Große Bauprojekte, ihre Planung und ihren Verlauf, fand ich schon immer faszinierend. Insbesondere die besonders umstrittenen Beispiele aus dem öffentlichen Bereich.
Der Skandal in Limburg ist nicht unbedingt in den Baukosten des Vorhabens zu sehen. Der Skandal liegt (a) in der Art der Finanzierung der Investition und (b) in den exorbitanten Sonderwünschen. Dazu kommt noch die offenbar falsche eidesstattliche Erklärung, aber das ist im Vergleich eine Petitesse.
Aus dem Vermögen des Bistums [oder mit Hilfe von Krediten?] wurden Ausgaben in einer Größenordnung von mehr als 20 Millionen Euro finanziert, ohne dass die zuständigen Gremien überhaupt in Kenntnis gesetzt worden wären. Haushaltspläne für 2012 und 2013 gibt es nicht. Bekannt waren ursprünglich Ausgaben in der Größenordnung von knapp 5 Millionen Euro, später wurden gegenüber dem Gesandten aus Rom noch einmal Ausgaben in der Größenordnung von 5 Millionen Euro eingeräumt.
Zu den exorbitanten Sonderwünschen zähle ich den Bau im Raum unterhalb der Gebäude, für den man wohl ein Jahr lang hartes Felsgestein abgetragen hat. Das ist doch in keiner Form gerechtfertigt, da stehen doch Kosten und Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis. Dass man aufgrund eines anderen Sonderwunsches das Dach noch mal aufreißen musste, hat dem Vernehmen nach etwas weniger als 100.000 Euro gekostet. Das ist ja schon fast so eine Petitesse wie die Badewanne für 15.000 Euro.
Ergänzung: Allein für die (dokumentierte) egozentrische Aussage, der teure Flug nach Indien sei damit zu begründen, dass er die kirchlichen Mitarbeiter in den Slums nicht mit seiner Müdigkeit betrüben wollte, müsste er von seiner Position als Bischof entfernt werden.
Zitat von stefanolix im Beitrag #2Der Skandal in Limburg ist nicht unbedingt in den Baukosten des Vorhabens zu sehen. Der Skandal liegt (a) in der Art der Finanzierung der Investition und (b) in den exorbitanten Sonderwünschen.
Da ich bisher der Annahme war, dass dieser "Skandal" ein innerkirchliches Problem ist, hat mich das null interessiert. Daher meine Frage: Wer hat denn da die Lasten zu tragen? Wer bezahlt den ganzen Jokes denn schlussendlich? Jemand anderes als die Kirche? Und wenn da irgendwelche Gremien übergangen wurden ... wen außerhalb dieser Gremien und der Geldgeber interessiert das eigentlich?
Ich verstehe die ganze Aufregung außerhalb der RKK irgendwie nicht. Was geht die allermeisten Deutschen denn an, was die Bauprojekte von katholischen Bischöfen kosten? Hab ich da was verpasst, und bin in Limburg auch irgendwie an der Finanzierung beteiligt?
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von stefanolix im Beitrag #2Der Skandal in Limburg ist nicht unbedingt in den Baukosten des Vorhabens zu sehen. Der Skandal liegt (a) in der Art der Finanzierung der Investition und (b) in den exorbitanten Sonderwünschen.
Da ich bisher der Annahme war, dass dieser "Skandal" ein innerkirchliches Problem ist, hat mich das null interessiert. Daher meine Frage: Wer hat denn da die Lasten zu tragen? Wer bezahlt den ganzen Jokes denn schlussendlich? Jemand anderes als die Kirche? Und wenn da irgendwelche Gremien übergangen wurden ... wen außerhalb dieser Gremien und der Geldgeber interessiert das eigentlich?
Ich verstehe die ganze Aufregung außerhalb der RKK irgendwie nicht. Was geht die allermeisten Deutschen denn an, was die Bauprojekte von katholischen Bischöfen kosten? Hab ich da was verpasst, und bin in Limburg auch irgendwie an der Finanzierung beteiligt?
Beste Grüße, Calimero
Die Lasten tragen die Gemeinden. Da man das Vermögen des Bistums nur einmal ausgeben kann, hätten vorher in einem Gremium des Bistums Entscheidungen getroffen werden müssen (wie z. B. das Aufstellen eines Haushaltsplans und eines Investitionsplans).
Und ja, es ist auch unser Geld: Der Staat (vertreten durch die Bundesländer) finanziert mit vielen Millionen Euro die Gehälter der Kardinäle und Bischöfe. Unter anderem auch das Gehalt des Bischofs Tebartz - van Elst. Da darf ich dann auch eine Meinung zu seinem Verhalten haben ;-)
Zitat von stefanolix im Beitrag #2Der Skandal in Limburg ist nicht unbedingt in den Baukosten des Vorhabens zu sehen. Der Skandal liegt (a) in der Art der Finanzierung der Investition und (b) in den exorbitanten Sonderwünschen.
Da ich bisher der Annahme war, dass dieser "Skandal" ein innerkirchliches Problem ist, hat mich das null interessiert. Daher meine Frage: Wer hat denn da die Lasten zu tragen? Wer bezahlt den ganzen Jokes denn schlussendlich? Jemand anderes als die Kirche? Und wenn da irgendwelche Gremien übergangen wurden ... wen außerhalb dieser Gremien und der Geldgeber interessiert das eigentlich?
Ich verstehe die ganze Aufregung außerhalb der RKK irgendwie nicht. Was geht die allermeisten Deutschen denn an, was die Bauprojekte von katholischen Bischöfen kosten? Hab ich da was verpasst, und bin in Limburg auch irgendwie an der Finanzierung beteiligt?
Beste Grüße, Calimero
Die Lasten tragen die Gemeinden. Da man das Vermögen des Bistums nur einmal ausgeben kann, hätten vorher in einem Gremium des Bistums Entscheidungen getroffen werden müssen (wie z. B. das Aufstellen eines Haushaltsplans und eines Investitionsplans).
Und ja, es ist auch unser Geld: Der Staat (vertreten durch die Bundesländer) finanziert mit vielen Millionen Euro die Gehälter der Kardinäle und Bischöfe. Unter anderem auch das Gehalt des Bischofs Tebartz - van Elst. Da darf ich dann auch eine Meinung zu seinem Verhalten haben ;-)
Naja, eine Meinung zu haben ist ja in diesem Fall nicht so sehr das Problem ;) so ganz raffe ich die ganze Geschichte noch nicht, ich finde aber den Vergleich mit anderen Bauprojekten, wie ihn R.A. anstellt, ganz wichtig. Und ich bin nicht sicher, ob der kath. Kirche eine Bananenkisten-Ästhetik gut zu Gesichte stünde. Anders gesagt: gäbe es nicht bereits den Kölner und den Petersdom, einschl. der päpstl. Gemächer, dann wüßte SpOn das wohl für die Zukunft zu verhindern. Man muß halt für sich klären, welche Rolle Kirche zukünftig haben soll. Ich bin aus der ev. Kirche v. a. ausgetreten wegen der pseudoärmlichen Gutmenschenlogik, die ich ihr nie abgenommen habe. Kirche, die keinen Halt gibt, indem sie sich selbst wichtig nimmt, ist austauschbar. Kennt jemand übrigens den ursprünglichen Kostenplan den Kölner Doms? ;)
Ich bitte um etwas Respekt vor der abendländischen Tradition. Und nicht nur dieser. Daß die Baukosten bei Projekten ab einer gewissen Dimension die ursprünglichen Dimensionen um das 5- bis 10-fache locker übersteigen, ist sogar bei Nutzbauten wie dem Suezkanal oder einem Schnellen Brüter Usus; dürfte also systemisch eingebaut sein. Hier kommt aber die altabendländische Tradition des "Bauwurmbs" ins Spiel, die adlige & kirchliche Herren seit jeher mächtig geplagt hat. (Genauer gesagt: so sie katholisch geprägt waren, im Nachklapp der Gegenreformation; oder als Majestäten diesen Fehdehandschuh aufnehmen konnten). Den baierischen Kini hat dies Amt & letztlich Leben gekostet; seine Heiligsprechung steht offiziell noch aus (obschon das Volk sie längst vollzogen hat). Da steht es einem Würdenträger, der die traditionellen Werte der Kirche gegenüber der protestantischen Ethik des Veggiedayriertums betonen möchte, wohl an, ihm, wenn schon nicht in Worten, so doch in Taten nachzufolgen.
P.S. Auch der €-15.000-Zuber möchte mehr als eine Quisquilie sein. Memorable Anekdoten "in der Badewanne" hats gerade 2: das Archimedische "εὕρηκα!" (Auflärung & Wissenschaftsgeschichte) sowie Charlotte Cordays Argument contra Marat (Revolution bzw. sic semper tyannis). Es wird Zeit, daß die Kirche diese Tetraktys komplettiert.
"[Earl] Carroll's decline began in February 1926, with a backstage party given for angel William Edrington. Determined to make this one of the great parties of all time, he hired a girl to sit nude in a bathtub of champagne. According to most of the 300-odd people who attended, the party was on the dull side and the girl in the tub looked cold and unhappy. As guests entered, Carroll swore them to secrecy about the girl. But Philip Payne, editor of the tabloid Mirror, arrived after the festivities began, when Carroll was too busy to swear him to secrecy. His headline made the affair sound like an evening in Sodom and Gemorrah: NUDE GIRL STARS AT ORGY."
Ich tu mich ein bischen schwer mit der Begrifflichkeit des "öffentlichen Bauvorhabens". Meines Wissens ist die Kirche eine private Organisation und kann mit ihrem Geld tun, was ihr beliebt. Ich sehe insofern absolut nix, was sich skandalisieren liesse. Prinzipiell kann die Kirche Wasserhähne aus Gold verbauen, ist doch ihr Geld.
Auf der anderen Seite ist eine Überschreitung um den Faktor 10 natürlich ein wenig absurd. Wenn private Bauprojekte überziehen, dann meist eher um Faktor von 10 oder 20 Prozent. 1000 Prozent sind schon etwas abstrus. Aber das macht ja nichts, weil, wie in jedem Projekt das sich irgendwann dem Controlling stellen muss, ist es ja eine Frage ob mans begründen kann. Prinzipiell ist auch ein Faktor 10 möglich. Wenn mans begründen kann. Genauso wie eine Überschreitung von 20 Prozent untragbar sein kann. Wenn mans eben nicht begründen kann. Ob es wirklich notwendig war, eine ganze Etage in den Fels zu fräsen, ist eine Frage, die die Controller der Kirche, oder wie immer die da heissen, beantworten müssen. Und das schaffen die auch ohne Blöd-Zeitung, den Spargel oder das neue Süddeutschland.
Unabhängig von diesen Überlegungen denke ich, dass man dem Bischof sein Bistum wegnehmen wird. Und zwar aus PR Gründen. Denn unabhängig ob sich der Kostenanstieg rechtfertigen lässt, eine solche Rechtfertigung ist nicht (mehr) vermittelbar. Und die Kirche fürchtet nur eine Sache mehr als den Chef der Hölle und das sind Kirchenaustritte. Vor allem in Deutschland wo das Geld herkommt. Der Mann muss gehen, die Frage ist nur, wie die Kirche den Mann unauffällig entsorgen kann, ohne noch mehr Gesicht zu verlieren.
Meines Erachtens handelt es sich sehr wohl um ein öffentliches Bauprojekt, auch wenn es nicht staatliche, sondern kirchliche - also nur von den Mitgliedern der katholischen Kirche aufgebrachte - Steuergelder sind, die verbaut werden. Das liegt an unserem deutschen Staatskirchenrecht, das es in dieser Form sonst nirgendwo gibt. Insofern halte ich den Vergleich mit anderen öffentlichen Bauprojekten (für die man noch viele weitere Beispiele bringen könnte, die z.Zt. aus den Schlagzeilen verschwunden sind, wie etwa die Hamburger Elbphilharmonie) durchaus für angebracht und für geeignet, den Limburger Skandal zu relativieren - was nicht heißt, dass der Bischof keine Fehler gemacht hat! Aber die Leute, die das Projekt überwachen und kontrollieren sollten und die ihn jetzt so heftig beschimpfen - haben sie nicht auch versagt? Warum spricht davon eigentlich niemand?
Dazu muss man, glaube ich, als Hintergrund sehen: bestimmte interessierte Kreise haben schon lange vor, den Bischof aus dem Amt zu mobben. Und jetzt, unter dem neuen Papst, sehen sie ihre Stunde gekommen, ihr Ziel über den Bauskandal zu erreichen. Die allgemeine Stimmung ist ohnehin auf ihrer Seite und da trifft es sich gut, dass man dem ungeliebten Bischof jetzt so eine gewaltige - offenbar wirklich über das "normale" Maß hinausgehende - Kostenüberschreitung nachweisen kann.
Es wird auf jeden Fall eine Klärung über Rom geben. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass die "interessierten Kreise" die Vision des Papstes von einer brüderlichen Kirche falsch verstehen.
Zitat von Martina im Beitrag #9bestimmte interessierte Kreise haben schon lange vor, den Bischof aus dem Amt zu mobben. Und jetzt, unter dem neuen Papst, sehen sie ihre Stunde gekommen, ihr Ziel über den Bauskandal zu erreichen. Die allgemeine Stimmung ist ohnehin auf ihrer Seite und da trifft es sich gut, dass man dem ungeliebten Bischof jetzt so eine gewaltige - offenbar wirklich über das "normale" Maß hinausgehende - Kostenüberschreitung nachweisen kann.
Die in dert FAZ jetzt veröffentlichten vertraulichen Unterlagen (Architekten und Baufirmen werden sich bedanken) kann wohl selbst ein Fachmann ohne das Drumherum nicht beurteilen. Ich vermute nur, daß die ursprüngliche Kostenschätzung sehr gewagt war und der Bischof 2008 dort etwas blauäugig eingestiegen ist, die Reihe länglicher Messer übersehend. Ansonsten gabe es auch bei den periodischen Hexenverbrennungen eine "allgemeine Stimmung", Entschuldigung. mfG
vielen Dank für diesen Artikel. ich sehe noch drei andere Punkte: politisch gesetzte Prioritäten, fremdes Geld und das Vergabeverfahren
Prioritäten Neben technischen und ökonomischen Anforderungen werden bei jedem von der Politik «begleiteten» Projekt auch andere Kriterien erwogen. Die Stimmung der Wähler, Wahlversprechen, die «Förderung strukturschwachen Regionen», Prestige, und so weiter und so fort. Diesem Sumpf entsteigt die vielköpfige, machthungrige Bestie, die sich «politischer Wille» nennt und allzuoft schert die sich gar nicht mehr um die ökonomischen und technischen Probleme. Siehe Regionalflughafen bei Kassel, Nürburgring, …. Wird eine Bahnlinie von Land A nach Land B gebaut, müssen natürlich in Kuhdörfern auf beiden Seiten der Grenz Haltestellen eingerichtet werden. Airbus lässt man im Kampf gegen Boeing lieber untergehen, als ein Flugzeug an einem Standort fertigen zu lassen (wo bliebe da der Regional-Proporz). Diese Haltung führt auch bei Bauwerken zu Kostensteigerungen.
Fremdes Geld Alle Akteure arbeiten mit Geld, das vor kurzem anderen gehörte. Deren Interessen vertritt also niemand. Planer werden nicht für Kostenersparnisse bezahlt – sondern erhalten im Gegenteil einen Anteil der Baukosten als Hornorar. Die Behörde fragt nicht so genau, wie viel es kostet, solange es im Budget liegt. Ich habe von Behörden-Mitarbeitern gehört, dass Beamte es vermieden, das Budget zu unterschreiten, das es sonst im Folgejahr von vorn herein gekürzt würde. Architekten und Fachbetriebe empfehlen bei öffentlichen Bauten oft nicht die günstige Lösung, sondern die Rundum-Glücklich-Variante. Wer privat baut, bekommt das mit, wenn er Firmen beschäftigt, die ansonsten viele Staats-Aufträge bekommen.
Vergabeverfahren In den Ausschreibungen gewinnt die Firma, die das nominell günstigste Angebot abgibt. Oft «ergeben» sich dann Nachträge auf den Angebotspreis, weil irgendein Detail in der Ausschreibung nicht berücksichtigt war, und doch gemacht werden muss. Die Nachträge werden nicht mehr so genau geprüft, wie die Ausschreibung selbst, so dass sie z.T. überteuert abgerechnet werden. Bei der Vergabe nicht berücksichtigt werden auch Folgekosten, die z.B. daraus entstehen, dass der günstigste Anbieter mit dem Auftrag überfordert ist also nicht rechtzeitig fertig wird oder seine Arbeit nur schlecht erledigt.
Zitat von stefanolix im Beitrag #2Der Skandal in Limburg ist nicht unbedingt in den Baukosten des Vorhabens zu sehen. Der Skandal liegt (a) in der Art der Finanzierung der Investition und (b) in den exorbitanten Sonderwünschen. Dazu kommt noch die offenbar falsche eidesstattliche Erklärung, aber das ist im Vergleich eine Petitesse.
Schon richtig, der Skandal hat viele Facetten. Ich habe mich auf die Baukostensteigerung konzentriert, die ist aber schon ein wesentlicher Part. Bei der Finanzierung sehe ich bisher keine echten Probleme, das ist offenbar bei der katholischen Kirche so üblich. Die eidesstattliche Erklärung gehört in den Kontext Indienflüge und daher eher zum Schlußaspekt: Muß der Verantwortliche die Konsequenzen tragen. Und das wird er nicht wegen des eigentlichen Bauprojekts tun müssen, sondern weil er sich mit anderen Sachen schon zu viele Feinde gemacht hat.
Zitat ... ohne dass die zuständigen Gremien überhaupt in Kenntnis gesetzt worden wären. Haushaltspläne für 2012 und 2013 gibt es nicht.
Ob das wirklich stimm? Nach anderen Angaben soll es sehr wohl einen Haushaltsplan 2012 geben, nur 2013 wäre verspätet. Diese ganzen Vorwürfe sind schwer zu beurteilen, weil nicht bekannt ist, was wirklich vorlag und wie die Zuständigkeiten eigentlich sind. Mich haben die Behauptungen des Gremiumsvorsitzenden jedenfalls überhaupt nicht überzeugt. Jedem Beteiligten muß bekannt gewesen sein, daß da seit Jahren ein großes Bauprojekt läuft, und daß das überhaupt nicht mit den angeblichen 2-3 Millionen zu stemmen ist. Was an Unterlagen fehlt, muß schon länger gefehlt haben - ohne daß das Kontrollgremium wirklich darauf reagiert hat. An Schüchternheit oder Respekt vor dem Amt kann diese Zurückhaltung nicht liegen, so unflätig wie der Gremiumsvorsitzende seinen Bischof im Interview beschimpft.
Mein Eindruck ist, daß alle möglichen Leute da ihren Teil beigetragen haben. Und insbesondere ihren Kontrollpflichten nicht ansatzweise nachgekommen ist. Und das soll jetzt mit lautem "Haltet den Dieb"-Rufen verdeckt werden.
Zitat Bekannt waren ursprünglich Ausgaben in der Größenordnung von knapp 5 Millionen Euro, später wurden gegenüber dem Gesandten aus Rom noch einmal Ausgaben in der Größenordnung von 5 Millionen Euro eingeräumt.
Das Wort "eingeräumt" ist so eine typische Journalistenformulierung, um Schuld unterzuschieben. Der Gesandte wird halt zusätzliche Fragen gestellt haben, und hat dann zusätzliche Antworten bekommen. Was wann wem genau bekannt war, ist völlig unklar.
Zitat Zu den exorbitanten Sonderwünschen zähle ich den Bau im Raum unterhalb der Gebäude, für den man wohl ein Jahr lang hartes Felsgestein abgetragen hat. Das ist doch in keiner Form gerechtfertigt, da stehen doch Kosten und Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis.
Weiß ich nicht. Da völlig unklar ist, was das gekostet hat und wozu diese Räume gebraucht werden. Man sollte aber nicht vergessen, daß die katholische Kirche mit einem anderen Zeithorizont plant als Privatleute. Der Limburger Dom wird schon seit vielen Jahrhunderten genutzt, jeder neu gebaute Raum darunter wird der Kirche ähnlich lange zur Verfügung stehen.
Zitat Dass man aufgrund eines anderen Sonderwunsches das Dach noch mal aufreißen musste ...
Das hatte ich ja im Artikel erwähnt: Nicht der Sonderwunsch selber ist das Problem (wahrscheinlich waren beide Varianten eigentlich ähnlich teuer), sondern der Zeitpunkt. Nur die spätere Umplanung hat diese Zusatzkosten verursacht - und das ist klares Versagen des Bischofs als Bauherr.
Zitat Ergänzung: Allein für die (dokumentierte) egozentrische Aussage, der teure Flug nach Indien sei damit zu begründen, dass er die kirchlichen Mitarbeiter in den Slums nicht mit seiner Müdigkeit betrüben wollte, müsste er von seiner Position als Bischof entfernt werden.
Die Aussage war grottendoof (wenn sie denn stimmt). Ich habe aber keine Ahnung, in welcher Klasse katholische Bischöfe normalerweise Langstrecke fliegen. Bundestagsabgeordnete fliegen jedenfalls besser als Business.
Zitat Die Lasten tragen die Gemeinden.
Wohl nicht (jedenfalls nicht direkt). Das Projekt wurde wohl vom "bischöflichen Stuhl" finanziert, das ist das "private" Vermögen zur Verwendung für Angelegenheiten des Bischofs.
Zitat von stefanolix im Beitrag #4Die Lasten tragen die Gemeinden. Da man das Vermögen des Bistums nur einmal ausgeben kann, hätten vorher in einem Gremium des Bistums Entscheidungen getroffen werden müssen (wie z. B. das Aufstellen eines Haushaltsplans und eines Investitionsplans).
Die Kirchengemeinden des Bistums? Und was hat der sich aufregende Teil Restdeutschlands damit zu tun? Ist, wenn die pleite sind, wieder mal ein Rettungsschirm fällig? Mein Gott, da ist die Penunse halt in die Taschen von Bauunternehmern und Zulieferern geflossen. Doof für die Gemeinden, wenn sie den erhaltenen Gegenwert nicht so sehr schätzen wie der Herr Bischof. Aber immernoch nicht unser Problem.
Zitat von stefanolix im Beitrag #4Und ja, es ist auch unser Geld: Der Staat (vertreten durch die Bundesländer) finanziert mit vielen Millionen Euro die Gehälter der Kardinäle und Bischöfe. Unter anderem auch das Gehalt des Bischofs Tebartz - van Elst.
Sein Gehalt wurde doch nicht erhöht, oder? Also ist der Steuerzahler bei der sakralen Kiste nun mit im Boot, oder nicht? Wenn nein, verstehe ich den Zirkus immer noch nicht.
Beste Grüße, Calimero
Nachtrag: Mein Öffi-Radio empört sich nun bestimmt schon den dritten Tag hintereinander. "Es sollen nun 40 Millionen €uro sein!" Nach Milliarden, die irgendwo außerhalb der Bundesgrenzen versenkt werden, kräht schon längst kein Hahn mehr, aber 40 limburgisch-katholische Millionen lösen eine Empörung aus, die schon echt lächerlich ist.
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Zitat von Llarian im Beitrag #8Ich tu mich ein bischen schwer mit der Begrifflichkeit des "öffentlichen Bauvorhabens".
Trifft in der Tat juristisch nicht ganz. Gemeint war ein Bauprojekt einer Gemeinschaft, in der der Bauherr seiner "Basis" in gewisser Weise Rechenschaft schuldig ist und daher gewisse Spezialeffekte bei der Bewertung des Projekts entstehen. Ich würde ähnlich auch einen Bau bewerten, den ein Verein durchführt, auch wenn der formal ebenfalls privat ist.
Zitat Auf der anderen Seite ist eine Überschreitung um den Faktor 10 natürlich ein wenig absurd.
Was in Limburg aber wohl nicht wirklich vorliegt. Aus den bisher bekannt gewordenen Bruchstücken gewinne ich den Eindruck, daß die 3 Millionen Anfangsschätzung sich auf ein ganz anderes Projekt beziehen als am Ende realisiert wurde. Es ist also nicht wirklich eine Baukostensteigerung (bzw. ist es nur teilweise), sondern in erster Linie eine Projektänderung.
Zitat Unabhängig von diesen Überlegungen denke ich, dass man dem Bischof sein Bistum wegnehmen wird. Und zwar aus PR Gründen.
Richtig. Und nicht nur aus diesen. Wenn ein Bischof sich mit wesentlichen Teilen seiner Kirchenprovinz verkracht hat, dann ist eine vernünftige Arbeit nicht mehr möglich. Dann muß ein neuer Bischof her. Denn unabhängig von der Schuldfrage: Die Gläubigen im Bistum kann man halt nicht austauschen, nur die Spitze.
Zitat Der Mann muss gehen, die Frage ist nur, wie die Kirche den Mann unauffällig entsorgen kann, ohne noch mehr Gesicht zu verlieren.
Vielleicht eine Tätigkeit im Vatikan. Der Mann ist ja bestimmt nicht blöde oder unfähig - sonst hätte er diesen Posten gar nicht bekommen. Aber er hat wohl Defizite im Umgang mit Menschen. Da setzt man ihn besser irgendwo als Spezialist ein, ohne Führungsverantwortung.
aus innerkatholischer Sicht ist der Kerl fällig, und man kann es schon fast als Hegelschen Weltgeist sehen, dass genau die Kräfte in den Medien, die nichts mehr wünschen als der Kirche Schaden zuzufügen, ihr wahrscheinlich durch seinen Abgang mehr nutzen werden.
Dann geht der Vertriebsleiter für das Gebiet "Limburg" her und baut sich einen mehr als nur repräsentativen Firmensitz, während vor Ort gespart wird. Die Unzufriedenheit der Kunden interessiert ihn nicht, auch Kritik seiner Kollegen aus den anderen Vertriebsgebieten prallt an ihm ab. Was wird der CEO tun?
Gruß Petz
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Zitat von R.A. im Beitrag #12[quote="stefanolix"|p103258]Schon richtig, der Skandal hat viele Facetten. Ich habe mich auf die Baukostensteigerung konzentriert, die ist aber schon ein wesentlicher Part. Bei der Finanzierung sehe ich bisher keine echten Probleme, das ist offenbar bei der katholischen Kirche so üblich. Die eidesstattliche Erklärung gehört in den Kontext Indienflüge und daher eher zum Schlußaspekt: Muß der Verantwortliche die Konsequenzen tragen. Und das wird er nicht wegen des eigentlichen Bauprojekts tun müssen, sondern weil er sich mit anderen Sachen schon zu viele Feinde gemacht hat. (…)
Wir leben nicht mehr in der Zeit des Absolutismus. Entscheidung und Aufsicht über eine Baumaßnahme der Katholischen Kirche im Rahmen von bis zu 30 Millionen Euro können nicht Angelegenheit einer einzigen Person sein.
Es muss also einen Rat oder ein anderes kirchliches Gremium geben, das die Anforderungen an den Bau beschließt und einen Rahmen festsetzt. Aus den Berichten im Sommer 2013 ging hervor, dass der Bischof das eigentlich zuständige Domkapitel schon frühzeitig entmachtet hat. Er hat dem Domkapitel die kirchenrechtliche Aufsicht entzogen und an den dreiköpfigen Vermögensverwaltungsrat übertragen. Das ist noch schlimmer als Politik nach Gutsherrenart – das ist absolutistische Politik. Eine solche Politik gehört nicht ins 21. Jahrhundert.
Der Vorsitzende des Gremiums wurde in der F.A.Z. im Politikteil als fachkompetente Persönlichkeit beschrieben. Dem widerspricht seine in der Tat völlig unangemessene Wortwahl. Erstens ist es unverschämt, jemandem eine psychische Krankheit zu unterstellen und zweitens dürfte er nicht der Fachmann sein, der sich damit auskennt.
Wenn schon zu Baubeginn klar war, dass eine komplette Etage in den Fels gebaut werden soll, dann hätte allen beteiligten Fachleuten klar sein müssen, dass die ursprünglich genannte Bausumme unrealistisch war. Es ist extrem teuer, einen so harten Felsen zu bearbeiten, wenn im Umfeld denkmalgeschützte Gebäude stehen. Der Raum im Felsen befindet sich nicht unter dem Limburger Dom, sondern unter dem Bischofssitz. Für die Seelsorge hat er keinerlei Bedeutung. Eine nachhaltige Wirkung dieser Maßnahme kann ich nicht erkennen.
Schon auf der Basis der Informationen über den Flug kann es nur eine Konsequenz geben: Der Bischof kann sein Amt nicht behalten. Eine falsche eidesstattliche Versicherung ist eine Straftat. Und seine (auf Video dokumentierte) Aussage über die »Notwendigkeit« des Exklusiv-Upgrades ist einfach aus ethischer Sicht inakzeptabel.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #15Liebe Brüder und Schwestern ,
aus innerkatholischer Sicht ist der Kerl fällig, und man kann es schon fast als Hegelschen Weltgeist sehen, dass genau die Kräfte in den Medien, die nichts mehr wünschen als der Kirche Schaden zuzufügen, ihr wahrscheinlich durch seinen Abgang mehr nutzen werden.
Dann geht der Vertriebsleiter für das Gebiet "Limburg" her und baut sich einen mehr als nur repräsentativen Firmensitz, während vor Ort gespart wird. Die Unzufriedenheit der Kunden interessiert ihn nicht, auch Kritik seiner Kollegen aus den anderen Vertriebsgebieten prallt an ihm ab. Was wird der CEO tun?
Fairerweise muss man aber sagen, dass bei der Amtseinführung des Papstes Franziskus schon fast die gesamte Bausumme ausgegeben war. Der Bau begann ja schon 2005. Selbst der Indien-Flug fand noch zur Zeit des Papstes Benedikt statt.
zuerst einmal vielen Dank für diesen aufklärenden Artikel über die Natur der (ausufernden) projektierten Baukosten bei der Erstellung von Bauten.
Nur möchte ich mich der Kritik des verehrten Mitforisten "Llarian" anschließen und den Gebrauch des Begriffes "öffentliches Bauprojekt" in leichtester Form tadeln.
Natürlich ist es so, dass in Deutschland Papa Staat auch die Kirche nicht von seiner Betreuung verschont und für sie ihre Einnahmen eintreibt (Kirchensteuer).
Daher nimmt sich nun auch die (medial verbreitete) Öffentlichkeit das vermeintliche Recht heraus, diese "Verschwendung" öffentlicher Gelder zu kritisieren.
Und Herr Tebartz-van Elst wird als das kritisiert, was er vielleicht sogar ist, als ein prunksüchtiger Staatsbeamter.
Das kommt eben davon, dass auch die Kirche in Deutschland in "bester" deutscher Tradition korporatistisch mit dem Staat verbandelt ist.
Aber rein formal-juristisch ist das Geld der Kirche ihr privates Geld.
Und der Gebrauch dieses Geldes sollte jedenfalls nicht der aufgebauschte "Skandal" sein, wie er nun gerade durch die Medien geistert.
Meine persönliche Meinung ist es, dass es mich freut, wenn "soviel" Geld wenigstens für bleibende Dinge wie Kirchenbauten "verschwendet" werden.
Denn der Ruhm der Kirche - der "Ecclesia Triumphans", wie Johannes Gross einmal ironisch geschrieben hat - besteht nicht zuletzt in der öffentlichen Zurschaustellung ihres irdischen Reichtums.
Mir ist eine prachtvolle Bischofsresidenz jedenfalls tausendmal lieber als eine weitere Konferenz zum Thema "Interkultureller Dialog und Kirche" o. ä., wo ebensoviel Geld leicht ohne jegliche bleibende Wirkung "verschwendet" wird.
Und ich schrieb eben: "soviel" Geld, da 30 Millionen Euro genau die Menge Geld sind, die unsere öffentlich-rechtlichen Sender für "Qualität" und "Erhalt der Demokratie" in anderthalb Tagen buchstäblich versenden.
Danke für den Beitrag, der einiges zurechtrückt. Im Falle von S21 beispielsweise fand ich die Kritik an den Kosten ziemlich übertrieben, immerhin erhält die Stadt Stuttgart eine ganze Menge, ohne realitätsferne Fahrgastzahlen zu prognostizieren. Absurd war es beispielsweise, dass erst über die Kosten von S21 gemotzt wurde, dann sagt aber Geißler, der Bahnhof sei nicht "premium" und macht einen Vorschlag, der seiner Meinung "premium" wäre, ohne dass man oberirdisch schöne neue Flächen für die Stadtentwicklung bekäme und ein Vorschlag, der noch teurer wäre als jeder andere Vorschlag.
Kurzfristige Änderungen und ständige Diskussionen sind leider immer ein Problem und da müssen sich die zuständigen Personen zurecht Vorwürfe gefallen lassen. Das war offensichtlich in Berlin der Fall. Übertragen auf meine Arbeit, ich entwickle Software, wäre das in etwa so, dass ständig neue Anforderungen auf den Tisch geknallt werden. Hätte man die Anforderungen von Beginn an gekannt, hätte man von Anfang an eine passendere Softwarearchitektur wählen können. Wenn aber die Anforderungen nur sukzessive reinschwirren, steht der Entwickler immer wieder vor der Alternative, die Architektur gescheit anzupassen oder aus Gründen des Opportunismus die erstbeste Lösung zu nehmen (der berühmte "einfache Hack"), die anfänglich nicht zu teuer ist, denn es könnte ja der letzte Änderungswunsch sein.
Was diesen Bischof angeht: Dass er bei seinen Sonderwünschen kein Kostenbewusstsein gezeigt hat, sollte ein Nachspiel haben, aber das geht nur seinen Dienstherren und ihm etwas an.
Danke für diese Informationen über das "öffentliche" Bauprojekt und über die Gründe, die zu Baukostensteigerungen führen können. Ich rätsle nun auch schon seit Tagen, inwiefern diese Bauten den deutschen Steuerzahler, also auch mich, belasten oder ob das nicht eine interne Angelegenheit der katholischen Kirche ist. Was mir jedoch auffällt, ist die ungeheure Aufbauschung in den Medien. Solche Töne hat man bei der Verabschiedung z. B. des ESM-Vertrags nicht gehört - da wäre so einiges denkbar gewesen. Heute auf Focus online: "Protz-Bischof, Prass-Prediger" (was sprachlich Unsinn ist, da er ja in seinen Predigten kaum für die "Prasserei" eine Lanze gebrochen haben dürfte). Ich kann nicht beurteilen, ob dieser Bischof wirklich so prunksüchtig ist (dazu müßte man sich wohl wochenlang durch Unterlagen wühlen), aber die Wortwahl läßt darauf schließen, daß hier einfach jemand aus womöglich anderen Gründen medial fertiggemacht werden soll.
Zitat von alteseuropa im Beitrag #21Ich kann nicht beurteilen, ob dieser Bischof wirklich so prunksüchtig ist (dazu müßte man sich wohl wochenlang durch Unterlagen wühlen), aber die Wortwahl läßt darauf schließen, daß hier einfach jemand aus womöglich anderen Gründen medial fertiggemacht werden soll.
Ich habe natürlich auch nur die Sicht von außen. Ein paar Dinge scheinen mir aber festzustehen, und durch sie entsteht eine Gemengelage, aus der sich verschiedene Parteien das ihnen genehme heraussuchen.
Der eine Strang betrifft das Bild von Kirche und das Amtsverständnis des Bischofs. Gehörte der Vorgänger von Tebartz-van Elst eher zu der Fraktion der Kirche, für die heute symbolisch der neue Papst steht, steht Tebartz-van Elst selbst eher im "Lager" des vorigen Papstes. Dass ein so radikaler Wechsel Gegenbewegungen auslöst, ist im Vatikan so selbstverständlich wie in Limburg. Die Unterschiede betreffen Führungsstil und Auftreten. Man muss aber aufpassen, gerade bei Letzterem nicht mit allzu weltlichen Vorstellungen heranzugehen. Wir können auch Benedikt XVI. abnehmen, dass er selbst ein eher genügsamer Mensch ist, und dass er den Prunk des Vatikans vor allem als dem Amt und der Kirche geschuldet verstand bzw. noch versteht. Bei Tebartz-van Elst hätte man das auch annehmen dürfen, bis dieser First-Class-Flug nach Indien dazukam. Dass er selbst (leider erst danach) merkte, wie unpassend das war, zeigt sich an seinen Versuchen, die Sache herunterzuspielen bzw. zu verleugnen. Vor dem Hintergrund dieser Angelegenheit wirken dann auch Vorlieben für prunkvolle Gewänder und Messen und ein Gebäude mit Luxusausstattung ganz anders.
Der andere Strang: Ob man nun ihn als die treibende Kraft hinter den ausufernden Kosten und den Versuchen ihrer Verschleierung sieht oder jemand Anderen im Hintergrund, der Bischof selbst scheint von seinem Amt eher überfordert zu sein. Auch das merken die Menschen, und es verstärkt nicht gerade ihren Willen, zu ihm zu halten. Es war beim Berliner Flughafen so, und es war hier bei dem Bischofssitz so: Die meisten Kosten entstehen durch Planänderungen. Wir müssen uns nicht streiten, ob Prunksucht oder Naivität vorherrschte: Über beides sollte ein Bischof nur in sehr, sehr geringem Umfang verfügen.
Ich stimme aber allen zu, die das eher als innerkirchliche Angelegenheit sehen. Nach allem, was ich weiß, ist der Bischöfliche Stuhl unabhängig von staatlichen Zuwendungen und bezieht Einkünfte aus Vermögensbesitz (z.B. durch Erbschaften). Im Grunde müsste der Staat dem Bischof für dieses Mini-Konjunkturprogramm sogar dankbar sein. Keynesianer müssten ob des Multiplikatoreffekts gar in Jubel ausbrechen, denn wäre das Geld stattdessen an Arme und Bedürftige gespendet worden, hätte dieser sich nicht eingestellt. Innerkirchlich jedoch ist gerade dieser Umstand natürlich bedenklich - Jesus hat den Reichen, der mit ihm kommen wollte, nicht aufgefordert, seinen Jüngern einen netten Palast hinzuknallen, sondern sein Vermögen an die Armen zu verteilen. Nicht zuletzt deshalb, weil Vermögen jedweder Art auch in gewisser Hinsicht abhängig macht und der radikalen Hinwendung zu Gott, die Jesus einforderte, somit ebenso im Weg steht wie familiäre und andere personelle Bindungen ("Schwert-Zitat"). Wie ich in verstehe, will Franziskus hier genau diese Korrektur vornehmen: Die Kirche soll sich nicht vorrangig mit sich selbst, sondern mit der Welt da draußen beschäftigen.
In den Medien wird es jetzt aber zum Teil auch deswegen aufgebauscht, weil die katholische Kirche sich konsequent dem "linksliberalen" Zeitgeist (gerne auch "Lebenswirklichkeit" genannt) verweigert und Gottes Wort nicht demokratisch anpassen will (Wandel durch andere Interpretationen und Schwerpunkte ist natürlich prinzipiell möglich, aber nicht beliebig). Das führt dann immer wieder zu Konflikten, wie z.B. bei Schwulenehe, Abtreibung oder Sexualmoral. Diese Konflikte darf es in unserer Gesellschaft aber nicht geben. Wer gegen Schwulenehe oder Abtreibung ist, äußert keine legitime Gegenposition, sondern muss als Systemfeind ausgegrenzt werden. Bei der Weltkirche ist das aber nicht so einfach, und deswegen besteht sozusagen ein öffentliches Interesse, jede Lockerung dort zu begrüßen und zu unterstützen, während man den "Konservativen" an den Karren fährt, wo es nur geht. Endziel ist, aus der katholischen Kirche genau so eine Unterorganisation der Grünen mit Beten und Gesang zu machen, wie es bei den Protestanten gelungen ist.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Jakob Nierstein im Beitrag #20Danke für den Beitrag, der einiges zurechtrückt. Im Falle von S21 beispielsweise fand ich die Kritik an den Kosten ziemlich übertrieben, immerhin erhält die Stadt Stuttgart eine ganze Menge, ohne realitätsferne Fahrgastzahlen zu prognostizieren. Absurd war es beispielsweise, dass erst über die Kosten von S21 gemotzt wurde, dann sagt aber Geißler, der Bahnhof sei nicht "premium" und macht einen Vorschlag, der seiner Meinung "premium" wäre, ohne dass man oberirdisch schöne neue Flächen für die Stadtentwicklung bekäme und ein Vorschlag, der noch teurer wäre als jeder andere Vorschlag.
Kurzfristige Änderungen und ständige Diskussionen sind leider immer ein Problem und da müssen sich die zuständigen Personen zurecht Vorwürfe gefallen lassen. Das war offensichtlich in Berlin der Fall. Übertragen auf meine Arbeit, ich entwickle Software, wäre das in etwa so, dass ständig neue Anforderungen auf den Tisch geknallt werden. Hätte man die Anforderungen von Beginn an gekannt, hätte man von Anfang an eine passendere Softwarearchitektur wählen können. Wenn aber die Anforderungen nur sukzessive reinschwirren, steht der Entwickler immer wieder vor der Alternative, die Architektur gescheit anzupassen oder aus Gründen des Opportunismus die erstbeste Lösung zu nehmen (der berühmte "einfache Hack"), die anfänglich nicht zu teuer ist, denn es könnte ja der letzte Änderungswunsch sein.
Was diesen Bischof angeht: Dass er bei seinen Sonderwünschen kein Kostenbewusstsein gezeigt hat, sollte ein Nachspiel haben, aber das geht nur seinen Dienstherren und ihm etwas an.
Ernst gemeinte Frage: Wer ist denn tatsächlich sein Dienstherr? Die Christen seiner Diözese oder der Papst in Rom?
Zitat von Rayson im Beitrag #22(…) Der andere Strang: Ob man nun ihn als die treibende Kraft hinter den ausufernden Kosten und den Versuchen ihrer Verschleierung sieht oder jemand Anderen im Hintergrund, der Bischof selbst scheint von seinem Amt eher überfordert zu sein. Auch das merken die Menschen, und es verstärkt nicht gerade ihren Willen, zu ihm zu halten. Es war beim Berliner Flughafen so, und es war hier bei dem Bischofssitz so: Die meisten Kosten entstehen durch Planänderungen. Wir müssen uns nicht streiten, ob Prunksucht oder Naivität vorherrschte: Über beides sollte ein Bischof nur in sehr, sehr geringem Umfang verfügen.
Ich stimme aber allen zu, die das eher als innerkirchliche Angelegenheit sehen. Nach allem, was ich weiß, ist der Bischöfliche Stuhl unabhängig von staatlichen Zuwendungen und bezieht Einkünfte aus Vermögensbesitz (z.B. durch Erbschaften). Im Grunde müsste der Staat dem Bischof für dieses Mini-Konjunkturprogramm sogar dankbar sein. Keynesianer müssten ob des Multiplikatoreffekts gar in Jubel ausbrechen, denn wäre das Geld stattdessen an Arme und Bedürftige gespendet worden, hätte dieser sich nicht eingestellt. Innerkirchlich jedoch ist gerade dieser Umstand natürlich bedenklich - Jesus hat den Reichen, der mit ihm kommen wollte, nicht aufgefordert, seinen Jüngern einen netten Palast hinzuknallen, sondern sein Vermögen an die Armen zu verteilen.
(…)
Nach meinem Verständnis übt der Bischof von Limburg seit seiner Amtsausübung [zu viel] Macht aus. Er verfügte z. B. ohne wirksame Kontrolle über das Vermögen des »Bischöflichen Stuhls«, das aber in Wahrheit das Vermögen des Bistums ist. Er hatte vorher das Kontrollinstrument Domkapitel ausgeschaltet.
Für ein solches Handeln gibt es in der Bibel keinerlei Ansatzpunkt oder Begründung. Und die Bibel sollte wohl immer noch der Leitfaden des Handelns eines christlichen Amtsträgers sein.
Nun hat sich auch noch mein liberales Rückenmark gemeldet ;-)
Liberaler Reflex #1: Liberale sind gegen Absolutismus. Es soll keine Art der unkontrollierten Machtausübung geben. Die Auswirkungen von Machtausübung sollen durch die gegenseitige Kontrolle der Machtorgane begrenzt sein.
Liberaler Reflex #2: Liberale sind für Religionsfreiheit. Es steht Menschen frei, sich im Bewusstsein der Folgen freiwillig unter eine absolutistisch ausgeübte Macht zu stellen. Wenn einige hunderttausend Christen im Bistum Limburg in der katholischen Kirche dem Bischof unterstellt sein möchten, ist es allein deren Angelegenheit.
Der springende Punkt ist nun: Die Christen des Bistums Limburg sind von ihrem Bischof jahrelang über die wahren Verhältnisse getäuscht worden. Die bisher bekannten 31 Millionen Euro sind nicht Verfügungsmasse des Bischofs, sondern nach meinem Verständnis Eigentum der Christen dieses Bistums. Man kann damit auch die Sanierung von Kirchen finanzieren, die Seelsorge, die Mission oder die Hilfe für die Armen in Indien.
Dass die Christen des Bistums und ihre Vertreter in den entsprechenden Gremien nicht die Spur einer Chance hatten, über die Verwendung dieses Geldes mit zu entscheiden, kann ich als Liberaler und christlich geprägter Mensch nicht richtig finden.
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