Es geht im Kern nicht um abgedrehte mathematische Esoterika, sondern um eine ganz elementare geistige Fähigkeit: Das Erkennen der Notwendigkeit und die Durchführung des Beweises / der logischen Begründung einer Aussage.
Zitat Ende
Die CauchySU ist schon nicht ganz mainstream, und ja, sollte als Beispiel für Spezialwissen herhalten. Beweise gibt es wichtigere und schönere (Ableitung von Sinus).
Zitat
Mein Wunsch: Fragen Sie bei bestimmten Aussagen immer mal wieder: Warum? Warum nicht? Welche Alternativen sind möglich? Mit welcher Begründung? Und so weiter und so fort ...
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Aber ja, große Zustimmung, das geht in die Richtung "Denken können".
Ich fand schon als Schüler und finde noch heute als Vater, dass die Schule einem am besten die Sachen nahebringt, die man freiwillig nicht anrühren würde. Das Entdecken von aus klassischer Sicht grässlicher neuer Musik, von junger wilder Literatur, von Drogen und Sexualität und weiß der Geier was ist ein emanzipatorischer Akt, den jede Generation ohnehin unternimmt - dafür braucht man keine Schule.
Und ich fand schon als junger Mensch und finde noch heute: Langeweile ist dein Freund. Sie bringt einen auf gute, manchmal auch dumme Ideen. Sprich: Sie fördert die Kreativität.
Lehrer sind dann am besten, wenn sie einen kompetent und mit freundlicher Strenge zum Erwerb von Wissen und Fähigkeiten zwingen, die man zwar später vielleicht einmal braucht, auf deren Erwerb man aber so was von keine Lust hat.
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Sollten Schüler tatsächlich so unmündig sein? Muß man sie zu ihrem Glück zwingen? Und wann werden sie selbständig und in der Lage sein, ein Unternehmen zu führen?
Im Prinzip bin ich nicht so weit von Ihnen entfernt, ich meine auch, daß Schüler heute auch noch in den Abschlußklassen vielfach unmündig sind und man sie "mit freundlicher Strenge" zu ihrem Glück zwingen muß. Aber es SOLLTE nicht so sein.
Es ist traurig, daß selbst die Hochschulen "verkindergarten", also Stoffe kleinschrittig runterbrechen und solange vorkauen, bis es auch der Dümmste begriffen haben könnte. Falscher Weg. So werden wir keine Freigeister bekommen, die irgendwann selbstverantwortlich wichtige und kritische Entscheidungen fällen können.
Solche Freigeister werden aber schon in der Schule geboren, man erkennt sie daran, daß sie sich nicht mit irgendeinem Stoff "abfüttern" lassen wollen, sondern wissen wollen (und zu akzeptieren begehren), WARUM man dieses oder jenes lernen sollte, um die wertvolle Ressource Zeit nicht auf dem Altar unpassender und verschrobener Vorstellungen zu opfern (wie Latein). Und die heutige Schülergeneration hat genauso ihr Recht auf ihre "Negermusik" wie wir damals, als wir nicht einsehen wollten, inwieweit Mozart oder Beethoven in der Lage sein sollten, uns weiterzubringen als die Beatles oder Stones.
Eigenverantwortung muß man früh lernen, und man lernt es eben nicht durch freundlich strenge Besserwisser. Das Streben nach "Wissen warum" von der nicht sehr unterstützenswerten Haltung einer Totalverweigerung aufgrund Bocklosigkeit zu unterscheiden dürfte so schwer nicht fallen.
Zitat von schattenparker im Beitrag #75 Ich war mit Latein hoffnungslos überfordert, weil ich mich (wir hatten es ab der Sexta !!!) immer wieder gefragt habe: WOZU!!
Und das Problem an diesem Satz ist, lieber Schattenparker, ein kleines Wort: Ich. Es beginnt damit, dass Sie aus ihrer Sicht eine Leitlinie für die Allgemeinheit erheben. Ich (um auch mal die eigene Perspektive einzubringen) war von Latein nicht überfordert, eher unterfordert, ich fands stinklanweilig, so stinklangweilig das ich nahezu nix gelernt habe. Aber ich mache auch meinen Präferenzen keine Ableitung für die ganze Welt. Wer sich mit romanischen Sprachen beschäftigt, ebenso wie mit Theologie, Medizin, Geschichte oder auch alten Sprachen, der wird Latein nützlich finden. Das sind eine ganze Menge. Was sich ja auch durchaus im Wahlverhalten der Schüler ausdrückt. Es zwingt Sie ja keiner Latein zu machen, es gehört kaum zu den Pflichtfächern.
Zitat Zu Twitter und Facebook: Natürlich kann man es übertreiben, aber das sind nun mal die Organisationsplattformen, auf denen sich die Jugend trifft
Dann trifft sie sich da eben, die Frage ist doch nur, was es bringen soll. In meiner Zeit hat sich die Jugend in Jugendclubs getroffen oder im Sportverein. Was hat das mit der Schule zu schaffen ? Auch diejenigen, die keinen Jugendclub besucht haben und keinen Sport ausgeübt haben, haben ihre Zeit irgendwie verbracht. Und nicht unbedingt negativ. Insofern sehe ich nicht warum einen das Gesichtsbuch irgendwo weiterbringen sollte. Die Kenntnis von mathematischem Wissen dagegen schon.
Zitat HIV kannten wir damals zum Glück noch nicht, ansonsten war es hier eigentlich nicht gedacht als Aufruf zu zügelloser Promiskuität, sondern angeführt als Beispiel dafür, daß die Lehrer "damals" schon ihre Schüler nicht verstanden haben, warum also heute.
Vielleicht haben sie es schon verstanden, waren aber nicht ihrer Meinung ? Meinen Sie Lehrer, auch Religionslehrer, sind nie jung gewesen ? Wenn man 16 ist, dann ist ein Aufruf zur Enthaltsamkeit sicher schwer aufzunehmen, wenn man dagegen älter wird erkennen manche einen tieferen Sinn darin. Spätestens wenn man eigene Kinder hat und darüber nachdenkt was man denen einmal mitgeben will. Man kann etwas verstehen und dennoch einen Rat geben, nicht unbedingt dem Trieb oder Zeitgeist nachzugeben. Als ich 16 war hatte ich auch sehr grosses Interesse daran mal so verschiedene chemische Substanzen auszuprobieren, heute weiss ich wie dumm das im Einzelnen ist. Ist deswegen jemand, der einem Jugendlichen davon abrät auch jemand, der "den Jugendlichen nicht versteht" ? Oder vielleicht jemand dessen Lebenserfahrung etwas weiter ist ? Jugendliche würden keinen Rat brauchen, wenn sie alles schon wüssten.
Zitat Daß Wissen wichtig ist, will ich nun in keinster Weise bestreiten, Denken können ist aber wichtiger. Auch hier wollte ich keinen Gegensatz konstruieren, sondern eine Prioritätenliste.
Das Problem besteht primär darin, dass man Wissen sehr gut prüfen und vermitteln kann, Denken ist dagegen deutlich schwammiger. Der eine sieht eine Transferleistung bereits als Denken an, der andere nicht. Und gerade bei letzterem ist das Denken dann so gar nicht mehr überprüfbar. Es ist meine Lebenserfahung, dass sich viele auf ihr grossen Denken berufen, deren Wissen mangelhaft ist. Wissen und Denken korreliert aber sehr stark. So gibt es ausgesprochen wenig Menschen, die viel wissen aber nicht denken können und ebenso sehr wenige, die denken können aber nix wissen. Was es dagegen sehr viel gibt sind Menschen, deren Wissensstand sehr niedrig ist, sich aber als sehr klug empfinden (Intelligenz und Denkfähigkeit sind die fairsten aller Talente, jeder glaubt das er genug davon hat). Ebenso aus meiner bescheidenen Lebenserfahrung habe ich mitgenommen, dass viel zu wissen auch sehr gut dem Denken zugute kommt. Es trainiert den Verstand. Und viel zu wissen bedeutet auch viel darüber zu wissen, wie andere mal gedacht haben. Wie man dagegen Denken ohne Wissen trainieren möchte, das finde ich widerum sehr, sehr seltsam.
Zitat Na gut, Wikipedia und Fachbuch war ein wenig provokant, tatsächlich ist aber Wikipedia wohl besser als sein Ruf, ausgesprochene Fehler sind selten.
Ich würde eher sagen, die Regel. In nahezu allen politischen Fachbegriffen kann man die Wikipedia, insbesondere die deutsche, schlicht in der Pfeife rauchen. Und was technische Fachgebiete angeht, so stimmen allenfalls die Grundlagen, wenns in die Tiefe geht, können sich einem schnell die Haare raufen. Ist ja auch kein Wunder. Echte Fachleute haben in aller Regel weder Zeit noch Lust sich mit Leuten zu streiten, deren Verstand kaum für ein Abitur gereicht hat, was übrig bleibt sind Amateure und Dilettanten (wobei ich nix gegen Dilettanten im Allgemeinen habe, es gibt sehr gute). Wikipedia leidet unter einem ganz trivialen Fehler: Wissen ist nicht demokratisch. Wissen ist an Fakten orientiert und nicht daran was die meisten dafür halten.
Zitat Und man hat mit den verschiedensten Verlinkungen ja nun durchaus die Möglichkeit, sich ganz gut in das eine oder andere Fachgebiet einzuarbeiten.
Um Himmels Willen. Durch einen Link ? Man wird nicht zum Fachmann und man arbeitet sich auch nicht in ein Fachgebiet ein, indem man einen Übersichtsartikel liest und das eine oder andere verlinkte Paper (wenns denn überhaupt eins ist, vielfach wird ja auf den grössten Schrott verlinkt). Um wirklich etwas zu wissen, muss man sich ziemlich lange reinlesen. Und zwar in Fachbücher und Fachliteratur. Das wenigste davon wird online und gar kostenfrei angeboten (warum auch ?). Auch Standardwerke wollen bezahlt werden. Fachpublikationen erst recht. Und wenns dann an das richtige Spezialwissen geht dann wird es ganz schnell auch richtig teuer und aufwendig. Mal ganz plakativ: Wenn das die Anforderungen sind, die Sie an ihre Studenten stellen, dann sind die sehr, sehr niedrig. Ich habe in meiner Unizeit bestimmt bei über 100 Prüfungen beigesessen und habe nicht wenige Klausuren gestellt, aber ich kann sagen, nicht in einer wären Sie mit dem Wissen aus Wikipedia und den dort verlinkten Seiten weit gekommen. Nichtmal in Grundstudiumsprüfungen.
Zitat von schattenparker im Beitrag #75Und Shakespeare nicht (und Jane Austen auch nicht), das Englisch ist einfach zu unverständlich
Ich habe beides in der Schule nicht lesen müssen, leider, was ich aber später teilweise nachgeholt habe, insgesamt finde ich die alte englische Literatur eher einfach zu lesen.
Zitat Nicht aber Alt-Englisch (oder worin auch immer Shakespeare geschrieben hat), es gibt doch in der modernen englischen Literatur nicht nur Harry Potter, sondern wohl doch auch den einen oder anderen "schwergewichtigeren" Stoff, wobei ich hier gern zugebe, daß ich Harry Potter mit viel Freude gelesen habe, und zwar auf Englisch.
Gibt es einen modernen englischen Stoff, den alle Schüler mögen würden? Shakespeare hat wenigsten den Vorteil uneingeschränkt den Status Klassiker zu genießen. Lieber Shakespeare lesen müssen als "Bowling for Columbine" gucken müssen. Da hat man wenigstens was fürs Leben.
Zitat Ich war mit Latein hoffnungslos überfordert, weil ich mich (wir hatten es ab der Sexta !!!) immer wieder gefragt habe: WOZU!! Was bringen 70 Seiten (oder so) unregelmäßige Verben, wenn man sie NIE brauchen wird (meine Intention, dereinst katholischer Priester zu werden, war schon damals nicht sehr ausgeprägt).
Der Sextaner kann nicht beurteilen, was er mal braucht. Dafür hat ein 10-Jähriger zuwenig Einsicht in die Weltläufte, und in die Zukunft kann man eh nicht schauen. Auch wenn man nicht katholischer Priester wird, gibt es bis heute eine Reihe von Studienfächern, die das LAtinum voraussetzen. Da mag man im Einzelfall streiten, ob das sinnvoll ist, aber da ist das Latinum schlicht die Eintrittskarte.
Und, wie schon gesagt: Die Zahl der Schüler, die Latein freiwillig wählen (denn heute MUSS niemand mehr Latein lernen), hat in den letzten Jahren zugenommen.
Und, auch ich bleibe dabei: Ich habe nie Italienisch und Spanisch gelernt, wohl aber neun Jahre Latein. Das war eine hinreichende Grundlage, um im Studium zwei oder drei Artikel / Kapitel aus ital. und span. Veröffentlichungen, die ich unbedingt brauchte, halbwegs für mich zu erschließen. Und beim Urlaub in Italien und Spanien war Latein auch sehr hilfreich.
Zitat Zu Twitter und Facebook: Natürlich kann man es übertreiben, aber das sind nun mal die Organisationsplattformen, auf denen sich die Jugend trifft
Ja und? Trotzdem braucht es keinen Grundkurs in Twittern und Facebooken, da kriegen die Jugendlichen schon selbst hin. Telefonieren war ja auch kein Unterrichtsfach.
Zitat Schüler sind damit jedenfalls wohl weniger zu motivieren, als wenn man Truman Capote, Hemingway (nicht nur immer die Nick Adam-Stories) oder John Steinbeck auf dem Programm hat.
Na ja, im Deutschunterricht Kl. 10 habe ich vor ein paar JAhren mehrere Dramen des 20. Jahrhunderts zur Wahl gestellt - die Klasse hat sich mehrheitlich und gegen meine Intention für Shakespeare, Romeo und Julia, entschieden. Wie gesagt, war nicht meine Idee; die Klasse war der Ansicht, das "müsse man kennen".
Zitat Solche Freigeister werden aber schon in der Schule geboren, man erkennt sie daran, daß sie sich nicht mit irgendeinem Stoff "abfüttern" lassen wollen, sondern wissen wollen (und zu akzeptieren begehren), WARUM man dieses oder jenes lernen sollte, um die wertvolle Ressource Zeit nicht auf dem Altar unpassender und verschrobener Vorstellungen zu opfern (wie Latein).
Wo ist das Problem? Das ist das gute Recht von Schülern zu erfahren, warum sie etwas machen sollen. - Und Sie persönlich mögen Latein für unpassend und verschroben halten. Das ist Ihr gutes Recht, sollten Sie aber nicht so verallgemeinern. - Offensichtlich gibt es viele Schüler, die freiwillig Latein wählen und dies offenbar für sinnvoll halten.
Zitat Und die heutige Schülergeneration hat genauso ihr Recht auf ihre "Negermusik" wie wir damals, als wir nicht einsehen wollten, inwieweit Mozart oder Beethoven in der Lage sein sollten, uns weiterzubringen als die Beatles oder Stones.
Ja, natürlich dürfen die Jugendlichen hören, was sie wollen. Aber das schließt eine Beschäftigung mit Mozart und Beethoven nicht aus. Im übrigen wollen die Schüler das auch und stellen dann auch - wenigstens in Oebrstufe - fest, dass manche moderne Musik nett und cool und was-weiß-ich ist, dass aber Mozart und Beethoven in einer anderen Liga spielen.
Zitat von Gansguoter im Beitrag #81 Offensichtlich gibt es viele Schüler, die freiwillig Latein wählen und dies offenbar für sinnvoll halten.
Lieber Gansgouter, wie kommen Sie darauf?
Ich hatte auch Latein gewählt, aber nie gemocht, fand es anstrengend, war nie gut darin, habe mir jahrelang gegen mein Bauchgefühl eingeredet und einreden lassen es würde mir irgendwie irgendetwas bringen und weiß jetzt im Rückblick, was ich eigentlich schon immer gewusst habe: Nein, tut es nicht.
Ach so, warum ich Latein gewählt habe, fragen Sie? Weil die Alternative - Französisch - mir noch grässlicher vor kam. Wäre es wohl auch geworden. Hätte mir aber wenigstens was praktisches gebracht.
Der Hauptgrund aber war, dass Latein in einigen Studiengängen eine formale Voraussetzung ist und ich mir damals (als 10-jähriger) den Zugang sichern wollte. Heute braucht man für ein Jurastudium nicht mehr in allen Ländern das Latinum als formale Voraussetzung. Inhaltlich hat man es nie wirklich gebraucht, die paar lateinischen Phrasen kann man sich auch bei Bedarf später merken.
Wofür braucht man Latein nicht nur formal, sondern auch inhaltlich? Medizin eher nicht, da gilt das gleiche wie für Jura. Viele formale Voraussetzungen versucht man zu rationalisieren, aber eigentlich werden sie nur verteidigt, weil etwas ja schon immer so war und man selber musste ja auch durch, also muss der Aufwand doch irgend einen Sinn gegeben haben.
Sprachen? Da kann man auch gleich eine lebende Sprache lernen, die einen bei verwandten lebenden Sprachen hilft, aber auch für sich selber schon praktischen Nutzen hat.
Was bleibt? Theologie. Da ich für die Trennung von Religion und Staat bin sehe ich hier keine Rechtfertigung für einen staatlichen Bildungsauftrag.
Bleiben Studienfächer mit historischem Bezug. Geschichte, aber auch die Spezialfälle wie Rechtsgeschichte und Sprachentwicklung/Sprachgeschichte, Archäologie, etc...
Und natürlich Latein selber. Wie jedes Wissen, auch exotisches Wissen mit wenig Anwendungsbezug in der heutigen Welt, hat es natürlich einen Wert an sich es zu erhalten, auch für den Fall, dass die Gesellschaft es irgendwann mal braucht oder brauchen kann. Dazu muss es aber nicht die breite Masse können, auch nicht die breite Masse der Gymnasiasten, auch nicht die Breite Masse der Abiturienten, auch nicht die breite Masse der Studenten im allgemeinen, es reicht wenn sich die Wenigen (bei einem 80 Millionen Volk aber damit immer noch zahlreichen), die ein intrinsisches Interesse haben, mit dem Thema ausführlich beschäftigen (können). Altaramäisch ist schließlich auch kein verbreitetes Abiturfach. Swahili auch nicht und hier handelt es sich immerhin noch um eine lebendige Sprache mit Muttersprachlern. Nicht einmal Altgriechisch ist verbreitet und für Sprachwissenschaftler und Theologen, zumindest christliche Theologen, nicht minder interessant als Latein. Doch auch Hebräisch kann ich mehr nutzen abgewinnen und Althebräisch sollte für Theologen ebenfalls interessant sein.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not." -Thomas Jefferson Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/
Nochmal zu Wikipedia: ich halte es für außerordentlich nützlich, insbesondere die Verlinkung von vielen Artikeln untereinander, was nicht "einen" Link darstellt, sondern eben eine ganze Suborganisation von Wissen - mit der richtigen Gliederung (den richtigen Fragen) kann man ganz schön weit kommen.
Uns hier allerdings zu unterstellen, wir betrieben Hochschulausbildung auf der Grundlage von Wikipedia, ist nachgerade infam. Es war von Schule die Rede, und da sind die Fachbücher nun mal nicht ganz so anspruchsvoll, daß sie Wikipedia-Niveau inklusive Verlinkungen auf weitere Fachliteratur weit hinter sich ließen. Daß übrigens gute und auch sehr anspruchsvolle Fachliteratur nicht im Netz zu finden wäre, ist schlicht falsch, ich habe zu mehreren Themen jeweils ein halbes Dutzend Vorlesungen von Kollegen, die ich frei zu den entsprechenden Stichworten herunterladen konnte. Ich biete auf meiner Homepage ähnliches an.
Zu den politischen Inhalten von Wikipedia kann ich nichts sagen, dazu verwende ich es nicht.
Mal ganz plakativ: Es drängt sich mir der Verdacht auf, Sie wollten mich bewußt mißverstehen: Auch die Einleitung Ihres Beitrages ist von dieser Art:
Zitat
Und das Problem an diesem Satz ist, lieber Schattenparker, ein kleines Wort: Ich. Es beginnt damit, dass Sie aus ihrer Sicht eine Leitlinie für die Allgemeinheit erheben.
Zitat Ende
Ich habe vermutlich nicht als einziger gefragt, wozu diese unsägliche Zeitverschwendung namens Latein dienen soll (siehe auch den Beitrag von Techniknörgler weiter oben). Und ich bin nicht hier, um - wie Sie dies anscheinend unterstellen - frühkindliche Traumata abzuarbeiten à la: Als ich mal ganz allein im tiefen Wald war, begegnete mir ein böser Wolf namens Latein. Ich bin hier, um über Sinn und Verstand einzelner Aspekte unserer Gesellschaft zu diskutieren, oder, wie Zettel es sinngemäß in seinem mission-statement für das Forum formuliert hat, vernünftige Gedanken mit anderen vernünftigen Leuten zu teilen.
Die müssen nicht meiner Meinung sein, aber sie sollten auch nicht boshaft sein.
Formulierungen der Art "ich finde" ,"ich meine", "ich halte für richtig..." sind dabei vollständig OK, da sie ja nun genau als Meinung gekennzeichnet sind und nicht als Nachricht oder Wiedergabe einer wissenschaftlichen Erkenntnis. Und natürlich meine ich, daß sie nicht nur für mich gelten, sondern zumindest für den einen oder anderen Vernünftigen ebenfalls erwägenswert sein könnten.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #82 Ach so, warum ich Latein gewählt habe, fragen Sie? Weil die Alternative - Französisch - mir noch grässlicher vor kam. Wäre es wohl auch geworden. Hätte mir aber wenigstens was praktisches gebracht.
Der praktische Nutzen von Französisch ist aber auch eher begrenzt. Ich halte es für skandalös, dass bis heute weithin Französisch als zweite Fremdsprache am Gymnasium forciert wird, anstatt eine deutlich weiter verbreitete (und damit nützliche) Sprache wie Spanisch oder vielleicht sogar Portugiesisch.
Wobei es meines Erachtens deutlich sinnvoller wäre, stärker in den Englischunterricht zu investieren, als eine zweite Fremdsprache vorzuschreiben.
Wie kommen Sie auf Portugiesisch? Wegen Brasilien, Cap Verden oder Angola?
Ich finde Französisch in der Schule sehr sinnvoll, weil Frankreich eines unserer unmittelbaren Nachbarländer ist, wir umfangreichen Handel mit ihm treiben und wir mit Arte sogar einen Fernsehsender haben, auf dem man lebendigem Französisch zuhören kann.
Daß Spanisch allerdings noch sinnvoller ist, will ich nicht bestreiten.
Zitat von stefanolix im Beitrag #73 Wenn Sie, werter Herr Hausmann, mit einem Bildungsauftrag unterwegs sind, dann nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass wir hier keine unflätigen Ausdrücke akzeptieren.
Danke für den Hinweis, werter stefanolix!
Wobei ich den inkriminierten Ausdruck eher als oberflächlich bezeichnen würde: Die heutigen Zustände, das staunenswerte Absacken der mathematischen Bildung zum Beispiel, bedürften weiterer Untersuchungen.
Zweitens empfinde ich keinen Bildungsauftrag. Es ist mehr die schlechte (oder skeptische?) Angewohnheit, bei bestimmten Aussagen oder Begriffen etwas genauer hinzusehen.
mfG
-------------------------------------------------------- Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel
Weil ich beruflich damit zu habe und gerade jetzt mit den Kurswahlen von 120 Schülern für die nächste Klasse 8 beschäftigt war: 30 x Latein; 45 x Italienisch, 45 x Informatik. ES gibt also die Alternative "Moderne Fremdsprache" und "Technikfach". Und kommen Sie jetzt nicht mit "kleines Übel" wählen. Wer keines dieser drei Fächer will, der ist möglicherweise falsch an einer Schule, die zur allgemeinen Hochschulreife führt.
Zitat Altaramäisch ist schließlich auch kein verbreitetes Abiturfach.
Weil Altaramäisch in unserer Kultur auch eine geringere Rolle spielt als Latein. Wer sich vertieft mit einer Geisteswissenschaft beschäftigen will, kommt an Latein nicht vorbei. Und darüber hinaus ist möglicherweise auch ganz grundsätzlich die Beschäftigung mit einem auch abstrakten Gegenstand für die allgemeine Bildung und Denkfähigkeit ganz sinnvoll.
Sehr viele Abiturienten haben nach dem Abitur auch mit Mathematik nur noch so weit zu tun, dass sie das Rückgeld vom Einkauf prüfen müssen und irgendwann mal die Raten fürs Auto auf Ableistbarkeit gegenrechnen müssen. Ich hatte mit Kurvendiskussion und Beweisen nach dem Abitur genau keinen Tag mehr zu tun, mit der Berechnung irgendwelcher rotierender Körper nicht und mit Vektoren und Logarithmen und so weiter auch nicht. Trotzdem halte ich es für sehr richtig, dass jeder Abiturient bis zum Abitur am Mathematikunterricht teilnimmt.
Zitat von Gansguoter im Beitrag #81Zitat: Offensichtlich gibt es viele Schüler, die freiwillig Latein wählen und dies offenbar für sinnvoll halten.
Aus Zeitgründen kann ich mich nicht so an diesem Thema beteiligen, wie ich gern würde. 1. Ich habe keine Zahlen dazu, wieviele Schüler freiwillig Latein wählen. In vielen Fällen werden dass die Eltern entscheiden. Meine Kinder mussten sich am Ende der 5. Klasse für eine zweite Sprache entscheiden. Diese Entscheidung ist wesentlich von uns Eltern gefällt worden.
2. Es ist relativ witzlos von freiwilligen Entscheidungen zu sprechen, wenn die eigentliche Präferenz nicht verfügbar ist. Fakt: Die Zeit in der Schule ist begrenzt Fakt: Zuneigung zu einem Fach fördert gute Noten. Gute Noten in einem Fach sind aber noch keine Sicherheit für Nützlichkeit (vom Notendurchschnitt abgesehen) Eine 1 in Musik oder Sport ist gut für den Durchschnitt; aber abseits der wenigen, die wirklich Musik oder Sport studieren (und das sind die wenigsten) sind diese Fächer nicht mehr als ein wenig Grundbildung. Zu Recht werden Deutsch, Mathe, Englisch als Kernfächer genannt.
3. Ich würde, wenn ich die Macht hätte, das Fach Politik/Wirtschaft als Kernfach aufwerten. Mir fehlt ganz klar eine an der FDGO orientierte Bürgerlehre in der Schule. Das ist tausendmal wichtiger als Ernährungslehre (über das Fach Chemie) oder Notenlehre (über das Fach Musik). Das humanistische Bürgerbild vom umfassend gebildeten Gentleman, der Klavierspielen, Faustball und Gedichte beherrscht, ist -mit Verlaub- ein Relikt. Dieses Bild (wenn es das je in der Realität gegeben hat) ist heute nicht mehr anwendbar.
Noch mal: wenn man ein knappes Gut hat (Zeit), dann ist es zwingend richtig, die Verwendung dieses Gutes zu priorisieren. Ich habe nichts gegen Musik oder Sport. Oder gegen Chemie. Oder Religion. Oder eine zweite Fremdsprache. Aber wieviele Schüler benötigen das wirklich... wieviele der Schüler behalten diesen Stoff auch nur einen Tag länger als nötig? Ich will niemanden ärgern: aber ehrlich: kein normaler Bürger, sei er später in der Ausbildung, Lehre oder Studioum, braucht Notenkenntnisse! Das ist völlig verstaubte Denkweise. Und es dient auch nicht zur Charakterbildung, wie viele hier wohl glauben.
Eine Bürgerlehre würde dagegen eigentlich jedem gut tun... MfG Frank
Zitat Ich habe vermutlich nicht als einziger gefragt, wozu diese unsägliche Zeitverschwendung namens Latein dienen soll
Wenn Sie so kommen, dann wiederhole ich: Zu dieser unsäglichen Zeitverschwendung wird ja niemand mehr gezwungen (die Schüler an einem der wenigen altsprachlichen Gymnasien ausgenommen, aber auch die könnten auch ein anderes Gymnasium besuchen). Also: Worüber regen Sie sich so auf? Dass es Menschen, Schüler gar oder deren Eltern gibt, die es für sinnvoll erachten, Latein zu lernen?
Eine unsägliche Zeitverschwendung war für mich übrigens der Sportunterricht, dem niemand entgegen kann; eine ähnlich unsägliche Zeitverschwendung war ein unqualifizierter Sowi-Unterricht.
Und mit Mathematik und Chemie hatte ich nach dem Abitur auch nix mehr zu tun. Wenn ich danach gehe, was ich vom Schulunterricht nachher noch mal gebraucht habe, müsste ich Vieles als Zeitverschwendung bezeichnen. Ich ziehe es allerdings vor, Mathematik, Chemie, Physik und mich damit zumindest mal einige Jahre beschäftigt zu haben als Teil einer umfassenden Allgemeinbildung zu betrachten.
Zitat Ich habe nichts gegen Musik oder Sport. Oder gegen Chemie. Oder Religion. Oder eine zweite Fremdsprache. Aber wieviele Schüler benötigen das wirklich... wieviele der Schüler behalten diesen Stoff auch nur einen Tag länger als nötig? Ich will niemanden ärgern: aber ehrlich: kein normaler Bürger, sei er später in der Ausbildung, Lehre oder Studioum, braucht Notenkenntnisse!
Ich glaube, hier werden verschiedene Dinge in einen Topf geworfen. - Chemie etwa halte ich wie alle Naturwissenschaften für außerordentlich wichtig in der heutigen Welt, wenn immer gejammert wird, dass es zuwenige Absolventen der naturwissenschaftlich-technischen Studiengänge gibt.
Über Musik kann man in der Tat streiten, wobei das Erlernen der Noten ja ziemlich pillepalle ist und nicht sonderlich viel Zeit benötigt. Und zum Weihnachtsliedersingen und dergleichen ist es ja schon ganz praktisch, wenn man das ein bisschen kann. Aber ansonsten gilt, dass Musikunterricht, wenn ich es recht sehe, nur für 5 bis 7 obligatorisch ist und dann auch durch Kunst ersetzt werden kann. Gut, dann schließt sich die Frage nach dem Sinn von Kunst an.
Religion oder PP erscheint mir wieder nicht ganz blöd, wenn man der Ansicht ist, dass zu einem mündigen Bürger auch eine grundlegende Moral- und Wertvorstellung gehören sollte oder wenigstens die Fähigkeit, ein Problem nicht nur wirtschaftlich nach Kosten und Nutzen zu betrachten, sondern auch immaterielle Aspekte zu berücksichtigen.
Und wie schon geschrieben: Aufgabe der Schule, die zur allgemeinen Hochschulreife führt - nicht zu einer fachbezogenen - ist ja gerade nicht die Vermittlung nur von technisch-verwertbaren Kenntnissen (dafür war von der Idee vor 100 Jahren die Realschule gedacht, wo die Realien gelehrt werden), sondern das Gymnasium steht für ein Bildungsideal, das über das unmittelbar Verwertbare hinausgeht.
Zitat von GansgouterUnd wie schon geschrieben: Aufgabe der Schule, die zur allgemeinen Hochschulreife führt - nicht zu einer fachbezogenen - ist ja gerade nicht die Vermittlung nur von technisch-verwertbaren Kenntnissen (dafür war von der Idee vor 100 Jahren die Realschule gedacht, wo die Realien gelehrt werden), sondern das Gymnasium steht für ein Bildungsideal, das über das unmittelbar Verwertbare hinausgeht.
Muß man sinnvollerweise nicht ohnehin zwischen formaler und inhaltlicher Bildung unterscheiden? Ich will mein Latinum nicht missen, weniger um es heute noch lesen oder gar sprechen zu können (kann ich beides nicht mehr), sondern weil ich mit Latein das Erlernen einer sehr formalen Sprache verbinde, es wird also eher ein bestimmtes Denken und regelhaftes Erfassen geschult. Im Studium hatte ich sieben von neun Semestern Regelstudienzeit Statistik/Stochastik/Versuchsplanung/Testtheorie, wovon klar war, daß die meisten das inhaltlich nicht mehr brauchen würden. An formaler Bildung war es dagegen enorm wichtig, das Konzept des Hypothesentestens i. S. Kritisch-rationalen Prüfens und Denkens hat mich nachhaltig geprägt.
Was "braucht" ein Schüler heutzutage wirklich? Meines Erachtens nur drei Fächer: Mathematik, Deutsch, Englisch. Mehr nicht. Wer das meistert, wird oberflächlich die meisten Anforderungen in diesem Leben meistern können.Darüber hinaus gibt es Fächer, die sich je nach späterer Berufswahl als nützlich erweisen könnten: Naturwissenschaften, zweite Fremdsprache, irgendwas Sozialwissenschaftliches.
Aber sehen wir "Bildung" wirklich nur so funktional? Wäre nicht, unabhängig von der Berufswahl, mindestens eine Naturwissenschaft, idealerweise vielleicht Physik, nötig, um einem Schüler die Denkart beizubringen, die dort gepflegt wird? Wäre nicht andererseits auch irgendein Unterricht vonnöten, der die urmenschlichen Fragen nach dem Woher, Warum, Wohin wenn nicht beantwortet, dann doch aber die vielen Wege zeigt, auf denen man sich diesen Fragen nähern kann? Und müsste die Schule nicht dem Rechnung tragen, dass der Mensch auch Bewegungs- und Körpergefühl braucht, und somit so etwas wie Sport anbieten? Und könnte nicht eine zweite Fremdsprache, wozu durchaus auch Latein gehören dürfte, aber warum nicht auch eine slawische Sprache oder sogar Türkisch, dem jungen Menschen nahebringen, dass Sprache ein von Grund auf komplexes Gebilde sein kann, in dem vieles anders funktioniert, als man es vom vordergründig einfachen Englisch gewohnt ist?
Ich glaube hingegen nicht, dass wir sowas wie "Bürgerkunde" brauchen. Die Einnordung der Heranwachsenden überlassen wir lieber den Diktaturen. Wer sich für solche Fragen interessiert, wird dabei als Jugendlicher eh seine eigenen Wege gehen.Was Schule hier vielleicht bieten könnte, wäre ein Forum, eine Art neutraler Platz, wo sich die unterschiedlichen Suchenden austauschen könnten.
Der Spagat kann doch nur liegen zwischen "Neugier befriedigen" und "Überfütterung vermeiden". Was jenseits dieser Grenzen liegt, wird eh nix. Just my 2 Euro-Cents.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von schattenparker im Beitrag #83Mal ganz plakativ: Es drängt sich mir der Verdacht auf, Sie wollten mich bewußt mißverstehen: Auch die Einleitung Ihres Beitrages ist von dieser Art: [...]
Lieber Schattenparker,
wenn Sie keine Verbindung zu dem Kommentar herstellen auf den Sie antworten, bleibt völlig unklar mit wem Sie reden. Die meisten lesen hier in der Flat-Ansicht, da geht ein Kommentar wie Ihrer in bezuglosem weißen Rauschen unter. Sie können dann nur von Glück reden, wenn ihr Adressat ebenfalls den Threaded-Modus bevorzugt. Sonst sieht der weder seinen Namen, noch den Bezug zu seinem eigenen Kommentar.
Wie man hier sehr einfach und gut nachvollziehbar verknüpfen/zitieren kann, hat Zettel unter Punkt 6.5 im Manual zur Handhabung des Forums beschrieben. Dies ist auch als Bitte an die anderen Foristen gerichtet. In letzter Zeit ist das zitatlose Kommentieren wieder verstärkt eingerissen, was es für den Leser nicht unbedingt einfacher macht. Ich möchte auch die altgedienten Zimmerleute darum bitte, hier wieder etwas mehr Sorgfalt walten zu lassen. Es ist wirklich nicht nur ein Spleen Zettels gewesen hierauf zu achten, es strukturiert die Kommunikation einfach viel besser.
Und ganz ehrlich, so schwer ist der Klick auf "diesen Beitrag zitieren" doch nun wirklich nicht, oder?
Danke, Calimero
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von Gansguoter im Beitrag #87Sehr viele Abiturienten haben nach dem Abitur auch mit Mathematik nur noch so weit zu tun, dass sie das Rückgeld vom Einkauf prüfen müssen und irgendwann mal die Raten fürs Auto auf Ableistbarkeit gegenrechnen müssen. Ich hatte mit Kurvendiskussion und Beweisen nach dem Abitur genau keinen Tag mehr zu tun, mit der Berechnung irgendwelcher rotierender Körper nicht und mit Vektoren und Logarithmen und so weiter auch nicht. Trotzdem halte ich es für sehr richtig, dass jeder Abiturient bis zum Abitur am Mathematikunterricht teilnimmt.
Darf ich diesen Hinweis nochmal unterstreichen, lieber Gansgouter?
Es geht bei der Mathematik meines Erachtens weniger um bestimmte Inhalte; Integralrechnung, Vektoren, Logarithmen, was weiß ich, könnten von jetzt auf gleich ersatzlos gestrichen werden; irrelevant *). Die, inzwischen jahrtausendealte, Erfahrung sagt uns jedoch, daß genau diese, und nur diese Wissenschaft mit ihrer extrem sachlich / rational / unpersönlichen Schärfe des sine ira et studio für das zivilisatorische Fortkommen einer Gesellschaft unersetzbar ist.
Stellen Sie spaßenshalber mal einem angehenden Abiturienten eine schlichte Frage zur Prozentrechnung; die Ermittlung des Grundwertes meinetwegen. Oder fragen Sie ihn, wie eine (klassischer) Fahrraddynamo funktioniert, oder ob sich die Erde links- oder rechtsherum dreht.
Natürlich werden wenige von ihnen Mathematiker, auch nicht Berufssportler. Trotzdem darf man den bildungs- und erlebnishungrigen Kindern weder Sport noch Mathematik vorenthalten; genausowenig natürlich Möglichkeiten zum Erlernen chinesischer Sprachen, der Biotechnologie, Kirchenmalerei, Kernphysik, Nanotechnologie, Raumfahrt usw. usf.
Nochmal die Bitte an eventuell hier mitlesende Eltern oder Großeltern: Behalten Sie die Entwicklung Ihrer Kinder oder Enkel ein klein wenig im Auge. Nicht Mutti Staat - Sie sind verantwortlich.
mfG
*) Das sehen unsere fleißigen Bildungspolitiker natürlich etwas anders.
-------------------------------------------------------- Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel
Zitat von HausmannNochmal die Bitte an eventuell hier mitlesende Eltern oder Großeltern: Behalten Sie die Entwicklung Ihrer Kinder oder Enkel ein klein wenig im Auge. Nicht Mutti Staat - Sie sind verantwortlich.
In der Tat, lieber Hausmann, inzwischen sehen sich Eltern oft eher als Rechtsanwälte ihrer Kinder zur Durchsetzung von Interessen gegenüber Lehrern (z. B. in der Frage der leidigen Schulempfehlungen) und weniger als Mitverantwortliche für den Lernerfolg (oder auch -mißerfolg).
die Anzahl der Schüler, die dieses Fach wählen, ist eher weniger von Bedeutung bei der Beurteilung der Relevanz des Faches. Dieses sollten Argumente für oder gegen das Fach leisten.
Diese Argumente "für" sind: (1) Mit Latein erhält man einen besseren Zugang zu anderen Sprachen. Im Prinzip richtig. Als Exklusivargument aber nachweislich falsch. Französisch, Spanisch oder Italienisch funktionieren genauso gut.
(2) Latein ist Voraussetzung für viele Studienfächer. Ich kann mich hier den Ausführungen von Techniknörgler weiter oben anschließen, heißt, für Leute, die sich auf das christliche Priesteramt vorbereiten sowie für Historiker und Altsprachler ist das relevanter Inhalt. Umfaßt etwa 1 Promille der Bevölkerung. Unis, die es für andere Fäacher voraussetzen, sollten nochmal nachdenken.
(3) Latein erzieht zur Logik, es ist eine regelgeleitete und präzise Sprache. Tausende unregelmäßiger Verben sprechen dagegen. Jede Computersprache erzieht stärker zu Logik.
Zitat von schattenparker im Beitrag #83 Nochmal zu Wikipedia: ich halte es für außerordentlich nützlich, insbesondere die Verlinkung von vielen Artikeln untereinander, was nicht "einen" Link darstellt, sondern eben eine ganze Suborganisation von Wissen - mit der richtigen Gliederung (den richtigen Fragen) kann man ganz schön weit kommen.
Klar ist das nützlich, es hat ja seinen Grund warum Hyperlinks sich durchgesetzt haben und warum ein elektronisches Dokument gewisse Vorteile gegenüber Druckwerken hat. Aber das ändert nix an der Schwäche der Wikipedia. Ich denke nicht das man weit damit kommt. Man wähnt sich vielleicht weit. Und das ist sogar noch viel schlimmer als sich darüber bewusst zu sein, dass man nicht weit ist. Sie selber haben die steile These aufgebracht mit der Wikipedia könne man sich in ein Fachgebiet einarbeiten. Und das ist falsch, wie sich durchaus an diversen Themen zeigen lässt. Es sei denn wir betrachten simple Dinge wie vielleicht den Dreisatz als ein Fachgebiet, was Sie sicher nicht sagen wollten.
Zitat Uns hier allerdings zu unterstellen, wir betrieben Hochschulausbildung auf der Grundlage von Wikipedia, ist nachgerade infam.
Zumindest stellen Sie doch ihre Hochschulbildung mit der Wikipedia gleich, wenn Sie behaupten man könne sich damit in ein Fachgebiet einarbeiten. Ich würde tatsächlich erwarten, dass Sie ihren Studenten ein Fachgebiet näherbringen. Und damit eine ganze Menge Wissen, dass diese niemals in der Wikipedia finden werden. Wenn Sie aber darauf inistieren, dass man sich durch die Wikipedia in ein Fachgebiet einarbeiten könne, dann entwerten Sie den Wert einer tatsächlichen Einführung in ein Fachgebiet.
Zitat Daß übrigens gute und auch sehr anspruchsvolle Fachliteratur nicht im Netz zu finden wäre, ist schlicht falsch, ich habe zu mehreren Themen jeweils ein halbes Dutzend Vorlesungen von Kollegen, die ich frei zu den entsprechenden Stichworten herunterladen konnte.
Und ich gebe Ihnen zwei Dutzend zurück. Das ist doch nicht viel. In meinem Fachgebiet (und ich vermute das liegt ihrem recht nahe) gibt es Dutzende von Vorlesungen im Netz. Und Aberdutzende von Papern, die man frei runterladen kann. Mit sehr unterschiedlicher Qualität. Dem stehen aber Hunderte von Büchern und Tausende von Papern gegenübern, die eben nicht frei verfügbar sind. Dazu kommen kostenbehaftete Fachvorträge wie Sie zu hunderten, wenn nicht tausenden im Jahr gehalten werden. Das sind alles Quellen die der Wikipedia nie zur Verfügung stehen. Warum unterhalten Hochschulen für Millionen von Euro Bibliotheken, warum bezahlen sie tausende von Euro im Jahr an die Fachverlage, damit man Papers abrufen kann, warum zahlen Studenten in ihrer Ausbildung vierstellige Summen für Fachliteratur, warum kostet der Besuch von Konferenzen hunderte, wenn nicht tausende von Euro ? Weil Wissen eben nicht umsonst ist. Natürlich gibt es einiges online zu finden. Und auch Idealisten die lieber ihre Buch online stellen statt damit Geld zu verdienen. Aber wieviele sind das ? Und wie weit kommt man, wenn man sich auf diese beschränkt ? Ich habe eine Bücherwand Fachbücher hinter mir. Und ich bin ganz froh, dass ich die habe. Denn das Wissen, dass sich dort befindet, ist mir direkt verfügbar. Die Wikipedia leistet das nicht. Und google nebenbei auch nicht.
Zitat Mal ganz plakativ: Es drängt sich mir der Verdacht auf, Sie wollten mich bewußt mißverstehen: Auch die Einleitung Ihres Beitrages ist von dieser Art:
Zitat Und das Problem an diesem Satz ist, lieber Schattenparker, ein kleines Wort: Ich. Es beginnt damit, dass Sie aus ihrer Sicht eine Leitlinie für die Allgemeinheit erheben.
Ich habe vermutlich nicht als einziger gefragt, wozu diese unsägliche Zeitverschwendung namens Latein dienen soll (siehe auch den Beitrag von Techniknörgler weiter oben).
Möglich. Und sogar wahrscheinlich. Aber Sie tragen ihre Sicht als einzig richtige im pluralis majestatis vor. Für Sie war Latein Zeitverschwendung. Für mich auch. Aber das ist unser beider Sicht. Es ist nicht die allgemeine und es ist vor allem nicht die allgemein gültige.
Zitat Die müssen nicht meiner Meinung sein, aber sie sollten auch nicht boshaft sein.
Ich bitte Sie, lieber Schattenparker, das war doch nicht boshaft. Ich bin tatsächlich nicht ihrer Meinung (jedenfalls nicht in den Punkten, über die wir hier reden). Aber Sie setzen sich selber dem Widerspruch aus, indem Sie die Dinge auf sich beziehen. Aber ich denke diese Metadiskussion führt zu nix, seien Sie versichert, dass ich Ihnen nichts will.
Zitat (2) Latein ist Voraussetzung für viele Studienfächer. Ich kann mich hier den Ausführungen von Techniknörgler weiter oben anschließen, heißt, für Leute, die sich auf das christliche Priesteramt vorbereiten sowie für Historiker und Altsprachler ist das relevanter Inhalt. Umfaßt etwa 1 Promille der Bevölkerung. Unis, die es für andere Fäacher voraussetzen, sollten nochmal nachdenken.
Die Frage "Für welchen Beruf ist das relevant" ist schlicht und einfach falsch gestellt. An dieser Frage scheitern auch viele andere Fächer. Wofür Literaturunterricht? Wofür Musik, Kunst, höhere Mathematik und so weiter? Ist auch für nur wenige Prozent der Bevölkerung auf dem Oberstufenniveau relevant. Also: Reden Sie so auch über Mathematik?
Und: Für die geisteswissenschaft. und hist. Fächer braucht man gewisse Lateinkenntnisse, sobald man ein bestimmtes Anforderungsniveau erreichen will. DAs ist keine Schikane, sondern Fakt.
Zitat (3) Latein erzieht zur Logik, es ist eine regelgeleitete und präzise Sprache. Tausende unregelmäßiger Verben sprechen dagegen.
Es sind nicht "tausende" unregelmäßiger Verben, sondern einige Dutzend oder vielleicht der niedrige dreistellige Bereich. Die unregelmäßigen Verben sind im übrigen genausowenig unregelmäßig wie die "unregelmäßigen" Verben im Deutschen, die ebenso der Logik der Ablautstufen folgen.
Was das Lateinische ausmacht, ist auch weniger die Verbalflexion, sondern die ungeheure Exaktheit in der Formulierung komplexer Zusammenhänge, der Satzbau und die Satzlogik.
Zitat von Rayson im Beitrag #92 ...Ich glaube hingegen nicht, dass wir sowas wie "Bürgerkunde" brauchen. Die Einnordung der Heranwachsenden überlassen wir lieber den Diktaturen. Wer sich für solche Fragen interessiert, wird dabei als Jugendlicher eh seine eigenen Wege gehen.
Dieses Argument passt doch für Musik, Kunst, Sport und Erdkunde viel besser. Wenn Sie aber davon ausgehen, dass es in Musik nicht darum geht, dem Jugendlichen einen bestimmten Musikgeschmack mit Gewalt aufzuzwingen - wieso gehen Sie bei Politik/Wirtschaft automatisch davon aus, dass es darum geht eine bestimmte Meinung/Ideologie aufzuzwingen? Nein, statt dessen geht es um fehlendes Basiswissen, was dazu führt, dass viele Menschen kaum noch in der Lage sind, selbstbestimmt am gesellschaftlichen und politischen Mitzuwirken. Und das ist -wenn es sehr viele betrifft- tatsächlich ein Problem. Denn Demokratie funktioniert n ur, und das sollten wir hier alle wissen, wenn man das Prinzip des mündigen Bürgers unterstellt. Ohne dieses Ideal kann man auch eine kanibalistische Satanssekte demokratisch organisieren.
Das Fach Politik/Wirtschaft würde sachliches Grundwissen liefern, dass heute vielfach nicht vorhanden ist. Was eigentlich Geld ist. Wie Kredit und Zins funktioniert. Was Marktwirtschaft ist. Was Kommunismus ist. Wie unser Grundgesetz aufgebaut ist und unsere politischen Institutionen. Welche Staatsgewalten bei uns existieren. Medienkritik. Und so weiter.
Aber abseits der Frage zur Bürgerlehre, oder wie immer man das nennen will: ich finde tatsächlich, dass wir erheblich mehr Priorität für MINT-Fächer brauchen. Mehr Zeit pro Fach, mehr Wahlfächer.
Zitat von Gansguoter im Beitrag #98 Was das Lateinische ausmacht, ist auch weniger die Verbalflexion, sondern die ungeheure Exaktheit in der Formulierung komplexer Zusammenhänge, der Satzbau und die Satzlogik.
Das mag für Sie zutreffen, werter Gansquoter. Und für den ein oder anderen auch, die hier eine Lanze für Latein brechen. Aber auf mich wirkt das sehr theoretisch. Ich kann Ihre Begeisterung für Latein und Ihre Argumente mit der Realität nicht in Übereinstimmung bringen. An unserem Gymnasium haben fast aussschließlich die Eltern entschieden, ob Französisch oder Latein gewählt wird. Die Kinder waren mit 10 Jahren schlicht zu jung. Eine andere Option außer Latein oder Französisch gab es nicht. Und die Eltern, die sich für Latein entschieden haben, haben das hauptsächlich aus einem Grund getan: weil die Eltern glaubten, dass es für die Kinder weniger Arbeit und Stress bedeutet.
Und die Kinder? Die interessieren sich Null für Exaktheit oder komplexe Zusammenhänge und ich habe auch noch keinen Schüler getroffen, der davon etwas bemerken würde. Die interessiert nur, dass sie im nächsten Vokabeltest gut abschneiden, die Klausen einigermaßen hinter sich bringen und das Fach so schnell wie möglich wieder loswerden können. Ich habe selbst vier Jahre Latein gemacht und kann mich Ihrer Begeisterung der Kollateralnutzen auch nicht anschließen. Ich habe von Latein nichts behalten und auch nicht bemerkt, dass ich da irgendwelche Sekundärtugenden gelernt hätte, die mir an anderer Stelle genutzt hätten.
Am schwierigsten finde ich das Argument, man sollte Latein lernen, um in anderen Sprachen Vorteile zu haben. Da scheint es mir, es wäre doch immer noch effizienter, die Zeit (wir erinnern uns: knappes Gut) direkt in die entsprechende Sprache zu stecken. Ich kann wirklich nicht -und das meine ich ehrlich- glauben, jemand würde besser Französisch lernen, wenn er drei Jahre Französisch und drei Jahre Latein hatte, als wenn er direkt sechs Jahre Französisch gehabt hätte. Dieses "indirekte Lernen" ist für mich nicht schlüssig.
Aber ich akzeptiere natürlich auch Ihre Meinung. Herzlich Frank
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