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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

23.12.2019 12:30
#151 RE: Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz Antworten

Zitat von DrNick im Beitrag #150
Würde man ernsthaft denken, daß z.B. ein Engländer, der seit Jahren hier lebt und sich jetzt einbürgern läßt, dadurch eine besondere Art von "Verantwortung" auferlegt bekommt?

Ja aber natürlich hat ein solcher Engländer diese Verantwortung!

Ist dieser Teil der politischen Bildung denn völlig an Ihnen vorbeigezogen?: Die historische Verantwortung (ab ca 22:00)

Das ist ja furchtbar.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

DrNick Offline




Beiträge: 809

23.12.2019 14:58
#152 RE: Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #151
Ja aber natürlich hat ein solcher Engländer diese Verantwortung!


Danke für den Link. Da kann man ja eigentlich froh sein, daß man sich als Biodeutscher über Jahrzehnte an die Last der Vergangenheit hat gewöhnen können.

P.S. Ich wollte gerade einmal nachschauen, wo Thomas Mann diese fabelhafte Einsicht formuliert hat, daß man als Deutscher mit Deutschland zu tun habe, bin aber leider nicht fündig geworden. Weiß hier jemand mehr?

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

23.12.2019 17:56
#153 RE: Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz Antworten

Zitat von DrNick im Beitrag #150
Da wird in einer Weise von "unserer" Scham, Schuld, Verantwortung geredet, die mir (obwohl sie genau dem entspricht, was man bei solchen Anlässen zu sagen pflegt) fast unverständlich erscheint. Mir ist nicht wirklich klar, was das alles genau bedeuten soll.
Das bedeutet, daß Bundespräsident Steinmeier auch nicht weiß, wie mit Begriffen wie Scham, Schuld und Verantwortung umzugehen ist.

Wenn man wirklich Schuld an einer Sache hat, ist Scham ein völlig ungeeignetes Gefühl, um Verantwortung zu übernehmen. Wer wirklich Scham verspürt, will verstecken, was das Schamgefühl auslöst, denn Schamgefühl ist in der Konsequenz Angst um verletzliche soziale Anerkennung. Kein Mensch hält eine öffentliche Rede über etwas, wofür er sich wirklich schämt.

Schuld wiederum kann man nur an einer Sache haben, an der man durch Tun oder Unterlassen beteiligt war. Insbesondere gibt es keine Kollektivschuld; weder der Deutschen an der Shoah noch der Juden an der Hinrichtung Jesu oder an der Niederlage im I. Weltkrieg. Mit solchen Reden zeigt man als Politiker*in, gerade nichts aus der Geschichte gelernt zu haben.

Ich vermute, daß diese Begriffsverwirrung eigentlich etwas anderes sagen soll, und ich glaube, das wird auch verstanden: Die Zugehörigkeit zum deutschen Volk sei ökonomische Basis für mannigfaltige Verbrechen. Deswegen müsse sie überwunden werden. Das ist so ein Rassemarxismus, der parallelen zu den modernen "Whiteness"-Theorien hat. Da wird die Klasse der Kapitalisten ja auch durch die Klasse der rassisch und sexuell privilegierten ausgetauscht, damit man an den marxistischen Denkschemen festhalten kann, obwohl man sich über das Scheitern des Originalmarxismus inzwischen im Klaren ist.

Deswegen ist es für diese Herrschaften auch gerade kein Widerspruch, Deutschsein --als ökonomische Basis-- zu verteufeln und ein "progressives Deutschsein durch Verwaltungsakt" zu propagieren.

Zitat von DrNick im Beitrag #150
Würde man ernsthaft denken, daß z.B. ein Engländer, der seit Jahren hier lebt und sich jetzt einbürgern läßt, dadurch eine besondere Art von "Verantwortung" auferlegt bekommt?
Definitiv hat ein Engländer, der in Deutschland lebt, eine Verantwortung gegenüber seinem neuen Vaterland. Für die Shoah kann ein Engländer natürlich nichts, aber dafür kann ein heutiger Deutscher, der kein Greis ist, auch nichts.

DrNick Offline




Beiträge: 809

23.12.2019 20:50
#154 RE: Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #153
Das ist so ein Rassemarxismus, der parallelen zu den modernen "Whiteness"-Theorien hat.


Gegenüber dem, was Steinmeier erzählt, finde ich diese "Whiteness"-Theorien vergleichweise klar. Die Idee scheint doch zu sein, daß alle (oder die meisten?) Weißen heute aufgrund ihres Weißseins in den und den Gesellschaften die und die Vorteile haben. Und das ist (je nachdem, wie man das genauer ausbuchstabiert) empirisch falsch oder in manchen Hinsichten vielleicht ein bißchen wahr - auf jeden Fall halbwegs verständlich.

Was der Bundespräsident (wie auch andere Politiker) an Gedenktagen von sich gibt, verstehe ich gleich auf mehreren Ebenen nicht:

- Wer genau gehört zu dem "Wir", von dem da immer die Rede ist? Geht es da um jeden Inhaber der deutschen Staatsanghörigkeit oder vielleicht doch nur um eine kleinere Gruppe?
- Und warum wird die ganze Sache für uns "überzeugte Europäer" nicht zu einer europäischen Angelegenheit (oder für uns Weltbürger gleich zu einer der ganzen Menschheit), sondern bleibt eine spezifisch deutsche?
- Was ist da mit diesem ganzen moralisierenden Vokabular wie "Scham" etc. gemeint? Natürlich soll es nicht um eine Kollektivschuld gehen, insbesondere nicht um eine, die sich von Generation zu Generation vererbt. Geht es also um eine "kollektive Verantwortung"? Wenn das der Punkt sein sollte: Was genau sorgt dafür, daß nur "wir als Deutsche" diese Verantwortung tragen? Und worauf bezieht sich diese Verantwortung?
- Und wenn es dann heißt, daß die Vergangenheit nicht vergeht: Gilt das für jeden Teil der Vergangenheit? Oder bleiben bestimmte Teile präsenter als andere? Falls letzteres der Fall ist: Warum?

Zitat von Emulgator im Beitrag #153
Definitiv hat ein Engländer, der in Deutschland lebt, eine Verantwortung gegenüber seinem neuen Vaterland.


Klar, ich dachte aber auch an die spezifische Verantwortung, die dem Bundespräsidenten zufolge "nicht vergeht".

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

23.12.2019 22:23
#155 RE: Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz Antworten

Zitat von DrNick im Beitrag #154
- Wer genau gehört zu dem "Wir", von dem da immer die Rede ist? Geht es da um jeden Inhaber der deutschen Staatsanghörigkeit oder vielleicht doch nur um eine kleinere Gruppe?
Die Unklarheit fällt wahrscheinlich regelmäßig Lehrern auf, die mit ihrer Schulklasse ein ehemaliges KZ besichtigen und dabei eine Festlegung für die Schulkinder "mit Migrationshintergrund" treffen müssen. Das kann nochmal extra unangenehm werden, wenn man vor dem Migrationshintergrund den Spagat zwischen politisch korrekter Kultursensibilität
und orientalischer Judenhaßkultur schaffen muß.

Zitat von DrNick im Beitrag #154
- Und warum wird die ganze Sache für uns "überzeugte Europäer" nicht zu einer europäischen Angelegenheit (oder für uns Weltbürger gleich zu einer der ganzen Menschheit), sondern bleibt eine spezifisch deutsche?
Eigentlich ist das ja eine europäische Angelegenheit. Wegen der Judenverfolgung haben wir ja das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte. Das hat vor dem historischen Hintergrund Sinn, daß Juden nicht einfach irgendwohin fliehen konnten, sondern ihre Verfolger mit Panzern hinterherzukommen drohten. Das war wohl mit ein Grund dafür, daß Juden von anderen Ländern nicht aufgenommen wurden. Normalerweise hat ein Staat ja keine Probleme damit, Menschen aufzunehmen, die in ihrer Heimat wirtschaftlich zurechtkamen, und im eigenen Land auch zurechtkommen können.

Für die Situation, daß ein Tyrann einfach seine Dissidenten loswerden will und es ihm reicht, sie im Ausland zu haben, wo sie ihm politisch nicht mehr schaden, hat das gegenwärtige Asylrecht keinen Sinn.


Zitat von DrNick im Beitrag #154
Was ist da mit diesem ganzen moralisierenden Vokabular wie "Scham" etc. gemeint?
Man kann sich ja mal erinnern, wie Geistliche in Seelsorgesituationen getröstet haben. Beispielsweise hat man bei Unglücksfällen gerne gesagt, es sei eine Strafe Gottes gewesen. Auch war es mal in Mode, solche Situationen als Prüfungen darzustellen, als das mit der Strafe nicht mehr zog. Beides hat nie den christlichen Glauben von Gott wiedergegeben. Das konnte man schon wissen. Aber es gehörte zum Job der Geistlichen, den Betroffenen irgendetwas zu sagen. Und damit man das Leid nicht zu sehr an sich 'ranläßt, gibt man irgendwelche Behauptungen von sich, selbst falsche.
Besser wäre es gewesen, sich in das Leid der Betroffenen einzufühlen. Dafür muß man oftmals gar nicht so viel selber sagen, um zu trösten.

Aber das ist natürlich keine Option für einen Bundespräsidenten. Der ist der Erwartung ausgesetzt, eine quasiseelsorgerliche Ansprache an eine anonyme Masse zu halten. Das kann man nicht anders lösen, als irgendwas zu seibadern. Deswegen:

Zitat von DrNick im Beitrag #154
Was der Bundespräsident (wie auch andere Politiker) an Gedenktagen von sich gibt, verstehe ich gleich auf mehreren Ebenen nicht:

Den Inhalt kann und soll man wahrscheinlich gar nicht verstehen. Für den Politiker reicht es, die Erwartung zu befriedigen, salbungsvoll reden zu können. Wenn er gleichzeitig seine persönliche politische Weltanschauung in der Gestalt so salbungsvoll klingender Worte transportieren kann, dann ist das für ihn um so besser.

Zitat von DrNick im Beitrag #154
Gegenüber dem, was Steinmeier erzählt, finde ich diese "Whiteness"-Theorien vergleichweise klar. Die Idee scheint doch zu sein, daß alle (oder die meisten?) Weißen heute aufgrund ihres Weißseins in den und den Gesellschaften die und die Vorteile haben. Und das ist (je nachdem, wie man das genauer ausbuchstabiert) empirisch falsch oder in manchen Hinsichten vielleicht ein bißchen wahr - auf jeden Fall halbwegs verständlich.
Sehen Sie, die Klarheit hat den Nachteil, die Botschaft leichter angreifbar zu machen. Bei so einer Präsidentenrede, die Wahres (es gibt Schuld, nicht nur Schuldgefühle) und Falsches (Kollektivschuld) viel enger verwebt, ist es schwieriger.

Natürlich kommt es pietätlos oder instrumentalisierend 'rüber, wenn man an so einem Gedenktag oder so einer Gedenkstätte über die politischen Lehren für die Gegenwart redet, z.B. das Verhältnis zu Israel. Aber das ist das einzige, was einem säkularen Amt in einer Ansprache einer Menge gegenüber gerecht wird, wenn man nicht einfach schweigen will.

DrNick Offline




Beiträge: 809

24.12.2019 13:18
#156 RE: Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #155
Den Inhalt kann und soll man wahrscheinlich gar nicht verstehen. Für den Politiker reicht es, die Erwartung zu befriedigen, salbungsvoll reden zu können.


Ich gehe mal davon aus, daß Steinmeier (oder sein Redenschreiber) fest davon überzeugt ist, etwas Verständliches zu sagen. Das Grundproblem scheint mir zu sein, daß dort Überlegungen artikuliert werden, die so inkohärent sind, daß sie schon begrifflich nur in einer völlig amorphen Form präsentiert werden können.

Einem Kollektiv irgendwelche moralischen Eigenschaften (Schuld, Verantwortung) oder moralische Gefühle (Scham) zuzuschreiben, setzt klarerweise voraus, daß ein Volk sehr viel mehr ist als eine Ansammlung von Individuen und auch mehr als eine Ansammlung von Menschen, die irgendwelche kulturellen Gemeinsamkeiten (Sprache, Kultur, Werte) aufweisen. Mir leuchtet nicht ein, wie man ein Volk für eine Konstruktion und zugleich für ein moralisches Subjekt halten kann.

Das sieht ironischerweise Höcke sehr viel deutlicher als z.B. Steinmeier:

Zitat von Höcke
Wenn man unter einem Volk eine Gemeinschaft versteht, deren Angehörige in einer schicksalshaften, generationsübergreifenden Verbindung stehen, dann kann ich mich als Deutscher nicht einfach mit der Bemerkung aus der Verantwortung stehlen, das ginge mich gar nichts an, weil ich erst nach den Ereignissen geboren wurde.


Quelle: https://zettelsraum.blogspot.com/2019/02...ungsschutz.html

Zitat von Emulgator im Beitrag #155
Natürlich kommt es pietätlos oder instrumentalisierend 'rüber, wenn man an so einem Gedenktag oder so einer Gedenkstätte über die politischen Lehren für die Gegenwart redet, z.B. das Verhältnis zu Israel.


Och, ein so brillianter Redner wie Steinmeier schafft es am Ende schon, der ganzen Sache noch eine politische Botschaft zu entnehmen:

Zitat
Der Weg der Versöhnung hat uns in ein gemeinsames, vereintes Europa geführt. Ein Europa, erstanden aus dem Geist des Widerstands gegen Rassenwahn, Totalitarismus und Gewaltherrschaft, aus dem Geist der Freiheit, der Demokratie und des Rechts.


Quelle: http://www.bundespraesident.de/SharedDoc...ken-Wielun.html

Honest John Offline




Beiträge: 32

25.12.2019 21:19
#157 RE: Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #131
Umgekehrt kann ich einen Koreaner nicht von einem Japaner unterscheiden oder einen Nigerianer nicht von einem Tansanier.


Das ist immer einer Frage, wie gut man Vertreter aus diversen Weltgegenden kennt. Früher sahen für mich alle Chinesen irgendwie gleich aus, nach einer Beziehung mit einer Chinesin bemerke ich heute viel mehr Nuancen zwischen den Chinesen.

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