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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.400

28.07.2021 20:29
#126 RE: Mrs. Malaprop Reloaded, oder: “Ich Tarzan, du Jane“ Antworten

Nachtrag zum Vorigen. Vom Baker-Essay scheint sich keine Spur erhalten zu haben (er könnte auch von Michael Chabon stammen; aber solch ein Projekt ist genau das, was Baker in seiner wilden Jugend getrieben hat). Aber im Weichbild der Suche, gut zufällig, stolpere ich über den Hinweis auf Roland Barthes, isb. den Essay (oder was-immer das sein soll) "From Word to Text" (" De l’œuvre au texte") von 1971.

Zitat
1. The Text is not to be thought of as an object that can be computed. It would be futile to try to separate out materially works from texts. Inparticular, the tendency must be avoided to say that the work is classic, the text avant-garde; it is not a question of drawing up a crude honours list in the name of modernity and declaring certain literary productions 'in' and others 'out' by virtue of their chronological situation: there may be 'text' in a very ancient work, while many products of contemporary literature are in no way texts.
2. In the same way, the Text does not stop at (good) Literature; it cannot be contained in a hierarchy, even in a simple division of genres. What constitutes the Text is, on the contrary (or precisely), its subversive force in respect of the old classifications.
3. The Text can be approached, experienced, in reaction to the sign. The work closes on a signified. There are two modes of signification which can be attributed to this signified: either it is claimed to be evident and the work is then the object of a literal science, of philology, or else it is considered to be secret, ultimate, something to be sought out, and the work then falls under the scope of a hermeneutics, of an interpretation (Marxist, psychoanalytic, thematic, etc.); in short, the work itself functions as a general sign and it is normal that it should represent an institutional category of the civilization of the Sign.
ll these incidentsare half identifiable: they come from codes which are known but their combination is unique, founds the stroll in a difference repeatable only as difference. So the Text: it can be it only in its difference (which does not mean its individuality), its reading is semelfactive (this rendering illusory any inductive-deductive science of texts --no 'grammar' of the text) and nevertheless woven entirely with citations, references, echoes, cultural languages (what language is not?), antecedent or contemporary, which cut across it through and through in a vast stereophony. The intertextual in which every text is held, it itself being the text-between of another text, is not to be confused with some origin of the text: to try to find the 'sources', the 'influences' of a work, is to fall in with the myth of filiation; the citations which go to make up a text are anonymous, untraceable, and yet already read: they are quotations without inverted commas.



http://worrydream.com/refs/Barthes%20-%2...20to%20Text.pdf

Hier kommen wir der Sache näher. Bei Barthes geht es ja (FALLS es da um etwas geht, daß das nicht auszumachen ist, ist Kern des Verfahrens) um den "Tod des Autors." Ein Text hat keinen Autor; jeder Text wird erst vom Leser erschaffen. Oder der Autor ist nur das Werkzeug, dessen sich der Text bedient, um weitergebbare Gestalt anzunehmen. Es geht nicht um Information oder Aufklärung, sondern um Demonstration, wer die Macht hat, sich das gegenüber anderen herauszunehmen (gut, daß ist eher Foucault). Oder so oder auch umgekehrt: hier auf Fakten & Stringenz zu bestehen zeigt, daß man die neue Zeit nicht begrifen hat.

Es handelt sich also nicht um einen Bug, sondern ein Feature: Frau B. demonstriert in ihrer Bewerbungsschrift, daß sie in der dekontruktiven Postmoderne angekommen ist und somit die geeigneteste Kandidatin darstellt. Im post-politischen, post-faktischen, post-rationalen und vor allem post-pragmantischen Zeitalter.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Johanes Offline




Beiträge: 2.604

28.07.2021 20:56
#127 RE: Mrs. Malaprop Reloaded, oder: “Ich Tarzan, du Jane“ Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #126
[...]


Wie kommt Information überhaupt zu Stande, wenn doch der Text erst beim Empfänger konstruiert wird?
Man mag diese Idee bei literarischen Texten noch irgendwie durchhalten, aber spätestens bei Sach- und Lehrbüchern scheitert das doch.

Abgesehen davon kann man das Konzept des geistigen Eigentums an einem Text oder einer Idee sowohl theoretisch als auch praktisch durchaus in Frage stellen.
Insbesondere stellt ich die Frage, ob man wirklich von einem Plagiat sprechen kann, wenn eine Plattitüde wiederholt wird. Kommt es da wirklich so drauf an?
Ketzerische Fragestellung, ich weiß. Bei eindeutig abgeschriebenen Textteilen liegt der Fall natürlich anders.

Stand 05.06.2021: Das SARS-CoV-2-Virus könnte jetzt doch aus einem Labor kommen.
23.06.: Dem BMWi fällt auf, dass der Strombedarf nicht bis 2030 konstant bleibt.
26.07.2021 DIW PLANT starken Nachfragerückgang bei Energie. to be continued

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.400

28.07.2021 22:00
#128 RE: Mrs. Malaprop Reloaded, oder: “Ich Tarzan, du Jane“ Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #127
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #126
[...]


Wie kommt Information überhaupt zu Stande, wenn doch der Text erst beim Empfänger konstruiert wird?
Man mag diese Idee bei literarischen Texten noch irgendwie durchhalten, aber spätestens bei Sach- und Lehrbüchern scheitert das doch.


Die Henne & das Ei... Wobei das im Bereich der Metafiktion, und der modernen Kunst ja ein oft beackertes Feld ist. Ein der Kardinaltexte ist ja Borges' Erzählung von "Pierre Menard, auctor de Quixote." Borges weist darauf hin, daß desen wortgeliche Neuschöfpung der Geschichte "jenes Edelmannes aus einem Dorf in der Mancha, dessen name mir gerade entfallen ist," Anfang des 20. Jhdts. entstanden, die bedeutendere kreativere Leistung darstellt, das das Werk von Cervantes, weil Menard noch Geisteswelt, Umfeld und Sprache/Metaphorik aus dem siglo de oro nachempfinden mußte. Eine der Detailfragen in der Kunstgeschichte war in den letzten 100 Jahren, wie sehr eine Vorlage, etwa in einer Collage oder Karikatur, durch Collage oder Reproduktion tangiert wird.

Arno Schmidts rabiater Text "Atheist? Allerdings!" von 1957 ist fast vollständig aus Zitaten von Seume und Lichtenberg kompiliert (ohne Nachweis; man merkt's nur am Duktus). Drews & Co haben vermutet, daß das ein Abwehrzauber war, weil Schmidt noch der angedrohte Prozess in Sachen Götterlästerung wg der "Pocahontas" in der Knochen steckte, der ihn ja zum Umzug nach Darmstadt veranlaßt hatte, um im Zwiefelsfall anführen zu können: hier stünden doch nur durchgewunkene Sätze aus den Klassikern.

Fragen danach, wie "Sinn zustande" kommt, verkennen die Antur des Poststrukturalismus. Dessen These ist ja, daß es eben genau keinen Sinn, kein Richtig und Falsch gibt. Deswegen auf die absolute Unnwiderlegbarkeit solcher Exegesen. Es reduziert sich alles darauf, wer das ganz nach Gusto bestimmen darf, auf eine schiere Machtfrage. Das "Lacancan und Deriddada," wie Klau Laermann das man genannt hat, ist reiner Schleiertanz. Kleine Anekdote: ich war vor ein paar Jahren mal Zuhörer bei einer Konferenz an unserer Alma mater, auf der die Germanisten, von denen bei uns nicht wenige so gepolt sind, als Eröffnungsrednerin eine amerikanische Professori:X geladen hatte, ziemlich namhaft, die eine Stunde lang ohne jede Begründung und Vertiefung erklärte: Gedichte seien selbstorganisierende Gebilde, so wie Kristallstrukturen oder Farnblätter oder Wirbelstürme. Ich habe mich im Kollegenkreis nicht gerade beliebt gemacht, als ich anschließend erklärt habe, daß ich a.) noch niemals so viel Unsinn in 40 Minuten gepackt vernommen hätte und sie b.) ihre Beispiele überdies samt und sonders aus den ersten 20 Seiten von James Gleicks "Chaos" von 1986 gekl...liehen hatte (ohne Quellennennung) und zudem jedes davon falsch verstanden habe. Allerdings hat sich die Dame auch in den Augen des restlichen pp. Publikums nicht mit Ruhm bebkleckert, als sie eingangs erklärte, sie habe weder Zeit noch Lust gehabt, etwas Neues zu verzapfen, den Vortrag hätte sie schon 30x gehalten.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.249

30.07.2021 20:07
#129 RE: Mrs. Malaprop Reloaded, oder: “Ich Tarzan, du Jane“ Antworten

Selber Themenkomplex, anderer [***]: Wie man heute in den Nachrichten hört, wurden in einem Buch von Laschet auch Plagiate gefunden.

Echt irre. So eine Bundestagswahl wie die kommende ist auch neu, in der man die Wahl zwischen zwei Komplettversagern hat. Ich hab mich schon dabei erwischt, der SPD einen wundersamen, unerklärlichen Wählerzuwachs zu wünschen, damit zumdindest der halbwegs seriöse SPD-Fuzzi Kanzler wird und keiner seiner nachweisslich genauso betrügerischen wie inkompetenten Alternativen. Will jemand ersthaft die Baerbock oder den Laschet bei einem G-Gipfel als Vertreter Deuschlands haben? Da können wir das Land auch gleich Putin oder den Chinesen schenken (sofern die das überhaupt noch haben wollen...)...

Sind die eigentlich echt alle zu blöd ein Buch zu schreiben? Oder haben sie so wenig zu sagen, dass das Buch - analog zum geisteswissenschaftlichen Studium, das nur darin besteht, irgendwelche Gurus nachzuäffen - abgeschrieben sein muss, und keiner denkt sich was dabei? Wobei, vor Allem in den Dünnbrettbohrer-Studiengängen wird viel Wert darauf gelegt, Zitate zu kennzeichnen; d.h. wenn sie das nicht können, sind sie entweder strukturelle Betrüger oder Idioten. Man kann sich dann aussuchen, was man wählt.


****
EDIT
Problematisches Wort gelöscht. Seien Sie bitte vorsichtig mit Ausdrücken, die möglicherweise justiziabel sind - Sie tragen hier das rechtliche Risiko nicht allein.
(Kallias als Moderator)

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.400

30.07.2021 22:21
#130 RE: Mrs. Malaprop Reloaded, oder: “Ich Tarzan, du Jane“ Antworten

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #129
Echt irre.


Wobei die Reaktion des da Bekopierten ja einen gewissen Charme hat.

Zitat
Karsten Weitzenegger
@weitzenegger

Plagiatsjäger Heidingsfelder hat mir mitgeteilt, dass Armin #Laschet in seinem Buch 2009 bei mir abgeschrieben hat.
Spontan habe ich bestritten, jemals etwas so Dummes geschrieben zu haben. Ist aber wohl doch mein Paper, ich bereue nichts. #Laschetschreibtab

10:58 nachm. · 29. Juli 2021·Twitter Web App



https://twitter.com/weitzenegger/status/1420851360560525312

Zitat von Vroniplag
Al/Fragment_260_30

Untersuchtes Buch:
Seite(n) 260; 261 Zeilen 30-38; 1-7

Fest steht: Brain-Gain durch Migration ist auch für die Herkunfstländer möglich, dann nämlich, wenn qualifizierte Arbeitskräfte nicht dauerhaft abwandern, sondern in einem anderen Land Erfahrungen sammeln und danach in ihr Heimatland zurückkehren. Vorausgesetzt sie bekommen eine Chance, ihr erworbenes Wissen erfolgreich einzusetzen. Eine solche zirkuläre Migration setzt auch voraus, dass die temporäre wie die dauerhafte Rückkehr von Migranten unterstützt wird - etwa durch Reintegrationsmaßnahmen oder eine Inves-[Seitenwechsel]titionsförderung.

Quelle Weitzenegger, K. (2008, Seite(n): 3, Zeilen: 33-45.

Brain Gain ist für Herkunftsländer vor allem dann möglich, wenn qualifizierte Arbeitskräfte nicht dauerhaft abwandern, sondern temporär in einem anderen Land Erfahrungen sammeln, die dann bei der Rückkehr eingesetzt werden können. Eine solche zirkuläre Migration setzt voraus, dass die temporäre wie dauerhafte Rückkehr von Migrant/innen unterstützt wird, auch durch Reintegrationsmaßnahmen, Möglichkeiten der erneuten Migration und Investitionsförderung...



Auf solche Antwort des Kandidaten Jobses / erfolgte allgemeines Schütteln des Kopfes. Das stammt natürlich aus Zeiten, die weit hinter uns liegen und heute in die Giftküche verbannt sind. Man sieht, warum Laschet sich so schnell entschuldigt hat.

Davon abgesehen, finde ich es in diesem Umfang & so weit zurückliegend durchaus noch im Rahmen des Läßlichen. Daß solche Arbeiten Auftragswerke aus zweiter Hand sind, wurde ja schon gesagt; und niemand erwartet hier mehr als die übliche Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen. Das Hübsche an der Causa Baerbock ist ja, daß das so massiert auftritt, zu dieser Gelegenheit und daß sie und ihr Team hier in Sachen Krisenmanagement den Stresstest exemplarisch gepatzt haben



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

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