Emotional nachvollziehbar ist für mich die Empörung über die bevorstehende Hinrichtung von Troy Davis. Zum einen bin ich ein grundsätzlicher Gegner der Todesstrafe. Zum anderen erscheinen mir, soweit ich mich informiert habe, letzte Zweifel an der Schuld von Davis nicht ausgeräumt zu sein.
Aber die Instanzen eines demokratischen Rechtsstaats haben nun einmal entschieden. Ich habe die einzelnen - Dutzende - Stationen dieses Falls nur grob zusammengefaßt; Einzelheiten finden Sie in der Wikipedia. Es ist alles nach Recht und Gesetz zugegangen. Es kann sein, daß am Ende trotzdem ein Unschuldiger hingerichtet wird. Ob das der Fall ist, kann niemand beurteilen, der nicht mit den Einzelheiten der Aktenlage vertraut ist. Möglicherweise kann es niemand mit Sicherheit beurteilen.
Daß Unschuldige hingerichtet werden, ist eines der Argumente gegen die Todesstrafe. Aber solange sie im US-Staat Georgia besteht, muß man diesem zubilligen, daß dort nach Recht und Gesetz entschieden wird.
Mir ist ist nicht ganz klar was das soll den USA den Ankauf des Medikamentes THIOPENTAL zu verweigern.
Da Sie ja ein Gegner der Todesstrafe sind: halten sie diese Maßnahme für richtig?
Nein, natürlich nicht.
Die USA - oder vielmehr die einzelnen Bundesstaaten - sind frei, zu entscheiden, ob sie die Todsstrafe haben wollen oder nicht. Ich halte sie für ethisch nicht vertretbar; aber ich respektiere die Meinung derer, die das anders sehen und die ebenfalls ihre guten Gründe haben.
Zu glauben, man könne die Bereitschaft in irgendeinem US-Staat, die Todesstrafe abzuschaffen oder wenigstens auszusetzen, durch solche Kindereien wie einen Thiopental-Boykott befördern, ist albern.
Oder vielmehr: Es ist Agitprop. Denn - das habe ich ja in dem Artikel und auch früher schon deutlich zu machen versucht - Vielen, die jetzt wieder laut tönen, geht es ja gar nicht um das Schicksal zum Tode Verurteilter. Dann müßten sie sich vor allem China und den Iran vornehmen. Sondern dies ist eines der vielen Themen, mit denen sie gegen die USA agitieren.
Solch ein "Boykott" ist ein gutes Agitationsmittel, denn er liefert Schlagzeilen.
eine grand jury verurteilt nicht, sie entscheidet bloß über die Anklage (indictment): http://en.wikipedia.org/wiki/Grand_jury auch: "The old institution of grand juries still exist in some places, particularly the United States, to investigate whether enough evidence of a crime exists to bring someone to trial" http://en.wikipedia.org/wiki/Jury
eine trial jury entscheidet über den Schuldspruch (judgement)
eine sentencing jury entscheidet über das Strafmaß (sentence)
der Name kommt bei der grand jury von ihrer Größe, da es üblicherweise mehr als 12 (15) Personen sind, aber nicht von der inhaltichen Tragweite ihrer Entscheidung her, da ist die trial und ggfs. die sentencing jury entscheidender (zumindest für den Angeklagten).
das dann auch jeweils sofern für die jeweilige Verfahrensstufe überhaupt eine jury eingesetzt wird. Grand juries werden immer seltener und nur mehr in ca. jedem 2. Bundesstaat verwendet, ist ja auch ein aufwändiges Verfahren. Sonst entscheidet über die Anklageerhebung der district attorney. Sentencing ist normalerweise Aufgabe des Richters (sentencing judge). Das weil Strafprozesse bifurcated sind, also trial und sentencing sind zwei verschiedene Prozesse (aber üblicherweise direkt hintereinander). Das hat zb den Zweck, daß das Vorleben des Angeklagten nicht in der trial phase, aber sehr wohl in der sentencing phase vorgebracht werden kann.
Bifurcation hat auch Nachteile. So kommt es oft vor, daß die trial jury einen Schuldspruch fällt, ohne zu wissen, was für eine Strafe nachher beim sentencing rauskommt. Da es in den USA immer mehr mandatory sentencings gibt, kann ein Schuldspruch für etwa Ladendiebstahl lebenslänglich nach sich ziehen (three strikes rule). Würde man das vorher wissen, gäbe es wahrscheinlich den einen oder anderen Schuldspruch weniger (auch wenn es faktisch falsch wäre, aber die einzige Möglichkeit, dem Angeklagten vor lebenslang zu bewahren), aber die Vorstrafen dürfen ja im trial nicht erwähnt werden ... bei uns (Österreich) dagegen gibt es oft Freisprüche beim Delikt Wiederbetätigung, weil die Mindeststrafe sehr hoch ist (einige Jahre Gefängnis). Da irren die Geschwornen gerne bewusst, weil man jemandem wegen einem hingeschmierten Hakenkreuz nicht gleich für 5 Jahre einsperren will.
Über die sentencing jury kann dann manchmal (Texas zb) der Angeklagte selbst entscheiden, über den Einsatz einer grand jury braucht er dagegen nicht mal informiert zu werden (muss er ja bei der Anklagerhebung durch den DA auch nicht).
Zitat von Johann Grabnereine grand jury verurteilt nicht, sie entscheidet bloß über die Anklage (indictment): http://en.wikipedia.org/wiki/Grand_jury auch: "The old institution of grand juries still exist in some places, particularly the United States, to investigate whether enough evidence of a crime exists to bring someone to trial" http://en.wikipedia.org/wiki/Jury
eine trial jury entscheidet über den Schuldspruch (judgement)
eine sentencing jury entscheidet über das Strafmaß (sentence)
der Name kommt bei der grand jury von ihrer Größe, da es üblicherweise mehr als 12 (15) Personen sind, aber nicht von der inhaltichen Tragweite ihrer Entscheidung her, da ist die trial und ggfs. die sentencing jury entscheidender (zumindest für den Angeklagten).
das dann auch jeweils sofern für die jeweilige Verfahrensstufe überhaupt eine jury eingesetzt wird. Grand juries werden immer seltener und nur mehr in ca. jedem 2. Bundesstaat verwendet, ist ja auch ein aufwändiges Verfahren. Sonst entscheidet über die Anklageerhebung der district attorney. Sentencing ist normalerweise Aufgabe des Richters (sentencing judge). Das weil Strafprozesse bifurcated sind, also trial und sentencing sind zwei verschiedene Prozesse (aber üblicherweise direkt hintereinander). Das hat zb den Zweck, daß das Vorleben des Angeklagten nicht in der trial phase, aber sehr wohl in der sentencing phase vorgebracht werden kann.
Bifurcation hat auch Nachteile. So kommt es oft vor, daß die trial jury einen Schuldspruch fällt, ohne zu wissen, was für eine Strafe nachher beim sentencing rauskommt. Da es in den USA immer mehr mandatory sentencings gibt, kann ein Schuldspruch für etwa Ladendiebstahl lebenslänglich nach sich ziehen (three strikes rule). Würde man das vorher wissen, gäbe es wahrscheinlich den einen oder anderen Schuldspruch weniger (auch wenn es faktisch falsch wäre, aber die einzige Möglichkeit, dem Angeklagten vor lebenslang zu bewahren), aber die Vorstrafen dürfen ja im trial nicht erwähnt werden ... bei uns (Österreich) dagegen gibt es oft Freisprüche beim Delikt Wiederbetätigung, weil die Mindeststrafe sehr hoch ist (einige Jahre Gefängnis). Da irren die Geschwornen gerne bewusst, weil man jemandem wegen einem hingeschmierten Hakenkreuz nicht gleich für 5 Jahre einsperren will.
Über die sentencing jury kann dann manchmal (Texas zb) der Angeklagte selbst entscheiden, über den Einsatz einer grand jury braucht er dagegen nicht mal informiert zu werden (muss er ja bei der Anklagerhebung durch den DA auch nicht).
Vielen Dank!
Ich hatte versucht, aus diesem Abschnitt des Wikipedia-Artikels zu erschließen, welches Gericht eigentlich Davis in erster Instanz verurteilt hat, und bin dabei leider durch den Anfang dieses Abschnitts auf eine falsche Spur geraten; ja gewiß, indictment ist die Anklage, und die kommt von einer anderen Jury als derjenigen, die dann über guilty or not guilty entscheidet.
Mein Fehler. Ich werde das korrigieren, mit Dank an Sie.
Es geht nur um Propaganda, um Profilierung als vermeintlich guter Mensch, und um das bedienen des anti-amerikanischen Ressentiments das seit 68 Europa dominiert, aber auch in den USA selbst sehr stark ausgeprägt ist.
Die künstlich hochgekochte Empröung über Hinrichtungen in den USA sollen die USA in Verruf bringen.
Doch selbst wenn man die Todesstrafe ablehnt, und dafür gibt es wirklich viele gute Gründe, müsste man eigentlich diese Einzelfälle in den USA gradezu ignorieren aufgrund ihrer geringen Anzahl und der dortigen Rechtsstaatlichkeit im weltweiten Maßstab. Es sei denn man bewertet das Leben eines Kriminellen in den USA höher als die vielen mit dem Tode bestraften außerhalb der USA.
Von all denen die sich nun wieder eifrig profilieren, wieviele von ihnen nehmen Stellung wenn man nicht wegen Schwerstverbrechen hingerichtet wird, sondern aufgrund homosexueller Neigung, oder weil man für sich das Menschenrecht in Anspruch nahm seine Sexualität selbstbestimmt zu leben. Oder z.B. die Religion zu wechseln ?
Hinrichtungen wegen solcher "Delikte" müssten eigentlich weitaus mehr Empörung hervorrufen, speziell bei den sonst sich stets als Anwälte für sexuelle Selbstbestimmung hervortuenden Linken, als dies bei Schwerstverbrechen der Fall ist. Doch es zählt in unseren Medien und bei den Profilierungswilligen nicht der Hinrichtungsgrund, sondern primär von wem hingerichtet wird. Das hat strukturelle Merkmale diskriminierender Denkweise, auch wenn sie sich gegen eine Nation bzw. deren Gesetzgebung richtet.
Leider ist der Fokus beim Thema Todesstrafe generell viel zu eng gefaßt. Die allermeisten Todesstrafen werden einfach ignoriert.
Wir blicken durch unseren westlichen Maßstab, um zu definieren was eine Todesstrafe ist. Nämlich ein Urteil aufgrund offizieller Rechtssprechung in einem Staat.
Es gibt aber auch Todesstrafen die nicht von staatlichen Institutionen verhängt und vollstreckt werden, sondern von Personen und Gruppierungen die aufgrund eines eigenen "Rechts- und Moralsystems" zur Hinrichtung schreiten.
Fälschlich nennt man diese Hinrichtungen im Westen "Ehrenmorde", was aber eine willkürliche, vom westlichen Denken abgeleitete Tatdefinition ist.
"Ehrenmorde" werden begangen, weil sich das Mordopfer eine Mißachtung einer Verhaltenserwartung geleistet hat. Sie sind eine Form der Bestrafung, die zudem dem Täter bescheinigt alles in seiner Macht mögliche zu tun, um die Wertvorstellungen des ihn umgebenden Gesellschaftssystems wirksam zu erhalten.
Der "Ehrenmord" ist also keine Beziehungstat, sondern resultiert aus einem Wertesystem heraus das bei bestimmtem Fehlverhalten eine "Bestrafung" mit dem Tod vorsieht, und nicht nur vom Täter, sondern weitgehend vom umgebenden Kollektiv vertreten wird.
Die UNO schätzt, daß es rund 5000 Ehrenmorde jährlich gibt. Plus erheblicher Dunkelziffer.
Auch in der BRD - einem Land das offiziell die Todesstrafe ablehnt - gab es in den letzten Jahren Ehrenmorde.
Man beachte auch, daß der Ehrenmord zumeist in engem Bezug zur Erwartungshaltung des Umfeldes des Täters steht, und anders als bei Kriminaldelikten der Täter nicht Ächtung erfährt, sondern Achtung. http://www.ehrenmord.de/faq/fragen.php
Es gibt also weitaus mehr Hinrichtungen aufgrund von Wertesystemen die außerhalb der offiziellen Rechtssprechungen liegen, als dies aus der Amnesty-Statistik hervorgeht. Hinzu kommt die "Qualität der Delikte" die zu diesen "Hinrichtungen" führen.
All diese "Hinrichtungen" und das unsägliche Leid der Opfer dieser menschenverachtenden Willkür und Unterdrückung erfahren leider nicht einmal im Ansatz die selbe Aufmerksamkeit wie ein Schwerstkrimineller der in den USA hingerichet werden soll.
Der Grund dafür ist der etablierte Bewertungsmaßstab, daß man sich mit anti-US-Standpunkten im Westen hervorragend profilieren kann. Dabei gehen nicht nur jegliche humanistischen Maßstäbe weitgehend verloren, sondern ein Land das in seinem Wirken mehr positive Beiträge für eine so genannte menschlichere Welt geleistet hat als wohl jedes andere in den letzten 80 Jahren, (Natürlich gibt es auch reichlich zu kritisieren, was ja auch ausgibig getan wird) wird systematisch auf echte und/oder vermeintliche Fehler und Schwächen reduziert und diese propagandistisch ausgeschlachtet.
Und dann gibt es da noch das Verbrechen der Genitalverstümmelung an Frauen. Hat eigentlich nichts direkt mit Todesstrafe zu tun, weil es ein Kult ist der den Tod als Folge der Verstümmelung "lediglich" billigend akzeptiert. Aber eben mit der Gewißheit von Ehrfahrungswerten. Man kann sagen hier werden jedes Jahr zigtausende Frauen in den Tod geschickt.
Genitalverstümmelung führt im schlimmsten Fall zum Tod. Die Zahl unmittel- barer Todesfälle wird von der WHO auf 3 bis 7 Prozent geschätzt; das sind zwi- schen 60 000 und 140 000 Todesfälle jährlich. Werden Todesfolgen im späteren Alter, z. B. infolge von Geburtskomplikationen oder chronischen Infektionen, berücksichtigt, erhöht sich die Todesrate auf 25 bis 30 Prozent. Infolge der Genitalverstümmelung ist auch der Geburtsvorgang erschwert, was das Sterb- lichkeitsrisiko für den Säugling während der Geburt ebenfalls um 25 bis 30 Pro- zent steigen lässt (WHO).
Und wo bleibt hier die Empörung der Pseudohumanisten ?
Sie wäre zweifellos vorhanden wäre dieses Verbrechen irgendwie dem Westen, speziell den USA anzulasten. Ist es aber nicht. Darum wird geschwiegen als gäbe es all dieses unermeßliche Leid nicht.
Zitat von ZettelSelbst wenn diejenigen, die sich jetzt international für eine Begnadigung einsetzen, bessere juristische Kenntnisse und besseren Einblick in die Akten hätten als die zahlreichen Organe der amerikanischen Justiz, die über zwei Jahrzehnte mit dem Fall befaßt waren - wäre es denn rechtens, wenn die amerikanische Justiz sich diesem Druck beugen würde? Es wäre eindeutig Unrecht.
Fiat iustitia, et pereat mundus. Wobei das unter den von Ihnen genannten Voraussetzungen - bessere Kenntnis und besserer Einblick sprechen gegen die Todesstrafe - ja eben gerade keine iustitia wäre, sondern ein Justizmord.
Ich bin ja auch ein großer Verfechter rechtsstaatlicher Vorgehensweise und gar kein Freund dessen, sich dem Druck der Straße zu beugen... aber bei Ihrer oben zitierten Aussage läuft es mir doch kalt den Rücken runter.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von 123Von all denen die sich nun wieder eifrig profilieren, wieviele von ihnen nehmen Stellung wenn man nicht wegen Schwerstverbrechen hingerichtet wird, sondern aufgrund homosexueller Neigung, oder weil man für sich das Menschenrecht in Anspruch nahm seine Sexualität selbstbestimmt zu leben.
Bei solchen Gelegenheiten bemerkt man erst, wie die Medien in den letzten Jahren verkommen sind. Es gab ja mal eine Zeit, als die noch den Mumm hatten diese Missstände anzuprangern.
Wenn heute Pastor Youcef Nadarkhani mit der Todesstrafe bedroht wird, dann muss der Iran weder mediale Proteste noch das Anlanden von türkischen oder paechschen Solidaritätsschiffen befürchten.
Zitat von 123http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/094/1609420.pdf
Genitalverstümmelung führt im schlimmsten Fall zum Tod. Die Zahl unmittelbarer Todesfälle wird von der WHO auf 3 bis 7 Prozent geschätzt; das sind zwischen 60 000 und 140 000 Todesfälle jährlich. Werden Todesfolgen im späteren Alter, z. B. infolge von Geburtskomplikationen oder chronischen Infektionen, berücksichtigt, erhöht sich die Todesrate auf 25 bis 30 Prozent. Infolge der Genitalverstümmelung ist auch der Geburtsvorgang erschwert, was das Sterblichkeitsrisiko für den Säugling während der Geburt ebenfalls um 25 bis 30 Prozent steigen lässt (WHO).
Und wo bleibt hier die Empörung der Pseudohumanisten?
Da kann man nicht meckern, unsere polit-mediale Elite ist revisionssicher. Jeder von denen hat mal eine Resolution unterschrieben. Wenn man jedoch mitkriegt, mit welchem Furor und welchem Budget Politik und Medien die angebliche Unterrepräsentiertheit von Frauen in Führungspositionen bekämpfen, fragt man sich schon ob die Gewichte richtig verteilt sind, wenn gleichzeitig die massenhaften (allein in Deutschland leben 30.000 Opfer) Verbrechen unter ferner liefen behandelt werden.
Natürlich ist eine Resolution gegen diese Verbrechen besser als keine. Aber mir gefällt schon die Sprache nicht, dieses verbale Abwiegeln. Das geht los damit, dass zwar die Opfer recht klar eingegrenzt werden, von den Tätern jedoch selten, falls doch dann äußerst nebulös die Rede ist. Das Wort „Täter“ kommt in diesem Antrag kein einziges Mal vor. Und auch die Spuren zu denen werden verwischt
Zitat von Bundestags-Drucksache 16/9420 (via 123)Anhand der Verteilung wird deutlich, dass die Tradition der Genitalverstümmelung keineswegs einer bestimmten Kultur oder Religion zuzurechnen ist
Das ist natürlich Blödsinn. Diese Verbrechen sind sehr wohl bestimmten Kulturen und Religionen zuzurechnen.
Es trägt auch nicht zur Aufklärung bei, wenn diese Verbrechen regelmäßig als „FGM“ verbal verharmlost werden. Wenn im Zusammenhang mit FGM nur von Opfern aber nie von Täter die Rede ist, dann wird das als eine übliche Verletzung wahrgenommen, wie etwa ein Unfall. FGM assoziiert so ohne weiteres zu EKG oder TBC, irgendwas mit Krankenhaus. In dieser Anfrage geht es noch, in anderen Publikationen ist es schlimmer.
Noch niederträchtiger, wenn das ernste Thema mit Gendermüll wie „Gewalt gegen Frauen“ zusammengerührt (in diesem Antrag freundlicherweise nur zwei Mal) und damit zur Lachnummer degradiert wird.
Es fällt auf, dass regelmäßig die Verbrechen ins verbale Nirwana verschoben werden, „die keiner bestimmten Religion zuzurechnen sind“. Hat schon mal jemand erlebt, dass die durch Medien und Wissenschaft geisternde sagenhafte Rechte Gewalt dort als „RG“ läuft? Oder, um den Bogen zu unserem Thema zu kriegen, die in den USA praktizierte Todesstrafe als „TS“?
Zitat von ZettelDer Eifer von Gegnern der Todesstrafe ist offenbar sehr ungleich verteilt. Gegen Länder wie China und den Iran, in denen aufgrund fragwürdiger Todesurteile Menschen massenweise hingerichtet werden (in China im Jahr 2010 mehrere tausend, die Schätzungen liegen bei bis zu 5000; im Iran 2010 mindestens 252) ist der Protest gedämpft. Umso lauter äußert man sich, wenn der demokratische Rechtsstaat USA betroffen ist.
Lieber Zettel,
ist das nicht ein hervorragendes Beispiel wie sich unsere Gesellschaft in Zwiedenk übt? Die antiamerikanische Stimmung in großen Teilen der Bevölkerung hat sich in Deutschland schon so weit verinnerlicht, dass jede Gelegenheit zur Zurschaustellung der eigenen moralischen Überlegenheit genutzt wird unter Ausblendung sämtlicher Tatsachen. Die Amerikaner gelten als leichtgläubig, etwas dumm und unzivilisiert. Dass die Bill of Rights vielleicht das Humanste sind was die Welt je hervorgebracht hat, wird dabei vollkommen ausgeblendet. Gleichzeitig werden die Todesstrafen in China oder Iran nicht so eng gesehen. Ist ja eine andere Kultur, da muss man schon etwas Verständnis mitbringen und Abstriche machen.
Darf ich einmal einen anderen Aspekt in die Diskussion einbringen?
Ich gebe dem verehrten Autor vollkommen Recht, dass die lautstarke Empörung deutscher Medien im Falle von Hinrichtungen in den USA in den meisten Fällen nur ein weiteres Zeichen für den endemischen Anti-Amerikanismus unserer Medien ist.
Ich habe in Sachen Todesstrafe immer gedacht, dass (West-)Deutschland nach dem Kriege natürlich auf die Todesstrafe verzichtet hat, weil der Deutsche Staat zuvor das Blut von Millionen und Abermillionen unschuldiger Menschen vergossen hatte und daher ersteinmal Abstand von dieser Art der Bestrafung genommen hat. Und dass sich dann typischerweise dieses Erschrecken über den Abgrund an eigener maßloser Grausamkeit im Laufe der Zeit (wahrscheinlich schnell) zu einem Überlegenheitsgefühl gegenüber "diesen zivilisatorisch rückständigen Amerikanern" gewandelt hat... Aber als ich jetzt gerade in Wikipedia dazu gestöbert habe, fand ich dies:
Zitat Bei Beratungen zum Grundgesetz im Parlamentarischen Rat schlug Hans-Christoph Seebohm, Vertreter der rechtsgerichteten Deutschen Partei, am 6. Dezember 1948 überraschend ein Verbot der Todesstrafe vor. Er wollte damit auch Todesurteile für NS-Kriegsverbrecher aussetzen lassen.
Mit einem Verweis auf einen Artikel der Washington Post:
Zitat But the actual history of the German death penalty ban casts this claim in a different light. Article 102 was in fact the brainchild of a right-wing politician who sympathized with convicted Nazi war criminals -- and sought to prevent their execution by British and American occupation authorities. Far from intending to repudiate the barbarism of Hitler, the author of Article 102 wanted to make a statement about the supposed excesses of Allied victors' justice.
Das mag man glauben oder nicht. Aber wer um die Abgründe der Deutschen Seele weiß, täte gut daran es zu glauben...
Lieber Zettel, an dieser Stelle ein Einwand: Ihr Bericht liest sich so, als ob das Urteil des ersten Gerichts von allen Folgeinstanzen zwar auf Zulässigkeit, aber nicht inhaltlich geprüft wurde. Die Faktenfindung der ersten Instanz also als formaljuristisch korrekt bestätigt wurde. Ihre Schlussfolgerung, alles sei doppelt und dreifach geprüft, würde ich daher nicht zustimmen.
Weswegen wurde Troy Davis eigentlich schuldig gesprochen und welches sind die Einwände seiner Verteidiger?
Zitat Ich bin ein Gegner der Todesstrafe; und zwar aus grundsätzlichen Erwägungen, die ich in anderen Artikeln erläutert habe ("Deutschland" gegen die Todesstrafe; ZR vom 29. 12. 2006, sowie Ist die Hinrichtung durch Erschießen "barbarisch"? Nicht barbarischer als die Todesstrafe als solche
Ich denke mittlerweile, dass die Abschaffung der Todesstrafe (Todesstrafe für Mörder) in der Folge barbarischer ist als die Nicht-Abschaffung, weil die Abschaffung zwangsläufig das Recht des Täters vor die Rechte der Opfer (zu dem auch u.B. die Familie der ermordeten Person gehören) stellt. Letztendlich ist es die Familie des Opfers, die (durch Steuern) gezwungen wird, das Leben des Täters im Gefängnis zu finanzieren. Und die dulden muss, dass der Täter nach Entlassung aus der "lebenslänglichen" Gefängnisstrafe wieder ihr neuer Nachbar werden darf. Etc. Das ist für mich eine moderne Form der Barbarei: pervertierte Werte.
Eine andere Frage ist, wie eine Justiz zu einem Urteil kommt: wie wasserdicht die Beweislage ist und wie die Beweislage (etc.: Zurechnungsfähigkeit, psychologisches Gutachten ...) sein muss damit tatsächlich ein Todesurteil ausgesprochen und vollstreckt wird.
Ich finde, die Argumentation, das Todesurteil gegen Troy Davis sei Rechtens, obwohl Sie die Todesstrafe an sich für ein Unrecht halten, müssten Sie dann genauso auf den Iran anwenden: solange dort das Recht nach dort geltenden Gesetzen korrekt ausgelegt wird, müssten Sie zugeben, dass der Iran ein Rechtsstaat ist, z.B. bei Steinigungen von Ehebrecherinnen, vorausgesetzt die Beweislage ist eindeutig und die geltenden Gesetze wurden korrekt angewendet. Damit will ich sagen: Moralische Urteile sind nicht relativ, deshalb kann man so nicht argumentieren, meine ich.
Zitat von Am_RandeAber wer um die Abgründe der Deutschen Seele weiß, täte gut daran es zu glauben...
"Abgründe" hin, "deutsche Seele" her - dass der Parlamentarische Rat nur auf den Antrag eines Vertreters der "Deutschen Partei" diesen Artikel ins Grundgesetz geschrieben hätte und noch dazu allein mit dessen Motivation, sollte man wohl besser nicht glauben, wenn man noch weiter ernst genommen werden will. In seinem Versuch, uns diese Story aufzutischen, scheut der Artikel in der "Post" noch nicht einmal davor zurück, sogar einem Kurt Schumacher indirekt zu unterstellen, gegenüber Nazis zu milde zu sein.
Wie ich diesem bei "Google Books" in Auszügen erhältlichen Werk entnehme "Debatten um die Todesstrafe in der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis 1990", gab es diesen Antrag des DPlers tatsächlich. Er wurde aber (leider fehlen hier in der Vorschau drei Seiten zum Thema, aber das kann man sich aus dem Davor und Danach erschließen) von der SPD, die bei diesem Thema überhaupt nicht kleinlaut, sondern besonders in Form von Carlo Schmid recht offensiv für die Abschaffung eintrat, nicht unterstützt. Außerdem gab es schon lange vorher und auch noch danach eine Diskussion im Ausschuss und im Rat darüber, und zwar z.T. mit genau den Argumenten, die man in dieser historischen Situation auch erwarten sollte - erinnerten sich doch alle Beteiligten noch an die Grausamkeiten des NS-Regimes. Und den Abgeordneten der Union, die für die Abschaffung stimmten, einfach mal eben zu unterstellen, sie hätten dies allein getan, um Nazis zu schützen, ist m.E. reichlich schäbig. Wenn man sich die Liste der Unionsmitglieder des Parlamentarischen Rates anschaut, dann findet man - neben ein paar Alt-Nazis, die aber an den Fingern einer Hand abzuzählen sind - überwiegend Menschen, die von den Nazis beruflich oder politisch abserviert wurden, einige wurden sogar inhaftiert.
Ich kann ja verstehen, dass die Amis wegen der ständigen deutschen Belehrerei so langsam die Nase voll haben. Aber mit dieser Geschichtsklitterung tut sich keiner einen Gefallen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von GorgasalIch bin ja auch ein großer Verfechter rechtsstaatlicher Vorgehensweise und gar kein Freund dessen, sich dem Druck der Straße zu beugen... aber bei Ihrer oben zitierten Aussage läuft es mir doch kalt den Rücken runter.
Ich habe, lieber Gorgasal, einmal mit einem der führenden deutschen Rechtsphilosophen eine halbe Nacht über den Fall Gäfgen diskutiert und über das Urteil des BVerfG, das es verbietet, ein Flugzeug selbst dann abzuschießen, wenn es auf ein KKW zugesteuert wird.
Er - ein Linksliberaler, SPD-Mitglied - hat mir erklärt, daß die Durchsetzung des Rechts ein so hohes Gut sei, daß man dafür notfalls den Tod eines Kindes oder den Tod von Hunderttausenden in Kauf nehmen müsse.
In diesem jetzigen Fall Davis geht es um das Leben eines einzelnen Menschen, der wahrscheinlich - aber nicht mit absoluter Sicherheit - schuldig ist. Wollen Sie, daß dafür die USA internationalen Protesten nachgeben und das Recht außer Kraft setzen?
Zitat von DagnyWeswegen wurde Troy Davis eigentlich schuldig gesprochen und welches sind die Einwände seiner Verteidiger?
Weswegen er schuldig gesprochen wurde, erläutert der damalige Staatsanwalt hier. Die Einwände der Verteidigung sind vielfältig; man kann sie in dem in meinem Artikel verlinkten Wikipedia-Artikel nachlesen.
Soweit ich es beurteilen kann, ist alles so rechtsstaatlich verlaufen, wie ein solches Verfahren überhaupt nur rechtsstaatlich verlaufen kann. Ich bin gegen die Todesstrafe; aber das durchzusetzen verlangt eine Änderung der Gesetze.
Solange die Gesetze so sind, wie sie in dem jeweiligen US-Bundesstaat sind, kann man nicht mehr verlangen als strikte Rechtsstaatlichkeit.
Zitat von ex-blondIch finde, die Argumentation, das Todesurteil gegen Troy Davis sei Rechtens, obwohl Sie die Todesstrafe an sich für ein Unrecht halten, müssten Sie dann genauso auf den Iran anwenden: solange dort das Recht nach dort geltenden Gesetzen korrekt ausgelegt wird, müssten Sie zugeben, dass der Iran ein Rechtsstaat ist, z.B. bei Steinigungen von Ehebrecherinnen, vorausgesetzt die Beweislage ist eindeutig und die geltenden Gesetze wurden korrekt angewendet.
Nein, liebe Ex-Blond. Ich akzeptiere ja nicht das positive Recht in einem Unrechtsstaat. Ich bin aber der Meinung, daß in einem demokratischen Rechtsstaat das Recht geachtet werden muß.
Zitat von ZettelDaß Unschuldige hingerichtet werden, ist eines der Argumente gegen die Todesstrafe. Aber solange sie im US-Staat Georgia besteht, muß man diesem zubilligen, daß dort nach Recht und Gesetz entschieden wird.
Auch das ist ein Argument gegen die Todesstrafe: Dieses elende Hin und Her, das dem Delinquenten mal Hoffnung gibt, dann wieder ihn verzweifeln läßt. Das ist ja ungleich schlimmer als das, was den meisten Opfern von Mördern widerfährt.
Ich habe das zum ersten Mal beim Fall Caryl Chessman verfolgt, der es 1960 sogar auf den Titel des "Spiegel" brachte. Dieses erbärmliche Gezerre und die schließliche Tötung von Chessman haben wesentlich dazu beigetragen, daß ich zu einem Gegner der Todesstrafe wurde.
Zitat Ich denke mittlerweile, dass die Abschaffung der Todesstrafe (Todesstrafe für Mörder) in der Folge barbarischer ist als die Nicht-Abschaffung, weil die Abschaffung zwangsläufig das Recht des Täters vor die Rechte der Opfer (zu dem auch u.B. die Familie der ermordeten Person gehören) stellt
Das sehen Sie so nicht richtig es geht nicht um den Täterschutz sondern um Irrtümer. Wenn wir wissen, daß einige Todesurteile vollstreckt wurden wo Unschuldige ermordet wurden. Niemals können Sie ausschliessen, daß man sich irren könnte. Nur darum ist die Todesstrafe barbarisch und schlichtweg genau das was man bekommt beim Gewaltmonopol des Staates. Darf ich Sie auch dezent daran erinnern, das Staaten schon beweisbar mehr an Toten auf dem Gewissen haben als alle anderen Institutionen zusammen? Also wer ist hier Opfer und Täter. Sie wollen Opferschutz und Täter verturteilt nun dann müssen Sie offenbar für die Abschaffung aller Staaten sein. Womit ich durchaus einverstanden wäre.
Er - ein Linksliberaler, SPD-Mitglied - hat mir erklärt, daß die Durchsetzung des Rechts ein so hohes Gut sei, daß man dafür notfalls den Tod eines Kindes oder den Tod von Hunderttausenden in Kauf nehmen müsse.
Herzlich, Zettel
Da hake ich mal nach. Also die Durchsetzung des Rechts ist ein so hohes Gut nun dann frag ich mal warum gilt das nicht für http://dejure.org/gesetze/AEUV/125.html
Wie kann dann irgendjemand dafür stimmen?
Ist es das Recht oder nicht? Wer bestimmt auch was dieses Recht wirklich ist?
Zitat von Am_RandeDarf ich einmal einen anderen Aspekt in die Diskussion einbringen?
Ich gebe dem verehrten Autor vollkommen Recht, dass die lautstarke Empörung deutscher Medien im Falle von Hinrichtungen in den USA in den meisten Fällen nur ein weiteres Zeichen für den endemischen Anti-Amerikanismus unserer Medien ist.
Ich habe in Sachen Todesstrafe immer gedacht, dass (West-)Deutschland nach dem Kriege natürlich auf die Todesstrafe verzichtet hat, weil der Deutsche Staat zuvor das Blut von Millionen und Abermillionen unschuldiger Menschen vergossen hatte und daher ersteinmal Abstand von dieser Art der Bestrafung genommen hat. Und dass sich dann typischerweise dieses Erschrecken über den Abgrund an eigener maßloser Grausamkeit im Laufe der Zeit (wahrscheinlich schnell) zu einem Überlegenheitsgefühl gegenüber "diesen zivilisatorisch rückständigen Amerikanern" gewandelt hat... Aber als ich jetzt gerade in Wikipedia dazu gestöbert habe, fand ich dies:
Zitat Bei Beratungen zum Grundgesetz im Parlamentarischen Rat schlug Hans-Christoph Seebohm, Vertreter der rechtsgerichteten Deutschen Partei, am 6. Dezember 1948 überraschend ein Verbot der Todesstrafe vor. Er wollte damit auch Todesurteile für NS-Kriegsverbrecher aussetzen lassen.
Mit einem Verweis auf einen Artikel der Washington Post:
Zitat But the actual history of the German death penalty ban casts this claim in a different light. Article 102 was in fact the brainchild of a right-wing politician who sympathized with convicted Nazi war criminals -- and sought to prevent their execution by British and American occupation authorities. Far from intending to repudiate the barbarism of Hitler, the author of Article 102 wanted to make a statement about the supposed excesses of Allied victors' justice.
Das mag man glauben oder nicht. Aber wer um die Abgründe der Deutschen Seele weiß, täte gut daran es zu glauben...
Es gib da eine Serie in der Geo, die heisst "Das Gute im Schlechten und das Schlechte im Guten". Man stelle sich vor auf einem der größten Unrechtssystem dieser Erde, kommt ein derartig gutes Gesetz. Bastiat würde nur wieder bestätigt bekommen, was er sowieso schon wußtte. "Die Dinge die man sieht und die die man nicht sieht."
der zitierte Artikel behauptet ja nicht, dass die Motive der Abschaffung zur der Todesstrafe nur darin bestanden, deutsche Kriegsverbrecher zu verschonen. Aber es waren eben wohl auch nicht nur hochherzige, edle Motive, à la "wir haben unsere Lektionen aus der Geschichte gelernt".
Dass die Intiative von rechter Seite ausging, kann einen da schon aufhorchen lassen. Besonders, wenn dies mit dem Argument einherging, Hinrichtungen vor und nach 1945 wären das gleiche gewesen.
Zudem: warum sollte die SPD nicht auf diesen Zug aufspringen? Millionen ehemaliger Nazis und Mitläufer sind auch Millionen potentieller Wähler gewesen. Man sollte sich dabei bewußt sein, dass der Ruf nach einem "Schlußstrich unter die unselige Vergangenheit" in Deutschland bereits in der allerfrühsten Nachkriegszeit laut geworden ist.
Und zu Carlo Schmid möchte ich sagen, dass, wenn man ein bisschen googelt, man durchaus Beispiele findet, dass er sich explizit für die Begnadigung einzelner verurteilter Kriegsverbrecher eingesetzt hat.
Deutsche Seele hin oder her: Nur weil etwas pointiert geschrieben ist, ist es nicht gleich "Geschichtsklitterung"
Zitat von ZettelIn diesem jetzigen Fall Davis geht es um das Leben eines einzelnen Menschen, der wahrscheinlich - aber nicht mit absoluter Sicherheit - schuldig ist. Wollen Sie, daß dafür die USA internationalen Protesten nachgeben und das Recht außer Kraft setzen?
Ich hatte mich ja explizit auf die folgende Passage Ihres Artikels bezogen:
Zitat von Zettel, Hervorhebung von mirSelbst wenn diejenigen, die sich jetzt international für eine Begnadigung einsetzen, bessere juristische Kenntnisse und besseren Einblick in die Akten hätten als die zahlreichen Organe der amerikanischen Justiz, die über zwei Jahrzehnte mit dem Fall befaßt waren - wäre es denn rechtens, wenn die amerikanische Justiz sich diesem Druck beugen würde? Es wäre eindeutig Unrecht.
Für mein nicht juristisch gebildetes Gefühl wäre die Todesstrafe unter diesen Voraussetzungen eben kein Recht, sondern ein Justizmord - wenn auch in der Tat ein rechtlich völlig korrekter. Nein, auch dann sollte sich der Staat Georgia (doch wohl nicht die USA, oder? Obama beispielsweise hat hier meines Wissens gar nichts zu sagen) nicht dem Druck von der Straße beugen. Aber wie gesagt: glücklich bin ich darüber nicht.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von GorgasalFür mein nicht juristisch gebildetes Gefühl wäre die Todesstrafe unter diesen Voraussetzungen eben kein Recht, sondern ein Justizmord - wenn auch in der Tat ein rechtlich völlig korrekter. Nein, auch dann sollte sich der Staat Georgia (doch wohl nicht die USA, oder? Obama beispielsweise hat hier meines Wissens gar nichts zu sagen) nicht dem Druck von der Straße beugen. Aber wie gesagt: glücklich bin ich darüber nicht.
Laut New York Times war versucht worden, in letzter Minute den Präsidenten einzuschalten; offenbar wäre es möglich gewesen, daß er einen reprieve anordnete, einen Aufschub der Hinrichtung. Zuletzt war mit dem Fall erneut der Supreme Court befaßt; das führte dazu, daß sich die Hinrichtung um vier Stunden verzögerte. Der Supreme Court lehnte einen Aufschub mit einer Entscheidung ab, die aus einem einzigen Satz bestand.
Laut NYT hat Davis bis unmittelbar vor seinem Tod seine Unschuld erklärt und den Angehörigen des Opfers, die der Hinrichtung beiwohnten, gesagt, sie sollten nicht aufgeben und weiter nach dem wahren Täter suchen.
Zitat von ZettelIn diesem jetzigen Fall Davis geht es um das Leben eines einzelnen Menschen, der wahrscheinlich - aber nicht mit absoluter Sicherheit - schuldig ist. Wollen Sie, daß dafür die USA internationalen Protesten nachgeben und das Recht außer Kraft setzen?
Lieber Zettel,
Soweit ich das US-Rechtssystem verstehe, kann der Gouverneur kraft seines Amtes die Strafe jederzeit erlassen, umwandeln oder aussetzen. Dabei muss er keinerlei Gründe angeben und ist auch an die Empfehlung des Gnadenausschusses nicht gebunden. Wenn er Troy Davis also begnadigen wollte, wäre das vom Rechtsstaat gedeckt.
Zitat von ZettelIn diesem jetzigen Fall Davis geht es um das Leben eines einzelnen Menschen, der wahrscheinlich - aber nicht mit absoluter Sicherheit - schuldig ist. Wollen Sie, daß dafür die USA internationalen Protesten nachgeben und das Recht außer Kraft setzen?
Lieber Zettel,
Soweit ich das US-Rechtssystem verstehe, kann der Gouverneur kraft seines Amtes die Strafe jederzeit erlassen, umwandeln oder aussetzen. Dabei muss er keinerlei Gründe angeben und ist auch an die Empfehlung des Gnadenausschusses nicht gebunden. Wenn er Troy Davis also begnadigen wollte, wäre das vom Rechtsstaat gedeckt.
Ja, gewiß. Aber die Begründung kann doch nicht sein, daß man internationalen Protesten nachgibt.
Der Gouverneur hatte ausschließlich zu beurteilen, ob es objektive Gründe für eine Begnadigung gab. Er hat das verneint. Vermutlich zu Unrecht; denn nach allem, was ich über den Fall weiß, gibt es begründete Zweifel an der Schuld von Davis. Aber es war Sache des Gouverneurs, das in seiner eigenen Verantwortung zu entscheiden.
Wo kämen wir denn hin, wenn internationale Proteste die Entscheidungen im Rechtssystem eines demokratischen Rechtsstaats beeinflussen könnten? Was hätten wir denn in Deutschland dazu gesagt, wenn, sagen wir, internationale Proteste von Feministinnen im Fall Kachelmann stattgefunden hätten und das Gericht gesagt hätte, es sei zwar von dessen Unschuld überzeugt, aber im Hinblick auf diese Proteste verurteile es ihn?
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