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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 183 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Llarian Offline



Beiträge: 6.920

12.05.2012 15:03
#76 RE: Smudo? Stefanie Lemke! Antworten

Mit Software ist es nicht anders als mit anderen Werken auch. Vielleicht mit dem Unterschied, dass sich Software effektiver schützen lässt. Aber auch hier sehe ich den Urheberschutz relativ. Bevor ich falsch verstanden werde: Ich habe nicht das geringste dagegen (ich mache das selber), dass man Software technisch schützt. Ich habe auch kein Problem damit, dass Filmfirmen versuchen effektive Schütze auf ihre Filme zu legen. Das betrifft mich ja nicht und es schadet auch meinen Rechten nicht. Womit ich ein Problem habe ist die juristische Umsetzung.

Davon ab ist es nicht mein Eindruck, dass das heute noch so ein zentrales Problem ist. Bei meinem ersten Rechner, der noch das C- vorne hatte, da waren Schwarzkopien die Regel. Vielleicht liegt es am Alter, aber ich habe so ewig keine kopierte Software mehr gesehen, ich kann mich kaum erinnern, wie lange das her ist. Und wenn man sich den Börsenwert von Apfel, Microschuft und Co. ansieht, habe ich wirklich nicht den Eindruck, dass das ein Problem ist. Ohne das mir vorgeworfen wird etwas zu verharmlosen.

Beim Patentunwesen im Pharmabereich wäre vermutlich wirklich einiges zu verbessern. Das ist aber eine uninformierte Aussage, da das nicht mein Bereich ist. Ich will nicht den Piraten geben, aber wenn man von einem Thema so wenig Ahnung hat, ist es auch besser das nicht zu bewerten.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

12.05.2012 15:29
#77 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Llarian
Gesetze machen in aller Regel nur dann Sinn, wenn sie auch durchsetzbar sind. Gesetze, die auf gutem Willen ohne jedwelche Sanktion daherkommen, sind totes Papier.



Danke, das hilft ihre Position besser zu verstehen. Offenbar hängt also alles an der Verknüpfung des Urheberrechts mit seiner Durchsetzung. Warum lässt sich das aber nicht trennen? Dass es ein Urheberrecht gibt, heisst ja nicht - nicht automatisch - dass jeder Verstoß auch dann geahndet werden muss, wenn dazu notwendigerweise Grundrechte verletzt werden.

Vielleicht lassen sich Verstöße im privaten Bereich auch so gut wie gar nicht ahnden, aber in der Industrie möglicherweise schon. Ein Unternehmen ab einer gewissen Größe wird es sich nicht leisten können mit illegal kopierter Software zu arbeiten. Zuviele Mitwisser, zu viel Schaden wenn es doch herauskommt. Wenn man das Urheberrecht aber abschafft, dann könnnen auch Unternehmen Software kopieren und brauchen sie nicht mehr käuflich erwerben.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

12.05.2012 15:30
#78 RE: Smudo? Stefanie Lemke! Antworten

Zitat von Llarian
Davon ab ist es nicht mein Eindruck, dass das heute noch so ein zentrales Problem ist. Bei meinem ersten Rechner, der noch das C- vorne hatte, da waren Schwarzkopien die Regel. Vielleicht liegt es am Alter, aber ich habe so ewig keine kopierte Software mehr gesehen, ich kann mich kaum erinnern, wie lange das her ist. Und wenn man sich den Börsenwert von Apfel, Microschuft und Co. ansieht, habe ich wirklich nicht den Eindruck, dass das ein Problem ist. Ohne das mir vorgeworfen wird etwas zu verharmlosen.



Microsoft lebt zum einen von den Unternehmen. Unternehmen wollen das geltende Recht nicht verletzen, also kaufen sie Lizenzen. Und zum anderen lebt Microsoft nicht schlecht davon, den privaten Haushalten ein »Office light« für ganz wenig Geld zu verkaufen. Da macht es dann die Masse.

Apple lebt vor allem vom Verkauf der Hardware. Für Apple ist Software eher ein Nebenprodukt (MacOS ist sehr günstig, Aperture kostet viel weniger als früher, manche Software ist eher zum Shareware-Preis erhältlich). Man holt sich seinen Anteil am Verkauf fremder Apps und nimmt natürlich auch bei iTunes Geld ein. Aber ich vermute, dass die Margen aus der Hardware den Löwenanteil bringen.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

12.05.2012 15:31
#79 RE: Grundrechte? Antworten

Llarian, wenn ich es richtig verstanden habe, stört Sie nicht das Urheberrecht, weil dieses ja nicht direkt die Meinungsfreiheit tangiert.
Es stört Sie, dass die Durchsetzung des Urheberrechtes, auf Grund bestimmter technischer Erfordernisse zur Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit führt.

Wobei Sie die Einschränkung bei der anonymen Meinungsfreiheit sehen.

Ich bin noch nicht so lange im Internet und habe auch wenig Ahnung von den ganzen Mechanismen.

Aber ich bekomme immer wieder den Hinweis, dass ich mich im Internet, besonders bei den Meinungsäußerungen immer so verhalten sollte, als wenn ich nicht anonym unterwegs wäre, weil durch irgendeine ID?-Nummer, jederzeit festgestellt werden könnte wer ich bin.
Aber vielleicht will mir mit dieser Aussage nur irgend jemand mit seinem Fachwissen Angst machen.
Wenn es aber jetzt schon so sein sollte, dass jeder meiner Schritte im Internet im Bedarfsfall (kriminelle Handlung) personifiziert werden kann, brauche ich doch von der Überwachung im Zusammenhang mit dem Urheberrecht keine Angst zu haben?

Übrigens, ich schreibe ich nie etwas, mit dem ich nicht auch mit Name und Adresse einstehen würde.
Allerdings könnte es mir passieren, dass ich, aus Unwissenheit, etwas urheberrechtlich geschütztes downloade.
Deswegen mache ich das nur, wenn ich meine jungen versierten Computerfreunde gefragt habe.

Abschließend noch etwas. Ich wollte Sie nicht verärgern oder provozieren. Nur bin ich neu hier und kenne mich mit den Gepflogenheiten noch nicht so aus.
MfG Paul

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

12.05.2012 15:36
#80 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Zitat von Llarian
Das ist genauso falsch. Sich "geistiges Eigentum" ins Grundgesetz zu phantasieren ist zwar genau das, phantasievoll, wird aber weder von Juristen noch von der Realität getragen.


Ich phantasiere gar nichts ins GG. Und es wird sehr wohl getragen, und zwar vom Bundesverfassungsgericht:
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20...1bvr274208.html

Zitat von BVerfG, 1 BvR 2742/08
a) Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. Im Einzelnen ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausprägung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (vgl. BVerfGE 31, 229 <240 f.>; 79, 1 <25>). Dabei hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Entscheidungsraum (vgl. BVerfGE 21, 73 <83>; 79, 29 <40>). Eingriffe in das Verwertungsrecht des Urhebers können freilich nur durch ein gesteigertes öffentliches Interesse gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 31, 229 <243>; 49, 382 <400>; 79, 29 <41>).

16
Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <220 f.>; 88, 145 <166>) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt (Art. 20 Abs. 2 GG) fordert dabei eine verfassungskonforme Auslegung, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt (vgl. BVerfGE 86, 288 <320>). Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (vgl. BVerfGE 8, 28 <34>; 54, 277 <299 f.>).

17
Die Fachgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Eigentumsschutz der Urheber ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9 f.>). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist allerdings erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9 f.>; 95, 28 <37>; 97, 391 <401>; 112, 332 <358 f.>).

18
b) Danach ist im Streitfall ein Abwägungsdefizit festzustellen, das sich in einer Auslegung der streitentscheidenden Norm des § 54a Abs. 1 UrhG a.F. niederschlägt, die die als geistiges Eigentum von der Verfassung gewährleisteten Urheberrechte nicht ausreichend beachtet.


Hervorhebung von mir.

Zitat von Llarian
Es ist schlicht ein Vergehen. Und in Abwesenheit des Urheberrechtsgesetzes nicht einmal das.


Ein Vergehen das Eigentum betreffend.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2012 16:07
#81 RE: Zettels Meckerecke: Aufgeblasen Antworten

Konstituierend für Eigentum ist die allgemeine, uneingeschränkte unf beliebige Verfügungsgewalt über eine Sache. Daher kann es soetwas wie "geistiges Eigentum" nicht geben - jedenfalls nicht, nachdem der Gedanke den Kopf verlassen hat.

Eine Frage an die Runde: Was bringt so viele unter ihnen zu der Einschätzung, daß die Menschen ohne Urheberrecht zu kultulosen Barbaren werden, die keinen Heller zu zahlen mehr bereit wären, um ein geschätztes Gut zu erwerben? Gerade am Beispiel der Softwareentwicklung zeigt sich doch, daß wohl Gegenteiliges zu erwarten ist.

Grüße

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

12.05.2012 16:29
#82 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von dirk
Dass es ein Urheberrecht gibt, heisst ja nicht - nicht automatisch - dass jeder Verstoß auch dann geahndet werden muss, wenn dazu notwendigerweise Grundrechte verletzt werden.


Wie ich schon sagte, ein Gesetz ohne Möglichkeit es durchzusetzen ist nichts weiter als ein netter Aufruf. Aber dafür brauchen wir keine Gesetze, davon haben wir schon genug. Und ich denke die Contentindustrie wird in durchaus nicht unlogischer Konsequenz forden, dass wenn es ein Urheberrecht gibt, dieses auch durchgesetzt werden muss.

Zitat
Zuviele Mitwisser, zu viel Schaden wenn es doch herauskommt. Wenn man das Urheberrecht aber abschafft, dann könnnen auch Unternehmen Software kopieren und brauchen sie nicht mehr käuflich erwerben.


Ja. Und auch nein. Und eigentlich mehr nein als ja. Zum einen ist Unternehmenssoftware, gerade wenn sie teuer ist, durchaus technisch schützbar. Und das wird auch durchaus angewandt. Zum anderen kenne ich diverse Softwarepakete, wo alleine die Pflege pro Jahr nahezu ein Fünftel der Anschaffungskosten ausmacht. Ich glaube nicht das Urheberrecht der Grund ist, warum grosse Unternehmen ihre Software auch bezahlen. Aber geschenkt, da wo es keine Grundrechte tangiert ist mein Problem nicht mehr vorhanden. Ich glaube nur, ohne zu sehr relativieren zu wollen, das ist tatsächlich eher ein Nebenkriegsschauplatz. Unternehmenssoftware, so teuer sie im einzelnen auch sein kann, setzt deutlich weniger um als die Medienindustrie.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2012 16:38
#83 Frage Antworten

Zitat von Vogelfrei
Konstituierend für Eigentum ist die allgemeine, uneingeschränkte unf beliebige Verfügungsgewalt über eine Sache. Daher kann es soetwas wie "geistiges Eigentum" nicht geben - jedenfalls nicht, nachdem der Gedanke den Kopf verlassen hat.

Das BVerfG sieht das, wie Erling Plaethe dankenswerterweise zitiert hat, anders: "Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung ..."

Zitat von Vogelfrei
Was bringt so viele unter ihnen zu der Einschätzung, daß die Menschen ohne Urheberrecht zu kultulosen Barbaren werden, die keinen Heller zu zahlen mehr bereit wären, um ein geschätztes Gut zu erwerben?

Sich rational zu verhalten ist, lieber Vogelfrei, kein kulturloses Verhalten.

Bauen Sie zwei Bierstände nebeneinander auf. Beim einen gibt es Freibier, beim anderen bezahlt man zwei Euro pro Glas. Es ist nicht kulturlos, sondern rational, daß man sich für das Freibier entscheidet.

Es sei denn, vor dem Freibierstand drängen sich die Leute, und das Zwei-Euro-Bier bekommt man sofort. So wäre das auch bei einer Aufhebung des Urheberrechts. Man könnte ein paar Exemplare eines Buchs verkaufen, indem man sie vielleicht vom Autor signieren läßt, oder sie werden in Ziegenleder gebunden. Etwas dergleichen.

Die meisten würden aber das EBook kostenlos lesen. Und wer gern etwas Papiernes in der Hand hat, der braucht ohne Urheberrecht auch nichts mehr an den Verlag und den Autor zu zahlen; irgendwelche Geschäftemacher werden sich schon finden, die aus der Textdatei, die sie sich kostenlos herunterladen, für ein paar Euro ein Buch drucken und binden.



Aber etwas ganz Anderes: Dies ist schon der ichweißnichtwievielte Thread, der sich mit diesem Thema befaßt. Was macht es eigentlich zu einem so heißen Thema?

Ich habe schon einmal in einem dieser früheren Threads die Vermutung geäußert, daß es wohl nicht nur um den Preis von Büchern und die Existenz von Autoren geht. Es scheinen sich da grundsätzlich verschiedene Weltsichten gegenüberzustehen.

Was ist da im Kern so gegensätzlich? Aus meiner Sicht sind die Piraten mit ihrer Forderung, daß alles allen gehören soll, nichts als die moderne Variante des Kollektivismus; so, wie auch diese Bereitschaft ihrer Politiker, ihre eigene Meinung zu vergessen und die des Kollektivs zu vertreten, vom Kommunismus her bekannt ist. Die Partei, die Partei, die hat immer recht ...

Sehe ich das richtig? Geht es um Individualismus vs. Kollektivismus? Oder wo kommt sonst die Intensität dieser Debatte her?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2012 16:42
#84 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Llarian
Wie ich schon sagte, ein Gesetz ohne Möglichkeit es durchzusetzen ist nichts weiter als ein netter Aufruf.

Dem stimme ich zu. Aber wieso kann man das Urheberrecht nicht durchsetzen?

Wer stellt denn überhaupt urheberechtlich geschützte Werke ins Netz, und warum? Welche Vorteile ziehen die Betreffenden daraus, daß sie das tun? Die Strafandrohung muß lediglich so hoch und die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, so groß sein, daß es sich nicht mehr lohnt, gegen das Urheberrecht zu verstoßen.

Das sind ja keine Triebtäter, die sich nicht beherrschen können.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

12.05.2012 16:46
#85 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Paul
Llarian, wenn ich es richtig verstanden habe, stört Sie nicht das Urheberrecht, weil dieses ja nicht direkt die Meinungsfreiheit tangiert. Es stört Sie, dass die Durchsetzung des Urheberrechtes, auf Grund bestimmter technischer Erfordernisse zur Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit führt.


Das ist nahezu richtig. Eine Einschränkung würde ich noch machen, dass ich das heutige Urheberrecht, mit 70 Jahren Sperrfrist über den Tod des Künstlers hinaus, auch für überzogen halte. Ebenso wie Konstrukte wie die Zwei-Takte Regelung oder das Abmahnen von Urlaubsvideos auf Youtube. Das sind aber tatsächlich nur Randnotizen oder Nickeligkeiten. Daraus würde ich keine Grundsatzdiskussion machen wollen.

Zitat
Wobei Sie die Einschränkung bei der anonymen Meinungsfreiheit sehen.


Meinungsfreiheit setzt in einer nicht perfekten Gesellschaft (und die sind wir nicht) immer die Möglichkeit der Anonymität vorraus. Sie räumen ein sich noch nicht so lange im Netz zu bewegen. Ich mache das seit numehr 18 Jahren. Dabei habe ich durchaus auch Morddrohungen erhalten. Was meinen Sie wie beruhigend in einer solchen Situation das Wissen ist, dass man anonym unterwegs ist ? Ich sags Ihnen: Sehr. Ich bin froh, dass ich meine Meinung sagen kann. Ich bin froh, dass ich sagen kann, was ich von einer gewissen Religion halte. Ich bin froh, dass ich sagen kann, dass ich den menschengemachten Klimawandel für einen riesigen Betrug halte. Ich bin froh, dass ich sagen kann, was ich von unserer Gewaltenteilung halte. Man muss meine Meinung nicht teilen, aber ich lege Wert darauf sie zu sagen. Und einiges davon kann ich tatsächlich nur anonym tun.

Zitat
Aber ich bekomme immer wieder den Hinweis, dass ich mich im Internet, besonders bei den Meinungsäußerungen immer so verhalten sollte, als wenn ich nicht anonym unterwegs wäre, weil durch irgendeine ID?-Nummer, jederzeit festgestellt werden könnte wer ich bin.


Da könnte man jetzt ein halbes Buch zu schreiben. Die Aussage ist nicht falsch aber auch nicht richtig. Vielleicht zwei Dinge dazu: Ich könnte Ihnen zeigen, wie Sie tatsächlich anonym was verfassen können. Noch geht das. Wenn es nach den Wünschen der Copyrightindustrie geht, demnächst nicht mehr. Zum anderen, Anonymität ist relativ. Unser Gastgeber kennt meinen Namen. Und wenigstens einer der anderen Anwesenden auch. Mit email Adresse und allem drum und dran. Das macht mir nichts, denn ich bin trotzdem anonym. Gegenüber all denjenigen, bei denen ich Wert darauf lege. Und ich könnte jederzeit gänzlich anonym sein.

Zitat
Übrigens, ich schreibe ich nie etwas, mit dem ich nicht auch mit Name und Adresse einstehen würde.


Dann fangen Sie bitte nie an bestimmte Religionen zu kritisieren. Ist ein ganz ernstgemeinter Rat.

Zitat
Abschließend noch etwas. Ich wollte Sie nicht verärgern oder provozieren. Nur bin ich neu hier und kenne mich mit den Gepflogenheiten noch nicht so aus.


Kein Problem, als ich neu in Zettels kleinem Zimmer war, bin ich ebenso verwarnt worden. :)

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

12.05.2012 16:53
#86 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Zettel
Wer stellt denn überhaupt urheberechtlich geschützte Werke ins Netz, und warum?


Im Wesentlichen wohl Jugendliche und junge Erwachsene.

Zitat
Welche Vorteile ziehen die Betreffenden daraus, daß sie das tun?


Anerkennung. Oder die Möglichkeit Medien zu tauschen. Gibt eine ganze Reihe Motive. Die finanziellen dürften eher zu den seltenen gehören. Warum haben wir früher auf dem Schulhof Captain-Future Bilder getauscht ? Naja, ganz simpel, um die zu bekommen, die wir noch nicht hatten. Ist bei Musik, Filmen und Spielen nicht viel anders.

Zitat
Die Strafandrohung muß lediglich so hoch und die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, so groß sein, daß es sich nicht mehr lohnt, gegen das Urheberrecht zu verstoßen.


Das ist doch gerade der Witz. Die Wahrscheinlichkeit in einer freien Gesellschaft ist nahezu null. Sie wird erst dann was höher wenn wir die Grundrechte einstampfen. Das versuche ich Ihnen zu sagen.

Nebenbei bemerkt: Das der Chef von Kino.to, der ja massiv gegen das Urheberrecht verstossen hat, jetzt eine durchaus knackige Gefängnisstrafe bekommen wird, während in Berlin regelmäßig (!) Delikte gegen Leib und Leben zu Bewährungsstrafen führen, emfinde ich als pervers. Hochgradig pervers.

Zitat
Das sind ja keine Triebtäter, die sich nicht beherrschen können.


Natürlich können sie das nicht, deshalb sinds Jugendliche. Wenn Jugendliche die Folgen davon abschätzen könnten ihren Bittorrent Client anzuschmeissen würden sie es nicht tun und die Abmahnindustrie könnte nicht Abermillionen umsetzen.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

12.05.2012 16:56
#87 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Zettel

Das sind ja keine Triebtäter, die sich nicht beherrschen können.



Hmmm, ich weiss nicht. Es gibt ja nicht umsonst das Wort "Sammeltrieb". Ich wage zu behaupten, dass nur ein Bruchteil der kopierten Software, Musik, Filme, Serien etc. in nennenswertem Umfang tatsächlich genutzt/gehört/geschaut wird.

Ich persönlich stimme Llarian dahingehend zu, dass das Urheberrecht nicht ohne massiven Eingriff in die Grundrechte in nennenswertem Umfang durchgesetzt werden kann. Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass das Urheberrecht bestehen bleiben sollte, um kommerzielle Kopierangebote zu unterbinden. Solange das Recht auf die Privatkopie bestehen bleibt und endlich die unseligen Abgaben gen GEMA ein Ende finden - prima.

Gruß,
hubersn

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

12.05.2012 18:03
#88 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von hubersn
Solange das Recht auf die Privatkopie bestehen bleibt und endlich die unseligen Abgaben gen GEMA ein Ende finden - prima.


Das Recht auf Privatkopie, lieber hubersn, ist mit dem zweiten Korb der Urheberrechtsreform und der Einführung des §95 faktisch aufgehoben.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

12.05.2012 18:18
#89 RE: Grundrechte? Antworten

Danke Llarian für Ihre Antwort.
Die Schutzfunktion der Anonymität habe ich bisher nicht im Blickfeld gehabt, sondern nur die Bremswirkung in Richtung Unflätiges zu verbreiten. Obwohl ich in anderen Blogs da auch schon mal meine Zweifel hatte.
Nun ist es doch so, wenn ich das richtig verstanden habe, dass wir hier in Deutschland, als unbescholtene Bürger keine Angst vor dem Überwachungsstaat haben müssen. Jedenfalls zur Zeit nicht.
Wenn es mal anders kommen sollte, dann würde der Staat, ohnehin Mittel und Wege finden um seine Diktatur zu sichern. Es würde dann das passieren, was Sie in Bezug auf andere Länder erwähnt haben.
Darum müssen wir uns jetzt keine Sorgen machen. Meine ich jedenfalls.
Deshalb habe ich keine Bedenken hinsichtlich der Sicherung des "geistigen Eigentums" und dessen materieller Ausnutzung. Wie bei der Bekämpfung jeder Form von Kriminalität erwarte ich hier den vorbehaltlosen Einsatz des Staates. Das ist eine Schutzfunktion, die er wahrzunehmen hat.
Meine Meinungsfreiheit sehe ich dadurch nicht gefährdet, zumal sie durch Artikel 5 GG als Grundrecht geschützt wird.

Die Meinungsfreiheit hat bei mir einen sehr hohen Stellenwert. Das werden Sie verstehen, wenn ich Ihnen mitteile, dass ich in der DDR von "Kindesbeinen" an unter der fehlenden Meinungsfreiheit gelitten habe. Zunächst ging es noch, weil das "Tor offen war". Nach 1961 wurden die Daumenschrauben angezogen und erst ab ca. 1985 in kleinen Stufen wieder gelockert.
Alle von Ihnen genannte Themen werde ich, vielleicht mit Ihnen, diskutieren. So wie Sie sich geäußert haben sehe ich viel Übereinstimmung und wenig Konfliktstoff.
Auch zu religiösen Fragen werde ich uneingeschränkt meine Meinnung sagen. Mein vorgerücktes Alter macht da auch schon mal etwas furchtlos.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

12.05.2012 18:45
#90 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Llarian
Das Recht auf Privatkopie, lieber hubersn, ist mit dem zweiten Korb der Urheberrechtsreform und der Einführung des §95 faktisch aufgehoben.



Das Recht auf Privatkopie wurde eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Es handelt sich genau dann um keine Privatkopie mehr, wenn »eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage« verwendet wird. Der ganze Absatz:

Zitat von UrhG §53, Absatz (1)
Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt.



Diese Einschränkung des §53 gilt also nicht, wenn die CD oder LP mein Eigentum ist und wenn ich die Kopie wirklich nur für private Zwecke verwende. Selbstverständlich darf ich die Musik auch nicht öffentlich aufführen. § 108b regelt die »Eingriffe in technische Schutzmaßnahmen und zur Rechtewahrnehmung erforderliche Informationen« in dem Sinne, dass man eine Privatkopie anfertigen darf.

Natürlich darf ich als Vorlage meiner Privatkopie keine Datei aus dem Filesharing im Internet verwenden und m.W. auch keinen Tonträger, der mir nicht gehört.

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2012 19:35
#91 RE: Frage Antworten

Zitat von Zettel
Bauen Sie zwei Bierstände nebeneinander auf. Beim einen gibt es Freibier, beim anderen bezahlt man zwei Euro pro Glas. Es ist nicht kulturlos, sondern rational, daß man sich für das Freibier entscheidet.


Dieser Vergleich hinkt nicht nur, er ist quasi querschnittsgelähmt und kommt gar nicht mehr von der Stelle... ;)

Aber erweitern wir Ihr Szenario: Das Freibier ist geschmacksneutrales, gestrecktes Dünnbier - das Bezahlbier hingegen frischer Maibock. Ist es immernoch rational und nicht kulturlos, wenn man die schale Plörre dem leckeren Bier vorzieht, nur weil's nichts kostet?

Zitat von Zettel
Die meisten würden aber das EBook kostenlos lesen.


Es tut mir ehrlich im Herzen leid, wenn ich Sie (und andere) so argumentieren sehe, als wären, wenn schon nicht alle, so doch zumindest die absolute Mehrzahl der Menschen, amoralische, selbstsüchtige, kurzsichtige und raffgierige Gesellen, die nur darauf warteten, sich an des Nächsten Leistung gütlich zu tun. Gut, zugegeben, wenn ein Mittler namens Staat dazwischen geschalten wird, haben in der Tat die allerwenigsten Hemmungen oder gar Bedenken, ihre Nachbarn zu plündern - aber das ist eine andere Baustelle.

Microsoft zum Beispiel, hat kein Produkt in seinem Portfolio, was es nicht in ähnlicher Qualität, als Open Source oder Freeware gibt. Und gerade im Office-Bereich sind diese kostenlosen Alternativen ziemlich schamlos nachentwickelt - man könnte auch sagen: kopiert. Dennoch verkaufen sich Microsofts Produkte wie geschnitten Brot. Wir hatten in den letzten zehn Jahren nicht einen Kundenrechner, bei dem kein MS-Betriebssystem zum Einsatz kam.

Zitat von Zettel
Aber etwas ganz Anderes: Dies ist schon der ichweißnichtwievielte Thread, der sich mit diesem Thema befaßt. Was macht es eigentlich zu einem so heißen Thema?


Ich denke, das Urheberrecht ist nur ein Vorwand, um gänzlich andere Interessen mit Verweis auf diesen durchzudrücken. Hinzu kommen ärgerliche Termini wie Raubkopie oder eben geistiges Eigentum, die keinerlei Sinn beinhalten, in sich völlig unlogisch sind und einzig dem Zweck dienen, die Gegenseite zu diffamieren.

Grüße

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

12.05.2012 19:42
#92 RE: Grundrechte? Antworten

Lieber Stefanolix, bitte lesen Sie noch einmal den Paragraphen 95 des Urheberrechtsgesetzes nach. Bitte.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

12.05.2012 19:57
#93 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Llarian
Lieber Stefanolix, bitte lesen Sie noch einmal den Paragraphen 95 des Urheberrechtsgesetzes nach. Bitte.



Der §95a wird durch den §108b relativiert. Ich handle demgemäß nicht strafbar:

wenn die Tat […] ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch des Täters oder mit dem Täter persönlich verbundener Personen erfolgt oder sich auf einen derartigen Gebrauch bezieht.

Nehmen wir als Beispiel eines der bekanntesten Medienabspielprogramme (iTunes). Das ist offensichtlich ein völlig legales Werkzeug. Damit kann man den Inhalt einer CD mit ein paar Klicks auf die Festplatte (oder auf ein entsprechendes i-Gerät) speichern. Solange man diese Daten im sehr eng gefassten Sinne der Privatkopie verwendet, macht man sich nach meinem Rechtsverständnis nicht strafbar. Dafür wird ja die Abgabe auf Rechner und Peripheriegeräte erhoben.

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

12.05.2012 20:05
#94 RE: Grundrechte? Antworten

Okay, ich wollte nicht herablassen erscheinen, aber Sie haben es tatsächlich nicht gesehen: Es geht nicht um das Recht einer Privatkopie, es geht um die ganz doofe Möglichkeit. Paragraph 95 verbietet Ihnen den Erwerb oder Zugang zu Werkzeugen, die Ihnen eine Kopie ermöglichen. CDs verfügen in aller Regel über keinen wirksamen Kopierschutz, sie sind technisch ziemlich uninteressant. Das betrifft keine DVDs und erst recht keine Bluerays, es betrifft keine Ebooks und auch keine DRM-geschützten Musikdateien.
Sie haben zwar immernoch das RECHT, diese Daten zu kopieren (deswegen zahlen Sie auch brav weiter GEMA), Sie haben nur nicht die Werkzeuge, weil deren Besitz eben nicht erlaubt ist. Das ist ein typischer Kunstgriff der Verwerter, so kann doppelt kassiert werden.

Ob sich DRM-freie MP3s durchsetzen bleibt abzuwarten. Im Moment ist die Diskussion offen, wobei wir das tatsächlich dann Apfel zu verdanken hätten und nicht den grossen Contentfirmen. Bei Filmen und Ebooks ist das Recht faktisch nicht vorhanden, im Gegenteil, man soll zahlen für ein Recht, das man nicht ausüben darf.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

12.05.2012 20:07
#95 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Llarian
Lieber Stefanolix, bitte lesen Sie noch einmal den Paragraphen 95 des Urheberrechtsgesetzes nach. Bitte.



PS: Aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der zu Beginn die Rechtslage zusammengefasst wird:

Zitat von Bundesverfassungsgericht
Die Verfassungsbeschwerde betrifft § 53 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Zulässig sind danach einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie nicht Erwerbszwecken dienen. Die Beschwerdeführer, Unternehmen der Musikindustrie, müssen es aufgrund dieser Norm hinnehmen, dass private Digitalkopien der von ihnen auf den Markt gebrachten Tonträger grundsätzlich zulässig sind.



Ergänzung (der Ordnung halber): http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg09-125.html

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

12.05.2012 20:08
#96 RE: Grundrechte? Antworten

Kleine Ergänzung, die ich noch vergessen habe: Ich würde nichts, aber auch gar nichts auf das Wörtchen gewerblich geben. Das Landgericht Köln hat bereits die Verbreitung eines einzelnen Liedes aus den Charts in einer Tauschbörse als gewerblich eingestuft. Das Brechen entsprechender Kopierschütze dürfte zumindest vor diesen Richtern nicht ein bischen weniger gewerblich sein.

grildrig ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2012 20:13
#97 RE: Frage Antworten

Zitat von Zettel
Aber etwas ganz Anderes: Dies ist schon der ichweißnichtwievielte Thread, der sich mit diesem Thema befaßt. Was macht es eigentlich zu einem so heißen Thema?



Vielleicht die Angst als Anständiger zwischen den Fronten zerrieben zu werden
Nicht weil man gegen das Urheberrecht ist (im Gegenteil), aber weil man befürchten muß, was Llarian hier beschreibt:

Zitat von Llarian
Ich könnte Ihnen zeigen, wie Sie tatsächlich anonym was verfassen können. Noch geht das. Wenn es nach den Wünschen der Copyrightindustrie geht, demnächst nicht mehr. Zum anderen, Anonymität ist relativ. Unser Gastgeber kennt meinen Namen. Und wenigstens einer der anderen Anwesenden auch. Mit email Adresse und allem drum und dran. Das macht mir nichts, denn ich bin trotzdem anonym. Gegenüber all denjenigen, bei denen ich Wert darauf lege. Und ich könnte jederzeit gänzlich anonym sein.



Deshalb kann ich seine Güterabwägung zwischen Urheberrecht und Grundrechten nachvollziehen. Wenn ich Zettels Argumentation lese - unterschreibe ich, kein Problem. Bin ich aber beruflich wieder einmal mit "Verschlüsselung bis zum Endgerät" und so weiter konfrontiert, dann lande ich halt wenn ich das so fortspinne unbeabsichtigt, aber immer öfter bei Llarians Einschätzung.

edit: \"fortspinne\" eingefügt

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

12.05.2012 20:15
#98 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Llarian
Okay, ich wollte nicht herablassen erscheinen, aber Sie haben es tatsächlich nicht gesehen: Es geht nicht um das Recht einer Privatkopie, es geht um die ganz doofe Möglichkeit. Paragraph 95 verbietet Ihnen den Erwerb oder Zugang zu Werkzeugen, die Ihnen eine Kopie ermöglichen. CDs verfügen in aller Regel über keinen wirksamen Kopierschutz, sie sind technisch ziemlich uninteressant. Das betrifft keine DVDs und erst recht keine Bluerays, es betrifft keine Ebooks und auch keine DRM-geschützten Musikdateien.
Sie haben zwar immernoch das RECHT, diese Daten zu kopieren (deswegen zahlen Sie auch brav weiter GEMA), Sie haben nur nicht die Werkzeuge, weil deren Besitz eben nicht erlaubt ist. Das ist ein typischer Kunstgriff der Verwerter, so kann doppelt kassiert werden.

Ob sich DRM-freie MP3s durchsetzen bleibt abzuwarten. Im Moment ist die Diskussion offen, wobei wir das tatsächlich dann Apfel zu verdanken hätten und nicht den grossen Contentfirmen. Bei Filmen und Ebooks ist das Recht faktisch nicht vorhanden, im Gegenteil, man soll zahlen für ein Recht, das man nicht ausüben darf.



Sie erscheinen nicht herablassend. Ich hatte wirklich immer nur von Musik-CDs geschrieben. Sind wir uns einig, dass ich diese auch nach der neuen Rechtslage auf die Abspielgeräte meiner Familie bringen darf?

Ich kaufe die wenigen DVDs, die mich interessieren. Für mehr DVDs oder andere Filme habe ich heute und in den nächsten Jahren absehbar schlicht keine Zeit. Aber nur fürs Protokoll: Filme haben doch offensichtlich dann keinen wirksamen Kopierschutz, wenn ich ihre Wiedergabe aufnehmen kann.

Das Geschäftsmodell von iTunes:

Zitat von iTunes-AGB
Sie sind zum Auto-Download der iTunes Inhalte mit automatischer Lieferung oder zum erneuten Download von Infrage kommenden iTunes Inhalten von einem Konto auf bis zu 10 Verbundene Geräte berechtigt, von denen nicht mehr als 5 iTunes-autorisierte Computer sein dürfen.



Also ich sehe da keinen Grund, warum ich als ehrlicher »Privatnutzer« gegen das Urheberrecht verstoßen müsste.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

12.05.2012 20:16
#99 RE: Grundrechte? Antworten

Zitat von Llarian
Kleine Ergänzung, die ich noch vergessen habe: Ich würde nichts, aber auch gar nichts auf das Wörtchen gewerblich geben. Das Landgericht Köln hat bereits die Verbreitung eines einzelnen Liedes aus den Charts in einer Tauschbörse als gewerblich eingestuft. Das Brechen entsprechender Kopierschütze dürfte zumindest vor diesen Richtern nicht ein bischen weniger gewerblich sein.



Tauschbörsen zählen nach meinem Verständnis nun wirklich nicht zum Geltungsbereich der Privatkopie.

Solus Offline



Beiträge: 384

12.05.2012 22:00
#100 RE: Smudo? Stefanie Lemke! Antworten

Zitat von Zettel
[quote="Vogelfrei"]Ich habe schon einmal in einem dieser früheren Threads die Vermutung geäußert, daß es wohl nicht nur um den Preis von Büchern und die Existenz von Autoren geht. Es scheinen sich da grundsätzlich verschiedene Weltsichten gegenüberzustehen.

Was ist da im Kern so gegensätzlich? Aus meiner Sicht sind die Piraten mit ihrer Forderung, daß alles allen gehören soll, nichts als die moderne Variante des Kollektivismus; so, wie auch diese Bereitschaft ihrer Politiker, ihre eigene Meinung zu vergessen und die des Kollektivs zu vertreten, vom Kommunismus her bekannt ist. Die Partei, die Partei, die hat immer recht ...

Sehe ich das richtig? Geht es um Individualismus vs. Kollektivismus? Oder wo kommt sonst die Intensität dieser Debatte her?


Ich kann nichts zu dem sagen, was die Piraten in Bezug auf dieses Thema antreibt, aber was meine eigene Sicht dazu anbelangt:
Es geht um etwas ganz anderes. Das reine Vorhandensein eines Gesetzes bedingt, dass früher oder später versucht wird, es auch umzusetzen. Was bezgl. des Urheberrechts ja schon seit langem auf verschiedensten Wegen versucht wird, siehe bspw. die Vorratsdatenspeicherung.
Das Internet hat ja schon lange aufgehört, ein "rechtsfreier Raum" zu sein, sofern man sich nicht gewisser recht aufwendiger Mittel bedient, aber es ist zumindest noch ein einigermaßen kontrollfreier Raum, sofern man nicht ganz eindeutig Gesetze bricht. Eine weitergehende Durchsetzung des bestehenden Urheberrechtes würde diesen Zustand aber komplett umkehren. Was umsomehr dadurch problematisch ist, dass das Internet sich zu einem sehr wichtigen Kommunikationsmittel entwickelt hat.
Um einen Vergleich zu bemühen: Das Internet, wie es einmal war und zu einem gewissen Grad noch ist, gleicht einem Maskenball, bei dem niemand weiß, mit wem er sich gerade unterhält; oder für die, die sich einander zu erkennen gegeben haben, dass keiner der sie umgebenden weiß, wer da miteinander spricht.
Im Gegensatz dazu wäre das Internet, wie es ein konsequent durchgesetztes Urheberrecht erfordern würde, so, als würden sie sich mit einem guten Freund in ihrer eigenen Wohnung unterhalten und unter ihrem Tisch ist ein Mikrofon angebracht, das ihr ganzes Gespräch aufzeichnet.

Und zwischen den beiden Extremen gibt es keinen wirklichen Mittelweg. Denn solange es Möglichkeiten gibt, das Urheberrecht zu brechen, -werden- die auch genutzt werden, egal, was für Strafen man dafür verhängt. Einfach weil es immer Wege gibt, die Überwachung zuverlässig zu umgehen, solange sie nicht allumfassend ist. Was wiederum bedeutet, dass diejenigen, die auf das momentane Urheberrecht angewiesen sind, solange ein Problem haben werden, wie die Überwachung nicht weitgehend genug ausgedehnt ist, um es wirklich durchzusetzen. Und solange das der Fall ist, werden sie auch genau das fordern.
Dementsprechend ist der einzige Schutz vor dieser Entwicklung, genau das Gegenteil zu machen.

Was die zugrundeliegende politische Motivation anbelangt, kann die durchaus auch von Menschen kommen, die einen Nachtwächterstaat wollen (tut sie bspw. in meinem Fall). Was mir dann doch sehr weit von dem Kollektivismus, den sie dahinter vermuten, entfernt scheint. Ich will einfach nur vom Staat in Ruhe gelassen werden. Und dazu zählt nicht nur, dass er mir nicht direkt etwas antut, sondern auch, dass er von mir möglichst wenig weiß, was über meine Steuererklärung hinausgeht. Wenn dafür einige Menschen ihren Lebensunterhalt verlieren müssen, dass alle Menschen privat miteinander kommunizieren können, dann ist es halt so. Wobei ich stark bezweifle, dass sich nicht auch ohne Urheberrecht geeignete Wege finden würden, mit Kunst Geld zu verdienen. Aber eben: Selbst wenn es so wäre, den Preis wäre es wert.

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