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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 174 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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schattenparker Offline



Beiträge: 150

07.04.2013 22:46
#101 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat Gansguoter

Reden Sie so auch über Mathematik?

Zitat Ende


Aber nein! Mathematik ist völlig unverzichtbar, mit das wichtigste Fach in der Schule. Da lernt man wirklich Logik.
Ebenso halte ich Deutsch für unverzichtbar. Oder Englisch. Oder Physik. Um mal die "Unverzichtbarsten" zu nennen.

Auch Geschichte und Französisch (Spanisch) halte ich für wichtig, ebenso eine Grundausbildung im Bereich Wirtschaft.
Philosophie ist ebenfalls wichtig. Und natürlich Chemie. Viele Hysterien bezüglich irgendwelcher angeblicher Umweltskandale hätte es nicht gegeben, wenn die Leute eine vernünftige Grundausbildung in Chemie hätten. Dito Biologie.

Tatsächlich halte ich die meisten Fächer für wichtig, und die hier nicht genannten eignen sich zumindest zum Ausruhen.

Eigentlich spreche ich nur einem einzigen Fach jegliche Existenzberechtigung ab.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

07.04.2013 23:45
#102 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #87

Zitat
Lieber Gansgouter,
wie kommen Sie darauf?


Weil ich beruflich damit zu habe und gerade jetzt mit den Kurswahlen von 120 Schülern für die nächste Klasse 8 beschäftigt war: 30 x Latein; 45 x Italienisch, 45 x Informatik. ES gibt also die Alternative "Moderne Fremdsprache" und "Technikfach". Und kommen Sie jetzt nicht mit "kleines Übel" wählen. Wer keines dieser drei Fächer will, der ist möglicherweise falsch an einer Schule, die zur allgemeinen Hochschulreife führt.



Ich musste mich in der Unterstufe entscheiden und hatte nur Fremdsprachen zur Auswahl. Es ging also um die Wahl der zweiten Fredmsprache, nicht um das weiter Wahlpflichtfach ab der 8. oder 9. Jahrgangsstufe.

Außerdem ging hier nicht nur ums wollen, sondern auch um die Nützlichkeit. Und da scheint mir Latein häufig traditioneller Selbstzeck zu sein, entsprechend bissig wird auch auf ein Hinterfragen reagiert. Mathematik ist so gesehen universell und siehe da, ein abwatschen des Matheunterrichtes ist kulturell akzeptiert. Wenn jemand ein schlechtes Abschneiden in Mathe als Auszeichnung wahrnimmt, dann wird dies nicht als kultureller Affront betrachtet.

Schauen wir uns mal die Hauptfächer an, sobald die zweite Fremdsprache hinzutritt: 1 x Mathe, 3 x Sprache

Wirkt das ausgewogen? Wirkt das sinnvoll? Für jeden?

Was klar ist: Mathe, Deutsch und Englisch stellen die Grundlage dar. Ein 4. Hauptfach, wenn man es überhaupt will, könnte dann aber genauso eine Naturwissenschaft oder ein technisches Fach sein.

Edit:
Wenn jemand wirklich eine zweite Fremdsprache oder von mir aus auch Latein als sein besonderes Interesse entdeckt hat, so will ich ihn bestimmt nicht abhalten oder ihm die Möglichkeit an der Schule dieses Fach zu belegen verwehren. Aber in alles gleich bedeutungsträchtig eine besondere Nützlichkeit fürs Leben allgemein reininterpretieren zu wollen muss dafür nicht sein. Und können Sie aus der Wahl durch die Schüler auch nur auf einen der beiden Aspekte sicher schliesen? Eine solche Wahl muss nicht unbedingt das Interesse des Schülers widerspriegeln, es kann auch Druck der Eltern gewesen sein. Und von der Wahl auf die Nützlichkeit zu schliesen geht auch nicht, es kann auch mehr kulturelle Erwartungshaltung, um nicht zu sagen ein Bildungsklische darstellen. Waren Sie es nicht, der betont hat junge Schüler könnten noch gar nicht beurteilen, was später einmal wichtig ist?

Da ist eine grundlegende Einführung in naturwissenschaftliches Denken, sowie geschichtliches Wissen und Wissen zum Staats- und Gesellschaftsaufbau im späteren Leben doch deutlich wichtiger, auch wenn es später nicht mehr jedem bewusst ist.

Zitat


Zitat
Altaramäisch ist schließlich auch kein verbreitetes Abiturfach.



Weil Altaramäisch in unserer Kultur auch eine geringere Rolle spielt als Latein. Wer sich vertieft mit einer Geisteswissenschaft beschäftigen will, kommt an Latein nicht vorbei.




Aber Altgriechisch.

Zitat

Und darüber hinaus ist möglicherweise auch ganz grundsätzlich die Beschäftigung mit einem auch abstrakten Gegenstand für die allgemeine Bildung und Denkfähigkeit ganz sinnvoll.



Da empfehle ich Mathematik oder die Behandlung von Sprachen in der Informatik.

Abstrakter als Mathe geht nicht.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."
-Thomas Jefferson
Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

08.04.2013 00:48
#103 RE: Sitzenbleiben Antworten

Lieber schattenparker,

würden Sie bitte zukünftig zitieren, auf was Sie antworten? Das erleichtert die Diskussion erheblich. Danke!

Zitat von schattenparker im Beitrag #85
Wie kommen Sie auf Portugiesisch? Wegen Brasilien, Cap Verden oder Angola?



Immerhin gibt es weltweit doppelt so viele Muttersprachler in Portugiesisch als in Französisch.

Zitat

Ich finde Französisch in der Schule sehr sinnvoll, weil Frankreich eines unserer unmittelbaren Nachbarländer ist, wir umfangreichen Handel mit ihm treiben



Dann wäre es ja genauso sinnvoll, stattdessen Holländisch, Dänisch, Polnisch oder Tschechisch zu lernen. Naja, es gibt vermutlich deshalb doch einen Grund, Französisch zu lernen: Holländer, Dänen, Polen und Tschechen können allgemein ganz anständig Englisch sprechen, bei Franzosen habe ich da bedeutend schlechtere Erfahrungen gemacht.

Zitat

und wir mit Arte sogar einen Fernsehsender haben, auf dem man lebendigem Französisch zuhören kann.



Ja, ich denke, man sollte Arte einstellen. Ein sinnlos gebührenverprassender Sender, der zu allem Übel auch noch häufig ganz schlecht verkleidete Propaganda sendet.

Zitat

Daß Spanisch allerdings noch sinnvoller ist, will ich nicht bestreiten.



Gut, dann haben wir ja Einigkeit bezüglich der zweiten Fremdsprache (so es diese überhaupt geben soll - ich habe den "Sprachenfanatismus" in Deutschland nie richtig verstanden, Menschen die mehrere Sprachen beherrschen werden geradezu vergöttert).

Gruß,
hubersn

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.04.2013 03:15
#104 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #90

Und wie schon geschrieben: Aufgabe der Schule, die zur allgemeinen Hochschulreife führt - nicht zu einer fachbezogenen - ist ja gerade nicht die Vermittlung nur von technisch-verwertbaren Kenntnissen (dafür war von der Idee vor 100 Jahren die Realschule gedacht, wo die Realien gelehrt werden), sondern das Gymnasium steht für ein Bildungsideal, das über das unmittelbar Verwertbare hinausgeht.


Und wenn nun jemand ein Fach mit praktischem, realen Nutzen studieren will? Naturwissenschaften oder Ingeniuerwissenschaften zum Beispiel? Dann reicht ihm die Realschule nicht, er braucht die Hochschulreife. Er erhält auch nur hier die notwendige Vorbereitung in den von ihm benötigten Fächern.

Nichts gegen Fächer als Selbstzweck, aber warum soll Interessenten an nützlichen Fächern noch so viel Ballast als Selbstzweck in den Weg gelegt werden, bevor sie sich in ihre Interessen vertiefen können?

Zum Nutzen zähle ich hierbei durchaus erlernte Methodik. Deshalb ist Mathematik, Deutschunterricht und eine Fremdsprache (praktischer Weise gleich Englisch) sicher notwendig, auch wenn man sich natürlich nicht mehr an den konkreten Inhalt der Lektüre aus dem 8. Schuljahr erinnert, aber Sprachkompetenz erworben wurde.
Naturwissenschaftliches Denken ist auch noch notwendig.

Aber muss man jedem zwei Naturwissenschaften aufbürden, auch wenn seine Interessen und Kompetenzen eher im sprachlichen Bereich liegen? Muss man unbedingt jedem zwei Fredmsprachen als Hauptfächer aufbürden?

Schauen wir uns mal an, was in den USA zur Hochschulreife notwendig ist. Da stellen wir zuerst einmal fest, dass der Staat hier erst einmal ziemlich wenig involviert ist, es gibt zwei Tests durch zwei verschiedene nicht-staatliche Organisationen, wobei in der einen auch staatliche Bildungseinrichtungen sitzen.

SAT:

Besteht aus drei Teilen: Mathematics, Critical Reading, und Writing
Das ist der Haupttest. Daneben gibt es noch ungefähr 20 verschiedene Tests zu bestimmten Themen, wie Geschichte, eine bestimmte Naturwissenschaft oder eine Sprache (http://en.wikipedia.org/wiki/SAT_Subject_Tests)
Von letzteren wird von einigen Unis auch etwas gefordert, aber entweder Themenbezogen nach Fach oder ein oder mehrere beliebige subject tests für den Zugang zum gesamten College. Eine feste, starre Regel wie "1 Fremdsprache, 1 Naturwissenschaft, 1 Gesellschaftswissenschaft und noch eine Naturwissenschaft oder Sprache, sowie bitte noch Musik oder Kunst und Religion oder Philosophie" gibt es so nicht. Wobei es einzelnen Unis natürlich frei stünde, aber warum? Was für einen Sinn macht es, einen Test in einer Gesellschaftswissenschaft für ein Chemie-Studium zu fordern? Das macht in der Regel nur bei den allgemeinen Grundlagen Sinn und die sind im Haupttest abgedeckt.

ACT:
Besteht aus vier Teilen: English, mathematics, reading, und science reasoning
Es kann noch ein optionaler writing test belegt werden.

ACT und SAT werden häufig als Gleichwertig anerkannt, wird ein SAT subject test verlangt wird verstärkt auch der ACT writing test akzeptiert.

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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.04.2013 03:34
#105 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #103


Gut, dann haben wir ja Einigkeit bezüglich der zweiten Fremdsprache (so es diese überhaupt geben soll - ich habe den "Sprachenfanatismus" in Deutschland nie richtig verstanden, Menschen die mehrere Sprachen beherrschen werden geradezu vergöttert).




Ja, und Technik und Naturwissenschaften wird als irgendwie nachrangige Bildung angesehen. Das deutsche Bildungsverständnis ist, wie es so schön heißt, "humanistisch" geprägt. Letzteres scheint mir aber, wenn es über eine Grundbildung hinausgeht, eher die Rolle eines Statussymbols zu spielen.

Diese Verklärung als elitärer Selbstzweck scheint mir hier auch beim Bild des Gymnsiums eine Rolle zu spielen, wenn auf die angedachte Rollenverteilung zwischen den Schulformen basierend auf Vorstellungen von vor über 100 Jahren verwiesen wird.

Es wirkt in der Tat antiquiert und elitär, aber nicht im positiven Sinne elitär, sondern eher im Sinne eines Elitenstatus als Selbstzweck. Letzteres mag jeder gerne für sich selber anstreben, problematisch wird es, wenn eine Elite als um sich selber kreisender Selbstzweck zum Staatsauftrag erhöht wird. Statussymbol halt. Man könnte auch sagen "spiesig".

Dies hat auch die Linke erkannt, die rot-grüne Linke zieht daraus - zumindest heutzutage - aber nicht (mehr) den Schluss die Natur- und Strukturwissenschaften aufzuwerten, sondern alles durch seichtes Gelaber zu ersetzen... welches die Illusion einer soliden humanistischen Bildung aufrecht erhalten soll, die immer noch unbewusst als Ideal herumschwebt.

Schade.

Bezeichnend, dass wir ab der 2. Fremdsprache drei Sprachen unter den vier Hauptfächern haben. Das sagt eigentlich schon alles.

Wer sich da über einen zu starken Fokus auf Naturwissenschaften beschwert, den kann ich auch nicht unbedingt verstehen. Den Vorwurf höre ich aber selbst heute immer noch gerne aus bildungsbürgerlichen Kreisen. Diese Kreise neigen eher zu den Grünen...

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Hausmann Offline



Beiträge: 710

08.04.2013 05:28
#106 RE: Sitzenbleiben Antworten

Guten Tag!

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #105

Ja, und Technik und Naturwissenschaften wird als irgendwie nachrangige Bildung angesehen.

Mit der DDR endete auch die, lax gesagt, schulische Produktionsausbildung und -arbeit, was meines Erachtens spürbare Lücken hinterließ. Man erwarb in dieser Zeit ein breites Spektrum handwerklicher Grundfertigkeiten, arbeitete (stundenweise) in den verschiedensten Betrieben, Fabriken, Ställen und auf Feldern und lernte nebenbei auch ganz andere Lebensbereiche kennen.

EDIT Im weiteren Sinne könnte man auch das Fach Technisches Zeichnen hier erwähnen.

Auch dazu würde mich Ihre Meinung interessieren; danke!

mfG

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Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel

Hausmann Offline



Beiträge: 710

08.04.2013 06:44
#107 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von schattenparker im Beitrag #77

Solche Freigeister werden aber schon in der Schule geboren, man erkennt sie daran, daß sie sich nicht mit irgendeinem Stoff "abfüttern" lassen wollen, sondern wissen wollen (und zu akzeptieren begehren), WARUM man dieses oder jenes lernen sollte, um die wertvolle Ressource Zeit nicht auf dem Altar unpassender und verschrobener Vorstellungen zu opfern (wie Latein).


Das sehe ich bezüglich kreativer, freigeistiger oder begabter Kinder ein wenig anders, werter schattenparker: Die werden meines Erachtens weniger in der Schule "geboren", sondern zeigen oft schon früher diese Eigenschaften. Und "Warum soll ich dieses und jenes lernen?" dürfte eher die Monstranz lernunwilliger Schüler sein. Ganz nebenbei: Was würden Sie antworten auf ein Warum - bezüglich der Behandlung eines Gleichungssystems meinetwegen?

Mir scheint es eher typisch, wenn ungewöhnliche Fragen auftauchen, heuristische Ansätze (Nehmen wir mal das Gegenteil einer Aussage an; was steckt hinter der Nichtlösbarkeit einer Gleichung?) u.ä.m.

mfG

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Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

08.04.2013 08:56
#108 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #106
Man erwarb in dieser Zeit ein breites Spektrum handwerklicher Grundfertigkeiten, arbeitete (stundenweise) in den verschiedensten Betrieben, Fabriken, Ställen und auf Feldern und lernte nebenbei auch ganz andere Lebensbereiche kennen. (...) Auch dazu würde mich Ihre Meinung interessieren; danke!

Sie meinen UTP (Unterricht in der Produktion) , bzw PA (Produktive Arbeit)? Das dürfte heutzutage nicht mehr umsetzbar sein. Das Jugendarbeitsschutzgesetz und die fehlenden Volkseigenen Betriebe dürften dagegen sprechen. Von Eltern und Berufsgenossenschaften mal gar nicht zu reden.
Ich weiß auch nicht, ob das nun so viel gebracht hat. Wir waren anfangs mit der ganzen Klasse im Werkstattbereich einer LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft). Naja ... feilen, sägen, schrauben, Werkstatt fegen. Am Ende haben wir tütenweise Spiegelecken geklebt (diese Metalldinger, die das Glas eines Hauahaltsspiegels an seinem Rahmen hielten). Ich weiß nicht, ob die für IKEA waren oder den heimischen Markt. Es war jedenfalls nicht besonders aufregend. Spannend waren allenfalls die Spielereien mit Karbid und Wasser.

Später, als man sich selbst einen Betrieb suchen musste, ging ich in die Metallwerkstatt des meinem Wohnort nächstgelegenen Betriebes. Ja, ich habe mal an der Drehbank gestanden, habe mal geschweißt, hab gebohrt, Bleche gebogen und allerlei Zeugs auseinander- und zusammengeschraubt. Vor allem aber bestand mein Job darin die Schrauben und Bolzen aus einer riesigen sozialistischen Wiederverwendungskiste aufzuarbeiten. Das heißt, ich habe in gefühlt mehrere Kilometer alte rostige Schrauben neue Gewinde geschnitten und diese dann nach Größe in andere Kisten sortiert. Ich war ein Held des sozialistischen Schraubenrecyclings, weil es neue ja nicht so einfach gab.

Weiß nicht, ob mir das nun so viel gebracht hat außer einer tiefen Abneigung gegen Metallverarbeitung aus schlecht gelagertem, nassen und rostenden Material. Allerdings waren die Werkzeugmaschinen aus den 50-er, 60-er Jahren durchaus sehenswert.

ESP dagegen (Einführung in die sozialistische Produktion) war meiner Erinnerung nach gar nicht so übel. Verschiedene Stromkreise zusammenstöpseln, Messreihen durchführen und daraus Graphen auf Millimeterpapier zeichnen etc.
Ich weiß gar nicht, was wir das sonst noch alles gemacht haben, glaube aber, dass Logikpläne für SPS (Speicherprogrammierbare Steuerungen) und binäre Zahlen auch zum Programm gehörten. Irgendein Fünfjahrplan sollte aus der DDR bestimmt ein "Hightech-Land" machen.

Alles in allem war das durchaus ein netter Blick ins Leben außerhalb/nach der Schule. In dieser Form vielleicht ein bissl sehr speziell, aber Teile davon wären bestimmt auch heute noch eine Bereicherung der schulischen Bildung von Heranwachsenden.

Beste Grüße, Calimero

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Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

08.04.2013 09:45
#109 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat
Nichts gegen Fächer als Selbstzweck, aber warum soll Interessenten an nützlichen Fächern noch so viel Ballast als Selbstzweck in den Weg gelegt werden, bevor sie sich in ihre Interessen vertiefen können?



Es wäre wirklich hilfreich, wenn die Diskussion mal etwas geerdet würde. Noch mal: NIemand wird heute (früher mag das anders gewesen sein) gezwungen, Latein zu lernen.

Ansonsten, was die Ausrichtung an Interessen und Nützlichem angeht: Da ist jeder frei, in der Oberstufe seine Schwerpunkte zu legen, wie er denn möchte. Da ist nichts mit "Ballast als Selbstzweck", sondern viel Raum für Interessen.

Die Vorgaben für die Oberstufe sehen verpflichtend vor: Deutsch, Mathematik, 1 Fremdsprache, 1 Naturwiss., 1 Gesellschaftswissenschaft, Musik oder Kunst, Religion oder Philosophie, Sport. Das sind 8 Fächer; im ersten Jahr der Oberstufe müssen aber 12 Fächer belegt werden. Da sind also noch 4 Fächer zur Verfügung, unter denen (weitere Vorgane, NRW) eine weitere Naturwiss. oder eine weitere Fremdsprache sein muss.

Der Nützlichkeitsorientierte kann also Sprachen auf ein Minimum reduzieren (nur Englisch), dafür aber Chemie plus Physik plus Biologie plus Informatik belegen. Und wer will, kann, aber muss nicht Englisch und Französisch und Latein und Italienisch (oder was immer an der Schule angeboten wird) belegen.

Zitat
Aber muss man jedem zwei Naturwissenschaften aufbürden, auch wenn seine Interessen und Kompetenzen eher im sprachlichen Bereich liegen? Muss man unbedingt jedem zwei Fredmsprachen als Hauptfächer aufbürden?



Das ist in der Oberstufe ja auch nciht der Fall - siehe oben. Bitte informieren, dann kritisieren. Und eine 2. Fremdsprache ist vielleicht schon sinnvoll, damit man überhaupt mal probiert, ob man mit einer anspruchsvolleren Sprache als Englisch zurechtkommt.

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

08.04.2013 10:02
#110 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #109
Der [...] kann also [...] auf ein Minimum reduzieren [...], dafür aber [...] belegen. Und wer will, kann, aber muss nicht [...] belegen.

Mich würde mal interessieren, wo diese Abwählerei denn eigentlich her kommt, und seit wann das so ausufernd praktiziert wird. In der DDR kannten wir sowas ja nicht, und es ist durchaus ein Grund für Spötteleien über die xy-Abwähler. Denn irgendwie glaube ich nicht, dass die meisten Fächer aus Interesse gewählt werden, sondern eher das Abwählen unangenehmer Fächer im Vordergrund steht. Na ja, und irgendwas muss man dann aber doch noch verpflichtend machen. Das kleinere Übel wahrscheinlich.

Ist es eigentlich wirklich ein Vorteil, die schulischen Lerninhalte so weit aufzusplitten, dass explizit "abgewählt" werden kann? Also jetzt nicht theoretisch, denn da ist die Fokussierung sicherlich als gewinnbringend anzusehen. Aber wie ist das praktisch? Wiegt die Begeisterung für Wahlfächer wirklich das bequeme Abwählen von ungustiösen Fächern auf? Gibt es diese Begeisterung überhaupt im Allgemeinen? Oder ist es der Beginn einer Haltung, nach der man allem Unangenehmen schon irgendwie entgehen kann und trotzdem durchkommt?

Beste Grüße, Calimero

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Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

08.04.2013 10:11
#111 RE: Sitzenbleiben Antworten

Die Möglichkeiten des "Abwählens" sind nach dem "PISA.Schock" massiv reduziert worden. Früher konnte man z.B. in der 13 Mathe oder Deutsch abwählen, und aus guten Gründen geht es jetzt nicht mehr.

Ich denke, zZt ist ein guter Mittelweg zwischen Pflichtbelegungen (D, M, Fremdspr., NW, Gesellschaftswiss.) und frei wählbaren Fächern. Da die schwächeren SChüler übrigens WEDER NAturwissenschaften NOCH Sprachen belegen wollen, betrachten die Schüler das eh mehr als Zwang.

Gute Schüler wollen möglichst gar nichts abwählen - "Wie, ich kann nur 12 Fächer wählen? Ich will aber 4 Sprachen UND drei Naturwissenschaften UND Geschichte und Sowi und Erdkunde!!!

Viele Grüße

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

08.04.2013 10:39
#112 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #98
die ungeheure Exaktheit in der Formulierung komplexer Zusammenhänge, der Satzbau und die Satzlogik
Ja, das ist lustig. Ich erinnere mich noch gut an das Rätselraten im Lateinunterricht, ob jener Römer "als Caesar", "indem Caesar", "während Caesar", "nachdem Caesar", "obwohl Caesar" oder "weil Caesar" gemeint haben könnte - oder irgendwie alles zugleich.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.261

08.04.2013 13:08
#113 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #109

Es wäre wirklich hilfreich, wenn die Diskussion mal etwas geerdet würde.


OK, erden wir.

Meine Kinder (bzw. wir Eltern) mussten sich am Ende der 5. Klasse für Französisch oder Latein entscheiden.
Meine Frau und ich wollten keins von beidem, mussten uns aber entscheiden. Ich empfinde die 2. Fremdsprache in der 6. Klasse als unnützen, altertümlichen Ballast und hätte viel leiber eine ein MINT-Fach gesehen.
Außerdem müssen haben meine Kinder Musik im Stundenplan stehen, das ist ebenfalls unnützer, altertümlicher Ballast.

Erde genug?
Herzlich
Frank

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.04.2013 13:38
#114 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #109


Das ist in der Oberstufe ja auch nciht der Fall - siehe oben. Bitte informieren, dann kritisieren.


Meine Oberstufenzeit liegt noch nicht so lange zurück. Ich bezog mich nicht nur auf die Oberstufe, sondern auch auf die Mittelstufe.

Zitat

Und eine 2. Fremdsprache ist vielleicht schon sinnvoll, damit man überhaupt mal probiert, ob man mit einer anspruchsvolleren Sprache als Englisch zurechtkommt.



Mehrere Jahre lang mit einer zweiten Fremdsprach herumquälen, die als Hauptfach auch noch besonders Versetzungsrelevant ist und nicht durch eine Naturwissenschaft ausgeglichen werden kann, um dann am Ende der 10. Klasse die qualifizierte Einschätzung abgeben zu können: Nix für mich.

Das hätte ich schon nach der 8. Klasse sagen können, meine 2. Fremdsprache begann in der 7. Jahrgangsstufe. Ich hätte es eigentlich schon nach der 7. Klasse sagen können.

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Rayson Offline




Beiträge: 2.367

08.04.2013 15:40
#115 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Frank2000
Dieses Argument passt doch für Musik, Kunst, Sport und Erdkunde viel besser.

Wirklich? Für die drei Erstgenannten zumindest gilt (oder sollte gelten): Man lernt im Unterricht bestimmte Fähigkeiten bzw. Techniken, und das in einem Alter, wo es einem noch relativ leicht fällt.

Für ein Fach Politik/Wirtschaft sehe ich das nicht. Sicher: Es ist sehr sinnvoll zu lernen, wie Zins und Tilgung funktionieren und berechnet werden - aber das ist ein Feld der Mathematik.Wenn man Schüler mit Finanzmathematik in Berührung bringt, wäre das fast schon alles Wirtschaftswissen, das sie später brauchen, und Peter Zwegat könnte beruhigt in Rente gehen.

Vielleicht sehe ich das auch zu sehr aus der Eigensicht. Wir jedenfalls hatten "damals" dieses Fach "Gemeinschaftskunde". Und da wurde tatsächlich all das behandelt, was du da aufzählst. Aber ich bezweifle, dass außer bei den schon damals politisch Interessierten bei den anderen irgendetwas im Langzeitgedächtnis hängengeblieben ist. Zumal das alles sehr oberflächlich und z.T. idealisierend vermittelt wurde. Das Problem in diesen Fächern ist es darüber hinaus ungleich mehr als in anderen, halbwegs objektiv unterrichten zu können. Sogar schon überhaupt der Anspruch, genau das zu wollen, ist ja auch schon wieder politisch.

"Basiswissen" wäre wohl so eine Art Rundlauf durch das Grundgesetz. Sicher keine schlechte Sache, aber mit vielen Stolperstenien. Und eben stets in Idealisierungsgefahr: Im Grundgesetz sind z.B. die Institutionen groß und die Parteien klein, die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Aber das diskutieren zu wollen, ist bereits politisch aufgeladen. Wer einmal TINSTAAFL kapiert hat, hat von Politik und Wirtschaft schon mehr Ahnung als jeder Unterricht sie je hervorbringen könnte...

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.253

08.04.2013 16:34
#116 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #115
Im Grundgesetz sind z.B. die Institutionen groß und die Parteien klein, die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Aber das diskutieren zu wollen, ist bereits politisch aufgeladen. Wer einmal TINSTAAFL kapiert hat, hat von Politik und Wirtschaft schon mehr Ahnung als jeder Unterricht sie je hervorbringen könnte...

Das mit dem free lunch haben Sie schön gesagt; dafür gibt's eine von mir.

--
Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

08.04.2013 17:25
#117 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #104
Nichts gegen Fächer als Selbstzweck, aber warum soll Interessenten an nützlichen Fächern noch so viel Ballast als Selbstzweck in den Weg gelegt werden, bevor sie sich in ihre Interessen vertiefen können?

Weil es schwierig ist mit 14 oder gar 12 zu entscheiden was man den Rest seines Lebens wirklich machen möchte. Ich würde schon zu bedenken geben, dass bereits die Entscheidung mit 18 Jahren schwer genug ist. Und von vielen ein paar Jahre später bitter bereut wird und unter ungeheurem Aufwand revidiert wird.

Der eine braucht Latein nie wieder, weil er sich für eine Karriere als Ingenieur entschieden hat. Der andere vermisst es bitterböse, wenn er unter grossem Aufwand das Latinum nachholen muss, weil es für Humanmedizin verlangt wird. Der eine wird Chemie nie wieder brauchen, weil er eine Karriere als Prokurist beginnt, der andere dagegen vermisst es bitterböse, wenn er feststellt, dass auch ein Eisenhüttenkundler was über Reaktionskinetik lernen muss. Der eine braucht Mathematik nie wieder, weil er als Journalist tätig ist, der andere stellt fieserweise fest, dass auch Maschinenbauer Differentialgleichungen auflösen und die teilweise verlangt werden. Zusammengefasst: Es ist mit 14 schwer zu sagen wo es einen mit 18 oder gar 25 mal hintreibt. Das Ziel des Abiturs war und ist eine breite Bildung anzubieten, die einem mit 18 noch die Freiheit lässt, Entscheidungen zu treffen, die nicht von den Eltern oder in jugendlicher Dummheit gefällt wurden.

Wenn Sie mit 12 oder 14 gewusst haben, was Sie später mal machen wollten, dann spreche ich Ihnen ehrlich meine Gratulation aus. Wirklich ehrlich. Ich habs mit 18 kaum gewusst. Böse Leute würden sagen ich weiss es heute noch nicht. Aber ich bin sehr froh, dass ich nicht auf die Flausen festgelegt war, die ich mit 12 oder 14 mal gedacht habe.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

08.04.2013 17:32
#118 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #117
Der eine braucht Mathematik nie wieder, weil er als Journalist tätig ist ...

Ich würde mir SEHR wünschen, daß Journalisten ein Mindestmaß an Mathematik beherrschen würden (insbesondere Logik und Statistik).

Ansonsten hast Du völlig recht.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

08.04.2013 19:27
#119 RE: Sitzenbleiben Antworten

Lieber Llarian,

Sie bringen es auf den Punkt - danke.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.261

08.04.2013 22:09
#120 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #117

Weil es schwierig ist mit 14 oder gar 12 zu entscheiden was man den Rest seines Lebens wirklich machen möchte.



Ich höre dieses Argument immer wieder - aber für mich wird es dadurch nicht stichhaltiger. Das obige Argument behauptet doch:
Alle diese Fächer werden gelehrt, weil es zwar nicht für alle, aber für viele Kinder einen individuellen und über den Privatbereich hinausgehenden Nutzen stiftet - man weiß halt nur nicht vorab für welche Kindern, deswegen müssen es alle lernen.

Aber das Argument stimmt so nicht.
Richtig ist: es gibt ein paar Kinder, die einen individuellen, über den Privatbereich hinausgehenden Nutzen haben.
Falsch ist: das es viele Kinder wären. Tatsächlich sind es nur sehr, sehr wenige.

Wieviele Gymnasiasten werden professionelle oder gewerbliche Künstler? Einer von Tausend? Einer von Zehntausend? Werden also 999 Kinder unnötig mit dem Fach Kunst gefüttert, damit ein Kind seine Neigung zu Kunst entdecken würde (die es etwa sonst nicht entdeckt hätte)?

Wieviele Kinder werden professionelle oder gewerbliche Musiker?
Und auch bei Latein bzw. zweite Fremdsprache gilt: wieviele Kinder brauchen tatsächlich hinterher eine zweite Fremdsprache? Übrigens habe ich schon von einem Mediziner gehört, dass er die Pflicht für einen Lateinschein für völligen Blödsinn und elitäres, mittelalterliches Denken hält. Schließlich müssen Ärzte nicht Latein REDEN oder LESEN, sondern die müssen nur ein paar hundert lateinische Fachbegriffe kennen - dafür braucht man kein Latinum, nicht mal das kleine.
Die einzigen Fächer, in den man wirklich Latein braucht, sind Übersetzung alter Sprachen. Meine Vermutung: Nicht mal Archäologen brauchen Latein wirklich. Die werden sich, wenn es um wirklich interessante Texte geht, doch wieder wirkliche Experten dazu holen.

Sieht man sich die aufgewendete Zeit im Unterricht an, dann steht das Zeitkonto für die weichen Fächer Musik, Kunst, Erdkunde, Sport, Religion, zweite Fremdsprache (genauer: alles außer Englisch) und Geschichte in keinem Verhältnis zum späteren "Nutzwert im Leben". Das mit dem "individuellen Nutzen" können wir also in das Reich der Mythen verweisen.

Die oben zitierten weichen Fächer wurden eingeführt und werden heute noch gelehrt, weil man nicht einen Individuellen Nutzen, sondern einen gesellschaftlichen Nutzen unterstellt. Externe Nutzen, wie man in der VWL sagt. Das gemeinsame Grundwissen solle irgendwie einen Kitt der bürgerlichen Gesellschaft bilden. Eine Unterstützung für die Teilnahme am bürgerlichen Leben. Und da war es wohl vor 150 Jahren noch wichtig, dass der Bürgersohn oder Adlige die deutschen und italienischen Opern kannte, vielleicht sogar selbst etwas auf dem Klavier klimpern konnte; dass das Pfarrerskind auf Latein und Französisch parlieren konnte und man die griechischen Tragödien kannte. Das war wohl alles -wie sagt man heute: Kulturtechnik. Wer das nicht beherrschte, wurde nicht ernst genommen, ausgeschlossen.

Aber die Welt hat sich verändert. Welche weichen Fächer haben auch heute noch eine solche Wirkung? Geschichte würde ich bejahen. Und Politik/Wirtschaft hatte ich oben schon begründet. Sport auch, wenn es Gemeinschaftssport ist. Wenn also Jungen und Mädchen, Christen und Moslems gemeinsam Sport treiben, dann sehe ich da schon eine ver-bindende Wirkung. Bei Erdkunde wird´s schon eng. Klar, Allgemeinwissen ist was feines. Aber muss man heute die Vegetationszonen Südamerikas kennen? Jedes Wissen hat seinen Wert, das bestreite ich nicht. Aber ist der Wert noch so groß, dass man das zwangsweise allen Kindern aufbürden muss?

Und bei Musik, Kunst, zweite Fremdsprache und ja: sogar Sport sehe ich das nicht mehr so. Die soll machen wer will. Aber als zwingendes Basiswissen zur Teilnahme an der Zivilgesellschaft bzw. zur Teilnahme am gesellschaftlich-politischen Leben sehe ich das nicht.

Damit soll es für mich aber auch gut sein, denn mein Herzblut vergieße ich nicht bei dem Thema.
Herzlich
Frank

hubersn Offline



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08.04.2013 23:26
#121 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #111
Die Möglichkeiten des "Abwählens" sind nach dem "PISA.Schock" massiv reduziert worden. Früher konnte man z.B. in der 13 Mathe oder Deutsch abwählen, und aus guten Gründen geht es jetzt nicht mehr.


Soweit ich weiss, konnte man in BaWü und Bayern noch nie Mathe oder Deutsch abwählen.

Ich denke es wäre gut, wenn Sie bei Ihren Beiträgen regelmäßig dazu schreiben würden, für welche Bundesländer das Ihres Wissens gilt.

Gruß,
hubersn

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

08.04.2013 23:38
#122 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Gansguoter im Beitrag #109

Zitat
Aber muss man jedem zwei Naturwissenschaften aufbürden, auch wenn seine Interessen und Kompetenzen eher im sprachlichen Bereich liegen? Muss man unbedingt jedem zwei Fredmsprachen als Hauptfächer aufbürden?


Das ist in der Oberstufe ja auch nciht der Fall - siehe oben. Bitte informieren, dann kritisieren. Und eine 2. Fremdsprache ist vielleicht schon sinnvoll, damit man überhaupt mal probiert, ob man mit einer anspruchsvolleren Sprache als Englisch zurechtkommt.



Zumindest in BaWü war es so (und ist es soweit ich weiß auch noch so), dass die 11. Klasse zur Oberstufe gehört, und man dort praktisch keine Wahl hat. Unter den Hauptfächern sind eben zwei Fremdsprachen, Deutsch und Mathematik. In meiner Klasse gab es zwei wenig sprachlich, aber gut naturwissenschaftlich aufgestellte Mitschüler, die aufgrund schlechter Noten in Englisch und Französisch letztlich nicht versetzt wurden.

Gut, dass es in BaWü die Möglichkeit gibt, auf das Technische Gymnasium zu wechseln, wo es nur eine Fremdsprache braucht. Allerdings ist der Abschluss dann keine allgemeine Hochschulreife. Was die vorgenannten zwei Mitschüler nicht gehindert hat, erfolgreich Architektur und Maschinenbau zu studieren.

Gruß,
hubersn

hubersn Offline



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08.04.2013 23:47
#123 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #122

Zumindest in BaWü war es so (und ist es soweit ich weiß auch noch so), dass die 11. Klasse zur Oberstufe gehört



Und wie ich es so schreibe, merke ich, dass ich gar nicht weiß, wie das nun beim 12-jährigen Abitur ist.

Gruß,
hubersn

Techniknörgler Offline



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09.04.2013 00:13
#124 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #120
Zitat von Llarian im Beitrag #117

Weil es schwierig ist mit 14 oder gar 12 zu entscheiden was man den Rest seines Lebens wirklich machen möchte.



Ich höre dieses Argument immer wieder - aber für mich wird es dadurch nicht stichhaltiger. Das obige Argument behauptet doch:
Alle diese Fächer werden gelehrt, weil es zwar nicht für alle, aber für viele Kinder einen individuellen und über den Privatbereich hinausgehenden Nutzen stiftet - man weiß halt nur nicht vorab für welche Kindern, deswegen müssen es alle lernen.

Aber das Argument stimmt so nicht.
Richtig ist: es gibt ein paar Kinder, die einen individuellen, über den Privatbereich hinausgehenden Nutzen haben.
Falsch ist: das es viele Kinder wären. Tatsächlich sind es nur sehr, sehr wenige.

Wieviele Gymnasiasten werden professionelle oder gewerbliche Künstler? Einer von Tausend? Einer von Zehntausend? Werden also 999 Kinder unnötig mit dem Fach Kunst gefüttert, damit ein Kind seine Neigung zu Kunst entdecken würde (die es etwa sonst nicht entdeckt hätte)?

Wieviele Kinder werden professionelle oder gewerbliche Musiker?
Und auch bei Latein bzw. zweite Fremdsprache gilt: wieviele Kinder brauchen tatsächlich hinterher eine zweite Fremdsprache? Übrigens habe ich schon von einem Mediziner gehört, dass er die Pflicht für einen Lateinschein für völligen Blödsinn und elitäres, mittelalterliches Denken hält. Schließlich müssen Ärzte nicht Latein REDEN oder LESEN, sondern die müssen nur ein paar hundert lateinische Fachbegriffe kennen - dafür braucht man kein Latinum, nicht mal das kleine.
Die einzigen Fächer, in den man wirklich Latein braucht, sind Übersetzung alter Sprachen. Meine Vermutung: Nicht mal Archäologen brauchen Latein wirklich. Die werden sich, wenn es um wirklich interessante Texte geht, doch wieder wirkliche Experten dazu holen.

Sieht man sich die aufgewendete Zeit im Unterricht an, dann steht das Zeitkonto für die weichen Fächer Musik, Kunst, Erdkunde, Sport, Religion, zweite Fremdsprache (genauer: alles außer Englisch) und Geschichte in keinem Verhältnis zum späteren "Nutzwert im Leben". Das mit dem "individuellen Nutzen" können wir also in das Reich der Mythen verweisen.

Die oben zitierten weichen Fächer wurden eingeführt und werden heute noch gelehrt, weil man nicht einen Individuellen Nutzen, sondern einen gesellschaftlichen Nutzen unterstellt. Externe Nutzen, wie man in der VWL sagt. Das gemeinsame Grundwissen solle irgendwie einen Kitt der bürgerlichen Gesellschaft bilden. Eine Unterstützung für die Teilnahme am bürgerlichen Leben. Und da war es wohl vor 150 Jahren noch wichtig, dass der Bürgersohn oder Adlige die deutschen und italienischen Opern kannte, vielleicht sogar selbst etwas auf dem Klavier klimpern konnte; dass das Pfarrerskind auf Latein und Französisch parlieren konnte und man die griechischen Tragödien kannte. Das war wohl alles -wie sagt man heute: Kulturtechnik. Wer das nicht beherrschte, wurde nicht ernst genommen, ausgeschlossen.

Aber die Welt hat sich verändert. Welche weichen Fächer haben auch heute noch eine solche Wirkung? Geschichte würde ich bejahen. Und Politik/Wirtschaft hatte ich oben schon begründet. Sport auch, wenn es Gemeinschaftssport ist. Wenn also Jungen und Mädchen, Christen und Moslems gemeinsam Sport treiben, dann sehe ich da schon eine ver-bindende Wirkung. Bei Erdkunde wird´s schon eng. Klar, Allgemeinwissen ist was feines. Aber muss man heute die Vegetationszonen Südamerikas kennen? Jedes Wissen hat seinen Wert, das bestreite ich nicht. Aber ist der Wert noch so groß, dass man das zwangsweise allen Kindern aufbürden muss?

Und bei Musik, Kunst, zweite Fremdsprache und ja: sogar Sport sehe ich das nicht mehr so. Die soll machen wer will. Aber als zwingendes Basiswissen zur Teilnahme an der Zivilgesellschaft bzw. zur Teilnahme am gesellschaftlich-politischen Leben sehe ich das nicht.

Damit soll es für mich aber auch gut sein, denn mein Herzblut vergieße ich nicht bei dem Thema.


Danke, Sie bringen meine Position auf den Punkt.

Zitat
Weil es schwierig ist mit 14 oder gar 12 zu entscheiden was man den Rest seines Lebens wirklich machen möchte. Ich würde schon zu bedenken geben, dass bereits die Entscheidung mit 18 Jahren schwer genug ist. Und von vielen ein paar Jahre später bitter bereut wird und unter ungeheurem Aufwand revidiert wird.



Und das kann wer nach welchen Kriterien besser entscheiden?

Zitat
Der eine braucht Latein nie wieder, weil er sich für eine Karriere als Ingenieur entschieden hat. Der andere vermisst es bitterböse, wenn er unter grossem Aufwand das Latinum nachholen muss, weil es für Humanmedizin verlangt wird. Der eine wird Chemie nie wieder brauchen, weil er eine Karriere als Prokurist beginnt, der andere dagegen vermisst es bitterböse, wenn er feststellt, dass auch ein Eisenhüttenkundler was über Reaktionskinetik lernen muss. Der eine braucht Mathematik nie wieder, weil er als Journalist tätig ist, der andere stellt fieserweise fest, dass auch Maschinenbauer Differentialgleichungen auflösen und die teilweise verlangt werden. Zusammengefasst: Es ist mit 14 schwer zu sagen wo es einen mit 18 oder gar 25 mal hintreibt. Das Ziel des Abiturs war und ist eine breite Bildung anzubieten, die einem mit 18 noch die Freiheit lässt, Entscheidungen zu treffen, die nicht von den Eltern oder in jugendlicher Dummheit gefällt wurden.



Und nach welchen Kriterien werden nun die Nicht-Nebenfächer ausgesucht?

Was soll jemand machen, dem im späteren Leben das Fach Handwerken etwas gebracht hätte? Und eine Einführung in Jura schon in der Schule? Vielleicht braucht man es ja, ist zwar unwahrscheinlich, aber auch nicht soooo selten, zumindest im Vergleich zu einer beruflichen Kariere als Musiker oder bildender Künstler.
Eine Jura AG gab es an meiner Schule, ging über ein Jahr und wurde von einem ehemaligen Richter gehalten. Ich beschwere mich hier also nicht darüber, dass es diese Möglichkeiten nicht gegeben hätte. Aber als verpflichtendes Fach für alle?

Ich will mich jetzt nicht nur an Latein aufhängen. Meine häufiger geäußerte Kritik an zwei Fremdsprachen als Hauptfächer bezieht sich offensichtlich auf die Mittelstufe, also ab Einführung der 2. Fremdsprache.

Für das Abitur brauchte ich keine zweite Fremdsprache in der Oberstufe, aber für die mittlere Reife in der Mittelstufe! Wie hieß es doch gleich, bei der Realschule ginge es um die Realien, Sachen mit praktischem Nutzen? Klar hat französisch einen praktischen Nutzen, aber auch wirklich für ausreichend viele einen so bedeutenden Nutzen, der eine Erhebung zum Hauptfach oder auch nur zum Pflichtfach rechtfertigt?

Schnell geht hier die Argumentation aufs Abitur und den Hinweis, dass in der Oberstufe doch schon viel Wahlfreiheit besteht. Stimmt, aber es ist ja schon und hautpsächlich die mittlere Reife, die mit soviel Nebensächlichem belastet ist. Und diese ist nun mal die Vorraussetzung für die gymnasiale Oberstufe. Und davon mal abgesehen ist die mittlere Reife ja auch nicht in erster Linie als Vorbereitung auf die Oberstufe gedacht, auch wenn sie natürlich die unabdingbare Vorrausetzung für den Zugang zur Oberstufe darstellt. Die mittlere Reife steht auch als Abschluss für sich selber und sollte doch für praktischen Nutzen stehen. Gerade für die Oberstufe sehe ich noch eher die Rechtfertigung für einen Musikunterrecht.

Vermutlich geht jetzt vielen der Gedanke durch den Kopf, um vernünftigen Musikunterricht in der Oberstufe machen zu können bräuchte es die Vorbereitung in der Mittel- und Unterstufe. Ich denke nicht. Ich denke sogar ziemlich sicher nicht. Es entspräche zumindest überhaupt nicht meiner Erfahrung. Ich denke ich habe heute mehr aus der Oberstufe in Erinnerung, als ich in der Oberstufe aus der Mittel- und Unterstufe in Erinnerung hatte, zumindest was die Nebenfächer angeht, für die ich mich nicht stark überdurchschnittlich interesierte. Es hatte keinerleich Auswirkungen, gerade in den seichten Nebenfächern nicht.

Und in den Nebenfächern, in denen ich noch einiges in Erinnerung hatte? Das wäre vom Umfang nichts gewesen, was man nicht auch in einigen Wochen hätte aufholen können und diejenigen, die es nicht mehr in Erinnerung hatten, taten dies auch, wenn sie wollten und es tatsächlich in der Oberstufe verlangt und gebraucht wurde. Ging in den andere Fächern, in denen ich kaum noch Ahnung hatte, ja auch.

Die Außnahmen dürften hier freilich Physik und Chemie gewesen sein. Auch sind Fremdsprachen natürlich eine Außnahme, mehrere Jahre Training durch einen Crash-Kurs zu ersetzen kann man natürlich suboptimal empfinden. Und natürlich gilt das nicht für die Hauptfächer Mathematik und Deutsch.

Woran liegt das? In den genannten Fächern hat man Methodik und Vorgehen gelernt und gerade in Chemie auch tatsächlich einiges Grundwissen erworben, das durch Experimente und Experimentieren im Gedächtnis verankert wurde. Die anderen Fächer waren Wissensfächer oder welche, für die Talent benötigt wird, wie zum Beispiel Kunst. Das Wissen war teilweise extremes Detailwissen, was man unmöglich Jahre später in der Oberstufe ohne Vorwarnung wieder aus dem eff-eff erwarten konnte. Ein Beispiel ist der Aufbau eines Regenwurmes oder einer Raupe, gelernt in der Unterstufe oder Anfang der Mittelstufe. Oder das Auswendiglernen irgendwelcher Klimazonen am anderen Ende der Welt. Da blieb einfach nichts hängen, teilweise nicht einmal, dass man es mal durchgenommen hatte:
"Woher sollen wir denn das Wissen?"
"Das war Teil des Lehrplanes. Das müsst ihr jetzt schon lange können, das ist Grundlage."
"Wann?"
"Na, in der 8. Klasse. Da müsst ihr euch noch dran erinnern."

Ich übertreibe nur leicht, solche Dialoge zwischen Schülern und Lehrer gab es regelmäßig, verbunden mit einem abschliesenden Aufstöhnen durch Dritte. Es wurde tatsächlich von den Schülern auch noch erwartet grob das Schuljahr zu wissen, in dem es durchgenommen wurde. Wie ernsthaft die das gemeint haben oder ob es uns nur antreiben sollte, dass weiß ich nicht. Aber für die Lehrer natürlich kein Problem, wenn die alle zwei oder drei Jahre die selbe Jahrgangsstufe mit gleichem oder ähnlichem Lehrplan unterrichten, dann wissen die natürlich nach einem Jahrzent Lehrerberuf auswändig wann was dran kam. Wurde entsprechendes Wissen dann in der Oberstufe verlangt, so konnte man sich das ganze auch schnell anlesen, schneller als man es in der Unterstufe verarbeiten konnte. Das liegt aber nicht daran, dass man es schon einmal gehabt hatte. Eine solche Erklärung überzeugt nicht, wenn nicht einmal der Hauch einer Erinnerung hängen geblieben ist, etwas auch nur durchgenommen zu haben, vom konkreten inhaltlichen Wissen ganz zu schweigen. Mit 16 oder 17 ist das Gehirn einfach deutlich weiter entwickelt, als mit 11 oder 12 Jahren oder gar 10 Jahren. Schon rein biologisch.

Ja, es waren absolute Grundlagen des entsprechenden Faches, die da in der Oberstufe erwartet wurden, aber keine die ein (umfangreiches) Abquälen bis zum Realschulabschluss gerechtfertigt hätten. Für wen es nicht interessant war und wer es später nicht mehr brauchte, für den war es wirklich überflüssig. Und wer es später brauchte, für den eigentlich auch, wenn er sich nicht schon vorher dafür interessiert hat, so das etwas hängen blieb. War dies nicht der Fall, kein Problem in der Oberstufe (die Außnahmen habe ich genannt, die Grundlagen in Grammatik und Deutsch allgemein oder die Übung und Methodik aus der Mathematik lassen sich nicht mal eben kurz im Schnelldurchlauf für die Oberstufe nachholen).

Nach welchen Kriterien macht man nun also solche (im wahrsten Sinne des Wortes) Nebenfächer verbindlich?

Nachtrag:
Ich gehe soweit zu sagen: In den meisten Fächern besteht kaum ein Nutzen, wenn gar kein nennenswertes Interesse da ist. Und bis zum Beginn der Oberstufe auch kein Schaden, wenn auf Grund mangelnden Interesses keinen Nutzen daraus gezogen wurde. Auch nicht auf die Auswahl und Möglichkeiten in der Oberstufe, denn was hier vorrausgesetzt wurde liese sich einem 16-jährigen in einem Crash-Kurs beibringen (einem 10-jährigen nicht).


Also, womit ist die Zeit eines Kindes oder eines jungen Jugendlichen ab der 5. Klasse am besten genutzt?

Durchgehend Deutsch, Mathe, Englisch, Physik, fast durchgehend Chemie,

1 oder 2 Jahre Geschichte und Politkunterricht als staatsbürgerliche Grundbildung für jeden (auf dem Gymnasium und der Realschule natürlich auf einem höheren Niveau als auf der Hauptschule)

1 oder 2 Jahre Biologie

1 Jahr Erdkunde

1 Jahr Religionskundeunterricht

und ansonsten nach Interessen (was natürlich auch eines der nicht durchgehenden Fäche umfassen kann, welches dann nach den grundlegenden, verpflichtenden 1 oder 2 Jahren fortgeführt oder schon vor dem Pflichjahr belegt wird). Dieses Interesse kann natürlich auch eine zweite oder sogar dritte Fremdsprache umfassen.

Natürlich gibt es da organisatorische Einschränkungen, die unvermeidlich sind. Auch kann kein jährlicher Wechsel von Fächern nach Lust und Laune gestattet werden, aber bei allen nicht oben aufgeführten Fächern sehe ich in jedem mehr an Flexibilität von

a) Schule zu Schule gegenüber zentralen Plänen

und

b) Schüler gegenüber weisen Plänen der Schule

keinen Schaden, sondern nur Nutzen und eine sinnvollere, nachhaltiger Nutzung der Zeit, die in junger Schüler zum vernünftigen Lernen aufbringen kann. Die Begründung habe ich oben geliefert.

Edit und PS
:

Konfessionellen Religionsunterricht habe ich hier jetzt ausgeklammert, da er ein Fass für sich ist. Da spielen viele grundsätzliche und auch ideologische/ideele Frage rein, wie die Trennung von Religion und Staat, Integrationspolitik und Verfassungsrecht.

Auch habe ich Sport ausgeklammert, da er zwar theoretisch auch zur Bildung gehört und es einen Bildungsplan gibt, aber die Hauptargumentation vieler Eltern gegen die Abschaffung hat rein gar nichts damit zu tun. Stattdessen geht es hier um eine gesundheitpolitische Frage: Alle Kinder und Jugendliche sollen Bewegung haben. Dem kann ich leider nicht widersprechen, auch wenn ich das Fach nie gemocht habe. Die Noten könnte man aber abschaffen. Einen schriftlichen Test in Sport hatte ich nur ein einziges mal und das war in der Oberstufe.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."
-Thomas Jefferson
Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

Llarian Offline



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09.04.2013 00:33
#125 RE: Sitzenbleiben Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #120

Aber das Argument stimmt so nicht.
Richtig ist: es gibt ein paar Kinder, die einen individuellen, über den Privatbereich hinausgehenden Nutzen haben.
Falsch ist: das es viele Kinder wären. Tatsächlich sind es nur sehr, sehr wenige.

Wieviele Gymnasiasten werden professionelle oder gewerbliche Künstler? Einer von Tausend? Einer von Zehntausend? Werden also 999 Kinder unnötig mit dem Fach Kunst gefüttert, damit ein Kind seine Neigung zu Kunst entdecken würde (die es etwa sonst nicht entdeckt hätte)?

Am Fach Kunst würde ich mich nicht aufhängen wollen, weil mir der Unterricht zu undifferenziert zwischen den Schulen erscheint. Wenn Sie es mir gestatten möchte ich lieber das "weiche Fach" einer zweiten Fremdsprache verwenden. Es stimmt das nicht viele, zumindest nicht gemessen an der groben Masse, diese Differenzierung brauchen. Aber diejenigen, die sie brauchen, werden ziemlich schwer getroffen, wenn sie die Möglichkeit nicht haben. Wie soll jemand sein Sprachtalent ausleben, wenn er auf Deutsch und Englisch festgelegt ist ? Wie soll er das überhaupt merken ? Ähnliche Argumentationen kann man für andere "weiche" Fächer, genauso wie auch für "harte" Fächer aufstellen.

Zitat
Sieht man sich die aufgewendete Zeit im Unterricht an, dann steht das Zeitkonto für die weichen Fächer Musik, Kunst, Erdkunde, Sport, Religion, zweite Fremdsprache (genauer: alles außer Englisch) und Geschichte in keinem Verhältnis zum späteren "Nutzwert im Leben".


Auch das halte ich nicht für richtig. Ich meine auch für einen Ingenieur ist es nicht falsch zu wissen was eine innertropische Konvergenzzone ist. Und auch ein Arzt ist sicher kein schlechterer Arzt, weil er neben Englisch auch ein paar Noten korrekt lesen kann. Und auch einem Informatiker schadet es nicht die grossen Weltreligionen zu kennen. Ich folge tatsächlich einem Bildungsideal das weit über das hinausgeht, was gerade "nützlich" erscheint. Vieles offenbart sich erst viel später im Leben.

Zitat
Die oben zitierten weichen Fächer wurden eingeführt und werden heute noch gelehrt, weil man nicht einen Individuellen Nutzen, sondern einen gesellschaftlichen Nutzen unterstellt.


Das mag mal der Sinn gewesen sein, aber das heisst nicht das der individuelle Nutzen nicht da ist. Ich bin froh, dass ich weiss wie sich Klimazonen verhalten. Und ich habe es auch nie negativ gesehen, dass ich den Unterschied zwischen piano und forte kenne. Ebenso bin ich ganz dankbar, dass ich weiss, wie sich mein Muskelturnus verhält, wenn ich meine Runden am Wochenende laufe. Das sind sicher alles keine Dinge, die ich in meinem Ingenieursleben oft brauche. Aber das Wissen nutzt mir. Und mir ging es immer eher wie Gansguoter weiter oben schon beschrieben hat: "Wie, man kann nur 12 Fächer wählen ? Ich will aber mehr !".

Zitat
Aber muss man heute die Vegetationszonen Südamerikas kennen? Jedes Wissen hat seinen Wert, das bestreite ich nicht. Aber ist der Wert noch so groß, dass man das zwangsweise allen Kindern aufbürden muss?


Die Frage die sich dabei stellt ist, was ist die Alternative ? Spezialkurse mit mehr "hartem" Wissen, damit die Kinder noch früher erwachsen werden ? Noch mehr Spezialisierung ? Stellen wir uns eine Schule vor, die all das "weiche" was Sie nicht haben wollen, wegnimmt. Und all die Zeit steht nun für hartes Wissen zur Verfügung. Dann haben wir Absolventen von 15 oder 16 Jahren. Die sich dann entscheiden sollen, was sie ihr Leben lang tun wollen. Wollen wir das wirklich ? Wollen Sie das ?

Zitat
Und bei Musik, Kunst, zweite Fremdsprache und ja: sogar Sport sehe ich das nicht mehr so.


Und das ist einer Gesellschaft wo jedes dritte Kind zu dick ist, jedes fünfte adipös und Kinderärzte behaupten, dass 70% der Kinder inzwischen Entwicklungsstörungen ihrer Motorik haben. Probleme übrigens, die sich im Erwachsenenalter nahezu überhaupt nicht mehr korrigieren lassen.

Zitat
Damit soll es für mich aber auch gut sein, denn mein Herzblut vergieße ich nicht bei dem Thema.


Ich schon. Weil ich Vater bin. Und ich mir schon Gedanken darüber mache wie Kinder gross werden. Deswegen bin ich auch immer irritiert, wenn ich Aussagen von den "Möglichkeiten seit 68" lese. Ich mache mir Sorgen das meine Kinder einmal genau solchen Bildungsexperimenten ausgesetzt werden. Und das sie in der Tat viel zu früh dazu gezwungen werden Entscheidungen zu treffen, die sie nicht treffen können.

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