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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 91 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Doeding Offline




Beiträge: 2.612

04.05.2014 17:29
#26 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #24
Zitat von xanopos im Beitrag #19

Was war noch mal die Story in Oblivion? Total unwichtig.

Exakt. Aber genau das ist der Punkt: Es ist eine lebendige Welt und die Vorgaben an die Geschichte sind extrem schwach ausgeprägt. Das war schon in Daggerfall und Morrowind der Fall, die Handlung tritt in den Hintergrund, stattdessen wird eine Welt von Phantasie und Fremdheit präsentiert, die man stundenlang bereisen kann, ohne sich darum zu scheren, was vielleicht irgendein Gamedesigner für eine Hauptquest geschnürt hat. In Kinderwelten von Möchtegerngangstern (GTA) kenne ich mich nicht aus, aber eins ist die Welt von Tamriel sicher nicht: Austauschbar. Es ist gerade die Eigenschaft der Elder Scroll Serie, dass etwas sehr eigenes vorgestellt wird. Wenn Sie keinen Zugang dazu finden, ist Ihnen das unbelassen.



Ist zwar etwas OT, aber bildet Oblivion nicht Kern von Fallout 3? Für mich das faszinierendste Spiel, das ich je gespielt habe (waren aber nicht sehr viele), einfach wegen der "richtigen" open world (anders als bei GTA). Hier kann man schon bis zu einem gewissen Grad selbst aktiv werden, und die story passt sich z. T. sogar adaptiv den Spielerentscheidungen an. Das ging m. E. schon fast ein wenig in Richtung des Blogbeitrags und war für mich sehr faszinierend. Um das hier nochmal zu sagen: für mich sind virtuelle Realitäten alles andere als Teufelszeug; mich gruselt lediglich bei dem Gedanken, daß sie für Menschen sozusagen zur "ersten" Welt werden könnte, weil sie in der Realität keinen Platz mehr finden und niemand sie mehr "braucht".

Herzliche Grüße,
Andreas

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

04.05.2014 17:51
#27 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #22
Dem möchte ich entgegenhalten, dass dies absolut unmöglich ist. Wenn eine dieser beiden Welten ohne die andere auskommen würde, dann ist es die reale. Denn sie erschafft die virtuelle.

Ich meinte das vielmehr so: Es wird einmal so sein, dass Sie vor einem Glas Wasser sitzen, es ansetzen und trinken werden, ohne danach sagen zu können ob es real war oder virtuell. Was ist dann, in diesem Falle, die Realität?

Zettel beschäftigte sich ja in seinem oben verlinkten Beitrag über die Realität auch mit der "Realität des Traumes" (nenne ich es einmal). Diese Fragestellungen wird noch sehr viel vertrackter werden bei solch virtuell erschaffenen Träumen, würde ich zumindest erwarten. Natürlich könnte man die Realität, wie Sie vorschlagen, als das definieren, was notwendig ist das Virtuelle zu erschaffen. Was aber, wenn Sie sich in einer Position befinden, aus der heraus Sie nicht mehr beurteilen können, was (virtuell) erschaffen wurde und was nicht? Das alles mag phantastisch klingen, aber ich glaube es wird, nicht mehr allzuweit entfernt in der Zukunft, "Realität" werden. Im wahrsten Sinne dieses Wortspieles.

Ich bin in der Philosophie nicht sehr bewandert, aber gibt es nicht auch dort die Erkenntnis, welche besagt dass unsere Wahrnehmumg letztendlich die Realität bestimmt. "Die Welt als Wille und Vorstellung" von Schopenhauer, besagt sie nicht etwas in dieser Richtung? Das Prinzip ist ja auch aus den Naturwissenschaften bekannt. Ob sie eine Welle oder ein Teilchen sehen, entscheidet sich durch die Art wie sie "hinschauen" und Ihre Wahrnehmung entscheidet damit gleichzeitig über das, was wir als Realität im Allgemeinen verstehen. Oder wie anders wäre die Welt alleine schon, wenn wir andere Sinnesorgane als die gegebenen hätten!?
In diesem Sinne die Realität als das zu definieren was die Virtualität erschafft, was zuerst da war, ist heikel, denn die Wahrnehmung scheint zumindest auch ein bedeutentes Element zu sein. Möglicherweise das Entscheidende!?

Das alles ist natürlich reine Spekulation, aber ich glaube einige dieser "alten philosophischen Fragen" zu Wahrnehmung und Realität werden mit dem Aufkommen von solch virtuellen Realitäten zu neuer ungeahnter Aktualität gelangen und möglicherweise in völlig neuem Licht erscheinen. Ich mag mich aber auch täuschen.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Solus Offline



Beiträge: 384

04.05.2014 17:57
#28 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #21
Ich glaube, dass hier in der Tat der entscheidende Punkt liegt. Die virtuelle Welt wird irgendwann in der Lage sein, die Reale 1:1 zu ersetzen. Das halte ich zumindest für sehr wahrscheinlich. Dies liegt vor allem daran, dass man mit diesen dann existierenden virtuellen Welten, anders als mit der durch Bücher angeregten Phantasie direkt und real empfindend interagieren kann. Insofern ist es sogar noch einmal eine Stufe über die "Realität des Traumes hinaus", die auch Zettel in seiner Abhandlung betrachet.

http://en.wikipedia.org/wiki/Lucid_dream
Insofern eher das Erreichen der selben Stufe, was Ihren Schlussfolgerungen freilich keinen Abbruch tut.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

04.05.2014 18:37
#29 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #24
An ihrem vielleicht. Der Vorteil des Nerds mag darin bestehen, dass er in bischen mehr in die Abstimmung seiner Hardware investieren kann und will.
Natürlich kann man, aber als spielender Schüler/Student war das Hardware-Budget nicht so üppig.

Zitat
Es ist eine lebendige Welt und die Vorgaben an die Geschichte sind extrem schwach ausgeprägt.

Es ist eben keine lebendige Welt, jeder Ameisenhaufen bietet mehr Abwechslung. Ich kann ich der Welt von Morrowind/Oblivion/??? eben nicht das tun was ich will, sondern nur Haupt- und Nebenquests absolvieren. Ich darf zwar die Welt retten, aber nicht einmal die Dorfschönheit zum Dinner einladen.

Zitat
aber eins ist die Welt von Tamriel sicher nicht: Austauschbar.

Es ist das 127. Fantasyuniversum in dem es Orks, Elfen, Zwerge und Zauberer gibt.


Bitte denken Sie an die Umwelt bevor Sie diesen Kommentar ausdrucken

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.424

04.05.2014 18:49
#30 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Solus im Beitrag #28
http://en.wikipedia.org/wiki/Lucid_dream


Nicht ganz: im "luziden Traum/Klartraum" ist sich der Träumer genau bewußt, daß er/sie/xx träumt (meistens zeigt es sich daran, daß die Reflektionsfähigkeit ebenso frei & situationsunabhängig eingesetzt werden kann wie im RL; mitunter kommt auch ein leichtes Bewußtwerden des - in diesem Fall realen, also des schlafenden Körpers hinzu; ausgelöst werden Klartraumphasen i.d.R. durch solche situationsunabhängigen Reflektionen, zB den Versuch, sich zu erinnern); die irritierende Verwirrung ensteht beim "falschen Erwachen", wenn das Traumerlebnis die Umstände des Erwachens & Aufstehens reproduziert & dem Träumer dies als reale Erfahrung erscheint.

http://en.wikipedia.org/wiki/False_awakening

Descartes' Traumerlebnis(se), die den Anlaß für die Meditationen über die erste Philosophie von 1641 gaben (die Idee des "bösen Dämons", der dem Ich die Illusion der Welt vorgaukelt), sind sicher das bekannteste Beispiel.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

04.05.2014 20:17
#31 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #17

Während das Beobachten und Erleben von Naturphänomenen und Landschaften mich außerordentlich neugierig macht.


Es gibt die These, dass die Leistungsexplosion beim Bergsteigen der 1930er-Jahre dem Umstand geschuldet war, dass die Weltwirtschaftskrise 1929 etliche junge Männer aus dem Produktionsprozess freigesetzt hatte und jene jungen Männer folglich die Muße hatten, für ihre alpinen Abenteuer zu trainieren und diese zu bewältigen. Mangels Spielekonsole mussten diese Nichtgebrauchten in eine Wand einsteigen.

Das Bergsteigen ist natürlich keine virtuelle, sondern eine höchst reale Realität, aber es unterscheidet sich vom Zivilisationsalltag dadurch, dass beim Bergsteigen andere Regeln gelten als im Tal, nämlich viel archaischere, einfachere Regeln, deren Einhaltung nicht nur über ein besseres oder schlechteres Ergehen, sondern über Leben und Tod entscheiden kann. Es ist richtiges Leben, jedoch konzentriert auf spannende Momente. Insofern erfüllte die höchst reale Realität des Bergsteigens seinerzeit wohl dieselbe Funktion wie die virtuelle Realität heute.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.05.2014 20:44
#32 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #27
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #22
Dem möchte ich entgegenhalten, dass dies absolut unmöglich ist. Wenn eine dieser beiden Welten ohne die andere auskommen würde, dann ist es die reale. Denn sie erschafft die virtuelle.

Ich meinte das vielmehr so: Es wird einmal so sein, dass Sie vor einem Glas Wasser sitzen, es ansetzen und trinken werden, ohne danach sagen zu können ob es real war oder virtuell. Was ist dann, in diesem Falle, die Realität?

Ich nannte ja die Theorie des Holodecks. In diesem Fall weiß ich es aber. Ich lasse mich bewusst darauf ein. Das ist eine wichtige Prämisse, denn ansonsten ist es Betrug und ein Verbrechen möglicherweise noch dazu. Schließlich ginge es dann auch um Freiheitsberaubung. Die Virtualität kann übrigens auch ohne aufwendige Technik mit der Realität verschmelzen - wie in der Truman-Story, aber das nur nebenbei.
Also sollte ich schon wissen und selbst entscheiden können, ob ich eine virtuelle oder die reale Welt betrete.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #27
Zettel beschäftigte sich ja in seinem oben verlinkten Beitrag über die Realität auch mit der "Realität des Traumes" (nenne ich es einmal). Diese Fragestellungen wird noch sehr viel vertrackter werden bei solch virtuell erschaffenen Träumen, würde ich zumindest erwarten. Natürlich könnte man die Realität, wie Sie vorschlagen, als das definieren, was notwendig ist das Virtuelle zu erschaffen. Was aber, wenn Sie sich in einer Position befinden, aus der heraus Sie nicht mehr beurteilen können, was (virtuell) erschaffen wurde und was nicht? Das alles mag phantastisch klingen, aber ich glaube es wird, nicht mehr allzuweit entfernt in der Zukunft, "Realität" werden. Im wahrsten Sinne dieses Wortspieles.

Das sind erst einmal sehr spekulative Ängste die eine Verschwörung voraussetzen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass ich getäuscht werde um mich manipulieren zu können. Das setzt eine Diktatur voraus.
Also muss erst einmal diese Diktatur entstehen bevor ich vor etwas so Wunderbarem wie einer wirklichkeitsgetreuen Virtualität zurückschrecken sollte. Die Bedingungen unter denen sich Wissenschaft entwickelt, werden doch nicht durch die Entwicklungen selbst geändert. Das wäre ein Zirkelschluss, oder?
Zettel hat sich ja in dem Beitrag über individuelle Realitäten und die des gesellschaftlichen Konsens Gedanken gemacht. Wir werden allerdings laufend mit verschiedenen Realitäten konfrontiert und die meisten Menschen wünschen dies. Wie öde wäre das Leben mit nur der eigenen Realität.
Es ist ja gerade unsere Neugierde, die andere individuelle Perspektiven, um mal ein anderes Wort zu gebrauchen, sucht und als Quelle für Erkenntnisse nutzt. Das alles ist aber nicht virtuell, es gehört zu unserem Erleben der realen Welt - die wir nur nicht im Laufe unseres Lebens vollständig erfassen werden können.
Diese, eigentlich nicht wirklich, virtuelle Welt ist größtenteils auch nur ein Abbild dieser unbekannten realen Welten. Und damit gar nicht so irreal sondern vielmehr noch nicht erzählt worden.
Bei einer aktiven Beteiligung in wirklich virtuellen Welten müssen allerdings auch mögliche Handlungsstränge vorausgedacht werden oder besser vorausprogrammiert werden. Das ist selbst beim Holodeck von Star Trek so.
Das heißt, auch dort sitzen ganz reale Personen die ihre Fantasie plus ihre Realität in die Programme einfließen lassen. Also ist Virtualität der Einen die Realität der Anderen. Klar, es gibt Science Fiction. Aber irgendwann in dieser Gedankenbahn müssen wir uns dann fragen "was und wie viel kann Verstand und Vernunft, frei von aller Erfahrung, erkennen" (Kant, Kritik der reinen Vernunft).
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #27
Ich bin in der Philosophie nicht sehr bewandert, aber gibt es nicht auch dort die Erkenntnis, welche besagt dass unsere Wahrnehmumg letztendlich die Realität bestimmt. "Die Welt als Wille und Vorstellung" von Schopenhauer, besagt sie nicht etwas in dieser Richtung? Das Prinzip ist ja auch aus den Naturwissenschaften bekannt. Ob sie eine Welle oder ein Teilchen sehen, entscheidet sich durch die Art wie sie "hinschauen" und Ihre Wahrnehmung entscheidet damit gleichzeitig über das, was wir als Realität im Allgemeinen verstehen. Oder wie anders wäre die Welt alleine schon, wenn wir andere Sinnesorgane als die gegebenen hätten!?

Tja, und was sagt Zettel dazu? Ich zitiere mal aus Ihrem Link, auch weil ich dem voll und ganz zustimme:

Zitat von Realität in acht Päckchen
Wenn jede Gruppierung über ihre eigene Wahrheit verfügt, kann Wahrheit leicht zur Verfügungsmasse dieser Gruppierung (und zum Mittel der Herrschaft über ihre Mitglieder) werden. Ein Wahrheitsbegriff, der Wahrheit so eng mit Interesse verknüpft, führt leicht dazu, daß Wahrheit in den Dienst des Interesses gestellt wird. Ich habe das mit dem Beispiel des Marxismus illustriert.


um zu folgender Erkenntnis zu gelangen:

Zitat von Realität in acht Päckchen
Die Geschichte der empirischen Wissenschaften zeigt, daß auf diese Weise kumulativ - in einem Prozeß, an dem Euklid und Eratosthenes ebenso mitgewirkt haben wie Descartes, Newton und die heutigen Wissenschaftler - ein Bild der Realität entsteht, das überhaupt nicht den Charakter einer gesellschaftlichen Konstruktion hat. Dieses Bild der Realität gründet sich nicht auf den Konsensus innerhalb irgendeiner Gruppe, sondern auf seine Konsequenzen für das Handeln. Sie sind für jeden dieselben, der sich in die betreffende Handlungssituation begibt.


Also anstatt den gesellschaftlichen Konsens als Realität anzunehmen, sind es die Konsequenzen die sich aus dem Handeln aus diesem Konsens heraus ergeben. Das ist es was ein weitestgehend objektiver Historiker dann als Geschichte niederschreibt. (Übrigens, das wird Sie interessieren, in der Ethik Konsequenzialismus genannt und Teil der teleologischen Ethik)

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #27
In diesem Sinne die Realität als das zu definieren was die Virtualität erschafft, was zuerst da war, ist heikel, denn die Wahrnehmung scheint zumindest auch ein bedeutentes Element zu sein. Möglicherweise das Entscheidende!?

Dann täuscht die Wahrnehmung, ein bisschen Illusion ist ja ganz schön, aber eine Selbsttäuschung? Ich zitiere noch einmal:

Zitat von Realität in acht Päckchen
Die Rolle von Wahrnehmungstäuschungen in der Erkenntnistheorie und in der Psychologie läßt eine interessante Parallele erkennen: Täuschungen in bestimmten Fällen werden als in gewisser Hinsicht repräsentativ für sinnliche Erkenntnis schlechthin verstanden. Dabei wird, wie Gibson hervorgehoben hat, die besondere Situation übersehen, in der Täuschungen in der Regel auftreten. Sie entstehen, wenn die sensomotorischen Verbindungen nicht oder nicht hinreichend funktionieren, über die normalerweise Wahrnehmung und Handeln aufeinander abgestimmt werden.

Das ist der für unser Thema fundamentale Sachverhalt. In der wissenschaftlichen Forschung nennen wir das hypothesengeleitetes Experimentieren und empirisches Validieren von Hypothesen.


Was ich sagen will ist: Virtuell ist nur die Darstellung dieser Welten in Filmen, Büchern und Spielen. Sie haben einen realen Bezug auf reale Perspektiven von realen Menschen. Und weil dies erkannt wird, bewusst oder unbewusst, wird die Neugierde angeregt.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.05.2014 20:48
#33 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #31
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #17

Während das Beobachten und Erleben von Naturphänomenen und Landschaften mich außerordentlich neugierig macht.


Es gibt die These, dass die Leistungsexplosion beim Bergsteigen der 1930er-Jahre dem Umstand geschuldet war, dass die Weltwirtschaftskrise 1929 etliche junge Männer aus dem Produktionsprozess freigesetzt hatte und jene jungen Männer folglich die Muße hatten, für ihre alpinen Abenteuer zu trainieren und diese zu bewältigen. Mangels Spielekonsole mussten diese Nichtgebrauchten in eine Wand einsteigen.

Das Bergsteigen ist natürlich keine virtuelle, sondern eine höchst reale Realität, aber es unterscheidet sich vom Zivilisationsalltag dadurch, dass beim Bergsteigen andere Regeln gelten als im Tal, nämlich viel archaischere, einfachere Regeln, deren Einhaltung nicht nur über ein besseres oder schlechteres Ergehen, sondern über Leben und Tod entscheiden kann. Es ist richtiges Leben, jedoch konzentriert auf spannende Momente. Insofern erfüllte die höchst reale Realität des Bergsteigens seinerzeit wohl dieselbe Funktion wie die virtuelle Realität heute.


You make my day!

Viele Grüße, Erling Plaethe

HR ( gelöscht )
Beiträge:

04.05.2014 21:27
#34 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Ich denke nicht, daß die Zahl beschäftigungsloser Menschen in Zukunft steigt.
Es wird neue Märkte und neue Berufe geben, die wir heute noch nicht erahnen.
Und es bleibt abzuwarten, ob diese virtuellen Parallelwelten dem Menschen nicht zu anstrengend werden, anstrengender als die Realität.
Ein völliges Abtauchen in diese Welten setze ich mit einer schweren Depression gleich.
Da blühen dann die psychologischen Praxen, denn der Leidensdruck wird die Menschen in die reale Welt zurück treiben.
Was ist z.B mit Sex in den virtuellen Welten? Keine Simulation wird das Fleisch und Blut je ersetzen können,
welches man nur in der realen Welt sich erringen kann.
Nein, ich glaube überhaupt nicht an dieses Szenario.Der Mensch strebt nach Glück und wird schnell erkennen,
daß er dieses nur in der realen Welt findet.Nur diese macht satt und zufrieden, kann unsere Triebe und Bedürfnisse befriedigen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

05.05.2014 01:12
#35 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #26
Ist zwar etwas OT, aber bildet Oblivion nicht Kern von Fallout 3?

Jein. Genaugenommen basieren beide auf einer gemeinsamen Engine (daher auch manche Ähnlichkeit zwischen beispielsweise Gesichtern oder Spielmechanik) und sind auch von den selben Leuten entwickelt, es sind aber schon sehr unterschiedliche Spiele. Tatsächlich ist die Welt von Oblivion noch deutlich offener als die von Fallout, das mag aber auch mein persönliches Empfinden sein.

Zitat
mich gruselt lediglich bei dem Gedanken, daß sie für Menschen sozusagen zur "ersten" Welt werden könnte, weil sie in der Realität keinen Platz mehr finden und niemand sie mehr "braucht".


Ich habe meine Beurteilung dessen noch nicht abgeschlossen, ich bin mir nicht sicher. Aber die Frage war ja auch weniger wie man es empfindet als die Frage ob es so kommen könnte.

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

05.05.2014 01:21
#36 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #29
Natürlich kann man, aber als spielender Schüler/Student war das Hardware-Budget nicht so üppig.

Mag wohl sein, nur machen Sie an der Stelle ein Produkt dafür verantwortlich, dass Ihnen der finanzielle Background (oder Wille) fehlt, es richtig einsetzen zu können.

Zitat
Es ist eben keine lebendige Welt, jeder Ameisenhaufen bietet mehr Abwechslung. Ich kann ich der Welt von Morrowind/Oblivion/??? eben nicht das tun was ich will, sondern nur Haupt- und Nebenquests absolvieren. Ich darf zwar die Welt retten, aber nicht einmal die Dorfschönheit zum Dinner einladen.


In Skyrim können Sie die Dorfschönheit sogar heiraten. Und viele Leute nutzen die Elder Scrolls um Dinge zu tun, die nicht Teil von irgendwelchen Storylines ist. Manche richten sich Häuser ein. Andere erfinden Gegenstände, Quests, Personen, es gibt eine Unmenge an Modifikationen und Erweiterungen. Wenn das alles nicht ihre (!) Welt ist, oder Sie (!) nicht anspricht, ist das vollkommen in Ordnung. Aber das hat mit Ihnen zu tun und nicht mit der Grundlage. Millionen von Leuten sehen das anders.

Zitat
Es ist das 127. Fantasyuniversum in dem es Orks, Elfen, Zwerge und Zauberer gibt.


Und es ist sogar das 128. Universum, dass Schwerkraft aufweist, eine Sonne am Himmel stehen hat keine Maschinengewehre implementiert. Natürlich gibt es Dinge, die wir in einem Phantasyspiel als normal empfinden, dazu gehören für viele Leute eben auch Orks, Elfen oder Magie. Dennoch ist die Welt einzigartig, ihre Bauten sind ungewöhnlich, die bevölkernden NPCs sind mit sehr viele Details erschaffen worden. Ich wüsste nicht womit ich es vergleichen sollte.

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

05.05.2014 01:32
#37 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von HR im Beitrag #34
Es wird neue Märkte und neue Berufe geben, die wir heute noch nicht erahnen.

Ja, das wird passieren. Aber wie kommen Sie darauf, lieber HR, das diese Berufe von Leuten ausgeübt werden können, die schon für die heutigen Berufe die nötige Qualifikation nicht erbringen können ?

Zitat
Ein völliges Abtauchen in diese Welten setze ich mit einer schweren Depression gleich.


Den Satz verstehe ich nicht, bzw. der macht für mich keinen Sinn. Eine schwere Depression ist zumindest in meinem laienhaften Verständnis eine Erkrankung des Antriebes. Das Abtauchen in andere Welten dagegen ist eine Flucht oder eine Ersatzbefriedigung. Beides sind keine Erkrankungen des Antriebes. Sonst wäre ja jeder Drogensüchtige depressiv.

Zitat
Was ist z.B mit Sex in den virtuellen Welten? Keine Simulation wird das Fleisch und Blut je ersetzen können, welches man nur in der realen Welt sich erringen kann.


Da ist die heutige Realität aber schon lange an Ihnen vorbeigezogen, lieber HR. Man geht davon aus, dass zehn Prozent des heutigen Netzverkehrs pornographischer Natur ist. Und Pornographie wird gerne konsumiert, um - frei nach Woody Allen - Sex mit einem Menschen zu haben, den man sehr, sehr gerne hat. Für viele Menschen ist das de facto bereits die Ersatzbefriedigung in ihrem Leben geworden, ganz ohne jede Simulation. Haben Sie sich mal gefragt, was den Erfolg von Second Life ausgemacht hat ? Oder wie etwas wie Telefonsex existieren kann ? Da Sex zu 99% im Kopf stattfindet halte ich gerade diese Form von Transfer aus dem realen Leben für absolut gesetzt. Das bischen physikalische Stimulation macht da kein größeres Problem. Völlig unabhängig vom angesprochenen Arbeitsprozess, wo ich mir durchaus bewusst bin, dass ich mich ebensogut irren kann, würde ich auf die Frage, ob es bald virtuellen Sex geben wird, eine teure Wette eingehen.

Zitat
Der Mensch strebt nach Glück und wird schnell erkennen, daß er dieses nur in der realen Welt findet.


Wenn dem so ist, ist es erstaunlich wie viele unglückliche Menschen es gibt.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

05.05.2014 07:38
#38 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #36
Zitat von xanopos im Beitrag #29
Natürlich kann man, aber als spielender Schüler/Student war das Hardware-Budget nicht so üppig.

Mag wohl sein, nur machen Sie an der Stelle ein Produkt dafür verantwortlich, dass Ihnen der finanzielle Background (oder Wille) fehlt, es richtig einsetzen zu können.
Das Spiel läuft auch bei mir, nicht perfekt, aber spielbar.

Zitat
In Skyrim ...

Und das läuft bei mir definitiv nicht mehr. Worüber ich als ehemaliger Spielesüchtiger gar nicht traurig bin.

Zitat
Wenn das alles nicht ihre (!) Welt ist,

Das ist nicht mehr meine Welt. Dafür bin ich sehr dankbar.


Bitte denken Sie an die Umwelt bevor Sie diesen Kommentar ausdrucken

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

05.05.2014 09:24
#39 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #32
[...]
Lieber Erling Plaethe,

vielen Dank für die Zeit, welche Sie sich für Ihre ausführlichen Ausführungen, aus denen ich viel entnehmen konnte, genommen haben. Auch wenn es ist immer unangenehm ist, wenn die Wahrheit vor einem liegt, man sie nicht als solche erkennt und darauf hingewiesen werden muß:

Zitat von Realität in acht Päckchen
Die Geschichte der empirischen Wissenschaften zeigt, daß auf diese Weise kumulativ - in einem Prozeß, an dem Euklid und Eratosthenes ebenso mitgewirkt haben wie Descartes, Newton und die heutigen Wissenschaftler - ein Bild der Realität entsteht, das überhaupt nicht den Charakter einer gesellschaftlichen Konstruktion hat. Dieses Bild der Realität gründet sich nicht auf den Konsensus innerhalb irgendeiner Gruppe, sondern auf seine Konsequenzen für das Handeln. Sie sind für jeden dieselben, der sich in die betreffende Handlungssituation begibt.


Vielleicht mag es immerhin den Nutzen haben, dass auch andere außer mir etwas lernen konnten. Worüber ich möglicherweise gestolpert bin und auch immer noch stolpere ist die Tatsache, dass es wohl eine „objektive Realität“ gibt aber keine objektive Wahrnehmung derselben.

Zitat
Das sind erst einmal sehr spekulative Ängste die eine Verschwörung voraussetzen.

Nur um da nicht falsch verstanden zu werden: Es sind keine Ängste, die ich vor einer Welt habe in der Realität und Virtualität zum Verwechseln ähnlich erscheinen können und ich meinte damit auch durchaus Situationen in die man sich freiwillig begibt und in denen die eigenen Wahrnehmung nicht ausreicht zu unterscheiden. Aber Sie haben natürlich Recht, dass diese unterstellte Freiwilligkeit entscheidend ist.

Letztendlich ist es wahrscheinlich lediglich, wie Llarian beschrieben hat, das höhere Suchtpotential von Virtualitäten mit denen man interagieren kann, ohne einen Unterschied zum normalen Realitätsempfinden zu bemerken. Und dazu könnte sich dann ein noch breiteres und größeres gesellschaftliches Bedürfnis nach Realitätsflucht gesellen.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Elmar Offline



Beiträge: 282

05.05.2014 09:58
#40 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Solus im Beitrag #25
[Auch wenn ich mich mit der Prognose vielleicht auf ein wenig dünnes Eis begebe: Ich halte für es für nicht nur wahrscheinlich, sondern nahezu sicher, dass es noch in diesem Jahrhundert möglich werden wird, einen Computer eine Geschichte von Anfang bis Ende schreiben zu lassen. Ob das Niveau an die großen Schriftsteller heranreichen wird sei dahingestellt, aber das verlangt denke ich auch kaum jemand von einem Spiel.
Stellen Sie sich vor, sie könnten dem Computer die Rahmenbedingungen vorgeben; in welchen ganz groben Bahnen sich das ganze bewegen soll, was absolut nicht vorkommen soll, was vorkommen muss und inwieweit der Computer die aufgestellten Regeln biegen darf, um ein Überraschungsmoment einzubringen.

Mir ist natürlich klar, dass schon das Verfassen sinnvoller Texte momentan noch als eine der großen ungelösten Herausforderungen gilt, aber nach allem was ich weiß, deuten die Zeichen doch recht eindeutig darauf hin, dass das nichtmehr allzu lange so bleiben wird, auf einer Skala von Jahrzehnten gesprochen.

Ich denke das Eis auf das sie sich begeben ist ziemlich sicher und fest. Sie müssen auch nicht so lange warten, Computer können das bereits wenn auch nicht unbedingt auf hohem Niveau (was dann ja auch sehr menschlich ist ):
Falls jemand schnell ein neues Gedicht haben will:RKCP
Die letzte Version ist allerdings auch schon mehr als 10 Jahre alt. Der Grund wieso sie noch keine Bücher vom Autor "Computer" bekommen, sit wohl eher, dass es keinen Markt dafür gibt.

Ein sehr interessantes aber teilweis auch erschreckendes Buch zu dem Thema ist Ray Kurzweils The Age of Spiritual Machines: When Computers Exceed Human Intelligence
Für mich ist nicht unbedingt die Frage Realität oder virtuelle Realität, sondern eher wie virtuell ist unsere Realität bereits?
Wir kommunizieren virtuell, kaufen unsere Waren virtuell, Fernsehen ist ja auch virtuell (selbst ein Teil der "Nachrichten" und damit ist nicht das Studio gemeint ).
Virtuelle Spiele sind da nur ein weiterer Bereich, der allerdings mehr Interaktion erlaubt als virtuelle Geschichten am Fernseher, mittlerweile auch mit "echten" virtuellen zwischenmenschlichen Beziehungen in Online Spiele wie Warcraft oder Elder Scrolls Online (um den Bezug zu Oblivion beizubehalten)
Das ist auch nicht auf den privaten Bereich beschränkt. Meetings und Besprechungen finden ja vermehrt nicht mehr real statt, sondern immer mehr virtuell mit Telefon- und Videokonferenzen.

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

05.05.2014 11:57
#41 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Liebe Blogger,

Ist die Kunst (oder meinetwegen wie auch immer geartete Kunstwelten) Trallala für den Sonntag oder für abends, etwas, woran man sich nicht "verlieren" darf?

Muss man darauf achten, dass man da rechtzeitig zum Dienstbeginn am Montag wieder rauskommt?

Steve Jobs pflegte immer zu sagen, wir (also die maßgeblichen Apple-Leute) sind keine Ingenieure, wir sind Künstler. Das war für Montag bis Samstag gedacht (Analogie für Deutschland: bis Freitag ) und ausdrücklich nicht nur für den Sonntag. Alle großen Produktideen sind künstlerisch !!!!, - insofern der Begriff nicht verengt, also inadäquat gedacht wird - , und mitnichten eine Sache von Erbsenzählern und Buchhaltern, von Politikern schon mal erst recht nicht.

Kunst versus "richtige" Welt da draußen? Fluchtwelten? Eine solche Sicht der Dinge gefällt mir gar nicht.

En passant: Wir befinden uns in einem Blog, dessen Gründer die Literatur als Namenspate herangezogen hat. Er wird sich was dabei gedacht haben. Der allererste archivierte Artikel aus 2006 ist einem Künstler gewidmet.

Ein weiterer Gedankensplitter: Ludwig Erhard (als "typischer" Politiker gescheitert, weil er ein untypischer sein wollte) war nie der Meinung, dass seine Wirtschaftskonzeption, also die berühmte soziale Marktwirtschaft, dazu da ist, das Hamsterrad zu beschleunigen, vielmehr um da rauszukommen, um Zeit zu gewinnen für Wichtigeres. Er war sehr kunstinteressiert und - wie äußerlich schon erkennbar – namentlich auch an einem kommoden Wohlleben, Büroarbeit und Aktenfresserei waren ihm verhasst. O-Ton: Wohlstand ist eine Grundlage, aber kein Leitbild für die Lebensgestaltung.

Was spricht also dagegen, wenn idiotische Arbeiten von nicht-menschlichen Sklaven, sprich von Computern und anderen Maschinen, übernommen werden?

Herzliche Grüße
am Montag - typische Arbeitszeit jetzt eigentlich , dennoch bloglesend/schreibend - tsss, tsss - muss mir das peinlich sein?

Dennis

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.254

05.05.2014 12:10
#42 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #39

Zitat von Realität in acht Päckchen
Die Geschichte der empirischen Wissenschaften zeigt, daß auf diese Weise kumulativ - in einem Prozeß, an dem Euklid und Eratosthenes ebenso mitgewirkt haben wie Descartes, Newton und die heutigen Wissenschaftler - ein Bild der Realität entsteht, das überhaupt nicht den Charakter einer gesellschaftlichen Konstruktion hat. Dieses Bild der Realität gründet sich nicht auf den Konsensus innerhalb irgendeiner Gruppe, sondern auf seine Konsequenzen für das Handeln. Sie sind für jeden dieselben, der sich in die betreffende Handlungssituation begibt.

Vielleicht mag es immerhin den Nutzen haben, dass auch andere außer mir etwas lernen konnten. Worüber ich möglicherweise gestolpert bin und auch immer noch stolpere ist die Tatsache, dass es wohl eine „objektive Realität“ gibt aber keine objektive Wahrnehmung derselben.


Wieso sollte es keine objektive Wahrnehmung einer von Ihnen akzeptierten objektiven Realität geben? Verwechseln Sie hier objektiv mit absolut? In einem gegebenen, gleichen Kontext (Handlungssituation nach Zettel) nehmen wir (Menschen) das Gleiche wahr, wie unsere Mitmenschen.

Die verschiedenen Beobachtungen der Realität, sind [...] den verschiedenen Beobachterstandpunkten geschuldet, gleichwohl ist jede Beobachtung eine objektive Wahrnehmung, je nachdem, wo der Beobachter steht.

Mit freundlichem Gruß

EDIT: [...] dort stand somit, was aber keinen Sinn ergibt. Mit Beobachter ist durchaus auch ein Messinstrument gemeint.

--
Political language – and with variations this is true of all political parties, from Conservatives to Anarchists – is designed to make lies sound truthful and murder respectable, and to give an appearance of solidity to pure wind – Eric A. Blair

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

05.05.2014 13:22
#43 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #42
Wieso sollte es keine objektive Wahrnehmung einer von Ihnen akzeptierten objektiven Realität geben?

Ich meinte damit, dass die Möglichkeiten, welche Sie selbst zur Wahrnehmung haben, das bestimmen, was Sie auch wahrnehmen können. Das ist keine reine Frage des Standpunktes, sondern auch eine Frage der zur Verfügung stehenden Detektoren und in einer Hinsicht sogar eine Frage von grundsätzlicher Natur (Heisenbergsche Unschärferelation).

Nehmen sie einen Hügel mit Baumbestand, der viele Vögel beheimatet, während des Farbenspiels eines Sonnenaufgangs. Ein Blinder Mensch wird zu einer anderen Wahrnehmung der Realität kommen als ein gehörloser, obgleich die zugrunde liegende Realität objektiv ist.

Oder das konkrete Beispiel über das ich im Speziellen sofort stolpere: Was ist die objektive Wahrnehmung eines Teilchens im Sinne der quantenmechanischen Wellenfunktion? Über die Wahrnehmung selbst wird schon ein Teil der Realität „eliminiert“, die es aber trotzdem vorher gab. Der Beobachter ist also selbst Teil der beobachteten Realität, ohne ihn würde sie anders erscheinen. Trotzdem: Alles ist reproduzierbar und gleiches Handeln hat immer die gleichen Auswirkungen. Diese Definition der Realität funktioniert also, doch wie sollte man ihre objektive Wahrnehmung definieren können?

Oder über Heisenbergs Unschärferelation betrachet: Der Zustand eines Teilchens ist partiell über seine Beobachtung determiniert, während gleichzeitig ein anderer Teil seines Zustands (abhängig von der Art der Beobachtung) im Verborgenen bleibt. Über die "Realität" des Zustands kann man also nur begrenzt eine Aussage treffen. Was könnte man in diesem Sinne als objektive Wahrnehmung interpretieren?

Ich glaube ich war dem Fehlschluß erlegen, dass dies die Relativität (oder zumindest Unschärfe) der Realität bedeutet. Tut es aber nicht. Es ist die Relativität der Beobachtung. Das ist mit klar geworden - Zumindest glaube ich gerade, dass mir klar geworden ist, das mir genau das vorher unklar war…

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

05.05.2014 13:33
#44 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #43
Oder das konkrete Beispiel über das ich im Speziellen sofort stolpere: Was ist die objektive Wahrnehmung eines Teilchens im Sinne der quantenmechanischen Wellenfunktion? Über die Wahrnehmung selbst wird schon ein Teil der Realität „eliminiert“, die es aber trotzdem vorher gab. Der Beobachter ist also selbst Teil der beobachteten Realität, ohne ihn würde sie anders erscheinen.
Das subatomare Teilchen ist doch objektiv da.

Zitat
Der Zustand eines Teilchens ist partiell über seine Beobachtung determiniert, während gleichzeitig ein anderer Teil seines Zustands (abhängig von der Art der Beobachtung) im Verborgenen bleibt.

Bleibt da wirklich etwas im Verborgenen? Ich habe die Heisenbergs Unschärferelation immer als Unbestimmtheitsrelation aufgefasst. Mehr kann man nicht wissen.


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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.05.2014 14:47
#45 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #1
Ich habe mir mal hier und hier ein paar Gedanken zu Zukunft und Realität gemacht.

Ein interessantes Thema. Mit mehreren Ebenen.

1.)

Zitat
Die Menschen fallen aus dem Arbeitsprozess heraus, das halte ich für gesetzt


Dem widerspreche ich fundamental. Die künftigen technischen Entwicklungen werden genausowenig zu mehr Arbeitslosigkeit führen wie alle Entwicklungen vorher seit Beginn der industriellen Revolution vor über 200 Jahren.
Es gibt bisher auch nicht einmal den Ansatz zu mehr Arbeitslosigkeit wg. technischem Fortschritt. Im Gegenteil ist die Beschäftigenquote auf einem historischen Höchststand. Selbstverständlich können nicht alle Leute beliebig gut gebildet werden - aber Arbeit gibt es in Hülle und Fülle, auch und gerade für normal oder weniger qualifizierte Menschen.
Die aktuell noch vorhandene Arbeitslosigkeit liegt nicht am technischen Fortschritt, sondern
a) in Bildungsdefiziten, die nichts mit den geistigen Fähigkeiten der Betroffenen zu tun haben (in erster Linie fehlende Deutschkenntnisse),
b) einer Gesetzgebung, die einfache Arbeit verteuert und verkompliziert,
c) einer Sozialgesetzgebung die Arbeitsverweigerung durch Unterstützungszahlungen ermöglicht und
d) einem unvermeidbaren Rest an Arbeitsunfähigen wg. Krankheit etc.

Wir brauchen das aber hier nicht auszudiskutieren, weil es für die übrige Diskussion nicht wirklich nötig ist. Es muß gar nicht Hartz IV sein, auch als Berufstätiger kann man einen Mangel an Erfolgserlebnissen haben, der virtuelle Fluchten attraktiv macht.

2.)

Zitat
Es gibt einen erheblichen Unterschied, lieber Herr Weimer, zwischen dem was ich beschreiben wollte und dem, was sie in einem Buch erleben. In einem Buch (wie auch in einem Film) sind Sie ein stiller Beobachter, Sie können sich viel vorstellen, ihre Phantasie frei gleiten lassen und ihre Helden auf ihrem Wege begleiten, sich vielleicht auch mit diesen identifizieren. Aber Sie werden in aller Regel dabei keine Erfolgserlebnisse haben, nicht Sie sind der, der handelt, es ist ein anderer, den Sie begleiten. Die sich entwickelnden virtuellen Welten, heute würde man noch von Computerspielen sprechen, sind da ein ganz anderer Ansatz. Es wäre vergleichbar mit einem Buch, dass Sie selber schreiben, Geschichten, die Sie selber zu Papier bringen.


Es gibt den beschriebenen Unterschied zwischen Buch und Computerspiel - aber ich halte das nicht für wirklich relevant. Computerspiele bieten mehr eigene Aktionsmöglichkeiten, sind dafür aber deutlich eingeschränkter bei der Hintergrundgeschichte. Für mich ist es nur eine Frage der aktuellen Stimmung, ob ich lieber zur einen oder zur anderen Variante greife.
Wobei es ja sowieso noch viel mehr Möglichkeiten für Eskapismus gibt. Vom altbewährten Alkohol über Mediengenuß (incl. eben Bücher, Filme und Computer) bis hin zu Hobbies, die Abwechslung und Erfolgserlebnisse verschaffen. Und manche steigern sich halt ziemlich rein ...
Ich sehe bisher bei Computerspielen nichts grundlegend Neues.

Übrigens sind wohl gerade bei Hartz-IV-Empfängern der passive Mediengenuß (sprich Glotze) und die schlichten Konsolenspiele mit Ballern und Action vorherrschend, nicht die Flucht in komplexe Welten am PC.

3.)

Zitat
Hat man dagegen keine feste Vorstellung, so können virtuelle Welten unglaublich bombastisch sein.


Na ja. Schön gerenderte Graphiken gibt es tatsächlich viele. Über den Sound kann man schon streiten (den schalte ich meist aus).
Für den Spielspaß reicht das, aber es gibt bisher nichts, was ich wirklich als "virtuelle Welt" beschreiben würde in einem Sinn, daß ich ernsthaft einen Vergleich mit der Realität ziehen müßte. Da fehlt noch fast alles, das Riechen, Fühlen, Schmecken, das Körpererlebnis, die Rundumsicht ...
Und das meiste davon ist noch nicht einmal in Ansätzen technisch realisierbar.

Daher sehe ich nicht, daß die Wahl zwischen einer roten und einer blauen Pille sich in absehbarer Zeit (also in den nächsten drei bis vier Generationen) stellen wird.
Um die eigentliche Diskussion über diese Wahl zu führen, müßte man sich erst einmal verständigen, wie das genau aussehen würde. Wie ein beständiger Drogentraum ohne jeden Bezug zur Realität und ohne jemals aufzuwachen? Wäre man dann noch ein lebendiger Mensch oder eigentlich nur ein Wrack im Koma?

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

05.05.2014 15:32
#46 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #45
Übrigens sind wohl gerade bei Hartz-IV-Empfängern der passive Mediengenuß (sprich Glotze) und die schlichten Konsolenspiele mit Ballern und Action vorherrschend, nicht die Flucht in komplexe Welten am PC.
Ach, die alte Leier von simplen Konsolenspielen vs. komplexen PC-Spielen.
Ein Bekannter hat mal gestanden, mehr als 1 Jahr, also mehr als 8760 Stunden, mit WoW verbracht zu haben, das wären etwa 5 Jahre in einem 40 Stunden Job. Jahrelang auf Jobsuche, aber immerhin hat er dank Wow seine Frau kennengelernt.

Zitat
Da fehlt noch fast alles, das Riechen, Fühlen, Schmecken, das Körpererlebnis, die Rundumsicht ...
Und das meiste davon ist noch nicht einmal in Ansätzen technisch realisierbar.

Wollen wir wirklich die Abwasserkanäle einer Orkstadt riechen? Einen Schwerthieb spüren?


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monty Offline



Beiträge: 75

05.05.2014 15:53
#47 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #45
Für den Spielspaß reicht das, aber es gibt bisher nichts, was ich wirklich als "virtuelle Welt" beschreiben würde in einem Sinn, daß ich ernsthaft einen Vergleich mit der Realität ziehen müßte. Da fehlt noch fast alles, das Riechen, Fühlen, Schmecken, das Körpererlebnis, die Rundumsicht ...
Und das meiste davon ist noch nicht einmal in Ansätzen technisch realisierbar.

Die Industrie arbeitet jedenfalls mit Hochdruck daran, diese Sinne verfügbar zu machen. Gerade durch die Entwicklung der Virtual-Reality Brillen wie der Oculus Rift oder Sonys Morpheus wird Rundumsicht in Computerspielen problemlos möglich sein und die Immersion beträchtlich steigern. Was das generelle Körpergefühl angeht, ist es natürlich je nach Spielegenre unterschiedlich schwierig zu simulieren, trotzdem möchte ich zwei Beispiele liefern, für das was heute schon möglich ist.

*Als eher einfach zu simulierendes Genre eine Rennsimulation mit Bewegungsplattform zur Simulation der g-Kräfte und Head-Tracking durch VR-Brille. Dies in Verbindung mit hochwertigem Lenkrad und Pedalen fühlt sich dann schon verdammt echt an, auch wenn das insgesamt ein paar Euro kostet. Wem das nicht reicht, kann sich ja noch einen Ventilator für den Fahrtwind und ein offenes Glas Benzin für den Geruch hinstellen :-)

*Für Spiele, in denen man in Egoperspektive durch die Gegend läuft, gibt es jetzt auch die ersten Plattformen, siehe z. B. hier oder hier. Diese sind, im Gegensatz zu dem was bei Rennsimulation schon möglich ist, sicherlich noch nicht hunderprozentig ausgereift, es zeigt aber doch ganz klar, was möglich ist.

EDIT: Man möge mir bitte meinen Beitrag trotz der vielen Links nicht als Werbung auslegen. Ich finde diese ganzen Technologien einfach enorm spannend und habe das Gefühl, dass viele einfach noch nicht gesehen haben, was technisch alles machbar ist.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

05.05.2014 15:54
#48 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #46

Zitat
Da fehlt noch fast alles, das Riechen, Fühlen, Schmecken, das Körpererlebnis, die Rundumsicht ...
Und das meiste davon ist noch nicht einmal in Ansätzen technisch realisierbar.
Wollen wir wirklich die Abwasserkanäle einer Orkstadt riechen? Einen Schwerthieb spüren?



Warum nicht?

Herzliche Grüße,
Andreas

Florian Offline



Beiträge: 3.171

05.05.2014 16:08
#49 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #45
Zitat von Llarian im Beitrag #1

Zitat:Die Menschen fallen aus dem Arbeitsprozess heraus, das halte ich für gesetzt

Dem widerspreche ich fundamental. Die künftigen technischen Entwicklungen werden genausowenig zu mehr Arbeitslosigkeit führen wie alle Entwicklungen vorher seit Beginn der industriellen Revolution vor über 200 Jahren.
Es gibt bisher auch nicht einmal den Ansatz zu mehr Arbeitslosigkeit wg. technischem Fortschritt. Im Gegenteil ist die Beschäftigenquote auf einem historischen Höchststand. Selbstverständlich können nicht alle Leute beliebig gut gebildet werden - aber Arbeit gibt es in Hülle und Fülle, auch und gerade für normal oder weniger qualifizierte Menschen.



Absolut richtig!
Die Vorstellung, dass Produktivitätssteigerung durch technischen Fortschritt zwangsläufig zur Massenarbeitslosigkeit führt gibt es ja schon lange.
Hat sich aber nie bewahrheitet und ist auch für die Zukunft nicht zwingend.

Die großen Trends sprechen eher für das Gegenteil:

- In den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg ist die Produktivität deutlich stärker gestiegen als zuletzt.
Wenn Produktivitätssteigerungen von real 5% p.a. nicht zur Massenarbeitslosigkeit geführt haben, warum sollen es dann Produktivitätssteigerungen von aktuell 1-2%?
- Alle entwickelten Volkswirtschaften und auch alle Schwellenländer - von Europa bis China - altern demographisch. Das Verhältnis von Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter zur Gesamtbevölkerung wird sich weltweit dramatisch verschlechtern. Auf die arbeitsfähige Bevölkerung kommt also weltweit die riesige Aufgabe zu, immer mehr Menschen mitversorgen zu müssen. Die Arbeit wird für diese Menschen also kaum weniger werden.
- Der Anteil der Dienstleistungen am BIP steigt weltweit an. Richtig ist zwar, dass auch Dienstleistungen z.T. automatisiert werden können. Aber der Automatisierungsgrad wird hier auch in Jahrzehnten noch deutlich niedriger sein als aktuell im produzierenden Sektor. Diese Sektor-Verschiebung wird die relative Bedeutung des Produktionsfaktors Arbeit somit tendenziell eher sogar erhöhen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.05.2014 16:17
#50 RE: Von roten und blauen Pillen Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #46
Ach, die alte Leier von simplen Konsolenspielen vs. komplexen PC-Spielen.
Ein Bekannter hat mal gestanden, mehr als 1 Jahr, also mehr als 8760 Stunden, mit WoW verbracht zu haben, ...

WoW ist doch ein komplexes PC-Spiel.

Zitat
Wollen wir wirklich die Abwasserkanäle einer Orkstadt riechen? Einen Schwerthieb spüren?


Wenn man ernsthaft über rote vs. blaue Pille diskutieren will - dann will man wohl schon.

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