Zitat von Rayson im Beitrag #48 Wann immer vor "liberal" noch ein anderes Wort auftaucht, kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, es nicht mit liberalen Inhalten zu tun zu haben. Die Crux ist nämlich, dass der Liberalismus für ein bestimmtes Menschenbild steht, nämlich für das freie und verantwortungsvolle Individuum. All die Bindestrich-Liberalismen haben mit diesem Menschenbild ihre Probleme.
Dann haben wir aber ein Problem, bei Wegfall aller "Bindestrich-Liberalismen" überhaupt noch etwas zu finden. Es sei denn natürlich, man definiert (frech?) einfach Libertarismus als letzten echten Liberalismus. Außerdem habe ich mit dem letzten Satz in der Tat ein Problem. Natürlich ist das freie und selbst verantwortliche Individuum immer noch das Menschenbild, dass eben die meisten, die sich selbst zumindest mit ein wenig Echtheit "liberal" nennen, haben. Allerdings gebe ich Ihnen recht, einige Spielarten haben gewisse Vorbehalte über den Grad der Verantwortung, die ein Individuum für sich übernehmen kann oder sollte. Andere haben gewisse Vorbehalte, was eine Gruppe von Individuen tun kann. Das alles macht diese aber nicht zwangsläufig weniger liberal - sondern in den meisten Fällen nur weniger ideologisch rein.
Zitat Nur Mut: Sozialdemokrat zu sein, ist kein Makel. Man muss diese Einstellung nicht hinter anderen, vermeintlich wohlklingenden Begriffen verstecken.
Ich halte echte Sozialdemokraten auch in keinster Weise für schlecht oder vollkommen etatistisch. Allerdings werden Sie heute mehr Sozialdemokraten in der FDP oder der Union finden als in der SPD.
Zitat von TF im Beitrag #50Ist das Ihr Ernst, ein Link zu einem Wikipedia-Artikel? Sie haben die Frage immer noch nicht beantwortet. Welche Lösungen, die es vorher nicht gab, wurden gefunden und die Überlegenheit zu welchen anderen Lösungen wurde bewiesen? Gut, die gegenüber dem Ostblocksozialismus war offensichtlich, aber ansonsten? Erhards Leistung liegt vor allem in der Zurückdrängung planwirtschaftlicher Ideen, die in den ersten Nachkriegsjahren sehr viele Anhänger hatten, nicht in großen Reformen.
Überdies hielt Erhard den Markt per se für sozial. Womit er auch richtig lag. "Sozialiberal" war er wohl kaum.
Und wieder das gleiche. Hören Sie doch bitte auf, mir Dinge als Argument vorzuhalten, die ich in keiner Weise bestritten habe. Natürlich hielt Erhard den Markt für sozial, ich hatte auch explizit darauf hingewiesen, dass er mehr Freiheiten wollte. Dennoch ist, wie wir sehr schön an unserer Entwicklung und der hohen Produktivität der Bundesrepublik (sieht man mal von Phasen sehr sozialdemokratisch oder gar grün geprägter Regierung ab) sehen könnte, die eingehegte Marktwirtschaft dem ungeregelten Markt überlegen.
Zitat von TF im Beitrag #44Bitte nicht so wie Sie, nämlich substanzlos. Was Sie mit vielen Wörtern nicht wegdiskutieren können: Konsequentes Eintreten für Freiheitsrechte und massive Freiheitsbeschränkungen im Namen eines bevormundenden ideologischen Projekts wie "sozialer Ausgleich" oder auch "Energiewende" oder "Klimaschutz" schließen sich aus.
Das müssen Sie mir jetzt aber mal erklären: wo fordere ich bitte massive Freiheitsbeschränkungen? Wo forderten die von mir genannten Parteien oder Personen solche massiven Freiheitsbeschränkungen - und wieso eigentlich auch noch im Namen eines bevormundenden ideologischen Projekts?
Da Sie ja immer äußerst wolkig bleiben, kann ich gar nicht sagen, was für Freiheitsbeschränkungen sie persönlich wollen. Wenn Sie zur Abwechslung mal aufmerksam gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass es mir gar nicht um Ihre Ansichten geht, sondern darum, dass ein stark sozialstaatlicher sog. "Linksliberalismus" oder "Sozialliberalismus" zwangsläufig massiv Freiheiten beschneidet, was auch für einen "Ökoliberalismus" und ich füge hinzu, andere "Liberalismen" mit irgendeinem Zusatz gilt.
Sie unterstellen mir, dass ich versuchen würde, die Unvereinbarkeit von massive Freiheitsbeschränkungen und konsequentem Eintreten für Freiheit wegdiskutieren zu wollen. Dann stelle ich die Frage, wo Sie das hersehen und Sie werfen mir vor, dass ich nicht aufmerksam lesen würde... Sorry, aber wie bitte soll ich denn Ihren Satz "Was Sie mit vielen Wörtern nicht wegdiskutieren können" denn verstehen?
Aber nun gut. Sie haben Recht, ich habe Unrecht - und noch dazu bin ich freiheitsfeindlich, da ich ja einem "Zusatz"-Liberalismus fröne.
Zitat von adder im Beitrag #51 Dann haben wir aber ein Problem, bei Wegfall aller "Bindestrich-Liberalismen" überhaupt noch etwas zu finden.
Eigentlich nicht, es gibt genug davon. Aber selbst wenn es so wäre, wo ist das genaue Problem ? Eine Definition wird ja nicht dadurch besser, dass man sie so weit ausdehnt, dass grosse Massen hineinpassen. Man kann natürlich auch die Sozialdemokratie bis zu den Kommunisten ausdehnen, dann wird die Menge grösser, aber der Begriff ist nicht mehr viel wert.
Zitat Allerdings gebe ich Ihnen recht, einige Spielarten haben gewisse Vorbehalte über den Grad der Verantwortung, die ein Individuum für sich übernehmen kann oder sollte.
Das ist eben keine Spielart, zumindest keine des Liberalismus. Das Umgekehrte könnte man mit einiger Berechtigung definieren, beispielsweise einen Liberalkonservativen. Oder einen Liberalkommunisten. Beides nicht völlig undenkbar, wenn auch teilweise ein bischen schizophren. Wer allerdings Freiheit für das höchste Gut des Menschen hält, der wird Vorbehalte gegenüber dem Grad der Verantwortung eines mündigen Menschen haben können. Es gibt nicht ein bischen liberal.
Zitat Das alles macht diese aber nicht zwangsläufig weniger liberal - sondern in den meisten Fällen nur weniger ideologisch rein.
Doch, genau das tut es. Das wollen nur die Bindestrichliberalen nicht gerne hören. Freiheit zu leben, zu verteidigen, hochzuhalten, verlangt vom Menschen sehr, sehr viel. Es verlangt Vertrauen in andere Menschen, es verlangt das Zurücksetzen eigener, anderer Werte, es verlangt einen fundamentalen Respekt vor der Freiheit des anderen eben auch wirklich ganz anders zu sein. Nur wer das erfüllt, kann sich am Ende liberal nennen. Allerdings gibt es Haufenweise Menschen, denen der Begriff liberal zwar gefällt, die sich in ihrer selbst gewähnten Liberalität gerne auf die Schulter klopfen, aber tatsächlich die hohen Anforderungen daran nicht zu erfüllen zu gedenken. Und dann setzen sie Bindestriche. So muss man sich überhaupt nicht damit beschäftigen, schliesslich ist man ja beides.
Prinzipiell darf jeder Mensch sein, wie er will. Das Problem an den Bindestrichen ist, dass da eine Mogelpackung entsteht. Und das schadet der Idee des Liberalismus ganz massiv. Wenn Menschen wie Baum oder Hamm-Brücher, die ja jahrelang für das "sozial-liberale" über den Klee gelobt wurden, als Liberale identifiziert werden, dann darf man sich nicht wundern, wenn keiner versteht, dass es um Freiheit geht und nicht darum ein besserer oder intelektuellerer Sozialdemokrat zu sein.
Davon ab muss einem doch die Absurdität ins Auge springen. Sozial und liberal sind ad hoc Gegensätze. Gesellschaftlich und individuell ? Ja, was denn nu ? Nahezu alle Ideen die mit sozialer Gesetzgebung zusammenhängen sind Widersprüche zur Freiheit des Einzelnen.
Zitat Allerdings werden Sie heute mehr Sozialdemokraten in der FDP oder der Union finden als in der SPD.
Zitat von adder im Beitrag #51Dann haben wir aber ein Problem, bei Wegfall aller "Bindestrich-Liberalismen" überhaupt noch etwas zu finden. Es sei denn natürlich, man definiert (frech?) einfach Libertarismus als letzten echten Liberalismus.
Das Problem stellt sich so nicht. Der klassische Liberalismus, der genau dieses Menschenbild umschreibt, ist wesentlich älter als jede Form des "Libertarismus". Und selbst da, wo Ordoliberale dem Staat zusätzliche Verantwortung übertrugen, haben sie die Grundlagen dieses Menschenbilds nicht verlassen - erst spätere Pervertierungen des Begriffs "Soziale Marktwirtschaft" leisteten dies. Überhaupt muss man den Begriff "Libertarismus" als rein defensive Maßnahme von Liberalen verstehen, welche die ursprüngliche Bedeutung ihrer politischen Ausrichtung plötzlich umgedeutet sahen und daher eines neuen Sammelbegriffs bedurften. Amerikanische "Libertarians" sind nichts anderes als deutsche Liberale. Richtig ideologisch abdriftig wird es erst mit Rothbard- oder Hoppe-Jüngern, aber dann reden wir über Ancaps und Ähnliches.
Zitat von adder im Beitrag #51Das alles macht diese aber nicht zwangsläufig weniger liberal - sondern in den meisten Fällen nur weniger ideologisch rein.
Doch, genau das macht diese Menschen weniger liberal. Was sonst? Man mag, wenn einem das mehr in den Kram passt, die Abkehr von liberalen Prinzipien durch die Qualifizierung als "weniger ideologisch" adeln wollen, aber das ändert nichts daran, dass man damit dasselbe Phänomen beschreibt.
Zitat von adder im Beitrag #51Allerdings werden Sie heute mehr Sozialdemokraten in der FDP oder der Union finden als in der SPD.
Viele ja, aber weniger? Wüsste nicht, was dafür spräche.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von adder im Beitrag #51Dann haben wir aber ein Problem, bei Wegfall aller "Bindestrich-Liberalismen" überhaupt noch etwas zu finden. Es sei denn natürlich, man definiert (frech?) einfach Libertarismus als letzten echten Liberalismus.
Das Problem stellt sich so nicht. Der klassische Liberalismus, der genau dieses Menschenbild umschreibt, ist wesentlich älter als jede Form des "Libertarismus". Und selbst da, wo Ordoliberale dem Staat zusätzliche Verantwortung übertrugen, haben sie die Grundlagen dieses Menschenbilds nicht verlassen - erst spätere Pervertierungen des Begriffs "Soziale Marktwirtschaft" leisteten dies. Überhaupt muss man den Begriff "Libertarismus" als rein defensive Maßnahme von Liberalen verstehen, welche die ursprüngliche Bedeutung ihrer politischen Ausrichtung plötzlich umgedeutet sahen und daher eines neuen Sammelbegriffs bedurften.
Tja, aber da widersprechen Sie sich doch. Wenn Ordo-Liberale (sorry für diese Schreibweise) jetzt dann doch nicht ganz so böse sind, warum müssen dann alle Bindestrich-Liberalismen böse sein? Paläo-Liberale, Ordoliberale, echte Neoliberale... sind doch alle auf dem Grundsatz dieses Menschenbildes, wenn auch Ordoliberale ein kleines Problem mit der Übernahme der vollen Verantwortung durch eine Gruppe von Individuen haben.
Zitat Amerikanische "Libertarians" sind nichts anderes als deutsche Liberale. Richtig ideologisch abdriftig wird es erst mit Rothbard- oder Hoppe-Jüngern, aber dann reden wir über Ancaps und Ähnliches.
Wirklich? Also meine US-Bekannten erzählen mir immer wieder, dass wir hier in Europa alles socialists seien, da selbst unsere Konservativen so furchtbar links seien... Aber nun gut, ich habe damit kein Problem.
Zitat
Zitat von adder im Beitrag #51Das alles macht diese aber nicht zwangsläufig weniger liberal - sondern in den meisten Fällen nur weniger ideologisch rein.
Doch, genau das macht diese Menschen weniger liberal. Was sonst? Man mag, wenn einem das mehr in den Kram passt, die Abkehr von liberalen Prinzipien durch die Qualifizierung als "weniger ideologisch" adeln wollen, aber das ändert nichts daran, dass man damit dasselbe Phänomen beschreibt.
Sind also Ordoliberale weniger liberal? Immerhin halten Ordoliberale einen mittelgroßen Staat für nötig, der insbesondere auch die Rahmenbedingungen setzen soll, innerhalb derer die Wirtschaft zu funktionieren hat. Ich habe insbesondere die Ordoliberalen im Blickfeld. Diese sind eben meiner Meinung nach "weniger ideologisch rein", dafür aber näher an der Realität. Um "Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt" tatsächlich in einer größeren Menschengruppe richtig zu leben, braucht es einen ganzen Haufen sehr toleranter und liberaler Menschen, die es aber leider gar nicht so häufig gibt. Da Liberalen aber - anders als den unmenschlichen Ideologien der Kollektivisten - Umerziehung und die Schaffung "des Neuen Menschen" vollkommen zu Recht sehr, sehr zuwider ist (mir auch), bleibt das Prinzip Hoffnung - oder aber eine zumindest etwas weniger ideologisch reine Vorgehensweise, indem man bestimmte Dinge (Umgang miteinander im Sinne von "Nicht-Töten, nicht-Stehlen, Nicht-Verprügeln..." oder eben die Rahmenbedingungen der Wirtschaft) eben doch durch Gesetze regelt. Nicht anders war mein Kommentar gemeint.
Zitat
Zitat von adder im Beitrag #51Allerdings werden Sie heute mehr Sozialdemokraten in der FDP oder der Union finden als in der SPD.
Viele ja, aber weniger? Wüsste nicht, was dafür spräche.
Die CDU/CSU ist heute deutlich sozialdemokratischer als die SPD. Die FDP ist heute wieder da angekommen, wo sie 1982 weg ist. In beiden Parteien tummeln sich haufenweise Sozialdemokraten und Sozialliberale. In den Reihen der SPD sind klassische Sozialdemokraten leider sehr rar geworden, da sie sich von zwei Seiten nach links getrieben sah.
Zitat von adder im Beitrag #51 Dann haben wir aber ein Problem, bei Wegfall aller "Bindestrich-Liberalismen" überhaupt noch etwas zu finden.
Eigentlich nicht, es gibt genug davon. Aber selbst wenn es so wäre, wo ist das genaue Problem ? Eine Definition wird ja nicht dadurch besser, dass man sie so weit ausdehnt, dass grosse Massen hineinpassen. Man kann natürlich auch die Sozialdemokratie bis zu den Kommunisten ausdehnen, dann wird die Menge grösser, aber der Begriff ist nicht mehr viel wert.
Zitat Allerdings gebe ich Ihnen recht, einige Spielarten haben gewisse Vorbehalte über den Grad der Verantwortung, die ein Individuum für sich übernehmen kann oder sollte.
Das ist eben keine Spielart, zumindest keine des Liberalismus. Das Umgekehrte könnte man mit einiger Berechtigung definieren, beispielsweise einen Liberalkonservativen. Oder einen Liberalkommunisten. Beides nicht völlig undenkbar, wenn auch teilweise ein bischen schizophren. Wer allerdings Freiheit für das höchste Gut des Menschen hält, der wird Vorbehalte gegenüber dem Grad der Verantwortung eines mündigen Menschen haben können. Es gibt nicht ein bischen liberal.
siehe bitte auch oben.
Zitat Prinzipiell darf jeder Mensch sein, wie er will. Das Problem an den Bindestrichen ist, dass da eine Mogelpackung entsteht. Und das schadet der Idee des Liberalismus ganz massiv. Wenn Menschen wie Baum oder Hamm-Brücher, die ja jahrelang für das "sozial-liberale" über den Klee gelobt wurden, als Liberale identifiziert werden, dann darf man sich nicht wundern, wenn keiner versteht, dass es um Freiheit geht und nicht darum ein besserer oder intelektuellerer Sozialdemokrat zu sein.
Ja, es geht um Freiheit - und darum, wie man diese verteidigt, wenn sie bedroht wird. Ein vollkommen freier, ungeregelter Markt ist eben leider auch der Untergang des Marktes, da sich in einem ungeregelten Markt Kartelle bilden werden, und der Markt dann nicht mehr funktioniert. Das Funktionieren des (nicht mehr ganz so) freien Marktes im Sinne des Ordoliberalismus ist dadurch eben kein tatsächlicher Verlust an Freiheit, da der Markt zwar jetzt Regeln kennt, aber zumindest das freie Spiel innerhalb dieser Regeln funktioniert.
Zitat Davon ab muss einem doch die Absurdität ins Auge springen. Sozial und liberal sind ad hoc Gegensätze. Gesellschaftlich und individuell ? Ja, was denn nu ? Nahezu alle Ideen die mit sozialer Gesetzgebung zusammenhängen sind Widersprüche zur Freiheit des Einzelnen.
Sorry dass ich das jetzt mal etwas böswillig kommentiere (um die Absurdität ins Auge springen zu lassen): alle Gesetze, ja selbst die Basics sind Widersprüche zur Freiheit des Einzelnen; theoretisch sind sogar bestimmte Freiheitsrechte eine Einengung des Einzelnen. Daher müsste ja ein "Liberaler" die Abschaffung all dieser Sachen fordern - mit Ausnahme des "Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt". Dann sind wir aber ganz schnell bei den von Rayson erwähnten Splittergruppen Anarchokapitalisten und schlimmerem. Und wie soll eine solche Sache funktionieren?
So, zurück: Ja, lieber Llarian, es sind Gegensätze, wenn man sie so darstellt. Gemeint ist da aber wohl etwas anderes. Da "linksliberal" seit '68 eigentlich vollkommen wirr für sozialistische Splittergruppen, die nicht mit Gulags regieren wollen (bösartig gesagt), verwendet wird, haben wohl einige Leute eine neue Bezeichnung gesucht.
Im Übrigen haben auch einige Ikonen des Liberalismus sich für eine soziale Komponente in der Gesetzgebung ausgesprochen, die des Sozialismus dann doch völlig unverdächtig sind. Ich denke da nur an das Grundeinkommen oder die negative Einkommenssteuer.
Es ist eben alles auch eine Frage der Definition und des Blickwinkels.
Ich gebe Ihnen (und Rayson und auch TF) ja vollkommen recht, dass nicht alles, was sich heute liberal schimpft, auch liberal ist. Ich halte aber die Verallgemeinerung, dass nur eine ganz bestimmte kleine (elitäre?) Gruppe überhaupt nur liberal ist, für genauso falsch.
Zitat von adder im Beitrag #55Sorry dass ich das jetzt mal etwas böswillig kommentiere (um die Absurdität ins Auge springen zu lassen): alle Gesetze, ja selbst die Basics sind Widersprüche zur Freiheit des Einzelnen; theoretisch sind sogar bestimmte Freiheitsrechte eine Einengung des Einzelnen. Daher müsste ja ein "Liberaler" die Abschaffung all dieser Sachen fordern - mit Ausnahme des "Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt". Dann sind wir aber ganz schnell bei den von Rayson erwähnten Splittergruppen Anarchokapitalisten und schlimmerem. Und wie soll eine solche Sache funktionieren?
Ich halte Anarchie ja für eine wunderbare Idee, es gibt da nur ein kleines Problem (ok, eigentlich mehr, aber der Rest erübrigt sich hier): Wenn es keine Gesetze mehr gibt, dann gibt es auch keine Gesetze mehr, die andere daran hindern, einem ihre Vorstellungen aufzuzwingen. Wenn man sich jetzt die Wahlergebnisse für Grüne, Linke und SPD ansieht, dann scheint schonmal wenigstens die Hälfte der Bürger einen gehörigen Hang dazu zu haben, anderen ihre Freiheiten wegnehmen zu wollen. Bei CDU und FDP kommt nochmal ein ordentliche Menge dazu. Irgendwie bezweifle ich, dass es da lange bei Anarchie bleiben würde. Was macht man dann also? Man braucht einen Weg, die anderen zu zwingen, einem seine Freiheiten zu lassen.
Kurz gesagt, aus einem gewissen Blickwinkel kann man einen Liberalen als einen Anarchisten sehen, der um seine eigene Freiheit zu erhalten eine kleine Menge davon an den Staat abtritt, auf dass der die anderen davon abhalte, ihm mehr von seiner Freiheit zu nehmen. In dem einen Punkt sind Liberale also illiberal - dem, anderen die Freiheit zuzugestehen, einem die Freiheit zu nehmen.
Zitat von Rayson im Beitrag #48Wann immer vor "liberal" noch ein anderes Wort auftaucht, kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, es nicht mit liberalen Inhalten zu tun zu haben.
Ich gebe Dir recht für die heute häufigen Verwendungen wie "sozial-", "bürgerrechts-" oder "wirtschafts-". Es kann solche Vorsätze aber auch für ganz sinnvolle Unterscheidungen von Positionen innerhalb des liberalen Spektrums geben.
Zitat Der "Nationalliberale" hat Probleme zu erklären, warum dem Individuum jetzt plötzlich eine Nation übergeordnet sein soll - das war historisch mal vereinbar, heute aber nicht mehr.
Der klassische Nationalliberale hätte diese Erklärungsprobleme m. E. nicht gehabt. Der war eigentlich nur ein Liberaler, der in einer bestimmten Einzelfrage (Einigung Deutschlands) noch eine zusätzliche Priorität hatte. Als diese Einzelfrage entschieden war, war die Bezeichnung nur noch Konvention. M. W. unterschieden sich die "Nationalliberalen" von anderen liberalen Richtungen in diversen aktuellen Einzelfragen - aber nicht unbedingt im Verhältnis zur Nation. Heute kann es eigentlich gar keinen "Nationalliberalismus" mehr geben. Spätestens mit der Wiedervereinigung und der entscheidenden Rolle der FDP bei der Hauptstadtabstimmung pro Berlin ist dieses Thema politisch erledigt.
Zitat Daher ist es auch nicht erstaunlich, dass "Sozialliberale" sich in der Praxis von Sozialdemokraten vor allem bis zur Kenntlichkeit unterscheiden.
Zitat von adder im Beitrag #55Die CDU/CSU ist heute deutlich sozialdemokratischer als die SPD.
Richtig.
Zitat Die FDP ist heute wieder da angekommen, wo sie 1982 weg ist.
Überhaupt nicht. Die FDP des Jahres 1982 war so staatsgläubig und links, das ist heute kaum noch nachvollziehbar. Leute wie Lindner, die heute den liberalen Puristen als schlimme Sozialdemokraten gelten, hätte damals als libertäre Extremisten gegolten (wobei man eigentlich nicht mal eine solche Bezeichnung für sie gehabt hätte).
Nur mal zur Erinnerung: - Die Idee, daß Staatsschulden etwas grundsätzlich Problematisches sind, ist erst durch Westerwelle und die Julis in jahrelangen Kämpfen durchgesetzt worden. In der FDP von 1982 galt das noch als abstruse Idee, da galten kreditfinanzierte "Investitionen" als modern und seriös. - Ein Graf Lambsdorff würde in einigen Aspekten auch heute noch als liberal durchgehen - aber vielen Punkten war er viel "linker" als die heutige FDP. Als er nach 1990 durch den Ostblock reiste um mit diversen liberalen Neugründungen sprach, beklagten sich diese hinterher, die FDP hätte ihnen einen Kommunisten geschickt ;-) - Die zusätzliche Zulassung einiger privater Sender war zwar damals im wesentlichen eine FDP-Idee. Aber immer nur als Ergänzung zu den Staatssendern, eine Privatisierung von ARD/ZDF bzw. eine Abschaffung der GEZ war völlig indiskutabel.
Zitat von adder im Beitrag #55Wenn Ordo-Liberale (sorry für diese Schreibweise) jetzt dann doch nicht ganz so böse sind, warum müssen dann alle Bindestrich-Liberalismen böse sein? Paläo-Liberale, Ordoliberale, echte Neoliberale... sind doch alle auf dem Grundsatz dieses Menschenbildes, wenn auch Ordoliberale ein kleines Problem mit der Übernahme der vollen Verantwortung durch eine Gruppe von Individuen haben.
Die Gleichsetzung von "nicht" bzw. "weniger liberal" mit "böse" ist dein Werk, nicht meins. Ich hatte mich ja im Gegenteil respektvoll gegenüber der Sozialdemokratie geäußert. Und tatsächlich ist mein Kriterium das Menschenbild, das hinter der jeweils präferierten Politik steht. Natürlich ist der Bruch mit einem echten liberalen Menschenbild nicht trennscharf zu identifizieren, aber man kann für viele der Bindestrich-Liberalismen eben feststellen, dass sie diese Grenze eindeutig überschritten haben.
Zitat von adder im Beitrag #55Sind also Ordoliberale weniger liberal?
Wenn man so will, ja. Weil sie mehr Freiheiten einzuschränken bereit sind. Aber da geht es um Korrekturen am Rahmen einer staatlichen Ordnung, nicht um eine andere Einstellung, was das grundsätzliche Verhältnis von Staat und Einzelnem betrifft. Im Gegenteil, der Markt als Entdeckungsverfahren vieler voneinander unabhängiger Individuen wird durch das Hochhalten des Wettbewerbsprinzips explizit gewürdigt. Auch wenn ihre Einstellung gegenüber Monopolen heutzutage etwas zu statisch erscheint.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Rayson im Beitrag #59Natürlich ist der Bruch mit einem echten liberalen Menschenbild nicht trennscharf zu identifizieren, aber man kann für viele der Bindestrich-Liberalismen eben feststellen, dass sie diese Grenze eindeutig überschritten haben.
Vermutlich liegt der Grund für die Existenz der vielen Bindestrich-Liberalen in der Ansicht, liberal ist, ein eigenes Menschenbild zu besitzen. Eines, welches abweichend, bspw. vom klassischen Liberalismus, irgendeine Bezeichnung sucht - zumal wenn es Gleichgesinnte findet. Sich als Etwas selbst zu bezeichnen, bedeutet ja auch, nicht davon abweichen zu können. Da ansonsten die Gültigkeit in Frage gestellt wird. Es stellt sich mir die Frage, ob es meiner Freiheit nicht dienlicher ist, auf eine Klassifizierung als Liberalen zu verzichten, um ein Menschenbild vertreten zu können welches meiner Meinung entspricht und nicht der einer politischen oder philosophischen Denkrichtung. Sollte es Überschneidungen geben, die auch gewollt sein können, sollen andere diese einordnen. Und um dies tun zu können, braucht es wohl gerade für individualistisch denkende Menschen eine ganze Menge Schubladen. Da reicht das bisherige Angebot an Bindestrich-Vorsilben gar nicht aus. Ich hätte wirklich kein Problem damit, in einer Diskussion hören zu müssen, dass das von mir Gesagte nicht liberal im Sinne von ... wäre. Ich lege da gar keinen Wert drauf. Und ich frage mich immer wieder, worin der Nutzen in einer selbstgewählten Zugehörigkeit zu einer bestimmten Denkrichtung liegt, wenn sie doch eigentlich nur das eigene Denken einrahmt. Dem eigenen Denken einen Namen zu geben, hat so etwas Begrenzendes, Einengendes, fast schon Illiberales.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #60Vermutlich liegt der Grund für die Existenz der vielen Bindestrich-Liberalen in der Ansicht, liberal ist, ein eigenes Menschenbild zu besitzen.
Das scheint mir unwahrscheinlich. Denn damit wird das Motiv für die Bezeichnung bei den Bindestrich-Liberalen selber verortet. Ich habe aber eher den Eindruck, daß fast alle Bindestrich-Kombinationen erst einmal Fremdbezeichnungen von Nicht-Lberalen waren. "Nationalliberal" war eine Selbstbezeichnung, aber in einem ganz anderen historischen Kontext (siehe mein Beitrag von gestern), und "sozialliberal" war wohl anfangs auch eine Selbstbezeichnung des linken FDP-Flügels.
Aber "bürgerrechtsliberal" ist m. E. eine linke Erfindung, um sich ein Stück des Hochwertbegriffs Liberalismus anzueignen, während "wirtschaftsliberal" von denselben linken Kräften als Gegensatz zu "bürgerrechtsliberal" und Feindbild erfunden wurde. Kein Liberaler hat sich m. W. ursprünglich selber als "wirtschaftsliberal" bezeichnet.
Zitat von adder im Beitrag #51Dann haben wir aber ein Problem, bei Wegfall aller "Bindestrich-Liberalismen" überhaupt noch etwas zu finden. Es sei denn natürlich, man definiert (frech?) einfach Libertarismus als letzten echten Liberalismus.
Das Problem stellt sich so nicht. Der klassische Liberalismus, der genau dieses Menschenbild umschreibt, ist wesentlich älter als jede Form des "Libertarismus". Und selbst da, wo Ordoliberale dem Staat zusätzliche Verantwortung übertrugen, haben sie die Grundlagen dieses Menschenbilds nicht verlassen - erst spätere Pervertierungen des Begriffs "Soziale Marktwirtschaft" leisteten dies. Überhaupt muss man den Begriff "Libertarismus" als rein defensive Maßnahme von Liberalen verstehen, welche die ursprüngliche Bedeutung ihrer politischen Ausrichtung plötzlich umgedeutet sahen und daher eines neuen Sammelbegriffs bedurften.
Tja, aber da widersprechen Sie sich doch. Wenn Ordo-Liberale (sorry für diese Schreibweise) jetzt dann doch nicht ganz so böse sind, warum müssen dann alle Bindestrich-Liberalismen böse sein? Paläo-Liberale, Ordoliberale, echte Neoliberale... sind doch alle auf dem Grundsatz dieses Menschenbildes, wenn auch Ordoliberale ein kleines Problem mit der Übernahme der vollen Verantwortung durch eine Gruppe von Individuen haben.
Das Ajektiv "liberal" ist heutzutage unscharf und verwässert und unterliegt daher einer gewissen Beliebigkeit. Um mich auf den Liberalismus im eigentlichen Sinne zu berufen, verwende ich daher die Begriffe ordo- und neoliberal in bewusster Abgrenzung zu den sogenannten Bindestrich-Liberalismen.
Zitat Amerikanische "Libertarians" sind nichts anderes als deutsche Liberale. Richtig ideologisch abdriftig wird es erst mit Rothbard- oder Hoppe-Jüngern, aber dann reden wir über Ancaps und Ähnliches.
Wirklich? Also meine US-Bekannten erzählen mir immer wieder, dass wir hier in Europa alles socialists seien, da selbst unsere Konservativen so furchtbar links seien... Aber nun gut, ich habe damit kein Problem.
In den USA fand in der Tat eine feindliche Übernahme des Labels "liberal" durch die dort heuzutage so genannten "Liberals" statt.
Die europäischen Konservativen sind nicht unbedingt "links" verortet, aber durchaus stark etatistisch veranlagt und stehen den Sozialisten in vielen Fragen näher als den Liberalen.
Zitat von adder im Beitrag #55 siehe bitte auch oben.
Zunächst, lieber adder, wäre ich Ihnen recht verbunden, wenn Sie auf einen Beitrag von mir auch an mich antworten. Ich habe ihre Antwort zunächst schlicht übersehen, weil Sie Rayson zitieren. Zum thematischen finde ich ihre Argumentation "oben" nicht schlüssig. Ordoliberalismus oder Neoliberlismus sind keine Bindestrichliberalismen. Was ist denn jemand der ordo ist ? Was ist jemand er neo ist ? Gar nichts. Aber jemand der sich als sozialliberal oder nationalliberal bezeichnet, der drückt damit etwas ganz anderes aus. Der drückt nämlich Positionen die eigentlich gegensätzlich sind in einem Wort aus. Ordo- steht aber genausowenig wie Neo- (oder Manchester-, um einen dritten zu nehmen) für irgendetwas gegensätzliches.
Zitat Das Funktionieren des (nicht mehr ganz so) freien Marktes im Sinne des Ordoliberalismus ist dadurch eben kein tatsächlicher Verlust an Freiheit, da der Markt zwar jetzt Regeln kennt, aber zumindest das freie Spiel innerhalb dieser Regeln funktioniert.
Es braucht nicht den Begriff des Ordoliberalismus um einen Staat und Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen zu definieren. Schon Mises war Anhänger des Nachtwächterstaates und keiner, selbst die Libertären, käme auf die Idee Mises die Liberalität abzusprechen.
Zitat Sorry dass ich das jetzt mal etwas böswillig kommentiere (um die Absurdität ins Auge springen zu lassen): alle Gesetze, ja selbst die Basics sind Widersprüche zur Freiheit des Einzelnen; theoretisch sind sogar bestimmte Freiheitsrechte eine Einengung des Einzelnen. Daher müsste ja ein "Liberaler" die Abschaffung all dieser Sachen fordern - mit Ausnahme des "Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt". Dann sind wir aber ganz schnell bei den von Rayson erwähnten Splittergruppen Anarchokapitalisten und schlimmerem. Und wie soll eine solche Sache funktionieren?
Ob böswillig oder gutwillig, es ist falsch. Ein Gesetz, dass mich dazu zwingt meinen Gegenüber nicht umzubringen steht nicht im Gegensatz zu meiner Freiheit, zumindest nicht dem liberalen Verständnis von Freiheit. Mag sein, dass ein Anarchist das anders sieht, aber wir sprechen ja über Liberalismus. Und da steht halt tatsächlich, dass die Freiheit nur so weit geht, wie sie die Freiheit des anderen nicht einschränkt. Dafür brauche ich keinen Bindestrich.
Zitat Im Übrigen haben auch einige Ikonen des Liberalismus sich für eine soziale Komponente in der Gesetzgebung ausgesprochen, die des Sozialismus dann doch völlig unverdächtig sind.
Da muss ich an einen Text von den toten Hosen denken: Wer so deutsch wie der Sascha ist, der ist sonst gar nichts mehr. Und analog dazu wohl, wer so liberal ist, der ist sonst gar nichts mehr. Das ist aber auch falsch. Ein Mensch muss nicht sein Ideal aufgeben um andere Werte zu haben. Es ist doch vollkommen legitim einerseits gesehen die Freiheit des Einzelnen hochzuhalten und dennoch, aus persönlichem Werteverständnis heraus, zu meinen, dass niemand verhungern sollte. Die Frage, die sich dem Liberalen stellt ist nicht, welche Werte er für richtig hält, sondern welche Werte er anderen aufzwingen will. Ich persönlich lege aus meinem christlichen Menschenbild heraus, Wert darauf, dass niemand verhungert. Aber ich erwarte nicht, dass sie das selbe tun. Und das ist ein fundamentaler Punkt: Ich halte eine Menge Dinge für richtig, die absolut gar nichts damit zu tun haben, ob ich liberal bin oder nicht. Deswegen zwinge ich sie aber keinem auf oder zwinge einen anderen meine Vorstellungen zu finanzieren. Mein Ideal ist nicht, dass ich morgen niemandem mehr etwas abgebe, der weniger hat als ich. Mein Ideal ist, dass man dazu niemanden zwingt.
Zitat Ich denke da nur an das Grundeinkommen oder die negative Einkommenssteuer.
Das sind beides keine liberalen Konzepte. Wenn überhaupt sind es Notnägel aus der Erkenntnis heraus, dass wir in einer nichtliberalen Gesellschaft leben und man dann wenigstens versucht die Kosten zu minimieren.
Zitat Ich gebe Ihnen (und Rayson und auch TF) ja vollkommen recht, dass nicht alles, was sich heute liberal schimpft, auch liberal ist. Ich halte aber die Verallgemeinerung, dass nur eine ganz bestimmte kleine (elitäre?) Gruppe überhaupt nur liberal ist, für genauso falsch.
Es ist aber so. Und das ist tatsächlich eine Frage von Definitionen. Liberale leben mit dem "Problem", dass der Begriff Liberalismus sehr positiv gesetzt ist und deswegen ganz gerne gekapert wird. Das Problem daran ist, dass dadurch die Botschaft nicht mehr transportiert werden kann. Meinetwegen könnten wir auch einen ganz anderen Begriff finden. Aber es soll sich nicht jeder so nennen, sondern nur der, der das Ideal auch erfüllen will. Das Problem ist, dass durch die ganzen sich als liberal bezeichnenden Menschen, insbesondere Bindestrichliberale, eine solche Beliebigkeit in den Begriff kommt, dass man niemandem mehr erklären kann, was die Idee und das Ideal ist.
Mit elitär hat das nebenbei gesprochen, so nun überhaupt nichts zu tun. Ich würde sagen Liberalismus ist eine politische Idee die dem Gedanken einer Elite diametral entgegensteht. Ganz im Unterschied zu seinen kollektiven Gegenbildern.
Zitat von adder im Beitrag #55 siehe bitte auch oben.
Zunächst, lieber adder, wäre ich Ihnen recht verbunden, wenn Sie auf einen Beitrag von mir auch an mich antworten. Ich habe ihre Antwort zunächst schlicht übersehen, weil Sie Rayson zitieren.
Das tut mir leid, hat aber seinen Grund darin gehabt, dass ich Ihnen beiden antworten wollte.
Zitat Zum thematischen finde ich ihre Argumentation "oben" nicht schlüssig. Ordoliberalismus oder Neoliberlismus sind keine Bindestrichliberalismen. Was ist denn jemand der ordo ist ? Was ist jemand er neo ist ? Gar nichts. Aber jemand der sich als sozialliberal oder nationalliberal bezeichnet, der drückt damit etwas ganz anderes aus. Der drückt nämlich Positionen die eigentlich gegensätzlich sind in einem Wort aus. Ordo- steht aber genausowenig wie Neo- (oder Manchester-, um einen dritten zu nehmen) für irgendetwas gegensätzliches.
Nun, ich werde nicht sagen, dass das falsch sei - allerdings sehe ich das doch anders.
Zitat Es braucht nicht den Begriff des Ordoliberalismus um einen Staat und Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen zu definieren. Schon Mises war Anhänger des Nachtwächterstaates und keiner, selbst die Libertären, käme auf die Idee Mises die Liberalität abzusprechen.
Genau das meinte ich (weiter unten in meiner argumentation mit den "ikonen des liberalismus").
Zitat Ob böswillig oder gutwillig, es ist falsch. Ein Gesetz, dass mich dazu zwingt meinen Gegenüber nicht umzubringen steht nicht im Gegensatz zu meiner Freiheit, zumindest nicht dem liberalen Verständnis von Freiheit. Mag sein, dass ein Anarchist das anders sieht, aber wir sprechen ja über Liberalismus. Und da steht halt tatsächlich, dass die Freiheit nur so weit geht, wie sie die Freiheit des anderen nicht einschränkt. Dafür brauche ich keinen Bindestrich.
Ja, "meine Freiheit endet dort, wo die Nase des anderen beginnt"...
Zitat Ein Mensch muss nicht sein Ideal aufgeben um andere Werte zu haben. Es ist doch vollkommen legitim einerseits gesehen die Freiheit des Einzelnen hochzuhalten und dennoch, aus persönlichem Werteverständnis heraus, zu meinen, dass niemand verhungern sollte. Die Frage, die sich dem Liberalen stellt ist nicht, welche Werte er für richtig hält, sondern welche Werte er anderen aufzwingen will. Ich persönlich lege aus meinem christlichen Menschenbild heraus, Wert darauf, dass niemand verhungert. Aber ich erwarte nicht, dass sie das selbe tun. Und das ist ein fundamentaler Punkt: Ich halte eine Menge Dinge für richtig, die absolut gar nichts damit zu tun haben, ob ich liberal bin oder nicht. Deswegen zwinge ich sie aber keinem auf oder zwinge einen anderen meine Vorstellungen zu finanzieren. Mein Ideal ist nicht, dass ich morgen niemandem mehr etwas abgebe, der weniger hat als ich. Mein Ideal ist, dass man dazu niemanden zwingt.
gut, und warum kann jetzt jemand nicht nur christlich motiviert freiwillig soziale Dinge tun? Ich konstruiere, zugegeben, aber: ein sozial-liberaler Mensch kann ja durchaus auch auf freiwillige soziale Leistungen setzen, um die ärmeren "ruhig zu stellen" (damit sie nicht hingehen und seine Freiheit beschränken). Normalerweise, zugegeben, wird auch derjenige, der heute als sozial-liberal bezeichnet wird, eher Zwang fordern - das heißt aber nur, dass das Label nicht auf die richtigen Leute angewendet wird. Eventuell sollte man das ändern.
Zitat
Zitat Ich denke da nur an das Grundeinkommen oder die negative Einkommenssteuer.
Das sind beides keine liberalen Konzepte. Wenn überhaupt sind es Notnägel aus der Erkenntnis heraus, dass wir in einer nichtliberalen Gesellschaft leben und man dann wenigstens versucht die Kosten zu minimieren.
Beides wurde aber am Anfang vor allem von Liberalen propagiert. Das hier und heute vor allem Piraten und Linke so etwas andenken, heißt nicht, dass die Konzepte falsch wären oder il-liberal sind. Natürlich sind es keine ideologisch reinen Konzepte, aber ich erkenne dabei auch eine durchaus freiheitliche Grundlinie: wenn ich jedem Bürger eine ausreichende Menge Geld für den minimalsten Lebensunterhalt (ohne jeglichen Luxus) gebe, zerstöre ich die komplette Sozial-Industrie und gebe gleichzeitig vielen Leuten die Möglichkeit, ihr Leben dann doch mal selbstbestimmt leben zu können (ohne dass die Sozialindustrie sie bevormundet)
Zitat Es ist aber so. Und das ist tatsächlich eine Frage von Definitionen. Liberale leben mit dem "Problem", dass der Begriff Liberalismus sehr positiv gesetzt ist und deswegen ganz gerne gekapert wird. Das Problem daran ist, dass dadurch die Botschaft nicht mehr transportiert werden kann. Meinetwegen könnten wir auch einen ganz anderen Begriff finden. Aber es soll sich nicht jeder so nennen, sondern nur der, der das Ideal auch erfüllen will. Das Problem ist, dass durch die ganzen sich als liberal bezeichnenden Menschen, insbesondere Bindestrichliberale, eine solche Beliebigkeit in den Begriff kommt, dass man niemandem mehr erklären kann, was die Idee und das Ideal ist.
Ob das nun so ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Allerdings stimme ich durchaus dem zu.
Zitat Mit elitär hat das nebenbei gesprochen, so nun überhaupt nichts zu tun. Ich würde sagen Liberalismus ist eine politische Idee die dem Gedanken einer Elite diametral entgegensteht. Ganz im Unterschied zu seinen kollektiven Gegenbildern.
Ja, das sehe ich auch so. Die Diskussion hat sich aber gänzlich anders angefühlt, insbesondere der Versuch der Ausgrenzung.
Zitat von Llarian im Beitrag #63Es ist aber so. Und das ist tatsächlich eine Frage von Definitionen. Liberale leben mit dem "Problem", dass der Begriff Liberalismus sehr positiv gesetzt ist und deswegen ganz gerne gekapert wird. Das Problem daran ist, dass dadurch die Botschaft nicht mehr transportiert werden kann. Meinetwegen könnten wir auch einen ganz anderen Begriff finden. Aber es soll sich nicht jeder so nennen, sondern nur der, der das Ideal auch erfüllen will. Das Problem ist, dass durch die ganzen sich als liberal bezeichnenden Menschen, insbesondere Bindestrichliberale, eine solche Beliebigkeit in den Begriff kommt, dass man niemandem mehr erklären kann, was die Idee und das Ideal ist.
Mit elitär hat das nebenbei gesprochen, so nun überhaupt nichts zu tun. Ich würde sagen Liberalismus ist eine politische Idee die dem Gedanken einer Elite diametral entgegensteht. Ganz im Unterschied zu seinen kollektiven Gegenbildern.
Es schon erstaunlich (und auch ein bisschen traurig), wie wenig sich doch ändert. Zwei kollektivistische Staaten später, der dritte gerade am Aufblähen - und dennoch schlägt sich der gemeine Liberale seit eh und jeh mit dem selben Problem herum: Der Wohlklang des Wortes Freiheit, welcher noch die größten Menschenschlächter anzieht, wie das abendliche Licht die Motten.
Zitat von Ludwig von Mises, Liberalismus, Jena 1927 [...]Es würde nur Verwirrung stiften, wenn man dem neuen Brauche folgen wollte, der auch Schutzzöllnern, Sozialisten und Kriegshetzern gestattet, sich liberal zu nennen, wenn es ihnen gerade paßt. Eher könnte die Frage auftauchen, ob man nicht im Interesse der leichteren Propagierung liberaler Ideen der liberalen Ideologie einen neuen Namen beilegen soll, damit ihr nicht das allgemeine Vorurteil, das besonders in Deutschland gegen den Liberalismus großgezogen wurde, hindernd in den Weg trete. [...] Man darf den Weg zum liberalen Denken niemand leichter machen, denn nicht darauf kommt es an, daß die Menschen sich zum Liberalismus bekennen, sondern darauf, daß sie liberal werden und daß sie liberal denken und handeln.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #60Vermutlich liegt der Grund für die Existenz der vielen Bindestrich-Liberalen in der Ansicht, liberal ist, ein eigenes Menschenbild zu besitzen.
Das scheint mir unwahrscheinlich. Denn damit wird das Motiv für die Bezeichnung bei den Bindestrich-Liberalen selber verortet. Ich habe aber eher den Eindruck, daß fast alle Bindestrich-Kombinationen erst einmal Fremdbezeichnungen von Nicht-Lberalen waren. "Nationalliberal" war eine Selbstbezeichnung, aber in einem ganz anderen historischen Kontext (siehe mein Beitrag von gestern), und "sozialliberal" war wohl anfangs auch eine Selbstbezeichnung des linken FDP-Flügels.
Das Motiv ist es ja gerade welches mich zu meiner These führt. Die Abspaltung der Nationalliberalen Partei von der Deutschen Fortschrittspartei 1867 war der erste Bindestrichliberalismus. Und er war eine Abkehr vom klassischen Liberalismus. Gerade aus historischer Sicht wird hier deutlich wohin sich der deutsche Liberalismus entwickelte. Man kann auch sagen, der Nationalliberalismus schuf die Basis für den Sozialiberalismus des Sozialstaats der die FDP kennzeichnet. Friedrich Naumann steht dafür noch heute in der FDP.
Zitat von adder im Beitrag #64Beides wurde aber am Anfang vor allem von Liberalen propagiert. Das hier und heute vor allem Piraten und Linke so etwas andenken, heißt nicht, dass die Konzepte falsch wären oder il-liberal sind. Natürlich sind es keine ideologisch reinen Konzepte, aber ich erkenne dabei auch eine durchaus freiheitliche Grundlinie: wenn ich jedem Bürger eine ausreichende Menge Geld für den minimalsten Lebensunterhalt (ohne jeglichen Luxus) gebe, zerstöre ich die komplette Sozial-Industrie und gebe gleichzeitig vielen Leuten die Möglichkeit, ihr Leben dann doch mal selbstbestimmt leben zu können (ohne dass die Sozialindustrie sie bevormundet)
Das wirkliche Leben sieht anders aus. ALG2 sichert zweifellos minimalen Lebensunterhalt, hat aber mitnichten zur Zerstörung der "Sozial-Industrie" geführt. Geld mit der Gießkanne zu verteilen, das man ja jemandem wegnehmen muss, ist absolut nicht liberal, leistungsfeindlich und ein starker Anreiz, auf Kosten anderer zu leben.
Zitat von Llarian im Beitrag #63Es ist aber so. Und das ist tatsächlich eine Frage von Definitionen. Liberale leben mit dem "Problem", dass der Begriff Liberalismus sehr positiv gesetzt ist und deswegen ganz gerne gekapert wird. Das Problem daran ist, dass dadurch die Botschaft nicht mehr transportiert werden kann. Meinetwegen könnten wir auch einen ganz anderen Begriff finden. Aber es soll sich nicht jeder so nennen, sondern nur der, der das Ideal auch erfüllen will. Das Problem ist, dass durch die ganzen sich als liberal bezeichnenden Menschen, insbesondere Bindestrichliberale, eine solche Beliebigkeit in den Begriff kommt, dass man niemandem mehr erklären kann, was die Idee und das Ideal ist.
Ob das nun so ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Allerdings stimme ich durchaus dem zu.
Ich denke, Liberale (eine verschwindende Minderheit) kann man bei aller Verschiedenheit doch recht sauber von Nichtliberalen abgrenzen. Für Liberale ist Nichtreglementierung die Regel und Reglementierung als gelegentlich notwendiges Übel die Ausnahme. Pseudoliberale dagegen wollen einem ständig erklären, warum der Staat unbedingt eingreifen müsse und dies liberal sei. Die große Mehrheit ordnet sich überhaupt nicht ideologisch ein.
Zitat von adder im Beitrag #64Beides wurde aber am Anfang vor allem von Liberalen propagiert. Das hier und heute vor allem Piraten und Linke so etwas andenken, heißt nicht, dass die Konzepte falsch wären oder il-liberal sind. Natürlich sind es keine ideologisch reinen Konzepte, aber ich erkenne dabei auch eine durchaus freiheitliche Grundlinie: wenn ich jedem Bürger eine ausreichende Menge Geld für den minimalsten Lebensunterhalt (ohne jeglichen Luxus) gebe, zerstöre ich die komplette Sozial-Industrie und gebe gleichzeitig vielen Leuten die Möglichkeit, ihr Leben dann doch mal selbstbestimmt leben zu können (ohne dass die Sozialindustrie sie bevormundet)
Das wirkliche Leben sieht anders aus. ALG2 sichert zweifellos minimalen Lebensunterhalt, hat aber mitnichten zur Zerstörung der "Sozial-Industrie" geführt. Geld mit der Gießkanne zu verteilen, das man ja jemandem wegnehmen muss, ist absolut nicht liberal, leistungsfeindlich und ein starker Anreiz, auf Kosten anderer zu leben.
ALG2 kann aber gar nicht der Sozialindustrie gefährlich werden, da es ja nicht bedingungslos ist und eine sehr große Bürokratie erfordert. Ein BGE hingegen, dass z.B. über die Steuererklärung abgerechnet werden kann, erfordert die ganze Sozialbürokratie nicht. Eine negative Einkommenssteuer übrigens auch nicht.
Zitat Ich denke, Liberale (eine verschwindende Minderheit) kann man bei aller Verschiedenheit doch recht sauber von Nichtliberalen abgrenzen. Für Liberale ist Nichtreglementierung die Regel und Reglementierung als gelegentlich notwendiges Übel die Ausnahme. Pseudoliberale dagegen wollen einem ständig erklären, warum der Staat unbedingt eingreifen müsse und dies liberal sei. Die große Mehrheit ordnet sich überhaupt nicht ideologisch ein.
Dann kenne ich aber verschwindend wenige Pseudoliberale. Die große Masse derjenigen, die ständig nach dem Eingriff des Staates schreien, verortet sich korrekt bei Konservativen, Sozialdemokraten und den verschiedenen Sozialisten. Das es bestimmte Bereiche gibt, in denen der Staat tatsächlich die Rahmenbedingungen setzen muss, damit nicht ein völliges Versagen erreicht wird, ist hingegen zumindest im Ordoliberalismus anerkannt (bei den Libertären und Anarchokapitalisten nicht - zugegeben).
Zitat Es braucht nicht den Begriff des Ordoliberalismus um einen Staat und Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen zu definieren. Schon Mises war Anhänger des Nachtwächterstaates und keiner, selbst die Libertären, käme auf die Idee Mises die Liberalität abzusprechen.
Genau das meinte ich (weiter unten in meiner argumentation mit den "ikonen des liberalismus").
Aber dazu muss man schon sagen, dass Mises eben, auch wenn er nicht libertär gewesen ist, Stichwort Nachtwächterstaat, mit Sicherheit kein Bindestrichliberaler gewesen ist.
Zitat gut, und warum kann jetzt jemand nicht nur christlich motiviert freiwillig soziale Dinge tun?
Das kann er ja. Die christliche Motivation ist ja nur eine mögliche.
Zitat ein sozial-liberaler Mensch kann ja durchaus auch auf freiwillige soziale Leistungen setzen, um die ärmeren "ruhig zu stellen" (damit sie nicht hingehen und seine Freiheit beschränken). Normalerweise, zugegeben, wird auch derjenige, der heute als sozial-liberal bezeichnet wird, eher Zwang fordern - das heißt aber nur, dass das Label nicht auf die richtigen Leute angewendet wird. Eventuell sollte man das ändern.
Warum sollte der erste Mensch in diesem Beispiel sich sozial-liberal nennen ? Es ist ein liberal denkender Mensch. Der eben auch eine soziale Ader hat, das ist ja nicht ausgeschlossen. Das Problem ist, dass diejenigen, die sich sozialliberal verorten, nahezu ausschließlich der zweiten Gruppe angehören. Sie dominieren den Begriff nicht nur, sie definieren ihn geradezu. Ein liberal denkender Mensch braucht diesen Begriff um sich selbst zu verorten (warum auch ?), derjenige der Zwang ausüben will, aber gleichzeitig Wert auf die Assoziation mit liberal Wert legt, der braucht diesen Begriff.
Zitat Beides wurde aber am Anfang vor allem von Liberalen propagiert. Das hier und heute vor allem Piraten und Linke so etwas andenken, heißt nicht, dass die Konzepte falsch wären oder il-liberal sind.
Doch, genau das sind sie. Aber auch Liberale (und solche die sich nur so nennen) vertreten auch mal illiberale Konzepte. Weil es durchaus so sein kann, dass das kleinere Übel ist. Im Vergleich zum herschenden Sozialmoloch mag ein solches Konzept als kleineres Übel attraktiv sein. Aber man sollte es dennoch auch genau so sehen, liberal wirds dadurch nicht.
Zitat Natürlich sind es keine ideologisch reinen Konzepte, aber ich erkenne dabei auch eine durchaus freiheitliche Grundlinie: wenn ich jedem Bürger eine ausreichende Menge Geld für den minimalsten Lebensunterhalt (ohne jeglichen Luxus) gebe, zerstöre ich die komplette Sozial-Industrie und gebe gleichzeitig vielen Leuten die Möglichkeit, ihr Leben dann doch mal selbstbestimmt leben zu können (ohne dass die Sozialindustrie sie bevormundet)
Ich habe einen etwas anderen Begriff von selbstbestimmtem Leben, wenn ich permanent auf die Hilfe anderer angewiesen bin. Aber sei es drum: Freiheitlich ist es trotzdem nicht. Das Geld muss jemand anderem mit Zwang genommen werden, das kann nie freiheitlich sein. Es ist eine gewaltsame Umverteilung. Man kann die richtig finden (und tatsächlich sehe ich durchaus, warum man das tut, das ist nicht unlogisch), aber deswegen können wir es nicht zum freiheitlichen Prinzip verklären. Vieles von dem, was wir tagtäglich tun, ist nicht liberal. Die wenigsten Menschen sind absolut konsequent. Ich bins auch nicht. Aber ich weiss, wann ich es bin, und wann ich es nicht bin. Zumal ich glaube, dass der Weg nur das halbe Problem beseitigt: Prinzipiell würde ich gerne nichts umverteilen wollen, weder privat noch staatlich. Und zwar nicht nur, weil ich es nicht gerne hergebe, sondern weil es viel besser ist, wenn niemand Umverteilung braucht. Wenn wir alle nicht verhungern (Prise Salz drauf, es gehören auch noch ein paar Menge Dinge zum Leben), dann müssen wir auch nicht umverteilen, anders gesagt, weniger Umverteiung zu benötigen ist gut. Die Sozialindustrie, sprich den Staatsleviathan, trocken zu legen, ist eine gute Sache. Das nimmt den Sand aus dem Getriebe. NUR: Auch dann ist das Problem immernoch da. Es wird weniger benötigt, um umzuverteilen, das ist gut, aber es ist noch etwas umzuverteilen. Das Ziel muss dagegen sein, das keine Umverteilung "benötigt" wird. Das wäre liberal. Weniger ist gut, aber das Ideal will nicht weniger sondern gar nichts.
Zitat Ja, das sehe ich auch so. Die Diskussion hat sich aber gänzlich anders angefühlt, insbesondere der Versuch der Ausgrenzung.
Es ist weniger eine Ausgrenzung als eine Abgrenzung. Ich denke wirklich liberal zu sein ist selten und auch schwer. Ich bemühe mich darum (und es klappt auch nicht immer). Aber ich sehe es eben auch nicht ein, dass sich jeder den Begriff zulegt, wie es ihm passt. Es sind viele Ideen absolut nicht liberal. Dann soll man sie auch nicht dazu verklären.
Zitat von adder im Beitrag #64Beides wurde aber am Anfang vor allem von Liberalen propagiert. Das hier und heute vor allem Piraten und Linke so etwas andenken, heißt nicht, dass die Konzepte falsch wären oder il-liberal sind. Natürlich sind es keine ideologisch reinen Konzepte, aber ich erkenne dabei auch eine durchaus freiheitliche Grundlinie: wenn ich jedem Bürger eine ausreichende Menge Geld für den minimalsten Lebensunterhalt (ohne jeglichen Luxus) gebe, zerstöre ich die komplette Sozial-Industrie und gebe gleichzeitig vielen Leuten die Möglichkeit, ihr Leben dann doch mal selbstbestimmt leben zu können (ohne dass die Sozialindustrie sie bevormundet)
Das wirkliche Leben sieht anders aus. ALG2 sichert zweifellos minimalen Lebensunterhalt, hat aber mitnichten zur Zerstörung der "Sozial-Industrie" geführt. Geld mit der Gießkanne zu verteilen, das man ja jemandem wegnehmen muss, ist absolut nicht liberal, leistungsfeindlich und ein starker Anreiz, auf Kosten anderer zu leben.
ALG2 kann aber gar nicht der Sozialindustrie gefährlich werden, da es ja nicht bedingungslos ist und eine sehr große Bürokratie erfordert. Ein BGE hingegen, dass z.B. über die Steuererklärung abgerechnet werden kann, erfordert die ganze Sozialbürokratie nicht. Eine negative Einkommenssteuer übrigens auch nicht.
Zur Vermeidung von Staatsausgaben für Bürokratie das Geld gleich im ganz großen Stil nach Gießkanmnenprinzip zu verprassen, ist für sich ja schon sinnbefreit. So unbürokratisch wäre es obendrein auch nicht. Die Anziehungskraft auf Ausländer wäre gewaltig, keineswegs nur für die üblichen Verdächtigen, sondern auch für die Bewohner wohlhabender Nachbarländer. Wenn das BGE wirklich bedingungslos ist, kann man es ja niemandem verweigern, der sich in Deutschland aufhält. Und wie kontrolliert man, dass sie für sich und ihre Familienangehörigen nicht bloß einen Scheinwohnsitz in Deutschland haben oder unter verschiedenen Namen mehrfach gemeldet sind? Der besonders hohen Betrugsanfälligkeit wird man sicher nicht ohne Bürokratie Herr werden. Abrechnung über die Steuererklärung geht nicht so einfach, weil die ja erst viel später erstellt wird, wirklich Hilfsbedürftige das Geld aber sofort brauchen. Man kann natürlich monatliche Steuererklärungen einführen, dass wäre aber äußerst bürokratisch. Schließlich kann man es bei vielen Sozialfällen eben nicht mit einer Pauschalzahlung bewenden lassen, weil die Kosten höher sind, man denke an Problemjugendliche oder an mittellose pflegebedürftige Senioren. Teile der Sozialindustrie sind zudem schon jetzt von wirklicher Bedürftigkeit abgekoppelt, man denke an die ganzen Tafeln. Die sind ja zumindest für sich legal in Deutschland aufhaltende Personen überflüssig, weil die im Notfall ALG2, Sozialhilfe oder ähnliche Leistungen kriegen können.
Zitat Ich denke, Liberale (eine verschwindende Minderheit) kann man bei aller Verschiedenheit doch recht sauber von Nichtliberalen abgrenzen. Für Liberale ist Nichtreglementierung die Regel und Reglementierung als gelegentlich notwendiges Übel die Ausnahme. Pseudoliberale dagegen wollen einem ständig erklären, warum der Staat unbedingt eingreifen müsse und dies liberal sei. Die große Mehrheit ordnet sich überhaupt nicht ideologisch ein.
Dann kenne ich aber verschwindend wenige Pseudoliberale. Die große Masse derjenigen, die ständig nach dem Eingriff des Staates schreien, verortet sich korrekt bei Konservativen, Sozialdemokraten und den verschiedenen Sozialisten. Das es bestimmte Bereiche gibt, in denen der Staat tatsächlich die Rahmenbedingungen setzen muss, damit nicht ein völliges Versagen erreicht wird, ist hingegen zumindest im Ordoliberalismus anerkannt (bei den Libertären und Anarchokapitalisten nicht - zugegeben).
SIE sind doch das beste Beispiel. Ihnen fällt auch hier mal wieder nichts anderes sein, als nach Staatseingriffen zu rufen und bestätigen mich ungewollt. Versagen tut der Staat. Nicht der Markt ist das Problem, sondern seine Ausschaltung. Das ist so evident, dass es nur Nichtliberalen entgehen kann, da es ja gerade z. B. bei der Schuldenkrise oder der katastrophalen Energiepolitik besonders augenfällig wird. Aber trotzdem ist es für Sie der Markt und nicht der Staat, der an die Kette gelegt werden muss. Ein Markt kann gar nicht versagen, da er gar kein Ziel hat. Allenfalls kann es passieren, dass ein wirklicher Markt wegen eines natürlichen Monopols nicht existieren kann (z. B. Wasserversorgung) und deshalb staatlicher Handlungsbedarf besteht.
Zitat von adder im Beitrag #68ALG2 kann aber gar nicht der Sozialindustrie gefährlich werden, da es ja nicht bedingungslos ist und eine sehr große Bürokratie erfordert.
Die Bürokratie für die ALG2-Verteilung ist gar nicht so groß. Nur ein Teil der Beschäftigten in den Arbeitsämtern ist damit beschäftigt. Und die Arbeitsämter sind nur ein kleiner Teil der Sozialbürokratie.
Zitat Ein BGE hingegen, dass z.B. über die Steuererklärung abgerechnet werden kann, erfordert die ganze Sozialbürokratie nicht.
Die Sozialbürokratie sieht ihre Existenzberechtigung nicht von solchen Details abhängig. Nach der offiziellen "Armuts"-Definition wären BGE-Bezieher in ähnlicher Weise arm und hilfsbedürftig wie heute die ALG2-Bezieher. Und die Tätigkeit der Sozialindustrie hat auch nur zu einem geringen Teil mit Armut zu tun. Da geht es um Betreuung, Pädagogik, Prävention ... Und ein gutes Teil davon ist selbstverständlich berechtigt, man denke an die Versorgung Behinderter oder die Jugendhilfe.
Ein BGE würde also nur zu einer erheblichen Ausweitung der Staatsquote und der Belastung der Bürger führen - nicht aber zu einer Bürokratiereduktion.
Zitat von R.A. im Beitrag #71 Ein BGE würde also nur zu einer erheblichen Ausweitung der Staatsquote und der Belastung der Bürger führen - nicht aber zu einer Bürokratiereduktion.
Ich möchte zu bedenken geben, dass das BDE noch eine viel verheerendere Folge mit sich schleppen würde: Das Bewusstsein.
Das hat schon damit angefangen als man das Wort Sozialhilfe oder Arbeitslosenhilfe verschwinden lies. Es geht der Character dessen verloren, dass es sich tatsächlich um Hilfe handelt. Und es eine Frage der Moral ist, ob man Hilfe verdient oder nicht.
Das bedingungslose Grundeinkommen betoniert schon vom Wort her die Idee, dass es sich um ein Einkommen handelt, dass einem von Natur aus zusteht, vollkommen abgelöst von der Tatsache, dass andere es verdienen. Ich halte den Ansatz "Ich habe einen Anspruch. Das steht mir zu, weil ich da bin." für ziemlich verheerend in seiner Wirkung. Denn es gibt durchaus nicht wenige Menschen die sehr gut mit diesem "Einkommen" über die Runden kommen und gar keinen Grund sehen, an ihrer Situation etwas zu ändern. Am Tag 8 Stunden Playstation zu spielen, im Web zu surfen und ab und zu zum Amt zu latschen, mag für gar nicht so wenige Menschen irgendwann attraktiver sein, als sich den Mühen eines schlecht bezahlten Hilfsarbeiterjobs auszusetzen. Ich meine das man den Begriff Hilfe nicht abschaffen sollte, denn für Hilfe kann man auch etwas erwarten. Für ein Grundeinkommen kann man gar nichts erwarten, darauf hats einen Anspruch.
Zitat von Llarian im Beitrag #72Das bedingungslose Grundeinkommen betoniert schon vom Wort her die Idee, dass es sich um ein Einkommen handelt, dass einem von Natur aus zusteht, vollkommen abgelöst von der Tatsache, dass andere es verdienen. Ich halte den Ansatz "Ich habe einen Anspruch. Das steht mir zu, weil ich da bin." für ziemlich verheerend in seiner Wirkung. Denn es gibt durchaus nicht wenige Menschen die sehr gut mit diesem "Einkommen" über die Runden kommen und gar keinen Grund sehen, an ihrer Situation etwas zu ändern. Am Tag 8 Stunden Playstation zu spielen, im Web zu surfen und ab und zu zum Amt zu latschen, mag für gar nicht so wenige Menschen irgendwann attraktiver sein, als sich den Mühen eines schlecht bezahlten Hilfsarbeiterjobs auszusetzen. Ich meine das man den Begriff Hilfe nicht abschaffen sollte, denn für Hilfe kann man auch etwas erwarten. Für ein Grundeinkommen kann man gar nichts erwarten, darauf hats einen Anspruch.
Preisfrage: Macht es für diejenigen, die wirklich absolut nicht arbeiten wollen, wirklich einen Unterschied, ob sie sich ab und zu zum Amt bewegen müssen? Ich glaube nicht.
Zitat von Solus im Beitrag #73 Preisfrage: Macht es für diejenigen, die wirklich absolut nicht arbeiten wollen, wirklich einen Unterschied, ob sie sich ab und zu zum Amt bewegen müssen? Ich glaube nicht.
Gegenfrage: Wo steht das im Kontext zum Ausgeführten ?
Zitat von adder im Beitrag #68ALG2 kann aber gar nicht der Sozialindustrie gefährlich werden, da es ja nicht bedingungslos ist und eine sehr große Bürokratie erfordert.
Die Bürokratie für die ALG2-Verteilung ist gar nicht so groß. Nur ein Teil der Beschäftigten in den Arbeitsämtern ist damit beschäftigt. Und die Arbeitsämter sind nur ein kleiner Teil der Sozialbürokratie.
Zitat Ein BGE hingegen, dass z.B. über die Steuererklärung abgerechnet werden kann, erfordert die ganze Sozialbürokratie nicht.
Die Sozialbürokratie sieht ihre Existenzberechtigung nicht von solchen Details abhängig. Nach der offiziellen "Armuts"-Definition wären BGE-Bezieher in ähnlicher Weise arm und hilfsbedürftig wie heute die ALG2-Bezieher. Und die Tätigkeit der Sozialindustrie hat auch nur zu einem geringen Teil mit Armut zu tun. Da geht es um Betreuung, Pädagogik, Prävention ... Und ein gutes Teil davon ist selbstverständlich berechtigt, man denke an die Versorgung Behinderter oder die Jugendhilfe.
Ein BGE würde also nur zu einer erheblichen Ausweitung der Staatsquote und der Belastung der Bürger führen - nicht aber zu einer Bürokratiereduktion.
Hier möchte ich einige Anmerkung einwerfen:
1. Es stimmt, das Formal die Staatsquote steigen würde. Und normalerweise ist "linke-Tasche-rechte-Tasche" ineffizienter und danach würde die Idee eines ausgezahlten Steuerfreibetrages erst einmal klinken. Da das BGE jedoch (weitgehend) bedingungslos wäre, hätten wir hier vielleicht tatsächlich einen Fall, in dem es unter dem Strich weniger Bürokratie bedeuten würde. Für viele wäre es schlicht der bisherige Steuerfreibetrag, bloß als Pauschale am Monatsanfang ausbezahlt, für andere der Ersatz der Sozialleistungen, aber als ein einheitliches System geregelt. Zumindest wäre es nicht mehr Bürokratie. Aus der Staatsquote müsste man also zumindest den Teil zur Vergleichbarkeit mit heute und Ländern ohne BGE rausrechnen, der de-facto nur einen rückerstatteten Steuerfreibetrag darstellt.
2. Es stimmt, dass die Hauptbürokratie gar nicht in der Verwaltung des ALG2 im engeren Sinne liegt. Und da man, um ein BGE finanzierbar zu halten, vermutlich nicht drum herum kommen wird, die Wohnkosten zumindest teilweise aus dem pauschalen BGE auszugliedern und dafür einen Wohnkostenzuschuss einzuführen, der bis zu einer Höchstgrenze einen festen Prozentsatz der nachgewiesenen Miet- und Heizungskosten entspricht, wird ausgerechnet diese Bürokratie wohl auch nicht ganz zu vermeiden sein (irgendwer muss dann eben doch noch eingereichte Belege und Papiere überprüfen und sei es nur die Meldebestätigung, der Mietvertrag und die Heizkostenrechnung, anstatt Pseudobewerbungen hinterher zu rennen).
3. Widerprechen muss ich bei der Aussage, die Sozialbürokratie in Bezug auf Behinderte und die Jugendhilfe sei größtenteils gerechtfertigt. Sie ist zum Teil gerechtfertigt, ob aber auch nur die Hälfte davon gerechtfertigt ist, dass wage ich zu bezweifeln. Ich empfehle hierzu folgendes Buch von Herrn Wüllenweber: http://www.amazon.de/Die-Asozialen-Unter...nd+unterschicht
Anders als der Name des Buches suggeriert, fokusiert er sich gar nicht so sehr auf Kritik an der Unterschicht selber, auch wenn dies ebenfalls stattfindet, er hier mit einigen Mythen aufräumt (beispielsweise Unterschicht alleine über das Einkommen zu definieren, anstatt primär über Verhalten und vor allem Bildung) und er sich damit von Seiten der Sozialindustrie und professionellen Armutsfunktionären bei heutigem medialen Framing leicht angreifbar macht. Das wiegt um so schwerer, als er genau diese Industrie und ihre Nutznieser in Funktionärsposten stark angreift und kritisiert, außerdem deren Framing der Realität in der Außendarstellung und ihren Einfluss auf Politik und Gesellschaft brandmarkt. Da ist es für die Angegriffenen natürlich verlockend, sich hinter der Unterschicht zu verstecken und sich dabei als bloße, mutige Verteidiger eines angefriffenen Dritten (der Unterschicht) darzustellen, der sich mutig vor diesen Dritten stellt.
Vor allem die Mechanismen und Strukturen dahinter werden in seinem Buch erläutert, die so etwas überhaupt erst ermöglichen. In den Jugendhilfeausschüssen sitzen quasi die Auftragnehmer der Jugendhilfe gleichzeitg auf der Auftraggeberseite ohne richtige demokratische Legitimation. Und die Kommune muss zahlen, dazu ist sie bundesgesetzlich verpflichtet und die demokratisch legitimierten kommunalen Räte haben keine Wahl mehr (denen das von der Sozialindustrie abgesaugte Geld dann beispieslweise für andere Bereich fehlt, insbesondere auch Bildung, wobei er Bildungsanstalten explizit nicht zur Sozialindsutrie zählt).
Er erklärt, wie im ebenfalls staatlich dominierten Gesundheitssystem - dessen fehlerhafte Anreize er anerkennt und nicht leugnet, das er aber ebenso für unumgänglich hält, um jedem eine Gesundheitsversorgung zu garantieren und niemandem ohne die notwendige Versorgung darstehen zu lassen (Wüllenweber erscheint mir ziemlich undogmatisch und unideologisch zu sein) - wenigstens noch eine empirisch-wissenschaftliche Begleitung stattfindet. Hier wird im Zweifel, wenn alle Anzeichen darauf hindeuten, dass es eine genauso wirksame Therapie gibt, die aber günstiger ist, von der Krankenkassen auch nur noch die günstigere Therapie bezahlt. Er führt dies am Beispiel der Reit-Therapie aus. Hier hat man genauso gut oder effektiver wirkende Möglichkeiten gefunden, die aber günstiger sind. Folglich bezahlt die Krankenkasse die Therapie heute meistens nicht mehr. Macht aber nichts, jetzt ist die Sozialindustrie eingesprungen und der Markt der Reittherapie wächst sogar noch etwas. Jetzt aber nicht mehr auf Krankenkassenkosten, sondern auf Kosten der Sozialetats, hauptsächlich der Kommunen. Wie es zu diesem Wachstum kommt und welche Mechanismen dahinter stehen, das erklärt Wüllenweber in seinem Buch, die Details würde den Rahmen hier vollends sprengen. Meine Ausführungen sollten aber auch nicht Kauf und Lesen seines Buches ersetzen.
Was er nicht in seinem Buch erwähnt hat, ich weiß auch nich ob es ihm bewusst war: Dieser Komplex dominiert auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und zumindest in NRW auch die Programmbeiräte der Privaten, sowie das gesamte Lokalradio. Selbst dann, wenn die Arbeitgeberverbände nicht zu diesem Selbstbedienungskomplex gehören würden, hätte der Sozialkomplex dort eine eindeutige Mehrheit, da nützen die ein oder auch mal zwei Stimmen der Arbeitgeberverbände nichts. Vor allem aber gehören zumindest über die Arbeitsagentur auch die Arbeitgeberverbände zu genau diesem Selbstbedienungskomplex hinzu (da sind es dann soziale Projekte und Fortbildungsmaßnahmen, die aus dem Etat eines Germiums finanziert werden, in dem Gewerkschafts- und AG-Vertreter die Mehrheit haben, ohne wirkliche, demokratische Legitimation, obwohl es um zwangsweise erhobene Abgaben/Beiträge/Steuern geht).
Bekämpft man das mit einem BGE? Nein, aber man kann dann vielleicht besser den Fokus darauf legen, in dem man den Linken das Ablenken und die Argumentation mit dem angeblichen Zwang durch HartzIV (böse Sanktionen bei Nichtarbeitsaufnahme -> Zangsarbeit) nimmt. Es würde vor allem deshalb unterm Strich einen nutzen bringen, da diese Sanktionen eh nicht wirklich helfen.
Oder welche deutschen Arbeitslosen fanden sich bereit bei einer Zeitarbeitsfirma zu arbeiten, die billige Arbeitskräfte an Amazon verleiht? Ach, die kamen aus dem EU-Ausland? Hat man zu dem Preis keine arbeitswilligen, deutschen Arbeitslosen gefunden? Trotz potentiell möglicher Sanktionen? Scheinbar ist ihre größte Auswirkungen, von der Linken als Totschlagargument für fiesen Zwang verwendet werden zu können, der Entscheidungen von Arbeitslosen zu unfreien Entscheidungen machen würde - weswegen man Mindestlohn und allerlei mögliche Einschränkungen der Vertragsfreiheit braucht.
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