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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 84 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Doeding Offline




Beiträge: 2.612

13.01.2015 08:38
#51 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von adder im Beitrag #49


Fängt man erst einmal an, Meinungen zu zensieren, nur um irgendjemanden etwas "zu ersparen" - dann begibt man sihc auf eine Abwärtsspirale, denn derjenige wird durch seinen Erfolg ermutigt danach weitere Einschränkungen fordern.


Dem möchte ich ausdrücklich zustimmen, lieber adder. Ich habe mir eben den Plasphemieparagraphen mal angeschaut, und ich empfinde seine Formulierung als hochproblematisch. Vermutlich gibt es ihn schon sehr lange, und man hat ihn nie auf die Dynamik muslimischer Empörungsneigung hin abgeglichen:

Zitat von § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.



Das Gesetz gibt sich präventiv, ist aber im Grunde ein pädagogisches Belohnungssystem: Wenn jemand Karikaturen über eine best. Religionsgemeinschaften veröffentlicht und man anschließend die Erfahrung macht, daß Teilnehmer dieser Religionsgemeinschaft z. B. mehrere christliche Kirchen niederbrennen, dann kann man zweifellos von einer "Störung des offentlichen Friedens" reden. Das Gesetz wird dann in Zukunft bewirken, daß solche Karikaturen verboten werden. Woraus sich für die Gewalttäter der simple pädagogische Effekt der Belohnung und Ermunterung ergibt. Die Macht über das Konzept "Störung des öffentlichen Friedens" hat so automatisch der Radikale. Der erfahrungsgemäß seine Forderungen erhöhen wird, denn die eigentliche Provokation für radikale Muslime ist nunmal das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Auch wenn dies, wie moise trumpeter schreibt (und was ich nicht beurteilen kann), in der Rechtsgeschichte tief verankert ist: Aus meiner Sicht gehört dieses Gesetz ersatzlos gestrichen..

Etwas völlig anderes ist dagegen, daß eine "Störung der Religionsausübung" unter Strafe steht, denn das tangiert die Freiheitsrechte Gläubiger in direkter Weise und hat dazu geführt, daß die Fementussi, die vor gut einem Jahr im Kölner Dom ihre vollgeschmierten sekundären Geschlechtsmerkmale exhibitioniert hat, wenigstens eine Geldstrafe erhalten hat.

Herzliche Grüße,
Andreas

Martin Offline



Beiträge: 4.129

13.01.2015 09:43
#52 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #51

Dem möchte ich ausdrücklich zustimmen, lieber adder. Ich habe mir eben den Plasphemieparagraphen mal angeschaut, und ich empfinde seine Formulierung als hochproblematisch. Vermutlich gibt es ihn schon sehr lange, und man hat ihn nie auf die Dynamik muslimischer Empörungsneigung hin abgeglichen:

Zitat von § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.


Das Gesetz gibt sich präventiv, ist aber im Grunde ein pädagogisches Belohnungssystem: Wenn jemand Karikaturen über eine best. Religionsgemeinschaften veröffentlicht und man anschließend die Erfahrung macht, daß Teilnehmer dieser Religionsgemeinschaft z. B. mehrere christliche Kirchen niederbrennen, dann kann man zweifellos von einer "Störung des offentlichen Friedens" reden. Das Gesetz wird dann in Zukunft bewirken, daß solche Karikaturen verboten werden. Woraus sich für die Gewalttäter der simple pädagogische Effekt der Belohnung und Ermunterung ergibt. Die Macht über das Konzept "Störung des öffentlichen Friedens" hat so automatisch der Radikale. Der erfahrungsgemäß seine Forderungen erhöhen wird, denn die eigentliche Provokation für radikale Muslime ist nunmal das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Auch wenn dies, wie moise trumpeter schreibt (und was ich nicht beurteilen kann), in der Rechtsgeschichte tief verankert ist: Aus meiner Sicht gehört dieses Gesetz ersatzlos gestrichen..



Nur, lieber Andreas Doeding,

macht es Sinn, wenn sich Nicht-Juristen über das deutsche Gesetzeswerk hermachen und Laienbeurteilungen treffen. Meines Wissens hat die Kunstfreiheit Priorität über das zitierte Gesetz, dessen Anwendung dann üblicherweise durch die Rechtsprechung konkretisiert wird, bzw. worden ist. Und soweit ich das überschauen kann gibt es in D kaum Einschränkungen der Kunstfreiheit, selbst wenn die öffentliche Ordnung gestört scheint. Zur Erinnerung http://www.berliner-zeitung.de/archiv/se...90,9780584.html ,es betrifft nicht nur den Islam.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.01.2015 10:05
#53 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #51
Zitat von adder im Beitrag #49


Fängt man erst einmal an, Meinungen zu zensieren, nur um irgendjemanden etwas "zu ersparen" - dann begibt man sihc auf eine Abwärtsspirale, denn derjenige wird durch seinen Erfolg ermutigt danach weitere Einschränkungen fordern.


Dem möchte ich ausdrücklich zustimmen, lieber adder. Ich habe mir eben den Plasphemieparagraphen mal angeschaut, und ich empfinde seine Formulierung als hochproblematisch. Vermutlich gibt es ihn schon sehr lange, und man hat ihn nie auf die Dynamik muslimischer Empörungsneigung hin abgeglichen:

Zitat von § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.


Das Gesetz gibt sich präventiv, ist aber im Grunde ein pädagogisches Belohnungssystem: Wenn jemand Karikaturen über eine best. Religionsgemeinschaften veröffentlicht und man anschließend die Erfahrung macht, daß Teilnehmer dieser Religionsgemeinschaft z. B. mehrere christliche Kirchen niederbrennen, dann kann man zweifellos von einer "Störung des offentlichen Friedens" reden. Das Gesetz wird dann in Zukunft bewirken, daß solche Karikaturen verboten werden. Woraus sich für die Gewalttäter der simple pädagogische Effekt der Belohnung und Ermunterung ergibt. Die Macht über das Konzept "Störung des öffentlichen Friedens" hat so automatisch der Radikale. Der erfahrungsgemäß seine Forderungen erhöhen wird, denn die eigentliche Provokation für radikale Muslime ist nunmal das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Auch wenn dies, wie moise trumpeter schreibt (und was ich nicht beurteilen kann), in der Rechtsgeschichte tief verankert ist: Aus meiner Sicht gehört dieses Gesetz ersatzlos gestrichen..

Etwas völlig anderes ist dagegen, daß eine "Störung der Religionsausübung" unter Strafe steht, denn das tangiert die Freiheitsrechte Gläubiger in direkter Weise und hat dazu geführt, daß die Fementussi, die vor gut einem Jahr im Kölner Dom ihre vollgeschmierten sekundären Geschlechtsmerkmale exhibitioniert hat, wenigstens eine Geldstrafe erhalten hat.

Herzliche Grüße,
Andreas


Zitat von http://www.rp-online.de/politik/deutschl...n-aid-1.4792686
Bereits zuvor hatte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, der Zeitung gesagt, "gerade nach den schrecklichen Morden in Paris sehe ich keinen Anlass dafür, den strafrechtlichen Schutz von Religionsgemeinschaften zu reduzieren". Überdies sei die "kriminalpolitische Relevanz dieses Paragrafen auch eher gering".


Irrationales Argumentieren (und auch Handeln) als Grundlage von Symbolpolitik bleibt das Merkmal dieser Regierung.
Das Problem an diesem Gesetz ist die Messlatte. Das ist geradezu eine Einladung für religiöse Fanatiker den öffentlichen Frieden zu stören, in dem sie Amok laufen. Also nicht der Grad der Beschimpfung ist maßgebend sondern das Maß an antizivilisatorischen Ausbrüchen in der Gesellschaft.
Ein Satz reicht aus, wenn daraufhin eine aggressive Gruppe auf eine friedliche losgeht.

Viele Grüße, Erling Plaethe



Je suis Charlie

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.01.2015 10:29
#54 § 166 StGB Antworten

Zitat von http://de.wikipedia.org/wiki/Beschimpfun...en#Rechtspraxis
2014 wurde Michael Stürzenberger zu einer Geldstrafe von 2500 Euro verurteilt, weil er sich auf dem Weblog Politically Incorrect äußerte: „Der Islam ist wie ein Krebsgeschwür, das die (noch) freien Völker dieses Planeten zersetzt und nach und nach mit dem Gift dieser brandgefährlichen, intoleranten, frauenfeindlichen, gewalttätigen und machthungrigen Ideologie infiziert.“[35]


Zitat von http://de.wikipedia.org/wiki/Beschimpfun...ngen#Tatbestand
Geschütztes Rechtsgut ist der öffentliche Friede, nicht das Bekenntnis als solches oder die bloßen Gefühle seiner Anhänger.[14] Die beschimpfenden Äußerungen müssen nicht an die Kreise gerichtet sein, in denen sie zur Störung des öffentlichen Friedens führen können. Es genügt, wenn zu befürchten ist, dass sie dort bekannt werden.[15] Bekenntnisse sind sowohl religiöse als auch weltanschauliche Vorstellungen, die sich von Überzeugungen oder Meinungen dadurch abgrenzen, dass sie für den Bekennenden als unmittelbar konstituierend für den Wert der eigenen Person erlebt werden.[16] Zu den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zählen sowohl die Kirchen und Religionsgemeinschaften als auch z.B. die Freimaurer oder die Humanistische Union.[17] Beschimpfen ist eine besonders gravierende herabsetzende Äußerung.[18] Die Ablehnung oder Kritik an einer Religion oder Weltanschauung sind nicht strafbar. § 166 StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt, d.h. der öffentliche Frieden muss durch die Beschimpfung nicht tatsächlich gefährdet sein, sondern berechtigte Gründe für die Befürchtung, der öffentliche Frieden könnte gestört werden, reichen aus.[19]

Viele Grüße, Erling Plaethe



Je suis Charlie

adder Offline




Beiträge: 1.073

13.01.2015 11:28
#55 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von adder im Beitrag #49
Zitat von moise trumpeter im Beitrag #46

Das ist er ganz gewiss, nach ein paar Jahrzehnten religiös/weltanschaulichen Bürgerkrieg dürften Sie allerdings öffentlichen Frieden etwas mehr wertschätzen, so wie die Europäer des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens ist die Erste Aufgabe jeder staatlichen Gewalt, wenn dies nicht gelingt, dann können sie sich alle weiteren hohen ethisch/moralischen Ansprüche sparen.



http://www.novo-argumente.com/magazin.ph...artikel/0001773

Zitat von Novo Argumente, Kenan Malik

In den letzten zwei Jahrzehnten ist eine Art moralische Selbstverpflichtung zur Zensur entstanden. Es hat sich die Vorstellung ausgebreitet, der öffentliche Diskurs über verschiedene Kulturen und Religionen müsse überwacht und die Redefreiheit eingeschränkt werden. In unseren pluralistischen Gesellschaften könnte sich ja jemand dadurch verletzt fühlen. In den Worten des britischen Soziologen Tariq Modood: „Wenn Menschen ohne Konflikte im selben politischen Raum leben sollen, dann müssen sie das Ausmaß, in dem sie andere einer Kritik ihrer grundlegenden Werte unterziehen, einschränken“. (...)
Reaktionäre in- und außerhalb muslimischer Gemeinden werden vom Kleinmut vieler sogenannter Liberaler und Linker ermutigt – von deren Widerwillen, für grundlegende freiheitliche Werte einzustehen, und ihrer Bereitschaft, die fortschrittlichen Stimmen in den Minderheiten zu verraten. Einerseits verschafft dies muslimischen Extremisten mehr Freiraum. Je öfter die Gesellschaft eine Lizenz zur Empörung vergibt, desto öfter werden Menschen die Möglichkeit ergreifen, empört zu sein. Und umso brutaler wird der Ausdruck ihrer Empörung ausfallen. Es wird immer Extremisten geben, die so reagieren, wie es die Attentäter von Charlie Hebdo taten. Das wahre Problem ist, dass ihre Taten auf fadenscheinige Art und Weise durch solche liberale Zeitgenossen legitimiert werden, die es nicht hinnehmbar finden, provokant und beleidigend zu sein.



Das sind die zwei wichtigsten Absätze dieses sehr lesenswerten Artikels.

Zitat
Je öfter die Gesellschaft eine Lizenz zur Empörung vergibt, desto öfter werden Menschen die Möglichkeit ergreifen, empört zu sein. Und umso brutaler wird der Ausdruck ihrer Empörung ausfallen.



Und das hier ist, was ich versuchte, darzustellen - nimmt man sich erst einmal zurück, begibt man sich automatisch auf die Straße gen Meinungsunfreiheit.

Daher stimme ich auch Andreas Doeding zu, dass der Blasphemieparagraph schnellstens ersatzlos gestrichen werden müsste. Dass das Stören der Religionsausübung unter Umständen (nämlich dann, wenn kein anderes Rechtsgut betroffen wäre) strafbar oder mit zivilrechtlichen Konsequenzen (auch diese Möglichkeit könnte man ja in Betracht ziehen) verbunden ist/sein sollte, hat damit erst einmal nichts zu tun. Natürlich kann ich nicht einfach auf dem Grundstück meines Nachbarn meine Religion ausüben, wenn er das nicht möchte. Allerdings sollte er mich auch nicht böswillig stören (wie z.B. die besagte Femen-Aktivistin), wenn ich auf meinem eigenen Grundstück meine Religion ausübe (ohne ihn zu beeinträchtigen).

adder Offline




Beiträge: 1.073

13.01.2015 11:33
#56 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #50
Zitat von adder im Beitrag #45
Entschuldigung, aber das sehe ich absolut anders. Der Rechtsstaat ist der Garant der individuellen Freiheit aller. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass eine Freiheitseinschränkung dann gerechtfertigt ist, wenn die Freiheit anderer oder Rechte anderer (im Idealfall sogar ein höherwertiges Rechtsgut oder eine als höherwertig zu betrachtende Freiheit) ansonsten eingeschränkt würde.
Die Meinungs- und die Pressefreiheit ist allerdings absolut höherwertig als jedes auch nur denkbare, bei solch einer 'Blasphemie' beeinträchtigte Rechtsgut.


http://www.sueddeutsche.de/panorama/irla...r-recht-1.59566

Lieber adder,

was ist schon absolut, wenn Menschen bewerten oder urteilen? Gesetze und Rechtsprechung sind Güterabwägungen, und wie Sie vielleicht sehen sind diese auch innerhalb Europas unterschiedlich, ohne dass jemand ernsthaft die Rechtmäßigkeit der Verfassungen in Frage stellen würde. Güterabwägungen sehen vielleicht in einigen Jahrzehnten auch D anders aus, wenn mehr Politiker oder Verfassungsrichter mit muslimischem Hintergrund unsere Politik und Rechtsprechung bestimmen (Frau Merkel hat ja gerade wieder bekräftigt, dass der Islam zu D gehört).

Interessant am referenzierten Artikel ist die für mich merkwürdige Haltung deutscher Journalisten, dass es zwar Gesetze gäbe, diese aber schon lange nicht mehr exekutiert würden. Die Exekutive richtet es? Oder sie wendet Gesetze nur dort an, wo sie ihre Präferenzen setzt? Ich glaube, das ist hierzulande eine verbreitete Geisteshaltung.

Gruß, Martin


Lieber Martin,
Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit sind liberale Grundwerte (zusammen mit Eigentum und körperlicher Unversehrtheit). Religiöses Empfinden ist das nicht. Nur weil eine wachsende Minderheit dieses Empfinden höher bewertet, ändert sich das nicht - bzw. wenn es sich ändert und dann das religiöse Empfinden einen extrem hohen Stellenwert hat, dann ist unser säkulärer Rechtsstaat auch Makulatur. Und dann sollte man als auch nur entfernt liberal denkender Mensch möglichst schnell weg sein.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

13.01.2015 11:35
#57 RE: § 166 StGB Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #54

Zitat von http://de.wikipedia.org/wiki/Beschimpfun...en#Rechtspraxis
2014 wurde Michael Stürzenberger zu einer Geldstrafe von 2500 Euro verurteilt, weil er sich auf dem Weblog Politically Incorrect äußerte: „Der Islam ist wie ein Krebsgeschwür, das die (noch) freien Völker dieses Planeten zersetzt und nach und nach mit dem Gift dieser brandgefährlichen, intoleranten, frauenfeindlichen, gewalttätigen und machthungrigen Ideologie infiziert.“[35]



Lieber Erling Plaethe,

was hat das mit Kunst und Karikaturen zu tun? Das Urteil steht übrigens lt. Stürzenberger zur Berufung an.


Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

13.01.2015 11:47
#58 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von adder im Beitrag #56

Lieber Martin,
Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit sind liberale Grundwerte (zusammen mit Eigentum und körperlicher Unversehrtheit). Religiöses Empfinden ist das nicht. Nur weil eine wachsende Minderheit dieses Empfinden höher bewertet, ändert sich das nicht - bzw. wenn es sich ändert und dann das religiöse Empfinden einen extrem hohen Stellenwert hat, dann ist unser säkulärer Rechtsstaat auch Makulatur. Und dann sollte man als auch nur entfernt liberal denkender Mensch möglichst schnell weg sein.


Lieber adder,

liberale Grundwerte sind offensichtlich nicht die einzigen Kriterien, nach denen die Menschen leben wollen. Ich hatte noch nie den Drang, andere in ihrer religiösen Überzeugung beleidigen zu wollen und habe mich dabei nie unfrei gefühlt. Es war Teil einer gut bürgerlichen Erziehung. Ich mache deshalb den Rechtsstaat nicht daran fest, wie extrem man an Grundfesten des menschlichen Zusammenlebens rütteln darf. Ich sehe durchaus faire Mittelwege.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.01.2015 13:43
#59 RE: § 166 StGB Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #57
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #54

Zitat von http://de.wikipedia.org/wiki/Beschimpfun...en#Rechtspraxis
2014 wurde Michael Stürzenberger zu einer Geldstrafe von 2500 Euro verurteilt, weil er sich auf dem Weblog Politically Incorrect äußerte: „Der Islam ist wie ein Krebsgeschwür, das die (noch) freien Völker dieses Planeten zersetzt und nach und nach mit dem Gift dieser brandgefährlichen, intoleranten, frauenfeindlichen, gewalttätigen und machthungrigen Ideologie infiziert.“[35]



Lieber Erling Plaethe,

was hat das mit Kunst und Karikaturen zu tun? Das Urteil steht übrigens lt. Stürzenberger zur Berufung an.


Nichts. Ja, Sie haben auf die Kunstfreiheit hingewiesen und das habe ich auch gelesen.
Aber wir haben doch auch um Meinungsfreiheit diskutiert. Und da passt es hin. Denn auch bei diesem Urteil wurde die Lizenz zur Empörung beachtet.
Ich selbst beleidige keine Religion aber sie scharf zu kritisieren sollte nicht unter Strafe gestellt werden, weil dies willkürlich passiert und beim § 166 StGB von einem aufgebrachten und aufgestachelten Mob erzwungen werden kann.

Viele Grüße, Erling Plaethe



Je suis Charlie

Nola Offline



Beiträge: 1.719

13.01.2015 13:49
#60 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #51
Zitat von adder im Beitrag #49


Fängt man erst einmal an, Meinungen zu zensieren, nur um irgendjemanden etwas "zu ersparen" - dann begibt man sihc auf eine Abwärtsspirale, denn derjenige wird durch seinen Erfolg ermutigt danach weitere Einschränkungen fordern.


Dem möchte ich ausdrücklich zustimmen, lieber adder. Ich habe mir eben den Plasphemieparagraphen mal angeschaut, und ich empfinde seine Formulierung als hochproblematisch. Vermutlich gibt es ihn schon sehr lange, und man hat ihn nie auf die Dynamik muslimischer Empörungsneigung hin abgeglichen:

Zitat von § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.


Das Gesetz gibt sich präventiv, ist aber im Grunde ein pädagogisches Belohnungssystem: Wenn jemand Karikaturen über eine best. Religionsgemeinschaften veröffentlicht und man anschließend die Erfahrung macht, daß Teilnehmer dieser Religionsgemeinschaft z. B. mehrere christliche Kirchen niederbrennen, dann kann man zweifellos von einer "Störung des offentlichen Friedens" reden. Das Gesetz wird dann in Zukunft bewirken, daß solche Karikaturen verboten werden. Woraus sich für die Gewalttäter der simple pädagogische Effekt der Belohnung und Ermunterung ergibt. Die Macht über das Konzept "Störung des öffentlichen Friedens" hat so automatisch der Radikale. Der erfahrungsgemäß seine Forderungen erhöhen wird, denn die eigentliche Provokation für radikale Muslime ist nunmal das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Auch wenn dies, wie moise trumpeter schreibt (und was ich nicht beurteilen kann), in der Rechtsgeschichte tief verankert ist: Aus meiner Sicht gehört dieses Gesetz ersatzlos gestrichen..

Etwas völlig anderes ist dagegen, daß eine "Störung der Religionsausübung" unter Strafe steht, denn das tangiert die Freiheitsrechte Gläubiger in direkter Weise und hat dazu geführt, daß die Fementussi, die vor gut einem Jahr im Kölner Dom ihre vollgeschmierten sekundären Geschlechtsmerkmale exhibitioniert hat, wenigstens eine Geldstrafe erhalten hat.

Herzliche Grüße,
Andreas



Volle Zustimmung. Zumal der o.g. Blasphemieparagraph schon längst ersetzt wurde durch:

Zitat

Quelle: wiki/Volksverhetzung

§ 130
Volksverhetzung

Den Tatbestand einer Volksverhetzung definiert § 130 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs:

Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Diese aktuelle Fassung trat am 22. März 2011 in Kraft.



Ein bemerkenswerter Artikel dazu, findet sich auf dieser Seite:

Zitat
Herausgeber
https://www.dialog-ueber-deutschland.de/...42F76B8E05.s4t2
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung im Auftrag des Bundeskanzleramtes
Dorotheenstraße 84
10117 Berlin

+++

Wie wollen wir zusammenleben?

https://www.dialog-ueber-deutschland.de/...cms_idIdea=6816

Zur Übersicht
Rassistische Beleidigung von Deutschen ebenfalls als Volksverhetzung ahnden!
am 08.02.2012 um 20:22 Uhr von Christian Spernbauer erstellt
(...)
Die aggressive Haltung gegenüber Deutschen und deren Beschimpfung aufgrund ihrer Nationalität, Rasse oder Herkunft fällt im Gegensatz zur Beschimpfung von Migranten oder Minderheiten nicht unter das Delikt der Volksverhetzung gem. § 130 StGB. So prüfte die Berliner Polizei den Straftatbestand der Volksverhetzung durch Jugendliche mit Migrationshintergrund, welche den Begriff „Scheiß-Deutsche“ verwendeten. Dies wurde verworfen, da Volksverhetzung lediglich dann vorliegt, wenn zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt oder die Menschenwürde von Teilen der Bevölkerung angegriffen wird (§ 130 Abs. 1 S. 1 u. 2 StGB). Deutsche seien jedoch kein „Teil“. (...)

Des Weiteren liege keine Volksverhetzung vor, wenn die Person, welche die Äußerungen tätigt, selbst Deutsche oder Deutscher ist. Dies gilt ebenso, wenn die Person ein Migrant ist und die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen bekam. Der Versuch des damaligen baden-württembergischen Bundesratsministers Wolfgang Reinhart, § 130 Abs. 1 StGB auch bei Beleidigung von Deutschen zur Anwendung zu bringen, wurde abgelehnt. Begründet wurde dies vom damaligen Sprecher des Bundesjustizministeriums mit der Möglichkeit der Anwendung von § 185 StGB (Beleidigung) . Auf die unterschiedlichen Strafmaße – bis zu einem Jahr Haft bei Beleidigung und mindestens drei Monate bis zu fünf Jahre Haft bei Volksverhetzung – ging er indes nicht ein. (...)



Ich habe da mal eine Frage. Dürfen gewählte Volksvertreter gegen einen Teil des eigenen Volkes hetzen? Sei es die AFD, die zu Anbeginn ihrer Gründung dermaßen verhetzt wurde (zu dem Zeitpunkt gab es nichtmal ein Parteienprogramm) und jetzt erlebe ich die absolute Verhetzung der Pegida. Nicht nur das Repräsentanten unserer Regierung sich so verhalten, nein im Gefolge gleich die zwangsbezahlten ÖR.

Über die Zusammensetzung der o.g. Partei oder die Pegida-Volksgruppierung müssen wir gar nicht diskutieren, so lange jemandem nicht kriminelles Handeln nachgewiesen wird, kann Politik gern ablehnend aber nicht verhetzend gegen die eigene Bevölkerung agieren.

Selbst die permanente Unterstellung von Rechtspopulismus (deren Definition ja auch nicht geklärt ist, da alle abweichende Meinung mittlerweile als rechtes Gedankengut und Rechtspopulismus abgestempelt wird,) halte ich - gelinde gesagt - für üble Nachrede. Das ist für uns Bürger unerträglich. Egal wo sich Menschen zusammenfanden und wie sie sich nennen um ihr gutes Recht der Gegenrede bei politischen Entscheidungen warzunehmen, werden sie mit derben Unterstellungen und auch unter Zuhilfenahme der immer noch tolerierten Antifa, die weißgott für ihre Ausschreitungen bekannt ist, "in Schach" gehalten, und zwar in der Weise, das am gleichen Tag/Ort/Zeit eine Gegendemonstration dieser oft gewaltbereiten Gruppierungen erlaubt wird. Man weis bei den politischen Endscheidungsträgern sehr wohl um diese Brisanz, dennoch findet keine Deeskaltionseinwirkung im Sinne von Schutz der Bürger statt und man könnte deshalb Demonstrationen getrennt halten.

Und weil es grade so gut paßt habe ich diese Fragen von Paul aus diesem Thread mitgenommen:

Charlie Hebdo (2)

Zitat
Zitat Paul
Nebenbei bemerkt:
Wir haben schätzungsweise 4 Millionen Muslime in Deutschland. Wegen der geringen Zahl kann von denen keine Gefahr ausgehen und wir brauchen uns keine Sorgen zu machen. Sagen uns unsere Politiker.,
Wie viel Pegida-Demonstranten gibt es in Deutschland? Ich behaupte mal einige 10 000, aber sicherlich weniger als 100 000.
Weshalb machen sich eigentlich so viele Politiker deshalb so große Sorgen? Sogar bis in die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin hat es Pegida geschafft.



Das frage ich mich auch? Da muß doch was dran sein, aber was? Hat Politik wirklich verlernt mit und für den Bürger zu arbeiten. Die gestrigen Bilder aus Frankreich sollten eine geschlossen wirkende Volksvertretergemeinschaft zeigen, dafür waren diese Bilder bestimmt. Medienwirksam, sind sie so ein paar Schritte gegangen, die hinteren Reihen wurden mit Statisten aufgefüllt. Wie allerdings Herr Sarkozy in die zweite Reihe der Staatsvertreter hineinkam, auch darüber wurde spekuliert, ich sah ihn immer mit hochgerecktem Kopf eine Lücke zur Kamera nutzend. Was sind dann aber die vermeintlichen Interviews wert, die vor Ort von Teilnehmern in der Nähe der Staatsgäste gemacht wurden, da sie ja Statisten lt. TV (ich glaube es war moma heute morgen) waren.

Und so stehen jetzt alle vor großen Staatsaufgaben:

Zitat
Etwa die Hälfte der EU-Staaten macht sich nach den Terroranschlägen in Frankreich in der vergangenen Woche für ein Online-Zensursystem stark. Zu den elf Unterzeichnern einer diesbezüglichen Erklärung. (PDF) zählen Deutschland und Polen ebenso wie Großbritannien und Spanien.

http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr...es/12994_de.htm



Zitat
Vorratsdatenspeicherung: Der Europäische Gerichtshof hat die geltende europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung am 8. April 2014 für ungültig erklärt. Der Europäische Gerichtshof hat zwar anerkannt, dass einige Einschränkungen der Grundrechte im Sinne eines legitimen und allgemeinen Interesses gerechtfertigt sein könnten, nämlich beim Kampf gegen schwere Kriminalität und Terrorismus. Gleichzeitig betonte der EuGH die Notwendigkeit, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zum respektieren und schuf strenge Voraussetzungen für solche Maßnahmen. Die vom Gerichtshof angesprochenen Fragen sind sehr komplex und erfordern eine sorgfältige Bewertung ihrer Auswirkungen. Die Kommission führt derzeit eine solche Prüfung unter Einbeziehung der relevanten Akteure durch, wie der Strafverfolgungs- und der Datenschutzbehörden.

http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/wha...on/index_en.htm

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

13.01.2015 14:17
#61 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #60
Die gestrigen Bilder aus Frankreich sollten eine geschlossen wirkende Volksvertretergemeinschaft zeigen, dafür waren diese Bilder bestimmt. Medienwirksam, sind sie so ein paar Schritte gegangen, die hinteren Reihen wurden mit Statisten aufgefüllt. Wie allerdings Herr Sarkozy in die zweite Reihe der Staatsvertreter hineinkam, auch darüber wurde spekuliert, ich sah ihn immer mit hochgerecktem Kopf eine Lücke zur Kamera nutzend. Was sind dann aber die vermeintlichen Interviews wert, die vor Ort von Teilnehmern in der Nähe der Staatsgäste gemacht wurden, da sie ja Statisten lt. TV (ich glaube es war moma heute morgen) waren.


Liebe Nola, dann schauen Sie sich das lieber nicht an:

https://de.nachrichten.yahoo.com/trauerm...-060955183.html

Bei Betrachtung der Bilder mit Bundeskanzlerin Angela Merke und Frankreichs Präsident François Hollande an der Spitze der Bewegung könnte der Eindruck entstehen, dass die Staatschefs mitten in Paris eine riesige Menschenmenge im Protest anführen. Vor allem auf Twitter sind nun allerdings Aufnahmen des gleichen Motivs mit ein wenig Abstand aufgetaucht, die zeigen, dass die weltweit so beachteten Fotos offenbar isoliert von den restlichen Demonstranten auf einer abgesperrten Nebenstraße entstanden sind.

Französische Medien berichten, dass die Fotos auf dem Léon-Blum-Platz in der Nähe der Metro-Station entstanden seien, gegen 15:30 Uhr am Nachmittag – zu dem Termin seien die Politiker aus aller Welt nur kurz zusammengekommen und danach wieder in die Autos gestiegen und abgereist, schreibt unter anderem "Le Monde". Nur François Hollande und der französische Premierminister Manuel Valls hätten im Anschluss noch die Überlebenden des Anschlags auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" besucht.


Le Monde: http://www.lemonde.fr/societe/article/20...53769_3224.html

Für welchen Begriff mit L- wurde noch mal ein forumstaugliches Synonym gesucht?

Nola Offline



Beiträge: 1.719

13.01.2015 14:34
#62 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat
Für welchen Begriff mit L- wurde noch mal ein forumstaugliches Synonym gesucht?



Zukünftig heißt es dann UnwortdesJahrespresse, das paßt auch irgendwie.

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

14.01.2015 08:21
#63 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #60

Volle Zustimmung. Zumal der o.g. Blasphemieparagraph schon längst ersetzt wurde durch:

Zitat:
Quelle: wiki/Volksverhetzung

§ 130
Volksverhetzung

Den Tatbestand einer Volksverhetzung definiert § 130 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs:

Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Diese aktuelle Fassung trat am 22. März 2011 in Kraft.



Ist jetzt zwar nur ein Detailpunkt, liebe Nola, aber wenn ich das richtig sehe, gibt es den Plasphemieparagraphen schon noch, und gerade gestern wollte Herr Lindner hierzu anscheinend eine Diskussion hierzu anstoßen:

http://www.welt.de/politik/deutschland/a...laesterung.html

Herzliche Grüße,
Andreas

Nola Offline



Beiträge: 1.719

14.01.2015 11:14
#64 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #63
Zitat von Nola im Beitrag #60

Volle Zustimmung. Zumal der o.g. Blasphemieparagraph schon längst ersetzt wurde durch:

Zitat:
Quelle: wiki/Volksverhetzung

§ 130
Volksverhetzung

Den Tatbestand einer Volksverhetzung definiert § 130 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs:

C
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Diese aktuelle Fassung trat am 22. März 2011 in Kraft.



Ist jetzt zwar nur ein Detailpunkt, liebe Nola, aber wenn ich das richtig sehe, gibt es den Plasphemieparagraphen schon noch, und gerade gestern wollte Herr Lindner hierzu anscheinend eine Diskussion hierzu anstoßen:

http://www.welt.de/politik/deutschland/a...laesterung.html

Herzliche Grüße,
Andreas


Ja, ist schon klar. Es gibt ihn noch, aber er ist in dieser Form nur für Deutschland gültig gewesen. Das reicht aber dem Europarat nicht, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die europäische Union, deren Mitglied wir ja sind, zu steuern(überwachen), obwohl davon ca. 20 Staaten des Europarates gar nicht zur EU gehören.

Im § 130 ist das alles noch mal oder noch deutlicher enthalten, dort nennt es sich aber nicht Blasphemie, sondern Hass, Rassismus etc. Deshalb meinte ich etwas polemisch "ersetzt worden". Während der Blasphemie-Paragraph in DE eigentlich kaum hervorgeholt oder gebraucht wurde, ist im Zuge der "islamisch-geprägten-Einwanderer" in die EU oder auch DE dieser zuvor für Deutsche Verhältnisse nicht wirklich mehr wichtige Paragraph wieder zu "Leben" erweckt bzw. verschlimmbessert durch den § 130.

Der "Hassparagraph", darauf kann man nicht oft genug hinweisen, ist auf Betreiben des Europarats (47 Mitgliedsstaaten davon ca. 1/3 mit überwiegend islamischer Konfession) -> Europäischen Rat -> EU-Mitgliedsstaaten (28 Mitgliedsstaaten) -> eingebracht worden und sollte in seiner Urfassung auch den Verbotshinweis einer diskriminierenden Verhaltensweise explizit gegenüber dem Islam enthalten. Das hat sich aber nicht durchgesetzt.

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Frank2000 Offline




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19.01.2015 10:24
#65 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Egal, ob die Version nach 166 oder die Version nach 130:
In beiden Paragraphen wird betont, dass "Religion" etwas anderes sei als eine blose Ideologie oder eine politische Einstellung.
Religion wird also über die blose Vorstellung der Gesellschaftsgestaltung erhoben und geadelt - und für mich ist das kaum zu ertragen.
Ich gestehe jedem das Recht zu, einer Religion anzugehören (sowohl formal als auch innerlich), so lange die daraus resultierenden Rechte nicht weiter gehen, als jedes Mitglied einer Partei beanspruchen kann.

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Kommunismus mordet.

Fluminist Offline




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20.01.2015 09:31
#66 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Eine ganz interessante Wortmeldung über Meinungsfreiheit im allgemeinen und die hier mehrmals zitierten Strafgesetzparagraphen im besonderen.

adder Offline




Beiträge: 1.073

20.01.2015 17:12
#67 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #66
Eine ganz interessante Wortmeldung über Meinungsfreiheit im allgemeinen und die hier mehrmals zitierten Strafgesetzparagraphen im besonderen.


Eine sehr schöne Wortmeldung noch dazu, der ich vollkommen zustimme.

Zitat
Aussagen wie “den Holocaust hat es nie gegeben”, “die DDR war kein Unrechtsstaat”, “alle Christenhunde sollen in der Hölle schmoren” etc. schaden dagegen niemandem. Ausser der Reputation des Trottels und/oder Arschlochs, das sie absondert. Meinungsfreiheit bedeutet auch keineswegs, dass man den Dreck, den politische Idioten in ihrem Namen fabrizieren, widerspruchslos hinnehmen sollte. Im Gegenteil, sie lockt die Hassprediger aus ihren Löchern. Schlagen wir sie mit unseren Waffen: Rationalität, skeptischem Denken, Respektlosigkeit gegenüber Dummheit, Demaskierung von Intoleranz und Inhumanität. Aber es darf keine Angelegenheit des Strafrechtes sein.



Das ist eigentlich recht selbstverständlich - oder sollte es zumindest sein. Egal welche Meinungsäußerung: solange sie nicht zu Gewalt oder Straftaten aufruft, sollte sie strafrechtlich nicht von Belang und auch nicht "verboten" sein. Nichts desto trotz sollten sich all' diejenigen, die solchen Unsinn dann auch tatsächlich äußern, nicht wundern, wenn ihnen mit Rationalität, Fakten, Demaskierung und Respektlosigkeit/Satire/... geantwortet wird.

Und Null Toleranz gegen Aufrufe zu (politischer) Gewalt und Straftaten sollte auch selbstverständlich sein. Wobei ich ein Problem mit der Einschränkung auch hier sehe: entweder es wird zahnlos, weil kaum etwas eingeschränkt wird, oder es wird zu Problemen bei der Abgrenzung geben - und besonders staatsgläubige werden so viel wie möglich unter "Aufruf zu politischer Gewalt" verbuchen möchten. Ein interessantes Dilemma.

Frank2000 Offline




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23.02.2015 10:32
#68 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Meiner Meinung nach kann man die Entwicklung über die Wahrnehmung des Islamismus in Deutschland nicht trennen von der Entwicklung des Linksextremismus.
Ich behaupte: Der Linksextremismus hat eine offene Sympathie für den Islamismus, da beide folgende Merkmale gemeinsam haben:
- Extremer Antikapitalismus
- Extremer Antiamerikanismus
- Extreme Ablehnung des Liberalismus/ des Individuums
- Autokratisch-pseudoelitäre Denkweise (Wir, die besseren Menschen, geruhen hiermit für die tumbe Masse zu entscheiden, dass...)
- Damit einher gehend: Ablehnung der Familie als Schutzschirm gegen staatliche Erziehungsmaßnahmen
- Damit einher gehend: Ausnutzung der linken bzw. islamischen Ideologie als Ausrede zum Ausleben eigener asozialer Charakterzüge (Ich habe bei "normalen" Linken zum Teil derart agressive Persönlichkeiten kennengelernt...)

Und nun zeigt sich: ist es nur Zufall, dass der Siegeszug des Islamismus in Deutschland einher geht mit dem Siegeszug des Linksextremismus? Deutschland ist heute insgesamt so weit nach links gerückt, dass die Schmidt-SPD heute als "Rechtsradikal" gebrandmarkt werden würde. Sehen wir uns dazu mal eine neue wissenschaftlich begleitete Umfrage an:
http://www.welt.de/politik/deutschland/a...Demokratie.html

Wir brauchen eine Revolution: 20%
Sozialismus/Kommunismus ist eine gute Idee, die nur schlecht umgesetzt wurde: 42%
Soziale Gleichheit aller Menschen ist wichtiger als die Freiheit des Einzelnen: 42%
"Rechtsextremen" sollte das Demonstrationsrecht entzogen werden: 37%

Muss ich das noch kommentieren? Zettel hat als Forumsregel aufgestellt, dass keine Kommentare zulässig sind, die den deutschen Rechtsstaat in Frage stellen. Das tue ich auch nicht: wir haben einen Rechtsstaat und sind eine Demokratie. Aber wir steuern schnurstracks in eine Situation, in der die Demokratie von innen zerstört wird. Die Feinde der Demokratie sind kurz davor, ganz demokratisch demokratische Grundrechte abzuschaffen. Abschaffung des Demonstrationsrechts für "Rechtsextreme"? Schon heute erkennt man, dass sich Feinde der Demokratie aus den Löchern wagen, die Testballons in diese Richtung steigen lassen. Ich erinnere nur an die Diskussion über die polizeiliche Untersagen einer Veranstaltung von Legida. Wir sind kein Unrechtsstaat. Aber wenn die Entwicklung so weitergeht, dann werden wir einer.

[Sollte mein Beitrag gemäß Forumsregeln zu radikal sein, dann bitte ich um Hinweis - ich werde den Beitrag dann entschärfen]

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Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




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23.02.2015 11:57
#69 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Lieber Frank2000,

ich persönlich empfinde ihre Beobachtung als durchaus zutreffend und im Schluß logisch. Ob sie überspitzt formuliert ist, ist in meinen Augen gar nicht so wesentlich. Manchmal muß man auch überspitzen, um den Punkt klar zu machen.

Eine Anmerkung allerdings, weil ich eine (in meinen Augen) sehr bedeutende Verwechslung auch in Ihrer Schlußfolgerung wahrnehme.

Zitat von Frank2000 im Beitrag #68
wir steuern schnurstracks in eine Situation, in der die Demokratie von innen zerstört wird.

Es ist nicht die Demokratie, welche von innen zerstört wird. Es ist auch nicht die Demokratie, die wir wie eine Monstranz vor uns hertragen sollten.

Es ist der Rechtsstaat, welcher die Gesellschaft garantiert in der wir leben. Und es ist in meinen Augen der Rechtsstaat, der durch das von Ihnen beobachtete Phänomen errodiert wird.

Hayek hat in seinem Werk "Der Weg in die Knechtschaft", welches ich nicht müde werde zu "zitieren", dazu einiges geschrieben. So auch dazu, dass möglicherweise das Dritte Reich, formal die Regeln der Demokratie achtend, enstand aber den Rechtsstaat dann zerstört hat.

Der Kern aller Angriffe auf einen Rechtsstaat wird dabei ebenfalls von Hayek treffend charakterisiert: Es ist das Ablösen der formalen Norm, nach der sich jeder richten kann, durch eine allgemeingültige, verbindliche und normierende Moral. Ein Prozeß, den man nach meinem Empfinden derzeit in der Tendenz des Denkens unserer Eliten überdeutlich wahrnehmen kann. Nicht nur aber vor allem aus diesem Grund, habe ich mitlerweile begriffen, ist das Moralisieren in Politik und gesellschaftlicher Debatte ein Spiel mit dem Feuer. Es droht gedanklich den Rechtsstaat und seine Normen zu ersetzen, welche für das Leben wie es wir kennen alles bedeuten.

Die Demokratie ist dabei meines Wissens die einzige Regierungsform in der sich ein Rechtsstaat auf Dauer etablieren konnte. Das Wesentliche ist allerdings der Rechtsstaat nicht die Demokratie. Der Rechtsstaat ist grundsätzlich ohne Demokratie denkbar, die Demokratie aber nicht ohne Rechtsstaat.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

23.02.2015 13:02
#70 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #69

Es ist nicht die Demokratie, welche von innen zerstört wird. Es ist auch nicht die Demokratie, die wir wie eine Monstranz vor uns hertragen sollten.



Werter nsn,
Danke für die Korrektur. Ausgehend von Ihrem Gedanken würde ich das sogar noch stärker als "Freiheitlich-demokratische Grundordnung" präzisieren wollen; ein Begriff der von linker Seite heftig angegriffen wurde, als er während eine Wahlkampfs verwendet wurde. Bei der Benennung "Rechtsstaat" könnte man meinen, dass es auch ein Land wie Saudi-Arabien ein Rechtsstaat sei... weil nach einer bekannten und eindeutigen Norm allgemein Recht gesprochen wird. Sieht man sich die Merkmale eines Rechtsstaates an (http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsstaat...assungsrecht%29), dann geht es beim Rechtsstaat vor allem darum, WILLKÜR zu vermeiden. Das ist sicher wichtig, aber bei weitem zu wenig.

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Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

23.02.2015 14:29
#71 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #70
Bei der Benennung "Rechtsstaat" könnte man meinen, dass es auch ein Land wie Saudi-Arabien ein Rechtsstaat sei... weil nach einer bekannten und eindeutigen Norm allgemein Recht gesprochen wird.


Siehe dazu -> Zitat Zettel:
Man kann wirklich nicht sagen, daß Saudi-Arabien kein Rechtsstaat sei. Es wird streng nach der Scharia geköpft.
Marginalie: Tod eines Hexers

EDIT: 14:33 Uhr
P.S. Einer der Grundsätze eines Rechtsstaaats ist der der Verhältnismäßigkeit zur Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall.

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Political language – and with variations this is true of all political parties, from Conservatives to Anarchists – is designed to make lies sound truthful and murder respectable, and to give an appearance of solidity to pure wind – Eric A. Blair

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

23.02.2015 14:47
#72 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #71
Zitat von Frank2000 im Beitrag #70
Bei der Benennung "Rechtsstaat" könnte man meinen, dass es auch ein Land wie Saudi-Arabien ein Rechtsstaat sei... weil nach einer bekannten und eindeutigen Norm allgemein Recht gesprochen wird.


Siehe dazu -> Zitat Zettel:
Man kann wirklich nicht sagen, daß Saudi-Arabien kein Rechtsstaat sei. Es wird streng nach der Scharia geköpft.
Marginalie: Tod eines Hexers


Dieser Punkt war immer DER Haupteinwand gegen des Rechtspositivismus, gerade im Sinn von Hans Kelsen, der die Rechtsbetrachtung in der "Reinen Rechtslehre" gewissermaßen auf eine "rein phänomenologische" Bewertung abzustellen versucht. Da die erste Fassung 1934 erschienen ist, war der Bezugspunkt der Kritiker verständlicherweise nicht Saudi-Arabien. Als Gegenposition wird i.a.R. auf das Naturrecht rekurriert; die Rechtspositivisten kontern, daß der Unterschied zwischen Recht & Moral fundamental sei & eine Vermengung nur Unheil bringt.

Sh. Horst Meiers "Lob des Rectspositivismus" ("Rechtskolumne," Merkur 673, Mau 2005) (EDIT: Ich sehe gerade, daß der Merkur-Link nur die 1. Seite als Teaser hat; stattdessen Prof. Dr. Andreas Kley und Dr. Esther Tophinke "Hans Kelsen und die Reine Rechtslehre".)

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

23.02.2015 15:07
#73 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #72
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #71
Zitat von Frank2000 im Beitrag #70
Bei der Benennung "Rechtsstaat" könnte man meinen, dass es auch ein Land wie Saudi-Arabien ein Rechtsstaat sei... weil nach einer bekannten und eindeutigen Norm allgemein Recht gesprochen wird.


Siehe dazu -> Zitat Zettel:
Man kann wirklich nicht sagen, daß Saudi-Arabien kein Rechtsstaat sei. Es wird streng nach der Scharia geköpft.
Marginalie: Tod eines Hexers


Dieser Punkt war immer DER Haupteinwand gegen des Rechtspositivismus, gerade im Sinn von Hans Kelsen, der die Rechtsbetrachtung in der "Reinen Rechtslehre" gewissermaßen auf eine "rein phänomenologische" Bewertung abzustellen versucht. Da die erste Fassung 1934 erschienen ist, war der Bezugspunkt der Kritiker verständlicherweise nicht Saudi-Arabien. Als Gegenposition wird i.a.R. auf das Naturrecht rekurriert; die Rechtspositivisten kontern, daß der Unterschied zwischen Recht & Moral fundamental sei & eine Vermengung nur Unheil bringt.

Der Unterschied ist fundamental, möchte ich meinen.
http://www.nytimes.com/2010/08/20/world/...saudi.html?_r=0

P.S. Dank für den Link auf Kelsen. Den Merkur-Artikel zeigt mein Browser als leere Seite.

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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

23.02.2015 15:07
#74 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #68
Meiner Meinung nach kann man die Entwicklung über die Wahrnehmung des Islamismus in Deutschland nicht trennen von der Entwicklung des Linksextremismus.
Ich behaupte: Der Linksextremismus hat eine offene Sympathie für den Islamismus, da beide folgende Merkmale gemeinsam haben:
- Extremer Antikapitalismus
- Extremer Antiamerikanismus
- Extreme Ablehnung des Liberalismus/ des Individuums
- Autokratisch-pseudoelitäre Denkweise (Wir, die besseren Menschen, geruhen hiermit für die tumbe Masse zu entscheiden, dass...)
- Damit einher gehend: Ablehnung der Familie als Schutzschirm gegen staatliche Erziehungsmaßnahmen
- Damit einher gehend: Ausnutzung der linken bzw. islamischen Ideologie als Ausrede zum Ausleben eigener asozialer Charakterzüge (Ich habe bei "normalen" Linken zum Teil derart agressive Persönlichkeiten kennengelernt...)


Viel mehr als der Linksextremismus ist der Nationalsozialismus mit dem Islamismus verbunden.
Historisch betrachtet hat der Islamismus seine heutige Bedeutung als Bewegung zur Vernichtung der Juden überhaupt erst durch den deutschen Nationalsozialismus erlangt. Angefangen bei Hitler über Himmler und Eichmann gehörten die Nazis zu Bewunderern des Islam, den sie als einzige Religion überhaupt akzeptierten.
Der Linksextremismus hat sich dem erst spät angeschlossen und die m.E. durchaus zutreffenden Merkmale passen nicht zufällig auch zum Rechtsextremismus. Der junge Staat Israel sah sich schon bald nach seiner Gründung nicht nur Armeen gegenüber die von deutschen Wehrmachtsgenerälen beraten, sondern sogar kommandiert wurden.
Der arabische Judenhass in Europa ist zu einem nicht unerheblichen Teil ein Reimport dessen, was aus den Aktivitäten zur nationalsozialistische Judenvernichtung in Arabien hervorgegangen ist.
Vor allem die Muslimbrüder sind stark vom deutschen Nationalsozialismus geprägt worden und bei Hamas wie auch die Hisbollah ist der Hitlergruß demonstrativer Bestandteil ihres Auftretens.
2002 war eine Gruppe von NPD-Führern (Voigt, Mahler) bei einer Tagung der Hizb ut-Tahrir zu Gast. Eine verbotene Terrororganisation, die ebenfalls die Vernichtung der Juden zum Ziel hat.
Weder bei Links- noch bei Rechtsextremen ergibt sich ein einheitliches Bild gegenüber dem extremen Islam.

Ich spar mir an dieser Stelle nicht ein paar allgemeine Bemerkungen zu Analysen, die nur einer extremistischen Gruppe die genuinen Verbindungen zum extremen Islam zuschreibt und die sich einreihen, in einseitige Betrachtungen zwecks gefälliger Bedienung eines Antikommunismus, der meint, ohne Antifaschismus auskommen zu können, und deshalb völlig am Ziel vorbeischießt. Das hat er mit dem neuen deutschen Antifaschismus so was von gemein, dass ich mich immer wieder wundere, wie es geschafft wird, die Schmerzen einfach ignorieren zu können, wenn das immer wieder auf den Fuß fällt - weil man ja von Ideologien nichts hält.
Es geht bei solch einem Vergleich um den Extremismus. Ob links oder rechts, ist ziemlich unerheblich. Es sei denn, man will dem "Kampf gegen Rechts" einen ebenso unterbelichteten "Kampf gegen Links" entgegensetzen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

23.02.2015 15:16
#75 RE: Individuum, Kollektiv und die zu erwartende "Freiheit" Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #71
Zitat von Frank2000 im Beitrag #70
Bei der Benennung "Rechtsstaat" könnte man meinen, dass es auch ein Land wie Saudi-Arabien ein Rechtsstaat sei... weil nach einer bekannten und eindeutigen Norm allgemein Recht gesprochen wird.


Siehe dazu -> Zitat Zettel:
Man kann wirklich nicht sagen, daß Saudi-Arabien kein Rechtsstaat sei. Es wird streng nach der Scharia geköpft.
Marginalie: Tod eines Hexers

EDIT: 14:33 Uhr
P.S. Einer der Grundsätze eines Rechtsstaaats ist der der Verhältnismäßigkeit zur Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall.

Und ein anderer ist, das das gleiche Recht für jeden zu gelten hat, unabhängig von der ausgeübten Macht. Deshalb ist der fundamentalste Charakter eines Rechtsstaats die Gewaltenteilung. Diesen Maßstab zugrunde gelegt, bezweifle ich, dass dann Saudi Arabien immer noch als Rechtsstaat durchginge.

Viele Grüße, Erling Plaethe

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