Zitat von Fluminist im Beitrag #98Eine "Abspaltung Österreichs vom deutschen Nationalstaat" hat es in dieser Form (und unter welchem Zwang?) nicht gegeben.
Siehe Antwort an Publius. Gemeint war natürlich nicht die Bildung Österreichs im Mittelalter als eigenständiges Fürstentum innerhalb Deutschlands. Sondern 1866 durch die Preußen und 1918 durch die Alliierten.
Zitat des Hl. Römischen Reichs, das einem Staat in modernen Sinne nicht ähnlicher sah als heute z.B. die EU
Das alte Königreich Deutschland war nicht das HRR, sondern nur ein Teil davon. Und dieses Königreich war nicht so viel anders wie die übrigen europäischen Monarchien, wurde in gleicher Weise als Nation empfunden und entwickelte sich letztlich ähnlich zum Nationalstaat - nur etwas verspätet durch die Folgen der napoleonischen Kriege.
Zitat des Hl. Römischen Reichs, das einem Staat in modernen Sinne nicht ähnlicher sah als heute z.B. die EU
Das alte Königreich Deutschland war nicht das HRR, sondern nur ein Teil davon. Und dieses Königreich war nicht so viel anders wie die übrigen europäischen Monarchien, wurde in gleicher Weise als Nation empfunden und entwickelte sich letztlich ähnlich zum Nationalstaat - nur etwas verspätet durch die Folgen der napoleonischen Kriege.
Nur mal zum Verständnis: Wann soll das denn bestanden haben und welches Territorium umfasste es?
Sofern ich das überblicke, taucht der Titel des deutschen Königs unter Maximilian I. zum ersten Mal offiziell auf ("Rex in Germania"). Und das Territorium würde die Reichskreise umfassen, deren Errichtung in die gleiche Zeit fällt. Habe ich Dich richtig verstanden?
Kann man machen, aber wie willst Du daraus irgendeine Folge ableiten, welche Gebiete und Bevölkerungsteile 1815, 1848, 1871, 1919, 1938, 1945, 1955 oder 1990 eine deutsche Nation bilden? Ich finde das alles reichlich esoterisch...
Zitat von R.A. im Beitrag #99Für diese These hätte ich gerne ein historisches Beispiel.
Ich habe als Beispiel schon die BRD und DDR erwähnt, die nach 40 Jahren im Jahre 1990 sich zu zwei unterschiedliche Nationen gebildet hatten. Im direkten Vergleich hatte die BRD mit Österreich oder der Schweiz mehr Gemeinsamkeiten.
Das waren 1990 keine zwei unterschiedliche Nationen, was auch darin deutlich wird, dass die Zustimmung zur Wiedervereinigung in beiden Teilen Deuschlands eine klare Mehrheit hatte. Wann waren Sie zuletzt in den neuen Bundesländern? Gucken sie sich mal die vielen mittelständischen Unternehmen in z.B. Sachsen an. Die haben 40 Jahre lang mit der Hufe gescharrt, dass sie endlich an der freien Marktwirtschaft teilnehmen und zu Wohlstand kommen können. Als ob ganz Ostdeutschland noch vom Sozialismus träumt und noch gänzlich am Tropf der alten Bundesländer hängen würde. Und wenn es um gefühlte Gemeinsamkeiten, Identität und Zugehörigkeitsgefühl geht, können Sie sich sicher sein, dass die Menschen in z.B Mecklenburg Vorpommern sich Schleswig Holstein viel stärker verbunden fühlen, als z.B. Bayern.
Zitat von Llarian im Beitrag #82Das einzige das Du einbringst. Ich kenne einen Haufen mehr.
Dann nenne sie. Aus der damaligen Debatte ist mir kein Anderes mehr erinnerlich. Wohlgemerkt, es geht hier um die Sachargumente, nicht um die emotionalen.
Zitat Ein Regierungssitz braucht keine "Think-Tanks", Medien oder Kultur.
Sehe ich anders. Ich halte es nicht für gut, wenn die politischen Eliten nur im eigenen Saft kochen. Es ist schon in Berlin ein Problem, daß sich zu wenige andere Eliten dort tummeln und sich die Politik von denen zu sehr fernhält (das sind die in Bonn erlernten Verhaltensweisen, vor dem Krieg was das anders). In Bonn war das natürlich noch krasser. Als Folge hat man dann diese typische Binnensicht und der Verlust von Realitätsbezug.
Es war also nicht alles schlecht bis man zurückschießen musste?
Aber im Ernst, welche positiven Einflüsse der Eliten (oder allgemein von außen) auf das politische Systen hat es denn im Dritten Reich und in der Weimarer Republik gegeben, die in der Bonner Republik nicht zugelassen wurden?
Zitat von R.A. im Beitrag #96Aber nachdem es Deutschland als Staat schon viele Jahrhunderte gab, seit 1871 auch als "Nationalstaat", und die Teilung 1945 nicht von den Deutschen selber gewünscht wurde, sondern von den Alliierten - da war es zu erwartende Normalität, daß sich nach Wegfall der äußeren Hindernisse wieder der Nationalstaat bildet.
Die wenigsten Gebietsabtretungen werden von den Beteiligten gewünscht, sonst würden mehr Kriege absichtlich verloren . Aber wir kommen von der Ursprungsthese ab - nämlich unterschiedliche Kultur und Sozialisation.
Zitat Tschechen und Slowaken haben eine sehr ähnliche Sprache - aber das war es auch schon. Sie bildeten bis 1918 nie eine gemeinsame Nation, orientierten sich in unterschiedlichen geographischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen und sind eigentlich nach 1945 nur wieder in einen Staat montiert worden, weil die Sowjets die von den Nazis erlaubte Trennung aus Prinzip wieder rückgängig gemacht haben.
Na gut, die Slowaken waren im Kaiserreich ein fremdbeherrschtes ungarisches Kronland und die Tschechen waren auch nicht gerade privilegiert. Am Anfang haben sie sich beide eine verbesserte Möglichkeit erhofft, ihre Autonomie zu pflegen. Dann kam eine benachbarte Nation, deren "unerschütterlicher Wille es war, dass die Tschechoslowakei von der Landkarte verschwindet". Sie riss sich die Tschechen unter den Nagel und errichtete einen Vasallenstaat in der Slowakei. Das hatte natürlich Nachwirkungen. Aber prinzipiell hätte das schon halten Können - nimm mal zum Vergleich Belgien, da sind die Voraussetzungen noch schlechter.
Zitat Es gibt m. E. überhaupt keine historischen Beispiele dafür, daß sich ein Nationalstaat freiwillig wieder aufgespalten hätte. Bei Abspaltungen wie Norwegen, Belgien oder Versuche dazu wie Katalonien oder Schottland geht es um die Wiederherstellung von alten nationalen Strukturen. Die gab es im Falle der DDR nicht.
Bitte? Welche belgische Nation hat es denn vor 1830 gegeben?
Zitat
Zitat Nationen sind etwas völlig Kontingentes und wandeln sich.
Ich verstehe nicht, was Du in diesem Kontext mit "Kontingent" meinst.
Dass es in der Regel historisch zufällig ist, ob eine Sprach- oder Kulturgemeinschaft sich zu einem Territorialstaat zusammenschließt oder nicht. Deshalb zieht auch dein nächstes Argument nicht:
Zitat Und natürlich wandeln sich Nationen, aber das passiert sehr langsam und nicht willkürlich. Die Abtrennung der DDR war aber völlig willkürlich und folgte keinen sinnvollen Traditionslinien oder geographischen/wirtschaftlichen Gegebenheiten. Da war keine Stabilität zu erwarten.
Denn es gibt eine normative Kraft des Faktischen.
Zitat
Zitat Natürlich kannst Du als einer, der die Gründungsjahre des Kaiserreichs als Höhepunkt der "deutschen Geschichte" ansieht
??? Wo soll ich das gesagt haben? Das ist dezidiert nicht meine Auffassung.
Einigen wir uns darauf, dass es VIELLEICHT Deine Auffassung ist:
Zitat Die Gründerjahre des Deutschen Reichs waren vielleicht die beste Phase der ganzen deutschen Geschichte. Nie war Deutschland so erfolgreich und in vielen Gebieten führend, da klappte fast alles.
Zitat Zitat:Österreich ist ein Beleg gegen Dich! Obwohl es einer historischen Traditionslinie folgte, war die Abspaltung Österreichs vom deutschen Nationalstaat nur durch Zwang möglich und wurde über Generationen von der Bevölkerung nicht akzeptiert. Da war die Entstehung einer DDR-Nation nach einigen von den Russen erzwungenen Jahren nicht zu erwarten.
Aber nach dem 2. Weltkrieg ging es ratzfatz, weil man mit dem deutschen Nationalstaat nichts mehr zu tun haben wollte.
Zitat Nein. "Deutschland" ist seit dem 10. Jahrhundert ein Staat und wurde sowohl von seinen Bewohnern als auch den übrigen Europäern so gesehen.
Von seinen Regenten jedenfalls nicht. Das Regnum Teutonicum war ein Kampfbegriff der Reichsitaliener und Klerikalen, die die römische Kontinuität für sich beanspruchten. Genau wie die Kaiser. Dazu kam noch, dass die Habsburger oder die Burgunder jeweils noch ihre eigenen, dynastischen Interessen hatten, die auch wesentliche Gebiete außerhalb des HRR umfassten.
Zitat von R.A. im Beitrag #84 Wohlgemerkt, es geht hier um die Sachargumente, nicht um die emotionalen.
Also solche wie "Im historischen Maßstab sind die 40 Jahre Trennung auch ziemlich irrelevant angesichts des in vielen Jahrhunderten und Generationen gewachsenen Zusammenhalts." ? Das ist ein rein emotionales Argument bar jedes Sachinhaltes. Das ist nichts weiter als rethorische Debattenführung.
Zitat Ich halte es nicht für gut, wenn die politischen Eliten nur im eigenen Saft kochen. Es ist schon in Berlin ein Problem, daß sich zu wenige andere Eliten dort tummeln und sich die Politik von denen zu sehr fernhält (das sind die in Bonn erlernten Verhaltensweisen, vor dem Krieg was das anders). In Bonn war das natürlich noch krasser. Als Folge hat man dann diese typische Binnensicht und der Verlust von Realitätsbezug.
Nur beobachten wir das exakte(!) Gegenteil. Die Bonner Republik war gerade die geerdete, die keine Extreme neben sich notwendig machte und gut funktioniert hat. Die Berliner Republik dagegen ist völlig abgehoben und findet im Wesentlichen in der eigenen Echokammer statt. Von den Wahllbeteiligungen zur Zeit von Bonn können die Berliner Politikkosmonauten allenfalls träumen, sie drehen sich in ihrer eigenen Reflektion und wundern sich ernsthaft(!) das sie beschimpft werden, wenn sie in bestimmten Landstrichen auftreten. Und was die Berliner Republik vor 45 angeht, willst Du das allen Ernstes(!) als in irgendeiner Form vorbildlich nennen? Wenn es gute Argumente gegen eine Berliner Republik gegeben hätte, dann wäre das der genaue Beleg?
Zitat Das "Raumschiff Bonn" wurde schon damals als Problem diskutiert.
Diskutieren kann ich viel. Das ist genauso sinnvoll wie das permanente "umstritten" in der Pippi-Langstrumpf-Presse. Ein Problem war es ja offendundig nie, sonst wäre es nicht "diskutiert" sondern Du könntest mir aus dem Handgelenk ein halbes Dutzend Probleme nennen , wo es nicht funktioniert hätte. Die Disfunktionalität der Berliner Regierung, die eben gerade durch die permanente Echokammer stattfindet, ist vergleichsweise offenkundig. Wenn Bonn ein Raumschiff war, das wohl um die Erde kreisen soll, dann hat Berlin den WARP Antrieb am Anschlag.
Zitat Deutschland keine echte Außen- und Sicherheitspolitik machen mußte.
Das müsste es auch heute nicht, dieses Schicksal ist selbstgewählt. Und ich könnte gut darauf verzichten. Gute Teile des Auslands auch.
Zitat Die Bonn-Befürworter haben immer so getan, als gäbe es nur in Bonn Hauptstadtfunktionen und die müsse man bei Umzug neu aufbauen.
Damit hat sich dein Argument gerade in Luft aufgelöst. Die Strukturen mit denen Du einen Vorteil(!) für Berlin implizieren willst, existierten in Bonn bereits. In größerer Menge und ohne die Notwendigkeit der Renovierung.
Zitat aber der Renovierungsbedarf der Ost-Regierungsbauten war kein echtes Argument, da man die auch für jede andere Verwendung hätte renovieren müssen.
Nö. Abreissen tut auch. Und das meiste hat man ja auch real neu gebaut. Der Spaß hat schon die eine oder andere Milliarde gekostet.
Zitat Weil eine Menge Leute in eine Hauptstadt reisen, die nicht mit dem Regierungsflieger kommen.
Aber das müssen sie nicht. Und das ist der Punkt. Es gibt ja keinen Grund in eine Hauptstadt zu reisen, so lange man keinen Kontakt mit der Politik braucht. Es hat ja funktioniert. Und es funktioniert auch in diversen anderen Hauptstädten der Welt.
Zitat Es geht darum, daß ein Regierungssitz automatisch zu vielen Arbeitsplätzen und vielen zusätzlichen Geschäftsmöglichkeiten führt. Auch durch die vielen Verbände und Organisationen, die sich zusätzlich ansiedeln. Gerade WEIL man die Berlin-Subventionen wegfallen lassen wollte war die Hauptstadtfunktion sinnvoll.
Du kannst das schönreden, aber es ist nichts anderes als eine Subvention. Und was für ein Armutszeugnis ist es für Berlin, wenn es ohne die Subvention des Regierungssitzes nicht funktionsfähig ist. Wie machen das eigentlich ganz andere Metropolen, die mehr als fünfmal größer sind und trotzdem keine Regierung haben?
Zitat von R.A. im Beitrag #86 Erstens einmal sind Äußerungen nur "existenzgefährdend", wenn man relevant gegen die Interessen seines Arbeitgebers verstößt und nicht in der Lage ist, anderswo einen neuen Job zu finden.
Ich würde normalerweise vor dieser Formulierung zurück schrecken, aber da Du sie selber in diesem Thread verwendest: Das ist Unsinn, und das weißt Du auch. Es gibt etliche(!) Beispiele von Personen des mehr oder minder öffentliche Lebens, die durch eine einzelne Aussage ihrer beruflichen Existenz beraubt wurden. Nicht deshalb, weil ihr Arbeitgeber ein Problem damit hätte, sondern vor allem deshalb, weil ihr Arbeitgeber selber in seiner Existenz bedroht wird, wenn er nicht dem linken Mob folgt, der ihm sonst die Bude auseinander nimmt. Wir haben AfD Politiker, deren Kinder(!) von der Schule geworfen werden, weil ihre Eltern eine bestimmte Meinung vertreten. Wir haben einen Nobelpreisträger, der seinen Job verliert, weil er einen ziemlich trivialen Witz gemacht hat. Du kannst das alles ignorieren, aber erzähl mir nicht das wäre Freiheit oder durch die letzten Jahrzehnte besser geworden.
Zitat Zweitens hat sich halt - wie üblich bei historischer Entwicklung - verschoben, was zu sagen üblich ist und was als anstößig gilt. Im wesentlichen war aber das in der Praxis zu beobachtende Meinungsspektrum früher viel enger als heute. Heute gibt es viel mehr "ungewöhnliche" Positionen, und die werden auch alle öffentlich verbreitet. Wer z. B. 1989 mit Reichsbürger-Parolen auffällig geworden wäre, hätte auch deutliche Reaktionen bekommen (heute nennt man das halt "shitstorm"). Hat nur keiner gemacht, das war zu abstrus.
Reichsbürger gab es auch damals schon, hat nur keinen gejuckt. Aber nehmen wirs doch einfach: Nenn mir drei Beispiele von Menschen, die vor 20 oder 30 Jahren ruiniert wurden durch einen Satz, den sie gesagt haben! Außer Jenniger fällt mir da wenig ein, und das war schon eine ganze Rede und hat ihn deutlich weniger gekostet als heute ein Witz über eine "anerkannte" Minderheit ihn kosten würde. Es mag sein, das der öffentliche Konsens damals enger war. Aber die Abweichung davon war bei weitem(!) nicht derart massiv bestraft wie heute.
Zitat Völlig richtig. Aber umgekehrt sind auch viele Regelungen weggefallen. Man denke da mal an das Postmonopol, die Telekommunikation, die Ladenöffnungszeiten, der Wegfall des Meisterzwangs, Abschaffung von Produktrestriktionen (Reinheitsgebot ...), Reduzierung von Handelshindernissen, mehr Freiheit bei der Wahl von Wohnort und Arbeitsplatz innerhalb Europas, die Luftfahrtliberalisierung.
Und all das zusammen wiegt nicht eine ENEV auf. Klar ist was weg gefallen, aber das wiegt nicht das auf, was dazu gekommen ist. Klar sparen wir durch den Fall von Post- und Telekommonopol. Aber selbst das was ich in 50 Jahren dadurch spare wiegt nicht die Kosten der energetischen Auflagen beim Hausbau auf (den am Ende auch jeder Mieter zahlt).
Zitat Ja - weil wir heute viel mehr tun können. Die Auswahl an Produkten und an Handlungsoptionen ist größer.
Technisch, aber nicht gesellschaftlich. Und das ist ein gewaltiger Punkt. Natürlich ist die Technik vorrangeschritten. Alleine das Internet gibt uns Freiheiten, die es vor 30 Jahren nie gab. Aber die gesellschaftlichen Freiheiten sind in der selben Zeit nicht gewachsen sondern geschrumpft. Was ist die Freiheit jetzt an der Grenze nicht mehr im Stau zu stehen gegen den Verlust sich frei äußern zu können? Ein nichts. Natürlich ist es schön, wenn ich statt in Deutschland auch in Frankreich wohnen kann, ohne das der Staat mich dran hindert. Nur betrifft das kaum einen. Die irrsinnigen Strompreise dagegen betreffen nahezu jeden.
Zitat Und für unsere Kinder gilt das noch mehr. Die machen mit einer Leichtigkeit Auslandssemester, wo wir vielleicht mal ein Wochenende Camping im Schwarzwald gemacht haben. Sie haben mehr berufliche Optionen, können sich einen besseren Wohlstand leisten und haben mehr persönliche Entfaltungsmöglichkeiten.
DEINE Kinder können das. Die allermeisten betrifft das nicht. Deine Kinder mögen ihre Auslandssemester geniessen. Aber die Kinder von Hans Dampf spielen in einer Mietwohnung, weil sich die Eltern keinen Hausbau mehr leisten können.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #89Na, ein paar Nagelbesitzer habe ich doch noch getroffen ;)
Das hätte ich auch nicht gedacht. Da sitzt bei einigen der Stachel nach 30 Jahren noch recht tief.
Zitat Es war noch absurder - man glaubte tatsächlich, dass die im Osten 40 Jahre lang nur auf die Befreiung vom Sozialismus gewartet haben. Haben sie offensichtlich nicht, sondern nur an eine Angleichung der Lebensverhältnisse ("Kommt die D-Mark bleiben wir, kommt sie nicht, gehen wir zu ihr" - offener kann man eine bewusste Einwanderung in Sozialsysteme nicht ankündigen...).
Ich glaube das ist so nicht ganz richtig. Ich denke schon, das die meisten DDR Bürger erst einmal einfach einen höheren Lebensstandard wollten und das mit Demokratie, Menschenrechten und Freiheit tatsächlich eher sekundär war (vor der Moral kam schon immer das Fressen). Aber nicht unbedingt deshalb in die soziale Hängematte wollten. Haben die ja auch nicht gemacht. Da wurde schon massiv aufgebaut. Und das ist ja auch gelungen. Der Osten könnte heute ohne Subventionen sehr gut existieren. Für die heutigen "Neudeutschen" gehe ich mit Dir eine Wette ein, werden auch in 30 Jahren noch im Wesentlichen am Sozialstaat hängen. Da ist schon ein gewaltiger Unterschied. Die DDR Bürger wollten vor allem in ein besseres System. Um damit sich selbst einen besseren Lebensstandard erarbeiten zu können. D.h. sie wollten Bundesbürger werden, weil das System überzeugender war. Die meisten heutigen Migranten suchen nicht das System. Sie suchen aus ihrem zu fliehen, weil sie dort bettelarm sind. Und bringen es dabei mit. Es ist ein erheblicher Unterschied ob jemand kommt, weil er sein will "wie die Deutschen" oder ob er kommt, weil er zuhause verhungert.
Zitat Die bleibt uns jetzt wenigstens erspart, wir müssen nicht auch noch die Bürgersteige in Aleppo und Homs vergolden.
Dann frag aber nicht wieviele Auslandsüberweisungen auf innerdeutschem Sozialgeld beruhen.....
Zitat Aber es ist einfach verlogen, nur wegen Blutsverwandtschaft die Augen vor den finanziellen und kulturellen Folgen zu verschließen.
Unabhängig davon das wir das gleich sehen, finde ich diese Form von Ignoranz auch etwas unehrlich. Westdeutschland hat seinen Wohlstand nicht zuletzt den Amis zu verdanken, die nach dem Krieg eben nicht den von unseren "Freunden" favorisierten Morgentauplan umsetzten, sondern Deutschland bewusst förderten und halfen aufzubauen. Das ist ja nichts dessen man sich schämen müsste und wofür "wir" den Amis auch dankbar sein sollten (ich bins jedendfalls). Genauso wäre es auch schön mal zu sehen, dass der "Aufbau Ost" aus dem Westen finanziert wurde. Aber da steht, so glaube ich zumindest oft zu erkennen, eine Form von Minderwertigkeitskomplex im Weg. Es erscheint besser sich aus historischem Zwang als berechtigt zu betrachten als einfach anzuerkennen, dass man seinen Status auf der Lebensleistung anderer aufgebaut hat.
Zitat Bist du denn sicher, dass die BRD ihren Weg aus freien Stücken gegangen ist? Wir hatten mit Adenauer und Co. einfach verdammtes Schwein.
Wenn ich bechmessern darf: Wir hatten mit den Amis verdammtes Schwein. Adenauer war nur eine Folge davon, genauso wie Ulbricht eine Folge der Russen.
Zitat von Llarian im Beitrag #109[Ich glaube das ist so nicht ganz richtig. Ich denke schon, das die meisten DDR Bürger erst einmal einfach einen höheren Lebensstandard wollten und das mit Demokratie, Menschenrechten und Freiheit tatsächlich eher sekundär war (vor der Moral kam schon immer das Fressen). Aber nicht unbedingt deshalb in die soziale Hängematte wollten. Haben die ja auch nicht gemacht. Da wurde schon massiv aufgebaut. Und das ist ja auch gelungen. Der Osten könnte heute ohne Subventionen sehr gut existieren. Für die heutigen "Neudeutschen" gehe ich mit Dir eine Wette ein, werden auch in 30 Jahren noch im Wesentlichen am Sozialstaat hängen. Da ist schon ein gewaltiger Unterschied.
Der Osten hat nach 30 Jahren ungefähr 70% Pro-Kopf-BIP des Westens, und da sind so Top-Performer wie Schleswig-Holstein und Saarland schon eingerechnet. Die fünf Flächenländer im Osten sind schön eingereiht am Ende der Tabelle.
Zitat Die DDR Bürger wollten vor allem in ein besseres System. Um damit sich selbst einen besseren Lebensstandard erarbeiten zu können. D.h. sie wollten Bundesbürger werden, weil das System überzeugender war. Die meisten heutigen Migranten suchen nicht das System. Sie suchen aus ihrem zu fliehen, weil sie dort bettelarm sind. Und bringen es dabei mit. Es ist ein erheblicher Unterschied ob jemand kommt, weil er sein will "wie die Deutschen" oder ob er kommt, weil er zuhause verhungert.
Aber viele hatten genau so unrealistische Illusionen, die dann bei einem nicht unwesentlichen Teil in Frust und Systemablehnung umgekippt sind. Alle haben das Ergebnis gesehen, aber viele nicht die Implikationen, die ein freiheitliches System mit sich bringt, um dieses Ergebnis zu erzielen. Vor allem die Risiken der ökonomischen Eigenverantwortung. Natürlich wollten sie nicht primär die Hängematte, die hatten sie ja (wenn auch eine äußerst karge und unbequeme). Aber an der Umstellung von Hängematte auf Achterbahn sind eben viele gescheitert. Und die trauern jetzt der Sicherheit hinterher.
Zitat Dann frag aber nicht wieviele Auslandsüberweisungen auf innerdeutschem Sozialgeld beruhen.....
Das ist schwer einzuschätzen, die AfD hat das mal angefragt, aber da nur die Gesamtmenge erfasst wird, kann man nicht daraus schließen, wieviel davon aus erarbeitetem Einkommen und wieviel aus staatlichen Leistungen kommt. Ist auf jeden Fall günstiger als Familiennachzug .
Zitat Unabhängig davon das wir das gleich sehen, finde ich diese Form von Ignoranz auch etwas unehrlich. Westdeutschland hat seinen Wohlstand nicht zuletzt den Amis zu verdanken, die nach dem Krieg eben nicht den von unseren "Freunden" favorisierten Morgentauplan umsetzten, sondern Deutschland bewusst förderten und halfen aufzubauen. Das ist ja nichts dessen man sich schämen müsste und wofür "wir" den Amis auch dankbar sein sollten (ich bins jedendfalls). Genauso wäre es auch schön mal zu sehen, dass der "Aufbau Ost" aus dem Westen finanziert wurde. Aber da steht, so glaube ich zumindest oft zu erkennen, eine Form von Minderwertigkeitskomplex im Weg. Es erscheint besser sich aus historischem Zwang als berechtigt zu betrachten als einfach anzuerkennen, dass man seinen Status auf der Lebensleistung anderer aufgebaut hat.
Unabhängig davon, dass wie das gleich sehen, ist der Morgenthauplan eine der wenigen Propagandalügen der Nazis, die den Krieg überdauert haben:
Zitat Das Memorandum wurde im August 1944 im US-Finanzministerium erstellt und durch eine Indiskretion am 21. September 1944 in den USA veröffentlicht. US-Präsident Franklin D. Roosevelt verwarf den Entwurf nach einigen Wochen; er gelangte nie in ein konkretes Planungsstadium und war nie zur politischen Realisierung vorgesehen. (...) Die nationalsozialistische Propaganda unter Leitung von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels benutzte den Morgenthau-Entwurf nach seinem Bekanntwerden ab September 1944 zur Verteufelung des amerikanischen Gegners. Anfang Oktober 1944 berichtete der Völkische Beobachter, die amerikanischen Pläne liefen darauf hinaus, 30 Millionen Deutsche dem Hungertod preiszugeben. (...) Dass Morgenthaus Entwurf trotz seiner realpolitischen Irrelevanz in dieser verzerrten Form gedeutet und weiter überliefert wurde, führen Historiker auf die Funktion der Entlastung von der notwendigen Auseinandersetzung mit und Verantwortung für die Folgen der NS-Zeit zurück. Der Entwurf eignete sich dazu, den Alliierten mindestens als Absicht jene Art von Verbrechen zu unterstellen, die Deutschland unter dem NS-Regime vollzogen hatte.
Was die Dankbarkeit angeht, sind wir uns völlig einig.
Zitat
Zitat Bist du denn sicher, dass die BRD ihren Weg aus freien Stücken gegangen ist? Wir hatten mit Adenauer und Co. einfach verdammtes Schwein.
Wenn ich bechmessern darf: Wir hatten mit den Amis verdammtes Schwein. Adenauer war nur eine Folge davon, genauso wie Ulbricht eine Folge der Russen.
Doch, auch mit Adenauer. Nehmen wir mal an, Adenauer hätte die berühmte Stimme Mehrheit nicht gehabt, und Kurt Schumacher hätte regiert:
Zitat Schumacher profilierte sich im Bundestag als scharfer Gegner der Politik der Westeinbindung von Konrad Adenauer. Er sah hierin die Gefährdung einer baldigen Wiedervereinigung. Im Zuge der Auseinandersetzungen um das Petersberger Abkommen bezeichnete er Adenauer in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1949 als den „Bundeskanzler der Alliierten“, woraufhin er für 20 Sitzungstage aus dem Bundestag ausgeschlossen wurde. Doch schon in der darauf folgenden Sitzung, am 2. Dezember 1949, wurde der Sitzungsausschluss im Nachgang zu einer Aussprache zwischen Adenauer und Schumacher aufgehoben. Ähnlich scharfe Worte fand Schumacher 1952 in der Diskussion um den Deutschlandvertrag, der eine Wiederbewaffnung bei gleichzeitigen Souveränitätsgewinnen der Bundesrepublik brachte und eine Wiedervereinigung auf lange Zeit unmöglich zu machen schien. Wer diesem Vertrag zustimme, polterte er, „hört auf, ein Deutscher zu sein“.
Zitat Auf dem Höhepunkt der sich zuspitzenden Situation beschimpft Oppositionsführer Kurt Schumacher in einem Zwischenruf Konrad Adenauer als "Bundeskanzler der Alliierten". Der deutsche Kanzler als Erfüllungshilfe der Sieger? (...) Schumacher geht vom vermeintlichen Recht der Bundesrepublik aus, die nationalen Interessen ohne Rücksicht auf die westlichen Alliierten zu vertreten: nationale Selbstbehauptung und Selbstbestimmung statt Zugeständnisse an die Alliierten und "Ausverkauf nationaler Interessen". Der Ruf als leidenschaftlicher Preuße und hemmungsloser Nationalist festigt sich.
Möchte man nicht glauben, wenn man die heutige SPD anschaut. Aber wie auch immer, die Amis haben zwar die Hand ausgestreckt für die Westbindung, aber es brauchte Adenauer, um sie zu ergreifen. Schumacher hätte sie weggeschlagen.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #102Wann soll das denn bestanden haben und welches Territorium umfasste es?
Im Prinzip seit der Krönung Heinrich I. im Jahr 918. Bis dahin gilt das Ostfrankenreich noch als Teil des karolingischen Gesamtreichs, danach wird zwar der Name noch eine Weile verwendet, de facto ist es aber ein eigenständiges Königreich und wird auch bald als Regnum Teutonicorum bezeichnet. Es umfaßte ziemlich genau alle Regionen, in denen deutsche Dialekte (incl. des späteren niederländisch) gesprochen wurden.
Zitat Sofern ich das überblicke, taucht der Titel des deutschen Königs unter Maximilian I. zum ersten Mal offiziell auf ("Rex in Germania").
Nein, Titel und Amt des deutschen Königs sind schon lange vorher etabliert, eine gute Quelle dazu ist der Sachsenspiegel. Dieses deutsche Königreich ist nicht identisch mit dem HRR, sondern dessen größter und dominierender Teilbereich. Die anderen Teile des HRR sind die Königreiche Burgund und Italien.
Zitat wie willst Du daraus irgendeine Folge ableiten, welche Gebiete und Bevölkerungsteile 1815, 1848, 1871, 1919, 1938, 1945, 1955 oder 1990 eine deutsche Nation bilden?
Es gibt da von Anfang an eine sehr klare Kontinuität. Das deutsche Reich ist anfangs weitgehend (bis auf einige Gebiete im Westen) deckungsgleich mit den Siedlungsgebieten der deutschen Stämme. Durch die Ostkolonisation kommen Gebiete dazu, die auch mehrheitlich von Deutschen besiedelt sind. Die deutsch beherrschten Gebiete im Baltikum kommen dagegen nicht dazu (obwohl es Versuche gab), weil sie mehrheitlich nicht deutsch sind. Daß die Niederländer und Schweizer ab 1648 eigenständig werden ändert am deutschen Charakter des Reststaats nichts, entsprechend wird auch der deutsche Bund 1815 so konstruiert, daß die nicht-deutschen Gebiete Preußens und Österreichs ausgeschlossen bleiben.
Ein weltgeschichtlich interessanter Sonderfall ist Böhmen. Das ist nicht etwa, wie sonst machtgeschichtlich üblich, von den Deutsche erobert und einverleibt worden. Sondern die Böhmen wollten zum deutschen Reich gehören und haben sich mit Penetranz und Konsequenz über einige Generationen hinweg hineingedrängt. Durchaus gegen deutschen Widerstand. Noch im Sachsenspiegel heißt es klar, daß der böhmische König NICHT bei der Königswahl stimmberechtigt sei, weil er "kein deutscher Mann ist". Was den nationalen Charakter des Königreichs belegt. Er hat es dann später doch geschafft, weil er mächtig genug und diplomatisch geschickt war. Das ist aber eine echte Anomalie, wurde schon damals als exotische Ausnahme betrachtet und entspricht nicht dem üblichen nationalen Muster der europäischen Königreiche.
Zitat von Publius im Beitrag #103Ich habe als Beispiel schon die BRD und DDR erwähnt, ...
Das geht nicht. Wenn wir diskutieren, ob 40 Jahre für eine Nationbildung der DDR gereicht haben, dann braucht man natürlich historische Beispiele, die NICHT DDR heißen.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #106Die wenigsten Gebietsabtretungen werden von den Beteiligten gewünscht, ...
Wir reden hier aber nicht über eine Gebietsabtretung an einen Siegerstaat, sondern an eine Spaltung. Und für die Bildung eines eigenständigen Nationalbewußtseins ist es schon relevant, daß die Bildung des Landes gegen den Willen der Bevölkerung erfolgte.
Zitat Na gut, die Slowaken waren im Kaiserreich ein fremdbeherrschtes ungarisches Kronland und die Tschechen waren auch nicht gerade privilegiert.
Und beide hatten völlig unterschiedliche Sichtweisen. Die Tschechen waren ja die Vorreiter der panslawistischen Idee mit dem panslawischen Kongreß 1848 in Prag als Startpunkt und dem Ansatz, die Slawen gegen den gemeinsamen Feind Deutschland zu vereinigen. Worauf sie erstaunt feststellen mußten, daß niemand sich dieser Position anschloß - alle übrigen slawischen Nationen sahen die Deutschen als wesentlichen Verbündeten gegen den "eigentlichen" Feind Rußland (Polen), Ungarn (Slowaken und Kroaten) und Italien (Slowenen). Die staatliche Einheit war im wesentlichen eine tschechische Idee (und die tschechische Vorherrschaft wurde vorausgesetzt), die Slowaken wollten eine kulturelle Gemeinsamkeit der Slawen, aber staatliche Eigenständigkeit. Auch bei den diversen Reformplänen innerhalb der Habsburger Monarchie war eine Zusammenlegung von Tschechen und Slowaken geplant, das konnten die Tschechen 1918 durchsetzen, weil sie stärker und bei den Alliierten präsenter waren.
Zitat Welche belgische Nation hat es denn vor 1830 gegeben?
Nur die Bezeichnung "Belgien" war 1830 neu. Aber vorher gab es da eine historische Kontinuität der spanischen/österreichischen Niederlande, das war eine sehr eigenständige Region im bewußten Gegensatz zu den Niederlanden und zu Frankreich.
Zitat Dass es in der Regel historisch zufällig ist, ob eine Sprach- oder Kulturgemeinschaft sich zu einem Territorialstaat zusammenschließt oder nicht.
So zufällig nicht. Die meisten europäischen Staaten haben einen historisch lang zurückreichenden nationalen Kern. Es gibt die durch historische Zufälle entstandenen Abweichungen (z. B. daß Südschottland nicht zu England gehört, diverse deutsche Abspaltungen oder die heutige staatliche Konstruktion der iberischen Dialektgruppen). Aber das doch eher Ausnahmen (meist auch immer noch umstritten), die Regel ist davon unberührt.
Zitat Denn es gibt eine normative Kraft des Faktischen.
Richtig. Siehe Belgien - die sind nicht als Sprach- und Kulturgemeinschaft entstanden, sondern durch eine dynastische Zufälligkeit.
Zitat Einigen wir uns darauf, dass es VIELLEICHT Deine Auffassung ist:
Mein Fehler, ich hatte nur "Gründung" gelesen. Und die Reichsgründung von 1871 halte ich zwar für richtig und gut, aber beim Titel "nationaler Höhepunkt" gibt es da starke Konkurrenz. Daß die anschließenden Gründerjahre wohl unbestritten extrem erfolgreich verliefen gehört nicht wirklich in diese Diskussion.
Zitat von Llarian im Beitrag #107Also solche wie "Im historischen Maßstab sind die 40 Jahre Trennung auch ziemlich irrelevant angesichts des in vielen Jahrhunderten und Generationen gewachsenen Zusammenhalts." ? Das ist ein rein emotionales Argument bar jedes Sachinhaltes.
Nein. Ein solcher lange gewachsener Zusammenhalt besteht aus weit mehr als nur Emotionen. Da gibt es gemeinsame Regeln, gemeinsame Gewohnheiten, Institutionen, wirtschaftliche Verflechtungen, etc.
Zitat Die Bonner Republik war gerade die geerdete, die keine Extreme neben sich notwendig machte ...
Nur in der sonnigen Nachbeschau. Es gab da diverse extreme Parteien in den Parlamenten, weitere konnten nur durch Parteiverbote abgewehrt werden. Die Wahlbeteiligungen waren hoch, weil die traditionellen Milieus noch da waren - nicht wegen der Geographie der Hauptstadt.
Zitat Diskutieren kann ich viel.
Ist ok, dann formuliere ich direkt meine Meinung: Das "Raumschiff Bonn" WAR ein Problem. Die Bundespolitiker verkehrten nur in ihrer eigenen Clique und bekamen von der restlichen Gesellschaft fast nichts mit. In anderen Ländern ist es üblich, daß sich bei den gesellschaftlichen Anlässen der Hauptstadt Vertreter aller möglichen Bereiche mit der Politik mischen - das war und ist in Deutschland kaum der Fall.
Zitat Das müsste es auch heute nicht ...
Wir haben wieder die volle Souveränität, wir müssen entscheiden. Natürlich könnten wir uns die Entscheidungen wie früher von Washington vorgeben lassen - aber das wäre dann auch unsere Entscheidung.
Zitat Die Strukturen mit denen Du einen Vorteil(!) für Berlin implizieren willst, existierten in Bonn bereits.
Ich habe nicht behauptet, daß Berlin bei den Baustrukturen einen Vorteil hatte. Selbstverständlich hatte Bonn die auch. Es war das Bonner Argument zu behaupten, man hätte die Wahl zwischen einer vorhandenen Struktur und einem Neuanfang. De facto war es aber die Wahl zwischen zwei voll ausgebauten Standorten.
Zitat Es gibt ja keinen Grund in eine Hauptstadt zu reisen, so lange man keinen Kontakt mit der Politik braucht.
Natürlich. Es gibt aber viele Leute, die genau diesen Grund haben.
Zitat Es hat ja funktioniert.
Aber schlecht. Die Klage über die mangelhaften Flugverbindungen war damals Konsens in der Bonner Politik.
Zitat Und es funktioniert auch in diversen anderen Hauptstädten der Welt.
In keinem von annähernd der Größe Deutschlands.
Zitat ... aber es ist nichts anderes als eine Subvention.
Nein. Wenn ein Staat eine Einrichtung mit Arbeitsplätzen und anderen positiven Effekten an einem Standort ansiedelt, dann ist das gut für diesen Standort, aber keine Subvention. Denn die Einrichtung wird ja gebraucht, wird für die Erzielung von Ergebnissen finanziert und irgendeinen Standort braucht sie halt. Es ist absolut sinnvolle Strukturpolitik wenn ein Staat seine Einrichtungen bevorzugt dort ansiedelt, wo die Arbeitsplätze und anderen Effekte am meisten gebraucht werden.
Zitat Und was für ein Armutszeugnis ist es für Berlin, wenn es ohne die Subvention des Regierungssitzes nicht funktionsfähig ist.
Kann man so sehen, war aber im wesentlichen Folge der von den Berlinern nicht zu verantwortenden Teilung und Insellage.
Zitat Wie machen das eigentlich ganz andere Metropolen, die mehr als fünfmal größer sind und trotzdem keine Regierung haben?
Die haben gewachsene wirtschaftliche Strukturen. Die Berlin ja vor dem Krieg auch hatte - damals hätte man die Regierung problemlos verlegen können. Aber nach 40 Jahre Insel waren die wirtschaftlichen Strukturen so entkernt, daß ein Entzug der Hauptstadtfunktion der Stadt den Rest gegeben hätte.
Zitat von R.A. im Beitrag #92 40 Jahre sind viel zu wenig um eine Nation auszubilden. Da braucht es schon einige Generationen.
Werter R.A., jetzt bin ich verwirrt. Das könnte so von Höcke stammen. Was genau ist denn Ihr Standpunkt? Die Wiedervereinigung war richtig, weil ein Volk nun mal unter ein gemeinsames Dach gehört, aber Migration ist auch richtig, weil man es mit dem Volk und so nicht übertreiben sollte?
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
Zitat von Llarian im Beitrag #108Personen des mehr oder minder öffentliche Lebens, die durch eine einzelne Aussage ihrer beruflichen Existenz beraubt wurden.
Mir fallen jetzt nur die Leute ein, die in Medien (Herrmann) oder Politik (Hohmann) tätig waren und wo die inkriminierten Äußerungen eben direkt mit den Vorstellungen ihres Arbeitgebers kollidierten.
Zitat deren Kinder(!) von der Schule geworfen werden
Eine Privatschule. Die dürfen ihre Schüler auch nach obskuren Kriterien aussuchen, tun sie auch schon immer, das ist keine Freiheitseinschränkung.
Zitat Wir haben einen Nobelpreisträger ...
Kein deutsches Beispiel, hat also bestimmt nichts mit den Folgen der Wiedervereinigung zu tun.
Zitat Nenn mir drei Beispiele von Menschen, die vor 20 oder 30 Jahren ruiniert wurden durch einen Satz, den sie gesagt haben!
Dann brauchen wir erst einmal Beispiele von Menschen, die einen entsprechenden Satz gesagt haben. Wie schon gesagt: Wer sich nicht bewegt, spürt nicht seine Ketten.
Zitat als heute ein Witz über eine "anerkannte" Minderheit ihn kosten würde.
Was kostet der denn heute? AKK hat den erhofften shitstorm bekommen und kann sich damit bei der CDU profilieren, obwohl sie inhaltlich den Merkel-Klon macht. Läuft für sie.
Zitat Und all das zusammen wiegt nicht eine ENEV auf.
Das sehe ich überhaupt nicht so. Alleine die durch Liberalisierung möglich gemachte Ausweitung der Telekommunikation ist mir viel wichtiger als der Verzicht auf Isolierung beim Hausbau.
Zitat Alleine das Internet gibt uns Freiheiten, die es vor 30 Jahren nie gab.
Eben. Und wenn ich feststelle, daß wir heute mehr Freiheiten haben als vor 30 Jahren, dann kann sich das natürlich nur auf die Gesamtbilanz beziehen. Man kann nicht sortieren nach dem Motto: Alles was heute besser ist hat allgemeine Ursachen und alles was heute schlechter ist ist Schuld von Wiedervereinigung und Berlinumzug.
Zitat DEINE Kinder können das. Die allermeisten betrifft das nicht.
Die Hälfte eines Jahrgangs studiert und kann Erasmus nutzen. Und von den übrigen haben und nutzen auch sehr viele Auslandsmöglichkeiten, die früher viel eingeschränkter waren.
Zitat Aber die Kinder von Hans Dampf spielen in einer Mietwohnung, weil sich die Eltern keinen Hausbau mehr leisten können.
Das hatten wir schon in einer anderen Diskussion. Es ist ein Mythos, daß Hans Dampf (wenn das ein Niedrigverdiener sein soll) sich vor 40 Jahren ein Haus bauen konnte, nicht umsonst haben wir nur die Hälfte der Deutschen als Eigenheimbesitzer. Und umgekehrt können sich die Schichten, die damals gebaut haben, auch heute noch ein Häuschen leisten - wie früher nicht unbedingt in der gewünschten Wohnlage.
Zitat von R.A. im Beitrag #86 ...Zweitens hat sich halt - wie üblich bei historischer Entwicklung - verschoben, was zu sagen üblich ist und was als anstößig gilt.
Werter R.A., da stimme ich Ihnen sogar zu. Ohne wenn und aber: Anstand und Sitte sind Zeitabhängig, also Mode.
Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch: es GIBT so etwas wie Anstand und Sitte. Und das wird von einer nicht kleinen Gruppe in Deutschland gerade wegdiskutiert. Ich will das jetzt nicht zu Tode diskutieren, aber es wäre schon mal ein Anfang, wenn Politik, Medien sowie Kunst und Kultur wieder in der Realität ankommen würden, dass a) Anarchie KEINE Sonderform von "Anstand und Sitte" sind, sondern eben das Fehlen von solcher UND b) dass der Wechsel von "Anstand und Sitte prä 2015" auf "Anstand und Sitte post 2015" [oder um den Bogen zu behalten der Wechsel von "Anstand und Sitte prä 1990" auf "Anstand und Sitte post 1990"] für viele Menschen eine Verschlechterung beinhaltet. Es wird von den selbsternannten "Progressiven" immer so getan, als ob eine Transformation im Sinne der links-autoritären Politik "für alle" nur besser sein könne und wer sich beschwert, der würde nur zeigen, zur "Fraktion der Ewig-gestrigen" zu gehören.
Zitat von R.A. im Beitrag #86 ... Die Auswahl an Produkten und an Handlungsoptionen ist größer. Ich kann freier reisen und leichter an Waren und Dienstleistungen kommen, die es früher gar nicht gab oder die nur sehr schwer zu kriegen waren. Wenn ich alleine daran zurückdenke wie kompliziert und teuer es war, an gewisse US-Produkte zu kommen. Da verzichte ich gerne auf leichteren Zugang zu Explosivstoffen - dafür sind Paint Ball und Lasertag inzwischen legal. Und für unsere Kinder gilt das noch mehr. Die machen mit einer Leichtigkeit Auslandssemester, wo wir vielleicht mal ein Wochenende Camping im Schwarzwald gemacht haben. Sie haben mehr berufliche Optionen, können sich einen besseren Wohlstand leisten und haben mehr persönliche Entfaltungsmöglichkeiten.
Das klingt sehr nach China: (Moderate) Freiheit in ökonomischen Themen und eine hervorragende Versorgung mit Konsumgütern ersetzen gesellschaftliche Freiheit und eine liberale Politik. Und das meinen die Chinesen sogar (weitgehend) ernst: für die ist Demokratie und Liberalismus eine geistige Verwirrung dekadenter Schwächlinge, deren historische Funktion nur darin bestehen kann, von starken Kulturen wie China geschluckt zu werden.
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Zitat von Frank2000 im Beitrag #115Das könnte so von Höcke stammen.
Ich richte eigentlich meine Aussagen nie daran aus, ob auch Höcke oder sonstwer sie tätigen könnte. Angeblich soll der ja auch regelmäßig "Guten Tag" sagen.
Zitat Die Wiedervereinigung war richtig, weil ein Volk nun mal unter ein gemeinsames Dach gehört
Jein. "gehört" klingt nach einer allgemein gültigen Zwangsläufigkeit, die würde ich nicht behaupten. Denn es gibt einerseits ob Schwierigkeiten, ein Volk genau abzugrenzen. Und andererseits oft Fälle, wo gemischte Besiedlung das Prinzip "ein Dach pro Volk" verhindert. Ich sehe in vielen Fällen auch große Vorteile, wenn sich mehrere Völker ein Dach teilen. Aber umgekehrt - und da paßt die Aussage - sehe ich keinen Sinn darin, ein Volk auf mehrere Dächer zu verteilen. Insofern war die Wiedervereinigung richtig, weil da ein Volk da war, dem man künstlich Trennung aufgezwungen hatte.
Zitat aber Migration ist auch richtig, weil man es mit dem Volk und so nicht übertreiben sollte?
Migration kann richtig sein, wenn beide Seiten es wollen. Was in der Regel bedeutet, daß der Migrant sich dem Volk anschließt und sich dort integriert. Was also nicht bedeutet, das mit dem Volk zu übertreiben (Übertreibungen sind eigentlich per se falsch), sondern ganz normal weiterzumachen.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #117es GIBT so etwas wie Anstand und Sitte.
Selbstverständlich. Die halte ich auch für sehr wichtig.
Zitat Und das wird von einer nicht kleinen Gruppe in Deutschland gerade wegdiskutiert.
Eigentlich nicht. Im Gegenteil haben die m.E. viel rigidere Ansichten über Anstand und Sitte und wollen die mit Zwang durchsetzen, wo ich auf freiwilliges anständiges Verhalten hoffe. Nur: Inhaltlich sind das natürlich ganz andere Vorstellungen, was denn Anstand und Sitte sein sollten.
Zitat a) Anarchie KEINE Sonderform von "Anstand und Sitte" sind, sondern eben das Fehlen von solcher
Die PC-Fetischisten wollen KEINE Anarchie. Anarchie würde ja bedeuten, daß sich jeder nach Belieben benehmen könnte. Sondern die wollen im Gegenteil strengste Regelbefolgung. Und zwar Befolgung der von ihnen neu erfundenen Regeln.
Zitat Das klingt sehr nach China: (Moderate) Freiheit in ökonomischen Themen und eine hervorragende Versorgung mit Konsumgütern ersetzen gesellschaftliche Freiheit und eine liberale Politik.
Nein, mehr Wahlfreiheit bei Gütern, Dienstleistungen und Reisen sind zusätzliche Aspekte. Die persönlichen Freiheiten halte ich weiterhin für zentral und die sind nicht à la China ersetzbar.
Zitat von Publius im Beitrag #103Ich habe als Beispiel schon die BRD und DDR erwähnt, ...
Das geht nicht. Wenn wir diskutieren, ob 40 Jahre für eine Nationbildung der DDR gereicht haben, dann braucht man natürlich historische Beispiele, die NICHT DDR heißen.
Also, wenn ich Sie richtig verstehe, reicht das Beispiel, dass die BRD und DDR sich in 40 Jahren zu zwei unterschiedliche Nationen entwickelt haben, nicht als Beleg für deren Bildung zu Nationen aus?! Naja… .
Dann gebe ich mal die USA als Beispiel an, wobei es egal ist, ob man die Zeit von 1776-1816 oder 1789-1829 nimmt. Natürlich war der Beginn nicht ohne Probleme, das zeigt z.B. auch, dass die US-Verfassung ein Kompromiss zwischen Nord und Süd sowie große und kleine Staaten war. Dass die Einwohner dieses neu geschaffenen Staates sich aber nicht nur als Bürger ihres Einzelstaates, sondern auch als Amerikaner sahen, dürfte spätestens nach Ende des Britisch-Amerikanischen Krieges 1815 deutlich geworden sein, als sich daraufhin die britenfreundliche Föderalistische Partei allmählich begann sich aufzulösen. Der Sieg des Republikaners (nicht zu verwechseln mit der heutigen Republikanischen Partei!) James Monroe bei der Präsidentschaftswahl 1816 war schon erdrutschartig, vier Jahre später 1820 war er bis heute der einzigste Kandidat ohne Gegenkandidat. Monroes Präsidentschaft (er besuchte auch während seiner Amtszeit weite Landesteile der USA) wird auch als „Era of Good Feelings“ bezeichnet, es war eine Zeit der nationalen Aufbruchstimmung.
Man kann die Unterschiede zwischen Nord- und Südstaaten als Gegenargument einbringen, und in der Tat gab es politisch, wirtschaftlich und kulturell zwischen ihnen große Unterschiede. Aber ich nehme mal als Beispiel den Ausgang der „Nullifikationskrise“, die 1833 endete (geht zwar über 1829 hinaus, aber sind nur 4 Jahre, auch Deutschland war streng genommen 45 Jahre getrennt): Der Südstaat South Carolina erklärte ein 1828 verabschiedetes Zollgesetz unter Präsident Adams (auch als „Zoll der Abscheulichkeiten“ bekannt) als nicht verfassungsgemäß und daher für null und nichtig. Auch weitere Südstaaten schlossen sich der Verurteilung des Zolls an. Dieser Streit dauerte bis 1833 (auch ein weiteres im Jahre 1832 verabschiedetes Zollgesetz erkannte South Carolina nicht an und drohte sogar bei Gewaltanwendung des Bundes mit dem Austritt aus der Union) unter der Präsidentschaft Jacksons an, bis der Kongress ein Kompromiss-Zollgesetz verabschiedete. Weil die Südstaaten diesen Kompromiss annahmen und South Carolina isoliert dastand, lenkte der Staat ein und hob die Nullifikationserklärung auf. Die Kompromissfähigkeit des Südens dürfte auch zeigen, dass sich die Amerikaner zu dem Zeitpunkt schon als eine Nation wahrgenommen haben.
Zitat von R.A. im Beitrag #118Aber umgekehrt - und da paßt die Aussage - sehe ich keinen Sinn darin, ein Volk auf mehrere Dächer zu verteilen. Insofern war die Wiedervereinigung richtig, weil da ein Volk da war, dem man künstlich Trennung aufgezwungen hatte.
Wie gesagt, meiner Ansicht nach waren 1990 West- und Ostdeutsche nicht "ein Volk". Und das zählt, nicht was in der Vergangenheit war. Daher kann eine weitere Trennung schon Sinn machen.
Zitat von R.A. im Beitrag #118Aber umgekehrt - und da paßt die Aussage - sehe ich keinen Sinn darin, ein Volk auf mehrere Dächer zu verteilen. Insofern war die Wiedervereinigung richtig, weil da ein Volk da war, dem man künstlich Trennung aufgezwungen hatte.
Wie gesagt, meiner Ansicht nach waren 1990 West- und Ostdeutsche nicht "ein Volk". Und das zählt, nicht was in der Vergangenheit war. Daher kann eine weitere Trennung schon Sinn machen.
Gruß
Publius
Nur zählt nicht Ihre Ansicht, sondern die der Mehrheit. Und deren Ansicht war 1990 in beiden Teilen Deutschlands die, dass wir "ein Volk" sind. Sinn in einer weiteren Trennung konnten damals nur die SED und die westdeutschen Sozialisten erkennen. Und nun 30 Jahre später können das anscheinend auch vorgeblich Liberale, wie diese Diskussion hier zeigt. Ein seltsames "Hätte- Hätte- Fahrradkette", das die Wiedervereinigung für unliebsame gesellschaftlich-politische Entwicklungen verantwortlich machen möchte, die sich europaweit und in der gesamten westlichen Welt vollziehen.
Liberal ist unter anderem, dass kein Kollektiv aufgemacht wird. "Wir sind Borg" ist eher links verbreitet; hier wurden Einzelmeinungen kundgetan. ;-)
Wenn es Ihnen zu mühsam ist nachzuhalten, wer was gesagt hat, dann kann ich das verstehen. Mir geht es nämlich so. Deswegen ist für mich weniger wichtig, wer was gesagt hat, sondern was gesagt wird. Ich kann über Anregungen nachdenken, übernehmen oder verwerfen.
Und auch ihr Argument ist interessant, weicht aber komplett von der klassischen Volksbildungstheorie ab. Für Sie gehören die zum Volk, die sich als zusammengehörend empfinden - unabhängig davon, wie weit die Gemeinsamkeiten gehen?
In der klassischen Theorie werden zuerst die Gemeinsamkeiten betont - nötigenfalls auch ohne das Gefühl der Zusammengehörigkeit.
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Zitat von HR2 im Beitrag #122Nur zählt nicht Ihre Ansicht, sondern die der Mehrheit. Und deren Ansicht war 1990 in beiden Teilen Deutschlands die, dass wir "ein Volk" sind.
Ich glaube ebenfalls, dass die Mehrheit der West- und Ostdeutschen die Wiedervereinigung 1990 befürwortet haben. Dafür könnte auch der deutliche Wahlsieg der Kohl-Regierung desselben Jahres sprechen. Mich würde aber interessieren, wie hoch die Zustimmung in beiden Staaten zur Vereinigung waren, leider sind mir keine Zahlen bekannt. Angesichts der starken Euphorie, die damals im Osten geherrscht hat, vermute ich dass die Zustimmung dort prozentual höher war als im Westen.
Zitat Sinn in einer weiteren Trennung konnten damals nur die SED und die westdeutschen Sozialisten erkennen.
Nein, definitiv nicht! Aus meinem Umfeld und Bekanntenkreis gab es durchaus auch CDU- und FDP-Wähler, welche die Einheit damals ablehnten (und das ich selber nicht die geringsten Sympathien für den Sozialismus und überhaupt für totalitäre Ideologien habe, können Sie mir ruhig glauben; der Sturz der kommunistischen Herrschaft im Osten war für mich ein positives Ereignis, was mit der Frage der Wiedervereinigung erstmal nichts zu tun hat).
Zitat Und nun 30 Jahre später können das anscheinend auch vorgeblich Liberale, wie diese Diskussion hier zeigt.
Sie sehen, dass auch Liberale, wie z.B. beim Thema der deutschen Wiedervereinigung, unterschiedlicher Meinung sein können.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #110 Der Osten hat nach 30 Jahren ungefähr 70% Pro-Kopf-BIP des Westens, und da sind so Top-Performer wie Schleswig-Holstein und Saarland schon eingerechnet. Die fünf Flächenländer im Osten sind schön eingereiht am Ende der Tabelle.
Und stehen damit besser da als mehr als 95% der restlichen Welt mit einer realen Vervielfachung des Ergebnisses in 30 Jahren. Das ist doch gar nicht mal schlecht. Im Osten funktioniert eine ganze Menge. Ich habe beruflich durchaus ab und zu mit Produkten aus "dem Osten" zu tun, die sind qualitativ hervorragend und die Leute mit denen ich zu tun hatte, tiptop.
Zitat Aber viele hatten genau so unrealistische Illusionen, die dann bei einem nicht unwesentlichen Teil in Frust und Systemablehnung umgekippt sind. Alle haben das Ergebnis gesehen, aber viele nicht die Implikationen, die ein freiheitliches System mit sich bringt, um dieses Ergebnis zu erzielen. Vor allem die Risiken der ökonomischen Eigenverantwortung. Natürlich wollten sie nicht primär die Hängematte, die hatten sie ja (wenn auch eine äußerst karge und unbequeme). Aber an der Umstellung von Hängematte auf Achterbahn sind eben viele gescheitert. Und die trauern jetzt der Sicherheit hinterher.
Ich glaube da ist ein Unterschied zwischen unrealistisch und unrealistisch. Da der Riss auch durch meine Familie gegangen ist, weiß ich durchaus das (auch vor dem Zusammebruch der DDR) teilweise sehr absurde Vorstellungen geherrscht haben, wie leicht man im Westen Geld verdienen könne. Aber den Leuten war schon klar, dass man für Geld auch arbeiten muss. Und das man nicht sein Leben damit verbringen sollte von anderen finanziert zu werden. Natürlich tut die Realität immer weh, wenn man sich was anderes vorgestellt hat, aber die Vorstellungen der DDR-Bürger haben eine deutlich kleinere Lücke gehabt, als die "Neudeutschen" sie heute mitbringen. Simples Beispiel: Der Durchschnitt der neuen Länder ist deutlich höher gebildet und hat auch eine deutlich geringere Sozialquote als die "Zuwanderer" der ersten bis dritten(!) Generation.
Zitat Unabhängig davon, dass wie das gleich sehen, ist der Morgenthauplan eine der wenigen Propagandalügen der Nazis, die den Krieg überdauert haben:
Das widerlegt mich jetzt nicht. Das die Amis den Morgenthau nicht durchführen wollten, habe ich ja selbst geschrieben. Das galt aber, zumindest ist das mir so überliefert, nicht unbedingt für unsere heute so groß verbündeten Nachbarn. Meines Wissens war Frankreich durchaus ein großer Anhänger solcher Ideen und wich da so ein bischen von amerikanischen Vorstellungen ab.
Zitat Doch, auch mit Adenauer. Nehmen wir mal an, Adenauer hätte die berühmte Stimme Mehrheit nicht gehabt, und Kurt Schumacher hätte regiert:
Ich bin ehrlich gesagt erschrocken, wenn ich das lese. Die heutige SPD ist ja schon ein Jammerbild, aber so fügt es sich irgendwie zusammen. Einfach nur übel.
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