Zitat von StefanieLieber Zettel, hier teile ich Ihre Meinung nicht. ...
Werter Abraham: Sie haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass sich in Zettels Kleinem Zimmer eine ideologisch recht homogene Gruppe trifft - womit Sie ja durchaus recht haben. Darf ich als Datenpunkt darauf aufmerksam machen, dass bislang neben Ihnen noch Nola und Stefanie dem Konzept der relativen Armut anscheinend deutlich mehr Gewicht zumessen als die übrigen Disputanten? Vielleicht sind wir ja doch nicht ganz so homogen...
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Ich wollte zwar eigentlich nicht auf meine persönliche Armutssicht eingehen, tue es nun aber doch.
Da sich die Diskussion noch immer weiter entspinnt, und hochintellektuell um Begrifflichkeiten kreist, werde ich mal etwas Erdendes beitragen und Zettels Beispiel folgen, indem ich was Persönliches einfließen lasse.
Ich denke, dass Armut per se nichts Schlechtes ist (Armut schändet nicht), aber es ist schlecht, sich in „relativer“ Armut einzurichten. Schlecht ist auch ein Gemeinwesen, welches „relative“ Armut zementiert, indem es sie finanziell fördert und die Anreize, aus diesem Zustand herauszukommen, immer geringer werden lässt.
Armut war immer auch ein Grund, sich anzustrengen um seine Situation zu verbessern, oder wenigstens der eigenen Nachkommenschaft eine etwas bessere Basis zu verschaffen, um der Armut zu entfliehen. Dieser Grund entfällt, wenn ein Gemeinwesen absolute Armut verhindert, indem es relative Armut durch Sozialleistungen subventioniert.
So, das war jetzt sehr hart, was ich da geschrieben habe, aber so sehe ich es. Damit der geneigte Leser, welcher sich noch nicht angewidert abgewandt hat, versteht, wie ich darauf komme, werde ich jetzt persönlich.
Meine Familie väterlicherseits stammt ursprünglich aus Westgalizien, irgendwo an der heutigen polnischen Grenze zur Ukraine. Deutsche Minderheit, aber über Generationen in einem mehrheitlich deutschen Dorf lebend. Da dieses Gebiet mehrfach die Herrschaft wechselte, wurde es da auch nie langweilig. Meine Sippe wurde z.B. auch mal für ein paar Jahre vom Zaren nach Sibirien deportiert, durfte aber irgendwann wieder in die Heimat zurückkehren. Natürlich wieder ein Anfang von Null an, Armut inklusive.
Mein Großvater hatte es dann aber geschafft, war Schneidermeister und hatte eine Werkstatt mit zuletzt 20 Gesellen. Ich weiß jetzt nicht genau wo, da die Familie irgendwann in die Gegend um Posen gezogen ist, aber das ist ja auch egal. Dann kam der zweite Weltkrieg. Opa musste an die Ostfront, Oma Anno ’45 mit ihren vier Kindern aus der Heimat flüchten – mit ’nem Bollerwagen und zu Fuß bis in die Lausitz.
Dort angekommen hatte sie erstmal gar nichts. Flüchtlingsunterbringung bei ’nem Bauern, das wars. Sie ist dann ein paar Dörfer weiter gezogen und hat sich in der Landwirtschaft verdungen. Vorher war sie ja Hausfrau und Mutter im Schneidermeisterhaushalt. Nicht wie bei Zettels Mutter, einer Ärztin.
Die Armut damals muss schrecklich gewesen sein. Der Mann in Kriegsgefangenschaft und meine Großmutter mit vier Kindern als Flüchtling in einem fremden Landstrich. Sie hat sie aber alle durchgebracht.
Als mein Großvater aus der Gefangenschaft heimkehrte, gab’s flugs wieder Nachwuchs (mein Vater) und alles hätte gut werden können. Leider ist er zwei Jahre nach der Geburt meines Vaters an einer Kriegsverletzung verstorben. Da war sie wieder allein – jetzt mit 5 Kindern, der Älteste war damals achtzehn Jahre alt.
Der Älteste musste jetzt auch für die Familie sorgen. Als Schlosser in der Landwirtschaft. Die nachfolgenden Mädels konnten dann aber schon eine reguläre Lehre machen und waren danach durchgehend berufstätig. Der vierte Spross wurde sogar Maschinenbauingenieur, ist aber nach Westberlin geflohen. Mein Vater, als jüngster der Sippe, konnte dann nicht so einfach weg, weil sich ja irgendwer um meine gebrechlicher werdende Großmutter kümmern musste. Ergo … Facharbeiter geworden, aber seit vielen Jahren Meister.
War die Familie arm? Auf jeden Fall! Aber es war auch ein Ansporn, dem zu entfliehen. Wenn es sein musste, anscheinend immer wieder. Die Kinder meiner Großeltern haben ganz normale Berufe ergriffen und auch wieder Kinder in die Welt gesetzt. Diese wurden teilweise Akademiker, oder sie haben sich spezielle Berufsfelder gesucht – da findet man so ziemlich alles. Mich zum Beispiel.
Die Urenkel und inzwischen auch Ur-Urenkel gehen überwiegend auch den Weg der höheren Bildung, oder lernen was Handfestes. Ich könnte spontan niemanden des inzwischen bestimmt hundertköpfigen Clans benennen, der nix aus sich gemacht hat. Da ja auch akademische Titelträger angeheiratet werden, rechne ich demnächst auch mit promovierten Blutsverwandten.
Tja, alles aus der Armut einer westgalizisch/schlesischen Flüchtlings-/Vertriebenen-Sippe entstanden. Schön, nicht wahr?
Ich bin schon in einer besseren Zeit geboren, kenne also keine Armut. Trotzdem wäre ich als Arbeiterkind und zudem noch Ossi aus einer strukturschwachen Gegend für die Sozialindustrie bestimmt hilfsbedürftig gewesen. Komisch, wenn ich an meinen ersten Facharbeiterlohn denke, dann war der bestimmt hart an der Grenze zur relativen Armut. Hab ich aber nie so empfunden. Die erste Bude mit drei Leuten geteilt, für die Mobilität ein altes Motorrad, für die Unterhaltung gab es ja auch Mitmenschen, Radio, oder die Leihbücherei statt TV (mein erster eigener Fernseher war dann ein alter, gebrauchter aus DDR-Produktion).
Tja, ich habe zwar ein paar Jahre gebraucht, aber nun bin ich sozusagen oben angekommen. Mir geht’s verdammt gut, aber meine Kinder sollen, wenn möglich, noch mehr erreichen. Armut, oder vielmehr Unterprivilegiertheit spornt an, „relative Armut“ hingegen ist ein alberner politischer Kampfbegriff. Die Gesellschaft tut sich nichts Gutes, wenn sie „relative Armut“ bejammert und diese mit Umverteilungs-Geldspritzen beseitigen will.
Ich bin sehr froh, dass ich in diesem Land und dieser friedlichen Zeit leben darf. Hier kann eigentlich jeder was aus sich machen, wenn er sich denn anstrengt. Wirklich Arme gibt es hierzulande zum Glück nicht mehr. Leider wird durch die Sozialindustrie aber ein wachsender Stamm von relativ Armen in ihrer relativen Armut gehalten, weil man ja einem Armen nix zumuten darf … dem Ärmsten.
Die Kohle, die in Hartz IV-Dynastien und ihre Versorgungs-SozPäds gesteckt wird, fehlt dann bei den wirklich unverschuldet in Not geratenen.
Da fehlt doch jeder Ansporn! Wenn heute Eltern ihren Sprösslingen eine Transferleistungsempfänger-Karriere vorleben und die dann nicht mal ihre Hauptschule ernst nehmen, weil sie ja sowieso Hartz IV „werden“, könnte ich kotzen.
Hier läuft einiges schief, und das ist die Schuld der umverteilenden „Armuts-Bejammerer“.
Hugh! Calimero
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Ich glaube, wir könnten noch hundert Jahre so weiter diskutieren, ohne zu einem Konsens zu kommen. Das Grundproblem sehe ich darin, dass wir über eine Wertefrage debattieren. Sie, lieber Zettel, und die meisten Ihrer Mitdiskutanten bilden eine besondere Wertegemeinschaft. Nach Ihren Wertmaßstäben ist es halt kein Problem, wenn ein großer Teil der Bevölkerung ein Einkommen hat, das nach unten einen erheblichen Abstand zum Einkommen von Herrn und Frau Jedermann aufweist. Die große Mehrheit der deutschen Gesellschaftt sieht das anders. Damit kann ich eigentlich leben. Es gibt ja viele kleinere und größere Gemeinden, die einen eigenen Wertekanon haben. Beispiele liegen auf der Hand. Ich erwähne lieber keine, weil Sie dann sicher beklagen würden, dass ich Sie zu Unrecht in die Nähe irgendeiner Gruppe stellen will.
Die Festlegung von soundsoviel Prozent des soundso definierten Einkommens als Schwelle der relativen Armut hat natürlich etwas Willkürliches an sich. Aber dahinter steht ein gesellschaftliches Empfinden und eine kollektive Wertvorstellung, die ihren Ausdruck darin findet, dass überhaupt ein solcher Maßstab geschaffen wird. Die Mehrheit (zu der ich auch zähle) empfindet es eben nicht nur als anstößig, wenn jemand nicht genug Proteine pro Tag zu sich nehmen kann, sondern auch, wenn er "viel" (auch das ein subjektiv-kollektives Empfinden) weniger hat als der "Normalbürger" (auch was das ist, ist subjektiv-kollektiv, aber nicht willkürlich). Das ist nichts außergewöhnliches. Ein Beispiel: bei welcher Lautstärke ab wieviel Uhr abends "Ruhestörung" gegeben ist, steht nur zum Teil objektiv fest (Mensch muss soundso lange schlafen etc.), in einem weiten Spektrum ist das scheinbar willkürlich und ist ja auch nicht in allen Ländern gleich geregelt. Das Empfinden, welches Recht auf Ruhe und welches Recht auf Geräusche produzierende Aktivitäten der einzelne haben soll, ist Teil jeder Kultur und ist in jeder Kultur anders geregelt. Mit der Ungleichheit ist es genauso. Jede Kultur hat ein anderes kollektives Empfinden dafür, welcher Spielraum tolerierbar ist und ab welchem Ausmaß man einen Mißstand feststellen und evtl. Gegenmaßnahmen ergreifen sollte.
In Antwort auf:Ich sage nur, daß es eben auch unter Kindern solche gibt, die sich das nicht leisten können, was andere sich leisten können. Das als "Armut" zu bezeichnen ist ganz unangemessen.
"Unangemessen"ist das nach den Maßstäben der Zettel-Gemeinde, nach den Maßstäben der Mehrheit ist es ab einem gewissen Grad der Unterschiede zwischen den Kindern aus Durchschnittsfamilien und weniger wohlhabenden Familien nicht angemessen. Natürlich ist "arm" kein neutraler Begriff, wie Sie richtig festgestellt haben. Es ist ein bewertender Begriff. Ich habe mit dem Nebeneinander unterschiedlicher Wertesysteme kein prinzipielles Problem. Meine Intoleranz gegenüber Gruppen mit anderen Wertmaßstäben fängt erst da an, wo in einem anderen Wertesystem die Rechte anderer Menschen, die in meinem eigenen System grundlegend sind, verletzt werden. Könnten wir uns nicht darauf einigen:
- Sie, lieber Zettel, und Ihre Mitstreiter stellen auch in Zukunft die von Ihnen so gesehenen Vorzüge Ihrer Wertvorstellungen bzgl. der materiellen Ungleichheit zwischen den Menschen heraus. Ich akzeptiere das, so wie ich die Besonderheiten vieler anderer Gruppen akzeptiere, ohne sie mir selbst zu eigen zu machen.
- Sie und die anderen Mitglieder Ihrer Wertegemeinschaft (für die könnnen Sie natürlich nicht sprechen, da muss sich jeder selbst äußern) verzichten in Zukunft darauf, die Ungleichheits-Wertmaßstäbe der Mehrheit unserer Gesellschaft als abwegig darzustellen, als "Hohn auf wirklich Arme" etc., mit anderen Worten, auf jede Diffamierung.
- gemeinsam treten wir gegen die unscharfe Verwendung von Begriffen ein. Ich bin auch dagegen, dass man absolute und relative Armut vermischt und einfach von "Armut" spricht. Auch für mich ist absolute Armut (Proteinmangel etc.) ungleich schlimmer als der Verzicht auf manche Dinge, die das Leben angenehmer machen, die aber nicht lebensnotwendig sind. Insofern halte ich auch Ihre Kritik in dem Artikel, mit dem unsere lange Diskussion begonnen hat, für gerechtfertigt.
Grüße, Abraham
p.s. Das Wesentliche, was ich sagen wollte, steht oben. Noch ein Nachtrag zum Nebenaspekt "Schuluniformen". Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Schuluniformen und obligatorischer Arbeitskleidung. Meine Arbeit kann ich mir selbst aussuchen. Ich lasse mich vertraglich darauf ein, eine bestimmte Erscheinung nach außen mitzutragen. Schüler haben keine Wahl. Sie zum Tragen einer bestimmten Kleidung zu zwingen, ist mit meinen Vorstellungen von Liberalität nicht vereinbar.
In Antwort auf:Aber um arm zu sein, muss man objektiv arm sein, es genügt nicht sich arm oder nicht zu fühle
So schön hat noch niemand in dieser Diskussion die Sache auf den Punkt gebracht. Für Sie, lieber Llarian, und auch für die deutliche Mehrheit der Diskutanten in ZR, gibt es keine subjektive Armut, nur objektive, d. h. in letzter Konsequenz nur biologische. Und Sie wollen um keinen Preis zugestehen, dass dies nur ein möglicher Wertemaßstab ist, dass andere (95% unserer Gsellschaft?) durchaus einen subjektiv-relativen Armutsbegriff hat und dass es deshalb auch legitim ist, dazu einen Maßstab zu kreieren, der quantitative Aussagenn über das Ausmaß des empfundenen Mißstandes zulässt.
Zitat von AbrahamUnd Sie [Llarian] wollen um keinen Preis zugestehen, dass dies nur ein möglicher Wertemaßstab ist, dass andere (95% unserer Gsellschaft?) durchaus einen subjektiv-relativen Armutsbegriff hat und dass es deshalb auch legitim ist, dazu einen Maßstab zu kreieren, der quantitative Aussagenn über das Ausmaß des empfundenen Mißstandes zulässt.
Das ist eine ganz neue Diskussion, lieber Abraham! Gibt es Untersuchungen darüber, wie gut dieses 60%-Kriterium mit der empfundenden Armut übereinstimmt?
Da Sie nicht Schmerzempfindung (oder Neid u. dgl.) meinen, sondern Werteempfinden, müsste sich eine solche Messung wohl auf Fremdwahrnehmung beziehen, also etwa so: "Wieviel verdienen Sie? Würden Sie jemand, der mtl. 500, bzw. 700, bzw. 900, btw. 1100 EUR hat, als arm empfinden?" - und dann alle jene weglassen, die nach ihrem eigenen Kriterium arm sind.
Ich denke nicht, dass das eine neue Diskussion ist, lieber Kallias, vielleicht ist dieser Punkt jetzt noch etwas deutlicher herausgekommen. Außer den Diskutanten in ZR habe ich noch keinen Menschen kennengelernt, der den Begriff relativer Armut grundsätzlich ablehnt. Ich habe nicht mehr behauptet, als dass ein solcher Maßstab mathematisch definiert wurde, weil es eine Empfindung von relativer Armut gibt. Ich habe keine Aussage darüber riskiert, wie hoch die existierenden Maßstäbe mit der Empfindung der Menschen korrelieren. Die Diskussion ging ja auch nicht darum, ob die Maßstäbe so festgelegt wurden, dass die Korrelation hoch genug ist, sondern darum, ob es überhaupt einen geben sollte.
Ich habe aber gestern geschrieben:
"Übrigens ist es vielleicht nicht schlecht, auch mal zu fragen, wie hoch denn der Wert in Euro heute ist, der als relative Armutsschwelle angesehen wird. Er liegt bei 9370 Euro im Jahr (http://de.statista.com/themen/120/armut-in-deutschland/), also 781 Euro im Monat. Ich denke, das ist nicht weit weg von der absoluten Armutsschwelle, sicher nicht für einen Studenten, aber für jemanden, der langfristig davon leben muss."
Der Maßstab ist also nicht weltfremd und ich würde erwarten, dass er tatsächlich mit dem Empfinden der Menschen in unserem Land hoch korreliert ist.
Vielleicht sollte ich nochmals darauf hinweisen, dass ich mit "absoluter Armutsschwelle" nicht die harte, rein biologisch gegebene Schwelle (sondsoviel Proteine am Tag etc.) meine. Wer z. B. kein festes Dach über dem Kopf hat, sondern in einem Zelt leben muss, kann unter Umständen dauerhaft überleben. Für manche Nomaden ist das ja noch heute selbstverständlich. Aber nach meinem Maßstab (und ich glaube, den teilen auch anndere) wäre das für einen Menschen in Deutschland ein Zeichen für absolute Armut. Somit ist auch "absolute" Armut relativ. Vielleicht sollten wir auch einfach von drei Maßstäben der Armut sprechen, um scheinbare Widersprüche wie relative absolute Armut zu vermeiden:
- kulturunabhängige, elementare Armut: biologisch festgelegt (Proteine, Wasser etc.) - kulturabhängige, elementare Armut: Überleben an sich nicht gefährdet, aber wesentliche Elemente fehlen (Brücke statt Wohnung) - relative Einkommensarmut: alle grundlegenden Dinge gesichert, aber bedrückend hoher materieller Abstand zum (kulturell definierten) Normalbürger
Übrigens stehen die Schuldfrage und die Frage, was man gegen relative Armut tun sollte, auf einem ganz anderen Blatt. Ich habe nie behauptet, dass an relativer Armut immer "die Gesellschaft" schuld sein muss und bin auch nicht für eine Lösung des Problems durch Umverteilung über den Staat eingetreten. Ich bin aber der Ansicht, dass es such um einen Mißstand handelt, selbst wenn der Einzelne ann seiner Lage gar nicht unschuldig ist.
Lieber Calimero, eigentlich wollte ich wie Zettel "Beipflichter" spendieren, weil Ihre Beispiele ja die von Abermillionen sind. Nur möchte ich doch zu bedenken geben, daß es inzwischen Initiativen gibt, die nicht "angeordnet" wurden, sondern aud echter Not heraus entstanden, nämlich die Tafeln, die nach relativ kaurzer Zeit ihres Bestehens erweitert werden müssen, weil sich doch immer mehr Menschen überwinden, ihre Armut zuzugeben. Das sind zunächst Rentner, die ihr Leben lang gearbeitet hatten und deren Rente mit der Einführung des Euro unter das Existenzminimum rutschte. Dann kamen Menschen hinzu, die nach der Insolvenz ihres Betriebes keine Arbeit fanden, weil sie "überqualifiziert" sind. So wie die Computer veraltet sind in dem Augenblick, in dem Du einen kaufst, so verlierst Du an Leistungsfähigkeit innerhalb eines Jahres, daß es schwer wird, wieder in eine gleich gut bezahlte Arbeit zu kommen. Früher konnte man sagen: "wer arbeiten will, findet auch Arbeit", das ist heue nicht mehr möglich. Es stimmt, wir leben in einem anderen Land, wo die Menschen nicht grad so arm sind wie in den Entwicklungsländern. Aber mit der Behauptung, es gäbe keine Armen, wäre ich doch vorsichtiger.Und mit der Förderung der relativen Armut gibt es auch eine ganz menschliche Dynamik: So wie der Steuerzahler rechnet, etwas weniger Steuern zahlen zu müssen, so kennen die relativ Armen, die Du genannt hast, aber ganz scharf ihre Rechte und wer will es ihnen verdenken? Mit freundlichen Grüßen, Inger
In Antwort auf:Zitat Abraham Noch ein Nachtrag zum Nebenaspekt "Schuluniformen". Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Schuluniformen und obligatorischer Arbeitskleidung. Meine Arbeit kann ich mir selbst aussuchen. Ich lasse mich vertraglich darauf ein, eine bestimmte Erscheinung nach außen mitzutragen. Schüler haben keine Wahl. Sie zum Tragen einer bestimmten Kleidung zu zwingen, ist mit meinen Vorstellungen von Liberalität nicht vereinbar.
Ja und nein, lieber Abraham. Da es ja hier um die Kinder geht, ist das Thema Schuluniform (Schülerdress oder wie immer man es nennen will) doch ein wenig genauer zu betrachten. Es ist überhaupt nicht unliberal zunächst mal Kindern die Chance einzuräumen, ohne Statussymbole, in der Schule lernen zu können. Unterschiede, die sich dann allein durch Lerneifer, Willenskraft oder eben Lernfähigkeiten ergeben, sollten die einzigsten sein.
Unterschiede die aus Markenklamotten gezaubert werden (womöglich noch um Faulheit oder Dummheit zu überspielen) ist eine falsche Herangehensweise und tut den Kindern nicht gut. Es verleitet in jüngsten Jahren schon zu der Fehlentwicklung im Hirn, dass man ohne Leistungserbringung zum „Anführer“ einer Klasse oder Rädelsführer werden kann. Sitzen bleiben wäre für diese Kinder auch nicht so schlimm, denn man ist ja „geachtet“… und so setzt sich das bis ins Erwachsenenalter fort. Jedes Kind möchte – nein will – (und zurecht) Aufmerksamkeit bekommen, die Frage ist nur, womit?
Kinder sind das schwächste Glied in unserer Kette und damit sind wir beim gesellschaftlichen Problem. Ein Kind, das in ein Elternhaus hineingeboren wird, in welchem der Lebensunterhalt z. B. durch Transferleistungen bestritten wird, nimmt das zunächst als normal an. Untermauert wird dies durch sichtbare bzw. nichtvorhandene (vermeintliche) Statussymbole. Es fühlt die „Kastenzugehörigkeit“ ganz genau und versucht aus dieser Not eine Tugend zu machen.
Leider haben wir hier den Zeitpunkt für eine Schuluniform verpasst und schlagen uns stattdessen mit der Kopftuchdebatte rum. Was ja liberal gesehen überhaupt keine Debatte wert ist. Man trägt ein Kopftuch und basta. Man merkt schon, warum ich diesen Ausflug der Gedanken mache oder? Kinder die zur Schule kommen, sollten (vom Staat geschützt) unter gleichen Bedingungen lernen können, unabhängig der Herkunft, der Religion, des Einkommens und der geistigen Möglichkeiten des Elternhauses. Abweichungen der Norm führen immer zu Aussenseiterpositionen, die sich in der Schule allenfalls durch den jeweiligen lernbedingten Grad zeigen sollten, nicht aber wegen Markenklamotten, Kopftüchern, heute auch üblich: halbnackte Zurschaustellung um den Lehrer ein bisschen anzutörnen und Handys, die unterm Tisch rumgereicht werden, weil der Lehrer gerade im Unterricht Hauptdarsteller einer Videoaufzeichnung geworden ist.
Außerdem, wenn jedes (liberale) Elternpaar Sonderwünsche für ihre Kinder in die Schulklassen hineintragen kann, werden sämtliche zum Gemeinwohl einer Gemeinschaft dienenden Regeln außer Kraft gesetzt. Ich halte eine gesunde Sozialisation in den Schuljahren, für eine spätere gesellschaftliche Einfügung für sehr wichtig. Hinzu kommt, daß statt das ein Lehrer sich um den Lehrstoff und dessen bestmögliche Vermittlung kümmern kann, soll er heute auch noch eine alles umfassende Erziehung übernehmen, die gar nicht seine Aufgabe sein kann und darf.
Sie rennen bei mir offene Türen ein, wenn Sie sagen Gleichmacherei und Verteilung führt nicht zu einem allgemeinen Wohlstand. Mein Ansatz ist der, dass man Chancen eröffnen muss, die dann ergriffen werden können.
Ich teile ihre Meinung nicht uneingeschränkt: „Das eigentliche soziale Problem hat aus meiner Sicht überhaupt nichts mit Einkommen zu tun, sondern mit der zunehmenden Entwicklung einer unteren Unterschicht, der es weniger an Geld mangelt als an Anstrengungsbereitschaft, Selbstdisziplin, Zivilisiertheit. In dieser Schicht kommen immer wieder Fälle von Kinderverwahrlosung vor; Streitigkeiten sind an der Tagesordnung usw. Früher nannte man sie Asoziale; der Begriff ist heute verpönt, die Sache gibt es nach wie vor, und massiver.“
Ich weiß nicht, wie es vor 20 Jahren war. Vielleicht war es damals so, dass „finanzielle Unterprivilegierung“ auf mangelnden Willen zurückzuführen war. Ich neige dazu, das anzunehmen (mal von Berufsunfähigen etc. abgesehen), denn in meiner Erinnerung war es so, dass doch überall noch eingestellt wurde und ich von mittelständischen Unternehmen damals hörte, dass es schwierig sei Leute für z.B. die Produktion zu gewinnen. Das ist heute bei technischen Tätigkeiten, die eine bestimmte technische Ausbildung erfordern immer noch so, aber auch nur dort. Ansonsten gibt es einfach für gering Qualifizierte nicht hinreichend Arbeitsplätze. Da es auch für gut Qualifizierte, je nachdem welche Ausrichtung sie haben, keine Arbeitsplätze gibt, findet eine Verschiebung von Oben nach Unten statt, bei welcher die Geringqualifizierten dann einfach auf der Strecke bleiben. In Call-Centern arbeiten zig Geisteswissenschaftler, die anders nicht unterkamen. Die Bürokaufleute werden also durch die Akademiker verdrängt und auch in Supermärkten an der Kasse findet man zig Akademiker, weil sie nichts anderes fanden. Die Beispiele sind endlos. Aber auch das Akademikertum hat keine Garantie auf einen Job. Sie arbeiten an der Uni, so dass Sie wissen werden, wie viele Assistenten gerade in den Geisteswissenschaften auf Teilzeitstellen sitzen und nebenbei Hartz 4 beziehen, weil das Gehalt nicht reicht, sie aber auch nur bedingt nebenbei arbeiten können, weil sie sonst nie die Dissertation fertig bekommen. Sie wissen wie es da abgeht. Die Profs überhäufen ihre Assistenten mit Arbeit, da im Mittelbau viel wegfallen ist. Sie wissen wie viele deshalb ihre Habil. nicht fertig bekommen innerhalb der sieben ? Jahre und dann unter Hatz 4 weiterarbeiten oder es ganz dran geben und eben in einem Callcenter landen und einem Bürokaufmann dort den Job wegschnappen. Ich muss jetzt keine weiteren Beispiele bringen. Sie wissen das alles und damit müssten Sie eigentlich auch wissen, dass "relative" Armut kein auschließliches Problem der eher Ungebildeten oder nicht Leistungsbreiten ist.
Drei Beispiele, die ich persönlich kenne, zwei „Büdchenbesitzer“ bei mir im Eck und einen TNT-Zusteller. Alle haben zwei Jobs und der TNT-Zusteller sogar drei um ihre Familien durchzubringen. Die Frauen finden nichts, da man sie wegen Kinder etc. wohl nicht einstellt. Bei den „Büdchenbesitzern“ arbeiten beide Frauen jeweils mit im Geschäft. Der eine, dem geht es mittlerweile gut und er konnte sich seit nunmehr 11 Jahren den ersten Urlaub für seine Familie leisten – er weilt gerade in diesem Urlaub und möge ihn genießen. Die beiden anderen kommen gerade so über die Runden, aber das war es auch. Das sind wahrlich keine faulen Menschen, die arbeiten fast rund um die Uhr, können sich dennoch nur unter Sparen das Notwendigste leisten und: sind super glücklich, weil sie sagen, wir haben immerhin die Möglichkeiten, zu arbeiten und so viel dann zu verdienen, dass wir über die Runden kommen.
Das ist nämlich mittlerweile das Problem: viele wollen arbeiten und finden einfach nichts. Ich kenne einen Physiker, der über 50 Jahre alt ist. Vier Jahre hat er gesucht, bis er wieder etwas fand. Bis dahin lebten sie von dem spärlichen Gehalt der Frau und Rücklagen. Hätten noch Kinder versorgt werden müssen, die standen auf eigenen Beinen, dann hätte es nicht gereicht. Dieser Mann war verzweifelt und hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben.
Ich schrieb weiter vorn im Threat, dass es mich nervt, wenn Menschen annehmen, es müsse nur einer in der Familie arbeiten und das hat dann zu reichen. Diese Annahme finde ich einfach dreist. Aber, de facto ist es so, wir haben nicht genug Arbeitsplätze. Es gibt diese Sozialhilfedynastien. Ab und an höre ich mal im Fernsehen Statements. Neulich hörte ich, wie zwei Mädels Anfang 20 verkündeten: „Scheiß Staat, Hartz 4 ist zu wenig. Aber 8 h arbeiten möchte sie auch nicht.“ Da reißt mir die Hutschnur wenn ich so etwas höre. Mir reißt sie auch, wenn es als ausländerfeindlich gilt, wenn jemand sagt, wir müssen den Familienzuwachs begrenzen bzw. die Hürden höher setzen. Es ist mir unverständlich, wie es als unantastbar gewertet werden kann, dass Hartz 4 Empfänger ohne deutsche Staatsbürgerschaft ebenfalls erwerbslose Familienangehörige ohne Ausbildung und Deutschkenntnisse, also mit der Programmierung, dass diese auch vom Staat hier leben werden, zur Niederlassung nachholen dürfen, aber Ingeneure, die händeringend gesucht werden, hier nicht ins Lande können, wenn sie keine Familie hier haben, weil sie keine 60.000 Euro verdienen. Das ist doch krank das System.
Das was ich aus den 50igern, den 60igern etc. weiß, dass es einen nahezu unerschöpflichen Markt gab. Arbeitskräfte wurden gesucht und es war von Erfolg gekrönt, sich selbstständig zu machen, weil es genug Dinge gab, bei denen eine Nachfrage bestand, mit denen man sich selbstständig machen konnte. Die Wirtschaft wuchs und das Vermögen der Menschen auch, so dass sie Geld ausgaben. Die wachsende Wirtschaft suchte Arbeitskräfte, so dass jeder mit einer Ausbildung oder sogar auch ohne, irgendwie unter kam. Akademiker konnten sich die Jobs nur so aussuchen. Das ist mein Lösungsansatz. Man muss die Wirtschaft wieder zum boomen bringen, dass auch die Arbeitskräfte gesucht werden. Dass jeder, der arbeiten will, auch etwas findet. Dass es so viele Jobs gibt, dass die Arbeitnehmer mit den Preis für ihre Arbeit bestimmen können und nicht nehmen müssen, egal wie schlecht bezahlt, dass sie überhaupt etwas haben.
Daher muss doch Ziel Nr. 1 der Politik sein, dafür zu sorgen, dass Deutschland ein Paradies für Unternehmen wird. Dazu gehört auch, dass die Steuern runter gehen und die Arbeitnehmer wieder etwas im Geldbeutel haben. Der Weg der Gewerkschaften, die Unternehmen anzugreifen, sie würden schlecht zahlen, ist doch voll daneben. Die Unternehmen zahlen doch in der Mehrheit (bis auf die schwarzen Schaafe und die könnte man innerhalb eines Monats vom Markt bekommen, indem keiner mehr dort kaufen würde und die anderen dann mehr vom Kuchen hätten und weitere Arbeitskräfte zu fairen Gehältern einstellen), auch wenn die Gehälter im Vergleich zu fünf Jahren runter gehen (was aber keinen wundern darf, denn die Nachfrage bestimmt den Preis und die ist einfach größer als das Angebot) es sind die Steuern die alles auffressen. Die Gewerkschaften sollten der Politik sagen, runter mit den Steuern und nicht den Steuerzahler noch mehr belasten, indem die Angestellten und Beamten des öffentlichen Dienstes mehr Geld in der Tasche haben sollen, durch höhere Löhne anstatt durch niedrigere Abgaben.
Haben die Bürger mehr Geld in der Tasche, dann boomen auch die Bereiche, für die es nur bedingte Qualifizierung bedarf. Man nehme die Gastronomie. Die Einnahmen gingen dort rapide zurück, weil die Bürger nicht mehr genug Geld übrig haben. Hätten sie wieder mehr, dann würden sie auch in Gaststätten tragen. Da braucht es einen Koch, aber zahlreiche Servicekräfte, die nicht unbedingt ausgebildet sein müssen. Zig Arbeitsplätze könnte da wieder mehr geben, gerade für Unqualifizierte.
Und noch etwas zu den Sozialhilfedynastien...die haben Kinder und man sollte diese nicht in sippenhaft mit ihren Eltern nehmen....und von vornherein abschreiben....
Bevor es zu lang wird, höre ich nun auf …es ist schon zu lang..
Lieber Calimero, eigentlich wollte ich wie Zettel "Beipflichter" spendieren, weil Ihre Beispiele ja die von Abermillionen sind. Nur möchte ich doch zu bedenken geben, daß es inzwischen Initiativen gibt, die nicht "angeordnet" wurden, sondern aud echter Not heraus entstanden, nämlich die Tafeln, die nach relativ kaurzer Zeit ihres Bestehens erweitert werden müssen, weil sich doch immer mehr Menschen überwinden, ihre Armut zuzugeben. Das sind zunächst Rentner, die ihr Leben lang gearbeitet hatten und deren Rente mit der Einführung des Euro unter das Existenzminimum rutschte. Dann kamen Menschen hinzu, die nach der Insolvenz ihres Betriebes keine Arbeit fanden, weil sie "überqualifiziert" sind. So wie die Computer veraltet sind in dem Augenblick, in dem Du einen kaufst, so verlierst Du an Leistungsfähigkeit innerhalb eines Jahres, daß es schwer wird, wieder in eine gleich gut bezahlte Arbeit zu kommen. Früher konnte man sagen: "wer arbeiten will, findet auch Arbeit", das ist heue nicht mehr möglich. Es stimmt, wir leben in einem anderen Land, wo die Menschen nicht grad so arm sind wie in den Entwicklungsländern. Aber mit der Behauptung, es gäbe keine Armen, wäre ich doch vorsichtiger.Und mit der Förderung der relativen Armut gibt es auch eine ganz menschliche Dynamik: So wie der Steuerzahler rechnet, etwas weniger Steuern zahlen zu müssen, so kennen die relativ Armen, die Du genannt hast, aber ganz scharf ihre Rechte und wer will es ihnen verdenken? Mit freundlichen Grüßen, Inger
Liebe Inger, Du hast es auf den Punkt gebracht. Während der Armutsdebatte fiel mir unsere früher geführte Debatte ein, in welcher ich auf die Tafeln hinwies. Mit dem besonderen Hinweis, das der Staat dieses Projekt mit Wohlwollen und zugedrückten Augen sieht unter dem Aspekt der wirklichen Notwendigkeit. Wäre es nicht so, würde Armut oder Bedürftigkeit stärker an die Öffentlichkeit gelangen und das ist nicht im politischen Sinne. Zudem würde die Nahrungsmittelbranche Sturm laufen, weil ihnen potenzielle Kunden verloren gingen.
In Anbetracht unserer bürokratischen Reglementierung wären die Tafeln recht schnell weg vom Fenster, weil der Raum nicht groß oder hoch genug ist, die Lagerungsmöglichkeiten Fehler aufweisen, die Temperatur nicht entsprechend ist und ein Kundenklo fehlt .... oder was weis ich nicht noch, aber hier wird stillschweigend der politische Vorteil, den das ganze hat, wargenommen und zwar von allen Parteien. Gut so, aber unehrlich ist es trotzdem.
In Antwort auf:Leider haben wir hier den Zeitpunkt für eine Schuluniform verpasst
Warum haben Sie die Schuluniform dann in die Diskussion eingebracht, liebe Nola?
Ich gebe Ihnen schon Recht, dass eine Schuluniform auch Ihre Vorteile hätte. Andererseits kann man mit Kleidung vieles ausdrücken, man kann seine Phantasie austoben, es kann Spaß machen, damit zu spielen. Das würde man den Kindern für einen großen Teil ihres Alltags nehmen, wenn eine Schuluniform Vorschrift würde. In einer Gesellschaft mit extremen sozialen Unterschieden wäre es sicher das Richtige. Dass der eine in Lumpen kommt und der andere in feinster Aufmachung, muss verhindert werden. Für die Unterschiede in Deutschland würde ich es aber nicht für angemessen halten. Und im Übrigen: im Zweifel für die Freiheit!
Sie sprechen von verschiedenen "Wertesystemen". Ich habe mich irgendwo in diesem langen Thread auf diese Terminologie eingelassen, weil sie nicht ganz falsch ist. Sie trifft aber den Kern der Sache eigentlich nicht.
Wahrscheinlich könnten Sie und ich uns darauf einigen, daß das wünschenswert ist, was in der klassischen Formel Benthams "das größte Glück der größten Zahl" heißt. Auch ich möchte, daß es den Menschen in der Unterschicht möglichst gut geht. (Auch wenn Sie das vielleicht wundern wird ).
Auf dieser Ebene haben wir, vermute ich, dasselbe Wertesystem. Wir unterscheiden uns aber darin, was dieses Glück ist und wie man es erreichen kann.
Nach meinem liberalen Verständnis ist es kein Zustand des Glücks, über Generationen von der Allgemeinheit alimentiert zu werden. Glück ensteht - unter anderem - dadurch, daß man etwas erreicht, auf das man stolz ist. Glück hängt so gut wie nicht vom materiellen Wohlstand ab, sofern er eben nicht unterhalb der Schwelle zur Armut liegt. (Sie wissen, daß das für mich gleichbedeutend mit absoluter Armut ist - Hunger, Frieren, keine ausreichende medizinische Versorgung usw.).
Man kann in bescheidenen materiellen Verhältnissen leben und dennoch glücklich sein. Die Glücksforschung (ja, das gibt es, inclusive einer eigenen Fachzeitschrift) hat das immer wieder bestätigt.
Kürzlich hatten wir ja in einem anderen Thread - als es um die Rolle von Frauen ging - eine Diskussion darüber, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, glücklich zu sein: Positive Sozialkontakte, Erfolgserlebnisse, Gesundheit - das macht Glück aus. Nicht die Staatsknete, die auch dem, der nicht arbeitet, den Flachbildfernseher ermöglicht.
Also, ich behaupte: Wenn man den Menschen nur insoweit hilft, daß sie nicht in absolute Armut geraten, und im übrigen Bedingungen schafft, unter denen sie selbst ihr Glück machen können - also eine liberale Gesellschaft und eine freie Wirtschaft -, dann werden sie glücklicher, als wenn man sie mittels staatlicher Zuwendungen aus der "relativen" Armut herausbefördert.
In Antwort auf:In Antwort auf: -------------------------------------------------------------------------------- Leider haben wir hier den Zeitpunkt für eine Schuluniform verpasst --------------------------------------------------------------------------------
Warum haben Sie die Schuluniform dann in die Diskussion eingebracht, liebe Nola?
Weil es nicht unmöglich wäre und es für Verbesserungen nie zu spät sein kann, aber heute ungleich schwieriger geworden ist, in Anbetracht der islamischen Lobby, die auf ein Kopftuch etc. weiterhin bestehen wird.
Sie rennen bei mir offene Türen ein, wenn Sie sagen Gleichmacherei und Verteilung führt nicht zu einem allgemeinen Wohlstand. Mein Ansatz ist der, dass man Chancen eröffnen muss, die dann ergriffen werden können.
Ich teile ihre Meinung nicht uneingeschränkt: .............
Ein toller Beitrag, liebe Stefanie. Ich stimme Ihnen Satz für Satz zu, auch Ihren Lösungsvorschlägen. Ich weiß nicht, ob Sie sich über meine Zustimmung freuen, weil ich eher ein Außenseiter in ZR bin, aber Sie haben diese Zustimmung einfach. Was ich vielleicht viel zu abstrakt sagen wollte, haben Sie mit Leben gefüllt. Wahrscheinlich sitze ich zu viel an meinem Schreibtisch und kenne zu wenige "Büdchenbesitzer" und andere, um so einen Beitrag schreiben zu können.
ich schrieb hier an zig Stellen, dass es die Gesellschaft ist, welche die Politik - die den Forderungen der Gesellschaft nachrennt - damit auch die Bedingungen hier mitbestimmt.
Es müsste doch eigentlich so sein, dass die Schüler, welche fair sind und gute Leistungen bringen, anerkannt sind. Dass honoriert wird, wenn jemand soziale Kompetenz hat und gute Leistungen bringt. Es ist an den Eltern ihren Kindern beizubringen, dass es unwichtig ist, wo jemand herkommt, sondern dass allein zählt, wer er ist. Das dies heute in der Regel nicht mehr der Fall ist und die Wortführer eher die sind, welche die angesagten Labels in den Klassenzimmern vorweisen können, ist für mich ein Zeichen, dass in der Gesellschaft so einiges schief läuft. Ich habe den Eindruck, dass sportliche Leistung noch in weiten Teilen gewürdigt wird. Dass es hier dann unwichtig ist, ob der Schüler ansonsten bieten kann, was gerade angesagt ist.
Schuluniformen ändern da gar nichts. Denn wer nicht die richtigen Schuhe etc. dazu trägt, hat das gleiche Problem wie ohne Schuluniform. Zudem ändert es nichts daran, dass er nicht die neusten Games kennt.
Lieber Zettel,
noch ein Nachtrag zu meinem Beitrag an Sie. Sie schrieben, zu Ihren Zeiten war es unwichtig, welche Klamotten jemand trug. Das war schon bei mir anders. Es beschränkt sich aber nicht darauf, was jemand anhat. Die Kinder von heute spielen nicht Verstecken, Fangen etc., wo jeder mitmachen kann, ob arm ob reich. Die spielen Sachen und unterhalten sich über Dinge, die Geld kosten. Allein bei Stiften gibt es Labels, die man grad hat und dann tauscht man sich darüber aus, ob man auch den Radiergummi etc. davon hat. Kinder, deren Eltern sich das nicht leisten können, sind von all dem ausgeschlossen. Ein Erlebnissparziergang mit den Eltern durch den Wald, das haut keinen vom Hocker. Wenn diese Eltern dann andere Kinder zu sich einladen und "nur" Lego spielen wollen, dann interessiert das die anderen Kinder nicht. Wenn diese Eltern andere Kinder mit auf einen Spaziergang in den Wald nehmen wollen, dann kommt das nicht an, das gilt als öde. Sprich, Eltern ohne Geld, können ihre Kinder auch nur schwer integrieren, weil die anderen, die Sachen, welche die Eltern bieten können, öde finden und lieber zu anderen Kindern gehen, welche die neusten Spiele haben.
Sie sprechen immer wieder von der "Mehrheit der Gesellschaft", gar von einem "gesellschaftliche[n] Empfinden und eine[r] kollektive Wertvorstellung".
Mich Kallias anschließend, möchte ich Sie fragen, a) woher Sie dieses "gesellschaftliche Empfinden" denn kennen und b) ob Sie so etwas eigentlich für wünschenswert halten.
Zu a) melde ich erhebliche Zweifel an. Nach dem, was ich so höre - nicht repräsentativ, gewiß - finden sehr viele, vermutlich eine Mehrheit, daß in Deutschland nicht sehr viele Leute in Armut leben. Gewiß, einige, das wird jeder einräumen. Aber alle, die weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienen?
Und meinen Sie, lieber Abraham, wirklich, daß es eine "kollektive Wertvorstellung" gibt, derzufolge die Unterschiede zwischen den unteren und den mittleren Einkommen verringert werden müssen? Ich höre das Gegenteil - nämlich die Klage, daß Sozialhilfeempfänger mit Kindern in Relation zu denen, die bei einem Miminaleinkommen arbeiten, zu gut gestellt seien. "Die machen sich einen schönen Lenz, während unsereins schuften muß" - das scheint mir eher so etwas wie eine kollektive Haltung zu sein.
zu b): Ich muß schon sagen, daß mich diese Terminologie a bisserl erschreckt. Sie klingt doch sehr an das "gesunde Volksempfinden" an, finden Sie nicht?
Es mag im rotgrünen Milieu, also zB bei vielen Lehrern, eine Tendenz geben, ein solches kollektives Empfinden zu schaffen, zB durch die Indoktrination der Kinder in der Schule, was "Umweltbewußtsein", "Friedenserziehung" usw. angeht.
Aber ich hoffe sehr - und versuche ja mit meinen bescheidenen Möglichkeiten auch etwas dagegen zu tun -, daß diese Indoktrinationsversuche scheitern. Übrigens könnten sie wohl nicht zuletzt an der gesunden Gegenwehr der Kinder scheitern.
In Antwort auf: Positive Sozialkontakte, Erfolgserlebnisse, Gesundheit - das macht Glück aus. Nicht die Staatsknete, die auch dem, der nicht arbeitet, den Flachbildfernseher ermöglicht.
Also, ich behaupte: Wenn man den Menschen nur insoweit hilft, daß sie nicht in absolute Armut geraten, und im übrigen Bedingungen schafft, unter denen sie selbst ihr Glück machen können - also eine liberale Gesellschaft und eine freie Wirtschaft -, dann werden sie glücklicher, als wenn man sie mittels staatlicher Zuwendungen aus der "relativen" Armut herausbefördert.
Ganz klar, das habe ich wiederholt gesagt, mehr staatliche Zuwendungen sind nicht der Lösungsweg. Und Sie gehen auch recht in der Annahme, dass unsere (Zettel / Abraham) Wertesysteme in der Hinsicht übereinstimmen, dass das Glück möglichst vieler Menschen (natürlich nicht auf Kosten einer Minderheit) der höchste Wert ist.
Was die Mittel angeht (liberale Wirtschaftspolitik, niedrige Steuern, nicht zu viel Umverteilung), stimmen wir ebenfalls überein. Ich gehe allerdings nach meiner Erfahrung davon aus, dass eine relativ schlechte eigene materielle Lage, gemessen am Beispiel des "normal" lebenden Bürgers, die Unzufriedenheit steigert und das Glück beeinträchtigt. Im Einzelfall kann ein (relativ )Armer natürlich trotzdem glücklicher sein als ein "Normaler". Das besagt aber nicht, dass solche Unterschiede kein Problem darstellen, das das menschliche Glück beeinträchtigt, eben weil die Mehrheit ein Wertesystem teilt, in dem relative Armut eine Rolle spielt. Dass der Glückssteigerungs-Effekt bei Überwindung des Rückstands viel stärker ist, wenn man das eigener Anstrengung verdankt als wenn man es einfach geschenkt bekommt, das bezweifele ich auch nicht.
Im Grunde räumen Sie doch mit dem, was Sie hier geschrieben haben, selbst ein, dass relative Armut ein Problem ist, wenn Sie für die Schaffung von Bedingungen eintreten, unter denen jeder selbst "sein Glück machen" kann. Das ist doch nichts anderes als die Überwindung der relativen Armut, eben aus eigener Kraft! Vielleicht haben wir ja gar keine so unterschiedlichen Wertesysteme und Sie reagieren nur so allergisch auf den Begriff "relative Armut", weil Sie da immer gleich die sozialistischen Umverteiler um die Ecke wähnen.
ich freue mich über Ihre Zustimmung. Ein Außenseiter sind Sie allerdings nicht. Das wären Sie, wenn man Sie nicht mitspielen ließe. Aber alle Ihre Beiträge werden ausführlich erwidert, von daher haben Sie "nur" eine andere Meinung.
Jeder freut sich über Zustimmung, denn je mehr die eigene Meinung teilen, umso mehr besteht die Chance, dass sich etwas entsprechend der eigenen Vorstellungen ändert. Aber ich freue mich auch über sachlichen Widerspruch. Denn dieser ermöglicht es mir, meine Meinung zu überdenken um sie dann zu festigen oder ggf. auch zu revidieren.
Zum Thema überwiegende Meinungen: Ich habe auch den Eindruck, den Zettel hat, dass die Mehrzahl der Deutschen die Nase voll davon haben, derart mit Abgaben belastet zu werden und dann registrieren zu müssen, dass es Menschen gibt, die es nicht einmal für nötig erachten, ihre Kinder zu Schulabschlüssen zu drängen, weil der Staat zahlt ja. Dass sich Menschen abrackern und sehen müssen, manche Großfamilie, in der keiner arbeitet, hat mehr im Geldbeutel als sie, die mit zwei Jobs versuchen ihre Kleinfamilie über Wasser zu halten. Das kann ich sehr gut verstehen. Aber, solange es eh nicht genügend Arbeitsplätze gibt, nutzt es nichts, sich diesen Menschen anzunehmen. Was bringt es, diese Menschen dazu zu treiben, sich Arbeit zu suchen, wenn es eh keine gibt für sie mangels Qualifikation oder einfach wegen durchschaubaren Unwillens und es andere gibt, welche dankbar für eine Arbeit wären. Was man allerdings tun muss, endlich Mittel und Wege zu finden, dass deren Kinder eine andere Einstellung bekommen und wenigstens einmal Abschlüsse und Ausbildung absolvieren, um überhaupt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen zu können. Das wurde zu lange versäumt.
Eine Gesellschaft wird immer Arbeitsunwillige hervorbringen. Die Gesellschaft muss aber dafür sorgen, dass deren Anzahl wirklich gering bleibt, weil es sich keine Gesellschaft dauerhaft leisten kann, eine größere Menge von Arbeitsunwilligen zu finanzieren. Gleichzeitig muss die Gesellschaft aber im eigenen Interesse dafür Sorge tragen, dass sie gut aufgestellt ist, dass die Menschen, die arbeiten wollen, auch Arbeit haben. Letzteres wird nicht durch Forderungen erreicht werden, dass die, welche ein Gehalt haben, immer mehr davon an den Staat abgeben sollen. Hierdruch entsteht nicht ein einziger Arbeitsplatz. Im Gegenteil, denn das Geld steht dann nicht mehr zur Verfügung, um es in die Wirtschaft und damit in neue Arbeitsplätze zu bringen und letztlich zu mehr Steuereinnahmen führt durch erhöhten Gewinn bei Unternehmen, aber auch durch Einkommensteuer.
Das ist aber nicht der einzige Punkt, der teuer für den Steuerzahler ist und damit Wachstum hemmt. Der Staat gibt viel zu viel aus, weil er sich in zu viel einmischt. Der Staat benimmt sich wie ein Millardär, der aus vollen Kassen jedes Hobby betreiben kann, was er mag und wie es ihm beliebt. Das Geld des Staates ist aber das seiner Bürger, die es abgeben müssen ohne als Einzelne bestimmen zu können, was mit ihrem verdienten Geld geschieht.
Zitat von AbrahamDer Maßstab ist also nicht weltfremd und ich würde erwarten, dass er tatsächlich mit dem Empfinden der Menschen in unserem Land hoch korreliert ist.
Erwarten kann man viel. Ich rede mal von meinem eigenen Empfinden. Leider bin ich ein ungeselliger Mensch und kenne daher nur vier Hartzler gut genug, um zu wissen, wie sie selbst ihre Lage sehen.
Fall 1 Maurer, Anfang 50, kinderlos Die Arbeit auf dem Bau fehlt ihm nicht. Er verbringt seine Zeit mit Lektüre, stellt Kunstwerke her, musiziert. Er hatte in den letzten 5 Jahren ein halbes Jahr lang einen MAE-Job: es ging darum, im Wald irgendwelche Xenophyten zu bekämpfen. Glücklicherweise fand er einen Kollegen, mit dem er spazieren ging und sich über Kunstgeschichte unterhalten konnte. Nur bei schlechtem Wetter saß man im Bauwagen, wo mein Freund sich Gespräche anhören mußte, welche sich um Themen aus der Bildzeitung drehten. Seitdem hat er Angst, wieder eine solche Maßnahme aufgedrückt zu bekommen. Außerdem wird in seiner kleinen Wohnung der Platz für die vielen Kunstwerke knapp.
Fall 2 Elektriker, Mitte 50, kinderlos Seit über zehn Jahren arbeitslos, die letzte richtige Stelle war bei der Qualitätskontrolle, das hatte ihm Spaß gemacht. Seitdem nur kleine Jobs, unter Zeitdruck Schlitze schlagen und Steckdosen legen, darauf hat er nach vier Jahrzehnten "echt keinen Bock mehr". Er liest viel über Geschichte, besucht politische Veranstaltungen, betätigt sich auch selber in linken Projekten in Sachen Rätemacht und Elektifizierung.
Fall 3 Sprechstundenhelferin, Mitte 50, kinderlos Verlor in der Vergangenheit oft ihre Stelle, weil sie überhebliches Verhalten des Arztes/der Ärztin ihr gegenüber nicht dulden kann. Seit Hartz IV Bezieherin desselben, soweit ich weiß, bislang ohne Maßnahmen. Sie ist Leiterin einer buddhistischen Gruppe, dank Transzendenz-Bezugs glücklich, daß sie so wenig Geld hat, sei zwar "schade, aber nicht sehr". Mehr bekümmert sie die geringe Beteiligung an ihrer Gruppe. Immerhin gibt ihr das genügend Zeit, weitere buddhistische Techniken zu erlernen.
Fall 4 Sozialwissenschaftler, Ende 30, kinderlos Ein besonders eindrucksvoller Fall, da er mir einmal ausführlich schilderte, wie gut es ihm geht. Er hat eine hübsche kleine Wohnung im Zentrum von Berlin, reichlich Bücher und CDs, einen Computer, zum gelegentlichen Essengehen und für den Tabak reicht es, und kleine Reisen zu Konzerten sind auch drin. Er forscht historisch, publiziert auch, das gefällt ihm, findet er sinnvoll. Er sei zufrieden, eines nur bedrücke ihn: daß er mit seiner Ausbildung als Sozialwissenschaftler keine passende Stelle beim Staat bekommen könne. Nicht des Geldes, von dem er genug habe, sondern der fehlenden Anerkennung wegen.
Armut? Mißstand? Na, ich weiß nicht. Jene meiner Bekannten, die Arbeit und Kinder haben, leiden viel mehr.
In Antwort auf:Zitat Stefanie: Das was ich aus den 50igern, den 60igern etc. weiß, dass es einen nahezu unerschöpflichen Markt gab. Arbeitskräfte wurden gesucht und es war von Erfolg gekrönt, sich selbstständig zu machen, weil es genug Dinge gab, bei denen eine Nachfrage bestand, mit denen man sich selbstständig machen konnte. Die Wirtschaft wuchs und das Vermögen der Menschen auch, so dass sie Geld ausgaben.
Hervorhebung von mir.
Liebe Stefanie, neben allen Punkten ist auch das ein wichtiger Aspekt.
Wer sich heute selbständig machen will (und dazu gäbe es reichlich Potenzial) ist der deutschen Bürokratie unterworfen. Diese Knebelung - man muß es wirklich so sagen - verhindert oft eine Selbständigkeit.
Beispiel: Schönstes Badewetter, Y fährt an den See XYZ ganz weit draussen... und verkauft (als gewerblich angemeldet) Getränke. Darf er nicht. Das muß vorher angemeldet sein. Aber vorher weis man nicht wann schönes Wetter ist.
Usw. usw. Es ist das simpelste Beispiel, aber die Auflagen und Bestimmungen haben einen Umfang erreicht, der eine Selbständigkeit gepaart mit Erfindungsreichtum und erkennen einer Marktlücke immer im Wege steht.
Es führt letztlich zu weit, im einzelnen Beispiele aufzuzeigen, aber Fakt ist, wenn wir von einem Ein-Mann/Frau-Unternehmen sprechen, was durchaus machbar wäre, scheitert dies oft an der unangemessen scharfen Überreglementierung unserer Gesetzgebung. Bis ins kleinste geregelt und kein Ermessensspielraum.
Ich erinnere mich an eine Reportage, in welcher ein älteres Anwesen in der ehemaligen DDR aufgekauft wurde. Wegen der schönen Umgebung oftmals auch Ausflugsziel der Bürger. Wunderschön gelegen, teuer in der Restaurierung und die Besitzer kamen auf die Idee den Ausflüglern Samstag und Sonntag Kaffee und Kuchen anzubieten. Dieses alte Anwesen wies in der Bewirtungshalle einen Steinfußboden auf, der angeblich nicht naß zu reinigen war (häßlicher PVC-Boden obendrüber hätte gereicht) und damit war das Anliegen einer "angemeldeten gewerblichen SA/SO-täglichen Nutzung" vom Tisch. Simple nicht war? Aber das wars nicht alleine. Der Abstand des Waschbeckens bzw. der Sanitären Möglichkeit des Händewaschens war um x-Meter zu weit entfernt innerhalb des gleichen Raumes.
So oder anders läuft eine gute Idee im warsten Sinne des Wortes den Bach hinab, weil eben gute Ideen den Schreibtisch eines gutbezahlten und fleissigen Beamten erstmal überwinden müssen.
Soviel zur Innovation und Selbständigmachen und Ideen die geboren werden, weil man sich Arbeit verschaffen will. Meistens auch noch mit viel Freude daran.
ein interessanter Einwand, den Sie mir da nahelegen. Sie wollen Akzeptanz für subjektive Emfindungen und begründen das aufgrund der Mehrheit einer Gesellschaft. Ich finde das doppelt absurd. Zum einen finde ich es falsch, Begriffe, die objektiv definierbar sind mit subjektivem Emfinden gleichzustellen, noch dazu das als legitim bezeichnen zu wollen. Das erinnert mich an einen alten Witz, wo doch Gerüchte und Vermutungen mindestens ebenso wichtig sein müssen wie Fakten und Beweise. Nein, lieber Abraham, subjektive Emfindungen sind menschlich, normal, verständlich aber selten legitim um etwas zu rechtfertigen.
Zum anderen, und das finde ich erheblich wichtiger, frage ich mich, wie Sie auf die scheussliche Vorstellung kommen Mehrheiten könnten etwas Subjektives legitimieren ? Der banale Witz wäre dann wieder "Leute, fresst sch...., Millionen Fliegen können sich nicht irren.". Aber eigentlich ist das, was Sie da so als gute Gesellschaft emfinden viel, viel schlimmer und gar nicht banal. Denn es rechtfertigt ebenso Kommunismus oder Faschismus, so lange nur eine Mehrheit das subjektiv für richtig hält. Es mag ein früher Hinweis auf meine spätere Entwicklung gewesen sein, aber schon als Kind hat mich selten beeindruckt was eine Mehrheit für richtig hält und selten habe ich einen Standpunkt für legitim gehalten, weil viele Leute so denken. Und Sie sollten das auch nicht tun. Demokratie ist eine Regierungsform, aber keine Erkenntnisform. Oder glauben Sie auch (um in dem Kontext zu bleiben), es wäre richtig Meschen verhungern zu lassen, wenn eine Mehrheit das okay findet ? Würden Sie es dann auch als legitim betrachten, weil man ja zur Kenntnis nehmen muss, dass es Menschen mit dem ethischen Verständnis einer Stubenfliege gibt ? Ich für meinen Teil habe dazu eine glasklare Meinung. Ich hoffe Sie auch.
In Antwort auf:Der Staat gibt viel zu viel aus, weil er sich in zu viel einmischt. Der Staat benimmt sich wie ein Millardär, der aus vollen Kassen jedes Hobby betreiben kann, was er mag und wie es ihm beliebt.
Ich finde, das müsste man an einigen Beispielen konkretisieren, liebe Stefanie. Wo soll der Staat sich zurückziehen, was könnte man dabei einsparen, um welchen Teil könnten dadurch die Steuern gesenkt werden?
Im Prinzip bin ich schon Ihrer Meinung: so viel freie Wirtschaft wie möglich, so viel Staat wie nötig. Die Schwierigkeiten fangen aber an, wenn man konkret wird.
Ansonsten stimme ich Ihnen in allem zu. Allerdings fehlt eine Kleinigkeit. Wenn heute die Arbeitslosigkeit international massiv steigt, liegt das nicht an übertriebenen Staatsausgaben, wie wir wissen. Ganz im Gegenteil: ohne massive Staatsausgaben wäre die Arbeitslosigkeit jetzt noch viel höher. Wir sind jetzt wirtschaftlich in einem tiefen Jammertal und es wird Jahre dauern, bis wir (hopefully) wieder draußen sind. Man muss darüber nachdenken, wie die staatliche Regulierung des Finnanzsektors in Zukunft aussehen soll. Kann ich ausschließen, dass in einzelnen Punkten sogar mehr staatliche Einmischung notwendig ist als bisher? Ich weiß es nicht. Die Ursachen und Mechanismen der Krise sind noch nicht genau genug erforscht, um das sagen zu können. Ich meine aber, dass man ohne Dogmen, auch ohne liberale Dogmen, daraufhin arbeiten sollte, solche Krisen in Zukunft so unwahrscheinlich wie möglich zu machen. Dabei muss man jedenfalls Obacht geben, dass nicht durch Überregulierung in Zukunft die wirtschaftliche Dynamik erheblich gebremst wird.
Eine eindrucksvolle Schilderung, lieber Kallias. Aber Sie haben sicher auch die Beispiele von Stefanie gelesen. Jedenfalls stimme ich Ihnen zu, dass wirklich arbeitsunwilligen "Stütze"-Empfängern Beine gemacht werden müssen. Voraussetzung ist natürlich, dass entsprechende Arbeitsplätze existieren. Wenn dies Arbeitsplätze sind, mit denen man nicht über das Hartz-IV-Niveau hinaus kommt (was wohl einige Veränderungen voraussetzen würde), gibt es aber nur einen Weg, die Stütze-Empfänger dazu zu veranlassen, solche Tätigkeiten aufzunehmen: die Beschränkung des Zeitraums, für den die Stütze gezahlt wird. Dafür habe ich ja schon in einem meiner ersten Schreiben zu diesem Thema plädiert.
Mit Arbeitsplätzen auf Hartz-IV-Niveau hätte man zwar die relative Armut nicht reduziert, aber wenigstens bessere Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Entwicklung in diese Richtung geht.
In Antwort auf:Mit Arbeitsplätzen auf Hartz-IV-Niveau hätte man zwar die relative Armut nicht reduziert, aber wenigstens bessere Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Entwicklung in diese Richtung geht.
Was ist denn ein Arbeitsplatz auf Hartz-IV-Niveau ?
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