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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 183 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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C. Offline




Beiträge: 2.639

11.05.2012 23:12
#26 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Zettel
Wenn Sie sich die Namen der Unterzeichner ansehen, dann haben Sie einen Überblick über diejenigen, die in Deutschland als Autoren Rang und Namen haben.



Ehrlich? Ich muss zugeben, dass ich 90% der Namen noch nie gehört habe und mich der Rest, von Thea Dorn und Cora Stephan mal abgesehen, nicht im geringsten interessiert. Dafür können sie natürlich nichts. Bei den beiden Ausnahmen muss ich mir aber noch überlegen, ob sie noch ganz richtig ticken, wenn sie so einen Blödsinn unterschreiben:

Zitat von Künstler und Autoren
Das Urheberrecht ermöglicht, dass wir Künstler und Autoren von unserer Arbeit leben können und schützt uns alle, auch vor global agierenden Internetkonzernen, deren Geschäftsmodell die Entrechtung von Künstlern und Autoren in Kauf nimmt.


Bekomme ich jetzt bei youtube Bücher vorgelesen? Oder wie ist das jetzt gemeint? Vielleicht ist mir auch entgangen, dass neuerdings Bücher in verbraucherfreundlichen 128 Zeichen getwittert werden.

Zitat von Künstler und Autoren
Die alltägliche Präsenz und der Nutzen des Internets in unserem Leben kann keinen Diebstahl rechtfertigen und ist keine Entschuldigung für Gier oder Geiz.

*
Die gierigen Leser sind auch noch geizig. Ich lach mich weg. Ich kaufe mir mehr Bücher als ich lesen kann und bekomme obendrein noch welche geschenkt. Kann ich für jedes ungelesene Buch eine Kostenrückerstattung fordern? Thilo Sarrazin hat das wohl geahnt und deshalb nicht unterschrieben.


*Nachtrag: Burkhard Driest hat auch unterschrieben, der ist wenigstens vom Fach, was Diebstahl angeht.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.05.2012 23:40
#27 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Llarian
Den lieben "Schaffenden" scheint so langsam, vielleicht und gerade aufgrund des Erfolges der Piraten, so langsam die Düse zu gehen.

Wäre das bei Ihnen nicht auch so, lieber Llarian, wenn man Ihnen in Aussicht stellen würden, demnächst für lau arbeiten zu müssen? Oder für einen Bruchteil dessen, was Sie bisher verdienen? Oder, realistischer, daß Sie sich für Hartz IV anmelden und dann umschulen lassen können?

Es geht hier um einen Arbeitskampf. Leuten soll ihre berufliche Existenz genommen werden, und sie wehren sich. Erstaunlicherweise?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2012 00:06
#28 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Reiner aus dem Saarland

Zitat von Zettel
Wo ist der Unterschied zu einem Kauf, nachdem das Buch erschienen ist? Wenn ich das Modell richtig verstehe, dann ändert es im Ergebnis nichts an dem jetzigen Zustand: Die einen kaufen und sichern damit dem Autor sein Einkommen, die anderen schnorren, indem sie kostenlos mitlesen. Nur sollen sie das legal tun können, währen sie jetzt digitale Raubkopien nutzen.

Und es gäbe im Unterschied zu heute die Situation, daß überhaupt nur noch etablierte Autoren existieren können, bei denen eine solche Vorfinanzierung durch eine treue Fangemeinde funktioniert.


Das Problem, an dem auch die 1500 Unterzeichner des Urheber-Manifestes nicht vorbei kommen, ist die Durchsetzung dieses Rechtes. Dazu habe ich im verlinkten Manifest keine Aussage gefunden. Soll der Staat drakonische Strafen auf "Internet-Delikte" wie das Herunterladen eines Buches (also einer Datei) verhängen? Und sie durchsetzen mit Internetsperren und ähnlichem? Also der alles kontrollierende "Law-And-Order-Staat"?


Recht und Gesetz, lieber Reiner aus dem Saarland, sind ja etwas Positives. Ich habe nie verstanden, wie man in Deutschland "Law and Order", Recht und Ordnung, als etwas Negatives darstellen konnte (und kann); so daß allein schon der Begriff als Argument verwendet wird, wie Sie es ja jetzt (leider) auch tun.

Die Antwort ist hier einfach: Man macht es genauso wie bei Kinderpornografie im Internet. Soweit ich sehe, gelten alle Argumente, die gegen die Durchsetzung des Urheberrechts vorgebracht werden, auch gegen die Verfolgung und Bestrafung der Verbreitung und des Ansehens von Kinderpornografie.

Nun kann man natürlich auch diese für falsch halten. Darüber kann man diskutieren. Aber das gibt es bereits - daß das Aufrufen von Seiten zurückverfolgt wird, daß PCs beschlagnahmt werden usw. Ein Überwachungsstaat ist dadurch bisher nicht entstanden, denn die Polizei macht es ja nur bei begründetem Verdacht.

Würde jeder, der einen Text unter Verletzung des Urheberrechts ins Netz stellt, drakonisch bestraft, dann wäre das Problem vielleicht nicht beseitigt, aber eingedämmt. So, wie Autos auch weiter gestohlen und in Häuser eingebrochen wird.

Zitat von Reiner aus dem Saarland
Ist dies wirklich alternativlos? Übrigens funktioniert dieses "Crowdfunding-Modell" bei Wikipedia hervorragend. Die oft ziemlich lästigen Aufrufe von Jimmy Wales haben bisher ihre Wirkung nie verfehlt. Keine Spenden - keine Wikipedia. Bei diesen Spenden geht es um die technische Ausstattung der Wikipedia.

Kein Geld - keine Unterhaltung, keine Kultur. Vielleicht sollten wir ab und zu an das Gute im Menschen glauben

Das Gute vielleicht schon, lieber Reiner, aber nicht das gute Urteil. Man könnte zahllose später berühmte Autoren nennen, die jahrelang, manchmal jahrzehntelang erfolglos waren und nur existieren konnten, weil Lektoren ihre Texte gut fanden und Verleger ihnen mit Vorschüssen halfen. Alle großen Verleger haben das gemacht und machen das; Ernst Rowohlt war berühmt dafür.

Übrigens gilt das nicht nur für Belletristik. Schopenhauers Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung" verkaufte sich so schlecht, daß, wenn ich mich recht erinnere (nicht verifiziert) sein Verleger vorschlug, die unverkäuflichen Bücher zu makulieren.

Wie Stefanolix schon schrieb: Ihr Modell würde allenfalls bei Bestseller-Autoren funktionieren und diese vielleicht noch reicher machen. Alle anderen Autoren könnten sich einen anderen Beruf suchen.

Oder vielmehr: Es würde sich etwas abspielen, was denjenigen, die derartige Ideen entwickeln, vermutlich recht wäre: Die Autoren würden Arbeitnehmer werden, wie Georg Diez, auch wenn dieser jetzt nicht mehr Redakteur ist sondern Autor des "Spiegel", aber vertraglich an diesen gebunden. Oder man arbeitet für das TV, schreibt "Tatorte" oder dergleichen.

Freier Schriftsteller könnte niemand mehr sein; mit Ausnahme der paar Etablierten. Ein Schritt in Richtung formierte Gesellschaft; und darum geht es ja auch. In dem Aufruf schreiben die Autoren:

Zitat
Mit Sorge und Unverständnis verfolgen wir als Autoren und Künstler die öffentlichen Angriffe gegen das Urheberrecht. Das Urheberrecht ist eine historische Errungenschaft bürgerlicher Freiheit gegen feudale Abhängigkeit, und es garantiert die materielle Basis für individuelles geistiges Schaffen.

Nicht nur gegen feudale Abhängigkeit, sondern auch gegen die Abhängigkeit von Medienkonzernen.

Diese Ideen, wie Sie sind darlegen, mögen ja gut gemeint sein. Aber wie meist führt die Abschaffung von Rechten des Einzelnen - hier eben des Urheberrechts - nicht zu mehr Freiheit, sondern zu mehr Abhängigkeit.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2012 00:20
#29 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von C.

Zitat von Zettel
Wenn Sie sich die Namen der Unterzeichner ansehen, dann haben Sie einen Überblick über diejenigen, die in Deutschland als Autoren Rang und Namen haben.



Ehrlich? Ich muss zugeben, dass ich 90% der Namen noch nie gehört habe und mich der Rest, von Thea Dorn und Cora Stephan mal abgesehen, nicht im geringsten interessiert.


Wen von denen, die Rang und Namen haben, vermißt du denn, dear C.?

Wahrscheinlich werden es schon ein paar sein; ich habe ja nicht die komplette Liste gelesen (obwohl das Setzen in zwei Farben die Lektüre dieser Liste sehr erleichtert). Aber mein Eindruck beim Überfliegen war:

Zitat von C.

Zitat von Künstler und Autoren
Das Urheberrecht ermöglicht, dass wir Künstler und Autoren von unserer Arbeit leben können und schützt uns alle, auch vor global agierenden Internetkonzernen, deren Geschäftsmodell die Entrechtung von Künstlern und Autoren in Kauf nimmt.


Bekomme ich jetzt bei youtube Bücher vorgelesen? Oder wie ist das jetzt gemeint? Vielleicht ist mir auch entgangen, dass neuerdings Bücher in verbraucherfreundlichen 128 Zeichen getwittert werden.


Gemeint ist, denke ich, das, was ich gerade in meiner Antwort an Reiner aus dem Saarland geschrieben habe:

Wenn man als freier Autor nicht mehr vom Ertrag seiner Arbeit leben kann (und das wäre die unausweichliche Folge einer Aufweichung des Urheberrechts), dann bleibt es nur noch, bei einem Medienkonzern unterzuschlüpfen. Oder am besten gleich beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo es sich kommod lebt und man auch noch eine schöne Altersversorgung hat.

Oder aber man begnügt sich mit Hartz IV, wie der Geschäftsführer der Piraten, der in seiner Bewerbungsrede erwähnt hat, daß er vierzig Stunden der Woche der Partei zur Verfügung stehen könnte.

Es geht bei diesen Attacken gegen das Urheberrecht um einen Anschlag auf die Freiheit im Namen der Freiheit. Daß das von den Piraten kommt, liegt aus meiner Sicht an deren Generation-Flatrate-Mentalität. Sie haben es verlernt, alles, was sie haben wollen, individuell zu bezahlen. Entweder per Flatrate oder - noch besser - für lau. Bedingungsloses Grundeinkommen, kostenloser ÖPNV, und eben jeder darf kostenlos das nutzen, was andere erarbeitet haben.

Herzlich, Zettel

Michel Offline



Beiträge: 265

12.05.2012 00:29
#30 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat
Wie Stefanolix schon schrieb: Ihr Modell würde allenfalls bei Bestseller-Autoren funktionieren und diese vielleicht noch reicher machen. Alle anderen Autoren könnten sich einen anderen Beruf suchen.



Lieber Zettel, genau diese These ist mehr als fraglich. Auch das Modell Urheberrecht funktioniert allenfalls bei Bestseller-Autoren. Alle anderen müssen in Vorleistung gehen, um den Vertrieb ihrer Bücher zu finanzieren. Wie hoch schätzen sie die Auswirkungen auf die Anzahl der Kulturschafenden ein, die eintraten als das Urheberrecht eingeführt wurde?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2012 00:53
#31 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Michel

Zitat
Wie Stefanolix schon schrieb: Ihr Modell würde allenfalls bei Bestseller-Autoren funktionieren und diese vielleicht noch reicher machen. Alle anderen Autoren könnten sich einen anderen Beruf suchen.

Lieber Zettel, genau diese These ist mehr als fraglich. Auch das Modell Urheberrecht funktioniert allenfalls bei Bestseller-Autoren. Alle anderen müssen in Vorleistung gehen, um den Vertrieb ihrer Bücher zu finanzieren.


Das verstehe ich jetzt nicht ganz, lieber Michel.

Hat sich vielleicht im Verlagswesen etwas Grundlegendes geändert, was mir entgangen ist? Nach meiner Kenntnis läuft es immer noch so:

Jemand schreibt ein Manuskript; so, wie ein anderer, sagen wir, Würste für seine Currywurstbude kauft und sie grillt. Dann sucht man Käufer. Der Mann von der Bude braucht viele, der Autor nur einen; nämlich einen Verleger, der ihm das Manuskript abnimmt. Dann werden die Konditionen ausgehandelt. Der Verleger produziert und vermarktet das Buch, und er und der Autor teilen sich - so vorhanden - den Gewinn. So, wie der Mann von der Currywurstbude den Gewinn aus dem Verkauf seiner Currywürste einstreicht. Je mehr er verkauft, umso mehr verdient er.

Eine Vorleistung gibt es dabei nicht. Es sei denn, Sie meinen mit "Vorleistung", daß derjenige, der Geld verdienen will, erst einmal investieren muß - der Budenmann in den Kauf von Würsten auf dem Großmarkt; der Autor in die Zeit und Mühe, die ihn das Verfassen des Ms kostet. Meinen Sie es so?



Das Geschäftsmodell, das Reiner aus dem Saarland skizziert hat, scheint mir im Currywurst-Fall eher so auszusehen: Der Budenbesitzer gibt bekannt, daß es bei ihm demnächst Currywurst gibt. Wer eine will, der muß erst einmal bezahlen. Wie viel, das bleibt ihm überlassen. Der Currwurstmann wartet so lange, bis er eine Summe hat, die ihm ausreichend erscheint.

Dann fährt er zum Großmarkt und holt die Würste. Er grillt sie - und verteilt sie, solange Vorrat reicht, an jeden, der eine haben will. Ob dieser zuvor bezahlt hatte oder nicht.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

12.05.2012 01:01
#32 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Michel
Wie hoch schätzen sie die Auswirkungen auf die Anzahl der Kulturschafenden ein, die eintraten als das Urheberrecht eingeführt wurde?



Da muß man nichts schätzen, denn das Urheberrecht wurde erst zu Goethes Zeiten erkämpft. Vorher haben die Künstler gar nichts und die Drucker/Verleger alles verdient.
Alle Künstler waren auf die Almosen und Renten ihrer Fürsten angewiesen. Noch Goethe hatte keine Chance von seinen Werken zu leben. Er mußte sich einen Verwaltungsposten in Fürstendienst erschleimen, für den er völlig ungeeignet war.
Shakespeare lebte nur von den Liveaufführungen. Die Abdrucke seiner Werke waren Bestseller, aber genau, wie es die Piraten anstreben, bekam Shakespeare nichts davon. Die Verteiler und Raubkopierer machten das große Geschäft mit seinen Texten.
Die heutige Literatur- und Musikzene haben wir nur, weil man die Werke der Autoren, Komponisten und Musiker eben nicht einfach so verbreiten darf, wie man möchte.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2012 01:25
#33 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von califax
Die heutige Literatur- und Musikzene haben wir nur, weil man die Werke der Autoren, Komponisten und Musiker eben nicht einfach so verbreiten darf, wie man möchte.


Bleibt die Frage, ob in Anbetracht dessen, was heute bekannt und -rühmt ist, dies ein Kompliment war... ;)

Blub ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2012 02:50
#34 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Lieber Zettel, ich bin auch ein Verfechter des Urheberrechts und v.a. ein Gegner der Kultur-GEZ, aber Ihr Gehaltsvergleich stimmt ja so nun gar nicht. Die von Ihnen beweinten Einkommensmillionäre sind noch sehr weit von Hartz 4 weg, obwohl schon über ein Jahrzehnt viele Leute, das Urheberrecht mit Füßen treten. Und die vielen Journalisten darin, haben wohl eher damit zu kämpfen, dass Blogger wie Sie einfach besser sind. Dazu kommt, dass der Aufruf v.a. von Leuten unterzeichnet wurde, die (heute) nicht betroffen sind, da ihr Publikum gar nicht derartige Urheberverletzungen begeht. Darüberhinaus gibt es wenig Hinweis dafür, dass die Leute auch wirklich das kaufen würden, was sie herunterladen. Nur ein Bruchteil davon entspricht echten Verkäufen. Seit es faire Bedingungen beim Online-Handel gibt, sehe ich verstärkt wieder eine faire Behandlung auch von Seiten der Kunden, dass eben wieder gekauft wird.

Darüber hinaus würden Sie an anderer Stelle sehr wahrscheinlich sagen, dass eine veraltete Industrie mit veralteten Methoden nicht künstlich mit Förderung und rechtlichen Maßnahmen am Leben gehalten werden solle. Das gilt auch für den Content-Industrie.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

12.05.2012 03:41
#35 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von stefanolix
Im Grunde argumentieren Sie mit einer um 180° gedrehten Anmaßung: Aus dem völlig überzogenen Spruch »Raubkopierer sind Verbrecher« machen Sie das ebenso überzogene »Contentverwerter sind Verbrecher« und beziehen vermutlich die Unterzeichner des Aufrufs gleich mit ein …


Ich will mal so sagen: Schwarzkopierer sind keine Verbrecher, sie sind vielleicht Gesetzverstosser, aber ein Verbrechen ist etwas gänzlich anderes. Contenverwetrter sind auch keine Verbrecher, aber sie fordern ein Verbrechen und die Unterzeichner dieser unseligen Depeche sind ihre nützlichen Idioten. Und nebenbei gesprochen, das geforderte Verbrechen ist (selbst wenn man die Assoziation für richtig erachtete) kein einfacher Diebstahl, es ist die Einschränkung und Auflösung von Grundrechten, das Wort Schwerverbrechen erscheint passend.

Und ich denke man kann durchaus mit meiner “Maximalposition” Politik betreiben, denn tatsächlich ist das Urheberrecht (im Unterschied zu Grundrechten) keine Vorraussetzung in einer freien Gesellschaft. Wir können es durchaus einstampfen und uns überlegen was wirklich sinnvoll ist. Der Rechtsstaat braucht die Grundrechte. Der Rechtsstaat braucht dagegen kein Urheberrecht. Ein Interessenausgleich zwischen Gesellschaft und Urhebern KANN erfolgen (und ich meine sogar, dass dieser sinnvoll ist). Er muss aber nicht. Und vielleicht kommen die “Kreativen” (zumindest die, die meinen sie stünden über dem Rechtsstaat) dann mal zu sich und bewerten mal ihre eigene Wichtigkeit im Vergleich zu einer freien Gesellschaft. Denn wie Udo Vetter in dem oben verlinkten Artikel so treffend schreibt: Autoren sind nicht systemrelevant.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

12.05.2012 03:51
#36 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Zettel
Wäre das bei Ihnen nicht auch so, lieber Llarian, wenn man Ihnen in Aussicht stellen würden, demnächst für lau arbeiten zu müssen?


Oh ja, Madonna, Lars Ulrich, Smudo oder wie die .... heissen, die nicht laut genug für die Contentindustrie trommeln können, nagen alle demnächst am Hungertuch. Wenn Sie nur einen Bruchteil von dem verdienen würden, lieber Zettel, was die Autoren/Künstler/Schaffenden verdienen, die im Wesentlichen trommeln, dann wären Sie ein reicher Mann. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass in diesem Aufruf mal ein paar weniger Bekannte dabei sind. Das Copyright, insbesondere Monstrositäten wie Acta, werden im Wesentlichen von Firmen und Künstlern getragen, die in einem Jahr mehr Geld verdienen als die meisten in ihrem Leben. Die kriegen den Hals nicht voll und wollen mehr. Nachvollziehbar. Aber ich sehe es nicht ein dafür meine Grundrechte zu opfern.
Offenere Positionen zum Copyright finden sie unter Künstlern erstaunlicherweise genau bei denen, die angeblich mehr geschützt werden müssen. Kleine Autoren und Künstler werden in der Regel nicht kopiert, es sind die Millionenumsetzer. Und mein Mitleid dafür hält sich in Grenzen.

Und was die persönliche Frage angeht: Ich verdiene gerne viel Geld. Aber ich tu das nicht auf Kosten der Grundrechte anderer und ich fordere auch nicht die Grundrechte einzustampfen, damit ich noch mehr Kohle bekomme. Und wenn ich es wollte, wäre es falsch und man sollte es mir nicht geben.

Zitat
Es geht hier um einen Arbeitskampf. Leuten soll ihre berufliche Existenz genommen werden, und sie wehren sich. Erstaunlicherweise?


Das tun ehemalige Stasi-Spitzel, GEZ-Fuzzies oder innereuropäische Zollfahnder auch. Das ist doch kein Grund jemandem Recht zu geben. Jeder möchte gerne mehr Geld haben. Deswegen gebe ich ihm doch kein Monopol dazu. Die Zeitungen wollen das ja demnächst auch. Ich denke trotzdem das das für die Tonne ist.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

12.05.2012 04:06
#37 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Zettel
Nun kann man natürlich auch diese für falsch halten. Darüber kann man diskutieren. Aber das gibt es bereits - daß das Aufrufen von Seiten zurückverfolgt wird, daß PCs beschlagnahmt werden usw. Ein Überwachungsstaat ist dadurch bisher nicht entstanden, denn die Polizei macht es ja nur bei begründetem Verdacht.


Entschuldigen Sie, lieber Zettel, aber ich könnte schreien, wenn ich so etwas lese. Und es fällt mir wirklich schwer eine passende Antwort zu schreiben, ohne in einen bitterzynischen Ton zu verfallen, der ihrem Forum nicht angemessen ist. Sagt Ihnen Aktion "Himmel" etwas, ohne das sie googeln müssen ? (Ansonsten emfehle ich das mal nachzuschlagen, beispielsweise im Wikipedia Artikel zum Thema Kinderpornographie) Haben Sie von der Aktion "Mikado" gehört ? Vielleicht mal so ein kleines Streiflicht am Rande, da ja die Polizei nur begründet arbeitet:

http://www.lawblog.de/index.php/archives...l-in-die-holle/

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

12.05.2012 06:44
#38 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Blub
Darüberhinaus gibt es wenig Hinweis dafür, dass die Leute auch wirklich das kaufen würden, was sie herunterladen. Nur ein Bruchteil davon entspricht echten Verkäufen. Seit es faire Bedingungen beim Online-Handel gibt, sehe ich verstärkt wieder eine faire Behandlung auch von Seiten der Kunden, dass eben wieder gekauft wird.

Darüber hinaus würden Sie an anderer Stelle sehr wahrscheinlich sagen, dass eine veraltete Industrie mit veralteten Methoden nicht künstlich mit Förderung und rechtlichen Maßnahmen am Leben gehalten werden solle. Das gilt auch für den Content-Industrie.



Zwei Anmerkungen: Erstens stimmt es, dass im Netz mit Musik wieder etwas mehr Umsätze erzielt werden. Ohne eine spezielle Marke hervorheben zu wollen: Die Kunden kaufen es, wenn es einfach zu handhaben und moderat im Preis ist. Die Künstler können mit den Bedingungen leben.

Genau deshalb erleben wir seit dem Erstarken der Piraten eine so starke Kampagne gegen das Urheberrecht. Sie wollen dieses Geschäft zerstören, bevor es Erfolg hat. Warum? Weil sie die Gesellschaft mit aller Macht egalisieren wollen, weil ihnen Erfolg und Leistung unheimlich sind.

Zettel schreibt in einem anderen Beitrag, dass er bestimmte Methoden des Zurückverfolgens illegaler Downloads unterstützen würde. Dazu bereite ich noch eine Antwort vor, denn ich halte das für den falschen Weg. Wenn die Musik- und Filmhersteller den Leuten wieder etwas verkaufen wollen, muss es ohne Gängelung der ehrlichen Kunden und ohne Eingriff in die Grundrechte geschehen.

Zweitens möchte ich gegen den Begriff Content-Industrie protestieren. Es geht jetzt nicht mehr um den Industriezweig, der die Werke verarbeitet. Der wird sich neu ordnen müssen. Es geht um diejenigen, die jedes Werk erst schaffen müssen. Wenn die Piraten Erfolg haben, wird unsere gesamte Kulturlandschaft auf Mittelmaß nivelliert.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2012 07:20
#39 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von stefanolix
Zweitens möchte ich gegen den Begriff Content-Industrie protestieren. Es geht jetzt nicht mehr um den Industriezweig, der die Werke verarbeitet. Der wird sich neu ordnen müssen. Es geht um diejenigen, die jedes Werk erst schaffen müssen. Wenn die Piraten Erfolg haben, wird unsere gesamte Kulturlandschaft auf Mittelmaß nivelliert.

Das ist der Kern, sehr schön auf den Punkt gebracht.

Die Piraten sind, soweit sich überhaupt bisher eine Haltung abzeichnet, keine freiheitliche, schon gar nicht eine libertäre, sondern eine egalitäre Partei. Der Grundgedanke, die Grundbefindlichkeit dieser Bewegung - das sind sie ja; eher als eine Partei - scheint mir zu sein: Der Einzelne ist nichts, die Gemeinschaft ist alles.



Mich haben die Stunden, in denen ich mir die Übertragung von Phoenix aus Neumünster angesehen habe, sehr beeindruckt. Bei der Vorstellung der Kandidaten gab es kaum jemanden, der nicht betonte, seine eigene Meinung sei ihm nicht so wichtig; er werde das "vertreten", was die Partei beschließt. Diese Unterordnung des Einzelnen unter die Gemeinschaft kennt man sonst nur von ganz links und ganz rechts. Im Vergleich dazu waren die Grünen ihrer Anfangsjahre eine ausgesprochen liberale Partei.

Und das scheint mir auch eines der Motive für den Kampf gegen das Urheberrecht zu sein. Eines von zweien.

Auf der einen Seite gehört diese Forderung in dieselbe Kategorie wie das bedingungslose Grundeinkommen, der kostenlose ÖPNV usw. Das ist das Schlaraffenland-Denken einer verwöhnten Generation. Im Mai '68 rief man "Wir wollen alles, und zwar sofort" und meinte damit eine bessere, sozialistische Gesellschaft. Die Piraten wollen auch alles, und zwar sofort; meinen aber Musik, Lektüre, Bahnfahren usw., ohne dafür zahlen zu müssen.

Das ist das eine. Das andere Motiv hinter dem Kampf gegen das Urheberrecht scheint mir aber dieser Egalitarismus zu sein. Was bilden sich denn diese Künstler ein? Ist denn nicht jeder von uns ein Künstler?

Diez hat das in dem Abschnitt, den ich am Ende zitiere, sehr entlarvend ausgedrückt:

Zitat von Georg Diez
"Wir" wissen, wie es geht, "wir" schreiben Bücher und machen Kunst, "wir" sind nicht ihr. Das wirkt ein wenig wie früher auf dem Pausenhof: Klassenkeile für den Neuling und die Raucherecke nur für Oberstufenschüler.

Das ist das Ressentiment gegen eine Elite. Es richtet sich gegen den Künstler als Individuum. Mit "Content-Industrie" hat das in der Tat nichts zu tun.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2012 07:38
#40 Smudo? Stefanie Lemke! Antworten

Zitat von Llarian

Zitat von Zettel
Wäre das bei Ihnen nicht auch so, lieber Llarian, wenn man Ihnen in Aussicht stellen würden, demnächst für lau arbeiten zu müssen?


Oh ja, Madonna, Lars Ulrich, Smudo oder wie die .... heissen, die nicht laut genug für die Contentindustrie trommeln können, nagen alle demnächst am Hungertuch.


Ich glaube, lieber Llarian, wir haben eine unterschiedliche Vorstellung davon, was Schriftsteller sind.

Vielleicht führt die Namensliste unter dem Aufruf dadurch in die Irre, daß am Anfang die Prominentesten genannt werden - Kehlmann, Roche, Stadler, Walser usw. Die haben zwar wenig mit Smudo gemein, aber natürlich verdienen sie gut.

Aber machen Sie vielleicht einmal das folgende kleine Experiment, das ich eben gemacht habe: Eine Art Bibelstechen. Ich habe irgendwohin in dieser Liste gescrollt und die vier Namen markiert, auf die zufällig mein Blick fiel. Es waren Stefanie Lemke, Sabine Ludwig, Daniel Bielenstein, Frank Stefan Becker. Dann habe ich nach diesen Namen gegoogelt:

Stefanie Lemke, laut Selbstdarstellung "Übersetzerin und freie Lektorin aus Leidenschaft"

Sabine Ludwig, Autorin und Übersetzerin

Daniel Bielenstein, Autor von Kurzgeschichten und eines Romans

Frank Stefan Becker, Autor historischer Romane.

Machen Sie selbst das kleine Experiment, lieber Llarian - nehmen Sie zufällig ein paar Namen aus dieser Liste von 1500 Namen und schauen Sie sich an, wer sich dahinter verbirgt. Dann wissen Sie, wer die Leute sind, deren Existenz bedroht, wenn nicht vernichtet werden soll.

Herzlich, Zettel

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

12.05.2012 08:29
#41 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Llarian
Und ich denke man kann durchaus mit meiner “Maximalposition” Politik betreiben, denn tatsächlich ist das Urheberrecht (im Unterschied zu Grundrechten) keine Vorraussetzung in einer freien Gesellschaft. Wir können es durchaus einstampfen und uns überlegen was wirklich sinnvoll ist. Der Rechtsstaat braucht die Grundrechte. Der Rechtsstaat braucht dagegen kein Urheberrecht. Ein Interessenausgleich zwischen Gesellschaft und Urhebern KANN erfolgen (und ich meine sogar, dass dieser sinnvoll ist). Er muss aber nicht. Und vielleicht kommen die “Kreativen” (zumindest die, die meinen sie stünden über dem Rechtsstaat) dann mal zu sich und bewerten mal ihre eigene Wichtigkeit im Vergleich zu einer freien Gesellschaft. Denn wie Udo Vetter in dem oben verlinkten Artikel so treffend schreibt: Autoren sind nicht systemrelevant.




Ich halte diese Schlussfolgerung Udo Vetters für anmaßend — obwohl ich ihn als Experten auf anderen Gebieten respektiere. Dabei bin ich in der Ablehnung der staatlichen Überwachung unserer Kommunikation und in der Ablehnung gewisser Exzesse der Verwerter völlig mit Ihnen und Udo Vetter einer Meinung. Aber danach gibt es nicht mehr viele Gemeinsamkeiten.

Der Interessenausgleich zwischen der Gesellschaft und den Urhebern muss auf einer fairen Basis erfolgen. Dabei sollte sich jeder Einzelne selbst überprüfen: Muss ich alles mitmachen, weil es andere tun und weil es gefahrlos möglich ist?

Im folgenden zitiere ich kurz, was ich selbst darüber gebloggt hatte. Ich blende dabei den Medienkonzern und den Staat aus, weil ich den mündigen Bürger in Eigenverantwortung sehe, der nicht andere für illegales Verhalten verantwortlich machen kann:

Zitat von stefanolix.wordpress.com
Doch muss man wirklich mit der Masse mitmachen? Würde man mit der Masse jemanden treten oder mit der Masse extremistische Parolen brüllen, solange es keiner nachweisen kann? Würde man [im Biergarten] die Zeche prellen, wenn man in einem günstigen Augenblick in der Masse untertauchen kann?

Hoffentlich nicht! Warum glauben dann so viele Leute daran, dass man in der anonymen Masse das Urheberrecht brechen darf? Weil es niemand nachweisen kann? Aber wenn es keiner merkt, dann könnte man doch auch — ein wenig Treten, Brüllen oder Zechprellen?

Jeder Mensch, dem ich als Teil der Menge begegne, hat Respekt verdient — so auch der Wirt und der Urheber. Aktiver Respekt zeigt sich jeden Tag in unseren Entscheidungen und Meinungsäußerungen: Handle so, dass die Maxime Deines Handelns als Maxime des Handelns aller Akteure dienen kann.

Es gab in der Finanzkrise einen Tag, an dem ich besonders angewidert war. Das war der Tag, an dem ich eine teure Beratung angeboten bekam: Wir zeigen Ihnen, wie Sie ganz legal Ihre Rechnungen nicht bezahlen müssen, bis Ihre Gläubiger aufgeben oder bankrott sind. Kurzfristig verlockend.

In Wahrheit aber genauso widerlich wie das Geschäftsmodell von kino.to oder megaupload. Es war sofort klar: Wenn das alle machen würden, wäre die Wirtschaft bald zusammengebrochen. Deshalb: Handle so, dass die Maxime Deines Handelns als Maxime des Handelns aller Akteure dienen kann.



Man wird die Konsumenten weder technisch noch durch staatliche Repressalien dazu bringen können, ein faires Urheberrecht einzuhalten. Die schweigende Mehrheit muss umdenken. Das illegales Verbreiten des geistigen Eigentums sollte gesellschaftlich genauso wenig akzeptiert sein, wie das Nachtreten in der anonymen Menge, das Brüllen extremistischer Parolen oder das Zechprellen.

Editiert: Quoting auf das Wesentliche reduziert.

danielphoffmann Offline




Beiträge: 124

12.05.2012 10:31
#42 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

ein Almosen statt reguläres Honorar.

Wenn erst einmal nichts Neues mehr erscheint und ihr alles Alte kopiert und euch daran gelangweilt habt, werdet ihr begreifen, dass die Losungen einer dekadenten Faulenezergeneration in den Untergang führen.

An eye for an eye, a tooth for a tooth

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

12.05.2012 10:42
#43 RE: Smudo? Stefanie Lemke! Antworten

Lieber Zettel, ich bin nicht sicher ob sie mit der Begrifflichkeit des "nützlichen Idioten" vertraut sind. Denn genau das sind diese 1500 Unterzeichner im Wesentlichen. Nützliche Idioten. Und genau deshalb wird diese Liste gerade von der deutschen Contentindustrie so nach vorne gepuscht.
Es sind im Wesentlichen alles Leute, die es kaum im Ansatz betrifft. Es sind Filme, Musik & Pornographie die im Wesentlichen in Milliardenauflage durchs Internet laufen und verfielfältigt werden, keine Bücher von Walser (um das bekannte Beispiel zu nehmen) oder die (mir unbekannten) Kehlmann oder Stadler. Selbst Roche, die sie erwähnen, hat problemlos ihre Bücher verkaufen können, ohne von Schwarzkopien in grösserem Maße betroffen zu sein (in Einzelfällen hat man auch schon Pferde kotzen sehen). Bei dem ausufernden Moloch Urheberrecht, den wir heute erleben, geht es nahezu überhaupt nicht um Bücher. Es geht um Musik, Filme und tatsächlich Pornographie (diese vermutlich zuvorderst). Nur wäre der Aufruf der 1500 Pornodarsteller ein bissel zu klebrig, um damit gut argumentieren zu wollen.

Aber selbst wenn wir mal unterstellen diese 1500 wären wirklich in ihrer Existenz bedroht (was ich ausdrücklich in Abrede stelle). 1500, die sich einen anderen Job suchen müssten (oder ein anderes Geschäftsmodell) sind ziemlich wenig gegen die Grundrechte von 80 Millionen Bürgern.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

12.05.2012 10:45
#44 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von stefanolix

Ich halte diese Schlussfolgerung Udo Vetters für anmaßend — obwohl ich ihn als Experten auf anderen Gebieten respektiere. Dabei bin ich in der Ablehnung der staatlichen Überwachung unserer Kommunikation und in der Ablehnung gewisser Exzesse der Verwerter völlig mit Ihnen und Udo Vetter einer Meinung. Aber danach gibt es nicht mehr viele Gemeinsamkeiten.

Der Interessenausgleich zwischen der Gesellschaft und den Urhebern muss auf einer fairen Basis erfolgen. Dabei sollte sich jeder Einzelne selbst überprüfen: Muss ich alles mitmachen, weil es andere tun und weil es gefahrlos möglich ist?


So ist es. Ich stimme Ihnen, Zettel und Califax zu.
In der ganzen Diskussion ist immer wieder von Grundrechten die Rede. Gehört das Recht auf Eigentum nicht dazu? Ist es nicht das Grundrecht welches uns frei macht?

Was in aller Welt haben Grundrechte damit zu tun ob jemand Millionen damit verdient, was er sich ausgedacht hat und es Millionen lesen wollen.
Vielleicht weil, was in seinem Kopf ist, nichts weiter ist als eine Synthese des kollektiven Geistes der Gesellschaft, und es ihm darum überhaupt nicht gehört?

Es gibt auch die Ansicht, dass einem Unternehmer sein Eigentum, seine Produktionsmittel nicht gehören, weil diese von den Arbeitern erschaffen wurden. Demzufolge eine Enteignung die Rückgabe des Besitzes an seine rechtmässigen Eigentümer darstellen würde.

Das ist gemeint mit Interessenausgleich zwischen Gesellschaft und Urhebern auf einer fairen Basis. Fair, für wen? Für den Einzelnen sicher nicht. Das geistige Eigentum soll zwangskollektiviert werden und da es die Grundlage für materielles Eigentum darstellt ist dies als nächstes dran.

Das Urheberrecht ist ein Grundrecht, weil es ein Recht auf Eigentum ist.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

12.05.2012 11:01
#45 RE: Smudo? Stefanie Lemke! Antworten

Zitat von Llarian
Nur wäre der Aufruf der 1500 Pornodarsteller ein bissel zu klebrig, um damit gut argumentieren zu wollen.


Würde für mich auch überhaupt keinen Unterschied machen.
Daniel Kehlmann ist übrigens exzellent! Der hat in Deutschland niemanden gefunden der ihn verlegen wollte. Amerika hat ihn entdeckt.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

12.05.2012 11:05
#46 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von stefanolix
Ich halte diese Schlussfolgerung Udo Vetters für anmaßend — obwohl ich ihn als Experten auf anderen Gebieten respektiere.


Das können Sie ruhig tun, aber genau darum ging es mir: Für viele Leute ist diese Schlußfolgerung immer weniger anmaßend. Die Contentindustrie hat inzwischen soviel Kredit verspielt, dass mehr und mehr Leute eben überhaupt keine Berechtigung mehr sehen. Und jeder Unsinn wie diese Depeche ist meines Erachtens ein weiterer Sargnagel um die Basis zu vergrössern.

Zitat
Dabei bin ich in der Ablehnung der staatlichen Überwachung unserer Kommunikation und in der Ablehnung gewisser Exzesse der Verwerter völlig mit Ihnen und Udo Vetter einer Meinung. Aber danach gibt es nicht mehr viele Gemeinsamkeiten.


Nein, lieber Stefanolix, wir sind NICHT einer Meinung. Denn solche Sätze ala "gewisse Exzesse der Verwerter" sind schlicht relativierende Lippenbekenntnisse. Ich habe vor langer Zeit realisiert das Urheberrecht und Meinungsfreiheit sich in unserer technischen Welt wechselseitig ausschliessen. Und das ist mir weniger aus ethischen oder juristischen sondern schlicht aus technischen Gründen her absolut klar. Wer meint mit ein bischen Urheberrecht so zwischen beiden Seiten zu leben ist eben nicht meiner Meinung. Und vermutlich auch nicht Vetters, auch wenn ich mir kaum anmaße für diesen zu sprechen. Ich für meinen Teil habe eine Entscheidung getroffen was ich für wichtig halte. Sie müssen diese Entscheidung nicht treffen. Aber dann haben wir keine gemeinsame Meinung.

Zitat
Würde man [im Biergarten] die Zeche prellen, wenn man in einem günstigen Augenblick in der Masse untertauchen kann?


Und genau solche rethorischen Griffe sind schon ein Grund, warum wir nicht einmal eine richtige Diskussionsgrundlage haben. Denn hier ist schon wieder ein Vergleich mit Diebstahl eingeflossen. Und noch einmal: Eine Schwarzkopie ist KEIN Diebstahl. Immernochnicht. War es nicht. Und ist es auch morgen nicht. Es ist eine Kopie. Und die Frage ob eine Kopie verboten ist, ist eine gesellschaftliche Entscheidung. Es ist keine juristische Folge unserer Verfassung, im klaren Unterschied zum Diebstahl eines Biers.

Zitat
In Wahrheit aber genauso widerlich wie das Geschäftsmodell von kino.to oder megaupload.


Ist Ihnen nebenbei aufgefallen, dass das Geschäftsmodell von megaupload geradezu belegt, wie ein faires Urheberrecht aussehen kann ? Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass Kim Schmitz belegt hat, dass Nutzer durchaus bereit sind für Inhalte zu zahlen ? Der grosse Witz an Megaupload ist, dass sie das, woran die Contentindustrie seit mehr als 10 Jahren scheitert, in reale Form umgesetzt haben.

Zitat
Man wird die Konsumenten weder technisch noch durch staatliche Repressalien dazu bringen können, ein faires Urheberrecht einzuhalten. Die schweigende Mehrheit muss umdenken.


Die schweigende Mehrheit muss erst einmal gar nix. Denn sie klaut kein Bier im Biergarten und brüllt auch keine Parolen wenn niemand hinsieht. Aber die schweigende Mehrheit hat eben keine Lust sich mehr und mehr gängeln zu lassen und einigen Musikern mehr und mehr Milliarden in den Allerwertesten zu blasen. Denn auch das ist ja der Witz der Sache: Geklaut wird wenig, kopiert wird viel. Obwohl das tatsächliche Stehlen kaum mehr auffällt (und, dank Contentindustrielobbbyismus nicht mehr sondern eher weniger bestraft wird). Das hat eben viel damit zu tun, dass die schweigende Mehrheit eben nicht der Meinung der 1500 Autoren ist. Wenn also jemand umdenken muss, dann ist es die Contentindustrie. Das passiert ja auch. Apple hat es als erster Grosser umgesetzt und viele kleine Künstler haben es bereits zu Hunderten im Netz vorgemacht. Kim Schmitz hat es für Filme belegt und selbst dieser Zug wird jetzt langsam in Bewegung gesetzt.

Die schweigende Mehrheit ist bereit zu zahlen, aber eben nicht zu den Bedingungen, die ihr diktiert werden sollen. Die Contentprovider täten gut daran das zu nutzen, so lange diese Bereitschaft noch da ist.


EDIT: Formulierung angepasst.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2012 11:14
#47 RE: Smudo? Stefanie Lemke! Antworten

Zitat von Llarian
Selbst Roche, die sie erwähnen, hat problemlos ihre Bücher verkaufen können, ohne von Schwarzkopien in grösserem Maße betroffen zu sein

Das stimmt. Es geht ja auch nicht um die Gegenwart, sondern die Zukunft. Bis vor kurzem standen die meisten Bücher nicht digitalisiert zur Verfügung. Man mußte sie einscannen, um sie ins Netz zu stellen. Mit dem Vordringen der E-Books (das jetzt in Deutschland, scheint mir, mit Macht einsetzt) wird sich das radikal ändern. Dann ist nahezu jedes Buch auch digital auf dem Markt, bald vielleicht nur noch digital.

Wenn dann das Urheberrecht fällt, sind E-Books nicht mehr verkäuflich. Wer kauft sich das, was er ebenso, und in derselben Qualität, kostenlos haben kann?

Was aber nicht vekäuflich ist, das wird auch nicht mehr produziert. Die Musikindustrie hat sich umgestellt. Soviel ich weiß, wird jetzt das gute Geld mit Tourneen und sonstigen Auftritten verdient. Die CDs sind dafür nur noch mehr oder weniger Werbematerial. Für Bücher gibt es diesen Ausweg nicht. Sie werden schlicht nicht mehr im bisherigen Umfang produziert werden. Das haben wir ja alles schon mehrfach ausdführlich diskutiert.

Zitat von Llarian
Aber selbst wenn wir mal unterstellen diese 1500 wären wirklich in ihrer Existenz bedroht (was ich ausdrücklich in Abrede stelle). 1500, die sich einen anderen Job suchen müssten (oder ein anderes Geschäftsmodell) sind ziemlich wenig gegen die Grundrechte von 80 Millionen Bürgern.

Die Bedrohung der Existenz erklärt den Aufruf; deshalb habe ich das erwähnt.

Mein eigenes Engagement bei diesem Thema hat einen anderen Grund: Ich habe nun einmal ein enges Verhältnis zur Literatur. Ich will nicht, daß die deutsche Kultur auch noch den Verlust ihrer Literatur erleidet.

Das ist eine Wertentscheidung. Sie können, lieber Llarian - ich weiß nicht, ob es so ist - der Meinung sein, daß ein Volk auch ohne seine Kultur bestehen kann, zu der wesentlich die Literatur gehört. Vielleicht geht das. Aber ich will - wie gesagt, persönliche Wertentscheidung - nicht, daß es so kommt.

Herzlich, Zettel

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

12.05.2012 11:34
#48 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Llarian
Und noch einmal: Eine Schwarzkopie ist KEIN Diebstahl.


Dann ist es eben ein EIGENTUMSVERGEHEN.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Michel Offline



Beiträge: 265

12.05.2012 11:38
#49 RE: Smudo? Stefanie Lemke! Antworten

Zitat
Aber machen Sie vielleicht einmal das folgende kleine Experiment, das ich eben gemacht habe: Eine Art Bibelstechen. Ich habe irgendwohin in dieser Liste gescrollt und die vier Namen markiert, auf die zufällig mein Blick fiel. Es waren Stefanie Lemke, Sabine Ludwig, Daniel Bielenstein, Frank Stefan Becker. Dann habe ich nach diesen Namen gegoogelt:

Stefanie Lemke, laut Selbstdarstellung "Übersetzerin und freie Lektorin aus Leidenschaft"

Sabine Ludwig, Autorin und Übersetzerin

Daniel Bielenstein, Autor von Kurzgeschichten und eines Romans

Frank Stefan Becker, Autor historischer Romane.

Machen Sie selbst das kleine Experiment, lieber Llarian - nehmen Sie zufällig ein paar Namen aus dieser Liste von 1500 Namen und schauen Sie sich an, wer sich dahinter verbirgt. Dann wissen Sie, wer die Leute sind, deren Existenz bedroht, wenn nicht vernichtet werden soll.



Ihr Stichprobe zeigt doch eines sehr gut: Kaum jemand verlässt sich allein auf den Autorberuf, um seine Existenz zu sichern. Für die meisten ist er sogar nur das zweite Standbein neben einer anderen Haupteinkommensquelle. Eine Abweichung von dieser Regel haben wir nur wenn sich die Werke eines Autoren so gut verkaufen, dass das Einkommen aus dieser Quelle alles andere in den Schattenstellen. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass irgendwelche Existenzen bedroht werden.

Michel Offline



Beiträge: 265

12.05.2012 12:00
#50 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat
Da muß man nichts schätzen, denn das Urheberrecht wurde erst zu Goethes Zeiten erkämpft. Vorher haben die Künstler gar nichts und die Drucker/Verleger alles verdient.



Das ist ins Blaue hinein geraten ohne jegliche empirische Fundierung. Tatsächlich war es so, dass der zusätzliche Gewinn der aus der Monopolisierung von Inhalten entstand, fast ausschließliche den Verlegern zugutekam. Einzige Ausnahme sind die Autoren, die sich ohne im Bestseller-Bereich befinden.

Diejenigen die immer noch glauben durch "geistiges Eigentum" würde ein gesellschaftlicher Nutzen entstehen möchte ich bitten sich mit diesem Buch auseinander zu setzen, insbesondre Kapital 2. Zumindest den Abschnitt "Fiction and Literature" sollte man gelesen haben, wenn einem das Ganze Buch zu lang ist:

http://www.dklevine.com/general/intellectual/against.htm

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