Ergänzend zum religiös-eschatologisch aufgeladenen Weltdeutungsmuster gibt es heute bei EIKE eine Erinnerung an den ersten "Earth Day" (dessen 46. Jubiläum vorgestern stattfand) von Andrew Follett:
Zitat von Reason, May 2000, 'Earth Day, Then and Now', zum 30.Earth Day 1970 provoked a torrent of apocalyptic predictions. "We have about five more years at the outside to do something," ecologist Kenneth Watt declared to a Swarthmore College audience on April 19, 1970. Harvard biologist George Wald estimated that "civilization will end within 15 or 30 years unless immediate action is taken against problems facing mankind."
Dieser Fünfjahresplan hat eine Spur hinterlassen: Bevor David Bowie, hierzulande zumindest, zum Bebilderer des Bahnhof-Zoo-Berlins der späten 70er avancierte - und für den Rest der Welt überhaupt - (& als die Kombination "Ziggy" & "Pop" eher für "nachher" als "vorher" stand) war sein Erkennungsrollenspiel Ziggy Stardust - mit dem Konzeptalbum "The Rise and Fall of Z.S. and the Spiders from Mars" von 1972. Der Opener ist "Five Years":
Pushing through the market square / so many mothers sighing News had just come over, we had five years left to cry in
News guy wept and told us: earth was really dying Cried so much his face was wet/ then I knew he was not lying
Claus Kleber ist auch älter als wir gedacht hatten.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3Ergänzend zum religiös-eschatologisch aufgeladenen Weltdeutungsmuster gibt es heute bei EIKE eine Erinnerung an den ersten "Earth Day" (dessen 46. Jubiläum vorgestern stattfand) von Andrew Follett:
Das ist aber noch nicht alles. Es gibt noch die folgende Perle, die heute besonders gern unter den Teppich gekehrt wird:
Zitat von Predictions from Earth Day 1970Ecologist Kenneth Watt stated, "The world has been chilling sharply for about twenty years. If present trends continue, the world will be about four degrees colder for the global mean temperature in 1990, but eleven degrees colder in the year 2000. This is about twice what it would take to put us into an ice age."
Der Ökologe Kenneth Watt stellte fest: "Die Welt kühlt sich schon seit 20 Jahren rapide ab. Wenn sich der gegenwärtige Trend fortsetzt, dann wird die Welt 1990 etwa 4° für die globale Mitteltemperatur kälter sein, und im Jahr 2000 um 11° [ich vermute mal Fahrenheit, aber immerhin...]. Das ist doppelt so viel wie nötig, um uns in eine neue Eiszeit zu bringen."
The science is settled, kann man da nur sagen...
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3Kleine popkulturelle Fußnote: [...]
Eine gepflegte Weltuntergangsstimmung gehörte damals (in den 70er/80er Jahren) in der Stagnationsphase des kalten Kriegs einfach zur Unterhaltungskultur und dem zeitgemäßen Ennui dazu; ich kann mich noch gut daran erinnern, dieses Gefühl (im jugendlichen Überschwang, dem die Welt gar nicht kaputt und umbrechend genug sein kann, versteht sich) selbst gehabt zu haben. Hier ein etwas späteres Beispiel, dessen unspezifische Breite dieses Lebensgefühl gut wiedergibt:
Zitat von Children of the Moon, The Alan Parsons Project 1981... Too late to save us, but try to understand The seas were empty, there was hunger in the land We let the blind man lead the way too long Easy to see where we went wrong Nothing to live for, nothing to die for We're lost in the middle of a hopeless world ...
Das war der kulturelle Humus, auf dem dann die politischen Giftschwammerl aufgegangen sind, die wir heute, nach ihrem Marsch durch die Institutionen, als täglich Brot zu schlucken bekommen.
Zitat von nachdenken schmerzt nichtOhne einen Treibhauseffekt hätte sich auf der Erde höchstwahrscheinlich niemals intelligentes Leben entwickeln können.
Aber da wir den Treibhauseffekt haben, besteht da noch Hoffnung?
Jetzt aber noch ernsthaft zum Artikel:
Zitat von nachdenken schmerzt nicht"Im Hinblick auf Klimawissenschaft und Modellierung sollte man daran denken, daß es sich um ein nicht-lineares, gekoppeltes, chaotisches System handelt. Dieser Umstand macht eine langfristige Vorhersage über die Zustände des zukünftigen Klimas unmöglich. Im besten Falle kann man erwarten, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für mögliche zukünftige Klimazustände der Erde zu erhalten." Diese Bemerkung ist übrigens für jeden Mathematiker eine Selbstverständlichkeit und ich offenbare hier mitnichten ein streng gehütetes Geheimnis. Trotzdem scheint diese Bemerkung nicht mit der Gewissheit zu korrelieren, mit der "berechnete Klimaszenarien" oft als Begründung für weitreichende Entscheidungen herangezogen werden sollen.
Das ist richtig, es ist aber noch schlimmer, denn die Wahrscheinlichkeitsverteilung, die am Ende herauskommt, hängt auch ganz entscheidend von den a priori Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Systemparameter und die Anfangsdaten ab; und während das Gleichungssystem als solches noch einigermaßen nachvollziehbar aus physikalischen Gesetzmäßigkeiten abgeleitet werden kann, geht bei jenen das wirklich ganz große Rätselraten los. Bei den Ergebnissen, die aus dem IPCC-Dunstkreis ins allgemeine Bewußtsein wachsen, kommen dann gerne Prozentzahlen heraus wie etwa "in 70% der betrachteten Szenarien sind wir in 100 Jahren alle Toast"; das klingt nach viel, ist aber, selbst der Extrapolationsfehler unerachtet, völlig von den a priori Wahrscheinlichkeiten für die Szenarien abhängig, die mitnichten auf so soliden Füßen stehen wie die physikalischen Gleichungen, auf die sie sich so viel zugute halten, und insofern rein geraten.
Deshalb wird man, wenn sich die quantitativen Vorhersagen doch als allzu ungesichert erweisen, gerne auf die qualitativen Effekte hingewiesen, die bei chaotischen Systemen deutlich handfester auftreten. Stichpunkt "Kipp-Punkt". Hierzu eine kleine Anekdote: Bei einer Konferenz vor ein paar Jahren hatte ich das Vergnügen einem Vortrag von Mary Lou Zeeman beizuwohnen, ihres Zeichens Expertin für nichtlineare dynamische Systeme, die es auch hervorragend versteht auf der politico-wissenschaftlichen Klaviatur zu präludieren. So zeigte sie hier auch die Leistungsfähigkeit qualitativer mathematischer Methoden am Beispiel des Erdklimas und erklärte, wie und warum hier temperaturmäßig zwei stabile Zustände vorliegen, zwischen denen das System bei sehr großer Störung hin- und herschnappen kann. Soweit befriedigtes Kopfnicken auch und gerade bei den hartgesottenen Klimatologen im Publikum. Aber dann kam der Knackpunkt, bei dem letztere zwischen Augenreiben und Schnappatmung erstarrten: der stabile Punkt, in dessen Nähe wir uns bewegen, ist der wärmere, der andere entspricht einer Eiswüste. Toller Vortrag.
Zitat von vivendi im Beitrag #2Sehr guter Artikel, vielen Dank dafür. Rational, ohne Emotionen und mit einleuchtenden Beispielen und Argumenten illustriert.
Dem kann ich nur zustimmen: Faszinierend!
Zu den dargelegten Fakten kann ich mangels Kompetenz nichts sagen.
Über die eingestreuten Bezüge zur Religion (die ich in ihrem Kontext allemal unkommentiert stehen lassen kann, es wird ja deutlich, was Sie meinen) muss ich, bevor ich allzurasch einen Nebenkriegsschauplatz eröffne, noch nachdenken. Was ja bekanntlich weder schadet noch schmerzt.
Vielen Dank für den Beitrag. Es tut mir immer gut, reflektierte Gedanken zu Themen zu lesen, die leider scheinbar nur selten reflektiert werden.
Offtopic: Da dies mein Erster Versuch ist an einer Unterhaltung in ZkZ teilzunemen, stelle ich hier ein formloses Hallo! dazwischen. Ich bin seit geraumer Zeit regelmäßiger Leser in Blog und Forum. Was mich dauerhaft hier hält und mich nun letztlich auch zur Wortmeldung bewegt, ist im wesentlichen die Wertschätzende Art der Kommunikation. Der Austausch von Gedanken und Ansichten, mit dem Ziel des besseren Verstehens, ist mir ein tiefes persönliches Anliegen. Ich hoffe sehr das es mir gelingt mich in diesem Sinne hier gut einzufügen. /Offtopic
Zitat Diese Wahrheit ist zugleich ein moralisches Gebot und das Anzweifeln eben dieser Wahrheit hat nach Auffassung vieler zu zwischenmenschlichen Sanktionen zu führen.
Das ist für mich beim Klimawandel (und der Kernenergie und der Gentechnik und einigen anderen Themen), ein zentraler Punkt, der es mir oft vollkommen unmöglich macht überhaupt so etwas wie eine Diskussion zu führen. Komplexe Themen werden behandelt, als wäre es eine persönlich Geschmacksfrage zu entscheiden was nun wahr ist. Eine mögliche Ursache dafür sehe ich bei der extremen Komplexität des Themas. Wie im Ausgangstext schon schön zu sehen ist: Die Liste der bekannten und vermuteten Einflussgrößen auf das Klima, Ihre Größenordnungen und Wechselwirkungen ist lang und mit großer Wahrscheinlichkeit unvollständig. Die Möglichkeit auf dieser Basis Modelle mit ernstzunehmender Genauigkeit zu erstellen ist herzlich gering. Aber das interessiert schon scheinbar nurnoch wenige in einer öffentlichen Diskussion. Es gibt zu beiden Extrempositionen (Kalt <> Warm) genug Argumente auf dem Markt, das sich der eigene Standpunkt bis zur Ermüdung aller beteiligten mit Zitaten und Quellen untermauern lässt. Von meinem Eigenen Standpunkt kann ich eigentlich nur zwei Dinge mit Überzeugeung sagen:
1. Das Klima ändert sich. 2. Die Aktivitäten des Menschen haben einen Einfluss auf die Veränderung des Klimas.
Darüber hinaus - und mir ist unangenehm bewusst das Beides ziemliche Nullaussagen sind - nehme ich jederzeit gerne Informationen zur Kenntnis, die dass Potential haben mein Verstehen bzw. Wissen zu erweitern.
Den Meisten Menschen die ich kenne, hier liegt für mich der wesentliche Knackpunkt, scheint eine derart vage Positionierung nicht zugänglich.
Wie n_s_n es schon schön klar gesagt hat:
Zitat Es wird keine inhaltliche Debatte gesucht, sondern moralisch Position bezogen und das Amoralische ausgegrenzt. Genau dieser Punkt ist es, der mich Handlungsmechanismen erkennen läßt, welche ich eher mit Religion in Verbindung bringe als mit dem wissenschaftlichen Streben nach Erkenntnis. Das was ich dabei als so etwas wie eine zugrunde liegende "Religion" wahr nehme, erscheint mir ein statisches Naturbild zu sein, welches auch an vielen anderen Stellen unserer Gesellschaft als Handlungsmaxime dient, die den "moralischen Nullpunkt" setzt.
Gerade dieses merkwürdige statische Naturbild stößt mir an vielen Stellen arg auf. Es scheint bei Vielen ein Konsens zu herrschen, dass die Natur (und alles natürliche, was immer das auch bedeuten mag) gut ist und es - nicht nur beim Klima - so etwas wie ein natürliches Gleichgewicht in Welt und Umwelt gäbe und der Mensch dieses stets bedroht. Damit scheint es oft absolut ausgeschlossen Dinge die mit Öko- oder Bio- beginnen in ihrer Sinnhaftigkeit anzuzweifeln.
Der Punkt den ich eigentlich machen will: Überzeugungen sind einfach und "praktisch". Ich persönlich, mit meinem Bewusstsein der eigenen Unwissenheit, tue mich oft sehr schwer so etwas wie eine konkrete Meinung als Handlungsgrundlage zu präsentieren. Ich empfinde es oft als Nachteil bzw. unangenehm solche Unsicherheiten in mir Rumzutragen. Hier vermute ich zumindest einen Teil des Grundes, warum die meisten Menschen die ich kenne, Unsicherheiten quasi per Gefühlsentscheid zu beseitigen neigen.
Nachdenken schmerzt nicht, der Mangel an Nachdenklichkeit bei Komplizierten Themen schmerzt mich oft.
Zitat von Jaw im Beitrag #6stelle ich hier ein formloses Hallo! dazwischen.
Auch Ihnen ein herzliches Willkommen im kleinen Zimmer lieber Jaw und vielen Dank für Ihren Beitrag. Mögen noch viele folgen.
Zitat von Jaw im Beitrag #6Damit scheint es oft absolut ausgeschlossen Dinge die mit Öko- oder Bio- beginnen in ihrer Sinnhaftigkeit anzuzweifeln.
Zu diesem Thema hab ich mich vor einiger Zeit bereits an einem Beitrag versucht. Das Verständnis dieser Zusammenhänge ist meines Erachtens zentral, um das Denken und Handeln unserer Zeit zu verstehen.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Fluminist im Beitrag #4Aber dann kam der Knackpunkt, bei dem letztere zwischen Augenreiben und Schnappatmung erstarrten: der stabile Punkt, in dessen Nähe wir uns bewegen, ist der wärmere, der andere entspricht einer Eiswüste. Toller Vortrag.
^ Das war vor etwa 40 Jahren die Befürchtung: eine Eiszeit. Die Zeiten ändern sich, die Vorzeichen ändern such, die Ängste bleiben die selben.
Zitat von vivendi im Beitrag #9Die Zeiten ändern sich, die Vorzeichen ändern such, die Ängste bleiben die selben.
Noch eine weitere Anmerkung. Kleider machen Leute, und Worte machen Gedanken. Die ganze Klimageschichte hat, rein von der unterschwelligen Wirkung in Medien und Bevölkerung her gesehen, schon allein dadurch einen gewissen Auftrieb, daß die Klimatologen ihre Temperaturmessungen als Anomalie (temperature anomaly) ausdrücken. Ein, je nach Absicht, etwas abwegig oder eben genial gewähltes Wort.
Anomalie heißt ursprünglich "Gesetzlosigkeit", also eigentlich eine Abweichung von der Regel oder ein Bruch derselben. Damit schwingt in dem Wort schon die Wertung mit, daß hier etwas verkehrt ist oder aus dem Ruder läuft; es ist nicht so wie es sein sollte. Das gibt einer Beobachtung wie "0.5° Temperaturanomalie" schon unabhängig von jeder weiteren Interpretation und Schlußfolgerung einen bedrohlichen Anstrich.
Dabei ist die "Temperaturanomalie", von der hier immer die Rede ist, nicht anderes als eine Temperaturdifferenz, bezogen auf einen mehr oder weniger willkürlich gewählten Vergleichspunkt. Die Bezeichnung als "Anomalie" suggeriert aber, daß dieser Vergleichspunkt die "richtige" Temperatur wäre und, wenn alles mit rechten Dingen zuginge, die Temperatur immer auf diesem festen Wert beharren müßte. Das ist aber ganz und gar nicht der Fall.
Exzellent, lieber n_s_n. Übrigens wird Einsteins allgemeine Relativitätstheorie in Bezug auf die Gravitation auch nach dem Nachweis der Gravitationswellen außerhalb der Wissenschaft weitgehend ignoriert in dem immer noch über die Schwerkraft als eine der vier Grundkräfte geredet wird. Was der Sensation im Februar (LIGO) nicht nur die angemessene Aufmerksamkeit nahm, sondern auch über das 100-jährige Jubiläum hinaus die allgemeine Relativitätstheorie auf ihre vollständige Anerkennung warten lässt.
Zitat von Daska im Beitrag #5Über die eingestreuten Bezüge zur Religion ... muss ich, bevor ich allzurasch einen Nebenkriegsschauplatz eröffne, noch nachdenken.
Liebe(r) Daska.
Wenn ich so forsch sein darf, zu dem Aspekt der Religion noch ein paar Gedanken anzuführen, während sie noch in Gedanken sind, weil ich weiß dass meine Gedanken auch leicht mißverstanden werden können. Außerdem sind Nebenkriegsschauplätze in Diskussionen mitunter die ergiebigsten.
Ich sehe Religion in keiner Weise negativ, was man mir nach meinem Empfinden manchmal wohl unterstellt. Als einen wichtigen Faktor im Zusammenhang mit Religion erachte ich die Religionsfreiheit. Religionsfreiheit bedeutet dabei zwei Dinge. Die erste Bedeutung ist jedem offensichtlich: Jeder Mensch darf seine Religion frei wählen. In vielen Argumentationen dieser Tage wird diese Bedeutung oft als Begründung genannt, um (vor allem staatliche) Einmischung in religiöse Fragen zu unterbinden.
Die zweite Bedeutung der Religionsfreiheit ist implizit und erscheint mir gerne übersehen zu werden: Jeder Mensch hat jedem anderen Menschen seine Wahl der Religion frei zuzugestehen. Diese Bedeutung würde ich definitiv sogar über die erstgenannte Bedeutung stellen. Diese Wertung der beiden Bedeutungen gegeneinander wird genau dann wesentlich, wenn eine Religion anderen Menschen die Religionsfreiheit abspricht. Eine solche Intoleranz einer Religion gegenüber anderen ist nämlich mitnichten von der Religionsfreiheit gedeckt. Im Gegenteil: Es ist ein Angriff auf ebendiese und daher zu sanktionieren, um die Religionsfreiheit zu schützen.
Religion ist eine sehr persönliche Sache, unter der jeder etwas sehr persönliches versteht. Trotzdem würde ich, wie in meinem Text angedeutet, eine sehr allgemeine Definition vorschlagen, mit der sich vielleicht jeder anfreunden kann: Religion ist etwas, das den Glauben an eine dogmatische Wahrheit beinhaltet. Also etwas, dass nicht über falsifizierbare Theorien beschrieben werden kann.
Das möchte ich bitte nicht als Wertung der Religion verstanden wissen. Glauben ist in meinen Augen eine positive Kraft, die aber natürlich genau wie Wissen auch, mißbraucht werden kann. Glauben und Wissen konkurrieren dabei nicht. Sie befriedigen in meinen Augen tiefe menschliche Sehnsüchte auf unterschiedlichen Ebenen: Dem Verstand und der Spiritualität. Ich selbst besitze auch einen Glauben und leider ist er wankelmütiger als ich ihn mir oft wünschen würde.
Was ich nun versuche immer wieder kritisch zu beleuchten ist die Tatsache, daß an einigen Stellen unseres Lebens das notwendige Dogma, welches jeder feste Glaube braucht, als wissenschaftliche Erkenntnis getarnt werden soll. Möglicherweise ist gerade das auch der Grund dafür, dass Wissenschaft und Glauben immer wieder in Konkurrenz gesehen werden, was sie aber nicht sind. In meinen Augen ist nun diese „Tarnung des Dogmas als Wissenschaft“ der Versuch eine Religion zu konzipieren, die anderen Menschen nicht mehr die freie Wahl der eigenen Religion zugestehen muß und so die Religionsfreiheit umgeht. Es ist der Versuch über scheinbar wissenschaftliche Argumente, die Spiritualität der Menschen einzuhegen, zu steuern und die Menschen damit eines wesentlichen Teils ihres Individualismus zu berauben.
Das zentrale Dogma unserer Zeit, mit dem dies versucht wird, ist dabei in meinen Augen die Vorstellung eines „statischen Naturzustands, welcher perfekt und rein ist“ und den es herzustellen, bzw. zu erhalten gilt. Ein mächtiger Ausfluß davon ist meines Ermessens die kolportierte Angst vor einem "Klimatod". Ich habe mich auch schon oft darüber gewundert, wie sehr die Bilder sich gleichen, in denen die Botschaften verschiedener Religionen transportiert werden, während man sie einmal belächelt und ein anderes Mal todernst nimmt. Wo genau soll der Unterschied sein ziwschen Gottes Zorn bei der Geschichte um Noah und dem "Zorn der Natur", die unsere Welt dereinst "im Meer versinken lassen" wird?
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #13Wo genau soll der Unterschied sein ziwschen Gottes Zorn bei der Geschichte um Noah und dem "Zorn der Natur", die unsere Welt dereinst "im Meer versinken lassen" wird?
Hmm, das eine ist ein Akt absoluter Willkür einer anthropomorphen übermächtigen Schöpfergestalt, das andere wäre, wenn klar aus den angenommenen Naturgesetzlichkeiten und den vorhandenen Daten ableitbar, eine plausible, wahrscheinlichste Erwartung. Natürlich keine sichere Vorhersage, denn unsere Kenntnis der Naturgesetze ist immer beschränkt und die Annahme, daß die Natur überhaupt Regeln folgt, nicht letztlich bewiesen (aber durch jahrhundertealte Erfahrung als brauchbare Arbeitshypothese etabliert). Der springende Punkt dabei beginnt zu springen, wenn aus politisch-ideologischen Gründen die Metapher einer zornigen Natur einen höheren, absoluten Stellenwert bekommt als die nüchtern positivistische wissenschaftliche Naturerforschung. Der grundsätzliche Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft besteht wohl darin, daß der Wissenschaftler sich im Vertrauen auf die empirische Methode immer vorbehält, seine Meinung zu ändern, während die Religion an Dogmen starr festhält, in der nicht unberechtigten Befürchtung, daß beim geringsten Zweifel ihr ganzes Gedankengebäude einstürzt.
Der Artikel beleuchtet sehr gut das Dilemma, in dem die Diskussion um den menschengemachten Klimawandel und der Normalbürger steckt. Als Fazit könnte man ziehen, nichts genaues weiß man nicht.
Das es Klimwandel gab und gibt ist unbestritten. Doch welche Einflussgröße hat der Faktor Mensch? Da gehen die Meinungen weit auseinander, wohlgemerkt Meinungen. Denn wenn man die wissenschaftlichen Fakten betrachtet, ist die Frage eindeutig zu beantworten. Dazu später mehr.
Umweltschutz vs. Klimaschutz
Bei zahlreichen Diskussionen die ich geführt habe, wurde oft Umweltschutz und Klimaschutz in unzulässiger Weise vermengt. Teils aus strategischen Gründen, teils aus purer Unkenntnis. Dabei haben sie rein gar nichts miteinander zu tun. Das globale Klima ist gemitteltes Wetter aus einem Zeitraum von 30 Jahren, also reine Statistik.
Der Mensch verändert seine Umwelt seit Jahrtausenden. Heute mehr denn je, ohne Zweifel. Daraus wird gerne ein Gegensatz konstruiert. Hier der böse Mensch, dort die gute Natur. Das geht sogar so weit, das manche der Überzeugung sind, der Planet Erde wäre ohne Mensch besser dran. Zu erkennen an dem wohl bekannten Witz: "Treffen sich zwei Planeten. Fragt der eine den anderen, wie geht es Dir? Ich habe Homo sapiens, antwortete er. Das kenne ich, das geht vorbei, erwiderte der andere.
Eine gewisse Menschenverachtung und/oder Selbsthaß ist unschwer zu erkennen. Wie jedes Lebewesen, so ist auch der Mensch ein Produkt dieser Natur. Das der Mensch über Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügt seine Umwelt umfassender zu verändern als es bspw. der Biber tut, liegt in der Natur der Sache.
Umweltschutz ist Naturschutz und letztlich Menschenschutz. Über den Verursacher der Umweltverschmutzung gibt es keine Diskussion, da offensichtlich. Doch erst technologischer Fortschritt und steigender Wohlstand ist die Grundlage dafür, dass Umweltschutz zum Thema wurde. Versuchen sie mal, mit einem Slumbewohner in Asien, Afrika oder Südamerika etc. über Umweltschutz zu diskutieren.
Für Umweltschutz wurde und wird viel getan, aber immer noch viel zu wenig. Ich erwähne nur die Vermüllung der Meere (Doku Plastic Planet), die Verseuchung der Meere durch Containerschiffe (Doku Seeblind) etc. Warum wird hier nichts unternommen?
Umweltschutz ist machbar. Klimaschutz nicht, da der Mensch das globale Klima nicht beeinflussen kann. Allenfalls das Mikroklima kann der Mensch verändern. Durch Rodung, Überflutung, Bodenversiegelung etc.
Zitat von Fluminist im Beitrag #14Der grundsätzliche Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft besteht wohl darin, daß der Wissenschaftler sich im Vertrauen auf die empirische Methode immer vorbehält, seine Meinung zu ändern, während die Religion an Dogmen starr festhält, in der nicht unberechtigten Befürchtung, daß beim geringsten Zweifel ihr ganzes Gedankengebäude einstürzt.
Der Unterschied ist ein anderer, weil Religionen durchaus die Entwicklung ihrer Glaubensinhalte in der Religionsgemeinschaft anerkennen können. Warum sollte in keiner Religion den Glauben an eine Gottheit geben, die die Gemeinschaft der Gläubigen in ihrer religösen Erkenntnisentwicklung leitet? An den christlichen theologischen Fakultäten gibt es genau aus diesem Glauben heraus Lehrstühle für Kirchengeschichte. Der grundsätzliche Unterschied ist vielmehr, daß Wissenschaft positiv ist, also (zunächst) völlig zweckfrei die Naturgesetzlichkeiten zu verstehen versucht, während Religion normativ ist: Nach welchen Maximen soll der Mensch handeln, um sein religiöses Heil zu erlangen? Für die Politik ist die Wissenschaft direkt bedeutungslos. Nach den Regeln der (Ingenieurs-)Künste, die erst die wissenschaftlichen Erkenntnisse anwenden, können aber bestimmte Handlungsziele mit bestimmten Mitteln vorgeschlagen werden. Die Handlungsmaximen, nach denen daraus gewählt wird, kommen nun aus der Religion (wobei ich Atheismen einfach dazuzähle). Dem können Sie sicher zustimmen, wenn wir uns vorstellen, was passieren würde, wenn ein eloquenter Prediger einer neuen Religion plötzlich alle Europäer davon überzeugen würde, daß eine angebliche bösartige außerirdische Macht unser gemäßigtes Klima ausnutzen könne, um uns alle qualvoll zu versklaven. Plötzlich würde man sich über Klimawandel und Wüstenausbreitung freuen.
Wenn sie "die Metapher einer zornigen Natur" ansprechen, dann beobachten wir hier ja eigentlich einen Animismus: Die Natur wird "beseelt" verstanden und kann zornig handeln. Sie handelt nicht so rein naturgesetzlich, daß man nach rein technischen Erwägungen sich diese Gesetzmäßigkeiten zunutze machen kann, sondern ist gewissermaßen beleidigt und muß besänftigt werden. Ökonomisches Ingenieursdenken (vielleicht ist es ja einfacher, bloß mit den Folgen einer globalen Veränderung technisch fertigzuwerden als die globale Veränderung global zu verhindern?), das seinerseits wissenschaftliche Erkenntnisse nachfragen würde, wird so gar nicht einbezogen. Man hat hier den Spezialfall einer Religion, deren Handlungsmaxime die Verachtung der Möglichkeit von Naturgestaltung ist. So sind ja nicht alle Religionen, weil nicht alle Religionen animistisch sind (sich tote Dinge beseelt vorstellen).
Ein Wissenschaftler, der seine Forschungsergebnisse benutzt, um selber bestimmte politische Handlungen zu fordern, ist letztenendes also nicht viel anders als ein Augur.
Zitat von Emulgator im Beitrag #16Der grundsätzliche Unterschied ist vielmehr, daß Wissenschaft positiv ist, also (zunächst) völlig zweckfrei die Naturgesetzlichkeiten zu verstehen versucht, während Religion normativ ist: Nach welchen Maximen soll der Mensch handeln, um sein religiöses Heil zu erlangen? Für die Politik ist die Wissenschaft direkt bedeutungslos. Nach den Regeln der (Ingenieurs-)Künste, die erst die wissenschaftlichen Erkenntnisse anwenden, können aber bestimmte Handlungsziele mit bestimmten Mitteln vorgeschlagen werden. Die Handlungsmaximen, nach denen daraus gewählt wird, kommen nun aus der Religion (wobei ich Atheismen einfach dazuzähle).
Aus der Tatsache, daß Sie "Atheismen" (im Plural) dazuzählen, und der Funktion, die Sie ihr zuschreiben, entnehme ich, daß Sie unter "Religion" das verstehen, was ich "Ethik" nennen würde (während ich das Wort "Religion" eher im n_s_n'schen Sinne verwenden wollte). In diesem Falle sind wir uns vollkommen einig. Ich würde (als Anti-Platonist) sogar so weit gehen, sie vor die Erkenntnislehre zu stellen, d.h. die Epistemologie aus der Ethik abzuleiten: denn Erkenntnis der Welt setzt voraus, daß wir uns selbst gegenüber ehrlich sind. Ohne Gewissen keine Erkenntnis. Das ist nach meiner Einschätzung die Basis der naturwissenschaftlichen Methodik.
Im Zuge der Klimatologie, aber generell auch jeder politisch heißen Modewissenschaft, sehen wir, wie dieses Prinzip direkt herausgefordert wird. Wenn dem Wissenschaftler einerseits hohe Ehren, andererseits der Verlust seiner Forschungsmittel-Sponsoren in Aussicht steht, dann tritt sein Gewissen, die für echte wissenschaftliche Arbeit unabdingbare Ehrlichkeit gegen sich selbst, in ein Spannungsfeld aus anderen Hoffnungen und Befürchtungen (und überdies ggf. außerwissenschaftlichen Überzeugungen), das den reinen Blick seiner Erkenntnis trüben kann.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #11Übrigens wird Einsteins allgemeine Relativitätstheorie in Bezug auf die Gravitation auch nach dem Nachweis der Gravitationswellen außerhalb der Wissenschaft weitgehend ignoriert in dem immer noch über die Schwerkraft als eine der vier Grundkräfte geredet wird.
Ganz zu Recht freilich. Die Schwerkraft ist weiterhin eine der 4 Arten, mit denen Materie & Energie in diesem Universum wechselwirken, neben Elektromagnetismus, schwacher & starker Kernkraft. http://www.physikx.de/physik/vierkraefte.php (Die mögliche Existenz einer 5. Fundamentalkraft, der sog. "Quintessenz", bleibt davon unberührt; sollte jemand mit einer theoretisch einleuchtenden Hypothese kommen, warum die Gravitation in der 4. Potenz der Entfernung eben doch abnimmt, wären die diesbezüglichen Beobachtungen der Galaxien-Rotationen damit ziemlich schlüssig erklärt.) Es handelt sich um die letzte ausstehende Bestätigung des Standardmodels der Kosmologie.
An den Stellgrößen dieser Kräfte ändert sich durch den Nachweis der Gravitationswellen nichts. Es handelt sich um einen ersten Nachweis der von Einstein postulierten Propagation dieser Wirkung. Nb. bedeutet der Nachweis vom Februar, streng genommen, nur erst eine stärkere Wahrscheinlichkeit dieser Theorie; die Crux ist die Reproduzierbarkeit, also weitere Meßergebnisse. Die Relativitätstheorie ist übrigens Voraussetzung für alle vereinigten Feldtheorien, bei denen diese 4 Fundamentalkräfte auseinander abgeleitet werden (die Grand Unified Theories beschränken sich auf alles außer Gravitation; die Theories of Everything, die sie miteinbeziehen, sind so etwas wie der heilige Gral der Kosmologie).
Der einzig denkbare Unterschied zur klassischen Feldtheorie id Tradition Newtons braucht wohl so etwas wie die bei Einstein beliebten Gedankenexperimente zur Illustration. Angenommen, die Klingonen (oder besser, Q) beamen schlagartig die Sonne fort: in beiden Fällen würde sich die Erde (samt Mond) stracks auf den Weg "nach außen" machen, mit einer Geschwindigkeit von recht genau 30 km pro Sekunde (momentan in einer Richtung, die 60° "rechts neben" das Milchstraßenzentrum zielt & 10° gegen die galaktische Ebene "aufwärts" gekippt wäre: recht exakt in Richtung ε Virginis, Vindemiatrix). Nach der klassischen Auffassung Newton/Maxwell wäre das instantan der Fall, nach Einstein erst nach 8m20s. Ergibt nach Adam Riese eine Vektorenänderung von ~15 Bogensekunden.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Es ist schwierig zu sehen wo die Wissenschaft im Fall des Klima steht. Wie will man da etwas falsifizieren? Geschickterweise wurde aus der Klimaerwärmung ja ein Klimawandel... Nun ja wer kann schon behaupten das Klima wird sich gar nicht mehr ändern?
Zitat von Fluminist im Beitrag #17Aus der Tatsache, daß Sie "Atheismen" (im Plural) dazuzählen, und der Funktion, die Sie ihr zuschreiben, entnehme ich, daß Sie unter "Religion" das verstehen, was ich "Ethik" nennen würde (während ich das Wort "Religion" eher im n_s_n'schen Sinne verwenden wollte).
Auf "Philosophie" oder (dt.) Weltanschauung können wir uns einigen. Religionen wären dann theistische Philosophien. Beide bringen stets eine Ethik mit sich. Ohne Ethik wären sie bloße Hypothesensammlungen. Ohne einen philosophischen Hintergrund hat man keine Ethik sondern bloß Willkür. Aber es stimmt sicher nicht, daß Theismus dafür notwendig ist, sich ein selbstimmunisiertes starres Dogmengebäude zu zimmern; siehe den Marxismus-Leninismus.
Zitat von Fluminist im Beitrag #17Ich würde (als Anti-Platonist) sogar so weit gehen, sie vor die Erkenntnislehre zu stellen, d.h. die Epistemologie aus der Ethik abzuleiten: denn Erkenntnis der Welt setzt voraus, daß wir uns selbst gegenüber ehrlich sind. Ohne Gewissen keine Erkenntnis. Das ist nach meiner Einschätzung die Basis der naturwissenschaftlichen Methodik.
Das sehe ich nicht so. Wissenschaft ist objektiv, indem nach den Regeln des Fachs die Schlüsse gezogen werden und nicht nach der Selbsterkenntnis des Forschers (nur z.B. bei Drogenexperimenten kann beides mal in Deckung kommen. Da ist aber klar, daß es sich um subjektive sinnliche Empfindungen handelt, die dann objektiv reflektiert werden müssen).
Zitat von Fluminist im Beitrag #17Im Zuge der Klimatologie, aber generell auch jeder politisch heißen Modewissenschaft, sehen wir, wie dieses Prinzip direkt herausgefordert wird. Wenn dem Wissenschaftler einerseits hohe Ehren, andererseits der Verlust seiner Forschungsmittel-Sponsoren in Aussicht steht, dann tritt sein Gewissen, die für echte wissenschaftliche Arbeit unabdingbare Ehrlichkeit gegen sich selbst, in ein Spannungsfeld aus anderen Hoffnungen und Befürchtungen (und überdies ggf. außerwissenschaftlichen Überzeugungen), das den reinen Blick seiner Erkenntnis trüben kann.
Aus eigener Erfahrung würde ich sagen, daß man den Schmu entweder zwangsläufig selber erkennt oder eine falsche Methodik aus dummen Konformismus anwendet. Letzteres wäre "nur" wissenschaftliche Fahrlässigkeit, die an sich nicht verwerflich ist, solange man nicht demjenigen die Anerkennung verweigert, der auf den Fehler mit einsichtiger Begründung hinweist. Wenn man den Schmu wissentlich mitmacht, prostituiert man sich natürlich. Kurzfristig mag es einträglich sein, langfristig nimmt man eine gewaltige Hypothek auf die eigene Reputation auf.
Wenn man in der Versuchung steht, gefälschte Ergebnisse abzuliefern, um Folgeforschungen zu beantragen, sollte man lieber die Freiheiten nutzen, die die Wortwahl und die Bewertung der Forschungsergebnisse im Bericht bieten. Wenn man das "versprochene" Ergebnis nicht liefern konnte, dann besteht das Forschungsergebnis eben darin, Einsichten gewonnen zu haben, warum es nicht geklappt hat.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #11Übrigens wird Einsteins allgemeine Relativitätstheorie in Bezug auf die Gravitation auch nach dem Nachweis der Gravitationswellen außerhalb der Wissenschaft weitgehend ignoriert in dem immer noch über die Schwerkraft als eine der vier Grundkräfte geredet wird.
Ganz zu Recht freilich. Die Schwerkraft ist weiterhin eine der 4 Arten, mit denen Materie & Energie in diesem Universum wechselwirken, neben Elektromagnetismus, schwacher & starker Kernkraft. http://www.physikx.de/physik/vierkraefte.php (Die mögliche Existenz einer 5. Fundamentalkraft, der sog. "Quintessenz", bleibt davon unberührt; sollte jemand mit einer theoretisch einleuchtenden Hypothese kommen, warum die Gravitation in der 4. Potenz der Entfernung eben doch abnimmt, wären die diesbezüglichen Beobachtungen der Galaxien-Rotationen damit ziemlich schlüssig erklärt.) Es handelt sich um die letzte ausstehende Bestätigung des Standardmodels der Kosmologie.
An den Stellgrößen dieser Kräfte ändert sich durch den Nachweis der Gravitationswellen nichts. Es handelt sich um einen ersten Nachweis der von Einstein postulierten Propagation dieser Wirkung. Nb. bedeutet der Nachweis vom Februar, streng genommen, nur erst eine stärkere Wahrscheinlichkeit dieser Theorie; die Crux ist die Reproduzierbarkeit, also weitere Meßergebnisse. Die Relativitätstheorie ist übrigens Voraussetzung für alle vereinigten Feldtheorien, bei denen diese 4 Fundamentalkräfte auseinander abgeleitet werden (die Grand Unified Theories beschränken sich auf alles außer Gravitation; die Theories of Everything, die sie miteinbeziehen, sind so etwas wie der heilige Gral der Kosmologie).
Der einzig denkbare Unterschied zur klassischen Feldtheorie id Tradition Newtons braucht wohl so etwas wie die bei Einstein beliebten Gedankenexperimente zur Illustration. Angenommen, die Klingonen (oder besser, Q) beamen schlagartig die Sonne fort: in beiden Fällen würde sich die Erde (samt Mond) stracks auf den Weg "nach außen" machen, mit einer Geschwindigkeit von recht genau 30 km pro Sekunde (momentan in einer Richtung, die 60° "rechts neben" das Milchstraßenzentrum zielt & 10° gegen die galaktische Ebene "aufwärts" gekippt wäre). Nach der klassischen Auffassung Newton/Maxwell wäre das instantan der Fall, nach Einstein erst nach 8m20s. Ergibt nach Adam Riese eine Vektorenänderung von ~15 Bogensekunden.
Vielen Dank für Deine Ausführungen, lieber Ulrich. Nur folgen kann ich ihnen nicht. Der Nachweis der Gravitationswellen hat die Erklärung der ART was Gravitation ist insfern bestätigt, als das Einstein in seiner Erklärung der Gravitation, nämlich eine Krümmung der Raumzeit und keine Kraft, diese Gravitationswellen vorhergesagt hat. Die sogenannte Schwerkraft ist die vierte Kraft in der klassischen Physik wie in dem Gravitationsgesetz von Newtons beschrieben. Die ART beschreibt die Gravitation nicht als Kraft, sondern als Raumzeitkrümmung und damit grundlegend anders, "wobei die Bahnen der Körper, auf die keine weiteren Kräfte wirken, einer kürzesten Linie (im gekrümmten Raum), d. h. einer Geodäte, entsprechen." Nachzulesen auf Wikipedia Gravitation/Allgemeine Relativitätstheorie. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gravitation edit: Man kann also weiterhin gemäß der klassischen Physik behaupten die Gravitation wäre eine Kraft so wie man den menschengemachten Klimawandel behaupten kann weil das allgemeinverständlicher ist. Weshalb diese Diskussion auch nicht OT ist, sondern das Gegenteil. Denn mit Newtons Gravitationstheorie kommt niemand weiter, wenn es um schwarze Löcher geht.
Ups. Da habe ich mich unklar ausgedrückt. Nicht "der einzige Unterschied", den der Ansatz ist id Tat fundamental unterschiedlich, sondern "die denkbare praktische Auswirkung". Natürlich ist Schwerkraft Raumzeitkrümmung. Wenn der Bleistift, den ich hochkant gestellt habe, umfällt, dann deshalb, weil er liegend kürzer ist.
Als Eichboson nach dem Standardmodell gilt weiterhin das Graviton, analog zu den Photonen, Gluonen, & W/Z-Bosonen als Mediatoren der anderen Grundkräfte.
Zitat von https://de.wikipedia.org/wiki/GravitonIm Rahmen der am 11. Februar 2016 bekanntgegebenen direkten Messung von Gravitationswellen durch B. P. Abbott et al. konnte die Compton-Wellenlänge des Gravitons auf λ > 10^13 km eingeschränkt werden.
Die theoretische (mithin: die praktische) Nachweisbarkeit steht dann wieder auf einem anderen Blatt. Diesem:
Zitat von Freeman Dyson, Nanyang University, Singapur, 26.8.2013We have examined three possible kinds of graviton detector with increasingly uncertain results. First, the LIGO detector for low-energy gravitons, which we prove ineffective as a consequence of the laws of physics. Second, the gravito-electric detector for kilovolt gravitons, which we prove ineffective as a consequence of the background noise caused by neutrino processs in the real universe. Third, the coherent graviton-conversion detctor for high-energy gravitons, is ineffective only because of practical limits to the size of magnetic detectors. (Freeman Dyson, "Is a Graviton Detectable?", zit. n. Birds and Frogs: Selected Papers, World Scientific, 2015, S. 349-361 [361])
PS: Michel Serres hat auf die Parallelität der Botenteilchen der Physik und den Engeln als Mediatoren des göttlichen Willens nach Auffassung von Thomas Aquinas verwiesen; jetzt muss ich mich spaßerhalber mal selbst länger zitieren, um den Bogen zur Theologie zu schlagen.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag RE: Das moderne MittelalterEs ist sogar vorgeschlagen worden, daß die Frage, die in den Köpfen der nachgeborerenen Kopfschüttler als epitome scholastischen Humbugs gilt - wieviele Engel auf der Spitze einer Nadel Platz finden, mutatis mutandis einen erstaunlichen Kern haben:
Zitat von mat.univie.ac.atAccording to Cecil Adams, http://www.straightdope.com/classics/a4_132.html, it dates back to at least the 17th century. It was used to deride medieval theologians, particularly Thomas Aquinas, Adams doesn't seem to have found anyone who discussed this exact question seriously; it's always used mockingly. But Aquinas and others did discuss pretty similar questions. To quote the end of Adams's article:
„Fact is, Aquinas did debate whether an angel moving from A to B passes through the points in between, and whether one could distinguish „morning" and „evening" knowledge in angels. (He was referring to an abstruse concept having to do with the dawn and twilight of creation.) Finally he inquired whether angels could be in the same place at once, which of course is the dancing on a pin question less comically stated. (Tom's answer: no.)"
Hmm. Surprisingly interesting. It looks as if Aquinas was the first writer anticipating quantum theory and the Pauli exclusion principle. Replace „angel" by „electron" and he sounds surprisingly modern. I found out the Aquinas' Summa Theologica is available online. Part I (http://www. newadvent.org/summa/1.htm) contains the chapter on angels. The sections 50-53 on their substance relates to their physical properties and hence is of scientific interest. There, indeed, he discusses the properties of a point particle from a logical point of view. His „" are incorruptible, indivisible but extended subjects, „form without matter", with quite precise properties. Two angels cannot be in the same place, but they have virtual (sic!) positions, and can be in an extended place: „So the entire body to which he is applied by his power, corresponds as one place to him." They may go from one place to another with or without being observable in between: „But an angel's substance is not subject to place as contained thereby, but is above it as containing it: hence it is under his control to apply himself to a place just as he wills, either through or without the intervening place." Their number roughly matches those of the number of electrons: „Hence it must be said that the angels, even inasmuch as they are immaterial substances, exist in exceedingly great number, far beyond all material multitude." („Immaterial" could be interpreted as zero baryon number).
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Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #21Nur folgen kann ich ihnen nicht. Der Nachweis der Gravitationswellen hat die Erklärung der ART was Gravitation ist insfern bestätigt, als das Einstein in seiner Erklärung der Gravitation, nämlich eine Krümmung der Raumzeit und keine Kraft, diese Gravitationswellen vorhergesagt hat. Die sogenannte Schwerkraft ist die vierte Kraft in der klassischen Physik wie in dem Gravitationsgesetz von Newtons beschrieben. Die ART beschreibt die Gravitation nicht als Kraft, sondern als Raumzeitkrümmung und damit grundlegend anders, "wobei die Bahnen der Körper, auf die keine weiteren Kräfte wirken, einer kürzesten Linie (im gekrümmten Raum), d. h. einer Geodäte, entsprechen."
So grundlegend anders ist das gar nicht, hat schon Poincaré gezeigt (der somit als Vorvater der allgemeinen Relativitätstheorie gelten darf): Kraftfelder lassen sich geometrisieren, d.h. mathematisch äquivalent als Krümmung ausdrücken. Die Kraft entsteht also aus der Geometrie, ähnlich wie die "Zentrifugalkraft", die zwar einerseits nur eine Illusion aufgrund rotierenden Bezugssystem ist, andererseits aber wie jede andere Kraft auch Arbeit verrichten kann (autsch). Es geht bei der allgemeinen Relativitätstheorie also darum, (gewissermaßen) zu erklären, "wo die Schwerkraft herkommt"; das ist philosophisch gesehen ein großer Schritt gegenüber Newton, der einfach angenommen hatte, daß Massen über die Distanz irgendwie magisch aufeinander wirken. Daß sich in gewissen Situationen kleine rechnerische Abweichungen zwischen den Theorien ergeben, ist insofern günstig, als sie eine experimentelle Unterscheidung erlauben.
Aber das Geometrisieren der Kräfte haben die Physiker natürlich auch auf die anderen Kräfte ausgedehnt, indem sie diese auch als Eichtheorien formulieren und so das System in einem allerdings als hochdimensional angenommenen Raum vereinheitlichen. Bei den stark wirkenden Naturkräften ist aber eine andere Interpretation* suggestiver, nämlich daß die Wechselwirkung durch den Austausch von kurzlebigen Kraftteilchen stattfindet. Diese Interpretation wird durch Feynmans bildhafte Darstellung von Störungsreihen nahegelegt. Man muß sich aber dabei vor Augen halten, daß es sich hier wie da um Deutungen mathematischer oder pseudomathematischer Konstrukte handelt, die in verschiedener Weise äquivalent dargestellt werden können. Wie man das alles so richtig vollständig und widerspruchsfrei zusammenbringen kann, ist noch nicht endgültig gelöst.
* PS. Nach Quantisierung; diese macht bei den wirklich starken Wechselwirkungen, schon angefangen bei der elektromagnetischen, einen wesentlichen Unterschied aus, weil diese ganz kleinräumig wirken, in einem Bereich, in dem sich die auf unserer makroskopischen Ebene so solide aussehende Materie schon in ein flirrendes Quantengewell auflöst. Bei der Gravitation, deren hypothetische Austauschteilchen eine Comptonwellenlänge im Lichtjahrbereich haben, wie wir eben erfahren haben, spielt die Quantisierung keine Rolle und kann voraussichtlich nur dann überhaupt nachgewiesen werden, wenn sich jemand mal etwas ganz Superschlaues einfallen läßt.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #21 Die ART beschreibt die Gravitation nicht als Kraft, sondern als Raumzeitkrümmung und damit grundlegend anders
Man sollte sich vielleicht von dem Begriff der Kraft zum besseren Verständnis lösen. "Kraft" ist lediglich eine physikalische Größe, die beschreibt, wie stark ein bestimmtes Objekt in welche Richtung beschleunigt wird. Diese Größe sagt nichts über den Grund für diese Beschleunigung bzw. das Wesen des Zustandekommens dieser Kraft aus. Um zu verstehen worum es Ulrich ging, sollte man eher von "Wechselwirkungen" sprechen.
Es gibt derzeit vier Arten von Wechselwikungen. Starke WW, Schwache WW, elktromagnetische WW und Gravitation. Diese Wechselwirkungen werden von jeweiligen Ladungen induziert, als da wären: Starke WW – Farb Ladung, Schwache WW - Schwache Ladung, elktromagnetische WW – Elektrische Ladung und Gravitation - Masse.
Sowohl in der Newtonschen Mechanik, wie auch in der ART (Allgemeinen Relativitätstheorie) Einsteins, ist die Gravitation die Wechselwirkung zwischen Massen. Die Beschreibung Newtons kann man dabei als Vereinfachung für Spezialfälle lesen, während Einsteins ART eine weitaus allgemeinere Beschreibung dieser Wechselwirkung ist, im Sinne einer Quantenfeldtheorie. Unabhängig von der Beschreibung dieser Wechselwirkung ist die Wahrnehmung ihrer Auswirkungen aber durchaus mit Kräftevektoren zu beschreiben. Daher spricht man alltagssprachlich durchaus richtiger Weise von einer Kraft. Wie weiter oben gesagt, beinhaltet das Beobachten der Wirkung einer Kraft ja keine Aussae über deren Ursprung.
Bisher waren für drei der Wechselwirkungen die Austauschteilchen („Kraftübertragung“) bekannt. Starke WW – Gluon, Schwache WW - Bosonen, elktromagnetische WW – Photon. Das Gluon, das Austauschteilchen der Gravitation war lediglich durch Einsteins ART postuliert. Newton nahm ja noch an, die Gravitation sei instantan vorhanden, ohne Ausbreitungsgeschwindigkeit. Die Sensation im Februar war, dass man das „Graviton“ (denn nichts anderes ist eine Gravitationswelle im Welle-Teilchen Dualismus) nun nachgewiesen hat und so Einsteins ART bestätigen konnte. Newtons instantane Aubreitung der Gravitation ist damit ad acta.
Das hat nicht die Gravitation als eigenständige Wechselwirkung hinfällig gemacht, sondern vielmehr gezeigt, dass die Gravitation analog zu den anderen Wechselwirkungen zu funktionieren scheint, mit Ladungen und Austauschteilchen im Sinne einer Quantenfeldtheorie. Das war vorher für die Gravitation nur eine nicht experimentell bestätigte Annahme.
Ob man das, was durch die Wechselwirkungen beobachtet wird, Kraft, Anziehung, Krümmung oder wie auch sonst nennt, hat nichts mit dem Wesen, der Struktur dieses Phänomens zu tun. Es ist lediglich eine alltagsprachliche Analogie, um eine abstrakte, mathematische Beschreibung eines Modells und dessen Wirkung anschaulich zu machen.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #22Ups. Da habe ich mich unklar ausgedrückt. Nicht "der einzige Unterschied", den der Ansatz ist id Tat fundamental unterschiedlich, sondern "die denkbare praktische Auswirkung". Natürlich ist Schwerkraft Raumzeitkrümmung. Wenn der Bleistift, den ich hochkant gestellt habe, umfällt, dann deshalb, weil er liegend kürzer ist.
Als Eichboson nach dem Standardmodell gilt weiterhin das Graviton.
Zitat von https://de.wikipedia.org/wiki/GravitonIm Rahmen der am 11. Februar 2016 bekanntgegebenen direkten Messung von Gravitationswellen durch B. P. Abbott et al. konnte die Compton-Wellenlänge des Gravitons auf \lambda_g > 10^{13} \ \mathrm{km} eingeschränkt werden.
Dafür gibt es eine Erklärung.
Zitat Wurden jetzt Gravitonen nachgewiesen, also die Quantenteilchen der Gravitation?
Nein. Man hat jetzt Gravitationswellen direkt nachgewiesen. Dass diese Wellen aber quantisiert sind, lässt sich aus den Ergebnissen nicht zeigen. (Obwohl Kip Thorne bei der Pressekonferenz darauf hingewiesen hat, dass man immerhin eine Obergrenze für die Masse der Gravitonen angeben kann, die winzig klein sein muss.) Die Situation ist ähnlich wie bei den elektromagnetischen Wellen im 19. Jahrhundert. Als Hertz die nachgewisen hat, war das ziemlich analog zu dem, was wir heute erlebt haben: Von der Theorie vorhergesagte Wellen wurden nachgewiesen. Aber auch aus den Experimenten von Hertz ließ sich nichts über die Quantennatur des Lichts schließen.
Das Signal, das heute detektiert wurde, hatte ziemlich niedrige Frequenzen, so mit ein paar Schwingungen pro Sekunde. Die Frequenz ist also etwa um einen Faktor eine Billion kleiner als die der Strahlung des sichtbaren Lichts – entsprechend sind auch die Energien der Gravitonen winzig klein. (Mehr über Gravitonen und Quantengravitation findet ihr hier und hier.) Solche winzigen Quanten zu messen, wäre extrem schwierig
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