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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 137 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Eierkopp Offline



Beiträge: 226

06.07.2015 10:38
#51 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #48
ELA ist definiert als der Transfer von Zentralbankgeld an ein solventes Finanzinstitut, das vorübergehend Liquiditätsprobleme hat. Der Nachweis, daß diese beiden Bedingungen erfüllt sind, dürfte immer schwieriger werden.


Vor dem Hintergrund 30% notleidender Kredite war das auch Ende letzten Jahres schon sportlich. Andererseits ist es inzwischen gelebte Praxis im Euroraum, Insolvenz als vorübergehendes Liquiditätsproblem zu bezeichnen.

Spannend wird es wieder am 20. Juli:

Zitat von Manager Magazin
20. Juli: Athen muss insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zurückzahlen. Sollte diese Zahlung ausfallen, dürfte es der EZB laut Experten kaum noch möglich sein, weiter Ela-Kredite an griechische Banken zu vergeben.


Spätestens mit Ausfall dieser Zahlung müsste nach IMF und EFSF auch die EZB anerkennen, dass Griechenland pleite ist und die griechischen Banken über den Ausfall der griechischen Bonds und Staatsgarantien gleich mit.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

06.07.2015 11:11
#52 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Noch so eine Luftbuchung, die eigentlich mit dem Bühnenabgang des Protagonisten entsorgt sein sollte. Dürfte aber als Fata Morgana noch zum Einsatz kommen:

Zitat von FAZ
In den letzten Wochen wurde oft über Schuldscheine spekuliert, die zur Parallelwährung zum Euro werden könnten. Varoufakis äußerte sich am Sonntagabend nicht klar. „Falls nötig, werden wir Parallel-Liquidität und Schuldscheine nach dem Vorbild Kaliforniens in elektronischer Form ausgeben. Das hätten wir schon vor einer Woche tun sollen", wird Varoufakis im britischen „Telegraph“ zitiert.



http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eu...g-13687059.html

Kappes. Die Schuldscheinregelungen kommen in den USA kurzfristig zum Tragen, wenn die Verabschiedung des Haushalts eines Bundesstaats nicht termingerecht eingetütet wird. Jeder weiß, daß das gedeckt ist, sobald die Kuh vom Eis ist. Die kalifornische Regelung vom Sommer 2009 diente zur Vertagung von Steuerrückzahlungen, um eine Haushaltssperre für den Bundesstaat zu vermeiden, Volumen: 53 Mio. $.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Paul Offline




Beiträge: 1.285

06.07.2015 11:16
#53 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von otto im Beitrag #46
Ich denke, alle Theorien und Verfahrensvorschläge sind Makulatur, die griechische Seite interessiert sich dafür sehr wenig. Sie wollen ein Maximum an Geld heraus holen aus diesem System und sich dann verabschieden oder auch nicht, mit oder ohne Drachme, egal, je nach Nützlichkeit.
Wenn ich mir anschaue, was Griechenland an EU-Zahlungen erhalten hat, dazu die aufgenommenen Kredite, dazu die Target 2 Summen und dazu jetzt die ELA-Gelder und diesen gesamten Betrag dann auf die erwerbstätigen Griechen umrechne, muss ich feststellen, dass das griechische Verhalten sehr erfolgreich war und wohl schon deshalb weiter praktiziert werden wird.
Die Verhandlungen über 7 Mia € in die Länge zu ziehen, während gleichzeitig 90 Mia ins System fließen, wohl wissend, dass eine Rückzahlung dieser Gelder nicht in Frage kommt, das hat schon was Einnehmendes.
Dass dabei keine Pfänder wie z.B. Goldreserven, Bohrlizenzen oder gar Inseln verlangt worden sind, hat zumindest auf unserer Seite einen starken Bezug zu Veruntreuung von Staatsgeldern.
Ich bin mir sicher, dass das Verlangen von Pfändern das griechische Verhalten sofort und grundlegend geändert hätte.

Auch wenn Manchem Obiges als etwas irrationales Gedankengebäude erscheinen mag, so zeigt es doch auf, wie man den Griechen etwas mehr Verantwortlichkeit hätte bei bringen können.

Viel realistischer, praktikabler und zumutbarer, ja geradezu unverzichtbar erscheint mir aber der Verzicht der Gläubiger auf eine Korrektur der Korruption zu sein.
Hätte führend Merkel und andere ihre Kreditzusagen an die Bedingung geknüpft, dass vor einem Geldfluss das Parlament eine strenge Korruptionssanktionierung umsetzen muss, es ginge uns heute allen und besonders den Griechen um vieles besser.
Alles, was die Gläubiger umgesetzt haben wollen, es wird wirkungslos bleiben, weil die eigentliche Steuerung in Griechenland nicht das Parlament sondern die Korruption ist. Der Verzicht der Institutionen auf die Korruptionsbeeinflussung zeigt nebenbei meines Erachten sehr präzise, wie diese Institutionen zur Korruption stehen.




"Mein lieber Kokoschinski" sagt der Berliner, wenn er irgendwas besonders bewundernswert findet.
Ich setze noch Eins drauf und schreibe: "Mein lieber otto", sie haben ja so Recht.


LG, Paul

PS: einen Nachteil hat das Ganze.
Auf uns hört niemand.

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JE SUIS JUIF

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

06.07.2015 11:17
#54 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #52
Noch so eine Luftbuchung, die eigentlich mit dem Bühnenabgang des Protagonisten entsorgt sein sollte.

Der Bühnenabgang ist ja kein Rücktritt eines Gescheiterten, im Gegenteil! Es handelt sich, wie er selbst schreibt, nur um ein taktisches Manöver, um den europäischen Partnern, die das Ränkespiel mit der Person Varoufakis' assoziieren, einen neuen Verhandlungspartner zwecks weiterer Verschleppung anbieten zu können. So à la bad cop - good cop.

Es wird ihnen, wenn nicht die EU terminal einknickt, gar nichts anderes übrigbleiben als die Luftbuchungsnummer.
Es ist schon paradox, die Leute wollen wieder in den griechischen Staatsdienst, hoffen also von einem Arbeitgeber alimentiert zu werden, der gerade ganz klar demonstriert, daß er nichts daran findet seine Verpflichtungen zu ignorieren.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

06.07.2015 11:30
#55 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #47

V. vergleicht die Mechanismen der EU (EFSF u.a.) mit einer Seilschaft in den Bergen. Der Schwächste verliert den Halt, wird von den Stärkeren gehalten, bis auch den zweitschwächsten die Kraft verlässt. Irgendwann können auch die Starken nicht mehr halten. Ich denke, das ist ein ziemlich zutreffendes Bild. Die EU-Politiker wissen das, sie haben nur kein Rezept, dies zu verhindern. Exempel am Schwächsten zu statuieren ist keine nachhaltige Lösung.


Dieser Vergleich mag durchaus zutreffend sein. Nur hat V. ihn nicht zu Ende gedacht.
Bis zum bitteren Ende,

Es hat Seilschaften gegeben, die im Interesse der Lebensrettung der Anderen, jemanden vom Seil abgeschnitten haben. Es ist besser, dass Einer stirbt, als wenn alle sterben.

Es hat auch Fälle gegeben, wo sich der Entkräftete selbst abgeschnitten hat.
Griechenland hat das gerade getan.
Niemand muss also ein Exempel am Schwächsten statuieren.

Die Frage ist, warum V. diesen an sich richtigen Gedanken nicht zu Ende gedacht hat?

LG, Paul

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JE SUIS JUIF

Paul Offline




Beiträge: 1.285

06.07.2015 11:44
#56 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #47
Er ist mit seiner Kritik an dem fehlenden Ausgleichmechanismus innerhalb des Euro-Systems ja nicht allein, mit dem Wegfall der nationalen Währungen ist dieser gestrichen. V. möchte mit GR nicht aus dem Euro, sondern er schlägt einen Ausgleichmechanismus vor, um den Konstruktionsfehler des Euro zu beseitigen. Ich wüsste gerne, ob dies auf der Tagesordnung der Verhandlungen stand.


Niemand wird gezwungen dem €-Raum beizutreten. Allerdings ist er auch keine Wärmehalle für Subventionsempfänger. Wer mit dieser Motivation beitritt, wird scheitern. Über kurz oder lang. Das scheint mir bei Griechenland gegeben zu sein.
Der Ausgleichmechanismuss schafft wie jede bedingungslose Unterstützung nur Absahner. Das hatten/haben wir in Deutschland auch. Dass die Geberländer darüber ungehalten sind, kann wohl jeder nachvollziehen.

Ich vermute, keine deutsche Regierung könnte das ihren Wählern vermitteln.
Um das durchzusetzen, müsste es in Deutschland eine Volksabstimmung geben.

Bezeichnend ist, das V., der sich auch selbst als Linken bezeichnet, dies fordert. Leben doch die Linken nur von der Strategie der Umverteilung. Die DDR hat vor gemacht, was passiert. Aus Schlössern wurden Kinderheime. Nach der Wende waren es zum großen Teil Ruinen. Umverteilung löst keine Probleme.

V. mag ein Wissenschaftler sein. An dieser Stelle hat er die Wissenschaftlichkeit jedenfalls verlasen. Den Nachweis der Effizienz ist er auchg schuldig geblieben.

LG, Paul

___________________________
JE SUIS JUIF

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.07.2015 11:49
#57 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #47
Ich habe Varoufaki's 'Der globale Minotaurus' nun weitgehend durch. Ich kann das Buch durchaus demjenigen empfehlen, ...

Bisher habe ich noch keinen Text von Varoufakis gelesen, der hinter der (teilweise sehr guten) Rhetorik auch wirklich Substanz gehabt hätte.
Und wenn ich diverse Kommentare zum "globalen Minotaurus" lese, dann scheint es eine recht krude anti-amerikanische Verschwörungstheorie zu sein, basierend auf Marx und Keynes. Also ökonomisch ziemlicher Müll.

Zitat
V. möchte mit GR nicht aus dem Euro, sondern er schlägt einen Ausgleichmechanismus vor, um den Konstruktionsfehler des Euro zu beseitigen.


Mit "Ausgleichsmechanismus" ist gemeint, daß die "reichen" Staaten regelmäßig Geldgeschenke an die "armen" Staaten überweisen.
Es ist kein Konstruktionsfehler des Euro, daß so ein ungerechter Unsinn nicht installiert wurde.

Zitat
1. Innerhalb Deutschlands gibt es einen Ausgleichmechanismus ...


Und die praktische Erfahrung damit zeigt, daß solche Transfers nicht nur ungerecht sind, sondern die Probleme langfristig noch verschärfen.

Zitat
2. Griechenland ist lediglich das schwächste Glied in einer Kette hochverschuldeter Staaten. Während alle wie das Kaninchen auf die Schlange starren wissen schon einige andere Länder nicht, wie es weiter gehen soll.


Unterschiedlich.
Manche Länder gehen ihre Probleme an, andere nicht.
Wahrscheinlich werden noch einige Länder irgendwann wie Griechenland den Bach heruntergehen - aber die meisten werden sich m. E. unter Schmerzen berappeln.

Zitat
Exempel am Schwächsten zu statuieren ist keine nachhaltige Lösung.


Oh doch, das ist sehr nachhaltig.
Griechenland hat sich so deutlich ins Unrecht gesetzt, da kann man ein Exempel statuieren. Und damit anderen Regierungen den Rückhalt geben, um die nötigen Reformen durchzudrücken.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

06.07.2015 12:27
#58 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #57
Bisher habe ich noch keinen Text von Varoufakis gelesen, der hinter der (teilweise sehr guten) Rhetorik auch wirklich Substanz gehabt hätte.
Und wenn ich diverse Kommentare zum "globalen Minotaurus" lese, dann scheint es eine recht krude anti-amerikanische Verschwörungstheorie zu sein, basierend auf Marx und Keynes. Also ökonomisch ziemlicher Müll.


Da ich nun die Finanzmärkte schon seit 40 Jahren intensiv verfolgt habe, habe ich hier ein eigenes Urteil, das dem von Varoufakis ziemlich nahe kommt. V. hat die Abläufe nicht nur gut zusammengefasst, sondern auch den einen oder anderen Aspekt hinzugefügt. Also mehr oder weniger ein historisches Dokument. Marx ist höchstens mal anekdotisch erwähnt, Keynes nur in einem sehr eingeschränkten Aspekt: Erstens war er ja Berater einiger Regierungen, zweitens geht es im Wesentlichen nur um den Punkt des 'Überschussrecyclings', dass also Ausgleichsmechanismen im System vorgesehen sein müssen, was damals bei einigen Entscheidungen anscheinend in den Wind geschlagen wurde.

Ich finde es immer wieder lustig, wenn sich Leute ein Urteil via Kommentaren bilden. Wenn ein Fachmann glaubt, er könne die Historie besser dokumentieren, dann möge er sich an den Computer setzen. Sonst bleibt alles auf Stammtischniveau.

Zitat
Mit "Ausgleichsmechanismus" ist gemeint, daß die "reichen" Staaten regelmäßig Geldgeschenke an die "armen" Staaten überweisen.
Es ist kein Konstruktionsfehler des Euro, daß so ein ungerechter Unsinn nicht installiert wurde.



Es geht nicht um 'gerecht' und 'ungerecht', sondern um nachhaltige Funktionsfähigkeit von Systemen. Dazu braucht man Leute, die in der Lage sind, Komplexität zu reduzieren und in Systemen zu denken. Davon gibt es leider nicht viele, vor allem nicht viele, die in der Lage sind ihre Denkschablonen zu erkennen und ggf. mal abzulegen.

Zitat

Und die praktische Erfahrung damit zeigt, daß solche Transfers nicht nur ungerecht sind, sondern die Probleme langfristig noch verschärfen.


Deshalb denken ja Menschen über bessere Lösungen nach.

Zitat

Zitat
Exempel am Schwächsten zu statuieren ist keine nachhaltige Lösung.


Oh doch, das ist sehr nachhaltig.




Warten wir es ab.

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.07.2015 13:40
#59 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #58
... geht es im Wesentlichen nur um den Punkt des 'Überschussrecyclings', dass also Ausgleichsmechanismen im System vorgesehen sein müssen ...

Bei marktwirtschaftlichen Systemen nicht - die sind selbstregulierend.

Zitat
Ich finde es immer wieder lustig, wenn sich Leute ein Urteil via Kommentaren bilden.


Das ist normal und im praktischen Leben unvermeidlich.
Wenn ich nicht auf Urteile andere bauen könnte, müßte ich jedes Buch lesen und jeden Film sehen. So aber kann ich mich auf die konzentrieren, bei denen es lohnt.

Zitat
Es geht nicht um 'gerecht' und 'ungerecht', sondern um nachhaltige Funktionsfähigkeit von Systemen.


Und ein System wird nie "nachhaltig" funktionieren können, wenn es zu ungerecht aufgebaut ist. Man kann ein gewisses Maß an Ungerechtigkeit akzeptieren, wenn die anderen Vorteile des Systems überwiegen. Aber bei der Konstruktion ist "Gerechtigkeit" ein wesentlicher Faktor für die Akzeptanz.

Zitat
Dazu braucht man Leute, die in der Lage sind, Komplexität zu reduzieren und in Systemen zu denken.


Zu denen Varoufakis offenbar nicht gehört - jedenfalls waren seine Einlassungen zur Griechenlandkrise nicht "komplexitäts-reduzierend", sondern realitäts-verdrehend.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

06.07.2015 15:04
#60 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #59
Bei marktwirtschaftlichen Systemen nicht - die sind selbstregulierend.


Ääääh, gab es das schon mal in der Realität, oder ist das ein 'wünsch Dir was'?

Zitat
Das ist normal und im praktischen Leben unvermeidlich.
Wenn ich nicht auf Urteile andere bauen könnte, müßte ich jedes Buch lesen und jeden Film sehen. So aber kann ich mich auf die konzentrieren, bei denen es lohnt.

Mein Chef hat gerne die Geschichte von den Verteidigern einer mittelalterlichen Burg erzählt, denen ein Maschinengewehr angeboten wurde. Sie haben es nicht genommen, sie haben sich auf ihre Pfeile und Bogen konzentriert Aber wie wäre es, gar nicht zu kommentieren, wenn man nicht mitreden kann?

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.07.2015 15:34
#61 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #60
Ääääh, gab es das schon mal in der Realität, ...

Aber sicher.
Das Zeitalter der Industrialisierung zeichnete sich ganz wesentlich dadurch aus, daß der Staat in Währungsfragen und bei anderen Rahmenbedingungen nicht rumgepfuscht hat und nirgends irgendwelche Technokraten "Ausgleichssysteme" installiert haben.
Die Märkte haben das recht gut hingekriegt ...

Zitat
Mein Chef hat gerne die Geschichte von den Verteidigern einer mittelalterlichen Burg erzählt, denen ein Maschinengewehr angeboten wurde.


Ebenso frei erfunden sein wie das Weltbild von Varoufakis.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

06.07.2015 15:46
#62 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #60
Zitat von R.A. im Beitrag #59
Bei marktwirtschaftlichen Systemen nicht - die sind selbstregulierend.


Ääääh, gab es das schon mal in der Realität, oder ist das ein 'wünsch Dir was'?


Gibt es, & wird seit Adam Smith "unsichtbare Hand" genannt.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 353

06.07.2015 16:01
#63 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #60
Mein Chef hat gerne die Geschichte von den Verteidigern einer mittelalterlichen Burg erzählt, denen ein Maschinengewehr angeboten wurde. Sie haben es nicht genommen, sie haben sich auf ihre Pfeile und Bogen konzentriert

Das ist nicht verwunderlich, wenn
1. die Verteidiger keine Munition dafür haben und sie auch nicht herstellen können,
2. sie die Waffe nicht bedienen und auch keine Störungen beheben können und
3. ihnen auch niemand die Wirksamkeit solch einer Waffe demonstriert hat.

Political Correctness ist nichts anderes als betreutes Denken.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

06.07.2015 16:15
#64 Referendum der €-Länder Antworten

Das griechische Volk hat mit einem Referendum Fakten geschaffen. Fakten, die für Griechenland verbindlich sind, nicht für uns.

Unsere Regierungen sollten keine Entscheidungen in Sachen Griechenlandhilfe mehr beschließen dürfen, ohne zuvor dazu das Volk mit einem Referendum befragt zu haben.
Selbst Griechenland, das sonst fast nichts "gebacken" kriegt, schafft es ein Referendum in einer Woche zu organisieren. Das sollten die anderen €-Länder auch hin bekommen.

Also, Politiker dürfen ohne Referendum nichts mehr entscheiden.

Herzlich, Paul

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JE SUIS JUIF

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.07.2015 16:25
#65 RE: Referendum der €-Länder Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #64
Selbst Griechenland, das sonst fast nichts "gebacken" kriegt, schafft es ein Referendum in einer Woche zu organisieren.

Na ja, das war aber ein ziemliches Schrott-Referendum. Wenn das Ergebnis nicht so deutlich wäre, müßte man sich auch mal die Korrektheit der Durchführung genauer anschauen - Wahlbeobachter waren wegen der Kurzfristigkeit jedenfalls nicht möglich.
Und die Fragestellung war (bewußt) unbrauchbar.
Also eigentlich ein sehr abschreckendes Beispiel für eine Referendum.

Wie man es richtig macht, zeigen die Schweizer. Da wäre so eine Hoppla-Hopp-Farce nicht zulässig gewesen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.07.2015 16:27
#66 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Die aktuellen Ereignisse lassen einen ja schon etwas fassungslos zurück.
Der Rücktritt von Varoufakis ist mit normaler Logik nicht zu erklären. Sieht eher so aus, als wolle Tsipras seine Verzögerungstaktik fortsetzen - mit einem neuen Finanzminister könnte man erneut einige Monate lang Zeit schinden und die EZB-Kredite verlängern ...

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

06.07.2015 16:34
#67 RE: Referendum der €-Länder Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #65
Zitat von Paul im Beitrag #64
Selbst Griechenland, das sonst fast nichts "gebacken" kriegt, schafft es ein Referendum in einer Woche zu organisieren.

Na ja, das war aber ein ziemliches Schrott-Referendum. Wenn das Ergebnis nicht so deutlich wäre, müßte man sich auch mal die Korrektheit der Durchführung genauer anschauen - Wahlbeobachter waren wegen der Kurzfristigkeit jedenfalls nicht möglich.
Und die Fragestellung war (bewußt) unbrauchbar.
Also eigentlich ein sehr abschreckendes Beispiel für eine Referendum.

Wie man es richtig macht, zeigen die Schweizer. Da wäre so eine Hoppla-Hopp-Farce nicht zulässig gewesen.

Volle Zustimmung. Demokratie heißt ja nicht nur, daß man das Volk abstimmen läßt, sondern man muß auch eine brauchbare Frage stellen. Außerdem müssen die Alternativen klar definiert und in vorausgehenden öffentlichen Debatten auf ihre Implikationen abgeklopft worden sein. Das Schottland-Referendum z.B. war trotz langer Vorlaufzeit und einiger Debatten noch eher an der Untergrenze des Sinnvollen.

Aber das hier, innerhalb von ein paar Tagen ein Referendum zur Frage "Stimmen Sie dem links abgedruckten unverständlichen Kauderwelsch zu, nein oder ja?" aufzuziehen, hat mit Demokratie weniger zu tun als mit Demagogie. Man hat fast den Eindruck, Tsipras habe sich bei seinen kürzlichen Besuchen in Moskau ein paar Tips geholt, wie man das macht.

Florian Offline



Beiträge: 3.171

06.07.2015 16:57
#68 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Lieber Martin,

die Kombination dieser beiden Zitate finde ich ehrlich gesagt etwas überraschend:

Zitat von Martin im Beitrag #58

Da ich nun die Finanzmärkte schon seit 40 Jahren intensiv verfolgt habe, [...]


Zitat von Martin im Beitrag #60
Zitat von R.A. im Beitrag #59
Bei marktwirtschaftlichen Systemen nicht - die sind selbstregulierend.

Ääääh, gab es das schon mal in der Realität, oder ist das ein 'wünsch Dir was'?



Die Selbstregulierung von Märkten ist ein ganz elementares volkswirtschaftliches Axiom:
Märkte tendieren stets zu einem Gleichgewicht.
(Dass einem das Marktgleichgewicht nicht immer gefällt, steht auf einem anderen Blatt. Es gibt auch ein Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung. Aber das ändert nichts daran, dass es eben in einer Marktwirtschaft ein selbstreguliertes Gleichgewicht gibt.)

Und gerade bei effizienten Märkten wie den Finanzmärkten ist das auch in der Praxis wunderbar zu beobachten.
Das Geschehen auf den Finanzmärkten lässt sich doch eigentlich nur sinnvoll erklären, wenn man von eben dieser Selbstregulierung ausgeht: Jede noch so kleine Unausgewogenheit führt dort ja sofort zu einer Arbitragemöglichkeit, die stets sofort genutzt wird und die Märkte wieder ins Gleichgewicht bringt.

Dass Ihnen ein solcher Effekt in 40 Jahren intensiver Beobachtung der Kapitalmärkte nie aufgefallen ist, verwundert daher dann doch etwas ...

Jakob Nierstein Offline



Beiträge: 133

06.07.2015 18:40
#69 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Das ist alles sehr richtig. Danke, dass es nun mal so schön zusammengefasst wurde. Ich muss sagen, dass ich die ganze Berichterstattung und ihre Sichtweise einfach nicht verstehe. Interpretationen und Meinung können und sollen verschieden sein, aber wenn ich eine Sichtweise nicht teile, kann ich sie immerhin noch als plausibel und gut argumentiert ansehen. Die von mir vermisste Plausibilität in den linken Medien ist für mich die Manifestation der Medienkrise in Kombination mit einer Bildungskrise.

Ich musste mich kürzlich über einen Spiegel-Artikel ärgern: http://couponschneider.blogspot.de/2015/...-den-punkt.html

Wer zu blöd ist, die Initiative von Heiko Maas zu begreifen, der glaubt wahrscheinlich auch, wir hätten nicht Griechenland geholfen, sondern den Banken. Die glauben auch, wir würden Griechenland Vorschriften machen, dabei machen wir doch nur politische Deals: Zeige konkreten Sparwillen und wir sind bereit, dich zu unterstützten. Bei Zwegat ging es doch auch nie um etwas anderes.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

06.07.2015 18:50
#70 RE: Referendum der €-Länder Antworten

___________________________
JE SUIS JUIF

Jakob Nierstein Offline



Beiträge: 133

06.07.2015 18:56
#71 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Martina im Beitrag #5
Das einzige, worüber ich mir nicht ganz so sicher bin, ist, ob nicht die Wiedereinführung der Drachme doch der bessere Weg wäre. Darüber kann man sicherlich streiten.


Ich weiß nicht, ob Deutschland helfen kann und ich möchte mir auch nicht den Kopf darüber zerbrechen, was nun besser ist. Ob mit Drachme oder mit Euro: Es wird zehn Jahre Blut, Schweiß und Tränen kosten. Denn nur Arbeit, Sparsamkeit und Investitionseifer schaffen Wohlstand. Griechenland halte ich für einen failed state. Es hat kein Kataster. Die Privilegien der orthodoxen Kirche widersprechen dem westlichen Geist. (Die Kirche ist Hauptgegner des Katasters.)

Ich habe vor wenigen Jahren die Beibehaltung des Euros sogar begrüßt, weil das Abwerten einer Währung keine Probleme löst. Abwerten ist nichts anders, als sich einen schlanken Fuß zu machen. Wenn sie das machen wollen, sollen sie es machen.

Das einzig Entscheidende für mich als deutschen Steuerzahler ist: Von mir soll kein Geld mehr dorthin fließen. Ich war schon vor wenigen Jahren auf Schäffler-Linie.

Merkel und Schäuble wurde viel vorgeworfen. Was ich bisher als Vorwurf vermisste: Naivität. Zu glauben, ein politischer Schuldner wäre dankbar, ist naiv. Boxe ich ich meinen Nachbarn aus seinen Schulden raus, würde er mir die Füße küssen.

Ich denke auch, dass die Bundesregierung ein sehr starkes Eigeninteresse hatte, Griechenland zu stützen. Es hätte einen Domino-Effekt gegeben und wer hätte darunter am meisten gelitten? Der deutsche KLV-Sparer. Wie haben 90 Millionen Policen davon, die vornehmlich mit Staatsanleihen finanziert werden müssen. Diese Policen sind politischer Sprengstoff. Ein Albtraum: 55-jährige Kleinsparer in Windjacken stürmen das Kanzleramt, die Kirchners an den Wänden werden besudelt und die AfD oder die Linkspartei schafft bei den Bundestagswahlen 20 %.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

06.07.2015 20:21
#72 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #68

Die Selbstregulierung von Märkten ist ein ganz elementares volkswirtschaftliches Axiom:
Märkte tendieren stets zu einem Gleichgewicht.
(Dass einem das Marktgleichgewicht nicht immer gefällt, steht auf einem anderen Blatt. Es gibt auch ein Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung. Aber das ändert nichts daran, dass es eben in einer Marktwirtschaft ein selbstreguliertes Gleichgewicht gibt.)

Und gerade bei effizienten Märkten wie den Finanzmärkten ist das auch in der Praxis wunderbar zu beobachten.
Das Geschehen auf den Finanzmärkten lässt sich doch eigentlich nur sinnvoll erklären, wenn man von eben dieser Selbstregulierung ausgeht: Jede noch so kleine Unausgewogenheit führt dort ja sofort zu einer Arbitragemöglichkeit, die stets sofort genutzt wird und die Märkte wieder ins Gleichgewicht bringt.

Dass Ihnen ein solcher Effekt in 40 Jahren intensiver Beobachtung der Kapitalmärkte nie aufgefallen ist, verwundert daher dann doch etwas ...



Lieber Florian,

erst etwas grundsätzliches:

1. aus wiki: "Ein Axiom ist ein Satz, der nicht in der Theorie bewiesen werden soll, sondern beweislos vorausgesetzt wird."
2. Was ist denn ein 'Gleichgewicht'? Ein Gleichgewicht ist ein System ohne Änderung, ohne Dynamik. 'Marktgleichgewicht' ist ein Hilfskonstrukt der Volkwirtschaft, um Prozesse beschreiben zu können, weil die Volkswirtschaft Systemtheorie nicht beherrscht.
3. Wie wird denn eine 'Unausgewogenheit' genau festgestellt?

Der Markt hat Regelmechanismen, kein Zweifel. Wer sich aber mit Systemtheorie ein bisschen auskennt fragt als erstes nach den Zeitkonstanten und nach der Phasenlage der einzelnen Regelfunktionen. Die Zeitkonstanten gehen teilweise über sehr lange Zeiten, und es gibt sich selbst verstärkende Effekte. Zudem sind die Funktionen nicht linear.

Geld verdienen können Sie in einem System im Gleichgewicht nur, wenn Sie an jeder Aktion naturgemäß mitverdienen, sei es der Staat via Steuer, oder der Händler via Gebühr. Wer diesen Zugang nicht hat kann lediglich Ausschau halten, wo es länger laufende Trends geben könnte, oder wo große Verwerfungen herrschen, die auf Dauer so nicht bestehen bleiben können. Das Wann und Wie einer Korrektur zu ahnen ist aber die Kunst oder das Glück, manche versuchen sich in Chartauswertungen um die Zukunft vorherzusagen.

Und wenn man Effizienz von Finanzmärkten postuliert, dann muss man auch sagen wie das definiert / gemessen wird. Was war daran 'effizient', dass sich die Banken vor 2008 mit CDOs vollgesogen haben, so dass sie vom gemeinen Steuerzahler gerettet werden mussten?

Gruß, Martin

Florian Offline



Beiträge: 3.171

06.07.2015 23:38
#73 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Lieber Martin,

ich hatte mir tatsächlich überlegt, ob der Ausdruck "Axiom" hier richtig ist.
Ich glaube aber schon (mag mich aber irren).
Ist aber hier eigentlich auch nicht das entscheidende.

Sondern:
Es ist der Wesenskern einer Marktwirtschaft, dass Angebot und Nachfrage zum Ausgleich gebracht werden.
Und dies passiert im Markt-Gleichgewichtspunkt.
Ein Markt ist im Gleichgewicht, wenn Angebot gleich Nachfrage ist. Das ist die Definition von Marktgleichgewicht.
Wenn A>N oder A<N, dann ist der Markt im Ungleichgewicht.
Und dann gibt es Regelmechanismen, die dazu führen, dass A und N sich annähern.

Ein Beispiel:
Wenn der Preis niedriger als der Gleichgewichtspreis ist, dann ist die Nachfrage größer als das Angebot.
Und nun entstehen Kräfte, die für einen automatischen Ausgleich sorgen:
Die erhöhte Nachfrage führt dazu, dass der Preis steigt. Und der Preis steigt so lange, bis N=A.

Das ist wirklich elementare VWL.
Und es gibt m.W. keine einzige VWL-Denkschule, die diesen grundlegenden Mechanismus nicht anerkennt:
Von Keynes bis Friedman sind sich da ausnahmsweise mal alle einig.

Natürlich kann es Ausnahmesituationen geben, in denen ein Markt nicht zum Gleichgewicht zurückfindet (das "Schweinezyklus-Modell" ist so ein Fall. Aber das ist ein eher theoretisches Konstrukt, das in den Modellannahmen ziemlich dumme Marktakteure voraussetzt, die nicht einen Schritt vorausdenken können).
Und das sind dann eben wirkliche Ausnahmesituationen und nicht die Regel.

Zitat

Und wenn man Effizienz von Finanzmärkten postuliert, dann muss man auch sagen wie das definiert / gemessen wird. Was war daran 'effizient', dass sich die Banken vor 2008 mit CDOs vollgesogen haben, so dass sie vom gemeinen Steuerzahler gerettet werden mussten?



Erst einmal:
Es ging hier um die Frage, ob Finanzmärkte im Gleichgewicht sind, bzw. dorthin tendieren.
Und das ist praktisch immer der Fall. Eine Situation, in der Nachfrage und Angebot nicht gleich groß sind (bzw. sich nicht innerhalb sehr kurzer Zeit ausgleichen) ist auf einem liquiden Markt kaum vorstellbar.

Die übliche Definition von "effizienten Kapitalmärkten" ist übrigens:
Märkte, in denen alle verfügbaren Informationen in den Preisen berücksichtigt sind.
Und dies scheint mir i.d.R. schon der Fall zu sein. Oder zumindest scheint mir die Finanzmarktkrise hier kein Gegenargument zu liefern. Hinterher ist man immer schlauer. Aber zum jeweiligen Zeitpunkt ist der Marktpreis aus Sicht der handelnden Akteure eben schon der faire Preis.

Im Übrigen:
Ich sage nicht, dass es nicht manchmal auch ein Marktversagen geben kann und ein Markt nicht zum Ausgleich kommt.
Aber das sind seltene Ausnahmen. 99 von 100 Märkten sind "normale" Märkte, die ausgeglichen werden. Und dass Ihnen solche in Ihrer jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Kapitalmärkten nie untergekommen sind, kann ich schlechterdings nicht glauben.

otto ( gelöscht )
Beiträge:

07.07.2015 01:11
#74 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Sehr geehrter Florian,

gestatten Sie mir Widerspruch anzumelden, nach dem Motto, grau ist alle Theorie.
So richtig das, was Sie schreiben, in der Praxis findet das leider nicht statt.

"Sondern:
Es ist der Wesenskern einer Marktwirtschaft, dass Angebot und Nachfrage zum Ausgleich gebracht werden.
Und dies passiert im Markt-Gleichgewichtspunkt.
Ein Markt ist im Gleichgewicht, wenn Angebot gleich Nachfrage ist. Das ist die Definition von Marktgleichgewicht.
Wenn A>N oder A<N, dann ist der Markt im Ungleichgewicht.
Und dann gibt es Regelmechanismen, die dazu führen, dass A und N sich annähern."

Es ist der Wesenskern einer "fair regulierten" Marktwirtschaft, müsste es eigentlich heißen.
Ein unregulierter Markt gehört allein dem Stärkeren, in Zweifel dem Bewaffneten.
Nehme ich nur unseren nationalen Markt, stelle ich fest, dass faire Marktregeln für den absolut größten Teil der Marktteilnehmer nicht gelten. (Steuerlast Großkonzerne, Arbeitsmarkt Mindestlöhne für alle gehobenen Pfründe, oder im Kleinen die Verdrängung der Metzger oder Käseerzeuger durch nicht erfüllbare und sachfremde Hygienevorschriften....)

"Ein Beispiel:
Wenn der Preis niedriger als der Gleichgewichtspreis ist, dann ist die Nachfrage größer als das Angebot.
Und nun entstehen Kräfte, die für einen automatischen Ausgleich sorgen:
Die erhöhte Nachfrage führt dazu, dass der Preis steigt. Und der Preis steigt so lange, bis N=A."

Und was ist mit über teure Juristen abgesichertem Marketing und Werbung, welche dem kleinen Marktteilnehmer nicht zur Verfügung stehen. Wie gelingt es Nestle, qualitätsreduzierte Ware zu Hochpreisen im Markt unter zu bringen. Und was ist mit den (Quasi-) Monopolen, z.B. abgesichert über Patente und andere Rechte ?

"Das ist wirklich elementare VWL.
Und es gibt m.W. keine einzige VWL-Denkschule, die diesen grundlegenden Mechanismus nicht anerkennt:
Von Keynes bis Friedman sind sich da ausnahmsweise mal alle einig."

Und in welchem nationalen oder internationalen Markt findet das (in reiner Form) statt ?


"Zitat
Und wenn man Effizienz von Finanzmärkten postuliert, dann muss man auch sagen wie das definiert / gemessen wird. Was war daran 'effizient', dass sich die Banken vor 2008 mit CDOs vollgesogen haben, so dass sie vom gemeinen Steuerzahler gerettet werden mussten?
Erst einmal:
Es ging hier um die Frage, ob Finanzmärkte im Gleichgewicht sind, bzw. dorthin tendieren.
Und das ist praktisch immer der Fall. Eine Situation, in der Nachfrage und Angebot nicht gleich groß sind (bzw. sich nicht innerhalb sehr kurzer Zeit ausgleichen) ist auf einem liquiden Markt kaum vorstellbar.
Die übliche Definition von "effizienten Kapitalmärkten" ist übrigens:
Märkte, in denen alle verfügbaren Informationen in den Preisen berücksichtigt sind.
Und dies scheint mir i.d.R. schon der Fall zu sein. Oder zumindest scheint mir die Finanzmarktkrise hier kein Gegenargument zu liefern. Hinterher ist man immer schlauer. Aber zum jeweiligen Zeitpunkt ist der Marktpreis aus Sicht der handelnden Akteure eben schon der faire Preis."

Ist Big to Fail, teilweise über Fusionen erzwungen, keine Marktstörung ?
Glauben Sie wirklich, dass der Informationsvorsprung eines Goldman S. Mitarbeiters, jetzt EZB, nicht zu zu massiven Marktstörungen führt. Oder welche faire Chance hat eine kleine Bank zu uneingeschränktem Marktzugang gegen die Rechtsabteilung der Deutschen Bank, diese inclusive eigener Mitarbeiter in der reguliernden Regierung.


"Im Übrigen:
Ich sage nicht, dass es nicht manchmal auch ein Marktversagen geben kann und ein Markt nicht zum Ausgleich kommt.
Aber das sind seltene Ausnahmen. 99 von 100 Märkten sind "normale" Märkte, die ausgeglichen werden. Und dass Ihnen solche in Ihrer jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Kapitalmärkten nie untergekommen sind, kann ich schlechterdings nicht glauben."

Kann es ein Marktversagen in einem Nicht-Markt geben. Oder anders gesagt, wo ist der Markt, in welchem das von Ihnen Dargelegte statt findet.

Würden Sie mir zugestehen, dass obige wenige (und beliebig erweiterbare) Beispiele Ihre theoretischen Darlegungen ausreichen widerlegen ?

Die Volkswirtschaft ist halt doch keine Wissenschaft (trotz großer Namen), schon wegen der für einen Laien möglichen Falsifizierung.

Ist es vielleicht so, das Ihre Darlegungen einwandfrei funktionieren, so lange sie keiner kennt. Wenn sie aber bekannt sind oder werden, kommen hochqualifizierte Spezialisten und arbeiten an den Rändern und in den Lücken, was über kurz oder lang zum Hauptgeschäftsfeld wird und den funktionierenden fairen Mark zur Wenige-Prozent-Veranstaltumg degradiert, welcher dann weiterhin von der Theorie begleite wird, und, die Ausnahmen bestätigen die Regel, die stattfindenden 90 % sind dann halt Marktstörungen.
Es lebe die Theorie.

Popper ist meine Bibel, nicht Keynes oder Friedman.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

07.07.2015 02:26
#75 RE: Sieben griechische Wahrheiten Antworten

Werter otto,

Sie beschreiben hier lauter Probleme, die eindeutig durch staatliche Verzerrungen der Marktprozesse entstehen. Leider ist aber gerade das für Ihre Beweisführung absolut ungeeignet.

Wenn ich das richtig mitbekommen habe, bleibt nur ein Punkt übrig, der nicht darunter fällt:

Zitat von otto im Beitrag #74
Und was ist mit über teure Juristen abgesichertem Marketing und Werbung, welche dem kleinen Marktteilnehmer nicht zur Verfügung stehen. Wie gelingt es Nestle, qualitätsreduzierte Ware zu Hochpreisen im Markt unter zu bringen.
Die Werbung und die teuren Juristen (die meist sehr wenig damit zu tun haben, dafür gibt es teure Product Manager und teure Werbeagenturen) kosten Geld, das sich die Großen auch gerne sparen würden, zumal ihre Wirkung nur schwer isolierbar ist (gerne kolportiertes Zitat eines Managers: "Ich weiß, dass die Hälfte meiner Werbung zum Fenster hinaus geworfen ist. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte."). Kleine haben die Chance, sich die Werbung zu schenken und deswegen ihre Produkte billiger anzubieten. Oder sie setzen auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Oder sie lassen sich andere Wege einfallen. Es gibt zig Beispiele gerade im Konsumgüterbereich dafür. Viele Wege führen nach Rom, und dass diese auch genutzt werden, ist ja gerade eine Stärke der Marktwirtschaft. Und was die Qualität angeht: Nun, die dürfte oft Geschmackssache sein. Aber gerade diejenigen, die viel teure Werbung für ihre Produkte betreiben, werden einen Deibel tun und dann schlechte Qualität anbieten, damit der Kunde gleich wieder abspringt. Es ist immer fatal, den Verbraucher für dümmer zu halten als er ist. Wenn es um ihre eigenen Bedürfnisse geht, sehen die Menschen nämlich viel genauer hin, als wenn sie politisch für eine angeblich gute Sache eintreten...

Gegen die beschriebene Funktionsweise von Märkten spricht das alles auch nicht. Auch Nestlé verkauft weniger, wenn es die Preise erhöht, genau wie alle anderen Anbieter auf vergleichbaren Märkten auch. Und Ungleichgewichte entstehen dadurch in wesentlichem Umfang auch nicht - zumindest nicht auf mehr als kurze Sicht.

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Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

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