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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 92 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.05.2013 22:53
#26 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von TF im Beitrag #25
Auch von mir vielen Dank für diesen informativen und erhellenden Artikel. Das ist offensichtlich eine sehr komplexe Materie.

Bei aller Detailfülle sollte man bei jedem legislatorischen Vorhaben (erst recht als Liberaler) eine simple Grundfrage nicht aus den Augen verlieren:

Was nutzt es?

Ich kann hier keinen Nutzen darin erkennen, die Verbreitung alter Sorten zu erschweren oder gar zu verhindern. Wenn der Nutzen bestenfalls zweifelhaft ist, ist eine zusätzliche freiheitsbeschränkende Regelung natürlich in jedem Fall abzulehnen. Daran schließt sich dann die zweite einfache Grundfrage an:

Cui bono?


Nun ja, man sollte sich vorstellen, dass plötzlich viele Kinder sterben, weil eine neue Zucht von Mandeln einen besonders hohen Anteil Blausäure haben. Alle Welt würde schreien, warum denn Lebensmittel nicht überwacht werden, und Neuzüchtungen so einfach auf den Markt gebracht werden können. Also wird mit der ganzen Macht der Bürokratie eine Überwachung installiert, die dann halt nicht vor den Minimutationen althergebrachter Kartoffeln halt machen will. Und der Gesetzgeber hat an dem Fitzelkram vielleicht nicht wirklich großes Interesse, weil alte Kartoffelsorten nun mal kein großer Markt sind. So kommt es dann halt wie Frank es zusammengefasst hat. Trotz allem muss natürlich gefragt werden, ob eine Überwachung etwa gestrichen werden soll. Ich glaube nicht, dass ein Wegfall Bestand hätte.

Eigentlich müsste sich die Kommission eben etwas einfallen lassen, das auch dem Fitzelkram gerecht wird, ohne dass man gleich an einen neuen BSE Skandal denken muss.

Gruß, Martin

Nola Offline



Beiträge: 1.719

08.05.2013 00:35
#27 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat
Zitat Frank 2000
In Summe bleibe ich mit einem diffusen Gefühl zurück, dass ich im Bereich des Saatgut-Marktes ungern eine weitere Zentralisierung sehen würde. Aber wie genau das zu erreichen wäre, kann ich auch nicht sagen.



Dem stimme ich vollumpfänglich zu. Wie überhaupt Ihrem ganzen Artikel lieber Frank. Ja ich weiß, es macht Mühe, aber sie ist nicht vergebens. Hoffe ich.

Interessant dazu auch dieser Thread von Zettel:

Zitat des Tages: "Skandalöse Verschmutzungslizenz"

Es geht hier zunächst zwar um Gentechnik, aber diese ist zwangsläufig mit den "Lizenzen" um Monopolstellungen
sowie deren Praktika verbunden. Weil - wie ja bekannt - das neue Saatgut nur beim Züchter gekauft werden kann. Da aber einige wenige sich diesen Markt unter den Nagel reissen wollen, wird es schon für den normalen Bauern schwierig sein, das Saatgut zu den bis jetzt üblichen Preisen einzukaufen. Ich werde das Gefühl nicht los, das einer Erpressung Tür und Tor geöffnet wird.




Zitat
Zitat Nola
04.03.2010 08:41


#18 RE: Zitat des Tages: Skandalöse Verschmutzungslizenz

An alle, die das Thema doch interessiert:

Habe wenig Zeit im Moment, aber dennoch:

Vorab soviel, es ging mir nicht um Gentechnik ansich, da bin ich nicht etwa ein "Eisenbahngegner" oder "Handygeschädigter" Mitmensch, es geht mir um den Druck dem die Bauern von Machtkonzernen ausgesetzt sind. Hier ist Monsanto, unterstützt durch die US-Regierung, weltweit der größte Konzern, der gentechnisch verändertes Saatgut vertreibt, und sein Monopol mit "allen Mitteln"... ausbauen und aufrechterhalten will. Selbst dann, wenn komplette Staaten sich verweigern, wie z.B. Östereich oder Ungarn wird über die EU-Schiene und über Klagen Einfluß genommen und zwar solange, bis der gewünschte Erfolg erzwungen wurde. Das ruft bei mir höchste Skepsis und Mißtrauen hervor.

Gut, wenn "geprüfte" Forschungsergebnisse für Nahrungsmittel zum Wohl für uns alle erzielt werden und allen zugute kommen.

ABER NICHT UNTER ZWANG UND NUTZUNG EINER MACHT; DER MAN NICHT ENTKOMMEN KANN.


Zitat

http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel...Hash=4f95b1759e

Arte-Doku über Großkonzern Monsanto

(…) Monsanto (…) vermarktet 90 Prozent der gentechnisch veränderten Organismen auf der Welt. Eine Monopolstellung, die erhalten und ausgebaut werden soll - wenn es sein muss mit drastischen Mitteln. Dabei steht Monsanto die US-Regierung zur Seite. In ihren Richtlinien über genmanipulierte Pflanzen heißt es: "The USA is world leader in biotechnology - and will keep it that way."

(…) Der beeindruckend direkte Film steigt ein mit einem Produkt, dass Monsanto 1974 auf den Markt brachte, dem Unkrautvernichtungsmittel "Roundup". Jahre später produzierte der Konzern dann die "Roundup-Ready-Sojabohne", die genetisch so verändert wurde, dass sie resistent gegen das Totalherbizid ist. Entgegen der Werbung von Monsanto gilt "Roundup" allerdings nicht als "biologisch abbaubar", sondern als hochgiftig und krebsfördernd. Um das Herbizid und die Genpflanzen auf dem Markt zu halten, unterdrückte Monsanto Gutachten, erpresste unabhängige Wissenschaftler, erwirkte ihre Entlassung (zum Beispiel aus der US-Food-and-Drug-Administration und aus Forschungsinstituten weltweit) und hievte umgekehrt Monsanto-Mitarbeiter in die Kontrollbehörden. (…)




und :


Zitat

Behördenerlass zu GenMais

http://www.schrotundkorn.de/2007/200707a08.html

Als gefährlich eingestuft und doch nicht verboten

Die Genmais-Sorte MON 810 stellt eine Gefahr für die Umwelt dar. So steht es in einem Bescheid des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Doch verbieten will die Behörde den Anbau nicht.

Das BVL verpflichtete Monsanto lediglich dazu, einen Monitoring-Plan vorzulegen. Bis dahin darf der Konzern kein MON 810-Saatgut mehr verkaufen. Die Landwirtschaftsminister Horst Seehofer unterstehende Behörde hatte die Anordnung erst erlassen, als der Genmais für dieses Jahr schon ausgesät war. Dabei wäre genug Zeit gewesen, früher zu handeln. Die Studien, mit denen das Amt die Umweltgefahr begründete, stammen aus den Jahren 2005 und 2006. Sie wiesen nach, dass der Genmais nützliche Insekten tötet und das vom Mais gebildete Bt-Toxin sich im Boden schlechter abbaut als gedacht. In Österreich, Polen, Griechenland und Ungarn verboten die Regierungen aufgrund dieser Untersuchungen den Anbau von MON 810.



Warum sollte nun über die EU-Kommission in diesen Ländern erzwungenermaßen Einfluß auf Anbau und Herstellung von Pflanzen jeder Art nehmen.

♥lich Nola

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Brutha Offline



Beiträge: 73

08.05.2013 05:09
#28 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #27


Es geht hier zunächst zwar um Gentechnik, aber diese ist zwangsläufig mit den "Lizenzen" um Monopolstellungen
sowie deren Praktika verbunden. Weil - wie ja bekannt - das neue Saatgut nur beim Züchter gekauft werden kann. Da aber einige wenige sich diesen Markt unter den Nagel reissen wollen, wird es schon für den normalen Bauern schwierig sein, das Saatgut zu den bis jetzt üblichen Preisen einzukaufen. Ich werde das Gefühl nicht los, das einer Erpressung Tür und Tor geöffnet wird.



Liebe Nola,
es war nur eine Frage der Zeit bis dieses mediale sehr gebashte Thema auch in diesem Thread aufkommt,
was hat die EU-GEsetzgebung für Saatgut bitte mit der Grünen Gentechnisch zu tun?
Der Hobbyzüchter um die Ecke wird auch kein Hybridsaatgut züchten können das man für seinen Hausgarten kauft um auf jeden Fall einen Erfolg zu erzielen!
Leider ist es sogar so, das es durch die strikte Gesetzgebung nur noch den pösen Großkonzernen ermöglicht wird neue Saatgutsorten mit Hilfe der Grünen Gentechnik zu entwickeln und zu vertreiben!
Würden die Bauern nicht den Vorteil der neuen Sorten sehen würden diese bei den "alten" bleiben. Es erstaunt mich immer wieder aufs neue wie pauschal den Landwirten unwissenheit unterstelllt wird


Zitat
Zitat Nola
04.03.2010 08:41


#18 RE: Zitat des Tages: Skandalöse Verschmutzungslizenz

An alle, die das Thema doch interessiert:

Habe wenig Zeit im Moment, aber dennoch:

Vorab soviel, es ging mir nicht um Gentechnik ansich, da bin ich nicht etwa ein "Eisenbahngegner" oder "Handygeschädigter" Mitmensch, es geht mir um den Druck dem die Bauern von Machtkonzernen ausgesetzt sind. Hier ist Monsanto, unterstützt durch die US-Regierung, weltweit der größte Konzern, der gentechnisch verändertes Saatgut vertreibt, und sein Monopol mit "allen Mitteln"... ausbauen und aufrechterhalten will. Selbst dann, wenn komplette Staaten sich verweigern, wie z.B. Östereich oder Ungarn wird über die EU-Schiene und über Klagen Einfluß genommen und zwar solange, bis der gewünschte Erfolg erzwungen wurde. Das ruft bei mir höchste Skepsis und Mißtrauen hervor.

Gut, wenn "geprüfte" Forschungsergebnisse für Nahrungsmittel zum Wohl für uns alle erzielt werden und allen zugute kommen.

ABER NICHT UNTER ZWANG UND NUTZUNG EINER MACHT; DER MAN NICHT ENTKOMMEN KANN.


Zitat

http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel...Hash=4f95b1759e

Arte-Doku über Großkonzern Monsanto

(…) Monsanto (…) vermarktet 90 Prozent der gentechnisch veränderten Organismen auf der Welt. Eine Monopolstellung, die erhalten und ausgebaut werden soll - wenn es sein muss mit drastischen Mitteln. Dabei steht Monsanto die US-Regierung zur Seite. In ihren Richtlinien über genmanipulierte Pflanzen heißt es: "The USA is world leader in biotechnology - and will keep it that way."

(…) Der beeindruckend direkte Film steigt ein mit einem Produkt, dass Monsanto 1974 auf den Markt brachte, dem Unkrautvernichtungsmittel "Roundup". Jahre später produzierte der Konzern dann die "Roundup-Ready-Sojabohne", die genetisch so verändert wurde, dass sie resistent gegen das Totalherbizid ist. Entgegen der Werbung von Monsanto gilt "Roundup" allerdings nicht als "biologisch abbaubar", sondern als hochgiftig und krebsfördernd. Um das Herbizid und die Genpflanzen auf dem Markt zu halten, unterdrückte Monsanto Gutachten, erpresste unabhängige Wissenschaftler, erwirkte ihre Entlassung (zum Beispiel aus der US-Food-and-Drug-Administration und aus Forschungsinstituten weltweit) und hievte umgekehrt Monsanto-Mitarbeiter in die Kontrollbehörden. (…)




und :


Zitat

Behördenerlass zu GenMais

http://www.schrotundkorn.de/2007/200707a08.html

Als gefährlich eingestuft und doch nicht verboten

Die Genmais-Sorte MON 810 stellt eine Gefahr für die Umwelt dar. So steht es in einem Bescheid des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Doch verbieten will die Behörde den Anbau nicht.

Das BVL verpflichtete Monsanto lediglich dazu, einen Monitoring-Plan vorzulegen. Bis dahin darf der Konzern kein MON 810-Saatgut mehr verkaufen. Die Landwirtschaftsminister Horst Seehofer unterstehende Behörde hatte die Anordnung erst erlassen, als der Genmais für dieses Jahr schon ausgesät war. Dabei wäre genug Zeit gewesen, früher zu handeln. Die Studien, mit denen das Amt die Umweltgefahr begründete, stammen aus den Jahren 2005 und 2006. Sie wiesen nach, dass der Genmais nützliche Insekten tötet und das vom Mais gebildete Bt-Toxin sich im Boden schlechter abbaut als gedacht. In Österreich, Polen, Griechenland und Ungarn verboten die Regierungen aufgrund dieser Untersuchungen den Anbau von MON 810.



Warum sollte nun über die EU-Kommission in diesen Ländern erzwungenermaßen Einfluß auf Anbau und Herstellung von Pflanzen jeder Art nehmen.

♥lich Nola

[/quote]

Hier ist es sehr schwierig,
bitte bleiben sie bei ihren Quellen sehr skeptisch!
Ich weiß, es ist immer einfach, wenn was dort zu Lesen/Sehen ist auch dem eigenen empfinden entspricht.
Was Monsanto betrifft, es ist klar das man dem bösen einen Namen geben muss!
Monsanto hat einen Anteil von 23% am Mart für rechtlich geschütztes Saatgut (http://de.wikipedia.org/wiki/Monsanto)!
Hier eine Monopolstellung hineinzuinterpretieren ist schon etwas weit hergeholt.
Die 90% bei Gentechnisch Verändertem Saatgut könnten sogar stimmen, habe nur auf Wiki geschaut und war zu Faul auf Englischsprachigen Seiten zu suchen!
Aber nochmal, wenn dieses Saatgut keine Vorteile brächte, würde es nicht angebaut, genau so ist es mit der Info von
Schrot und Korn zu halten.
Mon 810 ist nicht als gefährlich eingestuft!
Auch wurde wiederlegt das Gentechnisch Veränderte Sorten Bienen töten
http://www.transgen.de/sicherheit/umwelt/1542.doku.html und
http://www.transgen.de/pdf/kompakt/mais.pdf

Hier sind auch noch weitere Untersuchungen zu anderen Organismen aufgeführt.

Um noch einen kleinen Querschlag (den ich mir nicht verkneifen kann) auf die Bioschiene zu machen, hier ist es erlaubt mit dem Produkt von
Bacillus thuringiensis die Äcker zu spritzen (http://www.jki.bund.de/fileadmin/dam_upl...ingiensis.pdf)!
Hierbei werden mehr Insekten vernichtet, ja auch die Nützlinge,
als es bei dem Einsatz von BT-Mais möglich ist.
Denn die fleissige Biene beisst ja nicht die Pflanze um an den Nektar zu kommen...
Außerdem sind die Konzentrationen viel geringer als es beim Spritzen je möglich wäre.

Herzlich Brutha

adder Offline




Beiträge: 1.073

08.05.2013 07:49
#29 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #19
Zitat von Solus im Beitrag #17

Wo wäre das Problem dabei, Arzneimittel, die nicht nach dem Verfahren zugelassen sind, mit einem deutlich sichtbaren Hinweis, etwa "nicht geprüft durch (etc.), Benutzung auf eigene Gefahr" o.dgl., zu versehen?
Was man auch bei Saatgut und den daraus gewonnenen Lebensmitteln machen könnte. Dass man es dem Verbraucher nicht überlassen will, welche Gefahren er eingeht, finde ich etwas seltsam.


Völlig richtig, Solus, und danke für den Hinweis. Wir sind inzwischen schon so besoffen von diesem "Verbraucherschutz", dass viele sich gar nicht mehr vorstellen können, wie Freiheit und Selbstverantwortung funktionieren.


Zuerst einmal Ihrer beider Einwurf:
solange kein Heilungsversprechen gemacht wird, kann jeder ein Produkt ohne Zulassung als Arzneimittel vertreiben, aber eben nicht als Arzneimittel. Ich hoffe, Ihnen ist klar, warum wir eine so restriktive Gesetzeslage in diesem Bereich haben? Das hängt letztlich mit mehreren Skandalen zusammen, die mit massenhaften Gesundheitsschädigungen einhergingen. Eine Selbstverantwortung kann ich im Bereich von echten Arzneimitteln nicht als ausreichend ansehen. Die Materie ist viel zu komplex und wir haben es hier mit einem äußerst kritischen Bereich zu tun. Ein Stuhl, der kein CE-Kennzeichen trägt, kann eventuell zu kleineren Einschränkungen führen. Ein Arzneimittel, das fehlerhaft ist, kann Tod und schwerste Behinderungen hervorrufen. Und die Bevölkerung nimmt dieses Arzneimittel im vollen Vertrauen ein, dass es hilft.

Im Übrigen gibt es Ausnahmeregelungen für traditionell verwendete Arzneimittel - und für Arzneimittel, die eben aufgrund von Einzelverschreibung hergestellt werden.

Zitat von Martin im Beitrag #23
Zitat von adder im Beitrag #15
Nein, lieber Martin, lassen Sie sich bitte von mir berichtigen, denn ich arbeite in der Arzneimittelzulassung.
Ein Arzneimittel im engeren Sinne ist immer zulassungspflichtig, es sind nur einige wenige Spezialfälle von der Zulassung ausgenommen, nämlich entsprechend dem § 21 Arzneimittelgesetz:


Lieber adder,

ich habe erst mal vorsichtig formuliert 'so weit ich mich erinnere'. Ich habe mir den Artikel dazu wieder er-googelt: http://www.focus.de/gesundheit/news/gesu...aid_217532.html

Also für einen Bericht mit 7 Jahren Abstand nicht schlecht, meine ich (der Hof des Bauern ist übrigens vor nicht allzu langer Zeit abgebrannt, bis auf wenige Kamele sind alle verendet)


Und in diesem Artikel wird deutlich wo das Problem liegt: ein findiger Mensch vertreibt/verkauft ein Produkt, welches sämtliche Vorgaben der Hygiene unterläuft und bewirbt es mit Heilsversprechungen, die mit "Studien" belegt werden sollen, die nicht dem wissenschaftlichen Standard entsprechen. Er geht noch weiter und spricht genau die Leute an, für die es eben (noch) keine echte Behandlungsmethode gibt, und erzählt etwas von "Schulmedizin", die sein tolles Produkt verhindern will. Das haben wir alles schon hunderte Male gesehen. Es geht hier nicht um Heilung, sondern ausschließlich um Volksverdummung und die Ausnutzung von Patienten und deren Bedürfnis nach Heilung.

Zitat
Zufällig bin ich in der internationalen Zulassung von Medizinprodukten tätig, kann bei Medikamenten also nicht viel genaues beitragen.

Aber: Wer heute einen EKG-Verstärker für den Eigengebrauch baut, kann sich daran anschließen, ohne eine Zulassung zu durchlaufen. Er kann an sich selbst klinisch erproben, ohne eine Ethikkommission zu befragen. Solange er das Gerät nicht 'in den Verkehr bringt' mischt sich niemand ein.

Ich gehe davon aus, dass das auch für jemanden gilt, der sich aus 100ml Brennesselextrakt, 100ml Schneckenschleim, und zwei Spinnenbeinen ein ( seiner Überzeugung nach) Mittel gegen Krebs braut. Oder gibt es dazu Widerspruch? Ich gehe auch davon aus, dass wenn sich zwanzig Gleichgesinnte zusammen tun, und sich das Gebräu von ihren Kumpel mischen lassen, sie dieses dann ohne regulatorische Behelligung zu sich nehmen können.

Gruß, Martin



Zum ersten Fall: natürlich braucht niemand eine Zulassung für ein Mittelchen, das er nur an sich selbst anwendet. Es heißt schließlich treffend im Englischen "Market Authorization" - also Marktzulassung.
Im zweiteren Fall würde schon seit Jahrzehnten der § 8 AMG (Verbote zum Schutz vor Täuschugn) treffen: bzw. auch der § 5 (Verbot bedenklicher Arzneimittel).

Martin Offline



Beiträge: 4.129

08.05.2013 08:49
#30 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von adder im Beitrag #29
Zum ersten Fall: natürlich braucht niemand eine Zulassung für ein Mittelchen, das er nur an sich selbst anwendet. Es heißt schließlich treffend im Englischen "Market Authorization" - also Marktzulassung.


Lieber adder,

das war der Kernpunkt meiner Argumentation. Die Regularien greifen erst über die Vermarktung. Es ist nicht erkennbar, dass es Einschränkungen gibt, wenn Leute eine Gesellschaft zur Selbstversorgung gründen.

Gruß, Martin

Nola Offline



Beiträge: 1.719

08.05.2013 11:23
#31 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat
Liebe Nola,
es war nur eine Frage der Zeit bis dieses mediale sehr gebashte Thema auch in diesem Thread aufkommt,
was hat die EU-GEsetzgebung für Saatgut bitte mit der Grünen Gentechnisch zu tun?



Liebe(r) Brutha, für mein Dafürhalten eine ganze Menge. Wenn ersteinmal die gesetzliche Grundlage geschaffen ist durch die EU, wird - so wie wir das jetzt erleben - vorerst nix wieder korrigiert und unter Anbetracht der dann vorhandenen Patente geht das dann auch nicht mehr.

Durch die Neuzucht (in aller Warscheinlichkeit unter Zuhilfenahme von Gentechnik) großer Konzerne und deren Patent hierauf und dann das wegfallen alter Sorten wird der Bauer irgendwann gezwungen sein zu jedem Preis sein Saatgut nur dort einkaufen zu können. Geschaffene Fakten!

Außerdem gibt es schon jetzt die Schwierigkeiten, das Bauer A sein Feld mit altem Saatgut bestellt und über 2m Feldweg gegenüber Bauer B auf seinem Acker patentiertes (Gen?)Saatgut benutzen will. Eine Kreuzung darf nicht zustande kommen, das ist aber fast unmöglich durch Witterungseinflüsse usw.

♥lich Nola

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Zettel im August 2008

adder Offline




Beiträge: 1.073

08.05.2013 11:57
#32 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #30
Die Regularien greifen erst über die Vermarktung. Es ist nicht erkennbar, dass es Einschränkungen gibt, wenn Leute eine Gesellschaft zur Selbstversorgung gründen.

Gruß, Martin




Jein, lieber Martin. Sie müssen eine Zulassung beantragen, wenn Sie ein Arzneimittel an anderen anwenden (Ausnahmen sind gegeben), es an einen Anwender abgeben oder es bewerben wollen. Der Verkauf ist keine notwendige Bedingung (aber hinreichend); eine Gesellschaft zu Selbstversorgung wäre meines Erachtens nach gesetzlich sehr, sehr kritisch - ich will nicht sagen, dass es im Einzelfall nicht funktionieren könnte, aber ich würde in einem solchen Fall eher nicht den Weg eines "Arzneimittels" wählen, sondern z.B. die Kamelmilch als Kosmetikum, oder Hautpflege bezeichnen - da sind die Grenzen dann deutlich andere.

Brutha Offline



Beiträge: 73

08.05.2013 14:27
#33 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Liebe Nola,

Zitat von Nola im Beitrag #31



Durch die Neuzucht (in aller Warscheinlichkeit unter Zuhilfenahme von Gentechnik) großer Konzerne und deren Patent hierauf und dann das wegfallen alter Sorten wird der Bauer irgendwann gezwungen sein zu jedem Preis sein Saatgut nur dort einkaufen zu können. Geschaffene Fakten!




Erstens, wird es zu dieser Schwarzmalerei der von ihnen genannten Höchstpreise für Saatgut nicht kommen, Stichwort man milkt die Kuh, man tötet sie nicht.
Zweitens ist es eher ein anderer Trend der sich abzeichnet, gerade durch die Grüne Gentechnik ist ein höherer Gewinn bei den Bauern zu erwarten(http://www.gute-gene-schlechte-gene.de/g...umwolle-indien/), schon komisch das sich diese Bauern einfach abzocken lassen und wahrscheinlich alle Falsch rechnen.
Mich stört bei Diskussionen zur Grünen Gentechnik hierbei das erst mal alle Ressentiments herausgeholt werden!

Zitat

Außerdem gibt es schon jetzt die Schwierigkeiten, das Bauer A sein Feld mit altem Saatgut bestellt und über 2m Feldweg gegenüber Bauer B auf seinem Acker patentiertes (Gen?)Saatgut benutzen will. Eine Kreuzung darf nicht zustande kommen, das ist aber fast unmöglich durch Witterungseinflüsse usw.



Wo sollen diese Schwierigkeiten bitte sein?
In Deutschland, wird meines Wissens kein Freilandversuch für 2013 geplant!
Was Europa betrifft wird nur in Spanien in nennenswertem Umfang Gv-Mais angebaut.
Was die Kreuzung betrifft, ich weiß hierbei nicht auf was sie anspielen möchten, die "Verunreinigung" der Frucht des Bauers A, dann sollte man bereit sein, den Preis für eine Null-Toleranz zu zahlen. Vielleicht möchte Bauer A auch gerne die "alte Sorte" nachzüchten?
Dann hätte dieser ebenso Probleme wenn es sich um ein Hochgezüchtetes Saatgut ohne Gentechnik handeln würde, dass die Fremdbestäubung via Wind erledigen lässt!
In letzterem Fall kommt mir sofort wieder Percy Schmeiser (http://www.gute-gene-schlechte-gene.de/m...egenden-teil-2/) in den Sinn.
Alle ihre Argumente sind kein Problem der Grünen Gentechnik, sondern betreffen die gesamten Züchtungsverfahren!
Nebenbei wird konventionelle Züchtung mit herben Methoden betrieben, da wird der arme Keimling mit der pösen radioaktiven Strahlung oder Chemie dazu gezwungen Mutanten zu bilden und das schon seit Jahrzehnten, ein Skandal.

Wie oben schon erwähnt, ob sie Gv-Pflanzen wollen oder doch lieber bei den "Guten Alten" bleiben ist ihre Entscheidung! Man hat die Wahl als Konsument und kann damit auch den Anbau beeinflussen, aber daraus einen Anspruch abzuleiten steht ihnen und mir nicht zu.

Herzlich Brutha

Nola Offline



Beiträge: 1.719

08.05.2013 21:15
#34 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat
Alle ihre Argumente sind kein Problem der Grünen Gentechnik, sondern betreffen die gesamten Züchtungsverfahren!
Nebenbei wird konventionelle Züchtung mit herben Methoden betrieben, da wird der arme Keimling mit der pösen radioaktiven Strahlung oder Chemie dazu gezwungen Mutanten zu bilden und das schon seit Jahrzehnten, ein Skandal.

Wie oben schon erwähnt, ob sie Gv-Pflanzen wollen oder doch lieber bei den "Guten Alten" bleiben ist ihre Entscheidung! Man hat die Wahl als Konsument und kann damit auch den Anbau beeinflussen, aber daraus einen Anspruch abzuleiten steht ihnen und mir nicht zu.




Lieber Brutha, nochmal, ich habe die Probleme nicht ausschließlich auf Gentechnik zurückgeführt sondern erstens auf die Vermarktung und von wem, und zweitens der parallel dazu schleichenden Abschaffung alter Sorten. Ich habe als Verbraucher eben nicht die Wahl, wenn bestimmte Sorten verschwinden, sind sie weg und ganz sicher kann ich keinen Anbau beeinflussen und ich behaupte so mancher Bauer auch nicht mehr.

Es ist ein schwieriges Thema und wir werden keinen Konsens erzielen, aber einen Anspruch an eingekaufte Lebensmittel habe ich schon und ich denke auch daß das jedem Verbraucher zusteht.

♥lich Nola

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Zettel im August 2008

Brutha Offline



Beiträge: 73

08.05.2013 22:53
#35 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #34


Lieber Brutha, nochmal, ich habe die Probleme nicht ausschließlich auf Gentechnik zurückgeführt sondern erstens auf die Vermarktung und von wem, und zweitens der parallel dazu schleichenden Abschaffung alter Sorten. Ich habe als Verbraucher eben nicht die Wahl, wenn bestimmte Sorten verschwinden, sind sie weg und ganz sicher kann ich keinen Anbau beeinflussen und ich behaupte so mancher Bauer auch nicht mehr.

Es ist ein schwieriges Thema und wir werden keinen Konsens erzielen, aber einen Anspruch an eingekaufte Lebensmittel habe ich schon und ich denke auch daß das jedem Verbraucher zusteht.


Liebe Nola,
ich gebe ihnen recht, wir werden bei dieser Thematik die höchst Emotional aufgeladen ist, keinen Konsens erzielen können.
Dies habe ich aber auch nicht anvisiert, ich habe nur darauf hinweisen wollen, dass ihre beiden Links die sie zu Anfang gepostet haben bei der Verbreitung von groben Unwahrheiten Greenpeace und co in nichts nachstehen.
Was ihre alten Sorten betrifft, niemand hindert sie daran sich ein Stück Land zu kaufen und diese anzubauen.

Ja und auch der Bauer hat die Wahl. Alles andere ist eine Lüge! Nur ob es sinnvoll ist eine alte Sorte anzubauen die nur eine Hand voll Hansel kaufen würden, sei mal dahingestellt.
Klar hat jeder Verbraucher einen Anspruch auf seine eingekauften Lebensmittel, aber nicht auf eine Sonderbehandlung.
Wenn er die erwartet muss er dafür ordentlich zahlen, so dass es sich lohnt diese Sonderwünsche zu ermöglichen oder selbst zum Landwirt werden.

Herzlich Brutha

adder Offline




Beiträge: 1.073

09.05.2013 11:51
#36 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von adder im Beitrag #29

solange kein Heilungsversprechen gemacht wird, kann jeder ein Produkt ohne Zulassung als Arzneimittel vertreiben, aber eben nicht als Arzneimittel.



Vielen Dank an Tiefseetaucher.

Ich möchte diesen Satz noch einmal erläutern:

Jeder kann ein Produkt vertreiben, dass er nicht als Arzneimittel bewirbt (und welches keine wirksamen Inhaltsstoffe hat, die es als solches klassifizieren würden), ohne dafür eine Zulassung als Arzneimittel zu benötigen. Er kann das in dem Moment nicht mehr (ohne gesetzeswidrig zu handeln), in dem er den Anschein erweckt, sein Produkt wäre ein Arzneimittel (er ihm also eine "heilende Wirkung" zuschreibt - das nennt man "Präsentationsarzneimittel"), oder sein Produkt aufgrund der Wirkung oder der Inhaltstoffe ein Arzneimittel ist (also "heilende Wirkung" hat - das nennt man "Funktionsarzneimittel"). Für letzteres würde er - einen ordnungsgemäßen Antrag, ordentlich Belege/Studien und eine dem AMG und den GMP-Vorschriften genügende Herstellung vorrausgesetzt - aller Wahrscheinlichkeit nach auch eine Zulassung erhalten. Ersteres ist unwirksam, hat möglicherweise direkt schädigende, aber immer indirekt schädigende (da dem "Patient" eine wirksame Therapie vorenthalten wird) Wirkung, und ist damit völlig zu recht in der EU "nicht verkehrsfähig" und damit weder verschreibungsfähig, noch abgabefähig.

Natürlich steht es dem einzelnen dennoch frei, sich diese "Quack-Salbe" auf die Haut zu reiben. (sorry für das Wortspiel) Er darf sie nur nicht anderen andrehen wollen.

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 353

09.05.2013 12:25
#37 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Lieber Adder,
danke für die Erläuterung in Ihrer PM. Das Problem bestand für mich in der Satzstellung, die dazu führte, dass ich "als Arzneimittel" auf "vertreiben" bezogen habe statt "ein Produkt" auf das Wort "vertreiben" zu beziehen.
Die nähere Bestimmung mit "ohne zu" war dann aber so eindeutig, dass selbst ich es kapiert habe.
Vielleicht stellen Sie den Satz in der Form, wie Sie ihn mir als PM geschickt haben, noch im Forum ein. Der ist kurz und prägnant und m.E. einfacher zu verstehen als ein Absatz voll Erklärungen.

EDIT: Hier ist der Satz in leicht verständlicher Form:

Jeder kann ein Produkt in Deutschland vertreiben, ohne eine Zulassung als Arzneimittel zu beantragen - solange er nicht den Anschein vermittelt, dass sein Produkt ein Arzneimittel ist. Und natürlich darf das Produkt keine Stoffe enthalten, die es als Arzneimittel klassifizieren würden.

A common mistake that people make when trying to design something completely foolproof is to underestimate the ingenuity of complete fools.
Douglas Adams

Solus Offline



Beiträge: 384

09.05.2013 14:05
#38 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

adder: Das heißt Sie wollen den Menschen nicht das Recht zugestehen, an Pseudowissenschaft zu glauben? Und danach zu handeln?
Wie sieht es aus, wenn jemand etwa Gruppen-Gesundbeten anbieten würde - "Gott heilt alle deine Krankheiten, garantiert. Nur XXX€ für einen Tag.", dergleichen. Sollte man auch verbieten?

Mit Liberalität hat das alles irgendwie garnichtsmehr zu tun. Es kann doch nicht der Schaden, den sich jemand freiwillig selbst zufügt, Grund sein, ihm das zu verbieten.
Mit der gleichen Argumentation könnte man das Rauchen auch verbieten. Jedenfalls, wenn Sie das alles generell verboten haben wollen. Wo wäre das Problem dabei, einen deutlich sichtbaren Hinweis vorzuschreiben - analog den Hinweisen auf den Zigarettenschachteln - "Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen" o.ä. Das würde natürlich auf Leute, die von "Schulmedizin" nichts halten eher als eine Empfehlung denn als Abschreckung wirken, aber das ist doch deren Sache, was sie machen.
Will mir einfach nicht in den Kopf, das ganze.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

09.05.2013 14:21
#39 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von solus
Wie sieht es aus, wenn jemand etwa Gruppen-Gesundbeten anbieten würde - "Gott heilt alle deine Krankheiten, garantiert. Nur XXX€ für einen Tag.", dergleichen. Sollte man auch verbieten?



Das ist verboten, lieber solus: unzulässiges Heilungsversprechen, siehe § 3 hier:

http://www.gesetze-im-internet.de/heilmw...R006049965.html

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

adder Offline




Beiträge: 1.073

09.05.2013 15:50
#40 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Solus im Beitrag #38
adder: Das heißt Sie wollen den Menschen nicht das Recht zugestehen, an Pseudowissenschaft zu glauben? Und danach zu handeln?


Überhaupt nicht. Jeder kann an was auch immer glauben. Allerdings - und die Gesetzgebung ist auch genauso gefasst - darf er nicht hingehen und andere mit seinem Glauben schädigen. Jeder kann sich also gerne selbst mit was auch immer behandeln wollen. Der Patient macht sich dabei auch nicht strafbar. Der Therapeut hingegen verstößt - wenn er solche unwirksamen Dinge als Heilung ansieht - mit der "Behandlung" gegen geltendes Recht - meiner Meinung nach völlig zu Recht.
Ich kann ja auch daran glauben, dass mein Auto absolut sicher ist - wenn ich aber damit jemanden anfahre, muss ich zahlen.

Zitat
Wie sieht es aus, wenn jemand etwa Gruppen-Gesundbeten anbieten würde - "Gott heilt alle deine Krankheiten, garantiert. Nur XXX€ für einen Tag.", dergleichen. Sollte man auch verbieten?



Hat ja mein Vorredner schon beantwortet: das ist bereits verboten, da unzulässiges Heilungsversprechen. Wobei: nicht das Gesundbeten selbst, sondern das Heilungsversprechen ist verboten (die Bezahlung dafür verschlimmert nur das Vergehen).

Zitat
Mit Liberalität hat das alles irgendwie garnichtsmehr zu tun. Es kann doch nicht der Schaden, den sich jemand freiwillig selbst zufügt, Grund sein, ihm das zu verbieten.



Keiner, wirklich keiner, auch ich nicht und auch nicht unsere derzeitige Gesetzgebung in diesem Bereich, verbietet, dass sich jemand freiwillig selbst Schaden zufügt. Jede Hilfe, die jemand einer anderen Person gewährt, sich selbst zu schaden, und natürlich das Schaden anderer (selbst wenn diese sich freiwillig Schaden wollten), ist hingegen völlig zu Recht verboten. Mit anderen Worten: ich darf mit meinem Auto gegen einen Brückenpfeiler fahren, aber wenn ich jemand anderen auf seinen Wunsch hin überfahre, werde ich bestraft.

Zitat
Wo wäre das Problem dabei, einen deutlich sichtbaren Hinweis vorzuschreiben - analog den Hinweisen auf den Zigarettenschachteln - "Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen" o.ä.



1) Das Gesetz ist anders. Genaugenommen verbietet dieses alleine schon das Arzneimittelgesetz. Arzneimittel ist ein geschützter Begriff, und Heilungsversprechen dürfen allenfalls bei zugelassenen Arzneimitteln erfolgen - und auch nur soweit das tatsächlich belegbar ist.
2) Arzneimittel sind ein sensibler Bereich. "Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen" wäre ja auch eine Lüge. Denn die Wirkung der meisten "alternativen Heilmethoden" ist nicht nur nicht wissenschaftlich nachgewiesen, selbst eine nicht-wissenschaftlichen Maßstäben genügende Beweisführung wurde in den seltensten Fällen erbracht, und in den meisten Fällen ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass es keine positive Wirkung gibt und die schädigenden Wirkungen überwiegen.
3) Ein Gedankenspiel: ich verkaufe Tabletten mit 5g Kaliumzyanid. Auf die schreibe ich drauf "Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen, hilft aber gegen Depressionen und Suizidgedanken". Jeder, der die kauft, ist ja selbst schuld. Und die sterben nun reihenweise. Keiner würde hier sagen, dass dieses Vorgehen ok ist - und liberal ist das auch nicht.
Gut, Zyankali ist vielleicht ein schlechtes Beispiel, aber wenn ich Injektionen mit Heroin gegen Kopfschmerzen verkaufe, töte ich vielleicht keinen, mache aber viele Leute abhängig - und Heroin ist sogar noch wissenschaftlich nachgewiesen wirksam gegen Schmerzen.

Zitat
Will mir einfach nicht in den Kopf, das ganze.



Liberal ist eben nicht anarchistisch. Die völlige Freigabe eines derart sensiblen Marktes ist nicht liberal, sie ist nur gefährlich. Der Vergleich mit dem Rauchen ist grob irreführend: auch unter diesen strikt geregelten Bedingungen sterben Menschen an Arzneimitteln - wenn alles frei wäre, wären es zwar "nur mehr" - aber die Größenordnung wäre richtig miserabel.
Als Beispiel für die Probleme eines ungeregelten Arzneimarktes bitte ich mal nach Thalidomid zu schauen, oder sich mal die kranken Zustände in Afrika (>80% Fälschungen) anzusehen.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

09.05.2013 16:11
#41 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von adder
Die völlige Freigabe eines derart sensiblen Marktes ist nicht liberal, sie ist nur gefährlich.



Dem möchte ich ausdrücklich zustimmen. Der "Gesundheitsmarkt" ist mMn eben kein Markt wie jeder andere. Wenn ich mit 1und1 unzufrieden bin, kann ich zur Telekom wechseln, wenn ich mit Porsche unzufrieden bin, zu Skoda. Die Gesundheit kann man nur einmal verhunzen; hat man ein unwirksames/schädliches Krebsmittel genommen, hat man keine Chance mehr, den Anbieter zu wechseln.
Ich arbeite ja selbst im Gesundheitssystem, und es ist z. T. haarsträubend, gegen welchen "Heilsteinquark" man da teilweise anarbeiten muß. Ein Heilpraktiker hatte einem (inzwischen verstorbenen) Pat. von mir dringend angeraten, die Chemotherapie abzubrechen, so könne man ja gar nicht gegen die Nebenwirkungen "antherapieren". Dergleichen ist zurecht verboten und unter Strafe gestellt.

Herzliche Grüße
Andreas Döding

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

09.05.2013 17:01
#42 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von adder im Beitrag #40

Liberal ist eben nicht anarchistisch. Die völlige Freigabe eines derart sensiblen Marktes ist nicht liberal, sie ist nur gefährlich.

Aber anarchistisch ist eine freie Marktwirtschaft auch nicht. Und im Gesundheitswesen kann man kaum von einer "völligen Freigabe" als Alternative sprechen, wenn eigentlich gar nichts freigegeben ist. Wir haben es hier mit einer reinen Planwirtschaft zu tun. Eine "völlige Freihabe" als Alternative kommt mir eher wie der Euphemismus für die Verteidigung des planwirtschaftlichen Status quo vor. Das läßt sich auch problemlos auf andere Gebiete der sogenannten Daseinsvorsorge ausweiten bis hin zum Lebensmittelmarkt, der gesamten Großindustrie incl. Fahrzeugbau und des Mittelstandes. Selbst Einzelunternehmer und das Handwerk sind aus der planwirtschaftlichen Perspektive irgendwann sensibel genug die Vertragsfreiheit und den gesunden Menschenverstand durch eine Bürokratie zu ersetzen.
Dass eine Behörde und ein Staat den Bürger besser schützen kann vor schlechten Ärzten und Scharlatanen als die Ärzte selbst, ist eine Grundvoraussetzung für den Erhalt eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt (vierter Platz unter den OECD-Staaten). Diesem Rang wird die erbrachte Leistung gegenüber dem Patienten nicht gerecht. Wer Planwirtschaft will darf keine Effizienz erwarten.
Und auch keine Sicherheit. Höchstens als Gefühl.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Solus Offline



Beiträge: 384

09.05.2013 17:10
#43 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von adder im Beitrag #40
Zitat von Solus im Beitrag #38
adder: Das heißt Sie wollen den Menschen nicht das Recht zugestehen, an Pseudowissenschaft zu glauben? Und danach zu handeln?


Überhaupt nicht. Jeder kann an was auch immer glauben. Allerdings - und die Gesetzgebung ist auch genauso gefasst - darf er nicht hingehen und andere mit seinem Glauben schädigen. Jeder kann sich also gerne selbst mit was auch immer behandeln wollen. Der Patient macht sich dabei auch nicht strafbar. Der Therapeut hingegen verstößt - wenn er solche unwirksamen Dinge als Heilung ansieht - mit der "Behandlung" gegen geltendes Recht - meiner Meinung nach völlig zu Recht.
Ich kann ja auch daran glauben, dass mein Auto absolut sicher ist - wenn ich aber damit jemanden anfahre, muss ich zahlen.

Wenn Sie jemand anderen mit dem Auto anfahren, dann hat der dem aber in aller Regel nicht zugestimmt. Wenn Sie jemand bittet, auf seinem Privatgrundstück doch bitte mit Ihrem Auto in seines reinzufahren, dann werden Sie dafür wohl kaum zahlen müssen. Bzw. hat man daraus sogar eine Art Sport gemacht, siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Demolition_derby.
Wenn Sie jemanden ungefragt schlagen, werden Sie dafür bestraft. Wenn Sie mit jemandem in den Boxring steigen, werden Sie kaum für die Schläge bestraft werden.

Zitat

Zitat
Wie sieht es aus, wenn jemand etwa Gruppen-Gesundbeten anbieten würde - "Gott heilt alle deine Krankheiten, garantiert. Nur XXX€ für einen Tag.", dergleichen. Sollte man auch verbieten?



Hat ja mein Vorredner schon beantwortet: das ist bereits verboten, da unzulässiges Heilungsversprechen. Wobei: nicht das Gesundbeten selbst, sondern das Heilungsversprechen ist verboten (die Bezahlung dafür verschlimmert nur das Vergehen).



Ist mir bekannt. Und halte ich für ebenso absurd. Wo ist der Unterschied zwischen dem Heilsversprechen im Diesseits und etwa dem Heilsversprechen "du kommst in den Himmel, wenn..."?

Zitat

Zitat
Mit Liberalität hat das alles irgendwie garnichtsmehr zu tun. Es kann doch nicht der Schaden, den sich jemand freiwillig selbst zufügt, Grund sein, ihm das zu verbieten.



Keiner, wirklich keiner, auch ich nicht und auch nicht unsere derzeitige Gesetzgebung in diesem Bereich, verbietet, dass sich jemand freiwillig selbst Schaden zufügt. Jede Hilfe, die jemand einer anderen Person gewährt, sich selbst zu schaden, und natürlich das Schaden anderer (selbst wenn diese sich freiwillig Schaden wollten), ist hingegen völlig zu Recht verboten. Mit anderen Worten: ich darf mit meinem Auto gegen einen Brückenpfeiler fahren, aber wenn ich jemand anderen auf seinen Wunsch hin überfahre, werde ich bestraft.



Völlig zu Recht? Also ich finde, wenn bspw. jemand einem anderen Gift verkauft, mit dem sich der andere umbringen will, dann sollte das natürlich legal sein.

Zitat

Zitat
Wo wäre das Problem dabei, einen deutlich sichtbaren Hinweis vorzuschreiben - analog den Hinweisen auf den Zigarettenschachteln - "Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen" o.ä.



1) Das Gesetz ist anders. Genaugenommen verbietet dieses alleine schon das Arzneimittelgesetz. Arzneimittel ist ein geschützter Begriff, und Heilungsversprechen dürfen allenfalls bei zugelassenen Arzneimitteln erfolgen - und auch nur soweit das tatsächlich belegbar ist.
2) Arzneimittel sind ein sensibler Bereich. "Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen" wäre ja auch eine Lüge. Denn die Wirkung der meisten "alternativen Heilmethoden" ist nicht nur nicht wissenschaftlich nachgewiesen, selbst eine nicht-wissenschaftlichen Maßstäben genügende Beweisführung wurde in den seltensten Fällen erbracht, und in den meisten Fällen ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass es keine positive Wirkung gibt und die schädigenden Wirkungen überwiegen.
3) Ein Gedankenspiel: ich verkaufe Tabletten mit 5g Kaliumzyanid. Auf die schreibe ich drauf "Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen, hilft aber gegen Depressionen und Suizidgedanken". Jeder, der die kauft, ist ja selbst schuld. Und die sterben nun reihenweise. Keiner würde hier sagen, dass dieses Vorgehen ok ist - und liberal ist das auch nicht.
Gut, Zyankali ist vielleicht ein schlechtes Beispiel, aber wenn ich Injektionen mit Heroin gegen Kopfschmerzen verkaufe, töte ich vielleicht keinen, mache aber viele Leute abhängig - und Heroin ist sogar noch wissenschaftlich nachgewiesen wirksam gegen Schmerzen.



2) Wie genau der Hinweis formuliert würde, ist ja reichlich nebensächlich. "Kann möglicherweise schwerwiegende Gesundheitsschäden oder Tod verursachen, ersetzt keine wirksame Behandlung durch einen Arzt" usw., gibt ja genug Möglichkeiten.

3) Ich würde sagen, dass dieses Vorgehen OK ist, solange deutlich auf die tödliche Wirkung hingewiesen wird. Wer dann trotzdem daran glaubt, dass es hilft, weil XY Guru das so gesagt hat - bitte.
Was Drogen anbelangt, ist das nochmal eine andere Sache, insofern als da noch die Suchtwirkung mit reinspielt, aber ich bin prinzipiell auch für die Freigabe von Betäubungsmitteln. Warum auch nicht.

Zitat

Zitat
Will mir einfach nicht in den Kopf, das ganze.



Liberal ist eben nicht anarchistisch. Die völlige Freigabe eines derart sensiblen Marktes ist nicht liberal, sie ist nur gefährlich. Der Vergleich mit dem Rauchen ist grob irreführend: auch unter diesen strikt geregelten Bedingungen sterben Menschen an Arzneimitteln - wenn alles frei wäre, wären es zwar "nur mehr" - aber die Größenordnung wäre richtig miserabel.
Als Beispiel für die Probleme eines ungeregelten Arzneimarktes bitte ich mal nach Thalidomid zu schauen, oder sich mal die kranken Zustände in Afrika (>80% Fälschungen) anzusehen.



Liberal, anarchistisch und das was Sie hier vertreten sind drei unterschiedliche Dinge.
Liberal ist, wenn Person A nach Zyankali fragt, Person B ihm das verkauft. Person B hat danach das Geld und Person A ist tot.
Anarchistisch ist, wenn Person B Person A das Zyankali ungefragt in den Hals stopft und danach dem zuckenden Leichnam das Geld entnimmt. Oder ihm das Zyankali als Zucker deklariert verkauft.
Was Sie vertreten, ist dass Person B im Gefängnis steckt und Person A versucht, sich mit der Rasierklinge die Pulsadern aufzuschneiden. Oder mit Paracetamol umzubringen (im einen Fall von zweifelhaftem Erfolg, im anderen Fall... nunja.)

Zitat von Doeding im Beitrag #41

Zitat von adder
Die völlige Freigabe eines derart sensiblen Marktes ist nicht liberal, sie ist nur gefährlich.

Dem möchte ich ausdrücklich zustimmen. Der "Gesundheitsmarkt" ist mMn eben kein Markt wie jeder andere. Wenn ich mit 1und1 unzufrieden bin, kann ich zur Telekom wechseln, wenn ich mit Porsche unzufrieden bin, zu Skoda. Die Gesundheit kann man nur einmal verhunzen; hat man ein unwirksames/schädliches Krebsmittel genommen, hat man keine Chance mehr, den Anbieter zu wechseln.
Ich arbeite ja selbst im Gesundheitssystem, und es ist z. T. haarsträubend, gegen welchen "Heilsteinquark" man da teilweise anarbeiten muß. Ein Heilpraktiker hatte einem (inzwischen verstorbenen) Pat. von mir dringend angeraten, die Chemotherapie abzubrechen, so könne man ja gar nicht gegen die Nebenwirkungen "antherapieren". Dergleichen ist zurecht verboten und unter Strafe gestellt.


Warum zurecht? Warum kann es nicht jedem selbst überlassen bleiben, wem er glaubt?
Irgendwie fühle ich mich da stark an die Klimaschützer erinnert. Glühbirnenverbot usw.

Von den Problemen, die unser Gesundsheitssystem auch abseits von diversem pseudowissenschaftlichen Kram hat, mal ganz abgesehen, wie Erling Plaethe ganz richtig angesprochen hat.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

09.05.2013 17:28
#44 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von solus
Warum zurecht? Warum kann es nicht jedem selbst überlassen bleiben, wem er glaubt?
Irgendwie fühle ich mich da stark an die Klimaschützer erinnert. Glühbirnenverbot usw.



Lieber solus,

Nach welchen Kriterien soll man denn wem "glauben", wenn man alles an Behauptungen und Heilsversprechen sowie an zweifelhaften (oder nachweislich schädlichen) Methoden erlaubt und sie gleichwertig nebeneinander stehen läßt? Das können Sie mir jetzt glauben oder auch nicht: Kranke Menschen wollen nichts weiter als gesund werden. Um mehr geht es ihnen nicht. Da verlieren sich solche Debatten von freien Märkten von ganz alleine. Und nahezu immer wollen sie die Methode oder das heilkundliche Verfahren, das am stärksten erfolgversprechend ist. Und was sie in aller Regel nicht wollen: zu liberal-marktgerechten Entscheidungen zwischen vielen Anbietern und Verfahren gezwungen, und dabei letztlich alleine gelassen zu werden.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

adder Offline




Beiträge: 1.073

09.05.2013 17:41
#45 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #42
Zitat von adder im Beitrag #40

Liberal ist eben nicht anarchistisch. Die völlige Freigabe eines derart sensiblen Marktes ist nicht liberal, sie ist nur gefährlich.

Aber anarchistisch ist eine freie Marktwirtschaft auch nicht. Und im Gesundheitswesen kann man kaum von einer "völligen Freigabe" als Alternative sprechen, wenn eigentlich gar nichts freigegeben ist. Wir haben es hier mit einer reinen Planwirtschaft zu tun.


Das ist doch völlig an den Haaren herbeigezogen. Wir haben freie, nach unternehmerischen Gesichtspunkten agierende Unternehmen, die aus Gewinnstreben Arzneimittel entwickeln. Wir haben einen durchaus regulierten Bereich: Ärzte und Apotheker benötigen eine entsprechende Ausbildung und eine Genehmigung durch den Staat, Krankenhäuser ebenfalls - aber im Rahmen der Gesetze darf jeder, der die entsprechende Ausbildung hat, eine Praxis oder Apotheke eröffnen. Rechtsanwälte u.ä. ist ja nun auch berufsrechtlich ähnlich.
Wir haben Monopolisten auf der Nachfrageseite, das ist richtig - aber auch nicht so ineffizient, wie Sie es darstellen. Das Problem der Krankenkassen ist doch, dass wir für den stattfindenden "Wettbewerb" zu viele haben, oder eben, dass den Kassen leider genau der Wettbewerb verboten wurde, der eine so große Zahl gerechtfertigt hätte.
Letztendlich hat auch jeder Patient das Recht, seine Wahl zu treffen. Er kann sich auch gerne mit Heilsteinen oder von Quacksalbern behandeln lassen... alles das gab es schon, und gibt es noch in anderen Ländern. Hat aber nicht gerade zu längerem Leben oder höherer Freiheit geführt.

Zitat
Eine "völlige Freihabe" als Alternative kommt mir eher wie der Euphemismus für die Verteidigung des planwirtschaftlichen Status quo vor. Das läßt sich auch problemlos auf andere Gebiete der sogenannten Daseinsvorsorge ausweiten bis hin zum Lebensmittelmarkt, der gesamten Großindustrie incl. Fahrzeugbau und des Mittelstandes.



Giftige Lebensmittel dürfen Sie auch nicht verkaufen, Autos müssen bestimmten Vorgaben entsprechen, etc. Warum das jetzt für einen wahrscheinlich deutlich gefährlicheren Markt nicht gelten soll?
Selbst in den USA herrschen strenge Gesetze zur Arzneimittelzulassung. Im Übrigen hatten bestimmte Terrorregime der Vergangenheit keine solchen Gesetze - ob die jetzt liberaler waren?

Zitat
Dass eine Behörde und ein Staat den Bürger besser schützen kann vor schlechten Ärzten und Scharlatanen als die Ärzte selbst, ist eine Grundvoraussetzung für den Erhalt eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt (vierter Platz unter den OECD-Staaten).



Lieber Ehrling Plaethe, wenn die Bürger in der Lage wären, sich vor Scharlatanen, schlechten Therapien und betrügerischen Therapeuten selbst zu schützen, hätten wir nicht jedes Jahr einen neuen Skandal und nicht Hunderttausende von Medikamentenabhängigen. Ganz im Gegensatz zu bestimmten anderen Märkten ist der Gesundheitssektor leider viel zu komplex für den normalen Bürger. Sie sagen ja selbst, dass Menschen sich von Ideologen vieles zur Energieversorgung haben einreden lassen - nun: die Energieversorgung ist deutlich weniger komplex, sorry.

Zitat
Diesem Rang wird die erbrachte Leistung gegenüber dem Patienten nicht gerecht. Wer Planwirtschaft will darf keine Effizienz erwarten.
Und auch keine Sicherheit. Höchstens als Gefühl.



Auch das ist verzerrt. Unser Gesundheitssystem mag teuer sein (wobei das vor allem an zwei Kostentreibern liegt: Krankenhäuser und Verwaltungskosten), aber es ist immer noch eines der leistungsfähigsten der Welt. Und das, obwohl Ärzte in Deutschland auf Druck der Spar-Krankenkassen viel zu spät und viel zu zögerlich mit modernen Arzneimitteln umgehen.

adder Offline




Beiträge: 1.073

09.05.2013 17:49
#46 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #44

Zitat von solus
Warum zurecht? Warum kann es nicht jedem selbst überlassen bleiben, wem er glaubt?
Irgendwie fühle ich mich da stark an die Klimaschützer erinnert. Glühbirnenverbot usw.


Lieber solus,

Nach welchen Kriterien soll man denn wem "glauben", wenn man alles an Behauptungen und Heilsversprechen sowie an zweifelhaften (oder nachweislich schädlichen) Methoden erlaubt und sie gleichwertig nebeneinander stehen läßt? Das können Sie mir jetzt glauben oder auch nicht: Kranke Menschen wollen nichts weiter als gesund werden. Um mehr geht es ihnen nicht. Da verlieren sich solche Debatten von freien Märkten von ganz alleine. Und nahezu immer wollen Sie die Methode oder das heilkundliche Verfahren, das am stärksten erfolgversprechend ist.



Und leider sind seriöse Anbieter auf diesem "Markt" der Erfolgsversprechen benachteiligt. Wem glaubt denn Erna Normalrentner bei der Wahl der Behandlung ihrer regelmäßig wiederkehrenden Verstopfung? Dem Apotheker, der sie darauf hinweist, dass sie diese hat, weil sie viel zu wenig isst und ständig Abführmittel schluckt und ja sowieso nicht jeden Tag 3x aufs Klo muss, und sie bitte endlich mit den Abführmitteln aufhören soll, oder ihrer Bekannten, die "das SUPERprodukt dagegen" kennt, weil die Schwester des Schwagers der Tante...

Zitat
Und was sie in aller Regel nicht wollen: zu liberal-marktgerechten Entscheidungen zwischen vielen Anbietern und Verfahren gezwungen, und dabei letztlich alleine gelassen zu werden.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding



Kann der Patient doch auch in sehr vielen Fällen gar nicht. Er erkennt ja seine Krankheit nicht ohne Hilfe vom Arzt und die Informationsfülle über Therapien und Arzneimittel verunsichern ihn nur, und wenn dann ein Quacksalber daherkommt, der sagt: "Trink meine Kamelmilch und Du bist gesund", warum (und wie?) sollte er da denn nicht glauben?

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

09.05.2013 17:52
#47 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #44
Kranke Menschen wollen nichts weiter als gesund werden. Um mehr geht es ihnen nicht. Da verlieren sich solche Debatten von freien Märkten von ganz alleine. Und nahezu immer wollen Sie die Methode oder das heilkundliche Verfahren, das am stärksten erfolgversprechend ist. Und was sie in aller Regel nicht wollen: zu liberal-marktgerechten Entscheidungen zwischen vielen Anbietern und Verfahren gezwungen, und dabei letztlich alleine gelassen zu werden.

Jeder war schon einmal krank und weiß was er dann will, oder?
Also für den Willen ist jeder schon mal Experte. Was er bekommt weiß ebenfalls jeder der schon einmal krank war. Weil er irgendwann mal seinen Arzt gewechselt hat. Vielleicht hat er auch mal eine andere Heilmethode ausprobiert. Und wer Realist ist, weiß, dass er alleingelassen ist wie bei jeder anderen Entscheidung auch. Ansonsten entscheiden Andere für ihn. Aber letztlich kommt er um ein Probieren nicht herum. Nur würde ihm das in einem marktwirtschaftlicheren System bedeutend leichter gemacht, wie auch seiner Kostenkontrolle als Leistungsempfänger. Schlechter gestellt wären dagegen die Verteiler, weil in einem solchen System für sie kein Bedarf bestünde.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

09.05.2013 18:00
#48 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Jeder war schon einmal krank und weiß was er dann will, oder?



Das wäre mal eine spannende Untersuchung: Das Selbstkonzept und die Selbstbeschreibung Schwerkranker. Ich wäre gespannt, auf welchem Platz dann der Begriff "Marktteilnehmer" landete

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Frank2000 Online




Beiträge: 3.424

09.05.2013 18:02
#49 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #44

...
Nach welchen Kriterien soll man denn wem "glauben", wenn man alles an Behauptungen und Heilsversprechen sowie an zweifelhaften (oder nachweislich schädlichen) Methoden erlaubt und sie gleichwertig nebeneinander stehen läßt?
...Andreas Döding


Nach gar keinen Kriterien. Wieso sollte jemand anders Kriterien erfinden müssen, welche Leuten ich glauben darf? Das klingt doch sehr nach Bevormundung.

1. Niemand hat gesagt, dass es den kontrollierten Bereich (sei es bei Medikamenten, Saatgut, Kinderspielzeug oder elektrischen Haushaltsgeräten) nicht weiterhin geben darf.
2. Die Frage ist nur, weswegen der graue Markt VERBOTEN wird. Und das IST Bevormundung.
3. Der graue Markt würde sich mit Lichtgeschwindigkeit von allein regulieren, wenn man nur die richtigen Haftungsregeln vorsieht:
- Die Kosten der Teilnahme am grauen Markt trägt jeder selbst. Ich habe keine Lust, anderer Leute Pendeltherapie zu bezahlen.
- Die Folgen trägt auch jeder allein. Wer dabei drauf geht oder schwer krank wird, der hat eben Pech. Bestenfalls gibt es eine Mindestabsicherung, wie sie auch ein HARTZler bekommen würde.
- Das gilt aber auch für die Anbieter: die sind voll haftbar für die Folgen. Kann ein Beratungsfehler nachgewiesen werden oder liegt ein Produktmangel vor, dann muss der Anbieter zahlen. Das ist in anderen Branchen schließlich auch so.

Das Problem mit dem grauen Markt entsteht einzig und allein deswegen, weil es in Deutschland schlicht undenkbar ist, dass irgendjemand für das, was er tut, auch die Konsequenzen tragen muss. Und das gilt für alle Gruppen: Produzenten, Konsumenten, Politiker, Ärzte, Lehrer und so weiter. Niemand trägt mehr Verantwortung für irgendwas. Alles, was schief geht, ist Schicksal. Und dann, aber auch nur dann, ist verständlich, warum man die Halsabschneider und Wunderdoktoren aus dem Markt drängt: weil solche Leute die Gewinne selbst einfahren würden, aber die Kosten der Fehlschläge auf die Gesellschaft abwälzen könnten.

Es ist schon so: wir sind so besoffen von der Ideologie des unverantwortlichen Bürgers (spiegelbildlich: des gütigen allweisen Staates), dass ein Subbereich mit Selbstverantwortung in Deutschland unvorstellbar geworden ist.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

09.05.2013 18:20
#50 RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU Antworten

Zitat von Frank
Nach gar keinen Kriterien. Wieso sollte jemand anders Kriterien erfinden müssen, welche Leuten ich glauben darf? Das klingt doch sehr nach Bevormundung.



/Ironie on/ Es ist aber auch wirklich ein Kreuz mit den Menschen. Daß Kranke sich hartnäckig als Patienten begreifen, die kompetente Hilfe suchen und nicht als Marktteilnehmer, die auswählen wollen. Man sollte sie vielleicht etwas mehr zu ihrem marktliberalen Glück zwingen. Die Menschen sehen sich selbst und die Dinge nur noch nicht richtig. Die wollen das eigentlich, sie wissen es nur noch nicht.. sie fühlen sich durch die mangelnde Auswahl einfach noch nicht ausreichend bevormundet.../ironie off/

Woran, an welche Denke, erinnert mich das bloß...?

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

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