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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Martin Offline



Beiträge: 4.129

23.03.2022 07:23
#51 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #43
Zitat von pettibone im Beitrag #42
Ich weiß nicht, ob es noch in einer der nächsten Folgen kommt: Ein oft genanntes Argument ist, dass man eigentlich keine oder nur wenige Speicher braucht, wenn erst die Stromtrassen von der Nordsee bis nach Bayern gebaut sind, da ja angeblich "der Wind immer weht". Wäre das theoretisch machbar?
Der Wind weht nicht immer. Hochdruckzentren, in denen kaum eine Brise geht, sind in ihrer Ausdehnung deutlich größer als Deutschland.
So ist es. Die Diskussion der 'erneuerbaren' Energieversorgung fand in den letzten Jahren im Schutz der noch funktionierenden konventionellen Energieversorgung statt, die die Abhängigkeit von der Natur notfalls ausgebügelt hat. Wer sich dessen aber bewusst war, hat in den letzten zwanzig Jahren durchaus registriert, wenn sich über Wochen über ganz Mitteleuropa ein Hochdruckgebiet festgesetzt hat. Der Spruch 'irgendwo weht immer Wind' ist ja schon alt.

Die Abhängigkeit unseres Alltags von einer funktionierenden Stromversorgung ist ständig gestiegen und steigt weiter. Eine gute Stromversorgung muss deshalb so ausgelegt sein, dass sie auch unter extremen Bedingungen funktioniert. Das geht weit über die rein technische Betrachtung hinaus. Und extreme Bedingungen müssen nicht nur das Wetter, sondern auch Politik und von Menschen verursachte Katastrophen einkalkulieren. Das aber kommt in der Öffentlichkeit kaum zur Sprache, es sei denn, es wird wie jetzt mit der Abhängigkeit von russischem Gas deutlich. In kriegerischen Zeiten wäre die Abhängigkeit des Südens von wenigen funktionierenden Nord-Süd-Stromtrassen ein zu hohes Risiko. Tokyo droht aktuell ein zeitweiliger Blackout, weil nach Fukushima die AKW-Kapazität heruntergefahren wurde und jetzt nach dem jüngsten Erdbeben einige Kraftwerke für Wochen? stillstehen. Die Wasserreservoirs sind aufgebraucht, der bedeckte Himmel reduziert die solare Ausbeute und die Ölversorgung stockt. Und Fukushima konnte u.a. passieren, weil die Konstrukteure jahrhundertealtes Wissen um Tsunami-Ereignisse ignorierten.

Das Ahrtal, der Jahrhundertwinter 1978/79 in der DDR, jetzt der Ukrainekrieg, allen Ereignissen liegt systematische Ignoranz von Risiken zugrunde. Auf der anderen Seite ist das Risiko eines AKW-GAU in allen Köpfen verankert und beeinflusst die Politik. Am Liebsten würden manche die Sonnenabstrahlung on Nordafrika abernten, dadurch aber wieder neue Abhängigkeiten schaffen. Ich denke, man kann es drehen und wenden wie man will, aber gesamtheitlich betrachtet bietet die Atomenergie das beste Potential für eine sichere, dezentrale Versorgung mit elektrischer Energie. Heute gibt es genug Antworten auf Schwächen in Bezug auf Proliferation, Abhängigkeit von Wasserversorgung, Brennstoffen, Sicherheit, Abhängigkeit beim Betrieb von hochqualifiziertem Personal. Man muss es nur anpacken, anstatt sich zu verzetteln. Warum überlassen wir es den Bill Gates dieser Welt, Dinge pragmatisch anzugehen?

Gruß
Martin

Saki Offline



Beiträge: 47

23.03.2022 11:10
#52 RE: Die Energiewende Antworten

Lieber Llarian,

es ist übrigens "lieber Saki" korrekt.

Zitat von Llarian im Beitrag #46
Wenn solche Kraftwerke "durchlaufen" ist es klar, dass das nur noch Cents pro Kilowattstunde sind. Das dumme ist, sie laufen nicht durch. Bzw. nicht ohne weiters. ... wir haben überschlagsweise ermittelt, dass die Umwandlung dieses Exzesses irre teuer würde, weil das "Umwandlungswerk" praktisch ständig still steht.


Sag ich doch. Ich hab als Beispiel 1000 Stunden (= 6 Wochen) / Jahr genommen. Die restlichen 46 Wochen stünde die Anlage still. Ist natürlich ein willkürlicher Wert, aber nicht völlig unplausibel, jedenfalls deutlich palusibler als nur eine Stunde / Jahr. Sie können gerne andere Werte recherchieren / argumentieren.

Dazu eine grundsätzliche Frage: Ich gehe davon aus, dass die CO2-Emissionsziele die Werte von 1990 oder so sind. Aber nicht netto 0. Ist wichtig für die Diskussion, denn für netto 0 brauchen wir gar nicht weiterzumachen. Um mal eine Berühmtheit zu zitieren, für das netto 0 Ziel brauchen wir keinen dritten Weltkrieg um den vierten mit Äxten & Keulen auszufechten.

Zitat
Wenn Sie da Fachwissen haben, immer her damit ... Wenn das mit den Batterien so ein Thema ist, dann werde ich das noch einmal begoogeln müssen



Fachwissen wäre stark übertrieben. Ich meine das Gleiche wie hubersen (viel weiter oben) mit "Stromspitzen vermeiden" um die Lebensdauer zu erhalten. Bei Wikipedia gibt es schöne Gegenüberstellungen der maximalen Leistungsdichte und maximalen Energiedichte der verschiedenen Akku- (und Kondensator) Typen, jeweils bezogen auf 1kg Gewicht.

Der physikalische/chemische Mechanismus ist (sehr schematisch): Bei zu hoher Leistung wird der Akku zu heiß, dadurch treten irreversible chemische Veränderungen auf.

Dazu ein kleiner Exkurs: Die höchsten Leistungen beim Auto treten beim Bremsen auf. Das mag unwichtig erscheinen, spielt aber eine Rolle, wenn man die kinetische Energie bei Bremsungen zurückgewinnen will. Das ist aus meiner Sicht der einzige echte Vorteil von Elektroautos gegenüber Verbrennern. Als Beispiel: ein Fahrzeug von 2 Tonnen Gewicht hat bei einer 100km/h Vollbremsung eine Spitzenbremsleistung von ca. 300kW. Die sollten möglichst im Akku landen. Ein Sattelschlepper (40t) hat bei einer 80km/h Vollbremsung ca 5000kW Spitzenleistung (das wird in der Praxis nicht erreicht, daher lange Bremswege). Formel: m * v * 5m/s² (Herleitung bei Nachfrage)

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.392

23.03.2022 12:51
#53 RE: Die Energiewende Antworten

OT.

Zitat von Saki im Beitrag #52
es ist übrigens "lieber Saki" korrekt.


Persisch/Farsi ساقی (nach heutiger Umschrift "Saghi"), "Mundschenk"; wenn heute noch geläufig, dann als Nom de Plume des englischen Autors H(ector) H(ugh) Munro, 1870-1916, Pionier der sardonischen Kurzerzählung, wie sie dann John Collier, Roald Dahl, und bei uns Kurt Kusenberg weiter gepflegt haben. Als Beispiel nenne ich mal "The Open Window" oder "Tobermory."

Im englischen Sprachraum hat sich das Wort durch die Nachdichtung der Rubayat (die Schreibweise oszilliert, wie immer bei Transliterationen aus arabischer Schrift) von Omar Chajjam durch Edward Fitzgerald verbreitet (5 Fassungen ab 1859), die mal so was wie ein viktorianischer Hausschatz waren, ein Pendant zum "West-Östlichen Diwan" auf populär, & mit einem vergleichbaren Fokus auf "Wein" & "Vergänglichkeit." Die Rubai sind eine gebundene Versform, vierzeilig mit Reimschema a-a-b-a; es haben sich diverse Überträger im 19. Jh. daran verhoben (die Zeilen werden da, weil es stets um den gleichen Inhalt geht, munter ausgetauscht).

Fitzgerald, 101 (1889):

And when like her, oh Saki, you shall pass
Among the Guests Star-scatter'd on the Grass,
And in your joyous errand reach the spot
Where I made One--turn down an empty Glass!


Friedrich Bodenstedt:

CLI
O Saki, sieh die Zeit die Blätter wenden
und mir und dir des Buches Spruch vollenden.
Doch glaub: so lange zwischen dir und mir
der Becher steht, liegt Gott in unsern Händen.


CLIII
Und kommst du leichten Fußes übers Gras
dorthin, wo ich die trunknen Verse las,
gedenke meiner! Lass allein die Gäste
und auf den Boden wirf ein leeres Glas.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Saki Offline



Beiträge: 47

23.03.2022 14:09
#54 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #53
Persisch/Farsi ساقی (nach heutiger Umschrift "Saghi"), "Mundschenk"; wenn heute noch geläufig, dann als Nom de Plume des englischen Autors H(ector) H(ugh) Munro, 1870-1916, Pionier der sardonischen Kurzerzählung,


In der Tat ein Held meiner Jugend und mein Pseudonymgeber. Geboren in Indien oder Burma, wenn ich mich recht erinnere. Als Schriftsteller nach eigener Einschätzung ein Epigone Oscar Wildes, vor allem im Hinblick auf den Lebensstil, dann aber in einer bemerkenswerten Abkehr vom Hedonismus, Kriegsfreiwilliger in relativ hohem Alter und gefallen im Schützengraben an der Somme.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

23.03.2022 20:34
#55 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Saki im Beitrag #52

Dazu eine grundsätzliche Frage: Ich gehe davon aus, dass die CO2-Emissionsziele die Werte von 1990 oder so sind. Aber nicht netto 0. Ist wichtig für die Diskussion, denn für netto 0 brauchen wir gar nicht weiterzumachen. Um mal eine Berühmtheit zu zitieren, für das netto 0 Ziel brauchen wir keinen dritten Weltkrieg um den vierten mit Äxten & Keulen auszufechten.


Das von der Politik kommunizierte Ziel ist "CO2-Neutralität", also die Netto-0 (derzeit geplant für 2045(!)). Die angestrebten Reduktionen um xx Prozent bei den berühmten Abkommen von Rio bis Paris beziehen sich immer auf die 1990-Baseline (im aktuellen Klimaschutzplan: 65% Reduktion schon in 2030...), aber das "Endziel" ist die Netto-0.

Und ja, natürlich geht das (auch wenn "Endziel" hier schon ein wenig nach "Endsieg" klingt). Es ist halt je nach Wahl der Mittel entweder teuer oder extrem teuer (und manchmal auch eine Frage, inwiefern man Kompensation in die Rechnung einfließen lassen darf). Wie teuer? Mal sehen, was Llarian am Ende seiner Beitragsserie ausgerechnet hat

Gruß
hubersn

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Llarian Offline



Beiträge: 7.107

24.03.2022 03:50
#56 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Saki im Beitrag #52
Sag ich doch. Ich hab als Beispiel 1000 Stunden (= 6 Wochen) / Jahr genommen. Die restlichen 46 Wochen stünde die Anlage still. Ist natürlich ein willkürlicher Wert, aber nicht völlig unplausibel, jedenfalls deutlich palusibler als nur eine Stunde / Jahr. Sie können gerne andere Werte recherchieren / argumentieren.

Ich könnte sie sogar ausrechnen, das Problem ist, mir fehlt etwas ganz essentielles, bei dem ich mich sehr schwer tue. Die ganze Rechnung hängt von der Verteilung des Windstroms ab, bzw. der Verteilung der Leistung über ein ganzes Jahr. Die habe ich nicht. Wenn ich die hätte, wird es zwar immer noch kompliziert, aber ich habe wenigstens einen Boden. Mal sehen was ich noch finde.

Zitat
Dazu eine grundsätzliche Frage: Ich gehe davon aus, dass die CO2-Emissionsziele die Werte von 1990 oder so sind. Aber nicht netto 0. Ist wichtig für die Diskussion, denn für netto 0 brauchen wir gar nicht weiterzumachen. Um mal eine Berühmtheit zu zitieren, für das netto 0 Ziel brauchen wir keinen dritten Weltkrieg um den vierten mit Äxten & Keulen auszufechten.


Also dem möchte ich widersprechen. Unter der Prämisse von ausreichend Energie ist Netto-0 sogar vergleichsweise simpel. Mit entsprechenden Atomkraftwerken wäre das am Ende mit Sicherheit möglich. Ob es mit Windstrom möglich ist, ist fraglich. Aber ich will ja die Frage nicht beantworten, bevor man nicht ein paar Zahlen hat. Nur zur Sicherheit: Ich bin in dem Sinne nicht dafür, ich halte die komplette CO2 Geschichte für ein grünes Hirngespinst, dass nur deshalb gepumpt wird, weil es die effektivste Möglichkeit ist die Industriegesellschaft zu vernichten. Insofern halte ich das ganze für Schwachsinn. Nur: Ich bin mir der politischen Realitäten bewusst, ich bin diesbezüglich in einer Mindermeinung. Die Energiewende ist in dem Sinne gesetzt. Ich versuche nur auszurechnen was dieses Ziel am Ende kosten wird. Oder zumindest etwa kosten wird. Und es wird teuer. Aber hallo.

Zitat
Dazu ein kleiner Exkurs: Die höchsten Leistungen beim Auto treten beim Bremsen auf. Das mag unwichtig erscheinen, spielt aber eine Rolle, wenn man die kinetische Energie bei Bremsungen zurückgewinnen will. Das ist aus meiner Sicht der einzige echte Vorteil von Elektroautos gegenüber Verbrennern. Als Beispiel: ein Fahrzeug von 2 Tonnen Gewicht hat bei einer 100km/h Vollbremsung eine Spitzenbremsleistung von ca. 300kW. Die sollten möglichst im Akku landen. Ein Sattelschlepper (40t) hat bei einer 80km/h Vollbremsung ca 5000kW Spitzenleistung (das wird in der Praxis nicht erreicht, daher lange Bremswege). Formel: m * v * 5m/s² (Herleitung bei Nachfrage)


Ich habe überhaupt keine Ahnung davon, aber ich würde meinen das man in einem solchen Fall über ein paar dicke Elkos nachdenken müsste, die das ganze abfedern. Oder, so blöd es klingt, ein Schwungrad vielleicht. Aber bevor ich mich noch lächerlich mache, bin ich besser still.

So oder so ist das aber ein Nebenkriegsschauplatz, wir würden ja selbst wenn der Wind voll weht und die Sonne uns auf den Dätz brennt, nicht so wenig Akkus auslegen, dass die dann sofort überlastet werden. Wir haben ja die Leistung wenigstens einige Minuten lang (so schnell sind Wolken ja auch nicht, bzw. der Wind wechselt nicht im Sekundentakt, zumal da ein ziemlich träges Rad dranhängt), da kann man die Leistung auch gleich zu den Pumpen der Kraftwerke schicken.

Krischan Offline




Beiträge: 641

24.03.2022 09:15
#57 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #56
... Oder, so blöd es klingt, ein Schwungrad vielleicht. Aber bevor ich mich noch lächerlich mache, bin ich besser still.


Ein Schwungrad in einem Auto oder Sattelschlepper ist vielleicht keine so gute Idee. Ich bin zwar kein Ingenieur, aber Bauchschmerzen hätte ich mit so einer Anordnung schon

Um mal den Faden in eine andere Richtung, wieder zurück, zu spinnen: Wer glaubt, dass Pumpspeicherkraftwerke die Lösung sind, sollte mal die tatsächlichen Anlagen besuchen. Ich bin schon mehrfach zum Goldisthal-Oberbecken hochgewandert, auch das Pumpspeicherkraftwerk Eichicht (an der Hohenwarte-Talsperre) ist einen Besuch wert. Das ist schon spannend zu sehen. Aber: Pumpspeicherkraftwerke sorgen für Lastspitzenausgleich, dafür sind sie konzipiert. Sie können kurzfristig Strom abgeben, und kurzfristig Strom aufnehmen (und den dann in kinetische Energie umwandeln).
Die Stichworte hier sind "kurzfristig" und "umwandeln".

Krischan

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

Saki Offline



Beiträge: 47

24.03.2022 13:02
#58 RE: Die Energiewende Antworten

@ Llarian

Zitat
Also dem möchte ich widersprechen. Unter der Prämisse von ausreichend Energie ist Netto-0 sogar vergleichsweise simpel. Mit entsprechenden Atomkraftwerken wäre das am Ende mit Sicherheit möglich.



Um den gesamten Primärenergiebedarf durch AKWs zu decken bräuchte es ein Vielfaches der Anlagen die es je in D gab. Mal agbesehen davon, dass wichtige Industrieanwendungen, z.B. Stahlerzeugung den Kohlenstoff außer zum Heizen auch für die chemischen Prozesse, zur Reduktion des Eisenoxids, braucht. Hat nicht Meister Petz mal darüber geschrieben, wie schwachsinnig CO2-freier Stahl wäre? Ok Stahlproduktion ist schon jetzt weitgehend nach Indien & China ausgelagert.

Schwungräder im Auto brauchen wegen Drehimpulserhaltung eine kardanische Aufhängung, machbar aber teurer/umständlicher als Kondensator und/oder Batterie.

Ich möchte zum Abschluß aber noch ein Beispiel dafür geben, auf was für schwachsinnige Ideen man kommen kann, wenn man auf Batterien fixiert ist:

https://www.ingenieur.de/technik/fachber...onnen-batterie/

Vorsorglich erwähnt der Artikel nicht, wie hoch der Potentialunterschied zwischen Anfangs- und Endpunkt ist, also vie viel Energie man gewinnen könnte, wenn man gleich die intelligente Lösung mit Oberleitung nimmt. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: In diesem speziellen Setup wurde quasi ein Wasserkraftwerk gebaut, mit Gestein statt Wasser, das gerdae mal genug Energie erzeugt, um sich selbst in Gang zu halten. Grossartige Leistung!

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

24.03.2022 13:33
#59 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Saki im Beitrag #58
Schwungräder im Auto brauchen wegen Drehimpulserhaltung eine kardanische Aufhängung, machbar aber teurer/umständlicher als Kondensator und/oder Batterie.

Bei den Gyrobussen war die Schwungradachse senkrecht, wenn ich recht verstehe.

Llarian Offline



Beiträge: 7.107

24.03.2022 14:24
#60 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Krischan im Beitrag #57
Ein Schwungrad in einem Auto oder Sattelschlepper ist vielleicht keine so gute Idee. Ich bin zwar kein Ingenieur, aber Bauchschmerzen hätte ich mit so einer Anordnung schon

Ich hatte da sowas im Hinterkopf und der Emulgator hat dann gerade sogar per Link geschrieben. Das gab es schon mal. Und witzigerweise: Wenn man die Wiki Seite weiter liest, dann sieht man sogar zwei Beispiele für Autos, bei denen tatsächlich ein Schungrad als Rekuperator eingesetzt wird. Also so absurd daneben war ich nicht.

Zitat
Aber: Pumpspeicherkraftwerke sorgen für Lastspitzenausgleich, dafür sind sie konzipiert.


Richtig. Nur wenn man sich Windstromverteilungen ansieht, dann stellt man fest, dass auf Tage betrachtet die ganze Energie fast nur aus Lastspitzen besteht (ich habe gestern Nacht die Daten gefunden und war nicht nur ein wenig geplättet, ich war ernsthaft eher (ein bischen) schockiert als ich das gesehen habe). Ohne konventionelle Regelung ist Windstrom schlicht "voll für den Eimer". Anders kann man das nicht sagen. Ohne Ausgleich, und da sind Pumpspeicherwerke im Moment das Mittel der Wahl, kommen wir genau nirgendwohin.

Llarian Offline



Beiträge: 7.107

24.03.2022 14:40
#61 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Saki im Beitrag #58
Um den gesamten Primärenergiebedarf durch AKWs zu decken bräuchte es ein Vielfaches der Anlagen die es je in D gab.

Richtig. Mehr als eine Potenz mehr. Mit dem Unterschied, dass man AKWs besser skalieren kann und das der Platzverbrauch sehr viel geringer ist. Aber dem ist so, ja. Deswegen wird/würde es dafür auch eine neue Reaktorgeneration, vermutlich Thorium-Reaktoren, benötigt werden.

Zitat
Mal agbesehen davon, dass wichtige Industrieanwendungen, z.B. Stahlerzeugung den Kohlenstoff außer zum Heizen auch für die chemischen Prozesse, zur Reduktion des Eisenoxids, braucht. Hat nicht Meister Petz mal darüber geschrieben, wie schwachsinnig CO2-freier Stahl wäre?


Nein, das war ich schon selber. :) (Petz stammt aus der Energiebranche, Stahl ist mein Bier.)
Das ist auch in dem Sinne schwachsinnig. Genauso wie die Energiewende (vermutlich). Nur: Es ist möglich. Zum einen kommt als Prozessgas im wesentlichen CO vor, dass dann in CO2 übergeht. Das kann man theoretisch einfangen. Was man aber tatsächlich macht, ist, man beschäftigt sich mit Direktreduktion durch Wasserstoff. Das ist auch ziemlich weit fortgeschritten, nur eben preislich abwegig. Das ist eben wirklich wie die Wende selber, vermutlich Unsinn, aber machbar und eben teuer. Sie würden sich wundern welche Summen da derzeit investiert werden, um das zu entwickeln.

Zitat
Ok Stahlproduktion ist schon jetzt weitgehend nach Indien & China ausgelagert.


Nicht der deutsche, aber das kriegen die Grünen auch noch hin. Nein, Sie haben natürlich recht: Das wird passieren. Das Ganze ist in dem Sinne ein Deindustrialisierungsprogramm (das ist ja auch gewollt). Weil man eben nicht mit den Chinas dieser Welt konkurrieren kann, wenn man sich einen Arm auf den Rücken bindet. Da Deutschland aber nun einmal im internationalen Wettbewerb steht, wird das am Ende andere Effekte nach sich ziehen. Man wird weniger CO2 freisetzen, zu dem Preis einer gigantischen Verarmung. Am Ende sinken die realen Löhne, der Exporterfolg geht flöten und man wird weniger verbrauchen können. Das macht der grünen Kirche nichts, weil sie von gutem Gewissen lebt. Aber die Massen werden deutlich(!) ärmer werden. Autofahren, Einfamilienhaus, Klimatisierung, alles Luxus. Aber nicht bei mir beschweren, ich habe das nicht gewählt, ich rechne es nur aus. :)

Llarian Offline



Beiträge: 7.107

24.03.2022 14:48
#62 RE: Die Energiewende Antworten

Kleine Anmerkung in eigener Sache: Ich habe gestern tatsächlich online die Winddaten der letzten zehn Jahre gefunden (ein Hoch auf die Netzbetreiber, die sind deutlich besser aufgestellt als die staatlichen Stellen). Damit habe ich "eigentlich" das meiste, was ich brauche (mal ab von ehrlichen(!) Daten der Windstromlobby). Außer Zeit. Die Daten auszuwerten ist mit ein bischen Excel und Bleistift nicht getan. Da werde ich schon Software für brauchen und da ich von Hause aus kein Datenjockey bin, habe ich auch die Tools nicht eben rumliegen (sondern muss sie selber schreiben). Das wird ein bissel dauern, insofern bitte ich um etwas Geduld, ich werde zwar einiges zum Wind jetzt schreiben, aber die große Arbeit kommt noch. Das ist in dem Sinne ohnehin ein "work in progress", bei dem ich meine Gedanken selber noch sortiere (wobei mir der Input hier durchaus sehr hilft, ein Leser war sogar so nett mir die Daten seiner persönlichen Solaranlage zu überlassen ).

Es wird. Nur nicht eben gestern. :)

Krischan Offline




Beiträge: 641

24.03.2022 15:25
#63 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #60

Ich hatte da sowas im Hinterkopf und der Emulgator hat dann gerade sogar per Link geschrieben. Das gab es schon mal. Und witzigerweise: Wenn man die Wiki Seite weiter liest, dann sieht man sogar zwei Beispiele für Autos, bei denen tatsächlich ein Schungrad als Rekuperator eingesetzt wird. Also so absurd daneben war ich nicht.


Stimmt, da bin ich auch schon mal drübergestolpert. Aber offenbar hat sich das Konzept ja nicht bewährt. Ansonsten würde ja heute der öffentliche Verkehr nur mit solchen Bussen fahren. Bei uns auf dem hügeligen Land wirds damit bestimmt auch lustig.

Zitat von Llarian im Beitrag #60

Richtig. Nur wenn man sich Windstromverteilungen ansieht, dann stellt man fest, dass auf Tage betrachtet die ganze Energie fast nur aus Lastspitzen besteht (ich habe gestern Nacht die Daten gefunden und war nicht nur ein wenig geplättet, ich war ernsthaft eher (ein bischen) schockiert als ich das gesehen habe). Ohne konventionelle Regelung ist Windstrom schlicht "voll für den Eimer". Anders kann man das nicht sagen. Ohne Ausgleich, und da sind Pumpspeicherwerke im Moment das Mittel der Wahl, kommen wir genau nirgendwohin.



Ich bin mir nicht sicher, ob Pumpspeicherkraftwerke für schnelle Lastspitzenänderungen ausgelegt sind. Die können auch nicht im Minutentakt von "Mach Strom" auf "Pump Wasser" umschalten....Das glättet sich da auch eher über einen Zeitraum...

Aber, lieber Llarian, vielen Dank für die Einblicke und die Mühe, das ist wirklich sehr informativ. Und bestärkt mich noch mehr darin, etwas mehr in basale Autarkie (Ofen und Holz) zu investieren. Offenbar muss ja nicht erst der Russe vor der Tür stehen, damit bei uns das Licht ausgeht.

Krischan

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

Saki Offline



Beiträge: 47

24.03.2022 15:42
#64 RE: Die Energiewende Antworten

@Emulgator

Zitat
Bei den Gyrobussen war die Schwungradachse senkrecht, wenn ich recht verstehe.



Das allein reicht nicht:

Zitat
Das um eine senkrechte Achse rotierende Schwungrad bewirkt bei Änderungen der Steigung der Straße Kippkräfte auf das Fahrzeug. Durch Verwendung zweier gegenläufiger Schwungräder lässt sich dieser Effekt jedoch aufheben



Bei identischer Drehachse weist der Drehimpulsvektor des gegenläufigen Schwungrades genau in die engegengesetzte Richtung des anderen Rades. Wenn zusätzlich der Betrag beider Vektoren gleich ist, addiert sich der Geamtdrehimpuls vektoriell zu null.

Llarian Offline



Beiträge: 7.107

24.03.2022 16:11
#65 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Krischan im Beitrag #63
Aber offenbar hat sich das Konzept ja nicht bewährt. Ansonsten würde ja heute der öffentliche Verkehr nur mit solchen Bussen fahren. Bei uns auf dem hügeligen Land wirds damit bestimmt auch lustig.

Ich habe ja auch nur rumgestümpert. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass es oftmals erstaunliche Lösungen gibt, die nicht jeder von uns direkt aus dem Stegreif nennen kann.

Zitat
Ich bin mir nicht sicher, ob Pumpspeicherkraftwerke für schnelle Lastspitzenänderungen ausgelegt sind. Die können auch nicht im Minutentakt von "Mach Strom" auf "Pump Wasser" umschalten....


Erstaunlicherweise doch, wobei das wohl eine Frage der Wirtschaftlichkeit ist, weil man die Generatoren, bzw. Pumpen nicht jede Minute schalten möchte. Es gibt dann wohl kurzzeitig den absurden Zustand, dass man wohl gleichzeitig pumpt und den Generator betreibt, unter Umständen sogar physikalisch verbunden (ja, ich weiß wie blöd das klingt). Ich habe das irgendwo am Rande gelesen, ist aber auch wirklich nur eine Randnotiz, die Ausgleiche, die ich sehe liegen eher im Bereich von Stunden und Tagen, für Minuten sind wohl Akkus besser geeignet.

Zitat
Und bestärkt mich noch mehr darin, etwas mehr in basale Autarkie (Ofen und Holz) zu investieren.


Unbedingt. Das ist etwas, dass ich schon lange sage und dieses Jahr zu meiner absolut obersten Empfehlung gemacht habe: Wer ein Haus hat, der kaufe sich unbedingt(!) einen Ofen. Nicht im kommenden Winter, nicht im kommenden Sommer, jetzt, am besten gestern. Und gleich etliche Kubikmeter Holz dazu (die dann im Sommer trocknen können). Wenn sich die Russland-Krise verschärft (die Wahrscheinlichkeit mögen andere beurteilen), dann wird im Sommer der Run auf die Öfen erst so richtig losgehen. Das geht dann wie letzte Woche mit dem Sonnenblumenöl. Davon mal ab, angesichts der Gaspreise wird, selbst wenn der Strom nicht ausfällt, der Ofen keine schlechte Investition sein.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

24.03.2022 18:44
#66 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #61
Deswegen wird/würde es dafür auch eine neue Reaktorgeneration, vermutlich Thorium-Reaktoren, benötigt werden.


Warum Thorium? Uran gibt es mehr als genug. Und man hat ewig lange Betriebserfahrung mit den Dingern, in allen möglichen Konstellationen inklusive Konvertern und Brütern, falls man sich darüber sorgt ob Uran für die nächsten paar Jahrtausende ausreicht um die Menschheit komplett mit Energie zu versorgen.

Thorium-Reaktoren zeichnen sich ja vor allem darin aus, noch nie im kommerziellen Umfeld produktiv gewesen zu sein. Kann man natürlich trotzdem machen wollen, aber warum?

Im Moment würde ich mein Geld auf NuScale und Rolls-Royce verwetten, mit ein paar großen KEPCO-Reaktoren als Ersatz für die bestehenden großen Reaktoren. Aber natürlich nicht in Deutschland, wir werden auf absehbare Zeit ganz ganz bestimmt kernenergiefreie Zone bleiben.

Gruß
hubersn

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Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

24.03.2022 20:32
#67 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Saki im Beitrag #64
Bei identischer Drehachse weist der Drehimpulsvektor des gegenläufigen Schwungrades genau in die engegengesetzte Richtung des anderen Rades. Wenn zusätzlich der Betrag beider Vektoren gleich ist, addiert sich der Geamtdrehimpuls vektoriell zu null.
Also braucht man keine kardanische Aufhängung? Ich stelle mir die nämlich problematisch vor, wenn man nicht weiß, wie die Schwungachse relativ zu der Fahrzeugorientierung ist, und deswegen Kardangelenke braucht.

Zitat von Llarian im Beitrag #65
Wer ein Haus hat, der kaufe sich unbedingt(!) einen Ofen. [...] Und gleich etliche Kubikmeter Holz dazu (die dann im Sommer trocknen können).
Aber bitte vorher die Feuerstättenbetriebverordnung studieren und ggf. Schmiergeld für den Schornsteinfeger bereitlegen! Soweit ich weiß, sind sehr viele Holzöfen nicht mehr genehmigt, wegen Feinstaubemissionen oder anderen Gründen.

Vielleicht kann man sich so etwas noch ins Haus bauen, aber der Schornsteinfeger wird es bestimmt nicht mehr abnehmen. Wenn man es dann trotzdem betreibt, begeht man eine Ordnungswidrigkeit und verliert womöglich auch den Feuerversicherungsschutz, falls etwas schiefgeht.

Man sollte durchrechnen, wie das Risiko, Gebäudesubstanz durch Frostschäden zu gefährden in Relation zum Risiko steht, durch den Holzofen "mit dem Feuer zu spielen".

Wenn man es drauf ankommen läßt, noch ein Spartip: In Deutschland gibt es das traditionelle Jedermannsrecht, im Wald (sofern er nicht NSG oder Nationalpark ist, weil man dort nicht die Wege verlassen darf) so viel Totholz zu sammeln, wie man von Hand tragen kann. Totholz muß man auch nicht mehr so lange trocknen.

Wren Offline



Beiträge: 12

25.03.2022 07:49
#68 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Saki im Beitrag #58
Schwungräder im Auto brauchen wegen Drehimpulserhaltung eine kardanische Aufhängung, machbar aber teurer/umständlicher als Kondensator und/oder Batterie.



Ich erinnere mich dunkel, einmal einen SF-Roman gelesen zu haben, in dem das vorherrschende Transportmittel Einräder mit Schwungrad waren, die zwar eben durch dieses Schwungrad in der Senkrechten (zunächst) stabilisiert wurden, aber morgens und in gewissen Zeitabständen wieder in die Senkrechte gebracht werden mußten, um die Folgen der Erddrehung auszugleichen. Nicht so genau hatte der Autor, wenn ich mich recht erinnere, die Folgen des Kurvenfahrens (Nickbewegung) studiert, aber die Idee war schon interessant. Ist leider schon ewig her, aber ein Mensch mit enzyklopischem Gedächtnis wie Ulrich Elkmann fördert vielleicht etwas zu Tage...

Schwungräder sind wohl, abgesehen von den physikalischen Folgen der Kreiselbewegung, eine Materialfrage, denn wenn die Masse nicht zu groß sein darf, muß die Drehgeschwindigkeit hochgetrieben werden, was das Material durch die Fliehkräfte zu zerreißen droht. Darüber wurden schon lange Studien angestellt, die aber nicht zu einem weitgestreuten Einsatz geführt haben.

Vermutlich aus gutem Grund.

Herzliche Grüße

Krischan Offline




Beiträge: 641

25.03.2022 11:09
#69 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #67
Aber bitte vorher die Feuerstättenbetriebverordnung studieren und ggf. Schmiergeld für den Schornsteinfeger bereitlegen! Soweit ich weiß, sind sehr viele Holzöfen nicht mehr genehmigt, wegen Feinstaubemissionen oder anderen Gründen.

Vielleicht kann man sich so etwas noch ins Haus bauen, aber der Schornsteinfeger wird es bestimmt nicht mehr abnehmen. Wenn man es dann trotzdem betreibt, begeht man eine Ordnungswidrigkeit und verliert womöglich auch den Feuerversicherungsschutz, falls etwas schiefgeht.

Man sollte durchrechnen, wie das Risiko, Gebäudesubstanz durch Frostschäden zu gefährden in Relation zum Risiko steht, durch den Holzofen "mit dem Feuer zu spielen".

Wenn man es drauf ankommen läßt, noch ein Spartip: In Deutschland gibt es das traditionelle Jedermannsrecht, im Wald (sofern er nicht NSG oder Nationalpark ist, weil man dort nicht die Wege verlassen darf) so viel Totholz zu sammeln, wie man von Hand tragen kann. Totholz muß man auch nicht mehr so lange trocknen.


Also, mein Holz macht zweimal warm - einmal beim Spalten, das zweitemal beim Heizen . Zum Thema Totholz: Ich wohne ja direkt neben dem Wald (sozusagen krisengerecht), und letztes Wochenende habe ich die Kinder mal zum Holzsammeln in den Wald geschickt. Ergebnis: große Stöcker, aber alle verpilzt und verschimmelt. Das brennt nicht wirklich. Zum richtigen Heizen braucht man ja Scheite und keine kleinen Ästchen.

Soviel zu "der Mann und sein Holz".

Eigentlich schlimm, dass wir uns über sowas unterhalten müssen.

Krischan

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

Ulrich Elkmann Online




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25.03.2022 12:00
#70 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Wren im Beitrag #68

Ich erinnere mich dunkel, einmal einen SF-Roman gelesen zu haben, in dem das vorherrschende Transportmittel Einräder mit Schwungrad waren, die zwar eben durch dieses Schwungrad in der Senkrechten (zunächst) stabilisiert wurden, aber morgens und in gewissen Zeitabständen wieder in die Senkrechte gebracht werden mußten, um die Folgen der Erddrehung auszugleichen. Nicht so genau hatte der Autor, wenn ich mich recht erinnere, die Folgen des Kurvenfahrens (Nickbewegung) studiert, aber die Idee war schon interessant.


Das entspräche im RL dem Nachteil, den in den 50er und 60er Jahren Motorräder "mit Seitenwagen" einfuhren, die ja nicht wirklich verbreitet waren, aber dem Zeitgeist der Wirtschaftswunderjahre entsprechend als Übergangsphase zum familientauglichen fahrbaren Untersatz gehandelt wurden. Die aufgrund der starren Achskonstruktion in der Kurvenfahrt eine stramm aufrechte Haltung erforderten, was der dynamischen Fahrweise nicht zuträglich war.

Den Details zufolge dürfte es sich hier um den Roman "The Ring" handeln, von Piers Anthony, in Zusammenarbeit mit Robert E. Magroff, erschienen 1968, zu jener Zeit, als Anthony im Genre noch als ernstzunehmendes Zukunftstalent gehandelt wurde, bevor er dann mit den dreiunddrölfzig "Xanth"-Fortsetzungen zum Inbegriff des billigen Jakob wurde. Das käme auch insoweit hin, als der Roman in dt. Übersetzung in der alten Reihe "Fischer Orbit" erschienen ist, 1973, als 23. Band, in der Übersetzung von Fritz Steinberg. Zitat aus dem Original:

Zitat
The car was standing at less than a fifteen degree angle, tilting west. Good - that meant he had been gone less than an hour, despite the time the adventure had seemed to consume. He had had to do without a watch, since some of its works were metallic and would have activated the estate sensors. But a gyrocar was both compass and clock. It held its position without regard to the motion of the planet, which meant that it leaned to the west - when parked - at a rate of fifteen degrees per hour, unless set on its side with the gyro oriented east-west. Let Earth spin, fashioning night and day; the gyro was indifferent. He deposited the girl in the front seat, watched the safety harness clasp her firmly, and activated the drive motor. He turned up the gyro, allowed it a moment to accelerate from standby torque, then got out and trod on the south bumper. The vehicle resisted, but slowly responded by tilting east, righting itself. That was precession: the gyro converted the stress he put upon it to a force acting at right angles. Such correction of a gyro's attitude was elementary physics, and the average driver did it routinely without being aware of the complex theroems defining the action. (Ch.1)
(...)
The law makes me report every powerpak I take from a gyromotor," Ed said. "You know, those gyropaks are special, not like the wheel motors. They keep that gyro going all the time, so the car won't fall."



Ansonsten ist dergleichen im Genre nicht so oft vertreten, wie man vielleicht meinen könnte (wohl auch, weil es gegenüber einem normalen Automobil nichts außer der Signalwirkung des "Gimmicks" zu bieten hat); als Zählkandidaten kommt das noch bei Harry Harrison vor ("R.O.B.O.T", zuerst 1969, als Buchpublikation 1974) oder beim Ur-Text, Robert Heinleins "The Roads Must Roll" von 1940, wo das unter der Bezeichnung "Tumblebug" läuft.

Zitat
Tumblebug may refer to:
* Dung beetle
* A self-balancing motorized unicycle used by maintenance workers in Robert Heinlein's story "The Roads Must Roll"



https://en.wikipedia.org/wiki/Tumblebug

Zitat von 'The Roads Must Roll'
Gaines and Harvey mounted tumblebugs, and kept abreast of the Cadet Captain, some twenty-five yards behind the leading wave. It had been a long time since the Chief Engineer had ridden one of these silly-looking little vehicles, and he felt awkward. A tumblebug does not give a man dignity, since it is about the size and shape of a kitchen stool, gyro-stabilized on a single wheel. But it is perfectly adapted to patrolling the maze of machinery 'down inside', since it can go through an opening the width of a man's shoulders, is easily controlled and will stand patiently upright, waiting, should its rider dismount.



Als zweirädrige Version ist das sogar bis zum Prototypen-Status gediehen:

Zitat
Am 27. November 1913 startete der russische Graf Pjotr Petrowitsch Schilowski sein Gyrocar zum ersten Mal. Gebaut wurde es in Birmingham, wo er A. W. Dring, Chefingenieur der Entwicklungsabteilung der Automobilfirma Wolseley, für sein Projekt gewinnen konnte.

Das Fahrzeug hatte zwei im Abstand von fünf Meter hintereinander angeordnete Räder und bot Platz für sieben Personen. Im Fond konnten zwei Personen mit Blickrichtung nach vorn und drei Mitfahrer mit dem Gesicht nach hinten sitzen. Neben dem Fahrer im Chauffeur-Abteil war ein Beifahrersitz. Es hatte einen 1,016 m Durchmesser großen und 11,4 cm dicken Kreisel unter dem Fahrersitz der sich, angetrieben durch einen 110 V Elektromotor, mit 2000…3000 Umdrehungen pro Minute drehte. Über ein Getriebe wurde ein Ausgleichsgewicht bewegt, damit das Fahrzeug nicht umkippt. Das Gesamtgewicht von 2,75 Tonnen wurde nur von einem Wolseley C5 Motor mit 16…20 PS (90 mm Bohrung und 125 mm Hub) angetrieben.

1914 wurde es in London vor Publikum vorgeführt und es kippte tatsächlich nicht um. Auch wenn sich im Stand eine Person auf die Trittbretter stellte schwankte das Auto nicht wesentlich.

Als im selben Jahr der Erste Weltkrieg ausbrach, kehrte Schilowski nach Russland zurück. Die Engländer vergruben das Auto in der Erde. 1938 wurde das Auto wieder ausgegraben und stand bis 1948 im werkseigenen Wolseley Museum, woraufhin es verschrottet wurde.



https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstbalancierendes_Fahrzeug

Im gleichen Artikel findet sich eine Liste mit neuzeitlicheren Basteleien; augenscheinlich hält sich solch eine Idee hartnäckig in bestimmten Nischen, vergleichbar dem Ornithopter.

Zitat
Aktuelle Studien und Entwürfe

Durch leichte elektronische Gyroskope und Neigungssensoren können die schweren Kreisel der frühen Entwicklung ersetzt werden. Mit elektronischer Regelung und elektrischem Antrieb werden heute besonders kleine Fahrzeuge entworfen.

* Embrio Die Designstudie von Bombardier Recreational Products für ein einrädriges Motorrad gewann 2003 den Gold Award des Industrial Design Society of America & Business Week Magazine (IDEA).[8][9][10]
* FALCON 750cc von Honda, Designstudie 2007, ein einrädriges Motorrad[11]
* motorbetriebene Inlineskates mit einem Rad in der Mitte.[12]
* Uno von bpg-motors (Kanada), von Ben Gulak 2008 auf der Spring Motorcycle Show in Toronto vorgestellt. Zwei eng nebeneinander angeordnete, elektrisch angetriebene Räder bewegen den Fahrer, der wie auf einem einrädrigen Motorrad fährt. Das Fahrzeug wird schneller wenn sich der Fahrer vor beugt und langsamer durch zurückbeugen. Auch die Kurvenfahrt wird durch Verlagern des Schwerpunktes erreicht, die Elektronik lässt dann das äußere Rad schneller drehen.[13]
* Winglet von Toyota, 2008, Ähnlich dem Segway, elektrisch betrieben mit zwei Rädern nebeneinander, aber kleiner und langsamer. Gewicht: ab 10 kg, Geschwindigkeit: 6 km/h[14]
* U3-X von Honda, 2009 zur Tokyo Motor Show vorgestellt, Ein elektrisch betriebenes Einrad mit Sitz. Gewicht: 10 kg, Geschwindigkeit: max. 6 km/h
* Ryno von Ryno Motors, 2010, einrädriges Motorrad, Gewicht: 57 kg, Geschwindigkeit: max. 40 km/h[15]
* Solowheel von Inventist, 2011, bislang kleinstes Einrad, Gewicht: 11 kg, Geschwindigkeit: max. 16 km/h[16]
* C-1 von Lit Motors, 2012, ein 2-Rad-Kabinenroller mit Elektromotor, Reichweite über 240 km, Geschwindigkeit: max. 193 km/h[17]



PS.

Zitat
The Audi Snook one-wheeled concept car sounds to some of my readers just like the gyrocar from The Ring the 1969 novel by Piers Anthony and Robert Margroff. Frankly the novel has more details than the vehicle concept design.

Audi Snook
One-Wheel Concept Gyrocar Updated. The Audi Snook would travel about on just one single ball wheel driven by a multi-directional engine. The tires would be spherical and thus maneuverable in all directions which would make for amazing parking possibilities as seen in the final shots of this brief piece where multiple cars are.



https://www.candel.me/2021/09/concept-ca...all-wheels.html

Zitat
The Audi Snook is the name given to a concept for a single-wheeled vehicle (one large wheel countered with 3 counter-wheels) that is stabilized electronically. It was originally designed by Tilmann Schlootz, a German who won the Michelin Design Award 2008 for this design. No vehicle has yet been constructed as a result of the technological research student project.



https://en.wikipedia.org/wiki/Audi_Snook

2030? Wo habe ich in letzter Zeit dieses Jahr noch mal als Zielvorgabe genannt bekommen?

Zitat
Perspektiven & Debatte
Anno 2030
Was passiert, wenn in 20 Jahren das Elektroauto Alltag ist?
Fünf Experten wagen einen Blick in die Zukunft.
Studie Audi Snook des Frankfurter Designers Tilmann Schlootz
Transportkapsel für zwei Personen, die wie ein Kugelschreiber auf einer gummierten Kugel rollt.



https://designhessen.de/wirtschaftswoche...-of-audi-snook/



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Saki Offline



Beiträge: 47

25.03.2022 12:21
#71 RE: Die Energiewende Antworten

@Emulgator & Wren,

Stimmt, mit Blick auf die Erdrotation ist die Lösung mit zwei gegenläufigen Schwungrädern wohl besser als eine kardanische Aufhängung. Würde auch beim Schwungrad-Fahrad helfen

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

25.03.2022 15:59
#72 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Saki im Beitrag #52
Dazu ein kleiner Exkurs: Die höchsten Leistungen beim Auto treten beim Bremsen auf. Das mag unwichtig erscheinen, spielt aber eine Rolle, wenn man die kinetische Energie bei Bremsungen zurückgewinnen will. Das ist aus meiner Sicht der einzige echte Vorteil von Elektroautos gegenüber Verbrennern. Als Beispiel: ein Fahrzeug von 2 Tonnen Gewicht hat bei einer 100km/h Vollbremsung eine Spitzenbremsleistung von ca. 300kW. Die sollten möglichst im Akku landen.


Ich widerspreche in praktisch allen Punkten :-)

Die höchste Leistung tritt beim Beschleunigen auf, zumindest bei den hochpreisigeren Sportgefährten. Tesla hat ja einigen Spott ertragen müssen, weil zu Anfang die Model S nicht "beschleunigungsfest" waren und man so aufgrund notwendigen Akkuschutzes die 0-auf-100-Tests nur wenige Male hintereinander durchführen konnte (ebenso im Dauereinsatz auf der Rennstrecke). Das Problem ist aber schon lange gelöst. Auch auf Druck der Konkurrenz (Porsche Taycan und Konsorten), die das auf Anhieb besser konnte.

Die Auslegung der maximalen Rekuperation muss keinesfalls "Vollbremsung" sein, sondern "Normalbetrieb". E-Autos haben ja weiterhin konventionelle Bremsen, und das ist auch gut so. Es macht keinen Sinn, die Rekuperationsmöglichkeiten überzudimensionieren, nur um im Verlaufe eines Fahrzeuglebens 1% mehr Strom rekuperieren zu können.

Der größte Vorteil eines E-Autos liegt im Auge des Betrachters - Rekuperation ist es aber ganz sicher nur dann, wenn man den ganzen Tag Stop&Go fährt. Und selbst dann dürfte der Wirkungsgradvorteil im Teillastbetrieb wirksamer sein als der Rekuperationsvorteil. Rekuperation hilft allerdings, einen Nachteil des E-Autos - das höhere Gewicht - nicht allzu sehr (Achtung, Wortwitz) ins Gewicht fallen zu lassen.

Ich habe die 300kW jetzt nicht nachgerechnet, aber moderne E-Autos mit großen Akkus können problemlos (zumindest in den meisten Ladezuständen des Akkus) mit 300kW Ladeleistung zurechtkommen, siehe Rechnung von vor ein paar Posts. Aber "normale" Bremsvorgänge liegen ja sehr deutlich darunter, deshalb funktioniert die Rekuperation auch bei Plug-In-Hybriden und sogar den klassischen Parallel- oder Seriell- oder leistungsverzweigten Hybriden sehr gut.

Gruß
hubersn

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hubersn Offline



Beiträge: 1.342

26.03.2022 23:39
#73 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #49

Ich hatte es irgendwo schon angemerkt - wir werden vermutlich ein Vielfaches an installierter Leistung bekommen gegenüber der größten Lastspitze im Netz die wir je hatten. Denn diese Überkapazitäten zu errichten und vorzuhalten wird (vermutlich auch in Zukunft) preiswerter sein als so viel Speicherkapazität bereitzustellen, um sozusagen mit minimalen installierten Leistungen auszukommen.



Weil ich gerade beim Querbrowsen drüber gestolpert bin, nur zur Untermauerung...Agora-Energiewende kommt im "Photovoltaik- und Windflächenrechner" zum Ergebnis, dass wir in Deutschland bis 2045 (Netto-0) bei Onshore-Wind bei 145 GW und bei PV bei 385 GW installierter Leistung landen müssen. Maximale Lastspitze ever war bisher m.W. 95 GW. Nur mal zur Einordnung...Offshore-Wind kommt natürlich noch dazu, im vorliegenden Werk geht es um geeignete Flächen an Land.

Wenn ich es grob überschlage, wird das aber bei weitem nicht reichen, wir werden zusätzlich sehr viel weniger Energie verbrauchen müssen damit das reicht.

Gruß
hubersn

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Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

26.03.2022 23:55
#74 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #73
Wenn ich es grob überschlage, wird das aber bei weitem nicht reichen, wir werden zusätzlich sehr viel weniger Energie verbrauchen müssen damit das reicht.
Ein Politiklehrer hat seiner Gymnasialklasse in den späten 90er Jahren schon mal vorgerechnet, daß Windenergie unseren Elektrizitätsbedarf nicht alleine decken kann. Ein "wachsen" der damals noch kleinen Windturbinenmodelle wurde dabei mit einbezogen.

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.392

27.03.2022 00:42
#75 RE: Die Energiewende Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #74
Ein Politiklehrer hat seiner Gymnasialklasse in den späten 90er Jahren schon mal vorgerechnet, daß Windenergie unseren Elektrizitätsbedarf nicht alleine decken kann. Ein "wachsen" der damals noch kleinen Windturbinenmodelle wurde dabei mit einbezogen.


Falls es interessiert, kann ich den Beitrag am Wochenanfang heraussuchen (ich habe hier vom Heimrechner keinen Zugriff auf die E-Archive per Uni-Lizenz); aber für mich war die definitive Eintütung des energetischen Windutopismus ein ziemlich langer Artikel im Wirtschaftsteil der FAZ von Prof. Otfried Wulfrum vom 24. Oktober 1996 unter dem Titel "Der große Schwindel Windstrom," in dem bündig vorgerechnet wurde, daß & warum das ein Luftschloß bleiben muß. Frei erhältlich ist nur der Auftakt einer Leserbriefreaktion: Ach was - das wird halt ein Exportschlager! Und außerdem weiß doch jeder, der hinter der Windkraft steht, daß das marignal sein wird & niemand hat je anderes behauptet...

Zitat von Windkraft-Technik als Exportgut
Zu Ihrem Artikel "Der große Schwindel Windstrom" von Professor Dr. Otfried Wolfrum (F.A.Z. vom 24. Oktober): Was hat eigentlich die Windenergie Professor Wolfrum angetan? Und wer sind die Leute, die behauptet haben, mit Windenergie könne man alle Energieprobleme der Zukunft lösen? Doch allenfalls Leute, die nichts von der Sache verstehen. Jeder ernsthafte Vertreter der Windidee war und ist sich darüber im klaren, daß die Ausbeute marginal bleiben wird. Aber warum muß man gleich eine ganze Branche, in der ...



https://www.genios.de/presse-archiv/arti...QVENTS4100.html



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