Zitat von ZettelEin Nachwuchswissenschaftler kann nicht das Thema "Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" bearbeiten und dabei alle Primärquellen berücksichtigen. Das könnte vielleicht ein Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft; über Jahrzehnte forschend.
Der Titel der Arbeit, lieber Zettel, klingt wirklich so, als werde hier ein allzu umfassendes Thema behandelt, wenn man sich aber einmal das bei schavanplag einsehbare Inhaltverzeichnis anschaut, wird sofort deutlich, daß das Thema - wie vermutlich das Wort "Studien" im Untertitel andeuten soll - anhand einiger exemplarischer Theorien behandelt wird. Da gibt es etwa knapp 20 Seiten zu Kant und gut 10 Seiten zu Heidegger, was zusammen schon mal knapp 10 % der Arbeit ausmacht und durchaus zu bewältigen sein sollte, ohne sich hierbei ausschließlich auf Sekundärliteratur zu stützen.
Ich habe bislang (das Buch ist aber schon vorgemerkt ) keine Ahnung, was Frau Schavan genau in diesen beiden Kapiteln schreibt, aber mir scheint sich schon im Inhaltsverzeichnis der Dissertation ein Muster des Arbeitens zu manifestieren, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob man hier noch von "Wissenschaft" sprechen kann. Man greift sich irgendwelche Texte heraus, in denen ein bestimmtes Wort (hier: "Gewissen") vorkommt, und stellt diese einfach nacheinander dar. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie eine echte Theorie des Gewissens aussehen könnte, in der man sich sowohl auf Kant als auch auf Heidegger stützt. (So wie ich mir auch keine "Theorie der Bank" vorstellen kann, in der man sowohl auf Geldinstitute als auch auf Sitzgelegenheiten eingeht.)
Ich will nun nicht bestreiten, daß ihre Dissertation - wie der Doktorvater meint - den damaligen Üblichkeiten in der Pädagogik entspricht, so daß Frau Schavan gerne ihren Doktor behalten mag. Aber wollen wir eine Forschungsministerin, die in ihrem ganzen Leben vermutlich nicht ein einziges Mal geforscht hat?
Nach der von Ihnem zitierten Passage hat Schavan sich doch offensichtlich nicht korrekt verhalten. Bei einer eins zu eins zitierten Passage werden.die Anfuehrungszeichen vergessen (lol) und wird durch das vgl. In der Fussnote der Eindruck erweckt, es handele sich lediglich um eine inhaltliche Uebernahme. Wenn sie dieses Muster in der Arbeit durchgehend angewandt hat, dann hat sie offensichtlich betrogen (oder im Methodenproseminar der ersten Semesters geschlafem, was sie auch nicht FUER ihren Job qualifizieren wuerde).
Zitat von DrNick im Beitrag #2Aber wollen wir eine Forschungsministerin, die in ihrem ganzen Leben vermutlich nicht ein einziges Mal geforscht hat?
Oha, wenn es nach der beruflichen Qualifikation geht, müsste man wohl die meisten Minister als komplett fehl am Platze bezeichnen. Betreffende Namen könnte man hier endlos auflisten. Aber als mit dem Unibetrieb so gar nicht vertrauter hätte ich da mal ein paar Fragen zum Fall Schavan:
Ich habe gelesen, dass sie bei Aberkennung des Doktorgrades keinen förmlichen Studienabschluss hätte, weil sie dieses gleich mit der Promotion abgeschlossen hat. Ist sowas üblich? Ich meine mich erinnern zu können, dass hier im kleinen Zimmer der Weg zur (eigenen) Promotion so beschrieben wurde, dass nach der Erlangung des ersten akademischen Grades noch ein paar sehr kraftzehrende Jahre drangehängt werden mussten, in denen an der Dissertation gefeilt wurde. Ist Schavan also eventuell eine Überfliegerin gewesen, oder sind die Anforderungen in diesem Fach einfach nicht unbedingt die härtesten?
Und zweitens hat mich verwundert, dass im ZR-Artikel die Rede davon war, dass ihr der Doktorvater das Thema "gegeben" hatte. Heißt das, er hat es vorgegeben (ausgesucht)? Oder hat er lediglich genehmigt, dass sie dieses (selbstgewählte) Thema bearbeitet? Wie wird das normalerweise gehandhabt?
Im Fall a) hätte sie ihren Doktor auf kürzestem Wege gemacht, und dies auch noch mit einem anscheinend kaum schaffbaren Thema. Respekt!
Im Fall b) hätte sie sich dagegen ein möglichst "weiches" Fach gesucht und dazu noch ein ausuferndes Dissertationsthema, welches man eh nicht erschöpfend behandeln kann, aber bei dem man sehr viel Text zum Zusammennageln findet. Einfach nur um schnell die Formalien für einen prestigeträchtigen Titel zu erfüllen - ohne weitergehendes Interesse an der eigentlichen Wissenschaft. Nuja...
Diese Fragen stellen sich mir, was aber mit den Plagiatsvorwürfen und der Entscheidung der Uni überhaupt nichts zu tun hat. Das kann ich nicht beurteilen.
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Nachdem sie den Mann verteufelt, geschwächt und entnervt hat, wird die westliche Frau wohl noch hinreichend Gelegenheit für die Feststellung bekommen, dass sie auch keinen Verteidiger mehr besitzt. - Michael Klonovsky
Zitat von DrNick im Beitrag #2Ich will nun nicht bestreiten, daß ihre Dissertation - wie der Doktorvater meint - den damaligen Üblichkeiten in der Pädagogik entspricht, so daß Frau Schavan gerne ihren Doktor behalten mag. Aber wollen wir eine Forschungsministerin, die in ihrem ganzen Leben vermutlich nicht ein einziges Mal geforscht hat?
Ja, warum denn nicht, lieber DrNick? Unser Wirtschaftsminister ist Arzt, unser Finanzminister Jurist; und unsere Kanzlerin hat mit einer "Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden" promoviert.
Das paßt schon. Es paßt zur Tugendrepublik. Und es paßt natürlich, daß - meines Wissens - kein einziger linker oder grüner Politiker zum Gegenstand dieser Bemühungen geworden ist.
Mich würde zum Beispiel die Dissertation von Gregor Gysi interessieren, oder die des kommunistischen Sängers Diether Dehm ("Lerryn"; auch IM "Willy"). Von Broder gibt es dazu eine Anmerkung.
Zitat von Calimero im Beitrag #4Ich habe gelesen, dass sie bei Aberkennung des Doktorgrades keinen förmlichen Studienabschluss hätte, weil sie dieses gleich mit der Promotion abgeschlossen hat. Ist sowas üblich?
Das hängt von der jeweiligen Promotionsordnung ab. Viele Promotionsordnungen schreiben inzwischen einen Studienabschluß als Voraussetzung für die Eröffnung des Promotioinsverfahrens vor; aber eine allgemeine Regelung gibt es nicht.
Zitat von Calimero im Beitrag #4Und zweitens hat mich verwundert, dass im ZR-Artikel die Rede davon war, dass ihr der Doktorvater das Thema "gegeben" hatte. Heißt das, er hat es vorgegeben (ausgesucht)? Oder hat er lediglich genehmigt, dass sie dieses (selbstgewählte) Thema bearbeitet? Wie wird das normalerweise gehandhabt?
Promotionsthemen werden vom Doktorvater vergeben. Nur er, aber in der Regel nicht der künftige Doktorand, kann beurteilen, ob das betreffende Thema sich für eine Dissertation eignet - ob dazu also noch keine gründlichen Forschungen vorliegen und vor allem, ob es nicht zu umfangreich für eine Dissertation ist.
Natürlich kann ein Student auch mit Ideen für eine Dissertation in die Sprechstunde desjenigen kommen, den er gern als Doktorvater hätte. Aber dieser muß das Thema formal vergeben.
Meine Erfahrung ist, daß Viele sich zu viel zutrauen, also ein zu umfassendes Thema wollen. Das muß man dann so einschränken, daß es sich für eine Dissertation eignet. Das Mammutthema von Frau Schavan war dafür völlig ungeeignet.
In den Naturwissenschaften ergeben sich Themen oft auch aus der Forschung einer Arbeitsgruppe; jemand hat schon als Hiwi an einem Thema gearbeitet und promoviert nun darüber. An den MPIs und inzwischen auch in den Graduiertenkollegs vieler Unis werden auch Doktorandenstellen vergeben.
Zitat von Calimero im Beitrag #4Ich habe gelesen, dass sie bei Aberkennung des Doktorgrades keinen förmlichen Studienabschluss hätte, weil sie dieses gleich mit der Promotion abgeschlossen hat. Ist sowas üblich? Ich meine mich erinnern zu können, dass hier im kleinen Zimmer der Weg zur (eigenen) Promotion so beschrieben wurde, dass nach der Erlangung des ersten akademischen Grades noch ein paar sehr kraftzehrende Jahre drangehängt werden mussten, in denen an der Dissertation gefeilt wurde. Ist Schavan also eventuell eine Überfliegerin gewesen, oder sind die Anforderungen in diesem Fach einfach nicht unbedingt die härtesten?
Sagen wir mal so: Daß sie keinen förmlichen Studienabschluß hatte, ist kein Beleg dafür, daß es sich bei ihr um eine Überfliegerin gehandelt hat.
Da es in den Geistenwissenschaften in der Zeit um 1980 neben dem Lehramts-Staatsexamen keine Möglichkeit gab, sein Studium normal abzuschließen (der Magister hat sich erst danach durchgesetzt), war es im allgemeinen möglich, das Studium mit einer "grundständigen" Promotion zu beenden.
Zitat von ZettelDas paßt schon. Es paßt zur Tugendrepublik. Und es paßt natürlich, daß - meines Wissens - kein einziger linker oder grüner Politiker zum Gegenstand dieser Bemühungen geworden ist.
...was wohl u. a. auch daran liegen mag, daß die Grundquote promovierter linker und insbesondere grüner Politiker nicht die höchste ist
Zitat von Calimero im Beitrag #4Ich habe gelesen, dass sie bei Aberkennung des Doktorgrades keinen förmlichen Studienabschluss hätte, weil sie dieses gleich mit der Promotion abgeschlossen hat. Ist sowas üblich? Ich meine mich erinnern zu können, dass hier im kleinen Zimmer der Weg zur (eigenen) Promotion so beschrieben wurde, dass nach der Erlangung des ersten akademischen Grades noch ein paar sehr kraftzehrende Jahre drangehängt werden mussten, in denen an der Dissertation gefeilt wurde. Ist Schavan also eventuell eine Überfliegerin gewesen, oder sind die Anforderungen in diesem Fach einfach nicht unbedingt die härtesten?
Sagen wir mal so: Daß sie keinen förmlichen Studienabschluß hatte, ist kein Beleg dafür, daß es sich bei ihr um eine Überfliegerin gehandelt hat.
Da es in den Geistenwissenschaften in der Zeit um 1980 neben dem Lehramts-Staatsexamen keine Möglichkeit gab, sein Studium normal abzuschließen (der Magister hat sich erst danach durchgesetzt), war es im allgemeinen möglich, das Studium mit einer "grundständigen" Promotion zu beenden.
Und dieses Ergebnis finde ich am Ende ein wenig tragisch: Dass es keine Möglichkeit gibt, Frau Schavan auf den akademischen Grad einer Magistra einzustufen. Denn diesen akademischen Grad hätte sie sich ja höchstwahrscheinlich verdient.
Zitat von Zettel im Beitrag #5(…) Das paßt schon. Es paßt zur Tugendrepublik. Und es paßt natürlich, daß - meines Wissens - kein einziger linker oder grüner Politiker zum Gegenstand dieser Bemühungen geworden ist.
Mich würde zum Beispiel die Dissertation von Gregor Gysi interessieren, oder die des kommunistischen Sängers Diether Dehm ("Lerryn"; auch IM "Willy"). Von Broder gibt es dazu eine Anmerkung.
Herzlich, Zettel
Es ist eine Merkwürdigkeit dieser Zeit: Dass Personen mit einem oder mehreren IM-Alias-Namen weiterhin ganz unbehelligt im Bundestag oder in Landtagen sitzen können, während über die Aberkennung des akademischen Grades so viel geschrieben und diskutiert wird. Wenn die Aberkennung des akademischen Grades jemanden für bestimmte Ämter disqualifiziert, dann sollte das doch nach einer Tätigkeit als MfS-IM erst recht der Fall sein.
Zitat von stefanolix im Beitrag #10Es ist eine Merkwürdigkeit dieser Zeit: Dass Personen mit einem oder mehreren IM-Alias-Namen weiterhin ganz unbehelligt im Bundestag oder in Landtagen sitzen können, während über die Aberkennung des akademischen Grades so viel geschrieben und diskutiert wird.
Der "Spiegel"-Artikel, den ich verlinkt habe, erschien 1996. Damals gab es noch die Bereitschaft, den IMs auf die Spur zu kommen. Inzwischen scheint das kaum noch jemanden zu interessieren.
Aber noch einmal, lieber Stefanolix: Mich würde diese Dissertation des Sängers interessieren; wie auch die Gysis mit einem Titel, ähnlich hochtrabend wie bei Schavan:
Zitat Gysi, Gyegor: Zur Vervollkommnung des sozialistischen Rechts im Rechtsverwirklichungsprozeß. - 230, 16 Bl., 20 Bl. Anl.; 13.1.1976.
Nein, eigene Forschungsergebnisse habe ich nicht, . Deshalb nur ein link http://sz.de/1.1592603 , der meine Meinung wiedergibt. Heute ist copy-paste tatsächlich viel einfacher als vor mehr als 30 Jahren, als Frau Schavan und ich ihre Doktorarbeiten verfassten.
Zitat von Dr. HC im Beitrag #12Nein, eigene Forschungsergebnisse habe ich nicht, . Deshalb nur ein link http://sz.de/1.1592603 , der meine Meinung wiedergibt. Heute ist copy-paste tatsächlich viel einfacher als vor mehr als 30 Jahren, als Frau Schavan und ich ihre Doktorarbeite verfassten.
Zitieren Sie, lieber Dr.HC, bitte das, worauf Sie sich beziehen? Wie das geht, erfahren Sie hier.
Zitat von ZettelDaß Annette Schavan sich an die Sekundärliteratur angelehnt und nicht die Tausende von Primärquellen gelesen hat, das wird ihr jetzt zum Vorwurf gemacht.
Das ist nicht richtig, und die Presseerklärung bringt dies auch eindeutig zum Ausdruck:
Zitat von PresseerklärungDer Fakultätsrat hat sich nach dieser grundsätzlichen Klärung in seinen Beratungen nach gründlicher Prüfung und Diskussion abschließend die Bewertung des Promotionsausschusses zu eigen gemacht, dass in der Dissertation von Frau Schavan in bedeutendem Umfang nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte zu finden sind.
Ein Beispielbeleg läßt sich auf Schavanplag auch leicht finden:
Zitat von Schavan 1980[Mit Eros benennt er die Lebenstriebe [...]] sie streben danach, bestehende lebende Einheiten zu bewahren und von diesen aus umfassendere Einheiten zu bilden. [Den lebenserhaltenden Trieben gegenüber stehen die Todestriebe [...]] sie versuchen, lebende Einheiten zu zerstören, Spannungen radikal auszugleichen und so das Lebewesen in den anorganischen Zustand zurückzuführen, der als der Zustand der absoluten Ruhe angesehen wird.
versus
Zitat von Laplanche und Pontalis 1972In Jenseits des Lustprinzips (1920) führte Freud den großen Gegensatz zwischen Todestrieben* und Lebenstrieben ein [...]. Die ersten streben nach Destruktion der lebenden Einheiten, nach einem radikalen Ausgleich der Spannungen und nach der Rückkehr in den anorganischen Zustand, der als der Zustand der absoluten Ruhe angesehen wird. Die zweiten streben nicht nur danach, die bestehenden lebenden Einheiten zu bewahren, sondern von diesen aus umfassendere Einheiten zu bilden.
Dabei wird das Werk von Laplanche und Pontalis laut Schavanplag weder in einer Fußnote referenziert, noch findet es sich überhaupt im Literaturverzeichnis. Interessant ist auch die Anmerkung auf Schavanplag:
Zitat von SchavanplagDie Verfasserin übernimmt von Laplanche / Pontalis (1972), die in der gesamten Arbeit an keiner Stelle erwähnt werden, deren Interpretation der Lebens- und Todestriebe bei Freud, was sie als ihre eigene erscheinen lässt. Eine Formulierung von S. 280 wird dabei durch den letzten Teilsatz auf S. 494 ersetzt. Bei Freud selbst findet sich eine solche Erläuterung der beiden Triebbegriffe nicht.
Man kann zur Entscheidung der Universität sicher dennoch stehen, wie man will; bei den Fakten zu bleiben schadet aber nicht.
Zitat von notquite im Beitrag #3Nach der von Ihnem zitierten Passage hat Schavan sich doch offensichtlich nicht korrekt verhalten. Bei einer eins zu eins zitierten Passage werden.die Anfuehrungszeichen vergessen (lol) und wird durch das vgl. In der Fussnote der Eindruck erweckt, es handele sich lediglich um eine inhaltliche Uebernahme.
Sie hat ja eben nicht wörtlich zitiert, sondern das gemacht, was man in unzähligen Magisterarbeiten, Dissertationen und auch Habilitationsschriften findet: Sie hat paraphrasiert und dabei die eine oder andere Wendung übernommen. Mit Hinweis auf die Quelle.
Wenn das ausreicht, um den Doktorgrad abzuerkennen, dann sollte man eine solche Überprüfung flächendeckend für alle durchführen, die in Deutschland in den letzten 50 Jahren promoviert haben. Es dürfte danach erheblich weniger Doktoren in Deutschland geben.
Ich habe im Lauf eines ziemlich langen akademischen Lebens Dutzende von Dissertationen betreut. Natürlich berücksichtigt man bei der Benotung, wie selbständig der Doktorand argumentiert.
Nach dem, was ich über die Dissertation von Schavan weiß, hätte man sie nicht mit magna cum laude bewerten dürfen. Mehr ist nicht zu beanstanden.
Zitat von Loki im Beitrag #14Ein Beispielbeleg läßt sich auf Schavanplag auch leicht finden:
Zitat von Schavan 1980[Mit Eros benennt er die Lebenstriebe [...]] sie streben danach, bestehende lebende Einheiten zu bewahren und von diesen aus umfassendere Einheiten zu bilden. [Den lebenserhaltenden Trieben gegenüber stehen die Todestriebe [...]] sie versuchen, lebende Einheiten zu zerstören, Spannungen radikal auszugleichen und so das Lebewesen in den anorganischen Zustand zurückzuführen, der als der Zustand der absoluten Ruhe angesehen wird.
versus
Zitat von Laplanche und Pontalis 1972In Jenseits des Lustprinzips (1920) führte Freud den großen Gegensatz zwischen Todestrieben* und Lebenstrieben ein [...]. Die ersten streben nach Destruktion der lebenden Einheiten, nach einem radikalen Ausgleich der Spannungen und nach der Rückkehr in den anorganischen Zustand, der als der Zustand der absoluten Ruhe angesehen wird. Die zweiten streben nicht nur danach, die bestehenden lebenden Einheiten zu bewahren, sondern von diesen aus umfassendere Einheiten zu bilden.
Dabei wird das Werk von Laplanche und Pontalis laut Schavanplag weder in einer Fußnote referenziert, noch findet es sich überhaupt im Literaturverzeichnis.
Laplanche und Potalis, lieber Loki, ist ein Lexikon; ein Wörterbuch der Psychoanalyse. Auch hier hat Schavan nicht plagiiert. Die Autoren Laplanche und Potalis haben ja selbst ihre Einträge nicht ersonnen, sondern sie zitieren Quellen, meist Freud selbst.
Übrigens gibt es bei Freud nicht "die Todestriebe", sondern nur "den Todestrieb", den er nach der Erfahrung des Mordens im Ersten Weltkrieg seinem System hinzugefügt hat.
Zitat von Zettel im Beitrag #16Laplanche und Potalis, lieber Loki, ist ein Lexikon; ein Wörterbuch der Psychoanalyse. Auch hier hat Schavan nicht plagiiert. Die Autoren Laplanche und Potalis haben ja selbst ihre Einträge nicht ersonnen, sondern sie zitieren Quellen, meist Freud selbst.
Soll ich das so verstehen, daß Übernahmen aus Lexika generell ohne Quellenangabe zulässig sind? Das war mir bisher nicht bekannt. Es ist aber auch nicht so, daß Übernahmen aus Laplanche und Pontalis die einzigen Beispiele dieser Art wären.
Zitat von ZettelÜbrigens gibt es bei Freud nicht "die Todestriebe", sondern nur "den Todestrieb", den er nach der Erfahrung des Mordens im Ersten Weltkrieg seinem System hinzugefügt hat.
Ich bin kein Freud-Kenner, aber eine kurze Suche in "Jenseits des Lustprinzips" brachte nur wenige Treffer für den Singular, und die meisten davon mit dem unbestimmten Artikel.
Zitat von Zettel im Beitrag #16Laplanche und Potalis, lieber Loki, ist ein Lexikon; ein Wörterbuch der Psychoanalyse. Auch hier hat Schavan nicht plagiiert. Die Autoren Laplanche und Potalis haben ja selbst ihre Einträge nicht ersonnen, sondern sie zitieren Quellen, meist Freud selbst.
Soll ich das so verstehen, daß Übernahmen aus Lexika generell ohne Quellenangabe zulässig sind?
Es ist, liebe(r) Loki, allgemein zugängliches Wissen. Laplanche und Pontalis (die deutsche Ausgabe ist übrigens miserabel) haben selbst kompiliert. Sie haben keine eigene geistige Leistung erbracht und beanspruchen das auch gar nicht.
Es werden an die Diss von Schavan Maßstäbe angelegt, die man sonst nicht anlegt.
Man wird nicht ausschließen können, daß dahinter eine politische Absicht steht. Was hat zum Beispiel ein Armutsforscher beizutragen, der allerdings der Partei "Die Linke" nahesteht?
Ich habe mich zu wenig mit der Sache beschäftigt (und auch zu wenig Wissen bezüglich Gepflogenheiten in den Geisteswissenschaften) um mir ein Urteil zu bilden. Allerdings verteidigt Frau Schavan ihre Arbeit öffentlich meines Wissens aber nicht auf dieser Schiene, sondern sie spricht von lässlichen Flüchtigkeitsfehlern.
Zitat von Loki im Beitrag #17Ich bin kein Freud-Kenner, aber eine kurze Suche in "Jenseits des Lustprinzips" brachte nur wenige Treffer für den Singular, und die meisten davon mit dem unbestimmten Artikel.
Welches sollten denn die einzelnen "Todestriebe" sein?
Ich kann mir nicht helfen: Ich bin zunehmend fassungslos:
Hat Frau Schavan abgeschrieben, plagiiert, sich nicht an die Zitierregeln ihrer Universitaet gehalten? Dann ist es zwar seltsam, dies nach 33 Jahren zum Skandal zu machen und ihre Verdienste seither ausser acht zu lassen. Allerdings muss sie dann zuruecktreten, weil ihr eiegner Masstab in der Causa Guttenberg anzulegen ist.
Ist hingegen der Titel in Ordnung, weil - wie Zettel argumentiert - das Thema zu gross war, die Paedagogen 1980 schludrig gearbeitet haben, der Anspruch eh nur der eines 'Literaturueberblicks' ist? Dann faellt mein Respekt vor dem Doktortitel weiter. Natuerlich ist nicht jede Doktorarbeit Ausdruck bahnbrechender Forschung, natuerlich arbeitet man nicht im luftleeren Raum, sondern ist ein Zwerg auf den Schultern von Titanen, aber ein bischen Anspruch sollte eine Dissertation schon haben.
Zitat von Calimero im Beitrag #4 Und zweitens hat mich verwundert, dass im ZR-Artikel die Rede davon war, dass ihr der Doktorvater das Thema "gegeben" hatte. Heißt das, er hat es vorgegeben (ausgesucht)? Oder hat er lediglich genehmigt, dass sie dieses (selbstgewählte) Thema bearbeitet? Wie wird das normalerweise gehandhabt?
Normalerweise* gibt der tonangebende Prof ein paar mögliche Doktorväter und Themen zur Auswahl, entscheidet, welche dieser Kombinationen von welchem Doktoranden gewählt wird, und dann tun alle einvernehmlich so, als hätte sich der Doktorant das selbst ausgesucht. Nach Fertigstellung wird die Arbeit dann auch nie gelesen sondern nach einer halbwegs akzeptablen Verteidigungsveranstaltung freundlich lächelnd durchgenickt und ins Regal gestellt. Die Doktorarbeiten sind Teil des normalen Alltagsbetriebs und werden thematisch so gewählt, daß man damit a) den Betrieb des tonangebenden Profs finanziert und b) Leute mit dem richtigen Stallgeruch ein wenig versorgen kann, bis sie wissen, wie es mit ihnen weitergehen soll.
*Ausnahmen sind sehr selten, kommen aber vor.
-- Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.
Zitat von Dagny im Beitrag #21 Natuerlich ist nicht jede Doktorarbeit Ausdruck bahnbrechender Forschung, natuerlich arbeitet man nicht im luftleeren Raum, sondern ist ein Zwerg auf den Schultern von Titanen, aber ein bischen Anspruch sollte eine Dissertation schon haben.
Ja gewiß, liebe Dagny.
Ich habe diese Schrift nicht gelesen. Nach dem, was ich weiß, ist es eine fleißige Zusammenstellung aus der Sekundärliteratur. So haben unzählige Menschen promoviert.
Ich hätte eine solche Dissertation gewiß nicht magna cum laude bewertet. Aber sie ist ordnungsgemäß zustande gekommen. Sie genügte den Anforderungen des Doktorvaters und des Zweitreferenten. Jetzt daraus eine Affäre zu machen ist absurd.
Zitat von Dagny im Beitrag #21 Natuerlich ist nicht jede Doktorarbeit Ausdruck bahnbrechender Forschung, natuerlich arbeitet man nicht im luftleeren Raum, sondern ist ein Zwerg auf den Schultern von Titanen, aber ein bischen Anspruch sollte eine Dissertation schon haben.
Ja gewiß, liebe Dagny.
Ich habe diese Schrift nicht gelesen. Nach dem, was ich weiß, ist es eine fleißige Zusammenstellung aus der Sekundärliteratur. So haben unzählige Menschen promoviert.
Ich hätte eine solche Dissertation gewiß nicht magna cum laude bewertet. Aber sie ist ordnungsgemäß zustande gekommen. Sie genügte den Anforderungen des Doktorvaters und des Zweitreferenten. Jetzt daraus eine Affäre zu machen ist absurd.
Herzlich, Zettel
Lieber Zettel, hat sich eigentlich jemand die Muehe gemacht, Frau Dr. Schavans Arbeit gegen 2-3 Vergleichsarbeiten der Zeit, der Uni, des Doktorvaterz zu 'benchmarken' wie man auf neudeutsch sagt? Ohne Einordnung in den historischen Kontext, nur mit einer abstrakten hohen Messlatte, ist es schon schwer, sich ein Urteil zu bilden.
P.S. Bitte korrigieren Sie mich: Ist das Zusammentragen von Sekundarquellen eine wissenschaftliche Leistung, die dissertationswuerdig ist? In den Naturwissenschaften sind solch reinen 'Recherche-Arbeiten' eher unueblich.
Zitat von Zettel im Beitrag #23Ich habe diese Schrift nicht gelesen. Nach dem, was ich weiß, ist es eine fleißige Zusammenstellung aus der Sekundärliteratur. So haben unzählige Menschen promoviert.
Zitat Die Dissertation ist die schriftliche Darstellung einer selbstständigen wissenschaftlichen Arbeit. Sie muss einen Beitrag zur Erweiterung des Forschungsstandes des betreffenden Faches leisten. Mit ihr stellt die Verfasserin bzw. der Verfasser die Fähigkeit zu selbstständiger Forschung und angemessener Darstellung der Ergebnisse unter Beweis.
Unter "Erweiterung des Forschungsstandes" ist natürlich nicht zu verstehen, daß die Dissertation eine wissenschaftliche Revolution auslösen muß; ein kleiner Beitrag zur "normal science" reicht ja schon: Ein neues Argument für eine alte These, ein neuer Einwand gegen ein bekanntes Argument, eine halbwegs originelle Interpretation eines klassischen Textes usw. - und das eingebettet in längere Darstellungen des Forschungsstands.
Wenn aber eine Arbeit nichts von alledem leistet, sondern nur mehr oder weniger fleißig das Altbekannte zusammenstellt, dann handelt es sich - nach der momentanen Promotionsordnung, die sich nicht wesentlich von der um 1980 gültigen unterscheiden dürfte - nicht etwa um eine schlechte Dissertation, für die man noch ein "rite" bekommen könnte, sondern um einen Text, der überhaupt nicht als schriftliche Promotionsleistung anerkannt werden dürfte, und das völlig unabhängig von der Frage, ob die Arbeit Plagiate enthält oder nicht.
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