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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 132 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Llarian Offline



Beiträge: 6.919

25.04.2016 20:31
Das grosse Fressen Antworten

Ein kleiner Kommentar zur Rentenerhöhung.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

26.04.2016 08:23
#2 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #1
Ein kleiner Kommentar zur Rentenerhöhung.


Es ist ja nicht nur die Erhöhung, die Nahles anstrebt, lieber Llarian. Sie plant dem Vernehmen nach, auch kleine Selbstständige, die gegenwärtig nicht in die Rentenkassen einzahlen, via Versorgungswerke ins marode Rentensystem zu zwingen. Vorgeblich, um Altersarmut für diese Menschen vorzubeugen (harhar). In der Konsequenz werden viele Unternehmer entweder a.) pleite machen, da sie sich sowas in den Aufbaujahren schlicht nicht leisten können oder b.) gar nicht erst versuchen, sich selbstständig zu machen und c.) in der staatlichen Daueralimentierung landen (und nicht erst, wie im worst-case für Kleinunternehmer: im Alter). Es ist wie mit dem Mindestlohn. Es wird, sofern es nicht von vornherein beabsichtigt ist, so doch billigend in Kauf genommen, daß Menschen in die Dauerabhängigkeit vom Staat getrieben werden; Hauptsache sie fristen nicht weiter ihr kärgliches, aber immerhin von behördlichen Bedrängnissen weitgehend freies, Leben. Das große Fressen gibts, auch kurzfristig, nicht für alle, sondern in erster Linie für die SPD-Klientel. Sozialistische Gerechtigkeit halt.

Was man mit diesem Rentensystem allerdings (realistisch!) in Zukunft machen soll, ist mir auch nicht so recht klar. Vermutlich wird man es irgendwann mit der Grundsicherung irgendwie zusammenlegen (und damit z. T. steuerfinanzieren) müssen. Keine Ahnung.

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

26.04.2016 10:12
#3 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #2
Zitat von Llarian im Beitrag #1
Ein kleiner Kommentar zur Rentenerhöhung.


Es ist ja nicht nur die Erhöhung, die Nahles anstrebt, lieber Llarian. Sie plant dem Vernehmen nach, auch kleine Selbstständige, die gegenwärtig nicht in die Rentenkassen einzahlen, via Versorgungswerke ins marode Rentensystem zu zwingen. Vorgeblich, um Altersarmut für diese Menschen vorzubeugen (harhar). In der Konsequenz werden viele Unternehmer entweder a.) pleite machen, da sie sich sowas in den Aufbaujahren schlicht nicht leisten können oder b.) gar nicht erst versuchen, sich selbstständig zu machen und c.) in der staatlichen Daueralimentierung landen (und nicht erst, wie im worst-case für Kleinunternehmer: im Alter). Es ist wie mit dem Mindestlohn. Es wird, sofern es nicht von vornherein beabsichtigt ist, so doch billigend in Kauf genommen, daß Menschen in die Dauerabhängigkeit vom Staat getrieben werden; Hauptsache sie fristen nicht weiter ihr kärgliches, aber immerhin von behördlichen Bedrängnissen weitgehend freies, Leben. Das große Fressen gibts, auch kurzfristig, nicht für alle, sondern in erster Linie für die SPD-Klientel. Sozialistische Gerechtigkeit halt.

Was man mit diesem Rentensystem allerdings (realistisch!) in Zukunft machen soll, ist mir auch nicht so recht klar. Vermutlich wird man es irgendwann mit der Grundsicherung irgendwie zusammenlegen (und damit z. T. steuerfinanzieren) müssen. Keine Ahnung.

Herzliche Grüße,
Andreas

Du sprichst den entscheidenden Punkt an, lieber Andreas. Denn diese Regierung macht Politik für die Alten. Es geht nur noch um Mütterrente und eine Revidierung aller Rentenreformen seit der Schröderregierung. Der IG-Metall Chef Hans-Jürgen Urban gibt die Richtung vor (http://m.welt.de/wirtschaft/article15469...ster-Rente.html) und Nahles weiß die Drohung ernst zu nehmen mit ihrer 19,5%-Partei. Interessant ist auch Hr. Urbans politischen Umfeld - weiter links geht fast nicht mehr.
Und auch aus seinen Einlassungen zur privaten Vorsorge geht hervor: sowas kann man unmöglich dem Bürger überlassen.
Das Vorgehen erinnert auch an das Verhältnis Bund-Länder, aber ich schweife ab...
Nun ist aber auch klar, dass das alles bezahlt werden muss. Der Urban kann einen ausgeglichenen Haushalt absurd nennen, Nahles dagegen muss mit Schäuble klarkommen. Und die Kleinselbstständigen, Freiberufler, Freelancer für die, ich sag das mal ganz offen, mein Herz schlägt, haben keine Lobby und werden wie immer ausgequetscht bis sie ihre Freiheit endlich aufgeben. Aber sie sind nur der Anfang, es läuft darauf hinaus, dass jeder in die Rentenversicherung einzahlt. Anders ist sie auch gar nicht mehr zu finanzieren.
Man könnte jetzt argumentieren dass dies in anderen westlichen Ländern üblich ist, wenn, ja wenn man unberücksichtigt lässt dass Deutschland bei der Abgabenlast Weltspitze ist (http://m.welt.de/wirtschaft/article12682...Weltspitze.html).
Und dann stellt sich die Frage, warum in aller Welt reicht das Geld immer noch nicht?

Viele Grüße, Erling Plaethe

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

26.04.2016 11:26
#4 RE: Das grosse Fressen Antworten

Wählerbestechung war schon immer das zentrale Erfolgsrezept der "Volksparteien". Und funktioniert in der Regel auch ganz gut - solange jeder einzelner Wähler das Gefühl hat, er würde mehr davon profitieren als andere Gruppen. Dann nimmt er auch die Nachteile in Form von Steuern und Abgaben in Kauf.

Aber genau dieses Zutrauen fehlt immer mehr. Speziell die SPD-Wähler sehen die (teilweise durchaus übppigen) Wahlgeschenke der SPD nur noch als Brosamen und haben durchaus berechtigt das Gefühl, daß andere Gruppen die besseren Lobbies haben und speziell die SPD nicht mehr ihre alte Kernwählerschaft vertritt. Da bietet sich dann die AfD als neue Möglichkeit an - deren Populismus ist noch unverbraucht und wirkt daher glaubwürdiger. Österreich zeigt, wo die Entwicklung hingehen kann: Über 70% der Arbeiter haben den FPÖ-Kandidaten gewählt, nur noch 10% den der SPÖ.

Es ist daher taktisch ziemlich sinnlos, wenn Nahles und Co. nun versuchen die Dosis zu erhöhen. Das bringt keine Glaubwürdigkeit zurück.
Helfen würde eine inhaltliche Kehrtwendung, aber dazu müßte sich die SPD genau gegen die grünen Lobbies wenden, die auch innerhalb des linken SPD-Flügels dominieren. Schröder hat das noch geschafft, bei der heutigen Parteispitze ist das nicht mehr denkbar.

Llarian Offline



Beiträge: 6.919

26.04.2016 17:48
#5 RE: Das grosse Fressen Antworten

Und noch eine kleine Ergänzung.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

26.04.2016 18:21
#6 RE: Das grosse Fressen Antworten

Weitgehend Zustimmung zum Nachtrag mit einer kleinen Ausnahme:

Zitat
Die Steigerung der Produktivität ist bereits voll im Rentensystem eingepreist.


Nicht wirklich. Die Rentenhöhe ist ja an die Nettolöhne gekoppelt, höhere Rentenbeiträge sind also berücksichtigt.

Grundsätzlich wäre die Argumentation über die bessere Produktivität durchaus valide.
Nur: Man kann halt die Produktivitätszuwächse nicht mehrfach verfressen.
Einerseits die Rentenschieflage ausgleichen, andererseits einen höheren Wohlstand, gleichzeitig natürlich auch mehr sonstige Staatsausgaben - das gibt der Fortschritt nicht alles gleichzeitig her.

Quentin Quencher Offline




Beiträge: 120

26.04.2016 18:46
#7 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat
Ihr habt keine Kinder großziehen wollen. Und jetzt kommt die Rechnung.


Und was ist mit denen die es doch taten? Die sind nun die doppelt gekniffnenen.

Wer keine Kinder groß gezogen hat, soll auch keine Rente bekommen.

Das ist zwar ungerecht, aber auch nicht ungerechter als das derzeitige Rentensystem. Da werden die bestraft die Kinder haben und die Kinder gleich mit, weil die nun nicht nur ihre Eltern versorgen müssen, sondern zusätzlich die die keine Kinder wollten.

Quentin Quencher
Glitzerwasser

Hermes Offline



Beiträge: 59

26.04.2016 19:24
#8 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #7

Zitat von Llarian
Ihr habt keine Kinder großziehen wollen. Und jetzt kommt die Rechnung.




Der letzte Absatz des zweiten Kommentars, in diesem Kernsatz zusammengefasst, verdeutlicht das ganze Problem. Es wird aber wohl noch einige Zeit ins Land gehen, bis man das begreift.

Ergänzend gebe ich noch zu bedenken, dass man jegliche demographische Rendite durch die seit einem Jahrhundert um ein Drittel zu niedrige Geburtenrat gern ohne Zögern verfrühstückt hat, nun aber über die Folgen jammert. Man kann nicht ernsthaft annehmen, dass eine um ein Drittel kleinere nachwachsende Generation dieselbe Beitragssumme für die Rentenversicherung generiert, nachdem man den Bildungsetat, von dem diese Generation hätte profitieren können, stets mindestens proportional gekürzt hat. Unter der Annahme konstanter Grenzerträge von Bildungsinvestitionen hätte der Etat gleich bleiben müssen; unter der realistischeren Annahme sinkender Grenzerträge hätte man sogar deutlich mehr Geld in die Hand nehmen müssen, um die jungen Leute auszubilden, denen man später mehr Beiträge abverlangen will.

Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #7

Und was ist mit denen die es doch taten? Die sind nun die doppelt gekniffnenen.

Wer keine Kinder groß gezogen hat, soll auch keine Rente bekommen.



Das Kriterium allein ist zu unscharf. Realistischer ist mittelfristig eine höhere Gewichtung von Kindern bei der Bemessung des Rentenanspruchs. Weit werden wir uns aber nicht vom Tropfen auf den heißen Stein entfernen, den wir heute haben. Wünschenswert wäre ein Anreizsystem, das Erwerbstätigkeit und Kindererziehung gleichermaßen belohnt, indem der Rentenanspruch mit einem Faktor multipliziert wird, der von der Kinderzahl abhängt, etwa 1.2 bei einem Kind, 1.4 bei 2 Kindern und 1.7 bei 3 und mehr Kindern.

Ein anderes Anreizkriterium wäre eine sukzessive Absenkung des Rentenversicherungsbeitrags nach Kinderzahl. Für die ersten drei Kinder unter 18 fällt jeweils ein Drittel des ansonsten fälligen RV-Beitrags weg. Da davon wegen der paritätischen Einzahlung auch der Arbeitgeber profitiert, wächst der Anreiz, Eltern zu beschäftigen, was ein wesentlich effizienteres Werkzeug zur Überwindung bestehender Benachteiligungen von Eltern ist als jede Frauenquote es je sein könnte.

Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #7

Das ist zwar ungerecht, aber auch nicht ungerechter als das derzeitige Rentensystem. Da werden die bestraft die Kinder haben und die Kinder gleich mit, weil die nun nicht nur ihre Eltern versorgen müssen, sondern zusätzlich die die keine Kinder wollten.



Die kinderarme Generation 55+ versucht zwar auf Biegen und Brechen, erwachsene 'Kinder' aus dem Ausland zu adoptieren, die sie nicht mehr großziehen muss, sondern von deren Arbeit sie direkt oder nach kurzer Anlernphase leben kann und die sie im Alter pflegt, aber dieser Plan scheint nicht aufzugehen. Da nun vorwiegend diejenigen nach Deutschland kommen, die höhere Auszahlungen aus den Sozialsystemen erwarten als sie selbst zu leisten imstande oder bereit sind und die qualifizierten Zuwanderer, die aus ihrem Einkommen die Rentenversicherung retten sollten, lieber einen großen Bogen um Deutschland machen, werden die Kosten für die Rente und insbesondere für die Pflege bald über die Leistungsfähigkeit der Sozialversicherungssysteme hinaus ansteigen. Da könnte es dann doch ein Vorteil sein, eigene Kinder zu haben und sich nicht darauf verlassen zu müssen, dass sich aus den Ersparnissen im Alter noch der eigene Lebensunterhalt bestreiten lässt. Das gilt insbesondere, wenn diese Ersparnisse zwischenzeitlich noch im Zuge von Euro-Rettungspaketen teilentwertet worden sind.

Eine bessere Investition als eigene Kinder oder eigene Enkelkinder gibt es in Zeiten wie diesen eigentlich kaum. Man sollte jetzt nicht aus falschen Motiven eine Familie gründen, aber man sollte sich durchaus vergegenwärtigen, dass der Plan, im Alter von einem großen Haufen Ersparnissen zu leben, nicht aufgehen wird, wenn alle anderen exakt denselben Plan verfolgen. Und, wie schon gesagt: Von der Idee, es werde sich beizeiten schon jemand finden, der an dem großen Haufen Ersparnisse interessiert ist und dafür Versorgung und Pflege übernimmt, stimmt leider nur der erste Teil.

Yossarian Offline




Beiträge: 99

26.04.2016 20:08
#9 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #7

Zitat
Ihr habt keine Kinder großziehen wollen. Und jetzt kommt die Rechnung.

Und was ist mit denen die es doch taten? Die sind nun die doppelt gekniffnenen.

Wer keine Kinder groß gezogen hat, soll auch keine Rente bekommen.

Das ist zwar ungerecht, aber auch nicht ungerechter als das derzeitige Rentensystem. Da werden die bestraft die Kinder haben und die Kinder gleich mit, weil die nun nicht nur ihre Eltern versorgen müssen, sondern zusätzlich die die keine Kinder wollten.




Einspruch!

Wer sagt denn, dass die großgezogenen Kinder produktiv etwas zum Rentensystem beitragen werden, einem produktiven Job nachgehen werden, etwas leisten werden? Ich halte diese Aussage von Ihnen, lieber Quentin Quencher,für nicht sonderlich objektiv oder fair. Es gibt tausende Gründe warum man keine Kinder hat/bekommt. Viele wünschen sich Kinder und können keine bekommen, viele sind damit beschäftigt in die heutige Rentenkasse einzuzahlen, schwer zu arbeiten und kommen daher nicht im besten Alter zu Kindern. Diesen Menschen dann die Rente vorenthalten zu wollen, das halte ich schon für ein starkes Stück.

Der Staat nimmt und nimmt, das ist das Problem. Soll der Staat mir weniger nehmen für all den Wahnsinn, dann sorge ich gerne für mich selber. So erwarte ich auch als Mensch ohne Kinderglück, dass ich zumindest eine Teil meiner erbrachten Leistung auch im Alter wieder bekomme.

Yossarian

Quentin Quencher Offline




Beiträge: 120

26.04.2016 20:51
#10 RE: Das grosse Fressen Antworten

Natürlich, lieber Yossarian, war mein Einwand provokativ und überspitzt. Aber ich finde, wir sollten von dieser Richtung aus die Rente denken. Wenn es keine Selbstverständlichkeit mehr ist, dass Kinder groß gezogen werden, dann kann unser derzeitiges Rentensystem nicht mehr lange funktionieren. Der Bund schießt ja schon zu ohne Ende, vielleicht bald in dreistelliger Milliardenhöhe. Alle möglichen Sozialpolitiker haben ständig eine neue Gerechtigkeitslücke entdeckt und am Rentensystem herum geschustert.

Hier muss ein Schnitt gemacht werden, und die Sache gedanklich an den Anfang gesetzt werden. Der allererste Schritt wäre, dafür zu sorgen dass es zukünftige Generation in etwa der Größe der gegenwärtigen gibt. Das ist die Basis von allen, nicht nur von der Rente. Dann, erst dann, können wir davon reden wie Lasten und Leistungen gerecht verteilt werden. Alles andere ist nur eine weitere Herumschusterei an Symptomen.

Reden wir also besser von Familienpolitik, wird dies nicht an den Anfang gestellt, wird nur Murks heraus kommen.

Quentin Quencher
Glitzerwasser

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

26.04.2016 22:24
#11 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #10
Der Bund schießt ja schon zu ohne Ende, vielleicht bald in dreistelliger Milliardenhöhe.


Schießt der Bund wirklich mehr zu als auf der anderen Seite an versicherungsfremden Leistungen entnommen wird? Zuletzt habe ich dazu eine Aufstellung gesehen, als gerade die Ökosteuer zur Senkung des Rentenbeitragssatz verwendet wurde. Damals hielt sich das ziemlich die Waage. Wie sieht es heute aus?

Gruß
hubersn

--
Mein Politik-Blog: http://politikblog.huber-net.de/
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hubersn Offline



Beiträge: 1.342

26.04.2016 22:31
#12 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #10
Natürlich, lieber Yossarian, war mein Einwand provokativ und überspitzt. Aber ich finde, wir sollten von dieser Richtung aus die Rente denken.


Das wäre doch eigentlich sehr einfach: kapitalgedeckte Rente, also "jeder für sich". Denkbar höchste Gerechtigkeit, und die Kinderlosen müssen sich mit den Kinderarmen und Kinderreichen nicht streiten. Vor allem nicht darüber, wie wohlgeraten und produktiv die Kinderchen denn nun geworden sind.

Jeder wird verpflichtet, einen Kapitalstock anzusparen, der einer Grundsicherung entspricht (angepasst an die durchschnittliche Lebenserwartung), damit das Modell "alles rechtzeitig verprassen, dann sich vom Staat aushalten lassen" verunmöglicht wird. Der Rest ist Privatsache. Demografiefest und gerecht. Die einzige Anforderung an den Staat: die Inflationsrate in Grenzen halten.

Könnte man dem Staat trauen, wäre dieses Modell äquivalent zur steuerfinanzierten Grundsicherung.

Gruß
hubersn

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

27.04.2016 13:07
#13 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #7
Wer keine Kinder groß gezogen hat, soll auch keine Rente bekommen.

Das ist vom Grundsatz her richtig, in der Durchführung aber ziemlich schwierig. Und könnte natürlich nur sehr langfristig eingeführt werden, weil es natürlich Vertrauensschutz für die alte Lösung gibt.

Der Effekt wird auch nur begrenzt sein, weil im Gegenzug dann natürlich alle Transfers wegfallen müßten, mit denen Kinderlose die staatlichen Leistungen für Kinder mitfinanzieren.

Am Ende eines solchen theoretischen Prozesses mit viel Rechnerei müßten dann die Kinderlosen ein gutes Stück mehr private Altersvorsorge betreiben als die Eltern. Und das wäre natürlich gerecht.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

27.04.2016 13:11
#14 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #11
Schießt der Bund wirklich mehr zu als auf der anderen Seite an versicherungsfremden Leistungen entnommen wird?

Ja. Eigentlich gibt es auch keine "versicherungsfremden Leistungen", das ist ein Blüm'scher Propagandabegriff um die Staatssubventionen für sein marodes Rentenmodell zu begründen.
Eigentlich sind das ganz normale versicherungsinterne Umverteilungen, deren Deckung aus Steuergeldern völlig unberechtigt ist.

Beispiel: Die Anrechnung von Erziehungszeiten.
Das kann man durchaus gut begründen, weil die Rentenversicherung damit Leistungen honoriert, die sie für ihre Einnahmen braucht. Aber diese Honorierung müßte natürlich alleine aus normalen Rentenbeiträgen finanziert werden (und damit wären dann die Rentenauszahlungen entsprechend niedriger).
Der Staatshaushalt hat da gar nichts zu suchen.
Wenn es politisch gewollt ist, Mütter bei der Alterssicherung zu unterstützen - dann müßte das ganz allgemein erfolgen. Und nicht nur für Mütter, die in der Rentenversicherung organisiert sind.

Eierkopp Offline



Beiträge: 221

27.04.2016 17:41
#15 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #12
Jeder wird verpflichtet, einen Kapitalstock anzusparen, der einer Grundsicherung entspricht (angepasst an die durchschnittliche Lebenserwartung), damit das Modell "alles rechtzeitig verprassen, dann sich vom Staat aushalten lassen" verunmöglicht wird. Der Rest ist Privatsache. Demografiefest und gerecht. Die einzige Anforderung an den Staat: die Inflationsrate in Grenzen halten.

Das ist ja genau die Forderung von Frau Nahles, für "kleine Selbstständige" solch ein Rentenmodell verpflichtend einzuführen. Nur muss die Anlage ja auch noch pfändungssicher (um mal das CDU Äquivalent zu zitieren) sein und höchste Sicherheit bieten, d.h. sie wird so kaputtreguliert werden, dass am Ende deutsche Staatsanleihen übrig bleiben (ok, etwas mehr wird noch gehen) und dann ist die Rendite futsch. Bei Lebensversicherungen und Riester ist das ja schon weitgehend geschafft.

Llarian Offline



Beiträge: 6.919

27.04.2016 18:16
#16 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Yossarian im Beitrag #9
Wer sagt denn, dass die großgezogenen Kinder produktiv etwas zum Rentensystem beitragen werden, einem produktiven Job nachgehen werden, etwas leisten werden?

Das Gesetz der grossen Zahlen, lieber Yossarian. Für den Einzelfall mag es nicht stimmen, für die Gruppe der Eltern dagegen gilt es. Die Wahrscheinlichkeit das der Nachwuchs etwas beiträgt ist hoch, der Erwartungswert ist auf jeden Fall positiv.

Zitat
Es gibt tausende Gründe warum man keine Kinder hat/bekommt.


Die gibt es sicher. Aber in der Regel ist es dann doch meist banal. Keine Lust sich einzuschränken. Selbstverwirklichung. Bindungsunfähigkeit. Etc.pp. Es ist ja nicht so, dass es in Ländern mit einer höheheren Geburtenrate nicht auch besagte tausend Gründe gäbe. Und die kriegen das trotzdem hin.

Zitat
viele sind damit beschäftigt in die heutige Rentenkasse einzuzahlen, schwer zu arbeiten und kommen daher nicht im besten Alter zu Kindern.


Das ist nun, bei aller gebotenen Höflichkeit, eine platte Ausrede. Jeder Sozialhilfeempfänger kann Kinder bekommen. Und trotz enormer Staataquote ist die Lebensqualität heute deutlich höher als vor beispielsweise 50 Jahren. Und damals hatten die Leute haufenweise Kinder. Kinder bedeuten eben einen Verzicht. Auf Geld. Und vor allem auf Zeit. Es ist nicht jeder bereit das auf sich zu nehmen, aber das hat nichts mit der Staatsquote zu tun.

Zitat
Der Staat nimmt und nimmt, das ist das Problem. Soll der Staat mir weniger nehmen für all den Wahnsinn, dann sorge ich gerne für mich selber.


Das können Sie eben nicht und das ist der Witz an der Sache. Eine Gesellschaft ohne Kinder stirbt. Das ist ein Faktum. Sie können noch so viel Kapital ansparen, es nützt Ihnen nichts, aber auch gar nichts, wenn kein Nachwuchs da ist. Eine Maschine ist ohne jemanden, der mit ihr arbeitet nichts wert. Sie sind wie alle anderen auch auf den Nachwuchs angewiesen. Nur tragen Sie selbst dazu wenig bei. Das ist im Einzelfall nichts schlimmes, aber als Gesellschaft ist es verheerend.

Zitat
So erwarte ich auch als Mensch ohne Kinderglück, dass ich zumindest eine Teil meiner erbrachten Leistung auch im Alter wieder bekomme.


Erwarten kann man viel, aber was machen Sie, wenn meine Kinder einfach nein sagen? Was tun Sie, wenn meine Kinder sich um ihre Eltern kümmern und ansonsten alles auf Sparflamme machen? Haben Sie sich mal überlegt was passieren würde wenn eine ganze Generation auf die Erwartungen von Kinderlosen pfeift? Meine Kinder schulden Ihnen nichts.

Ich will Ihnen absolut nichts böses, lieber Yossarian, aber es läuft auf etwas ganz simples hinaus: Sie möchten einen Anspruch gegen anderer Leute Kinder definieren. Und den begründen Sie darauf, dass Sie selber an die alte Generation zahlen. Nur sind das eben ihre Eltern. Die haben etwas für Sie getan. Aber was haben Sie für meine Kinder getan?

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

27.04.2016 18:24
#17 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Zitat von Yossarian im Beitrag #9
Wer sagt denn, dass die großgezogenen Kinder produktiv etwas zum Rentensystem beitragen werden, einem produktiven Job nachgehen werden, etwas leisten werden?

Das Gesetz der grossen Zahlen, lieber Yossarian. Für den Einzelfall mag es nicht stimmen, für die Gruppe der Eltern dagegen gilt es. Die Wahrscheinlichkeit das der Nachwuchs etwas beiträgt ist hoch, der Erwartungswert ist auf jeden Fall positiv.
[...]
Ich will Ihnen absolut nichts böses, lieber Yossarian, aber es läuft auf etwas ganz simples hinaus: Sie möchten einen Anspruch gegen anderer Leute Kinder definieren. Und den begründen Sie darauf, dass Sie selber an die alte Generation zahlen. Nur sind das eben ihre Eltern. Die haben etwas für Sie getan. Aber was haben Sie für meine Kinder getan?

Auf der einen Seite argumentieren Sie mit dem Gesetz der großen Zahlen, auf der anderen mit einer spezifischen Bindung von Kindern an ihre Eltern. Das beißt sich etwas. Es kommt ja auch vor, daß Eltern ihre eigenen Kinder überleben, wie wäre das dann einzuordnen?

Llarian Offline



Beiträge: 6.919

27.04.2016 18:29
#18 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Quentin Quencher im Beitrag #10
Reden wir also besser von Familienpolitik, wird dies nicht an den Anfang gestellt, wird nur Murks heraus kommen.

Und da sind wir wieder beim Staat. Ich bin da nicht do überzeugt. Der Staat versucht seit Jahrzehnten zu steuern wie die Leute Kinder bekommen sollen. Und all die Flickschusterei bringt eher gegenteiliges zutage. Man denke an den "Traum" DDR mit Kitas und vollkommenem staatlichen Betreuungsprogramm. Erfolg: Die niedrigste Geburtenrate in Europa.
Es ist m.E. nach kein staatliches sondern ein gesellschaftliches Problem. Ich habe meine Kinder nicht des States wegen bekommen. Der Staat und seine Politik haben bei meiner Familienplanung nahezu gar keine Rolle gespielt. Ich wollte immer Kinder haben. So simpel. Man muss eher die Frage stellen: Warum wollen so viele das nicht? Oder nicht genug? Oder zu spät? Das sind eher gesellschaftliche Fragestellungen.

Die deutsche Gesellschaft muss sich fragen was sie will. Es ist nicht Aufgabe des Staates das zu regeln.

Llarian Offline



Beiträge: 6.919

27.04.2016 18:43
#19 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #17
Auf der einen Seite argumentieren Sie mit dem Gesetz der großen Zahlen, auf der anderen mit einer spezifischen Bindung von Kindern an ihre Eltern. Das beißt sich etwas. Es kommt ja auch vor, daß Eltern ihre eigenen Kinder überleben, wie wäre das dann einzuordnen?

Als mit das schlimmste was ihnen in ihrem Leben passieren kann. Ist aber eine andere Baustelle.

Der eigentliche Widerspruch löst sich aus dem Versicherungsgedanken auf: Natürlich kann im Einzelfall(!) der Nachwuchs unproduktiv sein. Dann trägt die Gemeinschaft mit. Aber das geht eben nur so lange das Einzelfälle bleiben oder zumindest wenige. Wenn die Hälfte dagegen nicht mehr mitspielt, klappts nicht mehr. Und dann greift irgendwann nur noch die individuelle Bindung.

Vielleicht versteht man es besser, wenn man es auf Gruppen überträgt: Die Gruppe der Eltern versorgt die Kinder. Und dafür versorgen (hoffentlich) die Kinder einmal die Eltern. Wenn jetzt einzelne Kinder sterben oder unproduktiv sind, ist das undramatisch. Als Solidargemeinschaft funktioniert das sehr gut. Warum sollte diess Solidargemeinschaft jetzt eine dritte versorgen, die nichts beigetragen hat?

(Zur Mäßigung sei gesagt, dass nichts natürlich nicht stimmt. Es werden auch einige Lasten durch Kinderlose getragen. Ist nur im Verhältnis sehr wenig.)

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.260

27.04.2016 18:44
#20 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #13

Der Effekt wird auch nur begrenzt sein, weil im Gegenzug dann natürlich alle Transfers wegfallen müßten, mit denen Kinderlose die staatlichen Leistungen für Kinder mitfinanzieren.



Ganz so einfach ist es nicht, denn eine hier aufgewachsene und ausgebildete Generation leistet natürrlich noch mehr für die Gesellschaft als nur Renteneinzahlung.

Unsere Gesellschaft ist so aufgebaut, dass investierende Menschen bestraft und konsumierende Menschen belohnt werden. Wer Kinder bekommt und erzieht, hat in der Regel weniger Zeit für bezahlte Arbeitsverhältnisse und Karriereplanung. Die Hauptkosten der Kinder sind ja nicht die Ausgaben für die Kinder (die teilweise über Kindergeld gedeckt werden), sondern die Einnahmeausfälle. Das geht schnell mal in die Hunderttausende. IN so weit sehe ich nicht ganz das Argument, dass eine Umstellung auf Kapitalgedeckte Rente eine vollständige Einstellung von Kindergeld und Co. rechtfertigen würde.

Den Nutzen meiner Kinder wird die deutsche Gesellschaft später voll abschöpfen. Und dahinter steckt dann sogar eine perfide Logik. Wer vergessen hat Vorräte für den Winter anzulegen, der wird im Winter dann den vorausschauenden Mitbürgern einen Teil des Lagerbestands abnehmen und das begründen mit "Jetzt kann ich meine schlechten Entscheidungen von damals ja nicht mehr korrigieren". Solche alternativlosen Entscheidungen, die im nachhinein dann weggewischt werden mit dem Argument "Jetzt ist es ja mal so" kennt man ja aktuell zu Hauf.

In anderen Beiträgen dieses Strangs ist schon angesprochen worden, dass das große Problem der Rente (einer zeitlichen Verschiebung des eigenen Konsums in die Zukunft auf eine Zeit, in der man selbst unproduktiv ist) wie auch aller anderen intertemporalen Entscheidungen (Infrastrukturinvestitionen, Bildungsinvestitionen...) ein klassisches Gefangenendilemma ist. So lange nur ein Einzelner oder eine kleine Gruppe den Konsum vorzieht, kann man die Gesellschaft ausbeuten. Wenn das Alle machen, bricht das komplette System zusammen.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

27.04.2016 18:54
#21 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #20
...das große Problem der Rente (einer zeitlichen Verschiebung des eigenen Konsums in die Zukunft auf eine Zeit, in der man selbst unproduktiv ist) ...

Dieser Blickwinkel zeigt auch die natürliche Lösung: wenn nicht genug Einzahler der nächsten Generation vorhanden sind, muß eben das Rentenalter heraufgesetzt werden, im Extremfall müßten dann alle arbeiten, bis sie ins Grab fallen. Wer arbeitende Kinder hat, kann dann von diesen alimentiert werden und braucht entsprechend weniger oder gar nicht zu arbeiten; nach den anderen kräht ohnehin kein Hahn.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

28.04.2016 10:37
#22 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Hermes im Beitrag #8
Eine bessere Investition als eigene Kinder oder eigene Enkelkinder gibt es in Zeiten wie diesen eigentlich kaum. Man sollte jetzt nicht aus falschen Motiven eine Familie gründen, aber man sollte sich durchaus vergegenwärtigen, dass der Plan, im Alter von einem großen Haufen Ersparnissen zu leben, nicht aufgehen wird, wenn alle anderen exakt denselben Plan verfolgen.
Die wenigsten Pläne gehen auf, wenn alle anderen exakt denselben Plan verfolgen. Denken Sie beispielsweise an Berufswahl, oder die Wahl eines Urlaubsortes. Ebenso, wenn alle Kinder haben wollen.

Der Wohlstand eines Landes, einschließlich seiner Rentner, hängt von der Kapitalausstattung ab, nicht von der Kinderzahl.

Mehr noch, wie die Grafik https://en.wikipedia.org/wiki/File:TFR_vs_PPP_2015.png zeigt, geht hoher Wohlstand fast überall mit einer schrumpfenden Bevölkerung einher, während eine bevölkerungserhaltende Fruchtbarkeit fast immer mit Armut verbunden ist.

Da das Leben mit Kindern neben konsumptiven Ausgaben einen riesigen Einnahmeausfall mit sich bringt, tragen Eltern im Schnitt weniger zum Kapitalaufbau bei als Kinderlose. Man kann das gut an der Vermögensverteilung sehen:

Zitat von Pressemitteilung des DIW vom 26.2.2014
Ehepaare ohne Kinder besaßen durchschnittlich 108.000 Euro, mit einem Kind waren es durchschnittlich 63.000 Euro, mit zwei Kindern etwas mehr als 50.000 Euro, bei drei oder mehr Kindern sinkt es auf im Schnitt 44.000 Euro. Das höchste Pro-Kopf-Vermögen weisen alleinlebende Männer im Alter von 60 Jahren auf (150.000 Euro).

http://www.diw.de/de/diw_01.c.438772.de/...teilt_nbsp.html

Die Rentner profitieren folglich weit mehr von der Sparsamkeit der Kinderlosen als von der Zeugungstätigkeit der Eltern.

Das sollte sich auch auf die Rente auswirken. Gerechtigkeitshalber müsste für jedes Kind ein Investitionsdefizitmalus in die Rentenversicherung der Eltern eingerechnet werden.

Viele Grüße,
Kallias

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.260

28.04.2016 11:19
#23 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Kallias im Beitrag #22

Der Wohlstand eines Landes, einschließlich seiner Rentner, hängt von der Kapitalausstattung ab, nicht von der Kinderzahl.

Mehr noch, wie die Grafik https://en.wikipedia.org/wiki/File:TFR_vs_PPP_2015.png zeigt, geht hoher Wohlstand fast überall mit einer schrumpfenden Bevölkerung einher, während eine bevölkerungserhaltende Fruchtbarkeit fast immer mit Armut verbunden ist.



Da geht aber einiges durcheinander.

Richtig ist, das c.p. das Pro-Kopf-Vermögen zunimmt, wenn eine fixes Vermögen, auf weniger Köpfe verteilt wird. Falsch ist, dass eine solche Betrachtung auf intertemporale Effekte bei dynamischen Bevölkerungsstrukturen angewendet werden könnte. Warum? Weil "Vermögen" eine bewertungsabhängige Größe ist.

Wer heute 5 Mio Euro besitzt und das in Bildern anlegt, kann Morgen arm wie ein Schlucker sein, wenn niemand diese Bilder mehr kaufen möchte. Jetzt haben sie natürlich explizit vom Kapitalstock gesprochen und wohl dabei vermutet, der wäre gegen intertemporale Effekte immun. Aber dem ist nicht so. Wir wissen weder, welche Ressourcen wir Morgen benötigen oder zur Verfügung haben (seien die Ressourcen physischer oder intellektueller Art) noch wissen wir welche Bedürfnisse Morgen existieren.

"Kapitalstock" ist ja ein sehr allgemeiner Begriff. Nach dem 2. Weltkrieg war die deutsche Infrastruktur sowie die Fabriken überwiegend zerstört; trotzdem wurde innerhalb von nur 20 Jahren das reichste Land der Welt (!) aufgebaut. Offenbar war in dieser Situation der "Kapitalstock" eher in der Existenz einer Folgegeneration und in weichen Faktoren zu sehen wie Rechtssicherheit, Arbeitsethos usw.

Wenn ein Arbeitnehmer heute "Vermögen" anspart, dann ist das zunächst nichts anderes als ein Bewertungsabhängiger relativer Anteil am aktuell erwirtschafteten Output. Geld kann man nicht essen - das sollte man schon im Hinterkopf behalten. Wenn heute ein Vermögen erwirtschaftet wird, dann ist das nichts anderes als die Behauptung, man hätte in der Zukunft einen x-prozentigen Anspruch auf das, was in der Zukunft erwirtschaftet wird. Aber damit dieser Anspruch in der Zukunft auch tatsächlich eingelöst werden kann (Geld kann man nicht essen und Geld putzt einem auch nicht den Popo ab), muss jemand anders da sein, der in der Zukunft etwas erwirtschaftet und diese Besitzansprüche der vorherigen Generation anerkennt.

Wenn man etwas zynisch ist, dann ergibt sich folgendes Bild zum Phänomen "Heute angespartes Vermögen":

Angespartes Vermögen bedeutet, dass ich Heute der Gruppe A einen Teil meines Konsums abgebe, in der Hoffnung, dass ich dafür Morgen von der Gruppe B etwas von DEREN Konsum abbekomme. Und in welcher Beziehung Gruppe A und Gruppe B stehen, ist völlig unklar.

Sie erkennen sicher, wie komplex solche Konstrukte sind, denn es werden Geschäfte gemacht zu Lasten einer Gruppe B, die heute nicht mitverhandeln kann.

Ihre These von der höheren Leistung Heute als Besitzanspruch gegen Morgen funktioniert nur in einem der beiden folgenden Fälle:

Fall A: Sie sind Morgen auf Gruppe B gar nicht angewiesen - sie schaffen es also, heutigen Konsum nach Morgen zu verschieben. Vielleicht in dem sie Roboter bauen und einlagern, die dann in der Zukunft als Pflegepersonal dienen oder Vorräte verlustfrei einlagern, die sie Morgen essen können.

Fall B. Sie können nachweisen, dass ihr heutiger Konsumverzicht auch tatsächlich der Morgen der Gruppe B zugute kommt (und nicht etwa von ihren HEUTIGEN Konsumgenossen der Gruppe A verfrühstückt wird)

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

28.04.2016 12:26
#24 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #23
Da geht aber einiges durcheinander.
Davon gehe ich aus.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #23
Wer heute 5 Mio Euro besitzt und das in Bildern anlegt, kann Morgen arm wie ein Schlucker sein, wenn niemand diese Bilder mehr kaufen möchte. Jetzt haben sie natürlich explizit vom Kapitalstock gesprochen und wohl dabei vermutet, der wäre gegen intertemporale Effekte immun.
Keineswegs vermute ich das. Durch Fehlinvestitionen kann man arm werden. Vergleichbares gilt für jene, die darauf hoffen, dass ihre Kinder für sie sorgen werden. Und wenn die undankbar sind? Gegen unerfreuliche intertemporale Effekte ist niemand immun.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #23
Wir wissen weder, welche Ressourcen wir Morgen benötigen oder zur Verfügung haben (seien die Ressourcen physischer oder intellektueller Art) noch wissen wir welche Bedürfnisse Morgen existieren.
Das herauszufinden, ist eben die Arbeit der Unternehmer. Erfahrungsgemäß klappt das ganz gut. Sparer wiederum können sich durch Diversifizierung halbwegs gegen Irrtümer schützen.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #23
Angespartes Vermögen bedeutet, dass ich Heute der Gruppe A einen Teil meines Konsums abgebe, in der Hoffnung, dass ich dafür Morgen von der Gruppe B etwas von DEREN Konsum abbekomme. Und in welcher Beziehung Gruppe A und Gruppe B stehen, ist völlig unklar. Sie erkennen sicher, wie komplex solche Konstrukte sind, denn es werden Geschäfte gemacht zu Lasten einer Gruppe B, die heute nicht mitverhandeln kann.
Eben nicht zu Lasten der Gruppe B, sondern zu deren Nutzen. Sonst misslingt das komplexe Konstrukt.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #23
Fall B. Sie können nachweisen, dass ihr heutiger Konsumverzicht auch tatsächlich der Morgen der Gruppe B zugute kommt (und nicht etwa von ihren HEUTIGEN Konsumgenossen der Gruppe A verfrühstückt wird)
Ja klar, so läuft's. Man muss der Gruppe B etwas anzubieten haben. Die Sparer bieten ihr lukrative Jobs an, die Eltern setzen auf Dankbarkeitseffekte aufgrund liebevoller Erziehung.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #23
Geld kann man nicht essen - das sollte man schon im Hinterkopf behalten.
Geld, ich nehme das mal als Metapher für "Werkzeuge", kann man nicht essen. Aber ohne Geld kann man sich auch kein Essen verschaffen. In Niger sitzen die Alten inmitten ihrer 7 Kinder und 25 Enkelkinder, die sich um ihre Eltern und Großeltern gerne kümmern würden, wenn sie könnten. Und, wie die (oben verlinkte) Grafik zeigt, ist Kapitalmangel ein viel größeres Problem als Kindermangel.

Wenn Sie einen einzigen Produktionsfaktor herausziehen, können Sie leicht sagen: ohne den geht gar nichts. Das gilt aber für jeden anderen Faktor auch. Sobald Sie aber erkannt haben, dass Wohlstand auf dem Zusammenwirken der Faktoren beruht, wird es schwierig zu beurteilen, wem was zusteht. Deswegen vermeide ich es auch, von "Ansprüchen" zu reden.

Viele Grüße,
Kallias

Martin Offline



Beiträge: 4.129

28.04.2016 13:48
#25 RE: Das grosse Fressen Antworten

Zitat von Kallias im Beitrag #24
Geld, ich nehme das mal als Metapher für "Werkzeuge", kann man nicht essen. Aber ohne Geld kann man sich auch kein Essen verschaffen. In Niger sitzen die Alten inmitten ihrer 7 Kinder und 25 Enkelkinder, die sich um ihre Eltern und Großeltern gerne kümmern würden, wenn sie könnten. Und, wie die (oben verlinkte) Grafik zeigt, ist Kapitalmangel ein viel größeres Problem als Kindermangel.


Nur hat dieses 'Kapital' mit dem angesparten wenig zu tun. Investitionen werden nicht in traditionellem Verständnis aus den Ersparnissen der Bürger getätigt, sondern über Kredite der Banken, für die das Angesparte allenfalls eine geringe Sicherheit ist. Und die Kredite fließen dorthin, wo sie am ehesten gut verzinst zurückbezahlt werden können. Die Alten mit Kindern und Enkelkindern im Niger können vermutlich nicht viel zur Vermehrung beitragen. Dagegen bricht unser System ohne 'Nachschuldner' schnell zusammen, inklusive Ersparnisse der Kinderlosen, und 'Nachschuldner' wiederum können nur Kinder sein. Und wie das Beispiel Niger zeigt, sie müssen eine ausreichende Ausbildung / Qualifikation haben, um den nachschuldnerischen Dienst erfüllen zu können. Wer auch immer in Deutschland investiert wird sich die dieses Potential gut anschauen. Im Übrigen liegt die Pro-Kopf-Verschuldung in D bei 27.000 Euro, fielen die Kinder weg wäre sie entsprechend höher, ohne Perspektive jemals bedient zu werden.

Kredite der mit dem Kapital der Kinderlosen befeuerten Banken könnten natürlich auch im Ausland vergeben werden. Das geschah in Griechenland, Spanien, usw.. Das Ergebnis ist bekannt, die langfristigen Folgen wiederum tragen die Kinder. Die Zusammenhänge sind wegen der komplexen Systeme nicht leicht zu durchschauen, es sollte aber klar sein, dass Wirtschaft und Markt noch immer von Menschen abhängt, bis dann irgendwann Konsumroboter übernehmen. Auch das Auffüllen des Landes mit Köpfen hilft höchstens statistischen Momentanwerten, ohne Qualifikation haben wir nur den Niger importiert.

Gruß, Martin

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