Und es ist sehr wahrscheinlich, daß dieses Urteil letztendlich überhaupt erst durch den NSA ermöglicht wurde was mein Mißtrauen gegenüber den Fähigkeiten der deutschen Sicherheitsdienste und Behörden bestärkt. Gut, ok. Die sind mit anderen Dingen beschäftigt und überlastet.
Aber wenn wir den Glauben daran aufgeben, diese unsere verlorenen Töchter und Söhne wieder in der Mitte unserer Gesellschaft aufnehmen und umarmen zu können, ja dann...dann sind wir, die Mütter und Väter dieser Gesellschaft, gescheitert und mitschuldig an ihrem Untergang. Insofern sind diese Haftstrafen fast außerordentlich hoch.
Lieber Llarian, grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Rechtsgüter, die durch das Strafrecht geschützt werden.
Dies sind die
Zitat ...höchstpersönlichen Rechtsgütern wie Leben, körperlicher Unversehrtheit, Freiheit und sexueller Selbstbestimmung gegenüber materiellen Rechtsgütern wie Eigentum, Vermögen und Sicherheit des Rechtsverkehrs...
In Erinnerung habe ich, dass die Väter unseres Strafrechts, ich drücke es mal laienhaft verkürzt aus, das Eigentum stärker geschützt haben als das Leben.
(Leider habe ich dazu nur einen indirekten Beleg gefunden.) Verlinkt habe ich hier(s.o.)den Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) - Drucksache 13/8587 vom 25.09.1997 -
Ziel der 6. Strafrechtsreform war es:
Zitat A. Zielsetzung Die Reform des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches soll mit dem Ziel fortgeführt werden, -- Strafrahmen zu harmonisieren, -- Strafvorschriften zu ändern, zu ergänzen und neu zu fassen, um den Strafschutz zu verbessern und die Rechtsanwendung zu erleichtern sowie -- nicht mehr zeitgemäße oder entbehrliche Strafvorschriften aufzuheben. B. Lösung Das System der Strafrahmen wird neu gestaltet. Schwerpunkt ist das Anliegen, höchstpersönlichen Rechtsgütern wie Leben, körperlicher Unversehrtheit, Freiheit und sexueller Selbstbestimmung gegenüber materiellen Rechtsgütern wie Eigentum, Vermögen und Sicherheit des Rechtsverkehrs ein größeres Gewicht zu verleihen. Zu diesem Zweck werden Wertungswidersprüche und Ungleichgewichte zwischen den Strafen für Körperverletzungs-, Tötungs- und Sexualdelikte einerseits sowie für Eigentums-, Vermögens- und Urkundendelikte andererseits beseitigt. Innerhalb dieser Deliktsgruppen werden die Strafrahmen sachgerecht aufeinander abgestimmt.
Sicherlich hat es einige Korrekturen gegeben. Art und Umfang kann ich leider nicht darstellen.
Die hier diskutierten Beispiele lassen jedoch vermuten, dass es nicht vollständig gelungen ist - jedenfalls nach meinem Rechtsempfinden - die Unterschiede zu beseitigen. Die minderschwere Eigentumsstraftat wurde vergleichsweise zu hoch bestraft, während der fortgeschrittene Versuch des Terroranschlages zu gering bestraft wurde.
Nach meiner Meinung sind die "Wertungswidersprüche und Ungleichgewichte zwischen den Strafen" für die beiden Rechtsgüter noch nicht genügend beseitigt worden.
Deshalb empfinde ich die Strafen im Al Kaida Prozess als zu niedrig und die Strafe von Hoeneß als zu hoch.
Zitat von Llarian im Beitrag #1Ein paar Anmerkungen zum Urteil im Düsseldorfer Al Kaida Prozess.
Mir kommen bei der Betrachtung dieses Terroristenprozesses die Verfahren gegen die RAF in den Sinn. Dort wurden lebenslange Haftstrafen verhängt. Auch wenn eine direkte Beteiligung gar nicht nachgewiesen werden konnte. Auch für Mordversuch ist eine lebenslange Haftstrafe möglich. Die Mordmerkmale (Grausamkeit, Heimtücke, niedere Beweggründe), so unsinnig sie auch sein mögen, halte ich für offensichtlich gegeben.
Es gibt nur einen Unterschied: Die Opfer der RAF waren Vertreter des Staates. Die (potentiellen) Opfer der Al-Kaida dagegen nicht.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #4 Es gibt nur einen Unterschied: Die Opfer der RAF waren Vertreter des Staates. Die (potentiellen) Opfer der Al-Kaida dagegen nicht.
Interessanter Gedanke wenn man bedenkt, dass bei Hoeneß auch der Staat das "Opfer" war.
Der hauptsächliche Tatvorwurf war (lt. Artikel in der Welt) die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§129a StGB) und die Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat (§89a). Der Strafrahmen liegt bei einem bis zehn Jahren bzw. sechs Monaten bis zehn Jahren. Die ausgesprochenen Haftstrafen befinden sich also in der oberen Hälfte des Strafrahmens. Deswegen kann man schon von "hohen" Strafen sprechen.
Aber auch die Straftatbestände selbst sind ziemlich harsch. Denn hier werden Personen verurteilt, die sich (noch) nichts haben zuschulden kommen lassen, sondern bei denen lediglich der Verdacht besteht, dass sie Schlimmes im Schilde führen. Vielleicht ist es für die Terrorabwehr wichtig, solche Tatbestände zu haben, doch wenn man in dieser Richtung weiterdenkt, wird's schnell gruselig.
Viele Grüße, Kallias
(Edit) PS. Ich kann's mir doch nicht verkneifen: wo Du Dich erst kürzlich gegen das täterzentrierte Strafrecht ausgesprochen hast - bei den Tatbeständen hier handelt es sich um reine Tätermerkmale, Opfer existieren hierbei nicht einmal.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #4Auch für Mordversuch ist eine lebenslange Haftstrafe möglich. Die Mordmerkmale (Grausamkeit, Heimtücke, niedere Beweggründe), so unsinnig sie auch sein mögen, halte ich für offensichtlich gegeben.
Nur lag eben kein "Versuch" vor. ("Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt." §22 StGB) "Ein konkretes Anschlagsziel habe noch nicht festgestanden", heißt es in dem Welt-Artikel, also kann von einem "unmittelbaren Ansetzen" keine Rede sein.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #4Auch für Mordversuch ist eine lebenslange Haftstrafe möglich. Die Mordmerkmale (Grausamkeit, Heimtücke, niedere Beweggründe), so unsinnig sie auch sein mögen, halte ich für offensichtlich gegeben.
Nur lag eben kein "Versuch" vor. ("Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt." §22 StGB) "Ein konkretes Anschlagsziel habe noch nicht festgestanden", heißt es in dem Welt-Artikel, also kann von einem "unmittelbaren Ansetzen" keine Rede sein.
Da die Täter selbst ihr Ziel Menschen zu "schlachten" zugaben, stellt sich dann die Frage, wie lange Ermittlungsbehörden warten sollen. Wie lange sollen sie zuschauen? Wie hoch soll die Gefahr für die Bürger werden, damit die potentiellen Täter zu dem verurteilt werden, was sie vorhatten zu tun? Aber Du hast natürlich recht, mit neun Jahren wurde das Strafmaß für einen Angeklagten fast ausgeschöpft. Und der Vorwurf dass nicht wegen versuchtem Massenmord verurteilt werden konnte, geht an die Ermittlungsbehörden.
Zitat von Kallias im Beitrag #7Nur lag eben kein "Versuch" vor. ("Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt." §22 StGB) "Ein konkretes Anschlagsziel habe noch nicht festgestanden", heißt es in dem Welt-Artikel, also kann von einem "unmittelbaren Ansetzen" keine Rede sein.
Reicht das so? Die Vorstellung der Terroristen von ihrer Tat ist ja nicht so, daß sie ein eindeutiges, konkretes Ziel brauchen. Wenn sich z.B. ein Räuber vornimmt, einen Reichen zu überfallen, muß er erst den Reichen identifizieren und dann eine Überfallgelegenheit suchen. Wir sind uns sicher einig, daß es noch kein Versuch ist, bloß den Reichen zu identifizieren (Ziel finden), eine Überfallgelegenheit zu suchen aber schon dem Versuchen entspricht. Bei den Terroristen entfällt aber der Schritt mit der Identifizierung des Ziels bzw. fällt mit der Suche nach der Gelegenheit zusammen: Während ein Räuber scheitert, wenn er versehentlich einen Bettler überfällt, kann dem Terroristen ziemlich egal sein, gegen wen er seine Aggression richtet. Wenn also ein konkretes Anschlagsziel nicht festgestanden habe, dann bedeutet das, daß blog noch keine Gelegenheit gefunden wurde. Das Ziel war ja strenggenommen klar: Ziel war, irgendwen (!) zu verletzen oder zu töten, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Es ist ja nicht so, daß das Ziel gewesen wäre, kath. Priester zu töten aber konkret keiner ausgemacht wurde. Eine Mordwelle gegen Priester würde in der Normalbevölkerung ja auch nicht Angst und Schrecken verbreiten. Das konkrete Anschlagsziel hat also durchaus vorgelegen, das liegt in der Natur der terroristischen Sache. Nur die Gelegenheit hat gefehlt. -> Versuch gescheitert.
Zitat von aus dem BlogbeitragBis sie dann wieder im Knast landen, oder sich irgendwo in die Luft gesprengt haben.
und letzteres sollte ja möglichst schnell geschehen (soweit die noch physisch dazu in der Lage sind). Und deshalb halte ich den Strafrahmen eher für zu lang. Sowieso besser wäre ein Ticket nach Syrien, wo die was nützliches tun können.
Es ist doch völlig abwegig solchen Leuten auf lange Zeit den Komfort deutscher Gefängnisse (den solche Versagergestalten "draußen" ja nicht haben) garantieren zu wollen.
__________________________________________ Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren
In Erinnerung habe ich, dass die Väter unseres Strafrechts, ich drücke es mal laienhaft verkürzt aus, das Eigentum stärker geschützt haben als das Leben.
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Die hier diskutierten Beispiele lassen jedoch vermuten, dass es nicht vollständig gelungen ist - jedenfalls nach meinem Rechtsempfinden - die Unterschiede zu beseitigen. Die minderschwere Eigentumsstraftat wurde vergleichsweise zu hoch bestraft, während der fortgeschrittene Versuch des Terroranschlages zu gering bestraft wurde.
Nach meiner Meinung sind die "Wertungswidersprüche und Ungleichgewichte zwischen den Strafen" für die beiden Rechtsgüter noch nicht genügend beseitigt worden.
Deshalb empfinde ich die Strafen im Al Kaida Prozess als zu niedrig und die Strafe von Hoeneß als zu hoch.
Man sollte bedenken, dass besonders schwere Strafen üblicherweise verhängt werden, wenn Privatpersonen eine Straftat gegen das "Eigentum des Staates" begehen bzw. dessen Ansprüche verletzen, wie im Fall der Steuerhinterziehung. Hier ist es offenbar gelungen, ein Narrativ zu etablieren, demzufolge eine "Schädigung des Gemeinwohls" hart bestraft werden muss. Interessanterweise wird dann aber wiederum unterschieden, wer das Gemeinwohl schädigt, denn wer eine Million Steuern hinterzieht, geht auf jeden Fall ins Gefängnis, wer eine Milliarde Steuergelder in den Sand setzt, verliert üblicherweise nicht einmal seinen Posten. Hier scheint Justitia dann doch unter ihrer Augenbinde hervorzulugen.
Jene Politiker allerdings, die durch die Verschwendung von Steuergeldern möglicherweise mehr dazu beitragen, dass etwa die öffentliche Infrastruktur verfällt, als die Steuerhinterzieher, haben es jedoch geschafft, jene für die beklagenswerten Zustände, die z.B. aus der Überschuldung der Kommunen resultieren, verantwortlich zu machen. Plakativ gesagt ist Uli Hoeneß also schuld, wenn Schwimmbäder geschlossen werden und Autobahnbrücken einstürzen. Dafür kann keine Strafe zu hart sein.
Umgekehrt ist die Gefahr, die von Terroristen ausgeht, eher abstrakt. Das wird mindestens so lange so bleiben, bis es Anschläge mit Todesopfern gibt. Vermutlich wird man allerdings selbst danach eher den Weg der Entsolidarisierung mit den Opfern gehen, wie man es etwa mit Israel oder moderaten bis säkularisierten Muslimen in Deutschland praktiziert. Damit in der öffentlichen Wahrnehmung auch Terrorismus streng bestraft wird, müsste schon jemand dumm genug sein, wahllos einen Anschlag zu verüben oder als Opfer eine Gruppe zu wählen, mit der man sich im aktuellen gesellschaftlichen Klima nicht entsolidarisieren kann. Das wird aber kein strategisch denkender Terrorist tun. Daher sollten wir eher mit Anschlägen auf Kirchen rechnen, auf die Relativierungen folgen werden, in denen die von Christen - etwa bei den Kreuzzügen - verübte Gewalt zur Rechtfertigung herangezogen wird, oder vielleicht das "Klima der Islamophobie", zu dem die Kirchen beitragen, als mit einem Anschlag auf eine Parade zum Christopher-Street-Day oder beispielsweise auf einen vollbesetzten Nahverkehrszug.
Solche Anschläge würden nämlich die "Niemöller-Illusion" zerstören, die der Westen dem islamischen Terrorismus gegenüber mit Inbrunst pflegt. Dazu Martin Niemöllers Ausspruch: "Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte."
Zitat von Hermes im Beitrag #11Interessanterweise wird dann aber wiederum unterschieden, wer das Gemeinwohl schädigt, denn wer eine Million Steuern hinterzieht, geht auf jeden Fall ins Gefängnis, wer eine Milliarde Steuergelder in den Sand setzt, verliert üblicherweise nicht einmal seinen Posten.
Die beiden Posten stehen ja auf verschiedenen Seiten des Gleichheitszeichens. Geben ist seliger denn nehmen.
PS: Zumindest als Bauernopfer scheint das doch vorzukommen:
http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...-a-1002956.html SPON Freitag, 14.11.2014 – 13:34 UhrVerteidigungsministerin von der Leyen trennt sich erneut von einem in Ungnade gefallenen Mitarbeiter: Nach einem Staatssekretär und ihrem Rüstungsdirektor muss nun auch Haushälter Paul Jansen gehen.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #8Wie hoch soll die Gefahr für die Bürger werden, damit die potentiellen Täter zu dem verurteilt werden, was sie vorhatten zu tun?
Vorhaben und Vorbereitungen sind, wie ich finde zurecht, grundsätzlich nicht strafbar. Eine Ausnahme stellt der Terrorismus dar, mit dem §89a StGB. Aber auch hier werden die potentiellen Täter zurecht nicht für etwas verurteilt, was sie vorhatten, sondern für das, was sie getan haben. Die Vorbereitung eines Bombenanschlags mit Mord gleichzusetzen, geht viel zu weit. Das einzige, was sie mit dem Mord gemeinsam hat, ist die üble Gesinnung der Täter. Als Tat ist sie hingegen so gut wie harmlos. Das spiegelt sich vernünftigerweise in der geringeren Strafbarkeit wider.
Zitat von Emulgator im Beitrag #9Das Ziel war ja strenggenommen klar: Ziel war, irgendwen (!) zu verletzen oder zu töten, um Angst und Schrecken zu verbreiten.
Ich habe das Wort vom "konkreten Anschlagsziel" im Sinne der Festlegung von Ort und Zeit des Anschlags verstanden, nicht unbedingt eines Anschlagsopfers. Aber gleichviel! Selbst diese Festlegung würde noch keinen "Versuch" nach §22 StGB darstellen. Bei einem Bombenanschlag wäre wohl erst die Zündung der Bombe ein Versuch. Die Unterscheidung zwischen Vorbereitung und unmittelbarem Ansetzen zur Tat fällt sicherlich nicht immer leicht. (Siehe etwa Wikipedia, Versuch (StGB).) Diese Schwierigkeit stellt jedoch keinen ausreichenden Grund dafür dar, eine Tat mit weit in der Vergangenheit liegenden Vorbereitungshandlungen auf eine Stufe zu stellen. Irgendwie muss man dem Wort "unmittelbar" ja auch gerecht werden.
Mohammad Sobhan A. (38), der wegen Unterstützung der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) vor Gericht steht, wurde vor einer Woche von einem Insassen in der U-Haft geschlagen. Vor dem Oberlandesgericht hatte Mohammad Sobhan A. am Mittwoch erklärt, ihm sei ins Gesicht geschlagen worden und er eine Treppe heruntergefallen. Danach sei er noch getreten worden. Im Nachhinein habe er erfahren, dass der Angreifer vermutlich Kurde war.
Da sollte man ihm zum Zeichen, daß die "ungläubigen Hunde" nicht nachtragend sind, doch eine ausgesprochen rasche Gesundung wünschen.
Zitat Im Nachhinein habe er erfahren, dass der Angreifer vermutlich Kurde war.
Das kann überhaupt nicht sein. Die Kurden sind schließlich Muslime. Und der Islam ist die Religion des Friedens. Dieser IS-Typ versucht mit seinen haltlosen Beschuldigungen den Islam zu beleidigen.
Es gibt schon Zeitungsmeldungen, da kann ich mir ein moralisch tiefstehendes hämisches Grinsen nicht verkneifen ...
Zitat von Kallias im Beitrag #6Die ausgesprochenen Haftstrafen befinden sich also in der oberen Hälfte des Strafrahmens. Deswegen kann man schon von "hohen" Strafen sprechen.
Da steht aber in keinem Zeitungsartikel etwas vom Strafrahmen, würde sich auch nicht gut machen, denn das interessiert landläufig allenfalls Juristen. Wenn Schlagzeilen von hohen Haftstrafen sprechen, dann wird damit eine absolut Strafe suggeriert. Und das ist sachlich nicht unbedingt haltbar. Ich habe den Eindruck hier soll vermittelt werden, die Justiz "tue etwas" gegen Terroristen. Dabei tut sie das gerade nicht. Effektiv sechs Jahre für einen verhinderten Massenmörder finde ich schon ein seltsames Maß.
Zitat Denn hier werden Personen verurteilt, die sich (noch) nichts haben zuschulden kommen lassen, sondern bei denen lediglich der Verdacht besteht, dass sie Schlimmes im Schilde führen.
Nein. Es ist eben kein Verdacht. Das Gericht sieht es als erwiesen an und damit brauchen wir uns um den Verdacht keine Gedanken mehr machen. Zumal es hier ja nicht einmal wirklich etwas zu bestreiten gibt. Der Hauptangeklagte hat gelernt wie man Bomben baut, hat mitgeteilt dass er möglichst viele Ungläubige ermorden will und angefangen eine Bombe zu basteln. Man müsste sich schon ziemlich verbiegen um hier von einem blossen Verdacht auszugehen. Da ist die Ausrede (die auch keinem nützt), dass man in volltrunkenem Zustand den Wagen nur angelassen hat, um sich zu wärmen, bedeutend glaubwürdiger. Was wollten die Jungs denn mit dem Hexamin ? Ein Abbruchunternehmen gründen doch wohl nicht. (SCNR)
Zitat (Edit) PS. Ich kann's mir doch nicht verkneifen: wo Du Dich erst kürzlich gegen das täterzentrierte Strafrecht ausgesprochen hast - bei den Tatbeständen hier handelt es sich um reine Tätermerkmale, Opfer existieren hierbei nicht einmal.
Aber hallo existieren die. Und zwar wir alle. Wenn jemand einen Mord bestellt und dieser nicht ausgeführt wird ist formal auch niemand zu Schaden gekommen. Faktisch ist das aber Anstiftung zum Mord. Mit ganz realem Opfer. Und wenn ich mich richtig an die Diskussion entsinne war der Tenor eher der, dass man vom Täter weg und vor allem zur Tat kommen sollte. Und das ist in diesem Fall die Vorbereitung eines Massenmordes.
Ich denke auch nicht, dass die Polizei die Pflicht hat zu warten bis die ihre Bombe fertig haben, und sich dabei am Ende noch selbst gefährden muss. Hat denn irgendjemand einen ernsthaften Zweifel daran, dass die Brüder, wenn die Polizei sie nicht erwischt hätte, inzwischen ein Dutzend Menschen umgebracht hätten ? Ich finde "Gedankenverbrechen" auch ausserordentlich schwierig bis problematisch. Aber zum einen hat hier tatsächlich doch ein bischen mehr stattgefunden als das pure Diskutieren von Mordphantasien, zum anderen, wie will man das Problem denn lösen ? Der Schutz der Allgemeinheit ist auch ein Rechtsgut, ein hohes noch dazu. Wenn jemand sich strafbar macht (und das wird glaube ich nicht bestritten), dann sehe ich nicht, warum man dann bei der Strafe so zurückhaltend sein muss. Der Rechtsstaat soll die Unschuldigen schützen, die Rechte von tatsächlich Schuldigen sehe ich da erst in zweiter Reihe.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #8Wie hoch soll die Gefahr für die Bürger werden, damit die potentiellen Täter zu dem verurteilt werden, was sie vorhatten zu tun?
Vorhaben und Vorbereitungen sind, wie ich finde zurecht, grundsätzlich nicht strafbar. Eine Ausnahme stellt der Terrorismus dar, mit dem §89a StGB. Aber auch hier werden die potentiellen Täter zurecht nicht für etwas verurteilt, was sie vorhatten, sondern für das, was sie getan haben. Die Vorbereitung eines Bombenanschlags mit Mord gleichzusetzen, geht viel zu weit. Das einzige, was sie mit dem Mord gemeinsam hat, ist die üble Gesinnung der Täter. Als Tat ist sie hingegen so gut wie harmlos. Das spiegelt sich vernünftigerweise in der geringeren Strafbarkeit wider.
Lieber Kallias, mir bleibt dann wohl nur noch mich bei Dir zu bedanken. Es ist gut an den eigenen Anspruch erinnert zu werden.
Zitat von Kallias im Beitrag #6Der hauptsächliche Tatvorwurf war (lt. Artikel in der Welt) die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§129a StGB) und die Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat (§89a). Der Strafrahmen liegt bei einem bis zehn Jahren bzw. sechs Monaten bis zehn Jahren. Die ausgesprochenen Haftstrafen befinden sich also in der oberen Hälfte des Strafrahmens. Deswegen kann man schon von "hohen" Strafen sprechen.
Lieber Kallias, genau das wollte ich mit meiner Darstellung in #3 thematisieren: Den Strafrahmen.
Mein Ansatz ist dabei die Umkehrung zum bisherigen Strafrecht. Taten gegen das "Leben" (Sie wissen was ich meine) müssten stärker bestraft werden als Taten gegen das "Eigentum" (auch hier wieder die laienhafte Verkürzung). Dies muss sich dann im Strafrahmen und auch in der verhängten Strafe ausdrücken. In beiden Bereichen gibt es meines Erachtens erheblichen "Nachholebedarf".
Zitat von Paul im Beitrag #19Taten gegen das "Leben" (Sie wissen was ich meine) müssten stärker bestraft werden als Taten gegen das "Eigentum" (auch hier wieder die laienhafte Verkürzung). Dies muss sich dann im Strafrahmen und auch in der verhängten Strafe ausdrücken.
Dem stimme ich zu.
Zitat von Paul im Beitrag #19In beiden Bereichen gibt es meines Erachtens erheblichen "Nachholebedarf".
Das mag so sein, der Fall, den Llarian aufgegriffen hat, fällt aber nicht darunter. Die Mitgliedschaft in einer Verbrecherbande ist nur im Fall der terroristischen Vereinigung strafbar, nicht jedoch bei Diebesbanden und dergleichen. Ebenso ist (meines leider in diesen Fragen nicht sehr soliden Wissens) die Vorbereitung von Straftaten nur im Fall des Terrorismus strafbar. Wir haben es beim Terrorismus mit einem außergewöhnlich harten Sonderstrafrecht zu tun. Daher ist dies ein gutes Beispiel dafür, dass die von Ihnen (und mir) gewünschte Gewichtung im offiziellen Strafrecht bereits angewendet wird.
Zitat von Llarian im Beitrag #17Ich habe den Eindruck hier soll vermittelt werden, die Justiz "tue etwas" gegen Terroristen. Dabei tut sie das gerade nicht. Effektiv sechs Jahre für einen verhinderten Massenmörder finde ich schon ein seltsames Maß.
Erstens stützt sich die Verurteilung auf Tatmerkmale ("Mitgliedschaft" und "Vorbereitung"), die in keinem anderen Bereich der Kriminalität berücksichtigt werden außer dem Terrorismus.
Zweitens sind zehn Jahre Höchststrafe für Handlungen, die keinerlei Schaden verursachen, ziemlich hart.
Drittens dienen diese außergewöhnlichen Strafnormen sehr wohl dem Kampf gegen den Terrorismus, und obwohl sie sich über sonst gültige Rechtsprinzipien hinwegsetzen, bewahren sie doch die Proportionen im Verhältnis zu anderen Straftatbeständen wie etwa dem Mord.
Daher befinde ich mich ganz wohl mit den bestehenden Verhältnissen und auch dem gestrigen Urteil.
Zitat von Kallias im Beitrag #21Erstens stützt sich die Verurteilung auf Tatmerkmale ("Mitgliedschaft" und "Vorbereitung"), die in keinem anderen Bereich der Kriminalität berücksichtigt werden außer dem Terrorismus.
Was wohl eher daran liegen dürfte, dass sie in keinem anderen Bereich der Kriminalität so gut nachzuweisen sein dürften und in keinem Bereich der Kriminalität mit derartigen Folgen verknüpft sind. Übrigens stimmt die Aussage auch nicht ganz, die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§129) ist genauso strafbar.
Zitat Zweitens sind zehn Jahre Höchststrafe für Handlungen, die keinerlei Schaden verursachen, ziemlich hart.
Sehe ich nicht. Und das ist der Punkt. Im Endeffekt ist es eine Frage wie man es bewertet, dass jemand einen Massenmord vorbereitet. Ich meine das ist so verwerflich wie auch gefährlich, dass man so jemanden eben nicht nach sechs Jahren (oder weniger) auf die Strasse schickt. Der versucht es nämlich noch einmal und das ist ziemlich absehbar. Und ein größeres Versagen von Justiz kann ich mir nicht vorstellen, als wenn jemand, der bereits bei dem Versuch eines Massenmordes erwischt wurde, eine zweite Chance erhält das auch noch umzusetzen. Der Staat hat eine Pflicht seine Bürger vor solchen Leuten zu schützen. Und das nicht in einer Form, dass die vier Typen die nächsten zehn Jahre von einer Hundertschaft Polizei überwacht werden müssen.
Zitat Drittens dienen diese außergewöhnlichen Strafnormen sehr wohl dem Kampf gegen den Terrorismus, und obwohl sie sich über sonst gültige Rechtsprinzipien hinwegsetzen, bewahren sie doch die Proportionen im Verhältnis zu anderen Straftatbeständen wie etwa dem Mord.
Nur dann, wenn man die Strafe für Mord (in Deutschland effektiv 17-19 Jahre) für angemessen hält. In Anbetracht beispielsweise amerikanischer Rechtsprinzipien (real lebenslang) sieht die Proportion wieder anders aus. Und wie kann das schützen ? Abschreckende Wirkung bei solchen Strafen ist ein fertiger Witz, das Urteil ist ja nicht einmal in der Lage die vier Typen davon abzuhalten, es noch einmal zu versuchen. Wo ist denn da auch nur ein Fizzel Schutz ? Erkläre mir bitte ganz ernsthaft wie dieses Urteil dem Kampf gegen den Terrorismus dienen soll!
Zitat Daher befinde ich mich ganz wohl mit den bestehenden Verhältnissen und auch dem gestrigen Urteil.
Die Richter vermutlich auch. Auch die meisten Juristen vermutlich. Aber eine Mehrheit vermutlich eher nicht. Die finden es nämlich wenig erbaublich, dass die Typen in sechs Jahren ihre nächste Chance erhalten und vielleicht dann nicht so blöd sind und sich erwischen lassen. Das hier nicht viel vergolten werden muss, ist naheliegend, angesichts dessen, dass noch niemand zu Schaden kam, aber das es absolut naheliegend ist, dass ich mit solchen Urteilen das nächste Verbrechen geradezu vorlege, das ist es, was mir absolut jedes Wohlsein mit solchen Urteilen verdirbt. Die Typen sind im wahrsten Sinne des Wortes Zeitbomben, das ist so ziemlich jedem bewusst, nur die Justiz juckt das nicht. Sie muss ihre Proportion wahren zu anderen Strafen, die aufgrund des permanenten Resozialisierungsrufes ohnehin kastriert sind.
. Die Typen sind im wahrsten Sinne des Wortes Zeitbomben, das ist so ziemlich jedem bewusst, nur die Justiz juckt das nicht. Sie muss ihre Proportion wahren zu anderen Strafen, die aufgrund des permanenten Resozialisierungsrufes ohnehin kastriert sind.
Und es ist so banal und vorhersehbar, daß eine dieser Zeitbomben hochgehen und anschließend über Nacht und in Panik heiß gestrickt und neu proportioniert werden wird. Mir ist bei diesen Aussichten sehr unwohl.
Was bei diesem und anderen Urteilen, vor allem aber bei den zu erwartenden Wiederholungen mit vollendeten Taten, noch deutlicher werden wird, sind die Zweifel an der Zuständigkeit eines Zivilgerichtes. Es handelt sich bei den Tätern um Kämpfer einer ausländischen Armee. Die eine Führung hat. Die Kritik an Guantanamo hat den einzig richtigen Umgang mit diesen feindlichen Kämpfern diskreditiert. Sie sind Kriegsgefangene und sollten solange inhaftiert bleiben, bis der Krieg beendet ist. Wir die Mitgliedsländer der NATO haben Bündnisfall festgestellt weil Amerika sich im Krieg mit Al-Kaida befindet. Das wäre jetzt noch zu erweiern auf den IS. Ich bezweifel stark, dass die Behandlung von Al-Kaida und IS als Terrororganisation dem Feind überhaupt gerecht wird, mit dem wir es zu tun haben. Diese Kämpfer werden anderswo nicht festgenommen sondern im Kampf getötet. Wie das nun einmal ist einem Krieg.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #24Ich bezweifel stark, dass die Behandlung von Al-Kaida und IS als Terrororganisation dem Feind überhaupt gerecht wird, mit dem wir es zu tun haben. Diese Kämpfer werden anderswo nicht festgenommen sondern im Kampf getötet. Wie das nun einmal ist einem Krieg.
Ritterliche Soldaten streben niemals den Tod des Feindes im Krieg an. Ziel jeder geregelten Kriegführung ist es, den Feind kampfunfähig zu machen und an seiner Machtausübung zu hindern, nicht ihn zu töten. Der Tod des Feindes wird lediglich hingenommen, weil es mit anderen als lebensgefährlichen Mittel technisch kaum möglich ist. Diese Perversion, den Tod des Feinds als Mittel zum Zweck zu gebrauchen,gibt und gab es in der Neuzeit hauptsächlich im Abnutzungskrieg Ägyptens, im Vietnamkrieg (bei "Search and destroy" war das Töten von Vietcong-Soldaten Mittel zum Zweck, es war nicht der Geländegewinn), in den Kriegen der Hamas und der Hisbollah und jetzt in den Kriegen der Terroristen.
Es ist auch strategisch günstiger, wenn der Feind weiß, daß man nicht auf seinen Tod sinnt. Das nimmt ihm nämlich die Notwendigkeit, aus Angst um das eigene Überleben kämpfen zu müssen. Wie wichtig das ist, darauf hat schon Machiavelli hingewiesen. Deswegen ist es immer am besten, wenn man den Feind lebend festnehmen kann.
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