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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 132 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.12.2012 12:32
#26 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von reason im Beitrag #25
SSRI Psychopharmaka und Gewalt:

Danke für die Hinweise, und willkommen im kleinen Zimmer!

Sie haben Ihren Beitrag - offenbar versehentlich - auch noch in einem anderen Unterforum gepostet; ich habe ihn dort gelöscht.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.12.2012 12:33
#27 RE: Die Bluttat von Newtown Antworten

Zitat von john j im Beitrag #23
Yes very diffcult. What to do?

Ganz einfach: Deutsch schreiben!

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.12.2012 12:51
#28 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Das mit dem "infolge der Einnahme von SSRI" ist immer so eine Sache, da man ja nach der Einnahme, selbst in einer quasiexperimentellen Untersuchung der Pharmaindustrie, nicht eindeutig auf Kausalität schliessen kann. Schliesslich kann man ja nach der Einnahme durch die Probanden nicht anschliessend alle deren lebens- und handlungsbeeinflussenden Faktoren konstant halten. Anders gesagt: Die Gruppe der "SSRI-Einnehmenden" ist qua definitionem bereits psychisch gestört, also eine selegierte Stichprobe, bei der a priori eher gestörtes Verhalten, einschliesslich gewalttätiger Auffälligkeiten, zu erwarten ist. Um aussagekräftige Informationen zu bekommen, müsste man etwa 10000 psychiatrisch Kranke mit SSRI beobachten und nach einem Jahr bezüglich der Gewaltneigung vergleichen mit 10000 psychiatrisch Kranken OHNE Pharmakotherapie. Ich vermute dabei eine deutlich höhere Gewaltneigung in der Nichtmedizierten Gruppe. Zu kritisieren ist meiner Meinung eher die laxe Indikations- und Verordnungspraxis dieser Medikamente wegen der NW für die Patienten selbst, weniger wegen deren Gefährlichkeit.
Herzliche Grüsse,
Andreas Döding

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

19.12.2012 16:26
#29 RE: Die Bluttat von Newtown Antworten
Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

19.12.2012 16:27
#30 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #28
Das mit dem "infolge der Einnahme von SSRI" ist immer so eine Sache, da man ja nach der Einnahme, selbst in einer quasiexperimentellen Untersuchung der Pharmaindustrie, nicht eindeutig auf Kausalität schliessen kann.
Man kann die Langzeitwirkung im Tierversuch untersuchen und erörtern, ob dieses Modell für den Menschen aussagekräftig ist.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

19.12.2012 16:30
#31 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #28
Die Gruppe der "SSRI-Einnehmenden" ist qua definitionem bereits psychisch gestört, also eine selegierte Stichprobe, bei der a priori eher gestörtes Verhalten, einschliesslich gewalttätiger Auffälligkeiten, zu erwarten ist.
Sind Depressive wirklich gewalttätiger als der Rest der Bevölkerung? Ich vermute nicht.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.12.2012 16:50
#32 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

SSRI werden hauptsächlich, aber nicht ausschließlich zur Behandlung monopolarer Depressionen eingesetzt. Allerdings geht ein erklecklicher Anteil der Fälle "erweiterten Suizides" auf Depressive Patienten zurück, deren Aggressionsstau sich dann am Ende krass entlädt. Weitere Indikationen bzw. gebräuchliche Verordnungskriterien sind:
akute Belastungsstörungen
sämtliche Angststörungen
z. T. bipolare (manisch-depressive) Störungen bei Lithiumunverträglichkeit
Schizoaffektive Störungen (gleichzeitiges Vorhandensein produktiv-psychotischer UND affektiver Symptome).
Und: jeder der Betroffenen kann neben der depressiven oder Anststörung usw. komorbid weitere, "aggressionsnähere" Störungen haben, z. B. Borderline-Persönlichkeitsstörungen.
mfg AD

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.12.2012 17:02
#33 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Danke für den link :-)
Mir ging es im Übrigen nicht darum, einen solchen Zusammenhang als Möglichkeit und im Einzelfall auszuschließen. Ich habe nur ein Problem mit monokausalen Erklärungen vom Typ "SSRI machen aggressiv". Dann müßte jeder Pat. bei gleicher Dosierung im gleichen Maße und vorhersehbar aggressiver werden. Individuelle Unverträglichkeiten oder auch unbekannte Wechselwirkungen schließe ich ausdrücklich nicht aus.
Mfg AD

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.12.2012 17:43
#34 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #28
Die Gruppe der "SSRI-Einnehmenden" ist qua definitionem bereits psychisch gestört, also eine selegierte Stichprobe, bei der a priori eher gestörtes Verhalten, einschliesslich gewalttätiger Auffälligkeiten, zu erwarten ist. Um aussagekräftige Informationen zu bekommen, müsste man etwa 10000 psychiatrisch Kranke mit SSRI beobachten und nach einem Jahr bezüglich der Gewaltneigung vergleichen mit 10000 psychiatrisch Kranken OHNE Pharmakotherapie.

Wäre eine so große Stichprobe wirklich erforderlich? Könnte man nicht, wie auch sonst bei der Prüfung der Wirkung von Medikamenten, mit Stichproben von einigen Dutzend, vielleicht maximal einigen hundert Patienten arbeiten, im doppelten Blindversuch?

Man kann gewiß schwer auf das spontane Auftreten aggressiven Verhaltens warten und das möglicherweise auch schlecht erfassen. Aber es gibt ja Tests, die Aggressivität messen. Und natürlich könnten auch Tierversuche zumindest Anhaltspunkte liefern.

Wahrscheinlich gibt es das jauch schon; ich habe mich mit diesem Thema aber bisher nicht befaßt.

Danke für Ihre interessanten Beiträge und willkommen im kleinen Zimmer!

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.12.2012 17:48
#35 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #33
Danke für den link :-)

Eine kleine Bitte, da Sie neu im Forum sind: Zitieren Sie bitte das, worauf Sie sich beziehen?

Wie das funktioniert, finden Sie hier erklärt.

Herzlich, Zettel

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.12.2012 18:06
#36 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #35
Zitat von Doeding im Beitrag #33
Danke für den link :-)

Eine kleine Bitte, da Sie neu im Forum sind: Zitieren Sie bitte das, worauf Sie sich beziehen?






Habs gefunden, danke :)

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.12.2012 18:23
#37 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #34
Zitat von Doeding im Beitrag #28
"Wäre eine so große Stichprobe wirklich erforderlich? Könnte man nicht, wie auch sonst bei der Prüfung der Wirkung von Medikamenten, mit Stichproben von einigen Dutzend, vielleicht maximal einigen hundert Patienten arbeiten, im doppelten Blindversuch?"


Natürlich. Das mit den 10.000 Probanden war nur ein Gedankenexperiment. Wobei solche riesigen Stichproben den Vorteil hätten, dass man auch kleine Gruppenunterschiede zuverlässig messen könnte. Je kleiner der "wahre" Unterschied zwischen den Gruppen, desto größere Stichproben braucht man, um ihn statistisch abgesichert zeigen zu können. Das Problem bei diesem und ähnlichen Studien ist grundsätzlich: Es sind keine „echten“ Experimente, Bei denen nur eine einzige Variable manipuliert und alle anderen konstant gehalten werden (So wie das bei technischen Versuchsanordnungen oftmals fast idealtypisch möglich ist), sondern sogenannte Quasiexperimente mit spezifischen Methodenproblemen. Das Hauptproblem dabei ist: echte kausale Schlüsse werden dadurch eigentlich unmöglich. Bei Medikamententests läuft das dann in der Praxis oftmals darauf hinaus, dass wenn ein Proband während der Medikamenteneinnahme plötzlich eingewachsene Fußnägel aufweist, dass man dies sicherheitshalber mit in den Beipackzettel aufnimmt, als sehr seltene Nebenwirkung Und in der öffentlichen Rezeption werden dann oft bloße statistische Zusammenhangsmaße (korrelative Zusammenhänge) kausal interpretiert. So gibt es irgendwo in Norddeutschland ein Dorf, das eine, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, deutlich erhöhte Geburtenrate aufweist. Gleichzeitig beherbergt dieses Dorf eine, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, deutlich erhöhte Anzahl von Störchen. Ein Beispiel für eine Korrelation, die man eher nicht kausal interpretieren sollte, oder...eigentlich lieber doch
mfg AD

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.12.2012 19:35
#38 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Lieber Doeding,

Zitat von Doeding im Beitrag #37
Wobei solche riesigen Stichproben den Vorteil hätten, dass man auch kleine Gruppenunterschiede zuverlässig messen könnte. Je kleiner der "wahre" Unterschied zwischen den Gruppen, desto größere Stichproben braucht man, um ihn statistisch abgesichert zeigen zu können.

Ja, das ist wahr. Aber es ist eben eine Kosten-Nutzen-Frage. Kleine Unterschiede sind oft auch uninteressant. Es gibt ja inzwischen die Tendenz, überhaupt weniger auf Signifikanz als auf Effektstärke zu achten.
Zitat von Doeding im Beitrag #37
Das Problem bei diesem und ähnlichen Studien ist grundsätzlich: Es sind keine „echten“ Experimente, Bei denen nur eine einzige Variable manipuliert und alle anderen konstant gehalten werden (So wie das bei technischen Versuchsanordnungen oftmals fast idealtypisch möglich ist), sondern sogenannte Quasiexperimente mit spezifischen Methodenproblemen.

Der doppelte Blindversuch ist eigentlich ein mustergültiges und ein sehr einfaches Experiment. Es wird nur ein Faktor variiert - ob Medikament oder Placebo -, und es wird in der Regel nur eine abhängige Variable erhoben; meist der Therapieerfolg. Hier könnte man die Aggressionsneigung messen, wie schon geschrieben.
Zitat von Doeding im Beitrag #37
Das Hauptproblem dabei ist: echte kausale Schlüsse werden dadurch eigentlich unmöglich. Bei Medikamententests läuft das dann in der Praxis oftmals darauf hinaus, dass wenn ein Proband während der Medikamenteneinnahme plötzlich eingewachsene Fußnägel aufweist, dass man dies sicherheitshalber mit in den Beipackzettel aufnimmt, als sehr seltene Nebenwirkung Und in der öffentlichen Rezeption werden dann oft bloße statistische Zusammenhangsmaße (korrelative Zusammenhänge) kausal interpretiert. So gibt es irgendwo in Norddeutschland ein Dorf, das eine, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, deutlich erhöhte Geburtenrate aufweist. Gleichzeitig beherbergt dieses Dorf eine, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, deutlich erhöhte Anzahl von Störchen. Ein Beispiel für eine Korrelation, die man eher nicht kausal interpretieren sollte, oder...eigentlich lieber doch

Aber alles das, lieber Doering, wird durch die Methodik des doppelten Blindversuchs ja gerade ausgeschlossen.

Viel schwieriger ist es übrigens bei der Bewertung von Psychotherapien. Denn für sie scheidet der doppelte Blindversuch aus. Wie soll man eine klassische Psychoanalyse oder auch nur eine Verhaltens- oder Gesprächstherapie so durchführen, daß die Bedingungen eines doppelten Blindversuchs gegeben sind?

Herzlich, Zettel

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

19.12.2012 20:02
#39 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Lieber Zettel,
Doppelblindstudie heißt ja zunächst einmal nur, dass derjenige, der das Medikament appliziert, nicht weiß, ob es sich um einen Placebo oder um den Wirkstoff handelt. Und dass der Auswertende ebenso nicht weiß, welcher Proband Placebo oder Wirkstoff bekommen hat. Das soll ausschließlich Versuchsleitereffekte ausschließen bzw. minimieren. Alle anderen denkbaren Störvariablen können genauso wirksam sein auf die abhängige Variable, wie in jedem anderen quasi- experimentellen Design auch. Genetisch bedingte Unverträglichkeiten, Hirnphysiologische Anomalien, Wechselwirkungen mit Medikamenten, die man schon längst nicht mehr nimmt, Aber auch lernpsychologisch bedingte Bereitschaften der Probanden, z. B. ein leichtes kribbeln stärker zu bewerten als andere, verzerren das Ergebnis. Die von Ihnen völlig richtig zitierte, seit Jahren beobachtbare, Fixierung auf Effektstärkemasse oder Metaanalysen, illustrieren lediglich die Hilflosigkeit im Umgang mit diesen methodischen Restriktionen. Doppelblindstudien sind eben *keine* echten Experimente, leider.
Es geht mir hierbei allerdings nicht um irgendwelche Fundamentalkritik, sondern um methodenadäquate Interpretationen. Doppelblindstudien, oder auch Feldstudien, bringen definitiv Erkenntnisgewinn, aber leider werden sie immer wieder viel zu sehr überinterpretiert.
Ihren Anmerkungen zur Messbarkeit von Psychotherapien kann, will und muss ich vorbehaltlos zustimmen. Es ist ein Jammer. Da bekommt man fünf Jahre lang eine ordentliche methodisch-statistische Ausbildung, und am Ende krepelt man mit seinen Patienten nach bestem Wissen und Gewissen herum :)
mfg AD

Aktivist ( gelöscht )
Beiträge:

19.12.2012 22:52
#40 RE: Die Bluttat von Newtown Antworten

Zitat von M. Möhling im Beitrag #19
Gibt es Statistiken zum Liebesleben dieser Art Krimineller? Ich verfolge solche Taten nur kursorisch, anscheinend sind es stets isolierte, sozial unangepasste, psychisch auffällige junge Männer, ohne Freunde, vor allem ohne Frauen oder Freundinnen, oft haben sie kaum oder je eine gehabt, Breivik z.B. - mit ihrem psycho-sozialem Profil dürften sie extrem unattraktiv für Frauen sein, die ja auf Äußeres weniger achten.
Wie es mit dem Liebesleben stand, weiß ich nicht. Auch nicht, welche Rolle das spielt.

Es gibt aber einen anderen Aspekt, der sich bei solchen Taten durchzieht wie ein roter Faden: Die vaterlose Gesellschaft, einen Aspekt, den verdienstvollerweise Lichtschlag ins Licht rückte:

Zitat von André F. Lichtschlag, Die fast unbemerkte Gemeinsamkeit fast aller Terroristen
Tatsächlich haben Merah, Amrani und Breivik mehr gemeinsam, als alle skrupellosen Politsuppenköche wahrhaben wollen. Zum Beispiel das: Alle drei wuchsen ohne einen Vater auf.
Man erfährt wieder nur ganz am Rande der Nachrichtenströme, dass Merahs Mutter alleinerziehend war, wie jene von Breivik. Amranis Eltern waren beide tot, er verbrachte seine Kindheit in einem staatlichen Waisenhaus.

Ein wenig Historie: Der Vater von Andreas Baader stirbt, als der Sohn zwei Jahre alt ist, in russischer Kriegsgefangenschaft. Ulrike Meinhofs Vater erliegt, als sie sechs Jahre alt ist, einem Krebsleiden. Die Eltern des Oklahoma-City-Bombers Timothy McVeigh lassen sich scheiden, als dieser zehn Jahre alt ist. Hitler war 14, als sein vorher abwesender oder prügelnder Vater starb, Stalin zehn. Der Vater hatte die Mutter des wohl größten Massenmörders der Weltgeschichte bereits verlassen, als Stalin fünf Jahre alt war.


Heinsohn schreibt zum gleichen Thema:

Zitat von Gunnar Heinsohn, Täter ohne Väter
Gleichwohl ist es nicht allein die Chancenlosigkeit, die immer mehr junge Europäer aus den Hilfesektoren in kriminelle oder politische Gewalt treibt. Auch die schlichte Vaterlosigkeit spielt ihre Rolle. Schon die karibischen Jungen, die im August 2011 in London plündern, kommen aus einer Minderheit, in der zwei Drittel der Frauen alleinerziehend von Hilfe leben. Karibische Jungen aus Vollfamilien begehen in England damals nur halb so viele Straftaten wie ihre vaterlosen Landsleute. Warum ist das so? Ihnen fehlen männliche Vorbilder, die auf die natürliche Aggression der Jungen immer wieder gutmütig verzeihend reagieren, statt mit gleicher Härte zurückzuschlagen. Obwohl sie die provokativen Jungen „am ausgestreckten Arm verhungern“ lassen könnten, tun sie das nicht. Diese Gnadenerfahrung rührt die Kleinen wie jeden normalen Menschen, der einem anderen geschadet hat, dann auf Vergeltung rechnet und plötzlich statt des erwarteten Schlages eine freundliche Hand hingestreckt bekommt. Es ist diese Rührung über den Machtverzicht der Väter, die ihre Söhne danach streben lässt, ihre unvermeidliche Kinderwut als beschützende Stärke zu verausgaben, also ein „weißer Ritter“ zu werden und nicht der Grausamkeit einer „dunklen Macht“ zu verfallen.


Selbstverständlich bringe ich diese Zitate nur, um mich davon zu distanzieren. Eine Familie mit Mutter und Vater als Eltern ist schon wegen der Begrifflichkeit (Korrekt ist Elter 1 und Elter 2) abzulehnen, abgesehen davon dass dieser Familientypus reaktionär, faschistisch, islamophob, rassistisch und frauenfeindlich ist.
Zum Glück wird die EU jetzt das Problem an der Wurzel packen. Bin ich erleichtert.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.12.2012 23:44
#41 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #39
Doppelblindstudie heißt ja zunächst einmal nur, dass derjenige, der das Medikament appliziert, nicht weiß, ob es sich um einen Placebo oder um den Wirkstoff handelt. Und dass der Auswertende ebenso nicht weiß, welcher Proband Placebo oder Wirkstoff bekommen hat. Das soll ausschließlich Versuchsleitereffekte ausschließen bzw. minimieren. Alle anderen denkbaren Störvariablen können genauso wirksam sein auf die abhängige Variable, wie in jedem anderen quasi- experimentellen Design auch.

Das stimmt, lieber Doeding. Aber bei Versuchsleiter- oder Auswertereffekten würde es sich um systematische Fehler handeln, à la Rosenthal-Effekt (erwartete Resultate treten eher ein als nicht erwartete, sogar manchmal im Rattenversuch). Sonstige Störvariablen können aber, wenn man gut experimentiert, nicht zu systematischen, sondern nur zu zufälligen Fehlern führen. Vorausgesetzt, die Probanden werden strikt nach Zufall auf die Gruppen verteilt. Das ist dann einfach das Problem der Fehlervarianz, und dafür gibt es ja die Prüfstatistik.

Kritischer als beim Test von Medikamenten ist es, wie schon angedeutet, bei der Wirksamkeitsprüfung von Therapien. Der Vorher-Nachher-Vergleich sagt gar nichts, weil es vielen Menschen auch ohne Therapie wieder besser geht. Der Vergleich mit einer Wartegruppe besagt auch wenig, weil allein der Umstand, therapiert zu werden, vielen schon hilft (Hawthorne-Effekt).

Bleibt der Vergleich zwischen unterschiedlichen Therapieformen. Da aber ist es schwer, dem Problem zu entgehen, das Sie nennen, lieber Doeding: Patienten werden oft nicht strikt nach Zufall verteilt. Sie haben zB selbst den Wunsch, lieber eine Verhaltenstherapie (VT) als eine Gesprächstherapie zu machen usw. Sodann können die jeweils in einer vergleichenden Untersuchung eingesetzten Therapeuten unterschiedlich gut sein. Vielleicht scheidet also zB die VT bei einem solchen Vergleich nur deshalb am besten ab, weil die betreffenden Therapeuten Asse ihres Fachs waren, die anderen aber lausige Therapeuten.

Ganz schlimm ist es bei der klassischen Psychoanalye, die schon wegen ihrer immensen Dauer aus dem Rahmen fällt. Eine Erfolgskontrolle, eine Bewertung der Wirksamkeit ist da im Grunde nicht möglich.

Herzlich, Zettel

C. Offline




Beiträge: 2.639

19.12.2012 23:56
#42 RE: Die Bluttat von Newtown Antworten

Zitat von Aktivist im Beitrag #40
Zum Glück wird die EU jetzt das Problem an der Wurzel packen. Bin ich erleichtert.



Das Originalpapier der EU hat den schönen Namen:DRAFT REPORT on eliminating gender stereotypes in the EU

Grundlage dafür ist die Peking-Konferenz von 1995 der UN. aber anscheinend ist die EU die einzige Organisation, die das ernst nimmt, obwohl ganz andere damit gemeint waren. Und wahrscheinlich wird lediglich Deutschland die ausgekungelten Programme umsetzen.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

M. Möhling Offline



Beiträge: 33

20.12.2012 00:07
#43 RE: Die Bluttat von Newtown Antworten

Aktivist, ich muss Ihnen leider widersprechen. Dass strukturelle Änderungen in Gesellschaft, Familie und den Beziehungen der Geschlechter ursächlich für Gewalt sein könnten ist eine grundsätzlich absurde Annahme, dieser thread dagegen weist die richtige Richtung: Die Pharmaindustrie sorgt mal wieder frevelhaft für Profite und hat die in westlichen Ländern derzeit zunehmende Zahl von Massakern junger Männer zu verantworten, das ist eine ganz heiße Spur.

Schlagt den vermaledeiten Pillendrehern die Rakel aus den Händen und kontrolliert den Interventionserfolg in Trippelblind- taub- und stummstudien!

Frankenstein Offline




Beiträge: 891

20.12.2012 00:33
#44 RE: Die Bluttat von Newtown Antworten

Zitat von Aktivist im Beitrag #40
Zitat von M. Möhling im Beitrag #19
Gibt es Statistiken zum Liebesleben dieser Art Krimineller? Ich verfolge solche Taten nur kursorisch, anscheinend sind es stets isolierte, sozial unangepasste, psychisch auffällige junge Männer, ohne Freunde, vor allem ohne Frauen oder Freundinnen, oft haben sie kaum oder je eine gehabt, Breivik z.B. - mit ihrem psycho-sozialem Profil dürften sie extrem unattraktiv für Frauen sein, die ja auf Äußeres weniger achten.
Wie es mit dem Liebesleben stand, weiß ich nicht. Auch nicht, welche Rolle das spielt.

Es gibt aber einen anderen Aspekt, der sich bei solchen Taten durchzieht wie ein roter Faden: Die vaterlose Gesellschaft, einen Aspekt, den verdienstvollerweise Lichtschlag ins Licht rückte:

Zitat von André F. Lichtschlag, Die fast unbemerkte Gemeinsamkeit fast aller Terroristen
Tatsächlich haben Merah, Amrani und Breivik mehr gemeinsam, als alle skrupellosen Politsuppenköche wahrhaben wollen. Zum Beispiel das: Alle drei wuchsen ohne einen Vater auf.
Man erfährt wieder nur ganz am Rande der Nachrichtenströme, dass Merahs Mutter alleinerziehend war, wie jene von Breivik. Amranis Eltern waren beide tot, er verbrachte seine Kindheit in einem staatlichen Waisenhaus.

Ein wenig Historie: Der Vater von Andreas Baader stirbt, als der Sohn zwei Jahre alt ist, in russischer Kriegsgefangenschaft. Ulrike Meinhofs Vater erliegt, als sie sechs Jahre alt ist, einem Krebsleiden. Die Eltern des Oklahoma-City-Bombers Timothy McVeigh lassen sich scheiden, als dieser zehn Jahre alt ist. Hitler war 14, als sein vorher abwesender oder prügelnder Vater starb, Stalin zehn. Der Vater hatte die Mutter des wohl größten Massenmörders der Weltgeschichte bereits verlassen, als Stalin fünf Jahre alt war.

Heinsohn schreibt zum gleichen Thema:

Zitat von Gunnar Heinsohn, Täter ohne Väter
Gleichwohl ist es nicht allein die Chancenlosigkeit, die immer mehr junge Europäer aus den Hilfesektoren in kriminelle oder politische Gewalt treibt. Auch die schlichte Vaterlosigkeit spielt ihre Rolle. Schon die karibischen Jungen, die im August 2011 in London plündern, kommen aus einer Minderheit, in der zwei Drittel der Frauen alleinerziehend von Hilfe leben. Karibische Jungen aus Vollfamilien begehen in England damals nur halb so viele Straftaten wie ihre vaterlosen Landsleute. Warum ist das so? Ihnen fehlen männliche Vorbilder, die auf die natürliche Aggression der Jungen immer wieder gutmütig verzeihend reagieren, statt mit gleicher Härte zurückzuschlagen. Obwohl sie die provokativen Jungen „am ausgestreckten Arm verhungern“ lassen könnten, tun sie das nicht. Diese Gnadenerfahrung rührt die Kleinen wie jeden normalen Menschen, der einem anderen geschadet hat, dann auf Vergeltung rechnet und plötzlich statt des erwarteten Schlages eine freundliche Hand hingestreckt bekommt. Es ist diese Rührung über den Machtverzicht der Väter, die ihre Söhne danach streben lässt, ihre unvermeidliche Kinderwut als beschützende Stärke zu verausgaben, also ein „weißer Ritter“ zu werden und nicht der Grausamkeit einer „dunklen Macht“ zu verfallen.


Selbstverständlich bringe ich diese Zitate nur, um mich davon zu distanzieren. Eine Familie mit Mutter und Vater als Eltern ist schon wegen der Begrifflichkeit (Korrekt ist Elter 1 und Elter 2) abzulehnen, abgesehen davon dass dieser Familientypus reaktionär, faschistisch, islamophob, rassistisch und frauenfeindlich ist.
Zum Glück wird die EU jetzt das Problem an der Wurzel packen. Bin ich erleichtert.



Wenn Alice Millers Angaben aus ihrem Buch "Am Anfang war Erziehung" korrekt sind, so stammen 60% der RAF-Terroristen Ende der 70er aus Pfarrersfamilien.

Wie auch immer: Das Problem ist die Ausübung psychischer und physischer Gewalt gegen Kinder - bei Alleinerziehenden mag dieses Problem mitunter dadurch verschärft sein, dass ein Elternteil die totale Macht über das Kind hat und das fehlende Korrektiv die empathische Verwahrlosung verstärkt.

Die unerträgliche Ignoranz gegenüber Kindesmisshandlung in all ihren Facetten (die sich gerade erst wieder eindrucksvoll in der Beschneidungsdebatte manifestierte, wo nennenswerter Widerstand nur auf der Linken zu finden war, während die schwarz-gelbe Koalition Körperverletzung an Kleinkindern nahezu einstimmig eiskalt durchgewunken hat - ein Schelm wer da an die Krokodilstränen bei der unappetitlichen Instrumentalisierung der Opfer von Kinderpornographie zur Aushebelung rechtsstaatlicher Prinizipien denkt) und die traditionelle Nähe zur schwarzen Pädagogik (gerade von konservativer Seite) gehören zu den entscheidenden Ursachen für die gesellschaftliche Dominanz der Linken.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

20.12.2012 08:45
#45 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

"Das stimmt, lieber Doeding. Aber bei Versuchsleiter- oder Auswertereffekten würde es sich um systematische Fehler handeln, à la Rosenthal-Effekt (erwartete Resultate treten eher ein als nicht erwartete, sogar manchmal im Rattenversuch). Sonstige Störvariablen können aber, wenn man gut experimentiert, nicht zu systematischen, sondern nur zu zufälligen Fehlern führen. Vorausgesetzt, die Probanden werden strikt nach Zufall auf die Gruppen verteilt. Das ist dann einfach das Problem der Fehlervarianz, und dafür gibt es ja die Prüfstatistik."

Lieber Zettel, damit haben Sie natürlich vollkommen recht. Die von mir genannten möglichen Quellen von Fehlervarianz waren allesamt zufällig und durch geeignete Auswahl der Stichprobengröße inferenzstatistisch zu kontrollieren. Auch ist es richtig, daß eine unter idealen Bedingungen durchgeführte Doppelblindstudie einem idealen Experiment entspricht. Allein, ich bin nicht so optimistisch wie Sie, wenn es um die "real-Life"-Bedingungen geht. Als Hauptquelle *systematischer* Fehlervarianz sehe ich v. a. Stichprobeneffekte. Da man aus etischen Gründen, außer vielleicht in Nordkorea, keine echte Zufallsstichprobe ziehen kann, ist man auf freiwillige Probanden angewiesen, die sich aus unbekannten Gründen von sich aus auf eine Annonce hin gemeldet haben und die für ihre Teilnahme z. T. nicht unerheblich monentär gratifiziert werden. Als ich mich das letzte Mal (vor etwa 15 Jahren) intensiver mit der Materie beschaftigt habe, ergab sich hieraus eine deutliche "Unterschichtlastigkeit" der Stichproben, zumal die Probanden, zumindest damals, zwar bezüglich verschiedener medizinischer aber so gut wie nie hinsichtlich sozioökonomischer Kriterien "gematcht" wurden. Für die Fehlervarianz "innerhalb" der Gruppe ist das aus den von Ihnen genannten Gründen gar nicht so dramatisch, aber die Varianz "zwischen" Probandengruppe und Referenzpopulation (Normalbevölkerung" befindet sich damit auf unbekanntem (und vor allem statistisch unkontrolliertem) Niveau, was die "externe" oder Kriteriumsvalidität der Befunde nicht unerheblich einschränkt.

Das gleiche Problem, nur stärker, hat man natürlich auch bei Therapieerfolgsstudien, da die Stichproben im Prinzip ähnlich gezogen werden, jedoch hat man hier einen "Obere Mittelschicht-bias", was schon bei Freud das Problem war (zusätzlich zu den Problemen seines idiographischen Ansatzes, der sich bis heute einer "kritisch-rationalen" Diskussion sensu Popper wiedersetzt). Vor dem Hintergrund betrachte ich Freud eher als großen Religionsstifter...wenngleich manche seiner Konzepte sich als heuristisch brauchbar erwiesen haben (v. a. die Abwehrmechanismen)

Zu Ehrenrettung sei aber erwähnt, daß "echte" Wartekontrollgruppen heute kam noch verwendet werden. Die Kontrollgruppen erhalten in aller Regel supportive Stützgespräche in gleicher Frequenz wie die Treatmentgruppe, um den Effekten von "Zuwendung, Fürsorge und Aufmerksamkeit" etwas begegnen zu können, während die Treatmentgruppe, in aller Regel mithilfe manualisierter Theapien, durch eher junge und unerfahrene Therapeuten, (Fehlervarianz und fehlende Kriteriumsvalidität!) beackert werden. Die Vergleichbarkeit mit "Wald-und Wiesentherapeuten" wie mir ist damit natürlich wiederum kaum gegeben.

Mit den vorgenannten Einschränkungen glaube ich allerdings schon, daß man verschiedene Therapieformen vergleichen kann und damit zu einem Erkenntnisgewinn kommt, der dem "Zufall", "Bauchgefühlen" oder "gesträubten Nackenhaaren" überlegen ist. Mein Vater sagte immer: "hinten kackt die Ente", was heißen soll: entscheidend ist, was am Ende rauskommt: Geht es dem Pat. im Selbstbericht nach 25 Stunden kognitiver VT (z. B. im Beck Depressions Inventar) besser als dem Kontrollprobanden, und wie geht es dem analytisch behandelten Pat. nach 3 jahren und 120 Sitzungen im Beckschen Inventar? (schon klar: allein durch die Unterschiedliche Dauer ist eine echte Vergleichbarkeit nicht gegeben, da man Spontanremissionseffekte v. a. bei dreijähriger Behandlungsdauer drin hat)
Herliche Grüße, AD

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.12.2012 13:11
#46 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #45
Auch ist es richtig, daß eine unter idealen Bedingungen durchgeführte Doppelblindstudie einem idealen Experiment entspricht. Allein, ich bin nicht so optimistisch wie Sie, wenn es um die "real-Life"-Bedingungen geht. Als Hauptquelle *systematischer* Fehlervarianz sehe ich v. a. Stichprobeneffekte.

Ja, absolut. Ich stimme Ihnen da vollkommen zu; vor allem auch, was die Schwierigkeiten bei der Messung des Therapieerfolgs angeht. Man hat in der Therapieforschung nun einmal keine Laborbedingungen.

Aber um zum Ausgangspunkt der Diskussion zurückzukommen: Gibt es eigentlich wirklich Hinweise darauf, daß SSRIs die Aggressionsneigung erhöhen?

Um das (nicht für Sie, lieber Doeding, aber für die Mitlesenden) kurz zu erläutern:

Es geht um die Behandlung von Depression.

Nun gibt es starke Hinweise darauf, daß bei Depressionen der Mangel an einer Transmittersubstanz, Serotonin, eine Rolle spielt. (Signale werden von einer Nervenzelle in der Regel nicht elektrisch an eine andere weitergegeben, sondern an den Stellen, wo die Nervenzellen sich treffen, den Synapsen, finden chemische Prozesse statt, bei denen diese Transmitter die entscheidende Rolle spielen).

Es gibt nun verschiedene Möglichkeiten, dem Mangel an einem solchen Transmitter entgegenzuwirken. Eine ist die bei SSRIs wirksame: Normalerweise wird das Serotonin schnell wieder von der Zelle, die es ausgeschüttet hat, resorbiert (wieder aufgenommen, reuptake). Der SSRI (selective serotonine reuptake inhibitor) hemmt diesen Prozeß. Das Serotonin wird gewissermaßen künstlich länger in Umlauf gehalten. (Solche eine Hemmung liegt übrigens auch der Wirkungsweise von Kokain zugrunde).



Das scheint vor allem bei schweren Depressionen ganz gut zu funktionieren. Aber warum sollte das die Aggressionsbereitschaft erhöhen; oder warum sollte die Absetzung dieser Medikation das tun? Kennen Sie, lieber Doeding, Untersuchungen, die solch eine Wirkung wahrscheinlich machen?

Herzlich, Zettel

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

20.12.2012 13:45
#47 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Zitat
Aber warum sollte das die Aggressionsbereitschaft erhöhen; oder warum sollte die Absetzung dieser Medikation das tun? Kennen Sie, lieber Doeding, Untersuchungen, die solch eine Wirkung wahrscheinlich machen?



Lieber Zettel,
Ich bin zwar in der Primärliteratur nicht mehr so drin wie vor 10 Jahren, aber die mir bekannte Datenlage spricht für eine im Gegenteil deutlich aggressionsmildernde Wirkung von SSRIs (ich hoffe, ich verstöße jetzt nicht gegen die Zitierregeln hier im Forum):

http://cms.gpg-tirol.at/fileadmin/media/...9_3.pdf#page=11

Auf den Seiten 91ff. finden Sie eine ganz gute Zusammenschau der Datenlage hierzu, einschl. Verweise auf die Primärstudien im Anhang.

Berichte zu gewaltauslösender Wirkung von SSRIs halte ich für anekdotisch und unempirisch bzw. für Scheinkorrelationen, hinter denen ein dritter (der eigentliche Kausal-)faktor (nämlich die eigentliche psychiatrische Erkrankung, wie ich weiter oben bereits geschrieben habe) steht.
Allerdings gibt es ein anderes (und gesichtertes) Problem mit SSRI. Diese haben eine intendierte Doppelwirkung, nämlich eine antriebssteigernde und eine antidepressive, stimmungsaufhellende Wirkung. Leider treten diese Wirkungen nicht immer synchron ein (ohnehin haben Antidepressiva eine Wirklatenz von 3-4 Wochen, d. h. erst dann schlagen sie überhaupt an). Wenn nun die Antriebssteigerung früher einsetzt als die Stimmungsauffhellung, kann es zu versuchten und vollendeten Suiziden kommen. Man kann bei schweren, gehemmten Depressionen nämlich durchaus von einer suizidpräventiven Wirkung der Antriebshemmung sprechen. Bei schweren, schwersten oder gar stuporös verlaufenden Depressionen können sich die Betroffenen sozusagen nicht mal mehr aufraffen, um aus dem Fenster zu springen.
Herzliche Grüße, AD

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

20.12.2012 20:40
#48 RE: Die Bluttat von Newtown paßt nicht in das Schema Antworten

Übrigens nochmal vielen Dank für die freundliche Aufnahme in Ihrem Forum. Die Diskussion hier ist fördernd und fordernd zugleich. Ich freue mich auf zukünftige Diskussionen, wenngleich ich bei vielen Themen mangels Hintergundinfo eher zurückhaltend kommentieren werde. Seit der völlig mißglückten "Sarrazin-Debatte" 2010 ( als ob es eine Debatte gewesen wäre!) bin ich buchstäblich angewiesen auf kluge, sachliche Politblogger wie Sie. Damals habe ich mich als nahezu "traumatisiert" erlebt. Ich habe zu einem frühen Zeitpunkt "Deutschland schafft sich ab" gelesen, und die öffentlich-mediale Reaktion erschien mir ironischerweise wie aus einer "Parallelgesellschaft" kommend. Darüber bin ich, zugegebenermaßen, noch nicht hinweg, aber das ist für die gegenwärtige Diskussion "off topic", daher hier genug davon.
Herzliche Grüsse, AD

flobotron Offline



Beiträge: 333

20.12.2012 20:49
#49 RE: Die Bluttat von Newtown Antworten

Ich bin auf eine recht interessante Statistik gestoßen:
"I compiled and analyzed 100 shootings, noting my methodology, and I am now prepared to present my findings, complete with links to the data.

The average number of people killed in mass shootings when stopped by police is 14.29

The average number of people killed in a mass shooting when stopped by a civilian is 2.33"

Im verlinkten Artikel beschreibt der Autor wie er zu seinem Ergebnis kommt. Ich fand es recht lesenswert, auch wenn der Name der Website nicht gerade vertrauenserweckend erscheint.

Q: http://dailyanarchist.com/2012/07/31/aud...age-statistics/

mfg flobotron

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.12.2012 22:03
#50 Diskussionen Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #48
Ich freue mich auf zukünftige Diskussionen, wenngleich ich bei vielen Themen mangels Hintergundinfo eher zurückhaltend kommentieren werde.

Und ich, lieber Doeding, freue mich über jeden Neuen unter den Zimmerleuten, der aus der Sicht seines Fachs etwas zur Diskussion beizutragen hat. Wir lernen ja alle ständig voneinander.

Ja, die Politik steht im Vordergrund; und für die gibt es - trotz des Kunstfachs "Politologie" - keine Fachleute.

Aber weil hier viele schreiben, die aus ihrer fachlichen Sicht zu argumentieren wissen, ist auch die politische Diskussion (meist ) sachlich und rational.

(Oh weh, das klingt ja fast wie mein Wort zum Fest ).

Herzlich, Zettel

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