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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 148 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.06.2012 17:08
Noch einmal Urheberrecht Antworten

Als ich bei FAZ.Net den Anfang des Artikels aus der F.A.S. las, mit dem sich diese Meckerecke befaßt, hatte ich ein Déjà-Vu-Erlebnis. Hatte ich das nicht erst kürzlich gelesen? Ja, richtig, bei Georg Diez.

Paßt irgendwie zum Inhalt des Artikels der beiden Autoren Zeh und Trojanow.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

04.06.2012 17:40
#2 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Nur eine Ergänzung zu einem Detail: Es liegt doch vor allem an der Buchpreisbindung, dass E-Books in Deutschland so teuer sind. Wenn es ein gedrucktes Buch bereits auf dem Markt gibt, dann darf das E-Book nicht kostengünstiger angeboten werden, weil es das gedruckte Buch quasi substituiert.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.06.2012 17:46
#3 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von stefanolix
Nur eine Ergänzung zu einem Detail: Es liegt doch vor allem an der Buchpreisbindung, dass E-Books in Deutschland so teuer sind. Wenn es ein gedrucktes Buch bereits auf dem Markt gibt, dann darf das E-Book nicht kostengünstiger angeboten werden, weil es das gedruckte Buch quasi substituiert.

Ich bin da nicht sicher, lieber Stefanolix.

Wir hatten diese Diskussion ja schon einmal. Wenn ich mich recht erinnere, dann sind das gedruckte Buch und das E-Book zwei verschiedene Produkte, deren Preis der Verlag jeweils frei bestimmen kann; so, wie beispielsweise auch beim gebundenen Buch und beim Taschenbuch.

Bei Amazon kommt hinzu, daß dieses ja beim Verlag die Rechte erwirbt; ungefähr so, wie eine Buchgemeinschaft die Rechte an einem Buch erwirbt und es damit nachdrucken darf. Auch die Buchgemeinschaft ist frei in ihrer Kalkulation.

Bei Amazon liest man dann, wenn der Preis eines E-Books exorbitant hoch ist, den Hinweis, das sei vom Verlag so festgesetzt worden. Was wohl heißen will: Billiger hat er Amazon die Rechte nicht verkauft.

(Wobei "verkauft" natürlich immer nur eine Zweitnutzung bedeutet, kein Abtreten).

So meine ich mich zu erinnern. Sicher bin ich aber nicht. Vielleicht hat jemand belastbarere Informationen?

Herzlich, Zettel

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

04.06.2012 17:52
#4 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von stefanolix
Nur eine Ergänzung zu einem Detail: Es liegt doch vor allem an der Buchpreisbindung, dass E-Books in Deutschland so teuer sind. Wenn es ein gedrucktes Buch bereits auf dem Markt gibt, dann darf das E-Book nicht kostengünstiger angeboten werden, weil es das gedruckte Buch quasi substituiert.

Ich bin da nicht sicher, lieber Stefanolix.

Wir hatten diese Diskussion ja schon einmal. Wenn ich mich recht erinnere, dann sind das gedruckte Buch und das E-Book zwei verschiedene Produkte, deren Preis der Verlag jeweils frei bestimmen kann; so, wie beispielsweise auch beim gebundenen Buch und beim Taschenbuch.

Bei Amazon kommt hinzu, daß dieses ja beim Verlag die Rechte erwirbt; ungefähr so, wie eine Buchgemeinschaft die Rechte an einem Buch erwirbt und es damit nachdrucken darf. Auch die Buchgemeinschaft ist frei in ihrer Kalkulation. (…)




Ja, aber es kann sich kein Preiswettbewerb entwickeln. Wenn der Preis einmal festgelegt ist, müssen sich alle Anbieter des E-Books daran halten, also darf A das E-Book nicht günstiger verkaufen als B. Ich denke, dass elektronische Bücher mehr Spielraum für Wettbewerb bieten würden als gedruckte Bücher.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.06.2012 18:04
#5 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von stefanolix
Ja, aber es kann sich kein Preiswettbewerb entwickeln. Wenn der Preis einmal festgelegt ist, müssen sich alle Anbieter des E-Books daran halten, also darf A das E-Book nicht günstiger verkaufen als B. Ich denke, dass elektronische Bücher mehr Spielraum für Wettbewerb bieten würden als gedruckte Bücher.

Jetzt verstehe ich, was Sie meinen.

Ich stelle mir das aber schwer realisierbar vor. Sagen wir, dva hat die Rechte an Sarrazins neuem Buch an Amazon verkauft. Man hat einen Preis ausgehandelt, und jetzt ist Amazon allein im Besitz der Rechte an der digitalen Ausgabe. Welches Interesse könnte Amazon daran haben, sie an andere Anbieter von E-Books weiterzuverkaufen? ("verkaufen" immer in dem erläuterten Sinn eines Mitnutzungsrechts)?

Es gibt ja bei E-Books keinen Zwischenhändler, der dem Buchhändler entsprechen würde. Welche Funktion sollte er auch haben?

Bei einem Zwischenhandel allein würde sich, soweit ich sehe, eine Preisfreigabe auswirken können. Das wäre dann in der Tat eine Aufhebung der Buchpreisbindung, die nur nach einer Gesetzesänderung möglich wäre.

Herzlich, Zettel

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

04.06.2012 18:17
#6 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Zettel
Jetzt verstehe ich, was Sie meinen.

Ich stelle mir das aber schwer realisierbar vor. Sagen wir, dva hat die Rechte an Sarrazins neuem Buch an Amazon verkauft. Man hat einen Preis ausgehandelt, und jetzt ist Amazon allein im Besitz der Rechte an der digitalen Ausgabe. Welches Interesse könnte Amazon daran haben, sie an andere Anbieter von E-Books weiterzuverkaufen? ("verkaufen" immer in dem erläuterten Sinn eines Mitnutzungsrechts)?



Ich bin bisher davon ausgegangen, dass der Verlag mehrere Lizenzen für unterschiedliche Systeme vergeben kann, etwa parallel an Apple und Amazon. Ist das nicht möglich? Gerade diese beiden Anbieter haben doch ganz unterschiedliche Technik.

Jetzt könnte (ohne Buchpreisbindung) der Anbieter X den Inhalt etwas günstiger verkaufen, dafür ist aber sein Lesegerät nicht so komfortabel.

Der Anbieter Y könnte das Buch für das komfortablere Lesegerät auch noch etwas besser aufbereiten. Er könnte (etwa bei einem Fachbuch über die Euro-Krise) auch noch alle Statistiken als digitale Daten zum Nachvollziehen der Beispiele mitliefern. Dieses E-Book wäre dann etwas teurer, aber es wäre das gleiche Grundprodukt.

So würde ein Wettbewerb entstehen. Das ist mit Buchpreisbindung nicht möglich.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

04.06.2012 18:52
#7 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Unabhängig davon, dass die Buchpreisbindung durchaus nicht für unterschiedliche Darbietungen eines Werkes gilt (man vergleiche die gebundene mit der Taschenbuchausgabe), so sollte man vor allem nicht vergessen, dass die Buchpreisbindung auf die Verleger zurückgeht, die man wohl durchaus den Contenfritzen zurechnen darf.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.06.2012 19:00
#8 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Llarian
Unabhängig davon, dass die Buchpreisbindung durchaus nicht für unterschiedliche Darbietungen eines Werkes gilt (man vergleiche die gebundene mit der Taschenbuchausgabe), so sollte man vor allem nicht vergessen, dass die Buchpreisbindung auf die Verleger zurückgeht, die man wohl durchaus den Contenfritzen zurechnen darf.

Sie ist aber im Buchpreisbindungsgesetz geregelt, lieber Llarian - wer immer bei dessen Verabschiedung Pate stand. Sicher die Verleger, aber vermutlich auch die Autoren und vor allem die Buchhändler.

Denn das darf man nicht vergessen: Die kleinen Buchhändler, die - aus meiner Sicht - ein wesentliches Stück deutsche Kultur sind, gerade in den kleinen Städten, konnten bisher nur dank der Preisbindung existieren.

Wenn sie kaputt sind, wird es übrigens auch die von Zeh und Trojanow genannten lukrativen Lesungen kaum noch geben; denn sie werden meist von kleinen Buchhandlungen organisiert.

Herzlich, Zettel

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

04.06.2012 19:10
#9 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von stefanolix

Zitat von Zettel

Zitat von stefanolix
Nur eine Ergänzung zu einem Detail: Es liegt doch vor allem an der Buchpreisbindung, dass E-Books in Deutschland so teuer sind. Wenn es ein gedrucktes Buch bereits auf dem Markt gibt, dann darf das E-Book nicht kostengünstiger angeboten werden, weil es das gedruckte Buch quasi substituiert.

Ich bin da nicht sicher, lieber Stefanolix.

Wir hatten diese Diskussion ja schon einmal. Wenn ich mich recht erinnere, dann sind das gedruckte Buch und das E-Book zwei verschiedene Produkte, deren Preis der Verlag jeweils frei bestimmen kann; so, wie beispielsweise auch beim gebundenen Buch und beim Taschenbuch.

Bei Amazon kommt hinzu, daß dieses ja beim Verlag die Rechte erwirbt; ungefähr so, wie eine Buchgemeinschaft die Rechte an einem Buch erwirbt und es damit nachdrucken darf. Auch die Buchgemeinschaft ist frei in ihrer Kalkulation. (…)




Ja, aber es kann sich kein Preiswettbewerb entwickeln. Wenn der Preis einmal festgelegt ist, müssen sich alle Anbieter des E-Books daran halten, also darf A das E-Book nicht günstiger verkaufen als B. Ich denke, dass elektronische Bücher mehr Spielraum für Wettbewerb bieten würden als gedruckte Bücher.




Es tut mir Leid, geehrter Stefanolix, aber sie irren. Kultur darf man nicht dem Markt, also dem freien Handeln von Individuen überlassen! Sagen zumindest die Verleger, die sich im Piratenforum tummeln und dort äußern. Ich habe dazu häufiger etwas geschrieben, hat wenig Aufmerksamkeit erregt, ist aber Lesenswert:

Die Selbstenttarnung der "Kulturelite"...


An alle:
Es könnte sich lohnen, sich im Piratenforum anzumelden. Warum immer nur über jemandem reden, anstatt mal mit ihnen. Kommen die Piraten nicht hier her, dann müssen wir eben zu ihnen kommen.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein


"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."

-Thomas Jefferson

Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

04.06.2012 19:16
#10 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Zettel
Sie ist aber im Buchpreisbindungsgesetz geregelt, lieber Llarian - wer immer bei dessen Verabschiedung Pate stand. Sicher die Verleger, aber vermutlich auch die Autoren und vor allem die Buchhändler.


Allesamt Contentindustrie.

Zitat
Denn das darf man nicht vergessen: Die kleinen Buchhändler, die - aus meiner Sicht - ein wesentliches Stück deutsche Kultur sind, gerade in den kleinen Städten, konnten bisher nur dank der Preisbindung existieren.


Mancher emfindet auch Tante Emma Läden als wesentliches Stück deutscher Kultur. Und rein vom sozialen Standpunkt würde ich sogar dazu neigen zu sagen, dass deren Verschwinden für viele Menschen weit verhehrender sein dürfte als das Verschwinden von Buchläden. Ich kann jedenfalls nicht sehen, warum ich für etwas, dass Sie oder irgendwer sonst als Bereicherung seines (kulturellen) Lebens betrachtet, mitzahlen soll. Das ist unser alter Dissenz, lieber Zettel, Kultur, die nicht genügend Leute findet, die für sie zahlen, ist im Endeffekt auch nicht viel wert. Ich sehe nicht den allergeringsten Grund warum man die Kultur vom Wettbewerb und dem Prinzip von Angebot und Nachfrage ausnehmen sollte.

Zitat
Wenn sie kaputt sind, wird es übrigens auch die von Zeh und Trojanow genannten lukrativen Lesungen kaum noch geben; denn sie werden meist von kleinen Buchhandlungen organisiert.


Na und ?

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

04.06.2012 19:20
#11 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat
Und der Umstand, daß viele Autoren nicht allein vom Verkauf ihrer Bücher leben können? Ja, was ist denn das für ein Argument? Wenn jemand ohnehin schlecht bezahlt wird, dann kann man ihm diese Einkünfte ebensogut auch wegnehmen? Ist es das, was die beiden Autoren uns sagen wollen?



Aus meiner Sicht eigentlich eines der besten Argumente. Ich halte es nicht für angebracht hier mit Strohmännern aufzuwarten, denn die kritisierten Autoren haben auf einen validen Punkt aufmerksam gemacht: Das sich die allermeisten Schriftsteller nicht über ihre Einnahmen aus dem Urheberrecht finanzieren, sondern über andere Quellen. Das ist keine Aufforderung jemandem "das wenige was er hat" wegzunehmen, sondern einen verlgeichweise geringen Anteil an seinen Gesamteinnahmen in Frage zu stellen, den durchzusetzen früher oder später eine Totalüberwachung notwendig macht, folglich Dritte in einer (für den Nutzen) weit überproportionalen Weise tangiert.

Das Argument ist also vollständig und richtig wiedergegeben sehr valide und überzeugend, vorrausgesetzt natürlich die Grundannahme stimmt: Was ist die Haupteinnahmequelle der überwiegenden Anzahl an Schriftstellern?

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein


"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
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those which are not."

-Thomas Jefferson

Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.06.2012 19:47
#12 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Llarian
Allesamt Contentindustrie.

Ein Wort, das ich bis vor kurzem gar nicht kannte.

Ich habe es bisher nur in einem negativen Kontext gelesen. Trügt mein Eindruck, daß das ein Begriff ist so wie früher einmal die "Multis" (inzwischen aus der Mode gekommen, das waren die "multinationalen Konzerne")?

Ein Autor und ein Buchhändler, ein Kleinverleger - das sind doch keine "Industriellen", lieber Llarian. Und sie produzieren und verkaufen auch keinen content, sondern Bücher, Zeitschriften und dergleichen. Es geht um das Buchgewerbe, keine "Contentindustrie".

Herzlich, Zettel

ESKA ( gelöscht )
Beiträge:

04.06.2012 20:45
#13 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von stefanolix
Nur eine Ergänzung zu einem Detail: Es liegt doch vor allem an der Buchpreisbindung, dass E-Books in Deutschland so teuer sind. Wenn es ein gedrucktes Buch bereits auf dem Markt gibt, dann darf das E-Book nicht kostengünstiger angeboten werden, weil es das gedruckte Buch quasi substituiert.

Ich bin da nicht sicher, lieber Stefanolix.

Wir hatten diese Diskussion ja schon einmal. Wenn ich mich recht erinnere, dann sind das gedruckte Buch und das E-Book zwei verschiedene Produkte, deren Preis der Verlag jeweils frei bestimmen kann; so, wie beispielsweise auch beim gebundenen Buch und beim Taschenbuch.

Bei Amazon kommt hinzu, daß dieses ja beim Verlag die Rechte erwirbt; ungefähr so, wie eine Buchgemeinschaft die Rechte an einem Buch erwirbt und es damit nachdrucken darf. Auch die Buchgemeinschaft ist frei in ihrer Kalkulation.

Bei Amazon liest man dann, wenn der Preis eines E-Books exorbitant hoch ist, den Hinweis, das sei vom Verlag so festgesetzt worden. Was wohl heißen will: Billiger hat er Amazon die Rechte nicht verkauft.

(Wobei "verkauft" natürlich immer nur eine Zweitnutzung bedeutet, kein Abtreten).

So meine ich mich zu erinnern. Sicher bin ich aber nicht. Vielleicht hat jemand belastbarere Informationen?

Herzlich, Zettel


Zu Büchern und Preisen hat hier mal der Verleger Siebenschlaf ausführlich informiert. Konkret zu Ihrer Frage

Zitat von Siebenschlaf
Der Verlag legt den Preis für eine Ausgabeform des Buches fest und ist dann eine bestimmte Zeit an diesen Preis gebunden, so wie alle anderen ebenfalls an diesen Preis gebunden sind. Legt der Verlag den Titel in verschiedenen Ausgaben vor - gebundenes Buch, Taschenbuch, Hörbuch, eBook -, kann er für jeden Ausgabentyp wiederum einen neuen Preis festlegen.

Reiner aus dem Saarland Offline



Beiträge: 272

04.06.2012 21:14
#14 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat
Die neuen Realitäten der Digitalisierung und des Internets sind kein Grund, den profanen Diebstahl geistigen Eigentums zu rechtfertigen oder gar seine Legalisierung zu fordern. Im Gegenteil: Es gilt, den Schutz des Urheberrechts zu stärken und den heutigen Bedingungen des schnellen und massenhaften Zugangs zu den Produkten geistiger Arbeit anzupassen.
Das Urheberrecht ermöglicht, dass wir Künstler und Autoren von unserer Arbeit leben können und schützt uns alle, auch vor global agierenden Internetkonzernen, deren Geschäftsmodell die Entrechtung von Künstlern und Autoren in Kauf nimmt. Die alltägliche Präsenz und der Nutzen des Internets in unserem Leben kann keinen Diebstahl rechtfertigen und ist keine Entschuldigung für Gier oder Geiz.


Es wäre sinnvoll, wenn die 1500 (jetzt 6000) Unterzeichner des Urheber-Appells anstelle von Allgemeinplätzen glasklar formulieren, was sie eigentlich wollen und vom wem sie dies wollen. Was die Unterzeichner des Manifestes wollen (aber nicht ausdrücklich sagen) ist eine strenge Regulierung des Internets. Sozusagen den totalen Überwachungsstaat bzgl. unserer elektronischen Kommunkation. Wie soll Urheberschutz denn sinnvoll funktionieren wenn nicht durch Kontrolle, Überwachung und ggf. drakonische Strafen?

Aber sie formulieren diese Forderung im Sinne von "Wasch mich aber mach mich bitte nicht nass" erst gar nicht. Das nennt man dann wohl Feigheit. Und wenn es um Vorratsdatenspeicherung zwecks Kriminalitätsbekämpfung geht, sind diese Leute die ersten, die auf die Barrikaden steigen und mit den Fingern auf den Innenminister zeigen.

Blub ( gelöscht )
Beiträge:

04.06.2012 21:38
#15 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Ich halte es nicht plausibel, was Sie sagen, da z.B. bei Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Straße auch nicht ein Überwachungsstaat eingeführt wird, um zu kontrollieren, dass immer alle auf allen Straßen mit vorgesehenem Speed fahren. Rote Ampeln sind noch so ein Beispiel, gerade bei Fußgängern. Ein Recht, nur weil es nicht vollständig durchzusetzen ist, abzuschaffen, das erscheint mir nicht plausibel.

Was Sie meinen ist, dass ACTA und co Dinge beinhalten könnten, die Zensur darstellen, wenn man nämlich Dienstanbieter zur vorsorglichen Zensur zwingt, weil diese gar nicht in der Lage sind, zwischen Copyrightbits und Nichtcopyrightbits zu unterscheiden. Das ist doch das Problem, welches aber mit Urheberrecht ansich nichts zu tun hat, nur mit der idiotischen naiven Vorstellung von Politikern und Funktionären, dass jeder Inhalt genau als geschützter oder freier zu erkennen ist und v.a. zu erkennen ist, dass das jetzt Wunsch des Autors ist oder nicht Wunsch des Autors ist und dass der, der den Inhalt bereitstellt auch wirklich der Autor ist, wie er sagt, oder doch nicht, weil er das böse Nichtautor-Bit gesetzt hat. Das technisch nichtmachbare Fordern (Löschen vor Feststellung), das ist die Gefahr, nicht, dass Autoren und Künstler auf korrektes Kopieren und Zensieren ihrer Werke bestehen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

04.06.2012 21:49
#16 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Zettel
Ich habe es bisher nur in einem negativen Kontext gelesen. Trügt mein Eindruck, daß das ein Begriff ist so wie früher einmal die "Multis" (inzwischen aus der Mode gekommen, das waren die "multinationalen Konzerne")?


Schwer zu sagen. Eher nein als ja. Bei der Contentindustrie ist deutlich stärker umrissen um wenn es geht. Wenn man einen Vergleich zöge, dann doch eher zu den Ölmultis, die damit auch vergleichsweise gut beschrieben sind.

Zitat
Ein Autor und ein Buchhändler, ein Kleinverleger - das sind doch keine "Industriellen", lieber Llarian.


Aber selbstredend sind sie das. Genauso wie jeder kleine Werkzeugmacher der auf der eigenen Drehbank Schneidwerkzeuge für den Spritzguss fertigt. Die Grösse der Fertigung hat doch nix mit dem Sektor zu tun.

Zitat
Und sie produzieren und verkaufen auch keinen content, sondern Bücher, Zeitschriften und dergleichen.


Das ist irreführend, allerdings will ich Ihnen gerne unterstellen, dass es nicht bewusst irreführend ist. Denn wir reden ja gerade nicht über Bücher, Zeitschriften, Platten oder DVDs im Sinne von Hardware, denn die Hardware ist nichts weiter als der Träger. Wir reden von Inhalten und nichts anderes verkaufen die Verlage, die Autoren, die Buchhändler und Kleinverleger. Und Inhalte sind schlicht Content. Und da Bücher nun einmal produziert werden, ist es auch schlicht eine Industrie. Es ist weder eine Dienstleistung noch ist es Ackerbau oder Forstwirtschaft.

Zitat
Es geht um das Buchgewerbe, keine "Contentindustrie".


Gewerbe ist nur eine Verallgemeinerung von Industrie die eben auch den primären und tertiären Wirtschaftssektor inkludiert. Der Inhalt ist der selbe. Der Begriff Contentindustrie hat aber tatsächlich einen bestimmten Hintergrund, der mit "Buchgewerbe" schlecht beschrieben ist. Er stellt nämlich auf den Gegensatz zwischen Künstler und Contentindustrie ab, deren Interessen, auch wenn die Contentfritzen das hundertmal versuchen zu vernebeln, nicht die selben sind.

PS. Nebenbei bemerkt ist das Verwenden des Wortes Contentindustrie ein Zugeständnis an ihr Forum und die gehobenen Umgangsformen. In Anbetracht der Geschäftsmethoden ist der Begriff Contenmafia ebenso oft zu finden und ausserhalb dieses Forums eigentlich auch der wohl griffigere Ausdruck.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.06.2012 22:06
#17 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Blub
Ich halte es nicht plausibel, was Sie sagen, da z.B. bei Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Straße auch nicht ein Überwachungsstaat eingeführt wird, um zu kontrollieren, dass immer alle auf allen Straßen mit vorgesehenem Speed fahren.

Ich glaube nicht, daß ich das gesagt habe, lieber Blub.

Herzlich, Zettel

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.06.2012 22:12
#18 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Techniknörgler

Zitat
Und der Umstand, daß viele Autoren nicht allein vom Verkauf ihrer Bücher leben können? Ja, was ist denn das für ein Argument? Wenn jemand ohnehin schlecht bezahlt wird, dann kann man ihm diese Einkünfte ebensogut auch wegnehmen? Ist es das, was die beiden Autoren uns sagen wollen?



Aus meiner Sicht eigentlich eines der besten Argumente. Ich halte es nicht für angebracht hier mit Strohmännern aufzuwarten, denn die kritisierten Autoren haben auf einen validen Punkt aufmerksam gemacht: Das sich die allermeisten Schriftsteller nicht über ihre Einnahmen aus dem Urheberrecht finanzieren, sondern über andere Quellen. Das ist keine Aufforderung jemandem "das wenige was er hat" wegzunehmen, sondern einen verlgeichweise geringen Anteil an seinen Gesamteinnahmen in Frage zu stellen, den durchzusetzen früher oder später eine Totalüberwachung notwendig macht, folglich Dritte in einer (für den Nutzen) weit überproportionalen Weise tangiert.

Das Argument ist also vollständig und richtig wiedergegeben sehr valide und überzeugend, vorrausgesetzt natürlich die Grundannahme stimmt: Was ist die Haupteinnahmequelle der überwiegenden Anzahl an Schriftstellern?



Ich hab mal hervorgehoben was ich kritisieren möchte: Wenn das Eigentum in Frage gestellt wird, kann es und wird es weggenommen werden. Und darum hat Zettel völlig recht.
Ob es allerdings zu der Totalüberwachung des Internets durch Missbrauch des Urheberrechts kommt, ist dagegen m.E. deutlich unwahrscheinlicher. Ebenso wie die Vorstellung Autoren, Verlage und selbst die Buchhandlungen hocken irgendwie unter einer Decke um der Freiheit des Internets den Garaus zu machen.
Es gibt einige Argumente von Ihnen und Llarian die ich nachvollziehe und einige die ich teile. Aber ein Argument welches nach meinem Verständnis darin besteht, einen drohenden Überwachungsstaat in Deutschland verhindern zu wollen in dem das Urheberrecht abgeschafft wird, klingt für mich eher nach einer Verschwörungstheorie.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.06.2012 22:16
#19 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Llarian

Zitat
Ein Autor und ein Buchhändler, ein Kleinverleger - das sind doch keine "Industriellen", lieber Llarian.


Aber selbstredend sind sie das. Genauso wie jeder kleine Werkzeugmacher der auf der eigenen Drehbank Schneidwerkzeuge für den Spritzguss fertigt. Die Grösse der Fertigung hat doch nix mit dem Sektor zu tun.


Hm, dann verwenden Sie und ich das Wort "Industrie" unterschiedlich. Vielleicht fragen Sie einmal Ihren Buchhändler um die Ecke, ob er sich als Industriellen sieht?

Und die Autoren - sind das dann in dieser "Industrie" die Unternehmer oder die Arbeitnehmer?

Im Englischen mag "industry" ja noch halbwegs passen; da gibt es auch eine "sex industry". Aber im Deutschen verbindet man mit dem Wort "Industrie" nicht die Arbeit eines Lyrikers und nicht das Geschäft eines kleinen Sortimenters.



Mir erscheint, nochmals gesagt, lieber Llarian, die Vermutung naheliegend, daß mit der Bezeichnung "Contentindustrie" eine negative Konnotation verbreitet werden soll. Zeh und Trojanow setzen ja gleich noch einen drauf und sprechen von "Content-Mafia".

Der Diebstahl geistigen Eigentums wird als Freiheit angepriesen; und diejenigen, die sich dagegen wehren, werden mit derartigen Begriffen belegt. Autoren und Verleger, die gleichermaßen von dem Angriff auf das Urheberrecht betroffen sind, sollen als im "Arbeitskampf" befindlich gegeneinander ausgespielt werden.

Das ist in Ziel und Methode sozialistisch; lustigerweise wird es aber als libertär oder liberal oder sonstwie freiheitlich verkauft. Es ist das Gegenteil von Freiheit, nämlich die Sozialisierung dessen, was der Einzelne erarbeitet hat.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

04.06.2012 23:13
#20 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Zettel
Hm, dann verwenden Sie und ich das Wort "Industrie" unterschiedlich. Vielleicht fragen Sie einmal Ihren Buchhändler um die Ecke, ob er sich als Industriellen sieht?


Wie sich jemand sieht sagt bisweilen nicht unbedingt etwas darüber aus, was er ist. Eine Putzfrau wird sich auch in den eher seltenen Fällen als Dienstleisterin definieren, obwohl sie zweifelsfrei zum tertiären Sektor gehört. Der Buchhändler könnte übrigens tatsächlich auch dem tertiären, sprich, dem Dienstleistungssektor zugerechnet werden. Aber als Konglomerat überwiegt bei den Contentanbietern eben tatsächlich der industrielle Bereich.

Zitat
Und die Autoren - sind das dann in dieser "Industrie" die Unternehmer oder die Arbeitnehmer?


Mit aller Sicherheit letztere. Wobei das ziemlich egal sein dürfte.

Zitat
Aber im Deutschen verbindet man mit dem Wort "Industrie" nicht die Arbeit eines Lyrikers und nicht das Geschäft eines kleinen Sortimenters.


Das mag wohl sein, aber Umgangssprache ist eben nicht immer exakt oder korrekt.

Zitat
Mir erscheint, nochmals gesagt, lieber Llarian, die Vermutung naheliegend, daß mit der Bezeichnung "Contentindustrie" eine negative Konnotation verbreitet werden soll. Zeh und Trojanow setzen ja gleich noch einen drauf und sprechen von "Content-Mafia".

Der Diebstahl geistigen Eigentums wird als Freiheit angepriesen; und diejenigen, die sich dagegen wehren, werden mit derartigen Begriffen belegt.


Das ist schon witzig, lieber Zettel, einerseits unterstellen Sie anderen das Verbreiten einer negativen und nicht korrekten Konnotation, haben aber zwei Sätze nicht das geringste Problem damit eine absolut falsche und deutlich diffamierende Begrifflichkeit wie selbstverständlich zu verwenden. Denn real gesehen ist es ganz ähnlich, wie Sie es beschreiben, nur das Vorzeichen stimmt nicht: Die Contentindustrie pinselt sich gerne als netter Buchhändler von nebenan, als kleiner Autor aus der Nachbarschaft und als Anwalt der Künstler ein, obwohl sie all das kaum im Ansatz ist, in Wirklichkeit ist es eine Milliardenindustrie mit einem ganzen Netzwerk von Lobbyisten deren Ziel nicht das Verbreiten von Kultur sondern das Verdienen von Geld ist (was ich nicht per se negativ finde, mich stört nur die falsche Flagge). Und umgekehrt sind die Ersteller von Schwarzkopien keine Diebe und keine Räuber. Es sind in der Tat viele falsche Konnotationen unterwegs, ziemlich genau die, die Ihnen so leicht von der Hand gehen.

Zitat
Autoren und Verleger, die gleichermaßen von dem Angriff auf das Urheberrecht betroffen sind, sollen als im "Arbeitskampf" befindlich gegeneinander ausgespielt werden.


Das ist genauso absurd wie zu behaupten, das jemand, der auf schlechte Arbeitsbedingungen in einer bestimmten Arbeitssparte hinweist, damit die Arbeiter und Unternehmer gegeneinander ausspielen möchte. Es ist ein tatsächlich interssanter Punkt, dass es die Contentprovider geschafft haben, dass so vielen Menschen der Eindruck entsteht, sie hätten nahezu nur gemeinsame Interessen mit den Autoren. Haben die aber nicht. Die Autoren wollen Geld verdienen und die Contentverwerter wollen Geld verdienen. Und Geld kann auch nur einmal verdient werden. Da sind ganz diametral entgegengesetzte Interessen vorhanden. In Amerika, wo eben nicht alles nach "ham wa schon immer so gemacht" geregelt wird, tobt dieser Kampf deutlich offener. Da verklagen viele Künstler regelmäßig ihre Verwerter.

Zitat
Das ist in Ziel und Methode sozialistisch; lustigerweise wird es aber als libertär oder liberal oder sonstwie freiheitlich verkauft.


Auch hier ist das Gegenteil richtig. Ein staatlicher Befehl so und so zu handeln, damit eine bestimmte Gruppe protegiert wird, ist zutiefst sozialistisch. Dagegen ist die Freiheit in seinen eigenen vier Wänden zu tun und zu lassen was man möchte, ziemlich liberal. Das Urheberrecht ist und bleibt ein Eingriff in die Privatautonomie. Egal wie man es dreht und wendet. Man kann das als sinnvoll erachten (darüber haben wir schon viel diskutiert) aber ein Prinzip der Freiheit ist das nie. War es nie. Und wird es nie sein.

Ich will Ihnen ein simples Beispiel geben, lieber Zettel. Nehmen wir an, ich besässe das Recht am Konzept der elektronischen Datenverarbeitung. Weil der Staat es mir verkauft hat. Wenn geistiges Eigentum existiert, dann ist jede Grenze wo es anfängt oder aufhört völlig willkürlich. Insofern kann der Staat mir das per Amtsgewalt zusprechen. Praktisch für mich, denn jetzt kann ich und meine Erben in 20 Generationen über das bestimmen, was elektronisch verarbeitet wird. Jetzt wollen Sie einwenden, es müsste eine Grenze geben. Aber warum sollte es das ? 10 Jahre für Gebrauchsmuster, 20 für Patente, 70 für Kunst, alles rein willkürlich. Ist das nicht wirklich praktisch für mich ? Ich besitze damit etwas was nie altert, sich nie entwertet, für das ich nie etwas tun muss und mit dem ich immer und jeden knechten darf. Weil das mein geistiges Eigentum ist. Überhaupt könnte man alles, was Ihnen lieb und teuer ist zu geistigem Eigentum anderer erklären. Im Rahmen der Willkürlichkeit des geistigen Eigentums ist das überhaupt kein Problem. Und das nennen Sie Freiheit ?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.06.2012 01:29
#21 Interessen von Autoren und Verlegern; noch einmal Arno Schmidt Antworten

Zitat von Llarian
Es ist ein tatsächlich interssanter Punkt, dass es die Contentprovider geschafft haben, dass so vielen Menschen der Eindruck entsteht, sie hätten nahezu nur gemeinsame Interessen mit den Autoren. Haben die aber nicht.

Ich glaube nicht, lieber Llarian, daß jemand von "nahezu nur gemeinsamen Interessen" gesprochen hat oder spricht.

Es ist wie meist in solchen Situationen: Es gibt gemeinsame und es gibt gegensätzliche Interessen.

Wenn es um das Aushandeln eines Autorenvertrags geht, dann haben Verlag und Autor natürlich gegensätzliche Interessen, denn das ist ein Nullsummenspiel. Was der eine mehr an dem Buch verdient, verdient der andere weniger.

Ansonsten gibt es gemeinsame Interessen. Beide wollen, daß von dem jeweiligen Buch möglichst viele Exemplare verkauft werden. Beide wollen, daß beim Erfolg eines Buchs der Autor weitere erfolgreiche Bücher schreibt; weswegen der Verleger einem vielversprechenden Autor zum Beispiel oft einen Vorschuß gibt.

Auch das gemeinsame Interesse an guter Literatur ist keineswegs ausgestorben. Vielleicht meldet sich ja Siebenschlaf dazu noch einmal zu Wort. Es gibt Dutzende von Kleinverlegern wie er, deren Leidenschaft die Literatur ist; die sich oft auf eine bestimmte Marktnische spezialisieren. Ihre Interessen sind mit denen der Autoren - oft schreiben sie ja auch selbst - nahezu deckungsgleich.

Sie alle leben, wie auch die Autoren, vom Verkauf der Bücher. Deshalb haben sie das vorrangige gemeinsame Interesse, daß Bücher - ob nun gedruckte oder digitale - auch weiter in hinreichender Zahl zu einem angemessenen Preis verkauft werden können.



Sie gegeneinander auszuspielen, indem ein Gegensatz von "Contentindustrie" und den Autoren als eine Art Arbeitnehmern konstruiert wird, ist ein durchsichtiges Manöver im jetzt angelaufenen Kampf um die Deutungshoheit in diesem Bereich. Die Anbieter sollen in ein negatives Licht gestellt werden. Autoren, Buchhändler und Verlage sollen auseinanderdividiert werden.

Und wenn diejenigen, denen man damit an die Existenz will, sich wehren, dann werden sie verhöhnt, weil ihnen ihr "Frühstück" wichtiger sei als der "Untergang der Welt"; weil der gemeinsame Nenner ihres "politischen Bewußtseins" die "Angst" vor "finanziellen Einbußen" sei.

Und das Letzere schreiben zwei Autoren, die das Verhältnis zwischen Verlagen und Autoren als einen "Arbeitskampf" darstellen!

Das Ziel ist eine "Freiheit", von der nun allerdings diejenigen, die sie anstreben, wenig haben werden.

Denn sie drehen der Gans, die goldene Eier legen soll, den Hals um. Sie nehmen, wenn sie sich durchsetzen, den Autoren den finanziellen Anreiz, überhaupt noch Literatur zu produzieren. Sie wollen zurück hinter die Zeit von Lessing und Wieland, die Arno Schmidt erwähnt; in eine Zeit, in der es den Beruf des Schriftstellers dshalb gar nicht gab.



Hier dazu, lieber Llarian, noch einmal die schon einmal zitierte Passage aus dem Artikel von Gunnar Ortlepp, der 1970 Arno Schmidt zu den Raubdrucken von "Zettel's Traum" interviewt hat. Ich zitiere noch etwas ausführlicher als damals, weil ich gern darauf aufmerksam möchte, daß auch damals schon die "Piraten" existierten :

Zitat
Raubdrucke sind neuerdings sehr beliebt. "Es gibt kein geistiges Eigentum. Zerschlagt das bürgerliche Copyright!" So etwa fordern die Piraten, die bislang vor allem marxistisches" psychoanalytisches und soziologisches Gedankengut, so etwa Schriften von Horkheimer und Adorno und dem linken Sexualtheoretiker Wilhelm Reich, aber auch die berühmte Porno "Barbara", für billiges Geld auf den schwarzen Markt gebracht haben. (...)

Und dann erinnert Schmidt an die Raubdruck-Klagen der Klassiker, an Lessing, Goethe, Schiller, an Dickens und Cooper: "Das war förmlich ein Jammer damals. Man konnte sich nicht mehr trauen, ein größeres und umfangreicheres Werk zu schreiben. Das internationale Copyright hat der Schweinerei endlich mal ein Ende gesetzt. Wir, die Autoren, haben uns das in Jahrhunderten mühsam erarbeitet."

Durch die neuerdings eingerissene Raubdruckerei sieht Schmidt diesen Schutz der Autoren wiederum schwer gefährdet. "Die Folgen", sagt er, "sind verheerend. Es müßte wirklich wieder so weit kommen, daß auf dem Nachdruckgewerbe ein Schimpf liegt wie auf jeder anderen schmutzigen Beschäftigung."

Jetzt sind wir wieder so weit wie 1970. Das Ulkige ist allerdings, daß diejenigen, die das "bürgerliche Copyright" abschaffen wollen, jetzt mit dem Argument der "Freiheit" auftreten, statt zu sagen, daß das eine sozialistische Forderung ist.

Herzlich, Zettel

Solus Offline



Beiträge: 384

05.06.2012 03:51
#22 RE: Interessen von Autoren und Verlegern; noch einmal Arno Schmidt Antworten

Zitat von Zettel
Das Ziel ist eine "Freiheit", von der nun allerdings diejenigen, die sie anstreben, wenig haben werden.

Denn sie drehen der Gans, die goldene Eier legen soll, den Hals um. Sie nehmen, wenn sie sich durchsetzen, den Autoren den finanziellen Anreiz, überhaupt noch Literatur zu produzieren. Sie wollen zurück hinter die Zeit von Lessing und Wieland, die Arno Schmidt erwähnt; in eine Zeit, in der es den Beruf des Schriftstellers dshalb gar nicht gab.


Die Freiheit, sich irgendwelches Zeug kopieren zu können, ist nun allerdings nur das Ziel eines Teils dieser Bewegung.
Die Freiheit, um die es da eigentlich geht, wird davon nicht im mindesten tangiert. Nämlich die, sich unterhalten und Dinge durchlesen zu können, ohne, dass der Staat etwas davon weiß. Um die Freiheit geht es. Und selbst wenn es gar keine professionellen Künstler mehr gäbe, hätte das auf die selbige keinen Einfluß (mögliche anderweitige Auswirkungen auf das Internet einmal außenvorgelassen).

Das ist der eigentliche zentrale Punkt. Dass der auch von Menschen geteilt wird, die eine sozialistische Weltsicht haben, macht den Kern des ganzen nicht sozialistisch.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.06.2012 04:08
#23 RE: Interessen von Autoren und Verlegern; noch einmal Arno Schmidt Antworten

Zitat von Solus
Die Freiheit, sich irgendwelches Zeug kopieren zu können, ist nun allerdings nur das Ziel eines Teils dieser Bewegung.

Die Freiheit, um die es da eigentlich geht, wird davon nicht im mindesten tangiert. Nämlich die, sich unterhalten und Dinge durchlesen zu können, ohne, dass der Staat etwas davon weiß. Um die Freiheit geht es. Und selbst wenn es gar keine professionellen Künstler mehr gäbe, hätte das auf die selbige keinen Einfluß (mögliche anderweitige Auswirkungen auf das Internet einmal außenvorgelassen).

Das ist der eigentliche zentrale Punkt. Dass der auch von Menschen geteilt wird, die eine sozialistische Weltsicht haben, macht den Kern des ganzen nicht sozialistisch.

Das ist ein Punkt, der auch von mir geteilt wird, lieber Solus.

Auch ich bin gegen staatliche Schnüffelei im Internet. Aber ich bin bisher nicht davon überzeugt, daß der Preis für ihre Verhinderung die Aufhebung des Urheberrechts ist.

Zum einen: Wer ist denn der "Staat", der sich um die Einhaltung des Rechts auch im Internet kümmert? Es ist ja im demokratischen Rechtsstaat keine Gestapo und kein MfS, sondern es sind Behörden, die sich an Recht und Gesetz halten. Ihr Interesse ist es nicht, unbescholtene Bürger auszuforschen, sondern Straftaten zu verfolgen. Das geschieht auch jetzt schon - ich habe schon in einem anderen Thread auf das Beispiel der Kinderpornografie hingewiesen -, ohne daß das zu einer allgemeinen Schnüffelei im Internet geführt hätte.

Zweitens werden ja unter der jetzigen Rechtslage Verletzungen des Urheberrechts im Internet schon verfolgt. Meist handelt es sich um Abmahnungen; oder es werden Provider darüber informiert, daß in einem Forum oder einm Blog illegal Texte oder Bilder veröffentlicht werden, und dieser löscht daraufhin den Blog oder das Forum.

Da ist "der Staat" also überhaupt nicht beteiligt. Wenn jemand allerdings gezielt Produktpiraterie betreiben und beispielsweise E-Books illegal anbieten sollte, dann sehe ich keinen Grund zur Besorgnis, wenn er auch von den Behörden der Strafverfolgung ins Visier genommen wird. Warum sollte jemand, der im Internet mit gestohlener Ware handelt oder sie von mir aus auch verschenkt, anders behandelt werden, als derjenige, der es sonst tut?

Herzlich, Zettel

Solus Offline



Beiträge: 384

05.06.2012 08:09
#24 RE: Interessen von Autoren und Verlegern; noch einmal Arno Schmidt Antworten

Zitat von Zettel

Zum einen: Wer ist denn der "Staat", der sich um die Einhaltung des Rechts auch im Internet kümmert? Es ist ja im demokratischen Rechtsstaat keine Gestapo und kein MfS, sondern es sind Behörden, die sich an Recht und Gesetz halten. Ihr Interesse ist es nicht, unbescholtene Bürger auszuforschen, sondern Straftaten zu verfolgen. Das geschieht auch jetzt schon - ich habe schon in einem anderen Thread auf das Beispiel der Kinderpornografie hingewiesen -, ohne daß das zu einer allgemeinen Schnüffelei im Internet geführt hätte.


Das Verfolgen von Straftaten und das Ausforschen unbescholtener Bürger bedingen in diesem Fall einander. Um im Internet ermitteln zu können, wer was gemacht hat, muss man zwingend die Daten aller Beteiligten sammeln; andernfalls lässt sich das im Nachhinein nichtmehr nachverfolgen. Daten, die irgendwo gespeichert sind, fließen aber zwingend mindestens zum Teil irgendwann in die Öffentlichkeit, ob auf legalem oder illegalem Wege spielt für das Ergebnis ja keine Rolle.
Was die allgemeine Schnüffelei anbelangt, ist das offensichtlichste die Vorratsdatenspeicherung, auch wenn die momentan zum Glück noch ausgesetzt ist. Soweit ich mich erinnere, war die Kinderpornographie neben dem Terrorismus der Hauptgrund, mit dem die Vorratsdatenspeicherung begründet worden ist. Die Verfolgung von Urheberrechtsstraftaten schlägt in die gleiche Kerbe. Ebenso wie die Verfolgung von Kinderpornographie aus den verschiedensten Gründen ein Irrweg ist, ebenso verhält es sich auch mit der Durchsetzung des Urheberrechts im Internet.
Dass große Industrien einen durchaus gewichtigen Einfluß auf die Politik haben können, dürfte Ihnen ja bekannt sein. Schon insofern ist der sicherste Weg, die Freiheit des Internets zu bewahren, jedem möglichen gegensätzlichen Einfluß die Grundlage zu entziehen. Und dazu gehört, unter anderem, auch das Urheberrecht.


Zitat
Zweitens werden ja unter der jetzigen Rechtslage Verletzungen des Urheberrechts im Internet schon verfolgt. Meist handelt es sich um Abmahnungen; oder es werden Provider darüber informiert, daß in einem Forum oder einm Blog illegal Texte oder Bilder veröffentlicht werden, und dieser löscht daraufhin den Blog oder das Forum.


Und genau das führt auch jetzt schon zu Einschränkungen der Meinungsäußerung, wie diverse Abmahnungen wegen Beleidigung, Geschäftsschädigung und dergleichen zeigen.
Es kann sein, dass wir hier auch unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was Freiheit beinhalten sollte. Ich verstehe darunter auch unter anderem die Möglichkeit, sich, um ein Beispiel zu nennen, in Deutschland verbotene Meinungsäußerungen durchzulesen. Dass diverse Websites rechtsradikaler Gruppen in Deutschland gesperrt sind, dürfte Ihnen vermutlich bekannt sein. So wie es sich momentan verhält, kann man diese Sperren mit Leichtigkeit umgehen; ebenso, wie man problemlos das Urheberrecht brechen kann, ohne verfolgt zu werden. Dass was letzteres anbelangt eine nicht geringe Anzahl an Menschen warum auch immer Wege dafür wählt, die nachverfolgbar sind und sie dadurch den entsprechenden Strafen aussetzen, ist zwar so. Langfristig würde eine weitergehende Durchsetzung des Urheberrechtes aber ersteinmal nur dazu führen, dass die entsprechenden Menschen halt auf Wege umsteigen, die sich nachwievor nicht nachvollziehen lassen - was dann? Dann steht man ja wieder vor dem gleichen Problem - die Überwachung ausbauen um das geltende Recht durchzusetzen, oder darauf verzichten?
Wenn man sich aber jetzt dafür entscheidet, der Durchsetzung des Rechts den Vorzug zu geben, warum sollte man sich dann später anders entscheiden?
Genau dieser fortschreitende Dammbruch ist das Problem.

Zitat

Da ist "der Staat" also überhaupt nicht beteiligt. Wenn jemand allerdings gezielt Produktpiraterie betreiben und beispielsweise E-Books illegal anbieten sollte, dann sehe ich keinen Grund zur Besorgnis, wenn er auch von den Behörden der Strafverfolgung ins Visier genommen wird. Warum sollte jemand, der im Internet mit gestohlener Ware handelt oder sie von mir aus auch verschenkt, anders behandelt werden, als derjenige, der es sonst tut?


Das Problem ist der Weg, auf dem die Informationen bezogen werden, die zur Verfolgung und Verurteilung führen.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

05.06.2012 08:52
#25 RE: Noch einmal Urheberrecht Antworten

Zitat von Zettel
Denn das darf man nicht vergessen: Die kleinen Buchhändler, die - aus meiner Sicht - ein wesentliches Stück deutsche Kultur sind, gerade in den kleinen Städten, konnten bisher nur dank der Preisbindung existieren.

Wenn sie kaputt sind, wird es übrigens auch die von Zeh und Trojanow genannten lukrativen Lesungen kaum noch geben; denn sie werden meist von kleinen Buchhandlungen organisiert.

Glaube ich nicht. Gibt es in England, Belgien, USA keine kleinen Buchläden?

Gruß Petz

"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln

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