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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

14.03.2016 12:51
#151 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #149
Können Sie dafür bitte eine Quelle nennen.
Um ein Bild zu bekommen über die Strahlenbelastung im Zusammenhang mit Fukushima empfehle ich den von Dr. Lutz Niemann verfassten, meines Ermessens, sehr informativen Artikel auf der ADG. Er erschien als Rezension eines Fernsehbeitrages in der ARD. Hier zu finden

Laut des Beitrags der ARD wurden in Fukushima 146.000 Menschen evakuiert. Dr. Lutz Nieman schreibt dazu:

Zitat von Dr. Lutz Niemann

Als Kriterium zur Evakuierung galt in Japan eine durch die freigesetzten Radionuklide zu erwartende Zusatzdo- sis von 20mSv pro Jahr. Dieses ist eine Dosis, die bei einer Ganzkörper-CT-Untersuchung erreicht wird und die dort erlaubt ist. Die von der ICRP (International Commission on Radiological Protection) als Kriterium für Evakuierung empfohlene Grenze liegt bei 100mSv im Jahr, also 5-fach höher. Mit den Evakuierungen wurde über 100 000 Men- schen grundlos die Heimat genommen, denn ein gesundheitliches Risiko gibt es nicht bei 100mSv, und schon gar nicht bei 20mSv im Jahr.


Als Vergleich dazu kann man sich einen alten Artikel aus der FAZ aus dem Jahr 2011 durchlesen, der ein recht dramatisches Bild der Strahlenbelastung zeichnet.

Zitat von FAZ
...wurden in Iitate die höchsten Strahlungswerte in der Präfektur Fukushima, 45 Mikosiervert pro Stunde, gemessen. In der vergangenen Woche lag in Iitate die radioaktive Strahlung noch bei 10 Mikrosievert pro Stunde. Sie fiel bis Mittwoch auf 6 Mikrosievert pro Stunde, dadurch hätten die Einwohner immer noch bei 24 Stunden Aufenthalt im Freien in einer Woche bereits den Jahresgrenzwert von 1000 Mikrosievert erreicht.


1000 Mikrosievert/a sind 1mSv/a (Der von Herrn Niemann in seinem Artikel ebenfalls diskutierte Grenzwert). Hier Übrigens eine Deutschlandkarte mit der natürlichen Strahlenbelastung im Bundesgebiet:

Mittlere Strahlenexposition (Dosisleistung in mSv/a)außerhalb von Gebäuden in Deutschland.

Wenn man den von der FAZ Autorin herangezogenen Jahresgrenzwert von 1mSv/a als sinnvoll für eine "Gefahrengrenze" erachtet, stünde fast die komplette Bundesrepublik kurz vor einer notwendigen Evakuierung, bzw. müsste in Teilen evakuiert werden.

Der von der Autorin genannte Strahlungsdosis Höchstwert von 45µSv/h bedeutete dabei umgerechnet eine Belastung von 395 mSv/a. Er war allerdings zum Zeitpunkt des Artikels schon auf 6µSv/h abgefallen. Dies entspräche einer Belastung von 53 mSv/a, also etwa dem, was die Crew von Langstreckenflügen jedes Jahr "abbekommt". Beides sind, wie man dem Artikel von DR. Niemann entnehmen kann, recht unbedenkliche Strahlendosen. Im Rahmen einer Chemotherapie verarbeitet der Körper zum Beispiel Strahlendosen von 2000mSV/10 Minuten.

Es gibt, nebenbei bemerkt, dicht besiedelte gebiete, welche natürliche Hotspots im Bereich 45µSv/h aufweisen. Zum Beispiel Guarapari

Herzlich


nachdenken_scherzt_nicht

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Martin Offline



Beiträge: 4.129

14.03.2016 15:54
#152 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #151
Zitat von xanopos im Beitrag #149
Können Sie dafür bitte eine Quelle nennen.
Um ein Bild zu bekommen über die Strahlenbelastung im Zusammenhang mit Fukushima empfehle ich den von Dr. Lutz Niemann verfassten, meines Ermessens, sehr informativen Artikel auf der ADG. Er erschien als Rezension eines Fernsehbeitrages in der ARD. Hier zu finden


Lieber nsn,

ich denke, der Artikel hat Schwachpunkte, der Physiker scheint manche Regularien nicht zu kennen, sonst würde er nicht locker flockig schreiben, dass eine CT-Dosis 'erlaubt' sei. Dasselbe gilt für den Vergleich zur Chemotherapie. Bei der medizinischen Behandlung von Menschen gilt die Abwägung von medizinischem Nutzen gegenüber dem Risiko, es geht also um eine bewusste Inkaufnahme eines Risikos, weil man sich einen Nutzen davon verspricht. Da gelten nicht unbedingt absolute Grenzwerte. Ärzte sind deshalb mit CTs sehr zurückhaltend, und ein mir bekannter Physiker, Spezialist in Sicherheitsfragen und CT-Konstruktion (trifft man bei Normierungsgremien) sagt klar 'nur wenn unbedingt nötig'.

Ein besserer Ansatz ist der Vergleich mit Grenzwerten im beruflichen Strahlenschutz, wo 'sicher' heißt, dass man von keiner Gefährdung mehr ausgeht. Das sind dann 20mSv/a oder nicht mehr als 100mS über 5 aufeinanderfolgende Jahre. Bei Schwangeren für das ungeborene Kind nicht mehr als 1mSv pro Monat.

Bei Personen unter 18 darf die Dosis max. 6mSv/a betragen.

Diese Grenzwerte mag man diskutieren, aber sie sind Stand der Technik in Deutschland. So wird der Herr Niemans Beitrag erst mal seine Privatmeinung. 'Kein gesundheitliches Risiko' gibt es vielleicht für Physiker, aber nicht für Mediziner, Kriterien für Evakuierung beinhalten bereits eine Risiko/Nutzen-Abwägung. Da sollte jeder Schuster bei seinem Leisten bleiben.


Gruß, Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

14.03.2016 16:06
#153 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #152
Diese Grenzwerte mag man diskutieren, aber sie sind Stand der Technik in Deutschland.



Sie sind eher "Stand der Dinge". Basis ist die LNT-Hypothese, die durch keinerlei Erfahrungswerte und nicht mal durch die Logik unterfüttert ist, sondern lediglich ein sehr einfaches Dosis-Management erlaubt.

Die Grenzwerte sind also sicher nicht "Stand der Wissenschaft". Wie anderswo erwähnt: ganz Colorado und der Schwarzwald, aber erst recht einzelne Gebiete in Indien und dem Iran müssten voller siechender Menschen sein.

Zitat

So wird der Herr Niemans Beitrag erst mal seine Privatmeinung. 'Kein gesundheitliches Risiko' gibt es vielleicht für Physiker, aber nicht für Mediziner, Kriterien für Evakuierung beinhalten bereits eine Risiko/Nutzen-Abwägung. Da sollte jeder Schuster bei seinem Leisten bleiben.



Und was sind diese Risiko/Nutzen-Abwägungen? Die Evakuierung hat ja nun reichlich Todesopfer gefordert. Der Nachweis, dass die Strahlung überhaupt Opfer gefordert hätte, bleibt aber offen.

Das Handling des Unfalls von Fukushima war das Problem, nicht der Unfall selber. Man hat danach ja die sinnlosen Versuche gesehen, die eh schon extrem niedrigen Grenzwerte (z.B. für Nahrungsmittel wie Fische) noch tiefer zu setzen - damit befeuert man ja die irrationale Strahlenangst nochmal, und löst zusätzlich zu physischen Problemen auch noch psychische Probleme aus.

Gruß
hubersn

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Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

14.03.2016 16:10
#154 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #152

Diese Grenzwerte mag man diskutieren, aber sie sind Stand der Technik in Deutschland.
Gruß, Martin


Ich bin kein Physiker, aber das sollte man so nicht stehen lassen. "Stand der Technik" ist Floskel für die Summe der technischen Möglichkeiten zur Umsetzung eines definierten Ziels. als solches können Grenzwerte nicht "Stand der Technik" sein. Die verfügbaren Messmethoden können zum Beispiel "Stand der Technik" sein.

In Deutschland ist "Stand der Technik" auch gern eine Umschreibung für aus politischen Gründen gewählte technische Rahmenbedingungen beim Betrieb technischer Anlagen oder Maschinen. Dieser "Stand der Technik" hat also nur sehr, sehr begrenzt etwas mit einem "Stand der Wissenschaft" zu tun und noch viel weniger mit einem objektivem Risikomanagement.

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Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

14.03.2016 16:57
#155 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #152
Bei der medizinischen Behandlung von Menschen gilt die Abwägung von medizinischem Nutzen gegenüber dem Risiko, es geht also um eine bewusste Inkaufnahme eines Risikos, weil man sich einen Nutzen davon verspricht.

Lieber Martin.

Ich denke nicht, dass die Intention von Herrn Niemann war, noch war es meine, medizinisch induzierte Strahlendosen in Rahmen einer Chemo Therapie oder bei einem CT als Persilschein für Unbedenklichkeit jeglicher radioaktiven Belastung anzuführen.

Es ging mir hier - und dieses Verständnis habe ich vorausgesetzt und bin deswegen auch nicht näher darauf eingegangen - um die Erläuterung der Größenordnungen von denen wir reden.

Fakt ist allerdings, dass bisher wohl noch keine schädliche Wirkung von Radioaktivität unterhalb der Dosis von 200mSv überhaupt beobachtbar war. So zumindest stellt es das UNSCEAR fest. Wohlbemerkt bei 200 mSV, ohne(!) Einschränkung darüber wie schnell diese Einwirkung stattfand -- und wir sprechen hier bei der "Verseuchung" von ~ 100 mSv/a (bzw 350 mSv/a im kurzzeitigen Maximum ) --.

Zitat von Dr. Lutz Niemann
Das unter dem Dach der UN für die Untersuchung der Wirkungen von Strahlung zuständige Fachgremium UNSCEAR (United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation) sagt, daß unterhalb von 200 Milli-Sievert noch nie eine schädliche Wirkung von Strahlung auf Menschen bewiesen worden ist (wobei über die Zeit der Einwirkung nichts gesagt ist).

Das würde ich jetzt auch nicht einmal „Stand der Technik“ nennen, sondern vielleicht eher „Stand der „Erkenntnis“.

Insofern scheint mir eine Einschätzung von "20 mSV bei einem CT nur wenn unbedingt nötig" eher als eine persönliche, sehr konservative Risikoeinschätzung. Dass Ärzte nur sehr zurückhaltend CTs verodnen, kann ich aus eigener Erfahrung dabei nicht bestätigen. Herr Doktor Niemann war übrigens nicht „nur“ Physiker, sondern auch sehr lange Zeit im Strahlenschutz tätig.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen:
Ich behaupte nicht, dass man sich radioaktiver Strahlung ohne Bedenken aussetzen soll und wo man sie vermeiden kann, sollte man sie vermeiden. Aber aus 20 mSV Belastung eine Gefahr zu konstruieren, gleich ob in einer Minute oder in einem Jahr, halte ich für übertrieben. Das ist allenfalls ein Restrisiko, welches wir deutlich größer jeden Tag vielfach eingehen. Alleine beim Überqueren einer Strasse.

Die sozialen Folgen einer Evakuierung von 150.000 Menschen kann man sicherlich messen und beschreiben. Die Folgen einer Strahlenbelastung von 100mSv/a, konnte man bis zum heutigen Tage nicht nachweisen. Wie Herr Niemann in seinem Artikel beschrieb und hubersn richtig erläuterte, sind die heutigen Grenzwerte kein „Stand der Technik“, sie sind ein aus Übervorsichtigkeit abgeleiteter „Stand der Dinge“.

Zettel hatte übrigens einmal einen Beitrag verfasst, welcher sich mit der Wirkung besonders niedriger Dosen radioaktiver Strahlung auseinander setzte. Zu finden hier. Ich meine auch irgendwo gelesen zu haben, dass Feldstudien zu Tschernobyl einen ähnlichen Langzeiteffekt bei Vögeln ergeben haben, ohne dass ich etwas zur statistischen Relevanz der Untersuchungen sagen kann. Solche Artikel lassen nun die „Stand der Technik Grenzwertfindung“, wie 1mSV/a nochmals in einem ganz anderen Licht erscheinen.

Dass der Grad der "radioaktiven Verseuchung" in Japan in der deutschen Medienlandschaft maßlos überzeichnet dargestellt wurde, erscheint mir auf jeden Fall offensichtlich.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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Martin Offline



Beiträge: 4.129

14.03.2016 17:33
#156 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #154
Zitat von Martin im Beitrag #152

Diese Grenzwerte mag man diskutieren, aber sie sind Stand der Technik in Deutschland.
Gruß, Martin


Ich bin kein Physiker, aber das sollte man so nicht stehen lassen. "Stand der Technik" ist Floskel für die Summe der technischen Möglichkeiten zur Umsetzung eines definierten Ziels. als solches können Grenzwerte nicht "Stand der Technik" sein. Die verfügbaren Messmethoden können zum Beispiel "Stand der Technik" sein.

In Deutschland ist "Stand der Technik" auch gern eine Umschreibung für aus politischen Gründen gewählte technische Rahmenbedingungen beim Betrieb technischer Anlagen oder Maschinen. Dieser "Stand der Technik" hat also nur sehr, sehr begrenzt etwas mit einem "Stand der Wissenschaft" zu tun und noch viel weniger mit einem objektivem Risikomanagement.


'Stand der Technik' war vereinfacht, konkret steht beispielsweise im der Medizingeräterichtlinie die Floskel "..und zwar unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Stands der Technik" (anderswo auch "Regeln der Technik"). Dazu gehören auch Grenzwerte. Bei elektrischen Gefahren die Höhe der zulässigen Ableitströme, bei mikrobiellen Gefahren die erlaubte Anzahl Patogene, usw. Diese gehen natürlich einher mit Mess- oder Nachweismethoden. Auf diese Floskel hat man sich halt geeinigt, da darf jeder in Normierungsgremien oder in die EU-Kommission gehen und sich für ein anderes Etikett verkämpfen. Aktuell ist es ein m.W. weit verbreiteter Begriff in der Rechtsprechung und Grundlage von Gutachten.

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

14.03.2016 17:51
#157 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #155


Zitat:Fakt ist allerdings, dass bisher wohl noch keine schädliche Wirkung von Radioaktivität unterhalb der Dosis von 200mSv überhaupt beobachtbar war. So zumindest stellt es das UNSCEAR fest.


Es gibt Gefahren, deren Wirkung man eben nicht so einfach zuordnen oder nachweisen kann, da 'beobachtet' dann niemand etwas, wie wenn Jemandem ein Blumentopf auf den Kopf fällt. Das ist wie beim Feinstaub, der uns alle umtreibt. Da werden Tierversuche und 'epidemiologische Studien' gemacht, aber es wird keinen Totenschein geben, auf dem als Ursache 'Feinstaub' steht.

Ich will hier die Grenzwerte gar nicht beurteilen, wir haben als Kinder noch beim Schuhhaus Salamander unsere Füße in einen Kasten gestellt, und oben hat die Verkäuferin dann durchgekuckt und sich meine Zehenknochen und den Umriss des Fußes im Schuh auf dem Röntgenschirm angeschaut. Zum Glück sind die Zehen noch dran.

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man in diesem Bereich zwar ordentlich herumpoltern kann, man sollte es aber in Kenntnis der Regeln machen. Mit den Gefahren der Strahlung kam der m.W. bis heute vertretene Begriff 'as low as reasonably achievable' (ALARA). Das stellt dann den Techniker vor das Problem nachzuweisen, dass ein niedriger Wert nicht erreichbar sei. Da hacken dann Juristen gerne darauf herum, wenn man sie da ran lässt. Deshalb hat man gesetzlich festgelegt Werte, um wiederum die Juristen im Zaum zu halten.

Gruß, Martin

Moro Offline



Beiträge: 21

14.03.2016 19:07
#158 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Hallo zusammen

Ich bin seit 1986 im Strahlenschutz tätig und möchte ein paar Bemerkungen zu der Diskussion um Grenzwerte und Folgen von Strahlung machen. Im Strahlenschutz unterscheiden wir in zwei verschiedene Strahlenschäden. Es gibt die direkte Schädigung unseres Körpers bei kurzer aber hoher Bestrahlung. Das sind dann Blutbildveränderung, Ausfallen der Haare, Organversagen usw. Hier sind dann aber schon Dosen von mehreren Sievert "nötig". Dann gibt es eben die Spätschäden, also Erbgutveränderungen, Schäden in der DNA, Probleme beim Reparaturmechanismus unserer Zellen usw. Bei den Spätschäden wird in Fachkreisen sehr kontrovers diskutiert welche Dosis in welcher Zeit problematisch sein kann. Dazu fehlen uns aber auch statistische Belege, was bei den wenigen Unfällen auch kein Wunder ist. Was man heute meint zu wissen ist, welches Risiko einer Schädigung man bei einer gewissen Dosis ausgesetzt ist. Das von Martin erwähnte ALARA Prinzip sagt das ganz gut aus, wichtig an diesem ALARA ist das reasonably, also vernünftig oder aber bezahlbar.
In der Strahlenschutzverordnung der Schweiz, in der BRD glaube ich auch, weiss ich aber nicht sicher, gibt es seit ein paar Jahren die Pflicht zur Optimierung und zur Rechtfertigung. Der zuständige Strahlenschützer muss also die geplanten Tätigkeiten, bei denen es zu Dosis-Akkumulationen kommen kann, sehr gründlich hinterfragen. Er kann also nicht ein paar Mitarbeiter in einen Bereich mit erhöhter Dosisleistung schicken, damit sie die Wände neu streichen, weil ihm die Farbe nicht mehr gefällt.
Die Vergleiche mit Dosen bei Transatlantikflügen oder medizinischen Untersuchungen und Therapien ist m.M.n. nicht sehr glücklich. Als strahlenexponierter Mensch bin ich diesen Strahlenbelastungen zusätzlich ausgesetzt. Und das Radiologen bemüht sind, z.Bsp. Röntgenaufnahmen nur zu machen, wenn es unbedingt nötig ist, kann ich aus persönlicher Beobachtung nicht bestätigen. Ich hatte bisher immer das Gefühl die teuren Anlagen müssen bezahlt werden, aber das ist natürlich sehr subjektiv.

Grüsse aus der Schweiz

Moro

Martin Offline



Beiträge: 4.129

14.03.2016 19:30
#159 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Moro im Beitrag #158
Und das Radiologen bemüht sind, z.Bsp. Röntgenaufnahmen nur zu machen, wenn es unbedingt nötig ist, kann ich aus persönlicher Beobachtung nicht bestätigen. Ich hatte bisher immer das Gefühl die teuren Anlagen müssen bezahlt werden, aber das ist natürlich sehr subjektiv.

Grüsse aus der Schweiz

Moro


Ich denke, da muss man unterscheiden: Es gibt niedergelassene Ärzte, die einfache Röntgengeräte haben, und die sich natürlich amortisieren müssen. Die sind dann auch laxer, weil die Belastung relativ niedrig ist. CTs findet man dagegen kaum in normalen Praxen, die werden eher von darauf spezialisierten radiologischen Praxen betrieben, die Entscheidung wird nicht dort, sondern vom überweisenden Arzt gefällt, der in der Regel keinen Druck hat, andere Geräte auszulasten.

In D gibt es den 'Röntgenpass', wo alle Anwendungen eingetragen werden sollten, allerdings machen das vor allem niedergelassene Ärzte kaum, und die Patienten wissen in der Regel gar nicht, dass sie einen haben. Richtige Idee, funktioniert aber in der Praxis nicht.

Gruß, Martin

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

14.03.2016 20:23
#160 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #157
Es gibt Gefahren, deren Wirkung man eben nicht so einfach zuordnen oder nachweisen kann, da 'beobachtet' dann niemand etwas, wie wenn Jemandem ein Blumentopf auf den Kopf fällt.
Richtig. Dazu benutzt man statistische Verfahren, von denen ich auch hier ausgehe. Im Rahmen einer statistischen Relevanz, dürfte es bei den diskutierten Strahlendosen schwer bis unmöglich sein, etwas "nachzuweisen". Das ist ein prinzipielles Problem der Messauswertung.

In meinem Hinweis ist daher natürlich keine absolute Aussage enthalten, sondern lediglich ein Hinweis auf die (relative) Höhe des Risikos, über das wir hier sprechen. Ein Risiko, das in vielen bereichen als nicht meßbare Restgröße verbleibt. Es kann existieren, muss aber nicht. Der Aufwand hingegen, der betrieben wird es auf definitv "null" zu bringen, den kennen wir alle.

Zitat von Martin im Beitrag #157
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man in diesem Bereich zwar ordentlich herumpoltern kann, man sollte es aber in Kenntnis der Regeln machen.
Nun hätte ich hier nirgendwo ein herumpoltern wahrgenommen, aber zu Formulierungen hat natürlich jeder seine eigene Wahrnehmung. Auch kann ich jetzt nicht direkt erkennen, woran Sie eine Unkenntnis von (welchen?) Regeln fest machen.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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hubersn Offline



Beiträge: 1.342

14.03.2016 20:29
#161 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #155
Insofern scheint mir eine Einschätzung von "20 mSV bei einem CT nur wenn unbedingt nötig" eher als eine persönliche, sehr konservative Risikoeinschätzung.


Bei medizinischen Anwendungen - wie z.B. Bestrahlung von Krebsgeschwüren - ist zu beachten, dass es sich meist um eine sehr lokale Anwendung handelt. Insofern ist eine Ganzkörperdosis, wie sie der Strahlenschutz mit Grenzwerten versieht, nicht mit einer lokalen Dosis zu vergleichen.

In den einzelnen Ländern dieser Welt geht man sehr unterschiedlich mit Bestrahlung zu medizinischen Zwecken um. Trotzdem gibt es meiner Kenntnis nach keine Untersuchung, die diese Unterschiede signifikant positiv korreliert mit Schädigungen irgendwelcher Art. Ein weiterer Hinweis darauf, dass unsere Grenzwerte extrem konservativ - und, denkt man an den Themenkomplex Strahlenhormesis - sogar mehr schaden als nutzen.

Gruß
hubersn

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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

14.03.2016 22:54
#162 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #161
Bei medizinischen Anwendungen - wie z.B. Bestrahlung von Krebsgeschwüren - ist zu beachten, dass es sich meist um eine sehr lokale Anwendung handelt. Insofern ist eine Ganzkörperdosis, wie sie der Strahlenschutz mit Grenzwerten versieht, nicht mit einer lokalen Dosis zu vergleichen.
Wenn es hier ein Mißverständnis gab: Ein solcher, grundsätzlicher Vergleich lag nicht in meiner Absicht.

Mir ging es nur um folgendes: Sollte man als Faktum akzeptieren, dass unterhalb von 200 mSV noch niemals eine statistisch relevante Schädigung nachgewiesen werden konnte, würde ich eine statistisch relevant nachweisbare Schädigung bei 20 mSV (ganz gleich in welchem Zeitraum und in welcher lokalen Ausdehnung) ebenfalls nicht erwarten. Das heisst natürlich nicht, dass es eine solche Schädigung nicht trotzdem grundsätzlich geben kann, aber das Risiko würde ich als "recht überschaubar" einwerten.

Mir ging es bei diesen ganzen Vergleichen, wie weiter oben erläutert, auch um ein "klar machen der Größenordnung", von der wir hier sprechen. Ich habe zum Beispiel eine Info Seite zu Fukushima in Erinnerung, wo die 10 fache Überschreitung des (recht willkürlichen) Grenzwertes von 1mSv/a skandalisiert wurde. Der Laie liest "10fache Überschreitung" und ist entsetzt. Ich glaube aber nicht, dass sich jemand wegen 10 mSV/a, zumal für einen für einen begrenzten Zeitraum, jetzt sehr große Sorgen machen müsste.

Viele lesen "Evakuierung" und lesen die "große radioaktive Verseuchung" gleich mit. Sich die Relationen klar zu machen, zeichnet da ein ganz anderes Bild.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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hubersn Offline



Beiträge: 1.342

14.03.2016 23:39
#163 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #157

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man in diesem Bereich zwar ordentlich herumpoltern kann, man sollte es aber in Kenntnis der Regeln machen.



Wer poltert? Wer kennt welche Regeln nicht?

Zitat

Mit den Gefahren der Strahlung kam der m.W. bis heute vertretene Begriff 'as low as reasonably achievable' (ALARA).



ALARA ist in der Tat v.a. in den USA immer noch das führende Prinzip. Ständige Minderung der radioaktiven Exposition v.a. des Personals. Kostet natürlich Unsummen und führt möglicherweise zum Gegenteil.

Zitat

Das stellt dann den Techniker vor das Problem nachzuweisen, dass ein niedriger Wert nicht erreichbar sei. Da hacken dann Juristen gerne darauf herum, wenn man sie da ran lässt. Deshalb hat man gesetzlich festgelegt Werte, um wiederum die Juristen im Zaum zu halten.



Die Juristen kann man einfach mit wissenschaftlich fundierten Grenzwerten im Zaum halten. Stattdessen haben wir politische Grenzwerte. Warum sonst haben wir nicht weltweit einheitliche Grenzwerte, sondern überall andere? Unsere Risikoeinschätzung und -bewertung ist so derart daneben - man denke daran, wieviele Tote jährlich durch mangelnde Hygiene in Krankenhäusern verursacht werden.

Es ist möglicherweise an der Grenze zur Verschwörungstheorie, aber wenn ich die Kernenergie aus dem Rennen nehmen will, ist es sicher eine gute Idee, die Grenzwerte so niedrig wie möglich anzusetzen und ständig auf eine Verschärfung drängen. Man denke an das Thema Endlagerung. Beim Abriss eines KKWs sind die Grenzwerte der einzige relevante Preistreiber.

Gruß
hubersn

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Martin Offline



Beiträge: 4.129

15.03.2016 05:51
#164 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #163


Wer poltert? Wer kennt welche Regeln nicht?


Das war auf den achgut-Beitrag dieses Physikers gemünzt, das hatte ich ja schon erläutert.

Zitat
ALARA ist in der Tat v.a. in den USA immer noch das führende Prinzip. Ständige Minderung der radioaktiven Exposition v.a. des Personals. Kostet natürlich Unsummen und führt möglicherweise zum Gegenteil.



Ich denke ALARA oder ALARP sind legitime Ansätze, wenn man Neuland betritt. Es ist ein gewisses Vorantasten. Das gilt aber für Strahlengefahren nicht mehr.

Zitat
Die Juristen kann man einfach mit wissenschaftlich fundierten Grenzwerten im Zaum halten.


Das schrieb ich ja. 'Gesetzlich' heißt ja nicht, dass die Gesetzgeber die Grenzwerte festlegen. In der Regel verweisen sie auf Normen, für die sich Fachleute auf Grenzwerte geeinigt haben.

Zitat
Stattdessen haben wir politische Grenzwerte. Warum sonst haben wir nicht weltweit einheitliche Grenzwerte, sondern überall andere? Unsere Risikoeinschätzung und -bewertung ist so derart daneben - man denke daran, wieviele Tote jährlich durch mangelnde Hygiene in Krankenhäusern verursacht werden.



Tja, je epidemiologischer desto Geschacher. Da gibt es gelegentlich Heiliges zu verteidigen. Feinstaub und Abgase sind die gerade prominentesten Heiligen. Da steht die Technik und der Grenzwert auch im Gesetz (Richtlinie) und nicht in einer internationalen Norm.

Gruß, Martin

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

15.03.2016 07:57
#165 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #164
Das war auf den achgut-Beitrag dieses Physikers gemünzt, das hatte ich ja schon erläutert.

Lieber Martin,

Mir ist unklar worauf Sie hinaus wollen.

Mir ging es darum, und wie ich meine kann man auch ganz genau so Herrn Niemanns Artikel lesen (wenn man nicht sogar sagen möchte, er drängt sich auf, ihn so zu lesen), in einer Öffentlichkeit, in der atomare Risiken völlig hysterisch überbewertet werden, die Größenordnungen klar zu machen. Bei nicht völlig fehlendem Wohlwollen dem Argument des anderen Gegenüber, darf man dabei davon ausgehen, dass ein Physiker, welcher im Strahelnschutz tätig war, die "Regeln" sehr gut kennt.

Wenn Sie hingegen schreiben, dass ein Bekannter vom Fach darauf hinweist, dass 20 mSV beim CT "nur wenn nötig" auf sich zu nehmen seien, lese ich darin wieder diese irrationale Angst vorm "Atom" - Ich mag das natürlich falsch verstanden haben. Aber würde ihr Bekannter auch sagen, man solle das Auto nur nutzen, wenn unbedingt notwendig? Das Risiko ist hier (statistisch nachweisbar!) sehr viel höher, gesundheitliche Schäden zu erleiden.

Ich verstehe Ihren Punkt daher so, dass Sie sagen wollen es sei eben schon "alles recht gefährlich" und Herr Niemannn verdreht die Tatsachen, um das zu verschleiern. So ist es in meinen Augen aber nun gerade nicht. Er hat ganz sicher keine wissenschaftliche Abhandlung geschrieben, welche auf Exaktheit Wert legt, aber einen Text, welcher auch einem Laien die Größenordnungen klar machen kann, von denen wir hier sprechen und welcher die durchaus vorhandene öffentliche Hysterie, beim Bewerten von Strahlungsrisiken, deutlich macht.

Aber möglicherweise unterliegen wir beide einem gegenseitigen Mißverstehen des Gegenübers. daher habe ich versucht meinen Punkt und mein Verstehen Ihres Punktes nochmals deutlich zu machen.



Zitat von Martin im Beitrag #164
Tja, je epidemiologischer desto Geschacher. Da gibt es gelegentlich Heiliges zu verteidigen. Feinstaub und Abgase sind die gerade prominentesten Heiligen. Da steht die Technik und der Grenzwert auch im Gesetz (Richtlinie) und nicht in einer internationalen Norm.
Hier sprechen Sie leider eine große Wahrheit gelassen aus. Strahlungsrisiken sind leider nicht die einzigen Risiken, welche völlig hysterisch und ohne Sinn und Verstand von der Öffentlichlichkeit wahrgenommen und teilweise vom Gesetzgeber verarbeitet werden.

Wenn mir diese Polemik erlaubt sei:
So sieht eine Gesellschaft aus, in der verhinderte Sozialpädagogen und Theologen die Experten zu naturwissenschaftlichen Fragen werden. Da sitzen dann ausschliesslich Kardinäle und Soazialarbeiter in einem Ethikrat, der über die Nutzung der Kernkraft befindet. Da ist es völlig normal, dass man vom "umweltschädlichen CO2" spricht. Und da werden wissenschaftliche (recht wacklige) Theorien auch schnell einmal zum Dogma, des neuzeitlichen "Gaia Schamanismus".

Mir treibt das nicht erst seit heute, in manch dunkler Stunde, auch einmal eine kleine Träne der Verzweiflung in die Augen.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Martin Offline



Beiträge: 4.129

15.03.2016 08:28
#166 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #165
Zitat von Martin im Beitrag #164
Das war auf den achgut-Beitrag dieses Physikers gemünzt, das hatte ich ja schon erläutert.

Lieber Martin,

Mir ist unklar worauf Sie hinaus wollen.

Mir ging es darum, und wie ich meine kann man auch ganz genau so Herrn Niemanns Artikel lesen (wenn man nicht sogar sagen möchte, er drängt sich auf, ihn so zu lesen), in einer Öffentlichkeit, in der atomare Risiken völlig hysterisch überbewertet werden, die Größenordnungen klar zu machen. Bei nicht völlig fehlendem Wohlwollen dem Argument des anderen Gegenüber, darf man dabei davon ausgehen, dass ein Physiker, welcher im Strahelnschutz tätig war, die "Regeln" sehr gut kennt.

Wenn Sie hingegen schreiben, dass ein Bekannter vom Fach darauf hinweist, dass 20 mSV beim CT "nur wenn nötig" auf sich zu nehmen seien, lese ich darin wieder diese irrationale Angst vorm "Atom" - Ich mag das natürlich falsch verstanden haben. Aber würde ihr Bekannter auch sagen, man solle das Auto nur nutzen, wenn unbedingt notwendig? Das Risiko ist hier (statistisch nachweisbar!) sehr viel höher, gesundheitliche Schäden zu erleiden.


Lieber nsn,

ich wollte nicht die Grenzwerte bewerten, ich habe lediglich eingehakt bei dem Punkt wo Niemann mit in der Medizin 'erlaubten' Grenzwerten argumentiert wurde, weil Grenzwerte bei der Behandlung durch Risiko/Nutzen-Abwägung 'sanktioniert' sind, und nicht notwendigerweise als allgemein sicher zu werten sind. Der mir bekannte Physiker und Experte hat sich mit den Frage ein halbes Berufsleben beschäftigt, hat sich auch im Selbstversuch extrem starken Magnetfeldern ausgesetzt (MRT neuester Entwicklung)) und kann kompetent von den teils schmerzhaften Nebenerscheinungen berichten - er ist kein ängstlicher Typ. 'Erlaubt' ist irreführend, in den USA wird teilweise darauf verwiesen, dass wegen des fehlenden Bewusstseins auch Kinder viel zu häufig ins CT kommen. Hier in D kenne ich die Ärzte da eher zurückhaltend (ich habe mir eines vor Jahren selbst verordnet, als ein Arzt keine Notwendigkeit sah).

Die FDA ist in dieser Diskussion überhaupt nicht ideologisch, dieser Artikel fasst die Sachlage zusammen: http://www.fda.gov/Radiation-EmittingPro...s/ucm115329.htm

Wie zu sehen ist, steht auch hier die risk/benefit Überlegung an erster Stelle, wo anscheinend noch Unsicherheit besteht ist die low dose radiation.

Für die Hersteller ist die Kenntnis des Diskussionsstands wichtig, da dies in die Handbücher einfließen muss. Meiner dunklen Erinnerung nach hat man vor Jahren versucht, einem Hersteller einen Strick zu drehen, nachdem das Krankenhauspersonal völlig unkontrolliert Kinder mehrfach ins CT geschoben hatte (Erwartung: Der Gerät müsse das verhindern). In jedem Fall geht es dann schnell um höhere Exposition, als das was Niemann locker als 'erlaubt' beschrieben hat.

Gruß, Martin

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

15.03.2016 10:37
#167 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #165


Wenn mir diese Polemik erlaubt sei:
So sieht eine Gesellschaft aus, in der verhinderte Sozialpädagogen und Theologen die Experten zu naturwissenschaftlichen Fragen werden. Da sitzen dann ausschliesslich Kardinäle und Soazialarbeiter in einem Ethikrat, der über die Nutzung der Kernkraft befindet. Da ist es völlig normal, dass man vom "umweltschädlichen CO2" spricht. Und da werden wissenschaftliche (recht wacklige) Theorien auch schnell einmal zum Dogma, des neuzeitlichen "Gaia Schamanismus".


Okay, ist nur 'ne Polemik, lieber n_s_n, aber dergleichen hat ja auch was Anregendes :


Ich verweise mal auf diesen Herrn (Schüler von Heisenberg und dessen Nachfolger im Max-Planck-institut, mittlerweile verstorben), dem man ja alles Mögliche nachsagen kann und mit dessen Auffassungen man auch nicht einverstanden sein muss, indessen: bisschen doof (darauf läuft Ihre Polemik ja hinaus) passt gewiss nicht.

Runtergekocht läuft es darauf hinaus, dass aus dem Sein kein Sollen folgt. Auch mit herausragenden Kenntnissen in Physik (hier Kernphysik) und allen möglichen hier relevanten Naturwissenschaften bekommen Sie die Kant'sche Frage (eine von der Sorte) "was soll ich tun" - in diesem Fall mit Atomkraftwerken - nicht beantwortet. Mit anderen Worten: Gegen einen Ethikrat mit Sozialpädagogen (falls es das gibt), meinetwegen auch mit Putzfrauen oder sonst was, spricht überhaupt nichts - mal abgesehen davon, dass gegen Ethikräte, in denen der Geist des Elitarismus wabert (egal, wer da mitmischt!) prinzipiell einiges spricht, mal vorsichtig und ganz unpolemisch ausgedrückt.

Ein analoges Beispiel: Es nutzt nix, wenn jemand behauptet, dass die AfD im erheblichen Maße von Leuten gewählt wurde, die intellektuell 'n bissle beschränkt sind; man könnte auf gewisse "auffällige" Wahlbezirke mit überdurchschnittlichen Ergebnissen und sonstige Analysen verweisen etc. pp. Das mag man dann auch als polemisch auffassen, es hat ja was von polemikos , zeugt aber hauptsächlich von einem Fehlverständnis von Demokratie - geht also eh ins Leere.

lich
Dennis

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

15.03.2016 11:10
#168 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #167
[Runtergekocht läuft es darauf hinaus, dass aus dem Sein kein Sollen folgt. Auch mit herausragenden Kenntnissen in Physik (hier Kernphysik) und allen möglichen hier relevanten Naturwissenschaften bekommen Sie die Kant'sche Frage (eine von der Sorte) "was soll ich tun" - in diesem Fall mit Atomkraftwerken - nicht beantwortet.

Bei der Frage hätte ich nun nicht an Kant gedacht, sondern an einen gewissen "N. Lenin". Aber ansonsten stimme ich natürlich zu - auch Expertise in Physik schützt nicht davor, die Club-of-Rome-Ideologie ins Mark aufzusaugen.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #167
Mit anderen Worten: Gegen einen Ethikrat mit Sozialpädagogen (falls es das gibt), meinetwegen auch mit Putzfrauen oder sonst was, spricht überhaupt nichts - mal abgesehen davon, dass gegen Ethikräte, in denen der Geist des Elitarismus wabert (egal, wer da mitmischt!) prinzipiell einiges spricht, mal vorsichtig und ganz unpolemisch ausgedrückt.

Was mich damals an dem Ethikrat irritiert hat, war nicht so sehr die personelle Zusammensetzung, sondern die Tatsache, daß er sich mit dem m.E. sehr naheliegenden ethischen Problem, ob es vertretbar ist, die Sicherheit der Energieversorgung einer Industrienation mit hastigen Großexperimenten (die im kleinen Rahmen schon nicht richtig funktioniert haben) aufs Spiel zu setzen, überhaupt nicht beschäftigt hat. Aber inzwischen ist das alles zweitrangig, da ein viel weiterreichendes und möglicherweise einschneidenderes soziales Experiment im Gange ist, ohne daß dafür eigens ein Ethikrat bemüht wurde. Die wahre Ethik und Antwort auf Lenins Frage ist eben, wenn das Bewußtsein erst in der klaren dünnen Luft der höchsten politischen Ämter geschärft ist, ganz offensichtlich.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.03.2016 11:46
#169 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #167
Runtergekocht läuft es darauf hinaus, dass aus dem Sein kein Sollen folgt. Auch mit herausragenden Kenntnissen in Physik (hier Kernphysik) und allen möglichen hier relevanten Naturwissenschaften bekommen Sie die Kant'sche Frage (eine von der Sorte) "was soll ich tun" - in diesem Fall mit Atomkraftwerken - nicht beantwortet. Mit anderen Worten: Gegen einen Ethikrat mit Sozialpädagogen (falls es das gibt), meinetwegen auch mit Putzfrauen oder sonst was, spricht überhaupt nichts - ...

Im Prinzip stimme ich da zu.
Wenn es ganz am Ende wirklich um eine ethische Bewertung geht, ist das technische Fachwissen nicht mehr gefragt.

Aber sehr nötig ist das in der Vorbereitung der Entscheidungen für den Ethikrat. D.h. der braucht eine klare Beschreibung der zur Auswahl stehenden Alternativen, mit Vor- und Nachteilen, Kosten und Risiken.
Daß es das nie gegeben hat (oder nur mit Wolkenschiebereien und Lügen à la "Kugel Eis pro Monat") war das wesentliche Problem.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

15.03.2016 14:09
#170 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #167

Mit anderen Worten: Gegen einen Ethikrat mit Sozialpädagogen (falls es das gibt), meinetwegen auch mit Putzfrauen oder sonst was, spricht überhaupt nichts - mal abgesehen davon, dass gegen Ethikräte, in denen der Geist des Elitarismus wabert (egal, wer da mitmischt!) prinzipiell einiges spricht, mal vorsichtig und ganz unpolemisch ausgedrückt.



Richtig.
Eigentlich sollte aber es ohnehin keine "Ethikräte" geben.
Denn für die Abwägung verschiedener (auch ethisch zu gewichtender) Alternativen, gibt es ja bereits ein Gremium. Nämlich das Parlament.

Es spricht nichts dagegen, dass das Parlament sich externe Expertise holt. Sei es durch Gutachten oder durch Anhörungen.
Und gerne kann bei diesen Anhörungen auch z.B. ein Vertreter der katholischen Kirche seine Meinung formulieren.
Und dies sollte durchaus auch in den Abwägungsprozess des Parlaments einfließen.

Einen "Ethikrat" als Nebenparlament braucht es dafür nicht.

Wobei solche Räte in den letzten Jahren tatsächlich immer mehr aus dem Boden sprießen und ein Eigenleben entwickeln.

Beispiel:
In meiner Heimatstadt wurde irgendwann in den späten 90ern mal ein sogenannter "Agenda-Prozess" gestartet, in dem interessierte Bürger in Arbeitskreis ihre Wünsche für die Stadtentwicklung formulieren konnten.
Soweit das dann einfach ein Input für die Stadtratsarbeit ist, ist das ja in Ordnung.
Einer dieser Arbeitskreise (der Arbeitskreis Verkehr) geistert aber nun nach 20 Jahren immer noch durch die Stadtpolitik und äußert sich zu jedem aktuellem Verkehrsthema. Und zwar ganz ausdrücklich mit dem Argument, man würde ja "die Bürger" vertreten und habe daher ein Mandat, gegen Stadtratsbeschlüsse zu argumentieren. Und dieser Narrativ - dass der "Arbeitskreis Verkehr" die wahren Bürgerinteressen gegen den Stadtrat verteidige - wird von der örtlichen Presse auch regelmäßig geschluckt.
In Wahrheit ist dieser Arbeitskreis halt schlicht eine Lobby-Organisation. Was natürlich in einer Demokratie zulässig ist. Aber so zu tun, als habe diese Lobby-Organisation mehr demokratische Legitimation als der Stadtrat ist halt schon lächerlich.

Dito bei "Ethik-Kommissionen".
Sowas kann es meinetwegen gerne geben. Man sollte sie aber nicht zu ernst nehmen: solche Kommissionen sind eben nichts anderes als eine weitere Lobby-Gruppe, die auf den eigentlichen Entscheider - das Parlament - Einfluss nimmt.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

15.03.2016 14:57
#171 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Oh. Da hat ja meine kleine Polemik mehr interessante Gedanken zu Tage gefördert, wie meine gerne ellenlangen, einschläfernden Selbstgespräche.

Und danke lieber R.A., dass Sie meinen Kritikpunkt, der Kern meiner Polemik war, so klar herausgestellt haben.

Zitat von R.A. im Beitrag #169
Aber sehr nötig ist das in der Vorbereitung der Entscheidungen für den Ethikrat. D.h. der braucht eine klare Beschreibung der zur Auswahl stehenden Alternativen, mit Vor- und Nachteilen, Kosten und Risiken. Daß es das nie gegeben hat (oder nur mit Wolkenschiebereien und Lügen à la "Kugel Eis pro Monat") war das wesentliche Problem.


Gegen ehtische Betrachungen spricht natürlich überhaupt nichts, ich finde sie sogar sinnvoll, nur das eben "Ethik im lufleeren Raum", keine Ethik ist. Sie ist unkonditionierte, freie Erfindung der eigenen Meinung.

Jetzt weiß ich natürlich nicht, wie gut jedes einzelne Ethikkomissionsmitglied den naturwissenschaftlichen Rahmen, inklusive Kosten / Nutzen Analyse des zu entscheidenden Gegenstands kannte. Aber meine empirische Erfahrung lässt mich da pessimistisch sein: Gleich, ob politische Entscheidungsträger von "umweltschädlichem CO2" sprechen, Journalisten in ihren Artikeln den Grenzwert von 1mSv/a als Maßstab für eine Bedrohung nutzen oder ich mir die Antworten im privaten Bereich anhöre, warum Radioaktivität so gefährlich sei - das scheint mir mittlerweile einfach alles unhinterfragtes Wissen zu sein.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

15.03.2016 15:10
#172 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #170

Und dieser Narrativ ... wird von der örtlichen Presse auch regelmäßig geschluckt.



Was das eigentliche Problem ist. Meiner Meinung nach kann man den Einfluss der Presse auf die deutsche Politik gar nicht hoch genug einschätzen.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

15.03.2016 15:13
#173 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #171

...- das scheint mir mittlerweile einfach alles unhinterfragtes Wissen zu sein.



Unhinterfragter Glaube. Der Kantsche Imperativ von der selbstverschuldeten Unmündigkeit gewinnt dramatisch an Bedeutung.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

15.03.2016 22:45
#174 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #170



.....Dito bei "Ethik-Kommissionen".
Sowas kann es meinetwegen gerne geben. Man sollte sie aber nicht zu ernst nehmen: solche Kommissionen sind eben nichts anderes als eine weitere Lobby-Gruppe, die auf den eigentlichen Entscheider - das Parlament - Einfluss nimmt.


Da bin ich ganz Ihrer Auffassung. Viel geht da auf Altbundeskanzler Schröder zurück, der in Gremien dieser Art ja richtig verliebt war, folgerichtig stammt von dessen Regierung auch das "Ethikratgesetz" - mittlerweile ein ziemlich toter Hund und man kann annehmen, dass auch politisch interessierte Leute vielfach nicht wissen, dass es dieses Ding überhaupt noch gibt. Allerdings beschäftigt sich speziell dieses Gremium nach meiner Kenntnis nicht mit den hier diskutierten Fragen, sondern mit allen möglichen anderen Dingen, die das Leben so mit sich bringt.

Dass für Schröder dergleichen ein Mittel zum politischen Finassieren war und nicht etwa der Idee geschuldet, er hätte Beratungsbedarf , kann man stark annehmen. Gleichwohl war das immerhin klug - oder - ich sach mal - auf jeden Fall schlau. Merkel tut gar nicht erst so, als ob sie Beratung welcher Art auch immer ernst nehmen würde. Wahrscheinlich nitt so schlau .

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

01.04.2016 11:07
#175 RE: Fukushima, die unendliche Geschichte Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #138
Es wurden übrigens weite Landstriche evakuiert, deren radioaktive Belastung unter der natürlichen radioaktiven Strahlung in auch deutschen Landstrichen liegen. Die sozialen Folgen dürften in vielen Fällen für die Betroffenen dramatisch gewesen sein,...

Als Ergänzung hier ein aktueller Bericht auf Novo Argumente über die Evakuierungen in Fukushima, welcher sich auf eine darin verlinkte Studie eines britischen Forschungsteams bezieht:

Fukushima-Evakuierung ohne Nutzen

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

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