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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Llarian Offline



Beiträge: 7.108

21.06.2022 17:27
#76 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #74
Ich denke nur, dass man das Verhalten eben auch irgendwie rational vertreten kann.

Was ist die Ratio Drogen zu nehmen? Was ist die Ratio auf dem Betriebsausflug seinen Ehepartner zu betrügen? Was ist die Ratio blau zu machen?

Das sind alles, wie Sie es vorher bezeichnet haben, Zeitpräferenz. Nur geht da der Begriff der Rationalität irgendwann durch, weil zwei unterschiedliche Dinge plötzlich rational sein sollen. Was sie nicht sind. Wenn ich in einem Jahr Tod bin, und das sicher eintritt, dann kann es rational sein, alle Kohle auf den Kopf zu hauen, zu saufen, zu trinken und noch diversen Lastern Vorschub zu leisten. Nur ist das ja meistens nicht der Fall und das, was für einen Tag rational erscheint(?), ist nach einem Jahr überhaupt nicht mehr rational, wenn ich noch am Leben bin.

Rationalität, wenn der Begriff nicht völlig entwertet sein soll, kann nur die Bewertung einer Handlung im Rahmen der besten Schätzung des eigenen Zeithorizontes sein.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

21.06.2022 18:19
#77 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #72

Da hat jemand zu viel chinesisches Fernsehen geschaut.


Ist das Rauchverbot eigentlich eine chinesische Erfindung? Oder die Feinstaubgrenzwerte?

Gruß
hubersn

--
Mein Politik-Blog: http://politikblog.huber-net.de/
Mein Mischmasch-Blog: http://miscblog.huber-net.de/

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.422

21.06.2022 21:35
#78 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Schon klar, wenn es ein Thema ist, das man selbst begrüßt (bei dir, Llarian, halt die Abneigung gegen Übergewicht), dann wird aus einem Liberalen ein "Sozialbefürworter".

Ich bin halt ernüchtert, wie wenig selbst in ZkZ Freiheit wirklich verteidigt wird.

___________________
Verbote sind Freiheit. Meinungen sind Terror. Quoten sind Leistung. Linke Regierung ist Familie. (c) Rot-Grüne Allianz
“Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten mäßig entstellt”, Georg Cristof Lichtenberg
"Warum halten sie Begriffe wie 'Zigeunersoße' für rassistisch, aber 'Schei** Juden' für harmlos?", Hamed Abdel-Samad

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

22.06.2022 02:47
#79 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #78
Schon klar, wenn es ein Thema ist, das man selbst begrüßt (bei dir, Llarian, halt die Abneigung gegen Übergewicht), dann wird aus einem Liberalen ein "Sozialbefürworter".

Bischen kleiner haste es nicht? Meine Herren, sa wird aus einem Incentive zum Diabetes-Screening gleich die "Sozialbefürworterei"? Nee, ist klar, lieber Frank, völlig klar.

Zitat
Ich bin halt ernüchtert, wie wenig selbst in ZkZ Freiheit wirklich verteidigt wird.


Himmels Willen, hör Dir mal selber zu! Davon mal ab, dass das ziemlich daneben von Dir ist hier solche Vorwürfe zu schwingen, sollte Dir schon klar sein, dass man nicht zum Sozialisten mutiert, weil man innerhalb eines existierenden und mehrheitlich gewollten Kollektivsystems nach einer Verbesserung sucht. Wenn Du lieber Fundamentalopposition zu allem treiben möchtest, was deinen hohen Ansprüchen an Liberalismus nicht genügt, dann weiß ich jetzt, warum Du nur noch in die depressive Ecke tendierst. Denn das, wovon Du dann träumst, war nie Realität, ist nicht Realität und wird auch nie Realität werden. Und wird von 99,9% aller Menschen, die sich als Liberale definieren, auch nicht geteilt. Vermutlich alles Enttäuschungen.

Johanes Offline




Beiträge: 2.604

22.06.2022 11:35
#80 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #79
Meine Herren, sa wird aus einem Incentive zum Diabetes-Screening gleich die "Sozialbefürworterei"?


Könnte man das selbe nicht auch sagen über Corona-Tests?

Das ist ja genau die Position, die ich hier in gefühlt den letzten 5 Corona-Threads vertreten habe: Gesundheit ist bis zu euem gewisse Grade Eigenverantwortung, aber eben auch Kollektivverantwortung. Besonders was Seuchen betrifft.

Aus den Grundrechte daher ableiten zu wollen, dass der Staat sich da gar nicht einzumischen habe, halte ich für völlig falsch argumentiert.
Worüber man allenfalls streiten könnte ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel und ob das Parlament in seiner Einschätzung der Gefahr sozusagen frei ist oder nicht.

Zitat von Llarian im Beitrag #79
Denn das, wovon Du dann träumst, war nie Realität, ist nicht Realität und wird auch nie Realität werden.


An dem Punkt stimme ich Ihnen sogar zu.

Zitat von Llarian im Beitrag #76
Zitat von Johanes im Beitrag #74
Ich denke nur, dass man das Verhalten eben auch irgendwie rational vertreten kann.

Was ist die Ratio Drogen zu nehmen? Was ist die Ratio auf dem Betriebsausflug seinen Ehepartner zu betrügen? Was ist die Ratio blau zu machen?
##

Es hängt davon ab, wie man "rational" definiert.

Es kann sein, dass man kurzfristige Vorteile höher gewichtet als langfristige Nachteile. Zum Beispiel weil man einer Sekte angehört, die für nächstes Jahr den Weltuntergang voraussagt oder dergleichen.
Selbst wenn man die Position vertritt, dass man die Leistungsfähigkeit und/oder das Glücksempfinden über Lebenszeit optimieren muss, kann man durchaus zum Ergebnis kommen, dass man seine Gesundheit zum Zeitpunkt X ruiniert, aber dafür z. B. Olympia-Sieger war. Oder eben andere tolle Erfahrungen gemacht hat.

Zitat von Llarian
Das sind alles, wie Sie es vorher bezeichnet haben, Zeitpräferenz. Nur geht da der Begriff der Rationalität irgendwann durch, weil zwei unterschiedliche Dinge plötzlich rational sein sollen.



Naja, das Problem entsteht erst, wenn man von der Rationalität auch erwartet, dass sie einen sagt, was man tun soll. Oder besser gesagt, wenn man nicht nur die besten Mittel zu einem Zweck sucht, sondern den Zweck selbst.

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

22.06.2022 13:17
#81 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #80
Könnte man das selbe nicht auch sagen über Corona-Tests?

Natürlich kann man. Gegen ein harmloses Incentive sich ab und an testen zu lassen, ist wenig vorzubringen. Es mag nicht dem Geist des Libertarismus entsprechen, aber es ist eine sehr lässliche "Sünde". Das dumme ist nur: Das Corona Regime in Deutschland hat damit nahezu nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. In Deutschland wird man zu Tests gezwungen und das mit massiven Drohungen, mit Einschränkungen bis zur Vernichtung der persönlichen Existenz. Und selbst dabei blieb es ja nicht, man sollte anschließend noch gezwungen werden eine ungetestete, medizinisch praktisch nutzlose aber toxische Substanz in sich spritzen zu lassen, um seine Bürgerrechte noch ausüben zu können.
Das zu vergleichen wäre das Äquivalent eines Ladendiebes mit einem Kettensägenmörder zu vergleichen.

Zitat
Das ist ja genau die Position, die ich hier in gefühlt den letzten 5 Corona-Threads vertreten habe: Gesundheit ist bis zu euem gewisse Grade Eigenverantwortung, aber eben auch Kollektivverantwortung. Besonders was Seuchen betrifft.


Es gibt keine Kollektivverantwortung, es gibt nur kollektive Zwänge. Und auch die Incentives für eine Diabetesuntersuchung sind keine Kollektivverantwortung. Jeder kann und darf so viel unentdeckte Diabetes haben wir er will. Das dumme ist hier, dass wir ein kollektives Krankensystem haben, in dem man Zwangsmitglied wird. Und in dieser Logik heraus ist das ganze zu rechtfertigen. Was ein Privat- und Unversicherter tun möchte ist seine Sache.

Zitat
Aus den Grundrechte daher ableiten zu wollen, dass der Staat sich da gar nicht einzumischen habe, halte ich für völlig falsch argumentiert. Worüber man allenfalls streiten könnte ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel und ob das Parlament in seiner Einschätzung der Gefahr sozusagen frei ist oder nicht.


Das ist die Merkel/Harbath-Position. Die den Rechtsstaat unwiederbringlich(!) zerstört hat. Grundrechte galten noch nie absolut, sondern stehen immer im Widerstreit zu sich selber, unterlagen dabei immer der Verhältnismäßigkeit und das Parlament war nicht frei nach Gutdünken diese abzuwägen, vor allem nicht gegen imaginäre Gefahren, für die keine Datengrundlage existiert. Den Persilschein hat erst Harbarth ausgestellt und unsere Rechtsordnung damit zerstört. Sie werden das noch erleben, lieber Johannes, denn ab hier gehts nur noch abwärts. Und es wird schlimmer werden. Aber die Harbarth-Einsetzung und seine Urteile werden der Anfang davon sein.

Zitat
Es kann sein, dass man kurzfristige Vorteile höher gewichtet als langfristige Nachteile. Zum Beispiel weil man einer Sekte angehört, die für nächstes Jahr den Weltuntergang voraussagt oder dergleichen.


Und genau das ist falsch. Denn der Sektenangehörige betrachtet gerade die langfristigen Nachteile nicht, weil er an etwas Irrationales glaubt. Somit handelt er gerade nicht rational. Und genau das fällt ihm ja dann auch auf die Füße. Aber der Vergleich ist insofern sogar ganz passend, denn viele Leuten blenden eben aus, dass sie ihren Körper noch ein paar Jahrzehnte brauchen. Sie handeln eben nicht rational, sie blenden das irrational(!) aus. Und kommen dann zu einer schlechten Entscheidung.

Zitat
Selbst wenn man die Position vertritt, dass man die Leistungsfähigkeit und/oder das Glücksempfinden über Lebenszeit optimieren muss, kann man durchaus zum Ergebnis kommen, dass man seine Gesundheit zum Zeitpunkt X ruiniert, aber dafür z. B. Olympia-Sieger war. Oder eben andere tolle Erfahrungen gemacht hat.


Das wiederum ist rational, wenn man davon ausgeht, dass das Glück Olympia-Sieger zu sein, höher sein kann als die langfristige Gesundheit. Das kann ja auch gerade finanziell Sinn machen. Es ist ja auch nicht ungewöhnlich, dass junge Leute sich sprichwörtlich kaputt arbeiten, wenn sie eine Firma aufbauen. Die gesundheitlichen Einbußen werden von den finanziellen Vorteilen dann wieder wett gemacht. Das kann alles rational sein. Aber die wenigsten sind in einer solchen Lage. Die meisten sind keine Olympioniken, bauen keine Firma auf und arbeiten nicht wie blöde. Viele Menschen finden die kurzfristige Entspannung, die sie in Drogen, in übermäßigem Essen oder in Alkohol finden, wichtiger als die langfristigen Folgen. Und das irrational und dumm. Wobei ich kein Problem damit habe, wenn sich jemand dumm verhalten will. Wir sind frei dumme Dinge zu tun. Ich tue eine Menge dumme Dinge. Und ich weiß das auch. Deswegen werden sie aber nicht weniger dumm.
Um ein ganz unschuldiges Beispiel zu nehmen: Ich habe fünf Jahre geraucht. Das sind fünf Packungsjahre, die ich nicht wieder aus meiner Lunge bekomme. Das war dumm. Sehr dumm. Und keine Überlegung der Welt macht das rational, das war damals nicht rational und es ist heute nicht rational. Das war einfach dämlich.

Zitat
Naja, das Problem entsteht erst, wenn man von der Rationalität auch erwartet, dass sie einen sagt, was man tun soll.


Was man tun "soll" ist immer noch jedem selbst überlassen. Aber deswegen wird es nicht rational.

Krischan Offline




Beiträge: 641

22.06.2022 15:07
#82 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #41
Zitat von Krischan im Beitrag #25

Das heisst, ich frage mich: Inwieweit unterscheidet sich der Krischan von vor 5-10-15-20 Jahren vom Krischan von heute?



Man man man....der Typ ist älter geworden! Einhergehend damit fetter, unattraktiver, langsamer, schwächer und wahrscheinlich dümmer.
Wenn er das nicht antizipiert hat, wird er obendrein auch noch unglücklicher.



Lieber HR2, soll ich das persönlich nehmen ? Mache ich natürlich nicht, da steh ich drüber. (Selbstbewusstsein: Check)

Gleichwohl: Die von Ihnen genannten Kategorien sind durchaus solche, die in einer Retrospektive eine Rolle spielen. Daraus lassen sich ja konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Machen wir mal die Probe aufs Exempel:

"Fetter":
vor 20 Jahren (ja), vor 15 Jahren (ja), vor 10 Jahren (ja), vor 5 Jahren (ja) - d.h. seit vier Jahren ungefähr mache ich ernsthaft Sport, bin dadurch fitter, deutlich weniger außer Atem (Asthma) und ausgeglichener. Hab ich mich also verbessert
"unattraktiver":
20 Jahre (weniger als heute), 15 Jahre (etwas weniger als heute - trotzdem hats gereicht, meine Frau zu becircen), 10 Jahre (weniger als heute), 5 Jahre (leicht weniger als heute) - hat aber nichts mit der Optik zu tun, sondern eher mit einem gestiegenen Selbstbewusstsein. Selbstbewusstsein gepaart mit Können und Erfolg macht attraktiv. Oder wie man im Norden sagt: Schönheit vergeht, Acker besteht. Ich nähere mich hier eindeutig dem Clinton'schen Sex Appeal.
"langsamer" und "schwächer" ..> siehe oben, beim Laufen bin ich definitiv schneller geworden. Und in meinem Alter kennt man natürlich alle Abkürzungen.
"Dümmer" --> hier habe ich die meisten Fortschritte gemacht.
"Unglücklicher" --> definitiv nicht. Da war ich früher unglücklicher, und ich wusste nicht, warum. Heute, dank meiner Frau und dank professioneller Hilfe, weiss ich das und kann damit umgehen. Und das macht glücklich und zufrieden.

Also in Summe steht der Krischan von heute deutlich besser da als der Krischan von gestern. Natürlich, wenn ich mich mit den Elon Musks und Bill Gates dieser Welt vergleiche (oder allen Leuten, die auf LinkedIn ihre Erfolgsstories posten) - dagegen kann man kaum abstinken. Deswegen mache ich das auch nicht, sondern messe mich an mir selbst und meinen Möglichkeiten und Fähigkeiten.

Ich denke, dass dieses kleine Gedankenexperiment gezeigt hat, was möglich ist. Ich bin da ganz bei Llarian - Selbstoptimierung ist wichtig. Vielleicht nicht ausschließlich auf den körperlichen Aspekt bezogen (höher-schneller-weiter), aber auch der ist unglaublich wichtig.

Krischan
(weder fett noch unglücklich)

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.249

22.06.2022 16:24
#83 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #76
Was ist die Ratio Drogen zu nehmen? Was ist die Ratio auf dem Betriebsausflug seinen Ehepartner zu betrügen? Was ist die Ratio blau zu machen?

Das sind alles, wie Sie es vorher bezeichnet haben, Zeitpräferenz. Nur geht da der Begriff der Rationalität irgendwann durch, weil zwei unterschiedliche Dinge plötzlich rational sein sollen. Was sie nicht sind. Wenn ich in einem Jahr Tod bin, und das sicher eintritt, dann kann es rational sein, alle Kohle auf den Kopf zu hauen, zu saufen, zu trinken und noch diversen Lastern Vorschub zu leisten. Nur ist das ja meistens nicht der Fall und das, was für einen Tag rational erscheint(?), ist nach einem Jahr überhaupt nicht mehr rational, wenn ich noch am Leben bin.


Es ist allerdings nicht nur die Zeitpräferenz (die ich auch für unglaublich wichtig halte, ganze Verhaltensweisen von Kulturkreisen basieren darauf), sondern auch individuelles Risikomanagement. Und da liegt dann die Ratio. Die drei Beispiele, die Sie genannt haben, sind da prototypisch: Alles rational für jemanden der den "Spaß heute" höher bewertet als das "büßen morgen". Das Problem ist, dass das Verschieben von Konsequenzen in die Zukunft auch immer eine Lotterie ist: Findet die Ehefrau raus, dass sie betrogen wurde, und falls ja, packt sie dann das Nudelholz (oder alternativ: die Schrotflinte) aus? Findet der Arbeitgeber raus dass man blaugemacht hat, und falls ja, was ist die Konsequenz?
Menschen, die eher präsensorientiert denken - und ich würde mich selbst auch dazu zählen - zeichnet idR aus, dass sie das Konsequenzspektrum durchaus kennen (daher auch mein Widerspruch zu Ihrer These, dass die doofen Raucher nicht wissen, dass sie sich die Gesundheit ruinieren) und es trotzdem akzeptieren, wenn die Entscheidung pro "Spaß heute" fällt. Das hat oft mit Selbstüberschätzung zu tun ("aus dem Mist kann ich mich dann schon wieder rausquatschen, wenn es soweit ist"), kann aber auch einfach daran liegen, dass man vor den Konsequenzen keine Angst hat und sie deshalb akzeptiert.

Falls ich Sie erinnern darf: Es ist noch nicht so lange her, als Sie hier sinngemäß geschrieben haben "Die Covid-Impfung schadet mir mehr als sie nützt, und wenn ich mich irre, dann darf das gerne auf meinem Grabstein stehen". Das ist nichts anderes als individuelle Risikoeinschätzung. Kann man auf die obigen Fälle auch anwenden.

Johanes Offline




Beiträge: 2.604

22.06.2022 19:19
#84 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #81
Das dumme ist hier, dass wir ein kollektives Krankensystem haben, in dem man Zwangsmitglied wird.


Jetzt ist es aber so: Auch eine hypothetische reine Privatgesellschaft läuft auf Probleme zu, wenn 90% der Bevölkerung ins Krankenhaus muss. Sie läuft auch schon auf Probleme zu, wenn es nur 40% sind, aber alles Arbeiter in Schlüsselpositionen.

Eine Seuche kann die öffentliche Sicherheit usw. durchaus gefährden. Während andere Menschen durch eine unentdeckte Krankheit de facto nicht so gefährdet werden.

Zudem man sich vor einer Seuche des Hyps Erkältung effektiv gar nicht individuell schützen kann. Das ist auch hier anders.

Zitat von Llarian
Denn der Sektenangehörige betrachtet gerade die langfristigen Nachteile nicht, weil er an etwas Irrationales glaubt. Somit handelt er gerade nicht rational.



Wenn man von der Annahme ausgeht, dass uns morgen der Himmel auf den Kopf fällt (und ohne weitere Abhängigkeiten), dann ist es durchaus rational, heute große Kredite aufzunehmen und sein Haus zu verprassen.

Später hat man nix mehr davon.

Das selbe gilt übrigens natürlich, wenn jemand an den Zusammenbruch an Tag X glaubt oder daran, dass er z. B. an einen Autounfall verstirbt, bis das Rauchen zum Problem wird.

Das extreme Gegenbeispiel wäre jemand, der Privatier ist oder jemand, der sozusagen eine Ewigkeitsperspektive einnimmt.

Zitat von Llarian
Das wiederum ist rational, wenn man davon ausgeht, dass das Glück Olympia-Sieger zu sein, höher sein kann als die langfristige Gesundheit.



Oder eben das Glück einer sehr hedonistischen Lebensweise.

Wobei der Olympionid oder Nobelpreisträger auch in Sache Leistung optimiert hat. Er könnte vielleicht wirklich zum Schluss kommen, "okay, ich bin gesundheitlich angezählt und die nächste X Jahre werden schlimm, aber das Elend dieser Jahre < das Erreichte Optimum zum Zeitpunkt des Höhepunktes. Insgesamt gehe ich netto positiv raus".
Und ein ähnliches Kalkül kann jemand haben, der Glück/Lust usw. auf Lebenszeit optimieren will. Zudem es darauf ankommt, unter welchen Bedingungen man älter wird. Kann ja sein, dass man irgendeinen Unfall hat oder krank wird...

Ich will gar nicht bestreiten, dass vieles auch faktische Fehlannahmen sind und keine Effekte der Präferenz.

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

23.06.2022 00:03
#85 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #84
Jetzt ist es aber so: Auch eine hypothetische reine Privatgesellschaft läuft auf Probleme zu, wenn 90% der Bevölkerung ins Krankenhaus muss.

Und wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt, dann haben wir auch ein Problem. Das sind ja nun absolut grotesk abwegige Situationen, die es in mehr als 5000 Jahren menschlicher Geschichtsschreibung nicht ein einziges mal auch nur im Ansatz gegeben hat.

Zitat
Sie läuft auch schon auf Probleme zu, wenn es nur 40% sind, aber alles Arbeiter in Schlüsselpositionen.


Was genauso abwegig ist. Und noch abwegiger ist es, eine Bedrohung von diesen Ausmaßen, selbst wenn sie existieren würde, mit unserer Gurkentruppe bekämpfen zu wollen.

Zitat
Eine Seuche kann die öffentliche Sicherheit usw. durchaus gefährden.


Und? Selbst wenn dem so wäre, und eine solche Seuche hat es seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben, wo steht denn bitte geschrieben, dass es Staates Auftrag wäre jede möglich Gefährdung vorherzusehen und mit nicht rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen? Wissen Sie, was die öffentliche Sicherheit tatsächlich gefährdet? Massenhafte Zuwanderung aus kulturfremden Ländern mit hohem Gewaltpotential. Und ich sehe nicht wie der Staat etwas dagegen tut, im Gegenteil, er hat die Situation erst geschaffen. Oder ein zweiwöchiger Stromausfall (dagegen ist selbst die spanische Grippe auf Speed lächerlich). Oh, ist es nicht genau die Gurkentruppe, die uns real die Gefahr dazu erst geschaffen hat? Ich sehe bei unserer Politik genau zwei Effekte: Erstens eine vollkommene Inkompetenz mit echten Gefahren umzugehen, zum zweiten die Tendenz solche Gefahren erst zu schaffen.

Zitat
Zudem man sich vor einer Seuche des Hyps Erkältung effektiv gar nicht individuell schützen kann.


Vor einer solchen Seuche kann man sich gar nicht schützen. Das hat der Staat ja auch nicht geschafft. Corona ist durch Deutschland gelaufen wie durch jedes andere Land auch. Und wenn man sich weder kollektiv noch individuell vor etwas schützen kann, dann bedeutet das eigentlich nur, dass man mit der Gefahr leben muss.

Zitat
Wenn man von der Annahme ausgeht, dass uns morgen der Himmel auf den Kopf fällt (und ohne weitere Abhängigkeiten), dann ist es durchaus rational, heute große Kredite aufzunehmen und sein Haus zu verprassen.


Natürlich. Aber uns fällt der Himmel nicht auf den Kopf. Wenn jemand totkrank ist und im nächsten Jahr sowieso tot, dann braucht er auch keinen Waldlauf und muss auch nicht auf seinen Bauch achten. Aber die wenigsten von uns sind in der Situation. Die Betrachtung der (extremen) Ausnahme hilft doch nicht bei der Betrachtung der Gesamtheit.

Zitat
Und ein ähnliches Kalkül kann jemand haben, der Glück/Lust usw. auf Lebenszeit optimieren will. Zudem es darauf ankommt, unter welchen Bedingungen man älter wird. Kann ja sein, dass man irgendeinen Unfall hat oder krank wird...


Kann. Aber wird in der Regel nicht. Und kaum jemand plant einen Unfall.

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

23.06.2022 00:20
#86 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #83
Alles rational für jemanden der den "Spaß heute" höher bewertet als das "büßen morgen".

Das ist in aller Regel aber eben eine irrationale Einschätzung. Ich finde den Gedanken der Risikoeinschätzung ausgesprochen plausibel. Vor allem deshalb, weil die Risikoeinschätzung in aller Regel irrational ist, weil sie ebenso in der Regel davon ausgeht, nicht erwischt zu werden, bzw. das einen die Folgen des eigenen Handelns irgendwie verschonen werden. Bei der "Spaß heute" Einschätzung werden die wenigsten einschätzen, dass das Betrügen der Ehefrau nicht zum Nudelholz sondern vor allem zum Scheitern der Ehe, bzw. zum Scheidungsanwalt führt. Und Scheidungen gehören immer noch zu den drei großen Armutsrisiken in Deutschland (neben Krankheit und Arbeitslosigkeit). Ich denke bei einer rationalen Gegenüberstellung zwischen dem kurzen Spaß des Betrügens und den wirklich verheerenden Folgen einer Scheidung, würden die meisten kaum dazu kommen, dass es das Risiko wert ist. Außer sie sind gerade in der Situation und das ganze Blut ist wo anders. Dann findet aber gerade keine rationale Einschätzung mehr statt.

Zitat
Menschen, die eher präsensorientiert denken - und ich würde mich selbst auch dazu zählen - zeichnet idR aus, dass sie das Konsequenzspektrum durchaus kennen (daher auch mein Widerspruch zu Ihrer These, dass die doofen Raucher nicht wissen, dass sie sich die Gesundheit ruinieren) und es trotzdem akzeptieren, wenn die Entscheidung pro "Spaß heute" fällt. Das hat oft mit Selbstüberschätzung zu tun ("aus dem Mist kann ich mich dann schon wieder rausquatschen, wenn es soweit ist"), kann aber auch einfach daran liegen, dass man vor den Konsequenzen keine Angst hat und sie deshalb akzeptiert.


Das man keine Angst hat, trifft es am besten. Weil man eben davon ausgeht, dass man nicht erwischt wird. Raucher kalkulieren nicht mit Lungenkrebs, Trinker nicht mit einer kaputten Leber und Schwerenöter nicht mit lebenslangem Unterhalt für Kinder, die sie nie wieder sehen. Das ist ein bischen wie das Teufelchen auf der Schulter: "Wird schon nix passieren, mach mal!".

Zitat
Falls ich Sie erinnern darf: Es ist noch nicht so lange her, als Sie hier sinngemäß geschrieben haben "Die Covid-Impfung schadet mir mehr als sie nützt, und wenn ich mich irre, dann darf das gerne auf meinem Grabstein stehen". Das ist nichts anderes als individuelle Risikoeinschätzung. Kann man auf die obigen Fälle auch anwenden.


Das finde ich nicht. Ich habe die Impfung tatsächlich nach Risikoeinschätzung abgelehnt, aber durchaus unter Betrachtung beider Fälle (das ist eben der Grabstein). Ich bin mir dabei durchaus bewusst, dass Covid zu dem Zeitpunkt eine sehr ernsthafte Erkrankung war. Vergleichbar wäre das eher, wenn ich Covid nicht ernst genommen hätte ("passiert mir sowieso nicht."). Zudem kommt dazu, dass die Impfung eine erhebliche Unsicherheit aufgewiesen hat, sowohl was ihre Wirksamkeit angeht als auch ihre Gefährlichkeit. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass sie noch weit gefährlicher ist, als ich annahm und die Krankheit weit harmloser. Aber das konnte ich damals nicht wissen. So oder so war die Situation unklar. Beim Rauchen, Saufen, Futtern und Bewegen ist dagegen die Lage ziemlich eindeutig.

Bevor ich wieder falsch verstanden werden: Ich habe nichts in dem Sinne dagegen, dass jemand für sich die Lage anders einschätzt. Und genauso wie ich mir verbitte, dass sich jemand in meine Impfentscheidung einmischt, mische ich mich in den Tabakkonsum meiner Mitmenschen ein. Und auch wenn ich das Betrügen des Ehepartner für ethisch erbärmlich halte, ist das genau genommen etwas, was die Eheleute unter sich ausmachen müssen. Ich finde nur diese Entscheidungen nicht allzu clever und in aller Regel viel zu kurz gedacht. Nämlich meistens gar nicht gedacht.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.400

23.06.2022 00:32
#87 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #85

Zitat
Und ein ähnliches Kalkül kann jemand haben, der Glück/Lust usw. auf Lebenszeit optimieren will. Zudem es darauf ankommt, unter welchen Bedingungen man älter wird. Kann ja sein, dass man irgendeinen Unfall hat oder krank wird...

Kann. Aber wird in der Regel nicht. Und kaum jemand plant einen Unfall.



Es kommt noch ein weiterer Faktor hinzu. Nach der Statistik, die sich in letzter Zeit bei Björn Lomborg ("False Alarm", 2020), Steven E. Koonin ("Unsettled", 2021) und Paul Epstein ("Fossil Future", 2022) findet un die auf offiziellen UN-Erhebungen fußt, ist das Risiko, einer Naturkatastrophe zum Opfer zu fallen, gegenüber der Zeit vor 100 Jahren um 98 Prozent zurückgegangen, also um das 50-fache, und das über den ganzen Erdball gemittelt. Solche Dinge wie die Überschwemmungen das Jangtse von 1931, die der bis zu 4 Millionen ertrunken sind oder der von 1935, bei der 150.000 es nicht überlebt haben, sind heute Geschichte (und werden das, da "die Menschheit" als Ganze wenig Lust hat, freitagshüpferisch kollektiv zu verblöden, auch in Zukunft bleiben. Das ist übrigens nicht erst heute so. 180 Tote im Ahrtal & Umgebung sind nicht schön, und tatsächlich das Ergebnis einer solchen nationalen Verblödung auf Regierungsebene; aber um das mal in den Kontext zu setzen: bei der Überschwemmung des Mississippi von 1927, die ja durch zig Blues-Klassiker ins kollektive Gedächtnis genagelt ist, gab es 500 Tote; bei der Hamburger Flut vor 60 Jahren 315. So etwas wie die Groten Manndränken im Mittelalter, bei denen jeweils 30,000 Menschen ertranken, kommen im Anthropozän schlicht nicht mehr vor. Das gilt auch für den Rest des Lebensrisikos - durch Technik wie durch Naturgewalten. Da wir nun mal mit einer nur begrenzt haltbaren Hardware ausgestattet sind, werden irgendwann die Verschleißerscheinungen noch mehr das Ende betimmen als jetzt.

Die spannende Frage ist, ob dieser Trend bleibt. Für den Rest der Welt sicher - Afrika aus den bekannten Gründen mit einem großen Fragezeichen versehen. Sollten wir es schaffen, unsere Ecke der Welt in einen Dauerkrisemodus zu versetzen und die Grundlagen für Reparatur & Finanzierung eine hypermodernen Gesellschaft zu schreddern, einschließlich sozialem Hobbesianismus, könnte sich der Trend fühlbar umkehren.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Yago Offline



Beiträge: 469

23.06.2022 07:40
#88 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #86

Das man keine Angst hat, trifft es am besten. Weil man eben davon ausgeht, dass man nicht erwischt wird. Raucher kalkulieren nicht mit Lungenkrebs, Trinker nicht mit einer kaputten Leber und Schwerenöter nicht mit lebenslangem Unterhalt für Kinder, die sie nie wieder sehen. Das ist ein bischen wie das Teufelchen auf der Schulter: "Wird schon nix passieren, mach mal!".



Am Anfang ist es so. Später wissen die Betroffenen sehr wohl um ihren Zustand und über die Perspektiven bescheid. Sie können mit einem Arzt Fachgespräche führen. Das Problem ist die Sucht bzw. nach Abstinenz die Suchtverhaltensmuster. Sie sind zwar schädlich, aber dem Betroffenen vertraut. Unter Druck fällt man meistens in alte Verhaltensmuster zurück.

Alkoholismus betrifft körperlich sehr robuste Menschen, der Rest hält den Alkoholmissbrauch schon körperlich nicht aus. Ist der Rest des Lebens des Betroffenen stabil, kann er jahrelang mit der Sucht problemlos zurecht kommen. Die Sucht kann bewirken, dass keine rationalen Entscheidungsprozesse mehr möglich sind. Beispielsweise kann der Betroffene täglich Blut in die Kochtöpfe als Sammelbehälter spucken, bis sie voll sind. Dann stellt er sie auf den Balkon. Er weiß, was das bedeutet, kann sein Verhalten aber nicht ändern.

Ebenso kann man jahrelang beispielsweise mit Heroinkonsum zurechtkommen. Wenn man ein stabiles Umfeld hat, immer den gleichen Dealer und immer die gleiche Qualität des Heroins.

Adipositas ist sicher auch ein schleichender Prozess, der den Betroffenen irgendwann vor Probleme stellt. Die Verhaltensweisen sind dann fest etabliert. Hat man als Folge mehrere (gravierende) Probleme gleichzeitig, dreht sich wieder alles im Kreis.

Jugendliche erleben erschwerend den Widerspruch, dass das Aussehen gleichgültig sei und bekommen dies daheim auch vorgelebt. Die Realität sehen sie dann in den sozialen Medien, wo die Jugendlichen ihre körperlichen Atribute zur Schau stellen. Bei den erfolgreichen Influenzern ist das wie Prostitution ohne anfassen. Daheim sagen die Eltern, das Aussehen sei gleichgültig, doch machen sich zurecht, bevor sie ausgehen. Oder sie sind körperlich schon am Ende.

Wenn man jung ist, fehlen Reife und Erfahrung. Man hat Spaß, auch mit berauschenden Mitteln. Haben die Eltern gesoffen, ist die Gefahr groß, auch abzurutschen (Prägung), es sei denn, man findet Menschen, die einem als Beispiel dienen und helfen (Resilienz).

Sich aus einer Sucht zu befreien, verlangt grobe Disziplin. Ich habe mich einmal über eine Bekannte lustig gemacht. Sie verabschiedete sich, um zum Mantrasingen zu gehen. Sie meinte, machte sie das nicht, ginge sie jetzt saufen. Dann stünde sie nicht vor 11 Uhr am nächsten Tag auf. Damit sie nicht so spät aufsteht, geht sie jeden Tag um 6 Uhr früh laufen. Hier wurde eine Sucht durch eine andere ersetzt.

Ich kenne nicht viele Menschen, die soviel Disziplin aufbringen. Die meisten Menschen ohne Sucht lassen sich ebenfalls nur treiben.

Ich habe einen Bekannten, der in seinem Selbstverteidigungsbereich weltweit vorn steht. Die Motivation für den Sport war, nie wieder vom Vater verprügelt zu werden und später, als er dachte, er sei gut im kämpfen und trotzdem verlor, nie wieder zu verlieren. Vielleicht wohnt auch Spitzensport eine gewisse Besessenheit inne?

In einem gebe ich Ihnen aber recht: Man ist für sein Leben schon selbst verantwortlich. Zur Not muss man auch Suchtkranke aus dem eigenen Leben entlassen. Ihnen aber zu sagen, dass sie etwas nicht abschließend übersehen oder sich falsch entscheiden, hilft nicht weiter. Oft wird Trotz bewirkt bzw. dass eine Rechtfertigung erdacht wird.

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.249

23.06.2022 10:36
#89 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #86
Ich finde den Gedanken der Risikoeinschätzung ausgesprochen plausibel. Vor allem deshalb, weil die Risikoeinschätzung in aller Regel irrational ist, weil sie ebenso in der Regel davon ausgeht, nicht erwischt zu werden, bzw. das einen die Folgen des eigenen Handelns irgendwie verschonen werden.


Die These halte ich für falsch. Wenn das stimmen würde, gäbe es keine Versicherungskonzerne, denn Versicherungskontrakte werden von Menschen ja nur deshalb unterzeichnet, weil sie durchaus davon ausgehen, irgendwann "erwischt" zu werden. Aber es ist eben eine individuelle Frage, d.h. glaube ich persönlich, dass mir etwas passiert, oder nicht? Das ist m.E. durchaus eine rationale Denkweise. Woran will man die Ratio bei der Entscheidungsfindung sonst festmachen, bei unsicherer Zukunft, als an der individuellen Einschätzung?

Dem widerspricht übrigens auch nicht dass es zu bestimmten Fragen relativ gut nachgewiesene, wissenschaftliche Erkenntnisse gibt; die fließen dann in die Entscheidungsfindung mit ein (ausser vielleicht bei Kindern und komplett Durchgeknallten; jedenfalls so gut, so weit der Entscheider den Stand der Wissenschaft selbst kennt).

Krischan Offline




Beiträge: 641

23.06.2022 10:47
#90 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Lieber Alfonzo,

beides stimmt. Wir Menschen können "objektive" Risiken schon einschätzen - darum weiss so ziemlich jeder um die Notwendigkeit einer Haftpflichtversicherung. Das heisst nicht, dass wir immer die Konsequenzen tragen wollen - darum sind ja manche Versicherungen verpflichtend (KFZ-Haftpflicht, Gebäudeversicherung. Die Kranken- und Rentenversicherung nehme ich mal da aus, weil das keine risikoorientierte Versicherung ist, abgesehen von privater Krankenversicherung).

Aber es ist schon ein Unterschied zwischen allgemeinen Lebensrisiken, die wir auch nicht immer einschätzen können, und Risiken, die wir meinen, kontrollieren zu können.
Gute Beispiele für letzteres sind der Seitensprung ("Ich mach das so clever, das kriegt die Frau nicht mit") oder Rauchen ("Ja, ich rauche jetzt, dafür esse ich morgen Salat und jogge und kompensiere das") oder Alkohol ("nächstes Jahr trinke ich nix mehr"). Da gibt es die Illusion der Kontrolle und der direkten Beeinflussung.
Das erklärt vielleicht, warum wir (als Menschheit) meinen, diese Risiken eingehen zu können.

Krischan

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

HR2 Offline



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24.06.2022 00:22
#91 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #61

Es geht darum, ob man meint man könne mit genügend Ignoranz dem Verfallsprozess der Körpers etwas entgegensetzen.




Es geht darum, ob man meint, man könne mit genügend medizinischem Statistikwissen dem Verfallsprozess des eigenen Körpers etwas entgegensetzen.




P.S.: Das Wohlbefinden ist nicht messbar anhand des Blutbildes....(Ja doch anhand von Soundso-Werten...blablabla)...
Menschen, die mit sich selbst im Reinen sind, werden nicht jung sterben (und wenn doch, dann zufrieden)
Es ist die Psyche, die neben der Genetik, über die Länge des Lebens entscheidet.
Genügend Kalorien natürlich vorausgesetzt, woher auch immer.

HR2 Offline



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24.06.2022 01:29
#92 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Krischan im Beitrag #82
Deswegen mache ich das auch nicht, sondern messe mich an mir selbst und meinen Möglichkeiten und Fähigkeiten.


Krischan
(weder fett noch unglücklich)


Egal ob selbstvermessen oder fremdvermessen, das Messen macht unglücklich, wenn das Ergebnis der Messung unter der Erwartung (fremd- oder selbst-) liegt.
Ich tue mir und anderen das nicht an.

Gute Frauen ab 30 lieben Plauze, zu Recht.

Llarian Offline



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24.06.2022 02:59
#93 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #89
Wenn das stimmen würde, gäbe es keine Versicherungskonzerne, denn Versicherungskontrakte werden von Menschen ja nur deshalb unterzeichnet, weil sie durchaus davon ausgehen, irgendwann "erwischt" zu werden.

Das sind aber eben gerade keine kurzfristigen Überlegungen mit kurzfristigem Lustgewinn. Ich bestreite ja nicht das Menschen raationale Entscheidungen treffen. Sie tun das nur immer weniger, wenn es um kurzfristigen Lustgewinn geht. Das betrifft eben das Essen, das Konsumieren von Drogen, das Trinken, das Fremdgehen. Das Problem ist, dass die meisten Menschen dazu tendieren ihre Rationalität zu verlassen, wenn ihnen etwas kurzfristigen Lustgewinn verspricht.

Zitat
(ausser vielleicht bei Kindern und komplett Durchgeknallten; jedenfalls so gut, so weit der Entscheider den Stand der Wissenschaft selbst kennt).


In diesem Nebensatz liegt viel mehr Wahrheit zu dem eigentlichen Kontext, als man meint. Denn wenn Menschen etwas sehr kurzfristig lustvolles tun, unter völliger Negierung der Folgen, dann reden wir gerne von "durchknallen". Und die Grenzen dahin sind absolut fließend. Und auch das mit den Kindern trifft es sehr gut. Kinder sind ausgesprochen lustorientiert. Und verhalten sich deshalb sehr oft, sehr dumm. Erst mit der Weisheit und der Fähigkeit sich selbst zu beherrschen werden die Entscheidungen klüger. Aber selbst klüger heisst noch lange nicht klug.

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

24.06.2022 03:05
#94 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #91
Es geht darum, ob man meint, man könne mit genügend medizinischem Statistikwissen dem Verfallsprozess des eigenen Körpers etwas entgegensetzen.

Mit dem Wissen alleine nicht, mit der Anwendung davon sehr wohl. Was ziemlich trivial ist, nebenbei bemerkt.

Zitat
Menschen, die mit sich selbst im Reinen sind, werden nicht jung sterben (und wenn doch, dann zufrieden)


Das sind so mordsclevere Sätze: Es ist nicht so, aber wenn doch, dann ist es so und so. Watt denn nu? Ist es so oder nicht? Sie können nicht beides haben und nur Franz Beckenbauer darf sich in einem Satz dreimal selbst widersprechen. Sie sind nicht Franz Beckenbauer.

Zitat
Es ist die Psyche, die neben der Genetik, über die Länge des Lebens entscheidet.


Der Illusion können Sie sich gerne hingeben, aber jede noch so große Überzeugung von sich selber wird nicht an simpler Biologie vorbeiführen. Wobei die Illusion selber erstaunlich weit verbreitet ist. Aber das ist eigentlich kein Problem, weil absolut selbstregulierend.

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

24.06.2022 20:39
#95 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #94

Zitat
Menschen, die mit sich selbst im Reinen sind, werden nicht jung sterben (und wenn doch, dann zufrieden)

Das sind so mordsclevere Sätze: Es ist nicht so, aber wenn doch, dann ist es so und so. Watt denn nu? Ist es so oder nicht?



Nochmal mordsclever: Die brutale Selbstaskese schützt weder vor dem frühen, noch dem unzufriedenen Tod.
Dumm ist es zu hoffen, dass investiertes Leiden sich mal auszahlt. Religiös eben und dabei sehr menschlich.
In eigener Hand habe ich aber wohl, zufrieden zu sterben.
Askese läßt einen nur unglücklich leben und genauso sterben,
sie hat keinen guten Zweck für das Individuum.

Selbstoptimierung ist gleich Askese.

flobotron Offline



Beiträge: 327

24.06.2022 21:18
#96 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Etwas auf seine Ernährung zu achten und regelmäßig sich sportlich zu bewegen ist keine brutale Selbstaskese... sie denken da viel zu extrem werter HR2. Ich kann es ihnen auch nicht verübeln. Denn wenn man sich anfängt mit Kraftsport und Ernährung zu beschäftigen ist es sehr schwer einen vernünftigen Einstieg zu finden. Zu schnell gerät man an Clickbait und Bullshit ala Men´s Health "Marvel Wokout - Aussehen wir Thor in drei Wochen" in dem Anfängern ein mehrstündiges Profibodybuildingworkout und Mangelernährung ala Hähnchen, Brokkoli und Reis empfohlen wird. Da haben Sie rechts, das ist brutale Selbstaskese. Aber es gibt ein ganzes Spektrum zwischen Bier und Chips auf der Couch und einem 6er Split Wokout.

Zu ihrem Post fällt mir noch ein schönes Sokrates Zitat ein:

Zitat
No man has the right to be an amateur in the matter of physical training. It is a shame for a man to grow old without seeing the beauty and strength of which his body is capable.



und zu Llarian

Zitat
We cannot live better than in seeking to become better.

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

24.06.2022 22:21
#97 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von flobotron im Beitrag #96
Etwas auf seine Ernährung zu achten und regelmäßig sich sportlich zu bewegen ist keine brutale Selbstaskese... sie denken da viel zu extrem werter HR2.


Ich halte es für extrem extrem, sich Bratwurst und Bier zu verweigern.
Das muss irgendwas Transzedentes sein, eine Glaubenswelt um den eigenen Körper...
wissentschaftlich so fundiert wie der Klimawandel, der menschengemachte...
Immerhin gestehe ich Llarian zu, nicht allen Menschen dieser Welt seine Askese zu verordnen,
kann er ja auch nicht.
Er ist ja auch kein Grüner, sondern Liberaler.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

24.06.2022 23:09
#98 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #97
Ich halte es für extrem extrem, sich Bratwurst und Bier zu verweigern.
Und wem es nicht schmeckt? Geschmäcker können sehr unterschiedlich sein, womöglich auch zu einem guten Stück (unfreiwillig) erlernt sein. Gerade was dem einen als Delikatesse gilt, ist dem anderen ekelerregend.

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

25.06.2022 01:41
#99 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #95
Nochmal mordsclever: Die brutale Selbstaskese schützt weder vor dem frühen, noch dem unzufriedenen Tod.

Ihre Thesen werden nicht dadurch wahr, dass Sie sie permanent als Mantra wiederholen. Zum einen ist es ein gewaltiger Weg von Selbstkontrolle zur Askese, zum anderen sind die wenigen Asketen, die es überhaupt gibt, meist alles andere als unglücklich. Und sie werden auch meistens sehr alt, was ziemlich in der Natur der Sache liegt.

Zitat
Dumm ist es zu hoffen, dass investiertes Leiden sich mal auszahlt. Religiös eben und dabei sehr menschlich.


Ein "investiertes" Leben lohnt sich vom ersten Tag an, während ein verschwendetes Leben vom ersten Tag an Verschwendung darstellt.

Zitat
In eigener Hand habe ich aber wohl, zufrieden zu sterben.


Auch das glauben nur Sie. Zufrieden zu sterben bedeutet in aller Regel auf etwas zurück zu blicken, dass sich gelohnt hat, das lange gewährt hat und bis zum Ende von hoher Qualität war. Wenn die Menschen feststellen, dass das Leben aus eigener Dummheit und Überheblichkeit dann doch deutlich kürzer war und noch dazu recht jämmerlich zu Ende geht, dann ist von Zufriedenheit nicht mehr allzu viel übrig (keiner stirbt gerne an Lungenkrebs oder an Sklerose). Ich kenne das selbe Gerede von adipösen Menschen, die sich ihren Bauch schön reden, aber irgendwie doch frustriert wirken, wenn sie keine drei Treppen hochkommen, ohne das ihnen die Puste ausgeht. Das ist nicht allzu überzeugend sondern ein simples wie einfältiges Mantra. Und wie ich in einem anderen Beitrag gerade erst geschrieben habe, es ist am Ende die böse Realität, die uns alle wieder auf den Boden holt.

Zitat
Ich halte es für extrem extrem, sich Bratwurst und Bier zu verweigern.


Weil Sie nicht in der Lage sind über den eigenen Tellerrand zu blicken und in der Welt ihrer eigenen Vorurteile fest gefangen sind. Sie können sich nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, denen der Salat besser schmeckt und einen Saft dem Bier vorziehen, bzw. die lieber eine Runde um den Block drehen als sich mit Chips vor die Glotze zu setzen. Aber was unseren Disput angeht, so habe ich überhaupt nichts gegen eine Bratwurst und ich hätte, wenn ich noch Alkohol trinken würde, auch nichts gegen ein(!) Bier einzuwenden. Wogegen ich was einwende ist, sich morgens das dicke Frühstück, mittags die Haxe und Abends die Bratwurst rein zu schieben und das ganze mit sechs Bier und drei Schnäpsen zu garnieren, weil das fette Essen einem sonst Bauchschmerzen verursacht. Das Problem ist nicht die eine Bratwurst sondern die dicke Wampe, die aus hunderten Bratwürsten besteht und mancher noch meint, er lebe deswegen länger.

Zitat
Immerhin gestehe ich Llarian zu, nicht allen Menschen dieser Welt seine Askese zu verordnen, kann er ja auch nicht. Er ist ja auch kein Grüner, sondern Liberaler.


Na wenigstens eins ist rüber gekommen. Nicht das es viel mit dem Thema zu tun hätte.

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

25.06.2022 01:46
#100 RE: Llarians Welt: Selbstoptimierung Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #98
Zitat von HR2 im Beitrag #97
Ich halte es für extrem extrem, sich Bratwurst und Bier zu verweigern.
Und wem es nicht schmeckt? Geschmäcker können sehr unterschiedlich sein, womöglich auch zu einem guten Stück (unfreiwillig) erlernt sein. Gerade was dem einen als Delikatesse gilt, ist dem anderen ekelerregend.

Dazu übrigens speziell: Ich konnte nie wirklich nachvollziehen warum Leute gerne einen Kaffee trinken, wenn es nicht gerade um die putschende Wirkung vom Koffein geht. Das Zeug schmeckt einfach nur bitter, ist trotzdem populär und ist am Ende ein erlernter Geschmack. Aber warum sollte ich einen Kaffee trinken, wenn ich auch eine Milch trinken kann, die nicht nur gesünder ist sondern auch deutlich besser schmeckt? Für Bier kann man ganz ähnlich argumentieren.

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