Zitat von Kokospalme im Beitrag #170Ich gehe davon aus, dass man mit der Befruchtung ein Mensch ist. Unter dieser Prämisse ist Abtreibung Mord und Mord ist ein Verbrechen. Nach offizieller Statistik werden in Deutschland zwischen 100.000 und 200.000 Menschen jährlich abgetrieben, vermutlich sind es aber bis zu 300.000. Gehen wir von durchschnittlich 100.000 Abtreibungen jährlich aus, dann gab es seit dem 1993er Urteil des Bundesverfassungsgerichts fast zwei Millionen Abtreibungen. Daher die „millionenfachen Verbrechen“.
Offensichtlich wird Ihr subjektives Weltbild vom Bundesverfassungsgericht nicht geteilt.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #174Ich nahm an, dass man laut bei der katholischen Kirche erst mit der Seele zum Menschen werden würde (also ab dem 40. Tag bei männlichen Embryonen und ab dem 80. Tag bei weiblichen Embryonen)
Mit dem ersten Teil liegen Sie richtig. Aber wie C. schon geschrieben hat, stimmt die "also"-Aussage in Klammern nicht mit dem katholischen Verständnis überein.
Der Babylonische Talmud macht eine derartige Unterscheidung beim 40. Tag nach der Befruchtung; ein vollgültiger Mensch ist man aber im traditionellen jüdischen Rechtsverständnis erst nach der Geburt, je nach Auffassung auch erst 13 oder 30 Tage nach der Geburt.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #174und dass Abtreibung/Tötung bei Anenzephalie toleriert werden würde.
Wird sie nicht.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat Noch genauer wird man erst mit zwei bis drei Jahren zum Kind, davor schimpft sich das "Säugling". Entsprechend vertreten Peter Singer und ähnliche Zeitgenossen auch die Position, Säuglinge sollten straffrei umgebracht werden können, wenn ihr Weiterleben den Eltern genügend Scherereien macht.
Vermutlich urteilen Sie an dieser Stelle eher vom Hörensagen oder inspiriert durch bestimmten "Stellen". Ich möchte diesbezüglich, insbesondere religionsfreien, Lesern das Buch von Peter Singer: Praktische Ethik empfehlen. Es behandelt sehr differenziert und stringent verschiedene ethische Fragen. mfG
Zitat von Kokospalme im Beitrag #168 Eine so originelle Begründung für das Durchführen von Beschneidungen habe ich noch nie gehört.
Sie ist weder neu noch besonders originell. Und wenn Ihnen das neu ist, spricht das nicht gerade für eine grosse Beschäftigung mit dem eigenen Argument.
Zitat Sie glauben wirklich, dass amerikanische Evangelikale Beschneidung als Maßnahme gegen Selbstbefriedigung einsetzen?
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts ja. Ob sie es heute öffentlich noch so begründen würde ich bezweifeln, es kommt in der Öffentlichkeit vermutlich nicht allzu gut an.
Zitat Selbstbefriedigung klappt auch ganz gut mit beschnittenem Penis.
Das sagen Sie, es mag auch ihrer Erfahrung entsprechen. Mancher braucht aber das essentielle Nervengewebe. Und das fehlt dann eben. Es gibt drei stark durchzogene Nervenbereiche am männlichen Penis, wenn sie zwei davon entfernen wird das Lustemfinden trivialerweise reduziert (wie der Rheinländer sagt: Was fott is, is fott.). Mancher mag ja sogar einen Vorteil darin sehen, keine starke Reizung zu erfahren. Nur sollte man sich deswegen nicht einreden, dass es das selbe sei.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #174Ich nahm an, dass man laut bei der katholischen Kirche erst mit der Seele zum Menschen werden würde (also ab dem 40. Tag bei männlichen Embryonen und ab dem 80. Tag bei weiblichen Embryonen)
Mit dem ersten Teil liegen Sie richtig. Aber wie C. schon geschrieben hat, stimmt die "also"-Aussage in Klammern nicht mit dem katholischen Verständnis überein.
Der Babylonische Talmud macht eine derartige Unterscheidung beim 40. Tag nach der Befruchtung; ein vollgültiger Mensch ist man aber im traditionellen jüdischen Rechtsverständnis erst nach der Geburt, je nach Auffassung auch erst 13 oder 30 Tage nach der Geburt.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #174und dass Abtreibung/Tötung bei Anenzephalie toleriert werden würde.
Wird sie nicht.
Es handelt sich hierbei um einen in der Tat sehr interessanten religionsdogmatischen Hintergrund.
Denn im Mittelalter vertrat die katholische Kirche tatsächlich die Ausfassung, erst am 40. Tage würde ein Embryo beseelt werden, weibliche sogar erst am 80. Tag nach der Befruchtung.
Da der Mensch erst mit der Seele zum Menschen wird, wurde bis zum 40. Tage Abtreibung von der katholischen Kirche damals nicht als Mord gewertet. Sogar bis zum 80. Tag galt eventuell Straffreiheit wegen des Vorwurfes des Mordes, weil man ja (zumindest vor der Abtreibung) nicht wissen konnte, ob es sich tatsächlich um einen männlichen Fötus handelte oder um einen Weiblichen.
Danach war es grundsätzlich Mord, da mit der Beseelung der Mensch zum Menschen werde.
Irgend wann viel jemandem jedoch auf, dass die Lehre der unbefleckten Empfängnis Mariens, laut der Maria schon bei ihrer Empfängnis von der Erbsünde bewahrt worden sei, um eine reine, von der Erbsünde unbefleckte "Mutter Gottes" zu sein, der Empfängis eine besondere Bedeutung gab.
Jemand soll bei der Empfängnis bereits von der Erbsünde bewahrt werden, obwohl seine Seele erst 80. Tage später nachgereicht wird?
Und überhaupt, was feiert man denn mit der Unbefleckten Empfängnis? Die Befruchtung eines seelenlosen Fleischklumpens? Das soll man feiern?
Da diese beiden Lehren, die der späteren Beseelung und die der Unbefleckten Empfängnis, einander nicht gut vertrugen, haben Theologen schon recht früh gegenüber dem Papst agumentiert, man müsse da doch mal was überdenken. Natürlich nicht die Lehre der Unbefleckten Empfängnis, diese ist für die Religion und ihre Aussagen von grundlegenderer Bedeutung, als ein Beseelungszeitpunkt nach dem Talmud.
Inzwischen wurde die Lehre der Unbefleckten Empfängnis zum unfehlbaren Dogma der katholischen Kirche erklärt, während der Zeitpunkt der Befruchtung von der Kirche als Zeitpunkt der Beseelung angsehen wird. Sie hat wegen des unfehlbaren Status der erstgenannten Lehre auch dogmatisch-logisch gar keine andere Wahl mehr.
Deshalb dürfen selbst vergewaltigte Frauen keine Abtreibung vornehmen, auch nicht in den ersten 40 Tagen, in denen sich ja auch ganz objektiv garantiert noch kein Gehirn oder auch nur zentrales Nervensystem gebildet hat. Da man den Gehirntod als den Todeszeitpunkt eines Menschen definiert (auch von der katholischen Kirche anerkannt!), fragt man sich als nichtreligiöser Agnostiker, Atheist oder Humanist warum dann ein Fötus ohne Gehirn bereits ein lebender Mensch im Sinne von Rechtsperson seien soll. Aber für die katholische Kirche ist der Fall klar: Die Frau unterstützt mit ihrer Abtreibung einen Mord.
Wer das anders sieht, kann schlecht die Unbefleckte Empfängnis Mariens feiern. Daher muss dieses Weltbild am besten mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen werden.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not."
Zitat von GorgasalNoch genauer wird man erst mit zwei bis drei Jahren zum Kind, davor schimpft sich das "Säugling". Entsprechend vertreten Peter Singer und ähnliche Zeitgenossen auch die Position, Säuglinge sollten straffrei umgebracht werden können, wenn ihr Weiterleben den Eltern genügend Scherereien macht.
Vermutlich urteilen Sie an dieser Stelle eher vom Hörensagen oder inspiriert durch bestimmten "Stellen". Ich möchte diesbezüglich, insbesondere religionsfreien, Lesern das Buch von Peter Singer: Praktische Ethik empfehlen. Es behandelt sehr differenziert und stringent verschiedene ethische Fragen. mfG
Danke für den Vorschlag. Die Praktische Ethik steht in der Reclam-Ausgabe in meinem Bücherregal, auch recht zerlesen. Wobei ich gerne zugebe, dass ich schon lange nicht mehr drin gelesen habe, wobei ich das "differenziert und stringent" nicht mehr ganz so in Erinnerung habe. Vielleicht schaue ich mal wieder hinein, angenehme Überraschungen erlebe ich gerne, vielleicht habe ich mich ja in der Tat falsch erinnert - soll vorkommen.
Darf ich fragen, warum Sie das Buch "insbesondere religionsfreien" Lesern empfehlen?
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #182Daher muss dieses Weltbild am besten mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen werden.
Stimmt. Ausserdem wird das Weltbild, dass auch 15 Tage alte Säuglinge, Behinderte oder 80-jährige Menschen sind und nicht umgebracht werden dürfen, mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen. Eine Herausforderung für jeden Liberalen!
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #182Daher muss dieses Weltbild am besten mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen werden.
Stimmt. Ausserdem wird das Weltbild, dass auch 15 Tage alte Säuglinge, Behinderte oder 80-jährige Menschen sind und nicht umgebracht werden dürfen, mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen. Eine Herausforderung für jeden Liberalen!
Das Weltbild wird ja niemandem aufgezwungen. Der Staat erlaubt jedem zu glauben, dass 15 Tage alte Säuglinge nur Zellklumpen sind. Bestraft wird nicht der Irrglaube, sondern nur eine gewisse Tat, die damit gerechtfertigt wird.
Zitat von Kokospalme im Beitrag #170Ich gehe davon aus, dass man mit der Befruchtung ein Mensch ist. Unter dieser Prämisse ist Abtreibung Mord und Mord ist ein Verbrechen.
Sebastian Haffner hat zu diesem Argument einmal angemerkt, daß es dann keiner Abtreibungsgesetze bedürfe. Mord ist ja bereits verboten.
Ich kann der Aussage, daß Abtreibung Mord sei, folgen, wenn sie sich auf Spätabtreibung bezieht. Es ist in der Tat abwegig und skandalös, daß ein Fetus zu einem Zeitpunkt getötet werden darf, zu dem man ihn als Frühgeburt päppeln würde, um ihn am Leben zu erhalten.
Aber ebenso absurd erscheint es mir, vom Mord an einer befruchteten Eizelle, einer Morula oder einer Blastula zu sprechen.
Zitat von Kaa im Beitrag #138Es ist schon ein Unterschied, ob etwas grundsätzlich nicht falsifizierbar ist (verifizierbar sind prinzipiell nur Tautologien). Oder ob es jemanden gibt, der es weiß, wie in den Beispielen mit dem Weihnachtsmann und den Planetenbahnen.
Grundsätzlich läßt sich über Gott nichts positiv belegbares aussagen. Selbst wenn er trotzdem existiert, kann das nicht die Grundlage für eine gesellschaftliche Normsetzung sein. Denn wir wissen es nicht, können es nicht wissen. Sie argumentieren wie jemand, der von Gottes Existenz überzeugt ist, und daß er uns Lebensregeln auf den Weg gegeben hat. Ganz sicher bin ich mir nicht, es könnte auch sein, daß Sie sich für die Diskussion in die argumentative Position eines Gläubigen begeben. Ich werde der Einfachheit halber im folgenden schreiben, als ob Sie Glaubender seien.
Wenn Sie wissen, definitiv, daß Gott existiert und was er uns gebietet, was ich nicht für unmöglich halte - daß Sie es wissen, so wie andere Leute wissen, daß die Schwerkraft sie auf Erden hält, Kalorien sie am Leben, Bakterien sie angreifen, ihr Ehering soundsoviel Karat hat, und man in der Schule wichtige Dinge lernt - wenn Sie das also definitiv wissen, wie wollen Sie Ihr Wissen anderen Menschen transportieren? Was machen Sie, solange es nicht allgemeiner Konsens ist. Was für eine Basis für Gesetze haben Sie mit Gläubigen, die von ihrem Gott/ihren Göttern andere Gesetze bekommen haben?
Man kann die Gesetzgebung nicht einzig und allein auf „falsifizierbarem Wissen“ aufbauen. Man braucht immer ein zugrunde liegendes Wertesystem. Es kann z.B. Konsens sein, dass Kalorien einen am Leben erhalten. Aber wie belegt man „wissenschaftlich“, dass Eltern ihre Kinder am Leben erhalten sollen? Auch der Liberalismus operiert mit einem Wertesystem, bei dem z.B. der Eigentumsschutz wesentlich ist. Für Vertreter anderer Wertesysteme hat der Liberalismus den Vorteil, dass man mit dessen außerwissenschaftlichen Wertevorgaben oft nicht in Konflikt kommt. Denn man bekommt ja jede Menge Freiheit, gemäß den eigenen Wertvorstellungen zu leben.
Ein Konflikt entsteht dort, wo es um Kinder geht. Entweder man verbietet jede Einmischung in das Leben des Kindes. Dann ist das Kind relativ schnell tot. Oder man akzeptiert, dass es jemanden geben muss, der Entscheidungen für das Kind trifft. Dann hat man das Problem, dass dieser Jemand seine Entscheidungen auf Basis eines Wertesystems treffen muss. In diesem Thread wurde immer wieder propagiert, dass der Staat gewisse Wertevorstellungen auch beim Umgang von Eltern mit Kindern zur Geltung bringen soll. Dabei kann der Staat aber genauso gegen die Rechte des Kindes verstoßen, wie Eltern es können.
Die liberale Lösung kann nicht in der Installation eines „monopolistischen Wertediktators“ bestehen. Man muss als Liberaler tolerieren, dass Kinder den Wertevorstellungen der Eltern „ausgesetzt“ sind.
Zitat von Kokospalme im Beitrag #170Ich gehe davon aus, dass man mit der Befruchtung ein Mensch ist. Unter dieser Prämisse ist Abtreibung Mord und Mord ist ein Verbrechen.
Sebastian Haffner hat zu diesem Argument einmal angemerkt, daß es dann keiner Abtreibungsgesetze bedürfe. Mord ist ja bereits verboten.
Wenn die o.g. Prämisse in der Rechtssprechung akzeptiert und ggf. im Strafgesetzbuch oder in der Verfassung festgehalten wäre, bedürfte es in der Tat keiner Abtreibungsgesetze.
Zitat von Zettel im Beitrag #187Ich kann der Aussage, daß Abtreibung Mord sei, folgen, wenn sie sich auf Spätabtreibung bezieht. Es ist in der Tat abwegig und skandalös, daß ein Fetus zu einem Zeitpunkt getötet werden darf, zu dem man ihn als Frühgeburt päppeln würde. um ihn am Leben zu erhalten.
Genau. Es werden ja auch bei Spätabtreibung die Kinder bewusst im Mutterleib getötet (m.W. z.B. durch Spritzen einer Kaliumsalzlösung ins Herz), weil sonst die „Gefahr“ bestünde, dass sie lebend zur Welt kommen und man sie dann leben lassen müsste.
Zitat von Zettel im Beitrag #187Aber ebenso absurd erscheint es mir, vom Mord an einer befruchteten Eizelle, einer Morula oder einer Blastula zu sprechen.
Von unserem üblichen Empfinden her scheint das in der Tat absurd. Wir assoziieren Menschsein mit einem bestimmten Aussehen. Sieht man ein vier Monate altes ungeborenes Kind im Ultraschall, so sieht das schon wie ein Mensch aus und wir können gefühlsmäßig nachvollziehen, dass eine Abtreibung eines solchen Kindes ein Mord sein soll. Eine befruchtete Eizelle sehen wir i.d.R. gar nicht und ihr Aussehen entspricht nicht unseren Vorstellungen von einem Menschen.
Aber an welchem Punkt zwischen Befruchtung und Geburt wird die Schwelle zum Menschsein überschritten? Ich sehe dort nirgendwo den Punkt, an dem so fundamentale Umwälzungen geschehen, dass man von einer Menschwerdung sprechen könnte.
Und wenn man sich nicht sicher ist, ob ein Embryo oder Fetus schon ein Mensch ist, sollte man m.E. die Abtreibung verbieten. Sagen wir, die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Menschen handelt, beträgt 10 %. Ein Abtreibungsverbot beschneidet dann zu 90 % die Rechte der Frau. Die Freigabe der Abtreibung lässt aber mit 10-prozentiger Wahrscheinlichkeit Mord ungestraft. Was ist schlimmer? Aufgrund des enormen Wertes menschlichen Lebens wohl letzteres. Die Frau, die ihr Kind nicht abtreiben darf, kann es immerhin zur Adoption frei geben und hat somit kaum Nachteile.
Zitat Inzwischen wurde die Lehre der Unbefleckten Empfängnis zum unfehlbaren Dogma der katholischen Kirche erklärt
Regelmäßige Leser des "Kleinen Zimmers" sollten es eigentlich wissen: Das Dogma der "unbefleckten Empfängnis" hat was mit Erbsünde, nicht aber mit der Abwesenheit von Geschlechtsverkehr zu tun. Die Jungfrauengeburt ist ein anderer Glaubenssatz.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #182Daher muss dieses Weltbild am besten mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen werden.
Stimmt. Ausserdem wird das Weltbild, dass auch 15 Tage alte Säuglinge, Behinderte oder 80-jährige Menschen sind und nicht umgebracht werden dürfen, mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen. Eine Herausforderung für jeden Liberalen!
Nein, denn dies lässt sich ohne unnachweisbare Seelenpostulate begründen. Säuglinge haben ohne Zweifel Gehirn und Empfindungsfähigkeit.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not."
Zitat von Kaa im Beitrag #138Es ist schon ein Unterschied, ob etwas grundsätzlich nicht falsifizierbar ist (verifizierbar sind prinzipiell nur Tautologien). Oder ob es jemanden gibt, der es weiß, wie in den Beispielen mit dem Weihnachtsmann und den Planetenbahnen.
Grundsätzlich läßt sich über Gott nichts positiv belegbares aussagen. Selbst wenn er trotzdem existiert, kann das nicht die Grundlage für eine gesellschaftliche Normsetzung sein. Denn wir wissen es nicht, können es nicht wissen. Sie argumentieren wie jemand, der von Gottes Existenz überzeugt ist, und daß er uns Lebensregeln auf den Weg gegeben hat. Ganz sicher bin ich mir nicht, es könnte auch sein, daß Sie sich für die Diskussion in die argumentative Position eines Gläubigen begeben. Ich werde der Einfachheit halber im folgenden schreiben, als ob Sie Glaubender seien.
Wenn Sie wissen, definitiv, daß Gott existiert und was er uns gebietet, was ich nicht für unmöglich halte - daß Sie es wissen, so wie andere Leute wissen, daß die Schwerkraft sie auf Erden hält, Kalorien sie am Leben, Bakterien sie angreifen, ihr Ehering soundsoviel Karat hat, und man in der Schule wichtige Dinge lernt - wenn Sie das also definitiv wissen, wie wollen Sie Ihr Wissen anderen Menschen transportieren? Was machen Sie, solange es nicht allgemeiner Konsens ist. Was für eine Basis für Gesetze haben Sie mit Gläubigen, die von ihrem Gott/ihren Göttern andere Gesetze bekommen haben?
Man kann die Gesetzgebung nicht einzig und allein auf „falsifizierbarem Wissen“ aufbauen. Man braucht immer ein zugrunde liegendes Wertesystem. Es kann z.B. Konsens sein, dass Kalorien einen am Leben erhalten. Aber wie belegt man „wissenschaftlich“, dass Eltern ihre Kinder am Leben erhalten sollen? Auch der Liberalismus operiert mit einem Wertesystem, bei dem z.B. der Eigentumsschutz wesentlich ist. Für Vertreter anderer Wertesysteme hat der Liberalismus den Vorteil, dass man mit dessen außerwissenschaftlichen Wertevorgaben oft nicht in Konflikt kommt. Denn man bekommt ja jede Menge Freiheit, gemäß den eigenen Wertvorstellungen zu leben.
Ein Konflikt entsteht dort, wo es um Kinder geht. Entweder man verbietet jede Einmischung in das Leben des Kindes. Dann ist das Kind relativ schnell tot. Oder man akzeptiert, dass es jemanden geben muss, der Entscheidungen für das Kind trifft. Dann hat man das Problem, dass dieser Jemand seine Entscheidungen auf Basis eines Wertesystems treffen muss. In diesem Thread wurde immer wieder propagiert, dass der Staat gewisse Wertevorstellungen auch beim Umgang von Eltern mit Kindern zur Geltung bringen soll. Dabei kann der Staat aber genauso gegen die Rechte des Kindes verstoßen, wie Eltern es können.
Die liberale Lösung kann nicht in der Installation eines „monopolistischen Wertediktators“ bestehen. Man muss als Liberaler tolerieren, dass Kinder den Wertevorstellungen der Eltern „ausgesetzt“ sind.
Warum sollte die weltliche Macht eine empfindungsunfähige Eizelle schützen? Und wenn man einem Stein eine (postulierte) Seele zusprechen würde? Die Empfindung und das Bewusstsein eines Menschen kann man nach allen bekannten Fakten erst erwarten, sobald etwas wie ein Nervensystem entsteht.
Die katholische Kirche erhebt ihren moralischen Überlegenheitsanspruch eben nicht aus einer Werteentscheidung, sondern aus einem unüberprüfbaren Tatsachenpostulat. Da könnte jeder kommen, absurde, unüberprüfbare Tatsachenbehauptungen aufstellen, an die er aus irgend welchen Gründen glaubt, und von anderen erwarten, sich gemäß der Konsequenzen aus diesem Tatsachenpostulat zu verhalten.
Ich dachte das wäre, auch gegenüber Gorgasal, klar gewurden, zumal ich mW meine Position ihm schon einmal näher erläutert habe.
Die katholische Kirche trifft nicht in erster Linie die Werteentscheidung, eine befruchtete Eizelle sei Selbstzweck. Wobei sich fragen würde, warum man dem folgen soll. Andere erklären die Natur zum Selbstzweck. Es steht ihnen für sich selber frei. Die katholische Kirche leitet ihre Ideen noch dazu aus unbelegbaren Postulaten, auf die nichts naturwissenschaftlich hindeutet, ab. Andere sollen den Konsequenzen aus den katholischen Einbildungen befolgen müssen?
Dann müssen Sie auch den Stein respektieren, von dem eine Religionsgemeinschaft glaubt, es wohne eine menschliche Seele drin.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not."
Zitat Inzwischen wurde die Lehre der Unbefleckten Empfängnis zum unfehlbaren Dogma der katholischen Kirche erklärt
Regelmäßige Leser des "Kleinen Zimmers" sollten es eigentlich wissen: Das Dogma der "unbefleckten Empfängnis" hat was mit Erbsünde, nicht aber mit der Abwesenheit von Geschlechtsverkehr zu tun. Die Jungfrauengeburt ist ein anderer Glaubenssatz.
Aufmerksame Leser sollten bemerken, dass ich nichts anderes geschrieben habe.
Mit passiert es nun schon zum zweiten Mal, dass ich explizit richtig wiedergebe, was das Dogma der Unbefleckten Empfängnis aussagt, aber mein Gegenüber das nicht wahrnimmt, da er ein falsches Verständnis so stark erwartet ;-)
Interesanntes Phänomen, das viel über menschliche Wahrnehmung aussagt, finden Sie nicht auch?
Zitat Irgend wann viel jemandem jedoch auf, dass die Lehre der unbefleckten Empfängnis Mariens, laut der Maria schon bei ihrer Empfängnis von der Erbsünde bewahrt worden sei, um eine reine, von der Erbsünde unbefleckte "Mutter Gottes" zu sein, der Empfängis eine besondere Bedeutung gab.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not."
Zitat von Gorgasal im Beitrag #184Ausserdem wird das Weltbild, dass auch 15 Tage alte Säuglinge, Behinderte oder 80-jährige Menschen sind und nicht umgebracht werden dürfen, mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen. Eine Herausforderung für jeden Liberalen!
Nein, denn dies lässt sich ohne unnachweisbare Seelenpostulate begründen. Säuglinge haben ohne Zweifel Gehirn und Empfindungsfähigkeit.
Und wer sagt, das das Vorhandensein von Gehirn und Empfindungsfähigkeit das Kriterium für Menschsein ist?
Zitat von Gorgasal im Beitrag #184Ausserdem wird das Weltbild, dass auch 15 Tage alte Säuglinge, Behinderte oder 80-jährige Menschen sind und nicht umgebracht werden dürfen, mit staatlichem Zwang jedem aufgezwungen. Eine Herausforderung für jeden Liberalen!
Nein, denn dies lässt sich ohne unnachweisbare Seelenpostulate begründen. Säuglinge haben ohne Zweifel Gehirn und Empfindungsfähigkeit.
Und wer sagt, das das Vorhandensein von Gehirn und Empfindungsfähigkeit das Kriterium für Menschsein ist?
Wenn die befruchtete Eizelle bereits ein Mensch sein soll: Wer sagt denn, dass beispielsweise ein Pantoffeltierchen nicht auch ein Mensch ist?
Ein ausreichende Anzahl an Mutationen vorausgesetzt, könnte sich auch ein Pantoffeltierchen zum Menschen entwickeln, ergo wäre die Tötung eines Pantoffeltierchens "Mord".
Zitat von Frankenstein im Beitrag #195Wenn die befruchtete Eizelle bereits ein Mensch sein soll: Wer sagt denn, dass beispielsweise ein Pantoffeltierchen nicht auch ein Mensch ist?
Ein ausreichende Anzahl an Mutationen vorausgesetzt, könnte sich auch ein Pantoffeltierchen zum Menschen entwickeln, ergo wäre die Tötung eines Pantoffeltierchens "Mord".
Sie meinen, ein bestimmtes Pantoffeltierchen könnte sich im Laufe seines Lebens zu einem Menschen entwickeln? Das ist schon rein biologisch kaum vorstellbar.
Dazu kommt dann die außerwissenschaftliche Annahme, dass ein Mensch noch eine immaterielle Komponente hat, die ein Pantoffeltierchen nicht hat.
Zitat von Kokospalme im Beitrag #196Dazu kommt dann die außerwissenschaftliche Annahme, dass ein Mensch noch eine immaterielle Komponente hat, die ein Pantoffeltierchen nicht hat.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #192Warum sollte die weltliche Macht eine empfindungsunfähige Eizelle schützen? Und wenn man einem Stein eine (postulierte) Seele zusprechen würde? Die Empfindung und das Bewusstsein eines Menschen kann man nach allen bekannten Fakten erst erwarten, sobald etwas wie ein Nervensystem entsteht.
Da ist mir nicht ganz klar, wie man eine befruchtete Eizelle als etwas anderes als einen Menschen ansehen kann. Ein Säugling ist ja auch Mensch, obwohl er noch längst nicht ausgewachsen ist. Und einem Mensch im Koma fehlt auch das Bewusstsein - er ist aber doch immernoch ein Mensch. Was die Eizelle von anderen Zellansammlungen nichtmenschlicher Art unterscheidet, ist, dass sie sich zwangsläufig zum Menschen entwickeln wird, außer sie stirbt vorher durch äußere oder innere Einflüsse. So, wie sich auch der Säugling zum Erwachsenen entwickeln wird, mögliche äußere und innere Einflüsse (Erbkrankheiten u.dgl.) ausgenommen. Anstatt dem Versuch einer schwammigen Definition, ab welchem Punkt genau man den Zellhaufen denn Mensch nennt, halte ich es für zielführender, das Argument auf einem anderen Weg zu führen: Solange das Kind nicht geboren ist, ist es Teil des Körpers der Mutter und als solcher hat die Mutter über ihn die volle Verfügungsgewalt. Wie sie sich auch einen Finger abschneiden könnte, wenn sie das will. Die Argumentation bedingt natürlich, dass man auch Abtreibungen zu einem viel späteren Zeitpunkt, als derzeit üblich, legalisieren müsste; bzw. überhaupt erstmal die Abtreibung tatsächlich legalisieren müsste, anstatt sie nur unter bestimmten Umständen strafrei zu stellen. Man kann sich auch eines anderen Kunstgriffes bedienen, indem man das Recht nur auf Mitglieder der Gesellschaft anwendet; und die Geburt als Eintritt in die Gesellschaft definiert. Das führt allerdings eben in beiden Varianten dazu, dass eine Abtreibung bis direkt vor der Geburt legal sein müsste. Aber dieser Eiertanz darum, wann das denn jetzt genau ein Mensch ist, ist doch reichlich seltsam. So ein bisschen wasch mich aber mach mich nicht nass.
Zitat von Solus im Beitrag #198Da ist mir nicht ganz klar, wie man eine befruchtete Eizelle als etwas anderes als einen Menschen ansehen kann. Ein Säugling ist ja auch Mensch, obwohl er noch längst nicht ausgewachsen ist. Und einem Mensch im Koma fehlt auch das Bewusstsein - er ist aber doch immernoch ein Mensch. Was die Eizelle von anderen Zellansammlungen nichtmenschlicher Art unterscheidet, ist, dass sie sich zwangsläufig zum Menschen entwickeln wird, außer sie stirbt vorher durch äußere oder innere Einflüsse. So, wie sich auch der Säugling zum Erwachsenen entwickeln wird, mögliche äußere und innere Einflüsse (Erbkrankheiten u.dgl.) ausgenommen.
Nicht zu vergessen, dass die befruchtete Eizelle das gleiche Erbgut wie der ausgewachsene Mensch hat.
Zitat von Solus im Beitrag #198Anstatt dem Versuch einer schwammigen Definition, ab welchem Punkt genau man den Zellhaufen denn Mensch nennt, halte ich es für zielführender, das Argument auf einem anderen Weg zu führen: Solange das Kind nicht geboren ist, ist es Teil des Körpers der Mutter und als solcher hat die Mutter über ihn die volle Verfügungsgewalt. Wie sie sich auch einen Finger abschneiden könnte, wenn sie das will.
Wenn eine befruchtete Eizelle ein Mensch ist, dann ist sie nicht Teil des Körpers der Mutter, wie z.B. ein Organ es ist. Eine Niere hat z.B. das gleiche Erbgut wie der Rest des mütterlichen Körpers, die befruchtete Eizelle hat das nicht. Wenn sich ein Kind in einem Haus befindet, ist es auch nicht Teil des Hauses. Ergo darf der Besitzer des Hauses das Kind auch nicht umbringen mit der Begründung „Mein Haus gehört mir.“
Zitat von Solus im Beitrag #198Man kann sich auch eines anderen Kunstgriffes bedienen, indem man das Recht nur auf Mitglieder der Gesellschaft anwendet; und die Geburt als Eintritt in die Gesellschaft definiert.
Wenn man zuerst fest gestellt hat, dass eine befruchtete Eizelle wahrscheinlich schon ein Mensch ist, warum sollte man dann Kunstgriffe anwenden, um Abtreibung zu legalisieren? Die logische Konsequenz wäre doch, die ungeborenen Menschen zu schützen. Meines Erachtens leitet ihre Argumentation nicht aus Ihren Annahmen entsprechende Schlussfolgerungen ab, sondern geht von einem gewünschten Ziel aus, welches dann im Nachhinein mit argumentatorischen Tricks gerechtfertigt werden soll.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #192Warum sollte die weltliche Macht eine empfindungsunfähige Eizelle schützen? Und wenn man einem Stein eine (postulierte) Seele zusprechen würde? Die Empfindung und das Bewusstsein eines Menschen kann man nach allen bekannten Fakten erst erwarten, sobald etwas wie ein Nervensystem entsteht.
Da ist mir nicht ganz klar, wie man eine befruchtete Eizelle als etwas anderes als einen Menschen ansehen kann. Ein Säugling ist ja auch Mensch, obwohl er noch längst nicht ausgewachsen ist. Und einem Mensch im Koma fehlt auch das Bewusstsein - er ist aber doch immernoch ein Mensch.
Solange sein Gehirn lebt. Ist dieses Tot, interesiert für die rechtliche Einschätzung das Weiterleben der anderen Organe erst einmal nicht mehr. Es sind zwar menschliche Zellen, was den Menschen aber zur Rechtsperson macht ist offenbar der Sitz seiner Persönlichkeit, das Gehirn.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
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