Ich weiß, dass hier in den "Weiteren Themen" nicht so viele mitlesen. Aber für einen "richtigen" Artikel sind meine folgenden Beobachtungen und Gedanken zu unsortiert und zu subjektiv.
Warum ist Tyrannenmord weiterhin tabuisiert?
Wenn man sich Kunst und Medien der westlichen Welt ansieht (Bücher, Film, Fernsehen, Kunstwerke), dann fällt ein Thema auf: "Tyrannenmord" ist weiterhin verpönt bis undenkbar. Die typische Geschicht verläuft so: Ein Tyrann (sehr viel seltener eine tyrannische Gruppe) unterdrückt die denkenden Wesen. Der Tyrann ist dabei so abgrundtief böse, dass selbst die üblichen Zwistigkeiten der Existenz dagegen verblassen. Im Vergleich zu diesem Tyrannen werden selbst Mörder und Vergewaltiger zu Verbündeten. Der Tyrann ist das personifizierte Böse, der Teufel in Menschengestalt. Unsägliche Leiden und Opfer, Heerscharen an Toten pflastern seinen Weg. (Sehr, seeeehr viel seltener mal ein weiblicher Tyrann.) Um den Tyrann zu stürzen müssen weitere Heerscharen an Hörigen und Unterstützern getötet werden. Das ist gemäß der Story aber OK. Irgendwann ist dann der Tyrann aller Macht beraubt - und wird am Leben gelassen! Die Absurdität dieses Vorgangs springt einen gerade zu an, aber genau so geht die typische Tyrannenstory. Ausgenommen davon sind nur außerirdische Tyrannen, die darf man auslöschen. In vielen Geschichten erhebt sich der Tyrann dann zum zweiten mal, wieder müssen Menschen leiden und sterben. Der Tyrann wird zum zweiten mal besiegt - und wieder nicht getötet! Statt dessen stirbt der Tyrann dann durch eine eigene Handlung, durch Zufall oder durch die Hand eines anderes Bösen.
Die Beispiele für dieses Szenario sind so allgegenwärtig, dass ich mir die Aufzählung hier schenke. Statt dessen nur der Hinweis auf eine bitterböse Actionkomödie, die genau damit spielt: Deadpool. Am Ende muss sich Deadpool einen minutenlangen Monolog anhören, warum es heldenhaft sei, den Erzbösen leben zu lassen (wohlgemerkt, nachdem dutzende an Mitläufern vorher umgebracht wurden). Bis Deadpool dieser Schwachsinn auf die Nerven geht und er dem Bösen eine Kugel durch den Kopf jagt.
Warum ist das in den kulturellen Genen unserer Gesellschaft so verankert? Wäre es nicht viel sinnvoller, gerade (!) die Anführer aus dieser Existenz zu entfernen? Dass das keineswegs nur ein akademisches Thema ist, sondern zutiefst in unser tägliches Handeln hineinreicht, zeigen einige Beispiele: - Auch Jahrzehnte später wird noch die Diskussion geführt, ob die Todesurteile der Nürnberger Prozesse richtig waren. Das ist schon ein wenig gaga, oder? MILLIONEN Menschen mussten sterben, aber ein paar Dutzend Menschen, die nachweislich höchste Positionen in diesem Verbrecherregime belegten, werden diskutiert? - Eben so bei Verbrechern wie Hussein oder der Mord an den Zarenfamilie (um mal in die Vergangenheit zu blicken): die Tötung von "Führungsmitgliedern" löst in weiten Teilen unserer Gesellschaft einen Abscheu-Reflex aus. Wenn mir dieser Seitenhieb erlaubt ist: während Merkel ja ansonsten auch nicht jeden Pups kommentiert, war ihr das DERART wichtig, dass Sie in einer Stellungnahme das Todesurteil gegen Hussein verurteilte. Schon immer wieder bemerkenswert, was Merkel kommentiert - und was nicht.
Zurück zum Thema (ich will hier ausdrücklich mal keine Diskussion über Merkel): Dabei geht es meiner Meinung nach nicht um eine akademische Rechtsstaatsdiskussion: die ist nur vorgeschoben. In Wahrheit, davon bin ich überzeugt, geht es um eine emotionale, um eine "moralische" Komponente. Man tut das einfach nicht.
Gaga.
Warum verstecken Frauen ihre Brüste?
Kann sich noch jemand von den älteren Herrschaften an seine Jugendzeit erinnern? Da wusste man(n) noch, dass Brüste unterschiedlich aussehen. Groß, klein, spitz, rund, mehr nach innen oder außen: jeder Frau war anders. Außerdem gab es zwischen "Hals" und "Brust" noch etwas Abstand, eine Körperfläche, die wie auch beim Mann von Rippen dominiert wurde. Den Abschluss der Brust bildeten die Brustwarzen, die auch bei jeder Frau anders aussahen. Seit eingen Jahrzehnten hat sich das geändert: es gibt nur noch die "Standard-Brust". Gut gepolster und norm-geformt. Körbchengröße C, halbkugelförmig und nach oben gedrückt. Die Brust beginnt 3 Cm unterhalb des Kehlkopfs und hängt dann wie durchgeschnittene Bälle vor dem Oberkörper. Brustwarzen gibt es gar nicht mehr.
Ich selbst finde das abstoßend und überhaupt nicht weiblich. Aber ich scheine mit dieser Einstellung allein zu sein. Während echte Frauen immer mehr zu asexuellen, genormten Puppen werden, hat sich die Pornographie enorm verbreitet. Man kann der Pornographie kaum noch entkommen, bis hinein in Spiele, Werbung und "Kunst&Kultur". (Was sich halt so Kunst und Kultur nennt.)
Gaga.
Sind Geschlechterklischees wirklich falsch?
Typische Szene in meinem Haushalt: ich lese ein Buch, meine Frau spricht. Ich weiß nicht, ob sie wirklich erwartet, dass ich zuhöre. Aber jedenfalls redet sie. Grundsätzlich scheint es erheblich mehr Männer zu geben, die nicht-reden-und-auch-sonst-nix-tun als durchaus sinnvolle Beschäftigung betrachten. Angeln, zum Beispiel, zieht erheblich mehr Männer an als Frauen (Deutschland: 95% Männer). Anderes Beispiel: Arztbesuch. Während meine Frau es angenehm findet, wenn ich sie bei Arztbesuchen begleite, ist das umgekehrt nicht der Fall. Wenn möglich gehe ich allein. Ich empfinde es als - ja tatsächlich - unmännlich und unangenehm, meine Frau an Symptomen von Schwäche bei mir teilhaben zu lassen.
Grundsätzlich sollte man bereit sein, auch die Existenz von Ausnahmen zur Kenntnis zu nehmen. Aber inzwischen bin ich schon fast so weit zu vermuten, dass Frauen, die sich sehr männlich verhalten, oft keine "normalen" Frauen sind... und umgekehrt. (jaaa, ich höre jetzt den Aufschrei der Genderkriegerinnen). Im Sinne von: biologische Merkmale, die Mann und Frau unterscheiden, sind in einer gewissen Bandbreite ausgeprägt. Gestagene, Östrogen, Androgene wie Testosteron, Adrenalin... all das kommt mal in höheren mal in niedrigeren Dosierungen vor. Durch unterschiedliche Dosierungen entstehen Randbereiche mit "männlichen Frauen" und "weiblichen Männern".
Ich selbst habe überhaupt kein Problem damit, zumal meine Frau eine relativ agressive, männliche Frau ist und ich ein relativ weiblicher Mann. Aber diese Randbereiche sind kein Gegenbeweis gegen meine Vermutung, dass es in der menschlichen Biologie ein "weibliches Konzept" und ein "männliches Konzept" gibt.
Ich habe den Eindruck, dass in dem verständlichen Versuch, dem Individuum gerecht zu werden, gern vergessen wird, dass es auch gültige Aussagen zu "Standards" gibt. Zu einer "Normalität" im Sinne von "beschreibt die Masse der Beobachtungen". Kann dieser Wunsch zu einer rein "individuellen Beschreibung" nicht auch zu einer Diskriminierung führen? Nämlich in der Form, dass viele Menschen das Gefühl haben, ihr Verhalten Xy sei "normal" und diese Menschen dann indoktriniert werden, ihre Vorstellung von "Normalität" sei diskriminierend?
Gibt es so etwas wie eine "Diktatur der Minderheit über die Merheit"?
Gaga.
Warum nimmt persönliches ökologisches Verhalten immer weiter ab?
Mir fällt auf, dass in dem Bereich, den nun wirklich jeder persönlich zu 100% kontrollieren kann, das ökologische Handeln immer weiter abnimmt: der eigene Garten.
Meine Frau und ich achten darauf, dass unser Garten nicht nur schön ist, sondern auch ökologisch sinnvoll. Das geht oft ganz einfach: in einem Blumencenter braucht man blos wenige Minuten zuzusehen, um zu erkennen, welche Pflanzen keinen Nektar oder Pollen mehr haben. Wenn sich keine Insekten für die Pflanze interessieren, dann ist diese Pflanze wertlos. Direkt daneben mag eine andere Pflanze stehen, fast gleich in Größe, Aussehen und Farbe, die von Insekten angeflogen wird.
Der typische Garten sieht heute so aus: zuerst mal so viel versiegeln, wie der Gesetzgeber zulässt. Meistens noch ein bischen mehr, weil wo kein Kläger, da kein Richter. Der klägliche Rest wird mit Rollrasen versiegelt, der jedes Jahr mit UNIVERSALROUNDUPKILLER oder etwas ähnlichem vollgepumpt wird, damit keine "Unkräuter" wachsen. Der Vorgarten wird zunächst mit einer Plastikfolie komplett versiegelt, auf die dann Rindenmulch und Vulkansteine drappiert werden. An zwei oder drei Stellen wird die Folie durchstochen und ein paar Geranien gepflanzt.
Dieses perverse Versiegeln ist inzwischen so weit verbreitet, dass unsere eigenen Kinder (!! die wir nun wirklich so naturnah erzogen haben, wie es hier halt geht) uns vorwerfen, unser Garten würde "altmodisch" aussehen. Dieses Versiegeln ist inzwischen so weit verbreitet, dass es als eine der Ursachen gilt für den Rückgang der Insektenpopulation.
Aber an der Wahlurne macht man alles wieder gut... in dem man "Grüne" oder "Linke" wählt. Hat doch früher auch schon funktioniert mit den Ablassbriefen.
Gaga.
Hinweis: Ich hatte vor ein paar Jahren schon mal einen Strang mit Einzelbeobachtungen angefangen: "Merkwürdigkeiten im Alltag" Merkwürdigkeiten im Alltag
*** Gruß Frank
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #1Der typische Garten sieht heute so aus: zuerst mal so viel versiegeln, wie der Gesetzgeber zulässt. Meistens noch ein bischen mehr, weil wo kein Kläger, da kein Richter. Der klägliche Rest wird mit Rollrasen versiegelt, der jedes Jahr mit UNIVERSALROUNDUPKILLER oder etwas ähnlichem vollgepumpt wird, damit keine "Unkräuter" wachsen. Der Vorgarten wird zunächst mit einer Plastikfolie komplett versiegelt, auf die dann Rindenmulch und Vulkansteine drappiert werden. An zwei oder drei Stellen wird die Folie durchstochen und ein paar Geranien gepflanzt.
Lieber Frank,
könnten Sie den Garten hinter unserem Haus sehen - sie würden vor Freude jubilieren. Naturwiese, einige Bäume und Büsche und Sträucher und Hecken, seit Jahrzehnten gewachsen und nur ab und an sanft zurückgeschnitten (z.B. dieses Jahr der inzwischen riesige Nussbaum, der uns buchstäblich über den Kopf gewachsen war). Immer wenn ich in den Medien etwas von Insektensterben oder Rückgang der Vogelpopulation oder sonstigem Getier lese, denke ich: nö, bei uns nicht. In unserem Garten summt und brummt und wuselt es, dass es nur so eine Freude ist. Abends pfeifen sich zwei gefiederte Talente auf dem Dachfirst gegenseitig wahre Arien zu. Jedes Jahr nisten verschiedene Vogelarten unter dem Dachfirst. Schmetterlinge wohin man blickt. Von der Hummel bis zur Hornisse fliegt hier alles was bestäubt durch die Gegend. Mindestens drei Eichhörnchen (mehr habe ich noch nicht gleichzeitig auf dem Baum sitzen sehen), vermutlich versorgt unser Nussbaum eine komplette Kolonie. Dazu hört man nachts die Grillen zirpen, dass es vermutlich an mancher Hauptverkehrsstraße leiser wäre. Der nahe Tümpel beherbergt reichlich Amphibien und Libellen.
Das alles ist nicht Ausfluss besonderer ökologischer Gesinnung, sondern gesunder Menschenverstand mit besonderem Augenmerk auf Pflegeleichtigkeit (manche würden sagen: meiner Faulheit geschuldet ). Die Natur sorgt am besten für sich selbst. Ich schaue ihr gerne zu dabei.
Und dann ist da noch ein Zierbuchsbaum vor dem Haus. Der ist seit Jahren dem Angriff des unsäglichen Buchsbaumzünslers ausgesetzt. Da, muss ich zugeben, greife ich ohne Bedenken zur chemischen Keule (auch wenn es ja inzwischen eher ein Wattebäuschchen ist). Anders geht es in diesem Falle nicht.
Sehr interessant, wobei ich die These nicht unterstütze, dass Erziehung und Sozialisierung allein den späteren Charakter formen. Für mich ist immer auch eine angeborene Komponente dabei.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #4Sehr interessant, wobei ich die These nicht unterstütze, dass Erziehung und Sozialisierung allein den späteren Charakter formen. Für mich ist immer auch eine angeborene Komponente dabei.
Da stimme ich Ihnen absolut zu. Ich halte es aber für ausgeschlossen, dass ein Mensch, der in einer liebevollen Umgebung aufwächst, später zum brutalen Tyrannen wird (von schweren Hirnschäden, mit denen man ohnehin kaum eine derartige Position erreichen dürfte, mal abgesehen).
Ich habe Millers Buch lange vor dem SPIEGEL-Artikel gelesen, ihre Recherchen zur Kindheit von Hitler, Stalin und Co. waren schon recht beeindruckend.
Ich bin dafür, daß man das Konzept der Straßenbeleuchtungen überdenkt!
Viele Bereiche des täglichen Lebens haben sich unter relativ sicheren, bekannten Normalitäten jahrzehntelang entwickelt und waren deshalb fast immer genügend in einem Land in dem ich gut und gerne leben konnte. Wenn ich schreibe "bekannten Normalitäten" meine ich damit eine gewisses Sicherheitsgefühl innerhalb meines Umfeldes und einer zumeist gleichermaßen sozialisierten und damit für mich recht gut einschätzbaren Nachbarschaft bzw. Begegnung. Ein ziemlich gleiches Kulturverständnis im öffentlichen Miteinander also. (eine Ausnahme mag hier auch gern die Regel bestätigen).
Erfahrungen der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, daß das immer weniger zutrifft, bzw. abdriftet und zum Spießrutenlaufen werden kann.
Es geht um das Sicherheitsgefühl, welches abhanden gekommen ist wenn man allein auf dem Gehweg unterwegs ist, insbesondere bei Dunkelheit, ob in den frühen Morgenstunden und auch zum Herbst in den frühen Abendstunden. Abends ab ca. 22.00 Uhr "werden dann noch die Bürgersteige sowieso hochgeklappt".
Nun ist aber die Benutzung der Gehwege bzw. ein sich im Freien aufzuhalten nicht immer von meinem freien Willen abhängig; sondern 1. vom Arbeitsplatz und Arbeitszeiten (die bei Frauen durchaus mittlerweile einen Dienstschluß erst gegen 22.00 Uhr haben können), 2. von Terminen jeglicher Art die man wahrnehmen muß usw.
Ich denke hinreichend angedeutet zu haben um was es mir geht, nämlich zuvorderst um visuelle Schutzmöglichkeit. Was sich derzeit als Straßenbeleuchtung auf unseren Straßen (hier in einer Kleinstadt) abspielt ist so nicht mehr haltbar. -Energiesparend ist die ab Dämmerung beginnende Lichtquelle dermaßen runtergedimmt, das nicht mal der Boden auf dem man geht erkennbar ist. Weiterhin ist meist auch noch jede zweite oder dritte Lampe ausgeschaltet. Kurzum es ist zu dunkel. Was tun?
Eine Nachfrage bei der Stadt (Bürgerbüro) mit Anregung zur Abhilfe bedeutet einen Marsch durch die Institutionen. Es wird sicherlich keiner sagen "Oh vielen Dank gute Idee", denn dann wäre es ja sicher schon erfolgt. Aber es wäre doch eine erste Maßnahme um zumindest den Einwohnern zur Verbesserung ihrer Lebensqualität beizustehen oder nicht?
Ich habe meinen Kindern die berühmte Hymne "Music was my first love" von John Miles vorgespielt. Das kannten die nicht... und ich fragte mich: "Wieso"?
Und wer jetzt schlicht sagt "weil jede Generation einen anderen Musikgeschmack hat" ist zu kurz gesprungen. Denn das traf früher auch schon zu und trotzdem kannten wir zumindest vom Hören die wirklich berühmten Schlager der vorgehenden Generation. Wo liegt der Unterschied?
Die Änderung besteht darin, dass es kein allgemeingültiges, redaktionell gesteuertes Medium für Freizeitkonsum mehr gibt. Fernsehen, Radio... alles out. Die heutigen Jugendlichen konsumieren Musik, Videos und Co über Youtube-Listen, Podcasts, Streaming-Portale usw.
Bei unserer älteren Generation war es aber noch absolut normal, dass eine Musikredaktion oder eine Fernsehredaktion auch Titel und Musikrichtungen einstreuten, die berühmt, aber "veraltet" waren. Es gab also ein "musikalisches Gedächtnis" oder eine "musikalische Grundkenntnis/ Erziehung". Ein generationenübergreifendes Wissen.
Das fällt aber zumindest in Deutschland heute weg. Es gibt noch ein paar Kinderlieder, die zwangsweise im Kindergarten vorgedudelt werden. Aber Jugendliche steuern komplett selbst, was sie hören und sehen. Dadurch reisst die Erfahrungswelt ab und der Graben zwischen den Generationen vertieft sich noch. Und das gibt es für so ziemlich jede Freizeitaktivität. Während früher die Mädchen zumindest mit ihren Müttern noch Schminktips austauschen konnten, wenn man schon über sonst nichts mehr reden konnte, dann ist jetzt "Bibis Beauty palace" auf YT das Maß aller Dinge.
Ich frage mich sowieso, wieso in Deutschland derart im wahrsten Sinne des Wortes PRIMITIV über das Thema gesprochen wird "Was ein Land zusammen hält". Und dabei rede ich nicht davon, was man möglicherweise als erstrebenswert betrachtet oder als abscheulich. Sondern schlicht um die sachliche Diskussion, WIE (also mit welchen Mechanismen) ein Land / eine Gesellschaft zusammenhält oder auseinandertreibt.
Für mich ist es ziemlich offensichtlich, dass jede Gesellschaft wie eine Religion funktioniert. Es gibt einen gesellschaftlichen Glaubenskern und Rituale, die an die kommende Generationen weitergegeben werden muss - gerade weil dieser Glaubenskern und die Rituale NICHT angeboren / natürlich / Gott gegeben sind.
Genau so wenig, wie es einen relevanten Gott gibt, gibt es auch keine "natürliche gerechte Gesellschaftsform", die allen Menschen angeboren ist und die sich von allein einstellt, wenn man die Menschen/Bürger nur machen lässt. Deswegen gibt es auch keine Chance, dass sich unser Verständnis von Demokratie, Geschlechtergleichstellung, Gewaltfreiheit gegenüber Kindern und den hundert weiteren Rahmenbedingungen, die genau die "deutsche Gesellschaft" ausmachen, von allein verbreiten. In letzter Konsequenz, wenn man´s wirklich auf die Spitze treibt, dann verbreitet sich das durch Zwang - denn auch Erziehung ist nichts anderes.
Wenn man die eigene Gesellschaft komplett als "egal und beliebig" klassifiziert, dann wird eine solche Gesellschaft untergehen. Davon bin ich überzeugt. Und dazu gehört eben auch -nicht nur... noch nicht mal vor allem... aber eben auch- ein gemeinsamer Erfahrungsschatz, gemeinsame Rituale.
Ich habe zB letztens den chinesischen Film "The great wall" gesehen. Gut gemacht, aber natürlich LUPENREINE PROPAGANDA. Und was soll ich sagen? Ich bin absolut davon überzeugt, dass eine solche Vorgehensweise in der Masse nicht nur funktioniert, sondern sogar existentiell wichtig ist für eine Gesellschaft. Wenn man den Menschen nicht positive Bilder liefert, positive Geschichten und Rituale -UND SEIEN SIE AUCH NOCH SO ERSTUNKEN UND ERLOGEN- dann wird eine Gesellschaft zerfallen.
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #7Ich habe meinen Kindern die berühmte Hymne "Music was my first love" von John Miles vorgespielt. Das kannten die nicht... und ich fragte mich: "Wieso"?
Und wer jetzt schlicht sagt "weil jede Generation einen anderen Musikgeschmack hat" ist zu kurz gesprungen. Denn das traf früher auch schon zu und trotzdem kannten wir zumindest vom Hören die wirklich berühmten Schlager der vorgehenden Generation. Wo liegt der Unterschied?
Solchem Gejaule entgeht man, indem man kein Schnulzenradio hört und partymäßig eher subkulturell unterwegs ist. An vielen Arbeitsplätzen gibt es jedoch kein Entrinnen.
Da mein Vater Jazzer ist, bin ich selber von fast allen gägngigen Rock-Songs der 60er- und 70er Jahre (ZZ-Top etc.) verschont geblieben und kenne den meisten Kram bis heute nicht. Habe aber dafür auch genug anderweitig leiden dürfen ;)
Zitat von Frank2000 im Beitrag #7Wenn man die eigene Gesellschaft komplett als "egal und beliebig" klassifiziert, dann wird eine solche Gesellschaft untergehen. Davon bin ich überzeugt. Und dazu gehört eben auch -nicht nur... noch nicht mal vor allem... aber eben auch- ein gemeinsamer Erfahrungsschatz, gemeinsame Rituale.
Diese Rituale gibt es nach wie vor, nur "andersrum", lieber Frank 2000. Der Kitt, der heute die Gesellschaft - Generationen übergreifend - zusammenhält, ist v.a. das Schimpfen auf Trump und die AfD sowie die Angst vor Klimawandel. Diese Attitüden werden als Minimalkonsens angesehen, von dem die meisten Menschen hierzulande ganz selbstverständlich ausgehen. Daher fragt man auch nicht, wenn man jemanden gerade erst kennen gelernt hat: "Was halten Sie eigentlich von ...?", sondern setzt diese Punkte als selbstverständliche Nebenbemerkungen in eigene Äußerungen ein, um sympathisch zu erscheinen.
Mir ist auch noch eine Beobachtung aufgefallen, die ich hier zum Besten geben möchte: - Es gibt keine männlichen Vorbilder in Form von Helden usw. mehr.
Für einen jungen Mann, in den 80er oder 90er aufwuchs, gab es im Kino und Fernsehen jede Menge männlicher Vorbilder. Egal ob es der gute John Rambo war, dessen Film man sich heimlich schon ein paar Jahre früher angesehen hat, das gute "Karate Kid", der stets für das Gute kämpfte und damit die Achtung seiner Mitmenschen gewann oder eben der Held aus WarGames. Später kamen dann noch Enterprise-Figuren und Neo aus Matrix dazu. Ganz zu schweigen von MacGyver, der Probleme stets durch technisches KnowHow und Skill, niemals durch Gewalt gelöst hat.
Wenn der junge Mann nun nach dem Jahr 2000 geboren wurde, sieht es schon anders aus. Die Männer in den Filmen und Fernsehen sind entweder innerlich gebrochene Figuren, Bösewichter oder müssen sich von den weiblichen Hauptfiguren erst den Weg weisen lassen. Beispiele: Die 3. Star Wars-Trilogie, der aktuelle Doctor Who ist eine Frau usw. bei vielen Kinofilmen gibt es weibliche Helden und Männer sind allenfalls die Bösen.
Da solche Action- oder Science-Fiction-Filme zumeist die Jungs eher erreichen als die Mädchen, hat das meines Erachtens schon gewisse Auswirkungen. Die Mädchen konsumieren freiwillig doch eher andere Dinge.
Welche langfristigen Folgen wird das haben? Keine Ahnung. Ich weiß es wirklich nicht. Ich hoffe, es ist wenigstens ein spannendes soziales Experiment.
Es gibt ja noch männliche Vorbilder, den Rapper Kollegah zum Beispiel, der verpackt sein gesammeltes Wissen auch in ein dünnes Büchlein:
Zitat Dass man höchstens einmal die Woche masturbieren sollte, um ein richtiger "Boss" zu werden, lernt Felix Zwinscher in den 10 Boss-Geboten des als Felix Blume geborenen Rappers Kollegah. Ein Sixpack, ein bisschen Bildung und Sozialkompetenz sind für die Bosswerdung auch nicht schlecht - und kochen sollte man ebenfalls können, erfährt der Kritiker, der sich anhand vom im Buch abgedruckten Sparkassenkontoauszügen auch überzeugen kann, dass Blume es so 2014 zu seiner ersten Millionen gebracht hat. Von Blumes Frauenbild und seinen Klagen über die "Verweichlung des Gesellschaft" möchte Zwinscher lieber gar nicht anfangen, aber die pubertären Fans werden zwischen Pizza, Porno und Party bestimmt einiges aus diesem Ratgeber mitnehmen, ahnt er.
Zitat von Johanes im Beitrag #10Es gibt keine männlichen Vorbilder in Form von Helden usw. mehr.
Dir ist schon klar, dass deine Beispiele allesamt aus den USA stammen? Okay, auch in Hollywood ist "Gendergerechtigkeit" heftig auf dem Vormarsch, mit Star Wars als dem wirklich massentauglichsten Beispiel, aber schon die DC- und Marvel-Verfilmungen bringen m.E. genug männliche Identifikationsangebote. In den USA hat man m.E. auch deutlich weniger scheu, jemanden als Helden abzufeiern als bei uns, wo jeder Hauch von Idealisierung bereits mit "Auschwitz" beantwortet wird. Im Übrigen verschwinden die alten Werke ja eher nie, seien es nun Filme, Serien oder Bücher. Vor allem das Lesen wäre hier wichtig, und da ist die Anziehungskraft der "Klassiker" eigentlich groß. Wenn man denn diese Kulturtechnik erlernt hat...
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Ich weiß nicht, ob hier irgendwer den Autor und YouTube-Philosophen Gunnar Kaiser kennt, falls nicht dann sei einem jeden sein Kanal KaiserTV als auch der Podcast anempfohlen. Hinter dem obigen Link verbirgt sich ein von ihm ins Deutsche übersetzter Artikel von Patrick Deenen von Anfang 2016 „How a Generation Lost Its Common Culture" Die Vorlesezeit sind 10 min. Vielleicht haben Sie Lust ihn sich anzuhören.
Der Text handelt davon, dass die heutige Generation der Schüler und Studenten im Eigentlichen Nichtwissende sind. Eine Generation die nichts mehr oder nur zufällig selektiv über die eigene Kultur und deren Altvorderen lernt und das dies der Grund für den Verfall der westlichen Werte sei. Schuld seien nicht die desinteressierten Schüler, sondern das Schulsystem, dass keinen Wert auf klassische Bildung legt. Als Beispiele führt er Persönlichkeiten, Philosophien und Klassiker auf, die sich schwerpunktmäßig natürlich auf das amerikanische Publikum beziehen, von deren Gedanken selbst Gebildete kaum noch etwas wüssten. Nichtsdestotrotz sind auch genug Beispiele darunter, die auch ein Europäer lt. seiner Sichtweise wissen sollten. Ich bin bestimmt nicht blöde, und gehöre als Mitdreißiger nur am Rande der beklagten Generation an und doch habe ich über die philosophischen Grundlagen meiner eigenen Kultur in der Schule schlicht nicht genug gelernt und ehrlich gesagt auch nur im kleinen Umfang nachgeholt.
Der Autor hat einen Punkt getroffen, der mich zumindest sehr nachdenklich stimmt.
Zitat von ffreiberger im Beitrag #13Ich bin bestimmt nicht blöde, und gehöre als Mitdreißiger nur am Rande der beklagten Generation an und doch habe ich über die philosophischen Grundlagen meiner eigenen Kultur in der Schule schlicht nicht genug gelernt und ehrlich gesagt auch nur im kleinen Umfang nachgeholt.
Ehrlich gesagt, habe ich in der Schule auch nur im Religionsunterricht etwas davon gehört.
Zitat von ffreiberger im Beitrag #13Der Text handelt davon, dass die heutige Generation der Schüler und Studenten im Eigentlichen Nichtwissende sind. Eine Generation die nichts mehr oder nur zufällig selektiv über die eigene Kultur und deren Altvorderen lernt und das dies der Grund für den Verfall der westlichen Werte sei. Schuld seien nicht die desinteressierten Schüler, sondern das Schulsystem, dass keinen Wert auf klassische Bildung legt. Als Beispiele führt er Persönlichkeiten, Philosophien und Klassiker auf, die sich schwerpunktmäßig natürlich auf das amerikanische Publikum beziehen, von deren Gedanken selbst Gebildete kaum noch etwas wüssten. Nichtsdestotrotz sind auch genug Beispiele darunter, die auch ein Europäer lt. seiner Sichtweise wissen sollten.
Bildung war auch immer eine Holschuld. Die Schule kann da bestenfalls Anregungen geben. Ich hab zum Beispiel in der Schule keine Klassiker lesen müssen, das habe ich statt dessen freiwillig in der Freizeit getan.
Was mich persönlich schreckt die Tatsache, dass selbst Studenten klassischer "Bücherwissenschaften" (Geschichte, Philosophie, etc.) kaum noch Bücher lesen. Vielleicht liegt es auch nur an meiner naiven Vorstellung.
Zitat von Tremorius im Beitrag #15Ich hab zum Beispiel in der Schule keine Klassiker lesen müssen, das habe ich statt dessen freiwillig in der Freizeit getan.
In meiner Schulzeit waren die Klassiker auch eher Mangelware, wenn ich aufliste, was wir von Goethe und Schiller gelesen haben, wird in diesem Forum schlicht das blanke Entsetzen ausbrechen.
Allerdings habe ich später durch eigenes Lesen diverser Klassiker nie so recht verstanden, warum die Klassiker denn Klassiker wurden - vermutlich wurden sie per Expertengremium bestimmt, denn eine besondere "innere Qualität" konnte ich nie so recht ausmachen. Ähnlich erging es mir bei angeblichen cineastischen Klassikern.
Um Hape Kerkeling zu paraphrasieren: da fehlt mir wohl der intellektuelle Zugang.
Zitat von hubersn im Beitrag #16Allerdings habe ich später durch eigenes Lesen diverser Klassiker nie so recht verstanden, warum die Klassiker denn Klassiker wurden [...]
«Klassiker» im hier gemeinten Sinn sind Werke, die durch ihre charakteristische Mittelmäßigkeit ihren natürlichen Platz im Schulcurriculum haben, wo sie so von den Lehrern zerredet und in Schulaufsätzen persifliert werden, wie sie es verdient haben. Ich bin meinen damaligen Schullehrern dankbar, daß sie mir anhand solcher «Klassiker» einiges über Struktur, Stilmittel usw. gezeigt haben, und noch dankbarer dafür, daß sie mich die wirklich guten Bücher später selbst haben entdecken lassen.
Zitat von Fluminist im Beitrag #17und noch dankbarer dafür, daß sie mich die wirklich guten Bücher später selbst haben entdecken lassen.
Viele gute Bücher haben halt den Nachteil (oder Vorteil), dass sie als Pflichtlektüre für den Deutschunterricht einfach zu dick sind.
Zitat von Fluminist im Beitrag #17In meiner Schulzeit waren die Klassiker auch eher Mangelware, wenn ich aufliste, was wir von Goethe und Schiller gelesen haben, wird in diesem Forum schlicht das blanke Entsetzen ausbrechen.
Wenigstens haben Sie etwas von beiden Autoren gelesen, bei mir stand von beiden nichts am Programm.
Ein einziges (!) Reclam Heftchen (Nils Holgerson) hab ich noch aus Hauptschultagen, später an der HTL gab es gar keine Pflichtlektüre mehr. Was ich damals an Klassikern gelesen habe, verdanke ich einzig der Auswahl von Marcel Reich-Ranicki, der damals eine Sammlung von 20 deutschen Romanen raus gegeben hatte, und die ich mir eher zufällig gekauft hatte.
Meine derzeit 17jährigen Jungs beschweren sich, im Deutschunterricht würde vor allem Gedichten zu viel Raum gegeben. Faust wurde teilweise hingenommen tw sogar gemocht. Werther wurde auch akzeptiert.
Letztlich geht es im Deutschunterricht oft auch darum, Werkzeuge, Stilmittel und historische Entwicklungen kennenzulernen. Das könnte man natürlich auch mit ausländischen Werken hinbekommen - aber wozu, wenn es doch genauso gute deutsche Autoren und Künstler gibt.
Die inzwischen starke türkische Fraktion an den Schulen wird natürlich irgendwann den Aufstand proben und darauf bestehen, nicht mehr mit den Werken der Nazi-Vorfahren belästigt zu werden. Und die Barleys oder Özoguze dieses Landes werden uns erklären, dass eine Quotenregelung mit 30% türkischen Klassikern doch der Realität in den Klassen viel eher gerecht würde.
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #19 Die inzwischen starke türkische Fraktion an den Schulen wird natürlich irgendwann den Aufstand proben und darauf bestehen, nicht mehr mit den Werken der Nazi-Vorfahren belästigt zu werden. Und die Barleys oder Özoguze dieses Landes werden uns erklären, dass eine Quotenregelung mit 30% türkischen Klassikern doch der Realität in den Klassen viel eher gerecht würde.
Wäre spannend wie die türkische Fraktion zum Beispiel auf Orhan Pamuk reagiert.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #19Meine derzeit 17jährigen Jungs beschweren sich, im Deutschunterricht würde vor allem Gedichten zu viel Raum gegeben.
Gedichte und ihre Interpretation haben wenigstens noch Amüsierpotenzial. Nie konnte man Lehrer einfacher in Verlegenheit bringen als mit der Nachfrage, nachdem ein besonders ausgefuchster Interpretationsansatz angeregt wurde, ob man denn nicht einfach zur Abwechslung es so interpretieren sollte wie es da steht und den Dichter als momentan unzurechnungsfähig zu erklären.
Meine Aufsätze mit Gedichtinterpretation waren definitiv meine kreativsten Werke - schließlich gab es kein "richtig" und "falsch" (außer natürlich beim formalen Teil der Interpretation - man durfte sich natürlich niemals den katastrophalen Fehler leisten und den Jambus mit einem Trochäus mit Auftakt verwechseln!), und die Lehrer waren immer ganz begeistert, wenn man irgendeine abstruse Querverbindung zu geschichtlichen Ereignissen dieser Zeit konstruierte.
Die Teilnahme am Deutschunterricht war eigentlich eine einzige subversive Tätigkeit. Es kommt halt immer drauf an was man draus macht
Zitat von Frank2000 im Beitrag #19 Die inzwischen starke türkische Fraktion an den Schulen wird natürlich irgendwann den Aufstand proben und darauf bestehen, nicht mehr mit den Werken der Nazi-Vorfahren belästigt zu werden. Und die Barleys oder Özoguze dieses Landes werden uns erklären, dass eine Quotenregelung mit 30% türkischen Klassikern doch der Realität in den Klassen viel eher gerecht würde.
Wäre spannend wie die türkische Fraktion zum Beispiel auf Orhan Pamuk reagiert.
Oh ja, Elif Shafaks "Bastard von Istanbul" (über den Genozid an den Armeniern) kann man auch sehr gut empfehlen!
Zitat von Frank2000 im Beitrag #7Wenn man die eigene Gesellschaft komplett als "egal und beliebig" klassifiziert, dann wird eine solche Gesellschaft untergehen. Davon bin ich überzeugt. Und dazu gehört eben auch -nicht nur... noch nicht mal vor allem... aber eben auch- ein gemeinsamer Erfahrungsschatz, gemeinsame Rituale.
Diese Rituale gibt es nach wie vor, nur "andersrum", lieber Frank 2000. Der Kitt, der heute die Gesellschaft - Generationen übergreifend - zusammenhält, ist v.a. das Schimpfen auf Trump und die AfD sowie die Angst vor Klimawandel. Diese Attitüden werden als Minimalkonsens angesehen, von dem die meisten Menschen hierzulande ganz selbstverständlich ausgehen. Daher fragt man auch nicht, wenn man jemanden gerade erst kennen gelernt hat: "Was halten Sie eigentlich von ...?", sondern setzt diese Punkte als selbstverständliche Nebenbemerkungen in eigene Äußerungen ein, um sympathisch zu erscheinen.
Ja, diesen Grundkonsens und die beschriebenen Rituale gibt's. Nur leider sind halt die von Ihnen genannten - völlig zutreffenden - Beispiele in ihrer Konsequenz durchweg destruktiv:
- Die allgegenwärtige Kritik an Trump verleitet inzwischen offenbar viele zu einem völlig faktenfreien und dumpfen Antiamerikanismus. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Die USA sind vom politischen und wirtschaftlichen System her eigentlich unsere engsten, natürlichen Partner. Hier wird ohne Not die Westbindung aufgekündigt, die Garant unseres westdeutschen Nachkriegserfolges war.
- Vieles kann man mit Recht an der AfD kritisieren, aber dass physische Gewalt gegen politische Gegner inzwischen wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und achselzuckend akzeptiert, wenn nicht sogar gut geheißen wird, das stimmt schon bedenklich.
- Und dass eigentlich erledigte etatistische und planwirtschaftliche Konzepte im Zuge einer unkritisch positiven Klimaschutzdebatte wieder Hochkonjunktur haben, lässt einem auch die Haare zu Berge stehen...
Zitat Ein Bluttest, der die Wahrscheinlichkeit eines Down-Syndroms bei ungeborenen Kindern berechnet, soll Kassenleistung werden. Betroffenen-Organisationen warnen, dass die Angst vor Behinderung so verstärkt würde und fordern stattdessen bessere Beratungsangebote.
Irgendwie scheint es in unserer Gesellschaft eine geradezu schizophrene Einstellung zum Thema Abtreibung zu geben. Einerseits ist Abtreibung Recht jeder Frau, andererseits hat die Abtreibung eines behinderten Kindes immer was von Beseitigung unwerten Lebens.
Nicht das Kind wird abgetrieben, sondern der Fötus.
Wenn man streng gläubig ist, dann ist die Ablehnung der Abtreibung fast schon Pflicht. Als streng Gläubiger Mensch glaubt man an so lustige Dinge wie "Seelen", die so herumschweben und dann Körper besetzen (wobei die "Seele " dann ihre nicht-körperliche Existenz vollkommen vergisst.
Und wenn jemand stirbt, dann wird diese "Seele" wieder befreit und sich ihrer Selbst wieder bewusst. Und unabhängig von Alter oder intellektuellen Fähigkeiten wird diese "Seele" dann ein glückliches, selbstbestimmtes Leben führen. Oder so.
Aber diese Seele benötigt einen Geburtsvorgang. Weil Gott ja irgendeinen Plan dabei hatte, menschliche Wesen auf die Welt zu bringen, deren Intellekt in Trümmern liegt und die nicht mal in der Lage sind, selbst zu Essen. Oder so.
Ich kann das nicht so gut erklären, weil ich ja kein Gläubiger bin.
Als Atheist habe ich keine Bedenken, dass eine Abtreibung eine Seele beschädigt und von ihrem göttlich gewollten Leben als Schwerstbehinderter abhält.
Abtreibungen sind eine dramatische Sache und oft mit psychischen Problem für Mutter und Vater verbunden. Deswegen sollte man das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Aber sich ein leben lang (Und nicht etwa nur 18 Jahre) mit einem schwerstbehinderten Kind beschäftigen zu müssen, ist eben auch mit unsäglichen Stress und Leiden für die Eltern verbunden und führt nicht selten ebenfalls zu psychischen Problemen. Muss man halt abwägen.
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
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