Ich bin immer wieder überrascht, wie überzeugt R.A. davon ist, Teile des Grundgesetzes und des Rechtsstaates über Bord werden zu dürfen, wenn es "die Arbeit der Altparteien behindert".
Fraktionszwang war nie vorgesehen; es wurde explizit auf das Gewissen der Abgeordneten abgespielt. Bekämpfung einer Neupartei mit Formalrecht war nie vorgesehen, es war explizit gewollt, dass neue Parteien entstehen können. Und so weiter. Scheinbar lassen die Skrupel nach, wenn man sich auf "der richtigen Seite" wähnt. Generell ist meine Meinung über Politiker nicht besonders hoch. Ich glaube, dass die meisten Politiker es mit so was wie Anstand und Fairness nicht so genau nehmen und bedenkenlos auch schmutzige Tricks anwenden, wenn sie glauben, damit durchzukommen.
Die FDP zeigt sich nicht gerade in der Fassung, mich vom Gegenteil zu überzeugen.
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
Es ist schon interessant wie es der AfD immer wieder mal gelingt, aus dem Nichts "Skandale" zu inszenierne und über ihre Filterblase zu verteilen. Sie nützt dabei aus, daß die meisten Bundesbürger (völlig verständlich) nicht viel über die Arbeitsweise von Parlamenten wissen und den Sinn und die Anwendung von GO-Vorschriften nicht kennen. Umgekehrt kennen natürlich altgediente Profis wie Gauland alle möglichen Ecken und Winkelzüge genau und können daher die GO gezielt mißbrauchen, um den Bundestag bei der Bevölkerung zu diskreditieren. Solange die AfD so vorgeht ist es auch völlig gerechtfertigt, keinen AfD-Vertreter ins Präsidium zu wählen und ihm damit noch mehr Mißbrauchsmöglichkeiten zu geben.
Wie Florian das schon dargestellt hat, arbeiten deutsche Parlamente nach dem Fraktionsprinzip. Das hat erst einmal noch nichts mit dem Fraktionszwang zu tun und ist in erster Linie eine Arbeitserleichterung für die Abgeordneten, die sonst die Fülle des Stoffs und die Vielzahl der nötigen formalen Schritte nicht bewältigen könnten. Selbstverständlich könnte man das auch anders organisieren. In den USA setzt man nicht auf Fraktionen, sondern die Abgeordneten agieren eher als Einzelkämpfer und Wahlkreisvertreter. Aber die brauchen dann halt auch 20 Mitarbeiter pro Kopf und nicht 1-2 wie in Deutschland.
Auf jeden Fall ist das in den GOs formulierte Fraktionsprinzip völlig demokratisch und widerspricht in keiner Weise der Freiheit und der Einzelverantwortung der Abgeordneten. Denn es ist ja ihre eigene Entscheidung, die Arbeitsteilung mit Kollegen zu suchen und sie haben auch jederzeit die Möglichkeit, anders abzustimmen als die übrige Fraktion. Aber wenn sie dies nicht tun wollen - und bei den meisten Punkten ist das ziemlich normal - dann können sie sich halt beim Abstimmen von Kollegen quasi vertreten lassen, weil nach Fraktionen abgestimmt wird.
Zitat Was hast Du denn für einen Repräsentanzbegriff?
Repräsentativ ist ein nicht voll besetzter Bundestag dann, wenn die Mehrheitsverhältnisse des Plenums wiedergespiegelt werden. Genauso wie ein Ausschuß dann repräsentativ ist, wenn er nach Fraktionsstärke besetzt wird. Wenn die Abwesenheit von Abgeordeten sich ungleichmäßig auf verschiedene Fraktionen verteilt, dann könnten Mehrheiten entstehen, die nicht dem demokratischen Wahlergebnis entsprechen. Und dagegen hat die GO dann Abhilfemöglichkeiten.
Zitat Da steht aber EXPLIZIT und eineindeutig, dass der Antrag von jeder Fraktion kommen kann.
Und da steht genauso explizit, daß das Präsidium den Antrag nicht genehmigen muß - Noricus hat das zitiert. Das Präsidium hat da sinnvollerweise einen politischen Bewertungsspielraum um zu entscheiden, ob ein Hammelsprung sinnvoll ist (weil z. B. die Plenumsmehrheit umgedreht wäre) oder ob das reine Schikane ist (wie hier bei der AfD). Ich finde es schon erstaunlich daß hier zwar groß über "Anstand" geredet wird - aber nicht darüber, ob der strittige AfD-Vorstoß irgendwie mit "Anstand" vereinbar gewesen ist. Und das war er eben nicht, es gab dafür keine inhaltliche Begründung, es sollte einfach nur destruktiv die Sitzung gesprengt werden.
Die AfD hat einen fiesen Trick versucht, sie hat die sinnvollen und legitimen Gepflogenheiten des Parlaments mißachtet, wollte die Kollegen reinlegen und ist damit auf die Nase gefallen. Das ist richtig so.
Zitat Gerade bei solchen Gesetze will ich von jedem Abgeordneten genau wissen wie er gestimmt hat.
Selbstverständlich. Und das ist relativ einfach: Normalerweise stimmen die Abgeordneten mit ihrer Fraktion und deswegen zählt das Präsidium auch entsprechend die Abwesenden. Wie schon gesagt - das hat nichts mit Fraktionszwang zu tun, sondern das ist die "Default"-Einstellung der Abgeordneten. Und deswegen kann man auch jeden Abgeordneten entsprechend zur Rede stellen. Die Ausrede "ich habe nicht abgestimmt" gilt nicht, weil er ja grundsätzlich wie die Fraktion stimmt und sich das auch zurechnen lassen muß.
Wenn ein Abgeordneter eine andere Position vertreten will, steht ihm das jederzeit frei. Aber das muß er dann natürlich explizit deutlich machen. D.h. dann muß er auch bei der fraglichen Abstimmung im Raum sein und entgegen der Fraktion die Hand heben. Das wird dann vom Präsidium auch so gewertet.
Und in einem solchen Fall übrigens kann dann auch die GO-Vorschrift mit dem Hammelsprung angewendet werden. WENN bei einer Abstimmung deutlich wird, daß die anwesenden Mitglieder einer Fraktion uneinheitlich abgestimmt haben, dann kann das Präsidium nicht die Fraktion en bloc zählen weil dann auch nicht klar ist, wie die Abwesenden stimmen würden. Und wenn dadurch die Gesamtmehrheit unklar ist, dann kann mit namentlicher Abstimmung oder Hammelsprung geklärt werden, wie die Mehrheit genau ist. Nichts davon war aber m. W. im aktuellen Beispiel der Fall. Daher war der AfD-Antrag mißbräuchlich und das Präsidium hat das korrekt nach GO abgeblockt. Es ist also recht eindeutig, wem es hier an Anstand gefehlt hat.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #26Teile des Grundgesetzes und des Rechtsstaates über Bord werden zu dürfen
Das ist nicht nur sachlich falsch, sondern auch grotesk übertrieben. Selbst wenn ein GO-Antrag mal fehlerhaft behandelt werden würde (was hier nicht der Fall war), werden deswegen nicht GG und Rechtsstaat über Bord geworfen.
Zitat wenn es "die Arbeit der Altparteien behindert".
Es geht hier nicht um das Alter irgendwelcher Parteien. Es geht darum, daß die AfD versucht hat die Arbeit des Parlaments zu behindern, um damit Wahlwerbung zu betreiben.
Als Abgeordneter verlasse ich mich darauf, daß die normalen Regeln gelten und in meiner Abwesenheit die Fraktionskollegen so abstimmen, wie man das vorher vereinbart hat. Und daß das auch vom Präsidium so gewertet wird. Wenn ohne triftigen Grund (siehe Antwort an Llarian) plötzlich die Parlamentssitzung abgebrochen werden muß, hat das empfindliche Auswirkungen auf viele andere Punkte, die noch auf der TO standen und nun nicht mehr behandelt werden können.
Bei uns im Kommunalparlament treffen wir uns einmal im Monat (meist von 15:00 bis 22:00 Uhr, das ist schon heftig für ein Ehrenamt neben dem Beruf). Da bin ich im Plenum präsent, wenn es um grundsätzliche Themen geht, oder um meine Spezialthemen mit Verkehr, Bauen, Finanzen. Und ich gehe oft raus, wenn über irgendwelche anderen Themen geredet wird, auf die sich Fraktionskollegen spezialisiert haben. Das gibt mir die Möglichkeit, parallel Termine wahrzunehmen oder mit Besuchern zu sprechen. Ich kann mich darauf verlassen daß im Plenum alles genauso läuft wie mit meiner Anwesenheit, weil die Fraktionskollegen so agieren und abstimmen werden, wie ich das mit ihnen vereinbart habe.
Es wäre schon ziemlich fies, wenn ich dann zurückkomme und die Sitzung ist zu Ende, weil irgendein destruktiver Idiot es lustig fand. Was dann bedeutet, daß vielleicht zeitkritische Anliegen erst vier Wochen später kommen. Oder daß es eine Sondersitzung gibt, die ich vorher nicht einplanen konnte und für die ich mich beruflich nicht freischaufeln kann. Mit solchem GO-Mißbrauch wird das demokratische Verfahren sabotiert, das hat überhaupt nichts damit zu tun, wie alt irgendwelche Parteien sind.
Zitat Fraktionszwang war nie vorgesehen
Es geht hier überhaupt nicht um Fraktionszwang. Die grundsätzliche Abstimmung nach Fraktionsstärke beläßt jedem Abgeordneten das freie Recht, anders abzustimmen, und das wird auch korrekt gezählt.
Zitat Ich glaube, dass die meisten Politiker es mit so was wie Anstand und Fairness nicht so genau nehmen und bedenkenlos auch schmutzige Tricks anwenden, wenn sie glauben, damit durchzukommen.
Die meisten insgesamt nicht unbedingt. Aber für die meisten AfD-Politiker könnte das stimmen.
Zitat von R.A. im Beitrag #27Solange die AfD so vorgeht ist es auch völlig gerechtfertigt, keinen AfD-Vertreter ins Präsidium zu wählen und ihm damit noch mehr Mißbrauchsmöglichkeiten zu geben.
Ich denke, das ist ein Henne-Ei-Problem, und ich meine, die Ursache dafür liegt bei den Altparteien, die sich von Anfang an dem Fair Play widersetzt haben. Da es dem normalen Bürger schwer zu vermitteln ist, was so die Gewohnheiten der Parlamentarier sind, und wie sie sich so eine Demokratie vorstellen, kann die AfD durch solche Aktionen nur gewinnen. Eingebrockt haben es sich die Altparteien selbst. Ich frage mich immer wieder wie man so dumm sein kann.
vielen Dank für die ausführliche und verständliche Erklärung der Arbeitsweise im Parlament. Heute habe ich in diesem Forum wieder mal etwas gelernt.
Schade, dass die deutschen Medien mich hier nicht umfassend informiert haben.
Wenn das Aussprechen der Wahrheit »den Falschen« nutzt, dann stimmt etwas mit »den Richtigen« nicht. - Dushan Wegner Ich bin nicht antisemantisch. Einige meiner besten Freunde sind Wörter. Die deutschen Medien informieren mich umfassend und wahrheitsgemäß – außer auf dem Gebiet, von dem ich etwas verstehe.
Zitat von Martin im Beitrag #29Ich frage mich immer wieder wie man so dumm sein kann.
Weil hier kognitive Dissonanz vorliegt. Oder genauer: ein psychologischer Mechanismus, der eben auch bei der k.D. zum Tragen kommt. Das ist ein Teil, eine Facette der Dekadenz, die dieses politische System angefressen hat. Das ist nicht aufs Parlament beschränkt, sondern geht durch alle medien, die gesamte Agora der Öffentlichkeit. Es finden ja keine Debatten mehr statt, es gibt nur noch Haltung, es gibt keine Reflektion über das Morgen mehr (das ist ganz wörtlich zu nehmen: wir sehen das an der Energiewende). Und das ganze zeichnet sich durch immer grellere Infantilisierung aus. Elemente davon gab es immer - in der Politik wie den Medien - aber sie waren immer von anderen mit Gehalt & Substanz konterkariert. Und: sie waren nicht ausschlagebend für den Gang der Politik. Jetzt sind sie es. Wir haben es mit einem Kindergarten zu tun. Die Frage, ob das Ausfluß der alleingültigen Gesinnungsethik ist oder dieses Umstellen auf Haltung, Propaganda, Manichäismus selbst schon eine Folge dieses Verfallsprozesses ist, ist mir nicht beantwortbar. Es dürfte sich um, das Stichwort fiel bereits, ein Henne-Ei-Problem handeln. Die TATSACHE, daß es so ist, ist unbestreitbar: jeder Blick in eine "Debatte", in eine Medieninszenierung, belegt das lähmend. Der Effekt in Sachen so-dumm-sein wirkt sich darin aus, daß es keinerlei Zukunftskalkül mehr gibt. Niemand fragt: wie kann ich damit punkten, was bringt mir das beim nächsten Postenroulette ein (also in dem Bereich, wo "politisches Wirken" stattfindet, beim Bilden von Seilschaften, Fraktionen). Das ist reines Reiz-Reaktionsschema. Stammhirnpolitik. Wir sehen hier seit Jahren eine Fehlentwicklung nach der anderen, und wir sehen niemanden, der - bei den Betreibern - auf Gegenkurs geht. Und über irgendeinen Wirkmechanismus muß das laufen.
Ich kann in diesem Fall immer nur die Lektüre von Barbara Tuchmans "The March of Folly" empfehlen, wo sie ja anhand eines guten Dutzend Beispiele - in diesem Fall das Hineinschlittern in desaströseste Kriege - darlegt, wie irrsinnig politische Eliten vermeintlich sehenden Auges in absolut absehbare Desaster schlafwandeln. Wie da aufs Ganze wie in den Mikroentscheidungen jede Ratio ausgeschaltet wird, bis die eigene Gesellschaft zerstört wird. Wir befinden uns in einer solchen Phase.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Martin im Beitrag #29Ich denke, das ist ein Henne-Ei-Problem, und ich meine, die Ursache dafür liegt bei den Altparteien, die sich von Anfang an dem Fair Play widersetzt haben.
Exakt. Nur zur Erinnerung: Man hat in der etablierten Politik nie ein Problem mit den Regeln zum Alterspräsidenten gesehen - auch dann nicht, als diese Funktion einem Mitglied der SED-Nachfolgepartei zufiel. Nur als sich abzeichnete, daß für ein paar Minuten ein AfD-MdB die Sitzung leiten könnte, wurde die Regel hektisch geändert.
Zitat von R.A. im Beitrag #27[...] daß die meisten Bundesbürger (völlig verständlich) nicht viel über die Arbeitsweise von Parlamenten wissen und den Sinn und die Anwendung von GO-Vorschriften nicht kennen.
Danke auch daher für deine Erläuterungen.
Wenn ich dich richtig verstehe, wird ein Formalismus von der AfD korrekt angewandt aber zweckentfremdet, um dem politischen Gegner zu schaden.
Neben dem Hinweis, dass Frau Roth die Ablehnung sachlicher hätte vorbringen können (was natürlich eine persönliche Frage des präferierten Stils ist), hätte ich allerdings noch eine Frage an dich:
Wie bewertest du in diesem Zusammenhang den Vorstoß in Sachsen, der AfD aufgrund eines Formfehlers (ist es einer oder was anderes?) die Mehrheit der Kandidaten für dir Landtagswahl zu streichen?
Auch hier fehlt mir die Expertise zum Sachverhalt aber ohne diese kommt es mir so vor, als wenn in deutlich folgenschwererer Weise ein Formalismus zweckentfremdet wird. Diesmal gegen die AfD.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von R.A. im Beitrag #28Aber für die meisten AfD-Politiker könnte das stimmen.
Was bestimmte Diskutanten betrifft, habe ich mich damit abgefunden, dass mitunter sehr unbedarft gruppenidentitär und „ad hominem“ argumentiert wird, wenn es gegen die „ Richtigen“ geht. Ich habe aufgegeben, sie darauf hinzuweisen. Was absolut nicht heißt, dass ich persönlich das billige.
Um so mehr treffen mich solche Aussagen dann bei anderen, deren Sachlichkeit ich sonst so sehr schätze.
Gruppenbezogenes Absprechen von Anstand erscheint mir etwas über die manches Mal vorhandene Notwendigkeit zur Verallgemeinerung hinauszugehen.
Leider beobachte ich das bei politischen Gegnern der AfD sehr oft und ich persönlich frage mich dann jedesmal, was man mit solchem Stil gegen die AfD zu verteidigen gedenkt.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #33 Neben dem Hinweis, dass Frau Roth die Ablehnung sachlicher hätte vorbringen können (was natürlich eine persönliche Frage des präferierten Stils ist), hätte ich allerdings noch eine Frage an dich:
Wie bewertest du in diesem Zusammenhang den Vorstoß in Sachsen, der AfD aufgrund eines Formfehlers (ist es einer oder was anderes?) die Mehrheit der Kandidaten für dir Landtagswahl zu streichen?
Die Seite wahlrecht.de ist spezialisiert auf solche Fragen. In deren Forum wird das Thema natürlich diskutiert: http://www.wahlrecht.de/forum/messages/4...89162#POST83085 (ab dem 4. Beitrag auf der Seite). Die Diskussion ist dort erfreulich sachlich und "überparteilich". Und auch mit Sachverstand (so wird dort u.a. auch auf konkrete §§ des sächsischen Wahlrechts Bezug genommen). Das Meinungsbild im Forum ist uneinheitlich. Die Mehrheitsmeinung der dort versammelten Experten scheint mir eher in die Richtung zu gehen, dass man die Entscheidung des sächsischen Landeswahlausschusses nicht so ganz nachvollziehen kann. (Die graue Eminenz in diesem Forum mit der vermutlich größten wahlrechtlichen Expertise ist übrigens ein gewisser Wilko Zicht. Wer es sich einfach machen will, kann also auch einfach nur dessen - recht differenziert argumentierten - Beiträge lesen).
Und übrigens: Ja, in der Tat, Frau Roth hätte die Ablehnung sachlicher vorbringen können. Der hämische Ton, mit der der grundsätzlich ja zulässige Antrag des AfD-Vertreters abgebürstet wurde, finde ich auch unpassend.
Zitat von Florian im Beitrag #11Der Bundestag ist technisch und organisatorisch schlicht nicht darauf eingerichtet, dass bei Abstimmungen wirklich einzelne Stimmen gezählt werden. Man KÖNNTE so etwas einrichten. (Die Abstimmung in den Bundesparlamenten in der Schweiz und in den USA ist z.B. komplett elektronisch. Man kann also für jeden Abgeordneten sehen, wie er abgestimmt hat und jede Stimme individuell zählen).
Es ist ein Spiegel des High-Tech-Standort Deutschlands, unser Bundestag. Ich denke, man sollte konsequenterweise die Erststimme abschaffen, wenn eh nur die Fraktion zählt, und man das Abstimmungsverhalten des einzelnen Abgeordneten damit sowieso nicht zu verfolgen braucht.
Zitat Das Parlament kann also nur funktionieren, wenn für einen Großteil der Abstimmungen von einheitlichem Fraktionsverhalten ausgegangen werden kann. Abweichungen von der Fraktionsdisziplin sind natürlich auch im Bundestag möglich. Allerdings könnte er nicht funktionieren, wenn das auf einmal die Regel statt die Ausnahme werden würde.
Selbstverständlich könnte er ganz problemlos funktionieren. Wenn nämlich die Abgeordneten, wie es Ihre Pflicht sein sollte, den Parlamentsdebatten beiwohnen und den Abstimmungen selbstverständlich ebenso.
Dass man scheinbar als gegeben hinnimmt, dass im Bundestag vor spärlich besetzten Rängen eine Art Parlamentssimulation mit vorbestimmtem Ausgang abgehalten wird, ist wirklich beängstigend. Politikverdrossenheit hat in Deutschland viele gute Gründe.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #33Wie bewertest du in diesem Zusammenhang den Vorstoß in Sachsen, der AfD aufgrund eines Formfehlers (ist es einer oder was anderes?) die Mehrheit der Kandidaten für dir Landtagswahl zu streichen?
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #34 Was bestimmte Diskutanten betrifft, habe ich mich damit abgefunden, dass mitunter sehr unbedarft gruppenidentitär und ad hominem argumentiert wird, ...
nachdenken_schmerzt_nicht
Weiß ich selbst und ich schäme mich kaum noch dafür. Weil ich unsäglich müde bin. Seit dem Zeitpunkt der Gründung der AfD bis heute wurde von mir - da ich Teil der politischen Minderheit bin - erwartet, ach so differenziert und höflich zu argumentieren.
Der Mainstream in Deutschland benimmt sich wie die Axt im Walde, von Links bis in die CDU und FDP hinein wurde und wird mit einem HASS auf die Reste des Bürgertums reagiert, der an Hexenverfolgung erinnert. Man sollte meinen, dass die 85% Einheitsmeinung sich ihrer Sache sicher genug sein sollten, um auf die 15% Ewiggestrigen, die absolut nicht von den Grundsätzen Kohlscher und Schmidtscher Politik lassen können, mit einer gewissen Milde zu reagieren.
Aber ganz im Gegenteil. Je mehr sich aus der Asche der Bonner Republik die Einheitsfront erhebt, die fast komplette Unterstützung von Medien und Künstlern hat, mit desto mehr Aggressivität wird die Minderheit bekämpft. Ich habe zu einem dieser Phänomene Llarian einen Gastbeitrag vorgeschlagen; mal schauen, ob er euch gefällt.
Ich habe sicher meine Charakterschwächen. Ich habe viele Fehler gemacht. Aber eins habe ich nie gemacht und das sage ich aus vollster Überzeugung: auf einen besiegten Gegner eingetreten. Es WIEDERT MICH AN, wie in Deutschland mit Meinungen umgegangen wird, die vom Mainstream abweichen, wie mit Menschen umgegangen wird, die sich nicht dem politischen Vodoo unterwerfen.
Ich bin so müde. Ich lehne diese ganze Vodoopolitik ab. Aber ich weiß auch, dass ich zu einer winzigen Minderheit gehöre. Ich kann nur zuschauen. Aber ich muss auch nicht mehr höflich differenzieren.
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #31Ich kann in diesem Fall immer nur die Lektüre von Barbara Tuchmans "The March of Folly" empfehlen, wo sie ja anhand eines guten Dutzend Beispiele - in diesem Fall das Hineinschlittern in desaströseste Kriege - darlegt, wie irrsinnig politische Eliten vermeintlich sehenden Auges in absolut absehbare Desaster schlafwandeln.
Dazu drei Anmerkungen: 1.) Deinen grundsätzlichen Ausführungen über Qualitätsmängel und kognitiver Dissonanz in der Politik stimme ich weitgehend zu. Geht übrigens in Vereinen oder Firmen nicht viel anders zu - irgendwie kriegen Menschen es schwer hin, die für einen Familienverband passenden Instinkte und Verhaltensmuster auf größere Organisationen zu übertragen. 2.) Tuchman ist sehr lesenswert - aber eine große Zahl ihrer Beispiele ist mit Vorsicht zu genießen, weil sie schlicht darauf beruhen, daß man es hinterher halt oft besser weiß. Das heißt nicht unbedingt, daß die Zeitgenossen zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung "dumm" gewesen wären - sie hatten nur nicht genug Informationen. 3.) Was Tuchman aber zeigt: Politik war schon immer so. Wir haben hier keinen modernen Verfallsprozeß, sondern nur neue Ausformungen derselben immerwährenden Normalität. Und solange es nicht zu den Extremfehlern kommt (großen Kriegen) steckt die Menschheit das gut weg und macht unterm Strich erstaunlicherweise durchweg Fortschritte.
Zitat von DrNick im Beitrag #32Man hat in der etablierten Politik nie ein Problem mit den Regeln zum Alterspräsidenten gesehen ...
Das ist nicht ganz richtig. Das hat sich Lammert nicht spontan ausgedacht, sondern das war vorher schon in der Diskussion. Aber mit ganz niedriger Priorität und ohne jede Außenwirkung. Der Hintergrund ist schlicht folgender: Bei Neuzusammentritt eines Parlaments kann es ja noch keinen gewählten Sitzungsleiter geben, bei dessen Auswahl man auf Eignung und Vorwissen hätte achten können. Man braucht ein neutrale Kriterium, um mit möglichst hoher Wahrscheinlichkeit einen MdB zu finden, der den Job vernünftig über die Bühne kriegt. Denn dazu gehört ja nicht nur die Einführungsrede, die in der Öffentlichkeit beachtet wird. Dazu gehört insbesondere die formal korrekte Konstituierung mit einer Reihe von Wahlgängen.
In der Anfangszeit des Parlamentarismus (sprich 1848) waren alle Abgeordneten völlig neu und unerfahren - deswegen hat man das Lebensalter als Kriterium gewählt. In der vernünftigen Hoffnung, daß im Zweifelsfall mehr Lebenserfahrung helfen würde, irgendwelche Probleme hinzukriegen. Inzwischen ist das nicht mehr das beste Kriterium. Es ist viel naheliegender und hilfreicher, die längste Parlamentserfahrung als Kriterium zu nehmen. Wer schon viele Parlamentseröffnungen mitgemacht hat, wird eine solche auch besser leiten können als ein Neuling.
Im alten Dreiparteienparlament war das aber nun nicht wirklich relevant - denn die ältesten Abgeordneten hatten meist auch lange Parlamentserfahrung. Mit dem Aufkommen der Grünen wurde die Problematik überhaupt erst erkannt, mit dem Aufkommen der Linken gab es dann erste konkrete Diskussion um eine Umstellung des Prinzips. Und jetzt hat man es halt gemacht.
Natürlich war das wesentlich auch dadurch motiviert, der AfD keinen "Erfolg" zu gönnen. Der Zeitpunkt der Umstellung war kleinkariert und das ganze Manöver und seine Begründung peinlich. Außerdem war es dumm, weil es der AfD ja noch genützt hat.
Aber inhaltlich war die Umstellung vernünftig und man wird dabei bleiben.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #33Wenn ich dich richtig verstehe, wird ein Formalismus von der AfD korrekt angewandt aber zweckentfremdet, um dem politischen Gegner zu schaden.
Das ginge ja noch. Mit GO-Tricks dem politischen Gegner zu schaden kommt vor und das kann manchmal gerechtfertigt sein. Ansonsten ist es vielleicht schlechter Stil, aber der kommt halt auch vor im Wahlkampf.
Was mich halt wirklich ärgert: Die AfD mißbraucht die GO, um die parlamentarische Demokratie zu diskreditieren. Es ist doch nicht so, daß sie diesen GO-Trick probiert hätte um ein inhaltliches Anliegen durchzukriegen oder eine Regierungsmaßnahme zu verhindern. Sondern das war eine Inszenierung um die völlig normale Arbeit des Parlaments als undemokratisch und rechtswidrig zu denunzieren.
Zitat Frau Roth die Ablehnung sachlicher hätte vorbringen können
Klar. Ist halt die Roth - völlig ungeeignet für jedes seriöse Amt, incl. des Parlamentspräsidiums. Aber die eigentliche Entscheidung wurde ja vom kompletten Präsidium getroffen, deswegen wurden ja hier auch die übrigen Mitglieder kritisiert. Und die hatten recht.
Zitat Wie bewertest du in diesem Zusammenhang den Vorstoß in Sachsen, der AfD aufgrund eines Formfehlers (ist es einer oder was anderes?) die Mehrheit der Kandidaten für dir Landtagswahl zu streichen?
Bisher gar nicht, mir fehlen da Informationen. Im Zweifelsfall würde ich mich der hier schon zitierten Meinung von Wilko Zicht anschließen, das ist m. W. der bundesweit beste Experte zu solchen Themen. Allerdings fehlen auch dem bisher notwendige Detailinformationen zum Vorgang.
Grundsätzlich ist aber zu sagen, daß solche Wahlaufstellungen eine ganz heikle Sache sind und kleinste Formfehler zum Ausschluß führen können. Wir haben schon komplette Parteitage wiederholen müssen, weil irgendwo eine Kleinigkeit zweifelhaft war. Es sind auch schon Wahlen wiederholt worden wegen solcher Fehler. Und die Wahlleiter agieren da sehr neutral und seriös. Es kann also sein, daß die Entscheidung in Sachsen zweifelhaft oder vielleicht sogar falsch war. Aber das wäre m. E. keine Maßnahme gegen die AfD, sondern eben ein Fehler. Derselbe Wahlleiter hat übrigens bei der letzten Wahl einen Fehler zugunsten der AfD gemacht. Vielleicht ist er also nicht sattelfest genug bei den Bestimmungen, aber bestimmt neutral.
Zitat von hubersn im Beitrag #36Ich denke, man sollte konsequenterweise die Erststimme abschaffen, wenn eh nur die Fraktion zählt ...
Es zählt nicht nur die Fraktion. Sondern sie wird nur dann gezählt, wenn sich der jeweilige Abgeordnete nicht anders entscheidet.
Zitat Wenn nämlich die Abgeordneten, wie es Ihre Pflicht sein sollte, den Parlamentsdebatten beiwohnen und den Abstimmungen selbstverständlich ebenso.
Nein, das ist nicht ihre Pflicht, war es nie und sollte es vernünftigerweise nicht sein.
Es gibt wohl Parlamente die arbeiten so. Da werden nur relativ wenige zentrale Entscheidungen im Plenum getroffen, das gibt dann jeweils eine wichtige Sitzung und dann sind alle da. Und der ganze Rest wird der Verwaltung überlassen.
Die deutsche Tradition (und es ist eine sehr lange Tradition noch aus den Reichstagen) ist anders. Extrem viele und detaillierte Fragen müssen in Gesetzen und damit vom Parlament beschlossen werden. Und es gibt einen komplexen formalen Prozeß mit mehreren Lesungen und anderen Zwischenschritten, bis der Beschluß fertig ist. Es wäre absolut unsinnig und nicht leistbar, wenn für alle Details und alle Schritte das komplette Parlament anwesend sein müßte. Deswegen wird das an die jeweiligen Fachleute delegiert, die sind für Vorlagen aus ihrem Gebiet präsent und reden dazu und stimmen dann stellvertretend für die übrigen Fraktionsangehörigen ab. Die meisten Vorlagen gehen ohnehin völlig einstimmig durch den Bundestag.
Nur bei wichtigen bzw. kontroversen Themen ist der Bundestag so gefüllt, wie sich das die weniger informierten Wähler als Norm vorstellen. Und bei kontroversen Themen kommt es dann auch vor, daß nicht nach Fraktionen abgestimmt wird, weil Abgeordnete andere Positionen haben.
Zitat von R.A. im Beitrag #40Natürlich war das wesentlich auch dadurch motiviert, der AfD keinen "Erfolg" zu gönnen. Der Zeitpunkt der Umstellung war kleinkariert und das ganze Manöver und seine Begründung peinlich. Außerdem war es dumm, weil es der AfD ja noch genützt hat.
Aber inhaltlich war die Umstellung vernünftig und man wird dabei bleiben.
Da sind wir uns im Prinzip völlig einig: Ich habe gegen die Neuregelung inhaltlich gar nichts einzuwenden; mir geht es nur um den Punkt, daß es sich offensichtlich um eine "Lex AfD" handelte.
Und dieses Verhalten scheint mir symptomatisch zu sein: Daß man Frau Roth zur Vizepräsidentin wählt, aber gleichzeitig jeden AfD-Kandidaten durchfallen läßt, halte ich einfach für absurd.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #38Aber ich muss auch nicht mehr höflich differenzieren.
Lassen Sie das „mehr“ weg.
Niemand ist gezwungen höflich zu sein. Niemand ist gezwungen zu differenzieren. Es ist eine Frage der persönlichen Präferenzen, wie man mit anderen umgeht und es ist eine Frage der persönlichen Präferenzen, wie man eigene, negative Emotionen auf den Umgang mit anderen durchschlagen lässt.
Wenn man Fairness im Umgang mit anderen vermissen lässt, weiß ich persönlich zumindest nicht, mit welcher Begründung man Fairness einfordern sollte.
Wie es in mir ausschaut, wie ich persönlich fühle, hat, so denke ich, auch viel weniger Potential irgendjemanden für irgendwas zu gewinnen, als höflich und fair zu bleiben.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von DrNick im Beitrag #43Daß man Frau Roth zur Vizepräsidentin wählt, aber gleichzeitig jeden AfD-Kandidaten durchfallen läßt, halte ich einfach für absurd.
“Absurd“ erscheint mir dabei noch als eine fast unangemessen höfliche Attribuierung dieser Tatsache. 😎
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von DrNick im Beitrag #43mir geht es nur um den Punkt, daß es sich offensichtlich um eine "Lex AfD" handelte.
Volle Zustimmung. Ein ziemlich peinliches Manöver.
Zitat Daß man Frau Roth zur Vizepräsidentin wählt, aber gleichzeitig jeden AfD-Kandidaten durchfallen läßt, halte ich einfach für absurd.
Roth halte ich für fast jede Funktion für eine Fehlbesetzung, so auch hier. Aber es ist m. E. richtig, und ist jetzt noch stärker richtig, daß man der AfD noch keine Präsidiumsfunktion anvertrauen kann. Die Obstruktionsversuche, die sie bisher gestartet hat, könnten eine ganz andere Wirkung entfalten, wenn sie von einem amtierenden Parlamentspräsidenten unterstützt werden.
Nur zur Erinnerung: Auch die Grünen - die anfangs ebenfalls Schwierigkeiten mit dem parlamentarischen Prinzip hatten - haben über Jahre keinen Vize bekommen. Den bekamen sie erst, als die internen Flügelkämpfe geklärt waren und seitdem sind sie, bei allen inhaltlichen Spinnereien, bei der Arbeit im Parlament zuverlässig und konstruktiv.
Zitat von R.A. im Beitrag #46Nur zur Erinnerung: Auch die Grünen - die anfangs ebenfalls Schwierigkeiten mit dem parlamentarischen Prinzip hatten - haben über Jahre keinen Vize bekommen.
Wenn ich das richtig sehe, war das aber zu einer Zeit, als es noch nicht die jetzige Regel gab, daß jede Fraktion im Präsidium vertreten sein soll.
Zitat von R.A. im Beitrag #46Nur zur Erinnerung: Auch die Grünen - die anfangs ebenfalls Schwierigkeiten mit dem parlamentarischen Prinzip hatten - haben über Jahre keinen Vize bekommen.
Ich bin wirklich kein AfD-Fan. Aber ich sehe hier schon eine andere Situation:
Erstens: Dass die Grünen seinerzeit keinen Vizeposten bekamen war konform mit der damaligen Bundestags-Geschäftsordnung.* Der AfD würde lt. GO hingegen ein Vizeposten zustehen.
Zweitens: Die Grünen waren zu Beginn viele Jahre lang stets die kleinste Oppositionspartei. Die AfD ist hingegen die größte Oppositionspartei und somit Oppositionsführer. Die Opposition hat in einem parlamentarischen System die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren. Und für den Oppositionsführer gilt das in besonderem Maße. (Daher z.B. das Recht des Oppositionsführers, als erster auf Regierungserklärungen antworten zu dürfen etc.). Wenn nun dem Oppositionsführer die ihm eigentlich nach GO zustehende Mitwirkungsmöglichkeit beschnitten wird, dann ist das noch einmal gravierender, als wenn man dies bei der kleinsten Oppositionspartei macht.
* aus Wikipedia: Bis zum Beginn der 13. Wahlperiode 1994 war in der Geschäftsordnung nicht festgelegt, wie viele Stellvertreter der Bundestagspräsident hat. Es gab nur interfraktionelle Vereinbarungen, sodass es meist vier Vizepräsidenten gab (je einen für die drei größten Fraktionen Union, SPD und FDP sowie ein zweiter für die jeweils zweitgrößte Fraktion). 1983 stellte die neue Fraktion der Grünen erstmals einen Antrag, ebenfalls mit einem Vizepräsidenten im Präsidium vertreten zu sein. Dieser Antrag wurde – wie auch in folgenden Wahlperioden – abgelehnt. Erst 1994 wurde die Zahl der Stellvertreter des Präsidenten derart festgelegt, dass jede Fraktion durch mindestens einen Vizepräsidenten vertreten ist.
Zitat von Florian im Beitrag #48Wenn nun dem Oppositionsführer die ihm eigentlich nach GO zustehende Mitwirkungsmöglichkeit beschnitten wird, dann ist das noch einmal gravierender, als wenn man dies bei der kleinsten Oppositionspartei macht.
Das ist aber ein Mißverständnis. Denn die Bundestags-Vize sind ausdrücklich keine "Mitwirkungsmöglichkeit" der Opposition. Die Vize sind neutrale Sitzungsleiter und ansonsten repräsentieren sie das Parlament, nicht ihre Parteien oder Fraktionen.
Und der Unterschied zu der Situation mit den Grünen (und später, mit der PDS) ist so groß nicht. Denn die Festlegung auf vier Vize erfolgt durch die Geschäftsordnung und die gibt sich der Bundestag in jeder Konstituierenden Sitzung neu. Von daher greift es zu kurz, auf die GO zu verweisen denn die GO wurde Minuten vor der Wahl der vier Vize damals erst beschlossen. Den Antrag, die GO entsprechend zu verfassen, haben CDU und FDP damals abgelehnt. Vier Jahre später waren es wieder diese beiden, zusammen mit der SPD, die verhindert haben, dass es mehr als vier Vize gibt.
Zitat von Noricus im Beitrag #14Ein negierendes Mitglied des Sitzungsvorstandes (der gemäß § 8 Abs. 1 BTGO aus dem amtierenden Präsidenten und zwei Schriftführern besteht) hätte im hier interessierenden Fall also ausgereicht, um den Hammelsprung zu initiieren. Roths Beisitzern ist somit ein ebenso großer politischer Vorwurf zu machen wie ihr.
Wobei von Roths Beisitzern ja keiner von der AfD war, weil der Präsidiumskandidat von der AfD von allen übrigen Fraktionen permanent abgelehnt wird. Könnte die AfD einen Vizepräsidenten stellen, hätte sich die ganze Angelegenheit nicht ergeben.
Ich akzeptiere durchaus, daß für die Arbeit des Bundestages die GO aufs Funktionieren ausgelegt sein soll. Von mir aus kann ein Gesetz mit einer viel zu kleinen Anzahl an Abgeordneten beschlossen oder abgelehnt werden, wenn glaubwürdig ist, daß durch die Anwesenheit der fehlenden Abgeordneten der Entscheid nicht anders gewesen wäre. Ein Präsidium, in dem alle Fraktionen ihre Kandidaten haben, wird schon darauf achten, daß das der Fall ist. Leider haben wir so ein Präsidium nicht. Und wir haben es nicht deswegen, weil der AfD-Kandidat irgendwie seine Unfähigkeit zum parlamentarischen Arbeiten gezeigt hätte, sondern weil er eine von den übrigen Fraktionen ungeliebte Haltung zu einer Sachfrage hat. Wenn das Kriterium, an parlamentarischer Arbeit teilnehmen zu dürfen, für diese Leute ist, mit ihren Sachansichten konform zu sein, dann brauchen wir doch gar kein Parlament mehr, denn im Parlament sollen Meinungen aufeinanderprallen.
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