiele etwa von Paraphrasen des Originals (das zitiert wird), die entweder wortwörtlich (über mehrere Druckzeilen) oder in sehr enger Anlehnung an den Text der Sekundärliteratur geschrieben sind, ohne dass dies überhaupt oder als wörtliches Zitat gekennzeichnet wäre.
Nach einer diagonalen Duchsicht der Beispiele stand für mich fest: Die erhobenen Vorwürfe sind eindeutig berechtigt. So schreibt jemand, der sich mit fremden Federn schmücken will. Das Urteil des Fakultätsrates habe ich deshalb mit großer Erleichterung aufgenommen, zumal hier ein immenser öffentlicher Druck auf dem Gremium lastete. (Dass sich die "Spitzen der deutschen Wissenschaft", die vom zuständigen Ministerium weitgehend alimentiert werden, in der Weise öffentlich zu dem Verfahren geäußert haben, finde ich, sagen wir mal, bemerkenswert.)
Nun habe ich nicht alles gelesen, was hier im "Kleinen Zimmer" veröffentlicht wurde, und ich bin neu hier. Trotzdem: Bin ich denn der Einzige, der sich die Texte, um die es geht, auch angeschaut hat?
Vielleicht sollte ich ergänzen, dass ich keine Dissertation vorzuweisen habe, stattdessen habe ich nach einem ersten Universitätsabschluß noch einen weiteren erworben - einige wenige Jahre vor Frau Schavan. Wie sauberes wissenschaftliches Arbeiten auszusehen hatte, war bis in die siebziger Jahre hinein sehr wohl bekannt. Und die Literatur, auf die sich die Autorin damals bezog, steht in Teilen heute noch in meinem Arbeitszimmer und war in Fachkreisen selbstverständlich geläufig - um der Spekulation entgegenzutreten, ein überforderter Professor hätte seinerzeit ohne heutige Hilfsmittel hunderte von Büchern im Kopf haben müssen.
Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat sich um die Wissenschaft verdient gemacht. Hätte sie anders entschieden, hätte mich das empört!
Und das als Auftakt in diesem Kreise, über dessen Entdeckung vor wenigen Wochen ich immer noch froh bin ...
Zitat von uva42 im Beitrag #107Und das als Auftakt in diesem Kreise, über dessen Entdeckung vor wenigen Wochen ich immer noch froh bin ...
Ich teile Ihre Meinung überhaupt nicht, lieber uva42; deshalb nicht, weil auch ich mir diese Textvergleiche angesehen habe. Ich heiße sie willkommen im kleinen Zimmer!
Zitat von Zettel im Beitrag #101 Er hat längst erkannt, daß er eigentlich ein Philosoph und klassischer Philologe ist, und daß er in der Psychologie eigentlich fehl am Platz war. Gerade eben liest er den ganzen Platon auf Griechisch und ist glücklich dabei; natürlich vor allem, wenn ein Engel dazu seine Harfe erklingen läßt.
Als Philosoph mag ich ihn am meisten.
Ja, das war er. Er wollte Geisteswissenschaftler werden und wurde in die Physiologie verschlagen, weil Juden damals in der k.u.k. Monarchie nur wenige Studiengänge offenstanden.
Freud hätte ein brillanter Naturwissenschaftler werden können. Mit seiner überragenden Intelligenz hätte er alles werden können.
Er hat ja auch viel Solides publiziert; schon als Student - über das Nervensystem von Meerestieren; später beispielsweise über den Verlauf von Hirnnerven: über Aphasie und über Lähmungen.
Sein "Entwurf einer Psychologie" war der Zeit weit voraus. Er hat die Neuronentheorie sofort verstanden; er hat die Funktion von Synapsen ("Kontaktschranken") verstanden.
Freud hätte ein großer Wissenschaftler werden können. Er wollte aber ein Guru werden.
Zitat von Zettel im Beitrag #109Freud hätte ein großer Wissenschaftler werden können. Er wollte aber ein Guru werden.
Hmm, Freud wird sicher von einigen als Guru angesehen, aber wollte er einer werden? Ich glaube das nicht. Eric Kandel kennen Sie doch sicher? Ich finde Kandels Sicht auf Freud viel produktiver und weiterführend.
Zitat von Zettel im Beitrag #109 Freud hätte ein großer Wissenschaftler werden können. Er wollte aber ein Guru werden.
Vor Jahren sah ich mal eine Fernsehdiskussion in der ein Psychoanalytiker und ein katholischer Amtsträger über das Unbewusste diskutierten. Es ging um mögliche Parallelen. Jedenfalls wurde der Geistliche irgendwann etwas unwirsch und sagte, dass Sigmund Freud nichts weiter als seine eigene Kirche gründen wollte. Sehr bemerkenswert, lieber Zettel, dass Sie das ähnlich sehen. Mir geht das seitdem nicht mehr aus dem Kopf und bin immer noch auf der Suche nach der Kirche Freuds. Ich muss sagen, dass mir Freuds Theorie vom Ich, Es und Über-Ich oder die frühere vom Bewussten, Unbewussten und Vorbewussten sehr viel Aufschluss brachten, mich selbst und andere besser zu verstehen. Auch bei der Erziehung unserer Tochter halfen mir seine Theorien. Freud war für mich der erste liberale Philosoph von dem ich mehrere Bücher gelesen habe. Das Verständnis von Freud führte mich erst zu den wirklichen Philosophen. Es ist mir wohl auch deshalb unmöglich, ihn als Guru zu entdecken - da kann ich noch so lange suchen.
Zitat von Fluminist im Beitrag #99Daß es besser ist, habe ich ja nicht behauptet. [...] Soweit ich das überblicke, sind in den genannten Gremien sowohl Dozenten/Professoren als auch Mitglieder der Universitätsverwaltung (die aber zum großen Teil auch einen akademischen Hintergrund haben).
Ich gebe Ihnen völlig recht, daß bei dem von mir beschriebenen Verfahren die Sache viel mehr in den Händen Fachfremder liegt. Das ist aber vielleicht gar nicht so verkehrt, da es ja um Vorwürfe wie handfestes Plagiat, Betrug bei der wissenschaftlichen Arbeit u. dgl. geht, für deren Beurteilung man ja keine spezifischen Fachkenntnisse braucht.
Hm. Ich danke für Ihren Beitrag, aber an Zettels Kritik am dt. Selbstverwaltungssystem im Kontext des Falles Schavan ist mir nichts einleuchtender geworden. Sollte es etwa nur eine Polemik sein?
Zitat von Emulgator im Beitrag #112Ich danke für Ihren Beitrag, aber an Zettels Kritik am dt. Selbstverwaltungssystem im Kontext des Falles Schavan ist mir nichts einleuchtender geworden. Sollte es etwa nur eine Polemik sein?
Lieber Emulgator, noch einmal: Die Selbstverwaltung gab es, seit es in Europa Universitäten gibt. Früher einmal in einem Maß, das man sich heute kaum noch vorstellen kann. Die Professoren und Studenten waren Bürger ihrer Universität und unterstanden deren Jurisdiktion.
Was in den diversen "Universitätsreformen" nach 1970 passierte, das wsr nicht die Einführung einer Selbstverwaltung, sondern deren Politisierung. Angestrebt war die "Drittelparität" worden; das wurde vom BVerfG unterbunden.
Seither muß in den Gremien die Gruppe der Professoren mindestens eine Stimme mehr haben als die übrigen Gruppen zusammen. Bei bestimmten Abstimmungen - zum Beispiel in Berufungsverfahren - wird eine "doppelte Mehrheit" verlangt. Das gesamte Gremium muß einer Entscheidung mit Mehrheit zustimmen, und die Gruppe der Professoren muß das.
Zitat von Zettel im Beitrag #113Was in den diversen "Universitätsreformen" nach 1970 passierte, das wsr nicht die Einführung einer Selbstverwaltung, sondern deren Politisierung. Angestrebt war die "Drittelparität" worden; das wurde vom BVerfG unterbunden.
Seither muß in den Gremien die Gruppe der Professoren mindestens eine Stimme mehr haben als die übrigen Gruppen zusammen. Bei bestimmten Abstimmungen - zum Beispiel in Berufungsverfahren - wird eine "doppelte Mehrheit" verlangt. Das gesamte Gremium muß einer Entscheidung mit Mehrheit zustimmen, und die Gruppe der Professoren muß das.
Das weiß ich doch. Ich habe ja selber die HHUD-Seiten verlinkt, aus denen das hervorgeht. Mir ist auch klar, daß es Repräsentations- und Kenntnismängel in diesem System geben kann. Aber ist das nicht in der schönen früheren Zeit ähnlich gewesen? Die Ausführungen von Mitbenutzer Fulminist und Ihr Verweis auf das international übliche legen es nahe.
Zitat von Zettel im Beitrag #113Die Selbstverwaltung gab es, seit es in Europa Universitäten gibt. Früher einmal in einem Maß, das man sich heute kaum noch vorstellen kann. Die Professoren und Studenten waren Bürger ihrer Universität und unterstanden deren Jurisdiktion.
Ja, Karzerstrafen von einer eigenständigen Universitätsgerichtsbarkeit sind heute natürlich völlig unvorstellbar. Wurden aber auch schon vor den 68ern abgeschafft. Aber wird jetzt ja keine Rolle spielen. Ich will einfach wissen, was Sie mit Politisierung meinen. Das Repräsentationsprinzip kann nicht Ihr Problem sein. Im Artikel schreiben Sie zwar noch, "Die Fakultät [Genauer: Die Fakultät nicht, sondern nur ein Organ der Fakultät] setzte sich aus den Professoren und den sonstigen Habilitierten zusammen; mit einem Vertreter der Assistenten und einem von den Studenten gewählten Mitglied.", aber Sie schreiben auch, daß es eben keine richtigen Vollversammlungen waren. Also hat faktisch wiederum nur eine Stichprobe entschieden. Daß diese Stichprobe und ihre Entscheidung irgendwie repräsentativ für den Rest der Fakultätsangehörigen ist, braucht man nicht zu erhoffen. Vielmehr werden dort diejenigen sein, die Ressourcen für den jeweiligen Entscheidungsprozeß aufbieten möchten. Ob das so viel besser wäre? Wer aus politischem Grunde cum ira et studio an der Plagiatsbeurteilung teilnehmen kann, der wird für sein Votum in diesem Fall mehr Arbeitszeit aufwenden als ein Kollege, dem es einfach um eine faire wissenschaftliche Beurteilung geht, denn der kann in derselben Zeit mit den Gutachten, die er sowieso anzufertigen hat, mehr aktiven Wissenschaftlern eine faire Bewertung liefern, als mit einem langen Palaver über die alte Arbeit einer Ministerin. Somit wäre die kritisierte Entscheidung mit ungewählten Entscheidern, die ad hoc an der Entscheidungsfindung teilnehmen, anfällig für politische Parteinahme.
So, heutzutage werden die entscheidenden Gremienmitglieder ja für eine feste Zeit gewählt. Ist die politische Parteinahme nun größer? Ich sage nein. Die Fakultätsratsmitglieder stellten sich nämlich zur Wahl auf, als gegen Frau Schavan noch gar kein Plagiatsverdacht öffentlich war; sie wußten nicht vorher, worüber sie jetzt zu entscheiden hatten. Natürlich gibt es bei den Fakultätsratsmitgliedern unterschiedliche politische Präferenzen. Aber durch die Wahl wird die Repräsentation besser garantiert, als durch obiges Ad-hoc-Zusammentreten. 20 sitzungsliebende linke Profs werden nicht in den Fakultätsrat gewählt, wenn mehr als die Hälfte des Kollegiums ihnen mißtraut. Bei dem früheren, schönen ad-hoc-Gremien wären diese Menschen immer dabei gewesen.
Die Sache mit der Parität kann ebenfalls keine Rolle spielen hinsichtlich der "Politisierung", weil wir ja wissen, daß schon durch die Professoren alleine das jetzige Votum zustande gekommen wäre.
So, was genau ist nun Ihre Kritik?
Übrigens war Schavan sogar Mitgliedin in einem Zentralkommitee. Ich glaube, das ist schlimmer als ein Fakultätsrat, denn Räte gibt es sogar in erzkapitalistischen (Aktien-)Gesellschaften, Zentralkommitees aber wirklich nur in der Politik.
Zitat von Emulgator im Beitrag #114So, heutzutage werden die entscheidenden Gremienmitglieder ja für eine feste Zeit gewählt. Ist die politische Parteinahme nun größer? Ich sage nein. Die Fakultätsratsmitglieder stellten sich nämlich zur Wahl auf, als gegen Frau Schavan noch gar kein Plagiatsverdacht öffentlich war; sie wußten nicht vorher, worüber sie jetzt zu entscheiden hatten. (...) So, was genau ist nun Ihre Kritik?
Wie das Gremium zusammengesetzt ist und wie es gewählt wurde, ist vielleicht gar nicht so relevant. Näher liegt doch der Vergleich mit einem Geschworenengericht, bei dem die Mitglieder der Jury ja ganz unvorinformiert sein müssen, um dann unvoreingenommen über die Aussagekraft des Beweismaterials befinden zu können. Wird der Fall mit allen Einzelheiten schon vorher in der Öffentlichkeit breitgetreten, dann ist es mitunter gar nicht mehr möglich eine hinreichend frische Jury zu finden.
So ähnlich ist es doch hier. Ginge es um die Dissertation eines unauffälligen Normalbürgers, die sich außer dem Gremium (und natürlich dem Denunzianten) seit der Doktorprüfung kein Mensch mehr angesehen hat, dann würde kaum jemand daran zweifeln, daß das Gremium die Sache neutral abhandelt. Hier haben wir es aber mit einer politisch höchst profilierten und exponierten Person zu tun, das vorliegende Beweismaterial, was es nun auch immer beweisen mag, ist seit längerem öffentlich und die Qualität der Dissertation wurde auch schon seit geraumer Zeit öffentlich in Frage gestellt. Ferner stand und steht zu erwarten, daß eine Aberkennung des Titels politisch ausgeschlachtet wird. Unter diesen Umständen ist es für das Gremium selbstverständlich sehr schwierig, vielleicht unmöglich, eine wirklich objektive Entscheidung zu treffen. Zu beneiden sind die Damen und Herren jedenfalls nicht.
Zitat von stefanolix im Beitrag #10 Es ist eine Merkwürdigkeit dieser Zeit: Dass Personen mit einem oder mehreren IM-Alias-Namen weiterhin ganz unbehelligt im Bundestag oder in Landtagen sitzen können, während über die Aberkennung des akademischen Grades so viel geschrieben und diskutiert wird. Wenn die Aberkennung des akademischen Grades jemanden für bestimmte Ämter disqualifiziert, dann sollte das doch nach einer Tätigkeit als MfS-IM erst recht der Fall sein.
Zitat von http://www.welt.de/politik/deutschland/a...regor-Gysi.htmlDer Fraktionschef der Linken hat seine parlamentarische Immunität verloren. Gysi soll eine falsche eidesstattliche Versicherung über seine Gespräche mit dem DDR-Geheimdienst abgegeben haben.
Lieber Stefanolix, diese Merkwürdigkeit macht vielleicht der Wahrheit Platz.
Zitat von DrNick im Beitrag #2Ich will nun nicht bestreiten, daß ihre Dissertation - wie der Doktorvater meint - den damaligen Üblichkeiten in der Pädagogik entspricht, so daß Frau Schavan gerne ihren Doktor behalten mag. Aber wollen wir eine Forschungsministerin, die in ihrem ganzen Leben vermutlich nicht ein einziges Mal geforscht hat?
Ja, warum denn nicht, lieber DrNick? Unser Wirtschaftsminister ist Arzt, unser Finanzminister Jurist; und unsere Kanzlerin hat mit einer "Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden" promoviert.
Ja was hat denn bitteschöne eine medizinische Ausbildung mit dem Wirtschaftsressort und eine juristische mit dem Finanzressort zu tun. Und dass eine naturwissenschaftliche Promotion nicht gerade zur Regierungschefin befähigt, davon sollte Sie Herr Lafontaine überzeugen.
Den betreffenden Ministern ist hier nichts vorzuwerfen: Minister wird man aus demokratischer Legitimation, nicht als Kumulation irgendwelcher Fachkenntnisse. Für den Regierungschef gäbe es da ohnehin nichts, Kohls Geschichtsdoktor noch am ehesten, denn damit war er immerhin Generalist.
Und so absurd es ist, von Ministern eine bestimmte Fachausbildung als Vorausetzung zu erwarten, so absurd ist, aus dem Verlust einer Qualifikation nun den Rücktritt zu fordern. (Jetzt mal von der politischen-ansehensmäßigen Logik abgesehen - das ist eine andere Baustelle).
Das paßt schon. Es paßt zur Tugendrepublik. Und es paßt natürlich, daß - meines Wissens - kein einziger linker oder grüner Politiker zum Gegenstand dieser Bemühungen geworden ist.
Mit letzterem haben Sie natürlich recht. Aber eigentlich können sich weder Merkel noch Schavan noch Sie selbst beschweren. Als Guttenberg stürzte, hat Schavan öffentlich gefeixt, Merkel war wohl nicht unglücklich über den Fall eines potentiellen Konkurrenten und Sie, werter Zettel, fanden die Logik seines Sturzes völlig richtig.
Wer den Anfängen der Tugendrepublik - bzw. einer neuen Phase derselben - nicht wehrt, muß damit leben, wenn es einen selbst oder die eigenen Favoriten ereilt.
Zitat Mich würde zum Beispiel die Dissertation von Gregor Gysi interessieren, oder die des kommunistischen Sängers Diether Dehm ("Lerryn"; auch IM "Willy"). Von Broder gibt es dazu eine Anmerkung.
Interessant sicherlich, aber wäre es nicht absurd, wenn ein Mann wie Gysi, dessen Weste ganz andere Flecken aufweist, über seine Doktorarbeit stolpert.
Zum Abschluss ein frommer Wunsch: wäre nicht die Trennung von Wissenschaft und Staat dem allen vorzuziehen?
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von Zettel im Beitrag #16Laplanche und Potalis, lieber Loki, ist ein Lexikon; ein Wörterbuch der Psychoanalyse. Auch hier hat Schavan nicht plagiiert. Die Autoren Laplanche und Potalis haben ja selbst ihre Einträge nicht ersonnen, sondern sie zitieren Quellen, meist Freud selbst.
Soll ich das so verstehen, daß Übernahmen aus Lexika generell ohne Quellenangabe zulässig sind?
Es ist, liebe(r) Loki, allgemein zugängliches Wissen. Laplanche und Pontalis (die deutsche Ausgabe ist übrigens miserabel) haben selbst kompiliert. Sie haben keine eigene geistige Leistung erbracht und beanspruchen das auch gar nicht.
Das, werter Zettel, ist ein stichhaltiges Argument, zumindest was diese Stelle angeht:
Wenn Frau Schavan dieses Lexikon benutzt (anstatt lange Freud selbst zusammenzufassen), Laplanche und Pontalis aber selbst kompiliert und ihre eigenen Quellen nicht angegeben haben (zumindest nicht als Einzelbeleg), dann stand sie damals vor dem Dilemma, wen sie denn nun als Quelel angeben soll. Sicher, es wäre ehrlicher gewesen, L/P anzugeben anstatt nur auf Freud selbst zu verweisen, aber in Anbetracht dessen, dass L/P nur zusammengefasst haben und selbst keine gedankliche Leistung erbracht haben, halte ich es nicht für ein Plagiat.
Wenn dies auch bei anderen Stellen der Fall sein sollte, wäre die Entscheidung wirklich schändlich.
Dass ein Fakultätsrat die Entscheidung trifft dagegen halte ich für eine solche Einschätzung für völlig irrelevant. Man mag Fakultätsräte nicht mögen, aber was macht deren Entscheidung denn so schändlich?
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von Fluminist im Beitrag #66Da besteht vielleicht ein gewisser Unterschied zwischen den Realwissenschaften, bei denen die Sprache wirklich nur als Vehikel der Mitteilung z.B. empirischer Einsichten dient, und den Geisteswissenschaften, in denen in erster Linie ein Text vor dem Hintergrund der bereits existierenden Texte erzeugt wird.
Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich ein grundsätzlicher Unterschied ist. Bei den Realwissenschaften ist die Unterscheidung natürlich leichter ...
Ist das jetzt eigenwillige Wortwahl oder ist der gegenüber anderen Sparten extremst abfällige Begriff "Realwissenschaft" tatsächlich in gewissen Kreisen verbreitet?
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von lois jane im Beitrag #121Ist das jetzt eigenwillige Wortwahl oder ist der gegenüber anderen Sparten extremst abfällige Begriff "Realwissenschaft" tatsächlich in gewissen Kreisen verbreitet?
Zitat von lois jane im Beitrag #121Ist das jetzt eigenwillige Wortwahl oder ist der gegenüber anderen Sparten extremst abfällige Begriff "Realwissenschaft" tatsächlich in gewissen Kreisen verbreitet?
Wieder was dazu gelernt. Ich hatte den Begriff in der Tat mißverstanden als einen weiteres Beispiel von MINT-Arroganz.
Wobei ich die Unterscheidung dennoch nicht für glücklich halte - nach Lektüre der beiden Artikel Real- und Formalwissenschaft scheint mir etwa die Sprachwissenschaft, in ich ja u.a. zuhause bin, in einen realen (einzelsprachlichen) und einen formalen (allgemeinen) Teil aufgespalten.
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von lois jane im Beitrag #123Wieder was dazu gelernt. Ich hatte den Begriff in der Tat mißverstanden als einen weiteres Beispiel von MINT-Arroganz.
Die Unterscheidung zwischen Formalwissenschaft und Realwissenschaft ist allerdings sehr her alt, liebe Lois Jane:
Zitat von Fluminist im Beitrag #116Näher liegt doch der Vergleich mit einem Geschworenengericht, bei dem die Mitglieder der Jury ja ganz unvorinformiert sein müssen, um dann unvoreingenommen über die Aussagekraft des Beweismaterials befinden zu können. Wird der Fall mit allen Einzelheiten schon vorher in der Öffentlichkeit breitgetreten, dann ist es mitunter gar nicht mehr möglich eine hinreichend frische Jury zu finden.
Es ist ein Verwaltungsverfahren, kein Gerichtsverfahren. Der Fakultätsrat ist das Organ einer Behörde, kein Gericht. Und das Beweismaterial ist hier sehr einfach zu beurteilen, so daß eine Einflußnahme à la "12 angry men" nicht denkbar ist. Man braucht nur die Textstellen vergleichen. Da steht ein Inhalt aus Quelle X ohne Kennzeichnung, daß dieser Inhalt eine Fremdleistung ist? Plagiat oder unabhängige Entdeckung. Diese Quelle wurde nachweislich benutzt (etwa an anderer Stelle im Literaturverzeichnis aufgeführt)? Plagiat.
Zitat von Fluminist im Beitrag #116Ginge es um die Dissertation eines unauffälligen Normalbürgers, die sich außer dem Gremium (und natürlich dem Denunzianten) seit der Doktorprüfung kein Mensch mehr angesehen hat, dann würde kaum jemand daran zweifeln, daß das Gremium die Sache neutral abhandelt. Hier haben wir es aber mit einer politisch höchst profilierten und exponierten Person zu tun, das vorliegende Beweismaterial, was es nun auch immer beweisen mag, ist seit längerem öffentlich und die Qualität der Dissertation wurde auch schon seit geraumer Zeit öffentlich in Frage gestellt.
So ein Verfahren kann ja auch den Zweck haben, entlastet zu werden. Deswegen können Beamte beispielsweise auch ein Disziplinarverfahren gegen sich selber beantragen. Und natürlich sind rechtsstaatliche Verfahrenswege auch für Prominente gedacht.
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