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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Solus Offline



Beiträge: 384

05.02.2013 06:59
#76 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #58
# 57 @ Solus: Religion ist keine Wissenschaft. Sie ist das Gegenteil davon. Sie reflektiert innere menschliche Bedürfnisse, ihre Setzungen & Gebote sind rein menschlich, ihre Ausprägungen variieren sehr. Sie haben insofern recht, als die Setzungen mancher - eigentlich nur einer - Religion hierzulande für absolut & unumstößlich gesetzt werden, während die Erkenntnisse der Naturwissenschaft einzig nach ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz beurteilt werden.


Da verweise ich mal auf die Scholastik.
Und sicherlich ist Religion keine Wissenschaft im Sinne unserer Wissenschaft. Mir fehlt gerade ein passender Begriff, insofern nenne ich das, was ich meine, einfach mal Weltanschauung (im Wortsinn). Eine Weltanschauung basiert immer auf gewissen Axiomen; im Falle der Wissenschaft etwa der Annahme, man könne über experimentelle Beobachtung der Welt zu (Annäherung an) Erkenntnis über die Welt kommen. Im Falle des Christentums ist es, dass die Erkenntnis aus dem in der Bibel Offenbarten kommt. Im Falle von alten Naturreligionen war die Grundannahme wohl ganz ähnlich der heutigen Wissenschaft, insofern als man sich die Natur angesehen hat. Wenn auch auf gänzlich andere Art und Weise.
Worum es mir jedenfalls geht, das ist die Vermischung verschiedener Weltanschauungen, die sich nicht so recht zusammenfügen lassen weil ihre Grundannahmen zu gänzlich verschiedenen Ergebnissen führen. Siehe bspw. Intelligent Design für ein Ergebniss solcher Vermischung. Das ist nichts halbes und nichts ganzes.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

05.02.2013 07:34
#77 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #70
So ist es. Es ist eine eiskalte Moral. Man kann das alles deduzieren; natürlich. Religion als ein juristisches System.


Lieber Zettel,

so ist es eben nicht.

Zum einen geht nicht um das Verbrechen einer Vergewaltigung, sondern ob man sich als Arzt an einer Abtreibung (aus ethischen/religiösen Gründen) beteiligen will oder nicht. Ob die Schwangerschaft Ergebnis einer Vergewaltigung oder eines one night stands ist, kann der zum Handlanger aufgeforderte Arzt in den wenigen Tagen nicht beurteilen. Im Vordergrund steht die Behauptung einer schwangeren Frau. Wenn der Gesetzgeber die 'Pille danach' propagieren will, warum stellt er sie nicht rezeptfrei zur Verfügung? Der medizinische Beitrag des Arztes ist gering, er fungiert nur als bremsende Instanz, damit die Deutschen sich nicht noch schneller dezimieren.

'Eiskalte Moral' ist ein bisschen martialische Wortwahl. Wir hatten mal einen Pater als (katholischen) Religionslehrer, dessen Mutter ihn eigentlich (damals noch illegal) hatte abtreiben wollen. Das hatte ihn schon ein halbes Leben sehr beschäftigt und er hat das zum Thema seines Unterrichts gemacht. Er hätte es aber weit von sich gewiesen, dass er sein Leben einer eiskalten Moral verdankte. Alles hat zwei Seiten. Natürlich ist es Jedem unbenommen, Religion in die für ihn gewollte Schublade zu deduzieren/reduzieren, mir scheint aber, dass es vorwiegend die Religionsgemeinschaften sind, die für den Fortbestand der Menschheit sorgen. Religion hat also etwas, das sich dem allzu rationalen Naturwissenschaftler nicht erschließt. Vermutlich wäre die Menschheit mit allzu vielen davon schon ausgestorben. Aber gerade für den rationalen Naturwissenschaftler will das Adjektiv 'eiskalt' nicht so richtig passen. Nüchtern betrachtet garantiert nämlich keine Moral Freiheit von Collateralschäden.

Gruß, Martin

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

05.02.2013 08:25
#78 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #77
Zum einen geht nicht um das Verbrechen einer Vergewaltigung, sondern ob man sich als Arzt an einer Abtreibung (aus ethischen/religiösen Gründen) beteiligen will oder nicht. Ob die Schwangerschaft Ergebnis einer Vergewaltigung oder eines one night stands ist, kann der zum Handlanger aufgeforderte Arzt in den wenigen Tagen nicht beurteilen. Im Vordergrund steht die Behauptung einer schwangeren Frau. Wenn der Gesetzgeber die 'Pille danach' propagieren will, warum stellt er sie nicht rezeptfrei zur Verfügung? Der medizinische Beitrag des Arztes ist gering, er fungiert nur als bremsende Instanz, damit die Deutschen sich nicht noch schneller dezimieren.


Die »Pille danach«, um die es in dieser Diskussion geht, ist keine »Abtreibungspille«. Es geht bei der »Pille danach« um das Verhindern eines Eisprungs. Zu diesem Zeitpunkt sind also Spermien und Eizelle noch nicht zusammengetroffen. Es kann also auch keine Vereinigung zwischen Eizelle und Samenzelle stattgefunden haben. Folglich wird kein (werdendes) Leben zerstört.

Selbstverständlich kann ein solches Arzneimittel nicht freigegeben werden. Die unkontrollierte Anwendung könnte zu gesundheitlichen Schäden führen. Mit gutem Grund ist doch die Verhütung mittels Pille auch nicht einfach ohne Rezept zu haben. Ich finde diese Forderungen aus der Politik populistisch und kurzsichtig. Die »Pille danach« kann es nicht »auf Vorrat« geben. In Deutschland haben wir eine hervorragende medizinische Versorgung und im Normalfall sollte innerhalb weniger Stunden eine Ärztin oder ein Arzt die entsprechenden Schritte einleiten können.

Solus Offline



Beiträge: 384

05.02.2013 08:31
#79 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von stefanolix im Beitrag #78
Selbstverständlich kann ein solches Arzneimittel nicht freigegeben werden. Die unkontrollierte Anwendung könnte zu gesundheitlichen Schäden führen. Mit gutem Grund ist doch die Verhütung mittels Pille auch nicht einfach ohne Rezept zu haben. Ich finde diese Forderungen aus der Politik populistisch und kurzsichtig. Die »Pille danach« kann es nicht »auf Vorrat« geben. In Deutschland haben wir eine hervorragende medizinische Versorgung und im Normalfall sollte innerhalb weniger Stunden eine Ärztin oder ein Arzt die entsprechenden Schritte einleiten können.

Ich sehe das Problem nicht, die Anwendung den Konsumenten zu überlassen. Geht in Nachbarländern Deutschlands doch auch.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

05.02.2013 08:35
#80 RE: Jauch, gestern Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #74

Aber es will mir nicht in den Kopf, warum das Kind die "Todesstrafe" bekommt? Was kann denn das Kind dafür, dass die Frau vergewaltigt wurde?

Nichts. Es wird auch nicht bestraft und es ist (noch) kein Kind. Es ist Leben, dem von der Mutter die Vorrausetzungen verweigert werden, ein Kind zu werden. Die Mutter trägt in ihrem Körper keinen von ihrem Selbst abgetrennten anonymisierten Brutkasten mit sich herum, den sie zu bedienen hat, egal was und wie dort etwas hineingelangt, was lebt.
Wenn der Koitus nur mit dem Ziel der Zeugung vollzogen werden soll und die Freiwilligkeit beider Zeugenden ausschließt, dann wird eine jede Vergewaltigung zum reinen Zeugungsakt, welcher eine Legitimation erhält, allein wegen seines Zieles, der Erschaffung von Leben. Die Mittel, wie es dazu kommt, spielen keine Rolle.
Der Zweck heiligt die Mittel.
Zu den moralphilosophischen Analogien will ich hier nur soviel sagen:
Ich sehe sehr wohl die Moralphilosophie Kants berührt.
Zitat von Paul im Beitrag #74
Und noch etwas. M.E. gehört das Kind niemandem. Nur sich selbst.

Na sicher gehört der Schwangeren ihr Kind. Es ist Bestandteil ihres Körpers.
Das ungeborene Leben kann nicht sich selbst gehören, weil es sich seiner selbst nicht bewusst ist.
Diese Argumentation läuft m.E. darauf hinaus, dass es der Gesellschaft oder besser der Gemeinschaft der Gläubigen gehört.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Kaa Offline




Beiträge: 658

05.02.2013 08:37
#81 RE: Jauch, gestern Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #55
Zitat von Kaa im Beitrag #48
Die Kirche hat kein Herz.


Nun, man könnte auch argumentieren, dass der der ein keimendes Leben abwürgen will, kein Herz hat. Was kann das werdende Leben dafür, dass es durch Vergewaltigung gezeugt wurde?

Gruß, Martin


Sorry, Sie haben die Intention nicht verstanden. Es geht um einen Kategorienfehler.


Politisch korrekt zu sein, ..., wäre, so zu tun, als könne man Hundekacke an der sauberen Seite anfassen Michael Robotham (Krimiautor)

Martin Offline



Beiträge: 4.129

05.02.2013 08:50
#82 RE: Jauch, gestern Antworten

Zitat von Kaa im Beitrag #81
Zitat von Martin im Beitrag #55
Zitat von Kaa im Beitrag #48
Die Kirche hat kein Herz.


Nun, man könnte auch argumentieren, dass der der ein keimendes Leben abwürgen will, kein Herz hat. Was kann das werdende Leben dafür, dass es durch Vergewaltigung gezeugt wurde?

Gruß, Martin


Sorry, Sie haben die Intention nicht verstanden. Es geht um einen Kategorienfehler.


Wahrscheinlich. Ich habe tatsächlich noch auch noch nicht gehört, dass der Kirche ein EKG abgeleitet wurde. Sie ht wohl tatsächlich kein Herz.

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

05.02.2013 09:00
#83 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von stefanolix im Beitrag #78
Die »Pille danach«, um die es in dieser Diskussion geht, ist keine »Abtreibungspille«. Es geht bei der »Pille danach« um das Verhindern eines Eisprungs. Zu diesem Zeitpunkt sind also Spermien und Eizelle noch nicht zusammengetroffen. Es kann also auch keine Vereinigung zwischen Eizelle und Samenzelle stattgefunden haben. Folglich wird kein (werdendes) Leben zerstört.


Sie haben recht, ich hätte 'potentielle' Schwangerschaft schreiben müssen. Das ändert aber nichts an der ethischen Bewertung eines Artzes oder eben einer Religionsgemeinschaft. Ein Arzt kann sich mittels gesetzlichem Rückhalt vor Strafverfolgung schützen, nicht aber vor seiner persönlichen Überzeugung. Und die katholische Kirche ist auch gegen Schwangerschaftsverhinderung, unbenommen der gesetzlich erlaubten Eingriffe.

Gruß, Martin

snenk Offline



Beiträge: 11

05.02.2013 09:10
#84 Eiskalte Moral Antworten

Zitat
So ist es. Es ist eine eiskalte Moral. Man kann das alles deduzieren; natürlich. Religion als ein juristisches System.


Lieber Zettel, ich verfolge nun diesen Thread in seiner gesamten Länge seit gestern und ich frage mich, ob es nicht auch "eisige Moral" ist, der Kirche selbiges vorzuwerfen. Als hätten die Kirchenoberen bei der Frage der Abtreibung einfach die Bibel aufgeschlagen und irgendwelche Zitate herausgesucht, die irgendwie zu diesen Thema passen. Als hätten sie sich dann hingestellt und gepredigt, dass es so sei. Wenn dass so wäre, hätten wir immer noch eine Katholische Kirche wie zu Zeiten des Mittelalters. Sie werfen dieser Kirche Kaltschäuzigkeit vor wegen einer Position, um die Päpste, Kardinäle, Männer und mit Sicherheit auch Frauen schon seit Jahren gerungen haben und es immer noch tun. Ihr Unverständnis kann ich an dieser Stelle nachvollziehen, den Vorwurf aber nicht. Kaum eine Religionsgemeinschaft hat in den letzten Jahren ihre Positionen so hinterfragt, wie die Katholische Kirche, die versucht hat, sich von veralteten Dogmen zu lösen, ohne dabei das von Gott gegebene Wort über Bord zu werfen (anders als die die Evangelische Kirche). Und dass bei diesem Thema mit geradezu einer Stimme gesprochen wird lässt zwar "eiskalte Moral" vermuten, ist aber tatsächlich ein Ergebnis dieses Ringens, welches nur die Entscheidung für das Leben zulässt. Denn eine Kirche, die von einem Schöpfer des Lebens ausgeht, kann nur die Positionen dessen einnehmen, den sie vertritt. Aber es ist eben mehr als bloße Loyalität Gott gegenüber, weil die Kirche eben aus Menschen besteht, die eigenmächtig denken, fühlen und auch aus eigenen Erfahrungen leben. Menschen, die wie Gorgasal wieder um die Vereinbarkeit der Positionen der Kirche mit dem Alltag ringen und am Ende zu dem selben Ergebnis kommen wie die Kirche.

Nicht vergessen darf man übrigens auch die Frauen, die solche Kinder ausgetragen haben und sich durch die Zuwendung zu diesen Kindern vom Trauma der Vergewaltigung lösen konnten. Auch wenn solch ein Fall vielleicht nicht so oft vorkommt, ist dieser durchaus nicht konstruiert. Ich habe irgendwo eine solche Autobiografie gesehen, weiß aber leider nicht mehr Autorin und Titel. Auch denke ich, dass die Kirche solche Frauen, die diesen Schritt gehen, meist nicht im Regen stehen lassen, sondern sie unterstützen und helfen, den Tätern zu vergeben.

Viele Grüße
snenk

DrNick Offline




Beiträge: 809

05.02.2013 09:10
#85 RE: Hier noch eine "Gegendarstellung" Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #12
Nein. Die potentia wird mit der actualitas gleichgesetzt. Weil aus der befruchteten Zelle ein Mensch werden kann, wird sie - so der Kardinal - mit Menschenwürde ausgestattet.


Ich bin kein Dogmenhistoriker, lieber Zettel, aber kann es nicht sein, daß die heutige katholische Lehre gar keine Potentialitätsargumente (in welcher Variante auch immer) mehr braucht? Schließlich hat sie ja im 19. Jahrhundert erkannt, daß die alte aristotelisch-scholastische Idee, der zufolge der Embryo peu à peu beseelt wird und zu Beginn lediglich über eine Pflanzenseele verfügt, falsch ist.

Wenn man dem Embryo nur eine anima vegetativa zubilligt, dann ist Abtreibung entweder erlaubt oder man muß mit komplizierten Argumenten aufzeigen, daß die bloße Möglichkeit einer Weiterentwicklung zu einem genuinen Menschen schon hinreicht, den Embryo wie eine Person zu behandeln. Wenn man hingegen davon ausgeht, daß schon der Embryo eine "Geistseele" (wie es in Donum vitae heißt) besitzt, dann ist er auf der geistig-seelischen Ebene schon eine Person, die sich lediglich körperlich noch weiterentwickelt.

beer7 Offline



Beiträge: 18

05.02.2013 09:21
#86 RE: Jauch, gestern Antworten

Natuerlich gibt es mehr als diese beiden Optionen:
Fuer mich plausibel waere
c) das Leben beginnt in dem Moment, wo der Foetus ausserhalb der Gebaermutter lebensfaehig ist. Durch die moderne Medizin ist das inzwischen zwischen der 25. und 27. Schwangerschaftswoche.

Bei a) mit der Geburt entstuende ein Problem: Wenn eine Schwangere im fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft stirbt (Autounfall etc.) kann das Baby manchmal durch einen Kaiserschnitt gerettet werden. Wenn es aber nach a) noch gar kein schuetzenswertes Leben besitzt, warum sollte die Notoperation vorgenommen werden?

beer7 Offline



Beiträge: 18

05.02.2013 09:25
#87 RE: Hier noch eine "Gegendarstellung" Antworten

Aber nein, Zettel,
Ehrenmord ist etwas voellig anderes als das erzwungene Austragen einer ungewollten Schwangerschaft. Auch ein Schwangerschaftsabbruch kann der Gesundheit der Frau schaden. Das ausgetragene Kind braucht die Mutter weder zu lieben noch anzunehmen, sie kann es zur Adoption freigeben.

Kaa Offline




Beiträge: 658

05.02.2013 09:31
#88 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #70
Soweit ich sehe, gibt es das nur in den drei Offenbarungsreligionen. Nur dort gibt es Gelehrte und Geistliche, die urteilen wie Richter, die regelrechete Rechtsgutachten verfassen. So, als sei die Religion ein Rechtssystem. Welch ein Abweg der Religion.
Lieber Zettel
Es ist die Aufgabe der Kirche (in einer ihrer drei definitorischen Ausprägungen, der der Kirche als Institution), die christliche Religion zu erhalten und es ist die Aufgabe der Christen, die Religion zu leben. Die Geistlichen sind in einer doppelten Position: Sie sind Christen und sie sind Institutionsträger. Diese doppelte Funktion eines Geistlichen ist schwierig zu leben. Meiner Meinung nach werden die allermeisten Geistlichen diesem Zwiespalt mit ihrem Leben nicht gerecht.

Ich bin zweimal aus der Kirche ausgetreten, weil sie mir wegen Menschen in ihr heuchlerisch erschien. Heute trete ich aus Glaubensgrund nicht mehr ein. Ich wünsche mir, ich könnte. Kirche, in allen drei Definitionen, ist nicht romantisch. Glaube ist keine Heilung, keine Lösung. (Dies ist eine Feststellung, keine Kritik. In dieser Zeit der Heile-Welt-Sehnsucht muß ich explizit sagen, daß Heilung und Lösung in der wirklichen Welt weniger sind als der Glaube). Die Kirche wird von außen am meisten an der Nächstenliebe gemessen. Und man muß nicht bösartig suchen, an jeder Ecke findet man diesbezüglich Beispiele ihres Versagens. Menschenliebe kann die Kirche nicht praktizieren, ausschließlich Menschen können das Gebot: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" erfüllen.

Die von Dir angesprochenen Urteile der katholischen Kirche haben heute ausschließlich glaubensrechtliche Konsequenzen. Also ist Deine Empörung auf etwas anderes zurückzuführen.

Liebe Grüße

Kaa


Politisch korrekt zu sein, ..., wäre, so zu tun, als könne man Hundekacke an der sauberen Seite anfassen Michael Robotham (Krimiautor)

beer7 Offline



Beiträge: 18

05.02.2013 09:39
#89 RE: Eiskalte Moral Antworten

Meines Wissens kann zum Zeitpunkt, an dem die Pille danach genommen werden muss, niemand feststellen, ob eine Befruchtung stattgefunden hat. Selbst wenn der Geschlechtsverkehr in der fruchtbaren Phase der Frau stattfand, liegt die Chance einer erfolgreichen Befruchtung und Einnistung zwischen 15% und 25%. Von allen klinisch erkannten Schwangerschaften enden 10-25% in einem spontanen Abgang bis zur 20. Schwangerschaftswoche.
Rein statistisch gesehen ist die Chance, dass ein kuenftiger Mensch durch die Pille danach verhindert wurde, maximal 21.25%.

dari Offline




Beiträge: 189

05.02.2013 09:40
#90 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #56
Ich finde es ausserordentlich schwierig bis nahezu unmöglich in einem liberalen (!) Rechtsstaat einem Menschen zu befehlen was er mit seinem Körper zu tun hat. Insofern finde ich die Debatte etwas schwierig und werde mich nicht daran beteiligen einer Frau zu sagen was sie in einer Extremsituation zu tun hat. ABER:

Es ist keine Körperzelle wie jede andere. Es ist eine Körperzelle die lebt. Und sie würde, würden wir die Technik dazu besitzen, in einem Reagenzglas groß werden und würde irgendwann zu einem Menschen reifen, ganz ohne dass irgendwie von aussen eingegriffen werden müsste was über ihre Ernährung hinausginge. Keine Zelle des Oberbauches oder der Leber wäre dazu in der Lage. Wer das meint und sich da so sicher ist, dem würde ich nahelegen sich mal mit dem Begriff der Sternenkinder auseinanderzusetzen. Oder sich vielleicht mal dabeizusetzen, wenn einzelne Krankenhäuser Messen für Sternenkinder abhalten. Es sind Veranstaltungen die unglaublich traurig sind, gegen die die meisten Beerdigungen sehr harmlos sind und ich emfehle niemandem dorthin zu gehen, der nicht einen ausgesprochen gefestigten Character hat. Diese Menschen in ihrem Leid haben wohl etwas anderes gesehen als einen Zellhaufen aus Oberbauch und Leber. Und ich empfinde es als eine Verachtung diesen Schmerzes das verlorene Leben mit solchen Vergleichen zu trivialisieren.

Als junger Mann habe ich vielleicht auch mal geglaubt das wir alle erst mit der Geburt zu leben beginnen, später denkt man dann darüber nach wann die Empfindungen einsetzen, wann das Denken einsetzt. Aber wenn man selber Vater oder Mutter wird, dann stellt man fest das das Leben sehr viel früher beginnt. Und für die Eltern vieler Sternenkinder hat es auch schon sehr viel früher begonnen. Der Unterschied zu dem worüber wir hier reden ist, dass die Sternenkinder von ihren Eltern geliebt wurden. Nun meine ich aber das man den Beginn des Lebens nicht daran fest machen kann, ob man geliebt wird oder nicht.

Was nun die katholische Kirche angeht, so habe ich bei der Berichterstattung den unterschwelligen Eindruck sie würde auf die Seite von Vergewaltigern gestellt oder auf die von Folterknechten die ein Vergewaltigungsopfer weiter zu quälen sucht. Dabei stellt sich die Kirche einzig auf die Seite des ungeborenen Lebens. Und obschon ich kein Katholik bin, so habe ich Respekt vor der ausgesprochen ethischen Position sich auf die Seite des ungeborenen Kindes zu stellen, dass in unserer Gesellschaft keinen Anwalt und keine Vertretung hat. Es gehört auch etwas dazu das Unbeliebte zu verteidigen. Und wenn es das Kind eines Verbrechers ist.



Danke für diesen Beitrag, lieber Llarian! Er spricht mir (als frischgebackenem Vater) aus dem Herzen.

Das ganze Moralisieren, Argumentieren und Haarespalten verliert plötzlich deutlich an Bedeutung, wenn man mal tatsächlich mit den "Objekten" konfrontiert wird, über deren Köpfe hinweg man sich so munter anmaßt, zu entscheiden. Ich glaube, diese ganze Debatte (leider auch hier im Forum) krank daran, dass sich viele Teilnehmer fernab jeglicher eigener Anschauung bewegen... (Ich weiß, das ist eine böse Unterstellung. Nix für Ungut!)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.02.2013 09:50
#91 RE: Hier noch eine "Gegendarstellung" Antworten

Zitat von DrNick im Beitrag #85
Zitat von Zettel im Beitrag #12
Nein. Die potentia wird mit der actualitas gleichgesetzt. Weil aus der befruchteten Zelle ein Mensch werden kann, wird sie - so der Kardinal - mit Menschenwürde ausgestattet.


Ich bin kein Dogmenhistoriker, lieber Zettel, aber kann es nicht sein, daß die heutige katholische Lehre gar keine Potentialitätsargumente (in welcher Variante auch immer) mehr braucht? Schließlich hat sie ja im 19. Jahrhundert erkannt, daß die alte aristotelisch-scholastische Idee, der zufolge der Embryo peu à peu beseelt wird und zu Beginn lediglich über eine Pflanzenseele verfügt, falsch ist.

Wenn man dem Embryo nur eine anima vegetativa zubilligt, dann ist Abtreibung entweder erlaubt oder man muß mit komplizierten Argumenten aufzeigen, daß die bloße Möglichkeit einer Weiterentwicklung zu einem genuinen Menschen schon hinreicht, den Embryo wie eine Person zu behandeln. Wenn man hingegen davon ausgeht, daß schon der Embryo eine "Geistseele" (wie es in Donum vitae heißt) besitzt, dann ist er auf der geistig-seelischen Ebene schon eine Person, die sich lediglich körperlich noch weiterentwickelt.

Soweit ich das verfolgt habe, lieber DrNick, werden die beiden Argumentationen meist verknüpft: Mit der Befruchtung gibt es eine Seele; und damit ist der Mensch "angelegt".

Meisner hat jetzt, wenn ich es recht gelesen habe, von der "Menschenwürde" der befruchteten Eizelle gesprochen. Das scheint mir zu zeigen, daß jetzt die Argumentatinslinie, die Sie nennen, im Vordergrund steht. Lohmann hat am Sonntag aber auf die Potentialität abgehoben.

Herzlich, Zettel

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

05.02.2013 10:00
#92 RE: Hier noch eine "Gegendarstellung" Antworten

Zitat von DrNick im Beitrag #85
Zitat von Zettel im Beitrag #12
Nein. Die potentia wird mit der actualitas gleichgesetzt. Weil aus der befruchteten Zelle ein Mensch werden kann, wird sie - so der Kardinal - mit Menschenwürde ausgestattet.


Ich bin kein Dogmenhistoriker, lieber Zettel, aber kann es nicht sein, daß die heutige katholische Lehre gar keine Potentialitätsargumente (in welcher Variante auch immer) mehr braucht? Schließlich hat sie ja im 19. Jahrhundert erkannt, daß die alte aristotelisch-scholastische Idee, der zufolge der Embryo peu à peu beseelt wird und zu Beginn lediglich über eine Pflanzenseele verfügt, falsch ist.

Wenn man dem Embryo nur eine anima vegetativa zubilligt, dann ist Abtreibung entweder erlaubt oder man muß mit komplizierten Argumenten aufzeigen, daß die bloße Möglichkeit einer Weiterentwicklung zu einem genuinen Menschen schon hinreicht, den Embryo wie eine Person zu behandeln. Wenn man hingegen davon ausgeht, daß schon der Embryo eine "Geistseele" (wie es in Donum vitae heißt) besitzt, dann ist er auf der geistig-seelischen Ebene schon eine Person, die sich lediglich körperlich noch weiterentwickelt.


Denken wir einmal an das Wohl des Kindes (im Embryonalzustand) im Sinne der Kirche, d.h. sein Seelenheil sub specie aeternitatis: ob es der paradiesischen Glückseligkeit teilhaftig wird oder der ewigen Verdammnis anheimfällt. (Seit der Abschaffung des Limbo der ungetauften Kinder sind das wohl die einzigen Optionen.)
Die Seele, die es bei der Befruchtung bekommen hat, ist dummerweise die Seele eines Sünders, wegen der Erbsünde; ohne helfenden Eingriff der Kirche muß es also in die Verdammnis gehen, um die Sünde Adams und Evas abzubüßen --- denn eigene Sünden hat es ja mangels Gelegenheit nicht. Dem könnte abgeholfen werden, indem ein Priester vor der Abtreibung bzw. der Einnahme der "Pille danach" eine Nottaufe in ventre vollzieht. In einem katholischen Krankenhaus sollte ein Priester zu diesem Zweck bereitstehen können.

Die Seele des getauft abgehenden Embryo kann dann rein und unbefleckt vom irdischen Dasein, das ja nur ein Vorspiel und eine Bewährungsstation für das ewige Leben ist, in die Glückseligkeit eingehen.
(Wie ist das eigentlich bei spontanen Abgängen oder Totgeburten?)

Um das Kind kann es also, wenn man alles richtig macht, nicht gehen, und die ganzen Diskussionen über Beginn des Lebens, Gehirn usw. sind aus diesem Blickwinkel völlig irrelevant. Sie ergeben sich allein daraus, daß man Konzepte der positivistischen Wissenschaft mit Fragen des christlichen Dogmas vermengt; das ist unnötig und sinnlos.

Es bleibt also der Gesichtspunkt, daß die Frau und der Arzt sich des peccatum in quinto schuldig machen, mit dem Verdacht des peccatum in sexto bei der Frau; aber die Kirche hat ja ihre Methoden, damit nachher fertig zu werden.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

05.02.2013 10:14
#93 RE: Eiskalte Moral Antworten

Zitat von snenk im Beitrag #84

Nicht vergessen darf man übrigens auch die Frauen, die solche Kinder ausgetragen haben und sich durch die Zuwendung zu diesen Kindern vom Trauma der Vergewaltigung lösen konnten. Auch wenn solch ein Fall vielleicht nicht so oft vorkommt, ist dieser durchaus nicht konstruiert. Ich habe irgendwo eine solche Autobiografie gesehen, weiß aber leider nicht mehr Autorin und Titel. Auch denke ich, dass die Kirche solche Frauen, die diesen Schritt gehen, meist nicht im Regen stehen lassen, sondern sie unterstützen und helfen, den Tätern zu vergeben.

Inzwischen gibt es ein Sorgerecht des Vaters welches auch gegen den Willen der Mutter gelten kann. Solche Gesetze werden nicht unter der Einbeziehung der Möglichkeit einer Gleichsetzung von Vergewaltigung und Liebe was den Zeugungsakt betrifft, getroffen.
Vielleicht ist auch der Begriff der Vergewaltigung in seiner Konsequenz nicht so richtig offenbar. Sie ist nicht nur Teil militärischer Kriegsführung, sondern wird auch z.B. angewandt um Frauen von ihren demokratischen Rechten abzuhalten. Diese Frauen werden von 10,12 Männern vergewaltigt und die Frage "ob eine Frau diesen Schritt geht" hängt vor allem davon ab, ob sie die Vergewaltigung überhaupt überlebt.
Wenn eine Vergewaltigung in das sadistische Umfeld gerückt wird, wo es m.E. hingehört, ist es etwas zynisch die Traumabewältigung mit der Teilung des Sorgerechts mit dem Verursacher des Traumas zu erwarten.
Schließlich würde keiner einen Kriegsveteran mit PTBS wieder in einen Krieg schicken.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.02.2013 10:15
#94 Wohl des Kindes Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #92
Denken wir einmal an das Wohl des Kindes

Man sollte das auch noch in einem anderen Sinn tun, als Sie es jetzt meinen.

Wie wächst ein Kind auf, das von der Mutter abgelehnt wird, weil sein Vater ein Verbrecher ist, der sich an ihr vergangen hat? Wie fühlt sich jemand, der irgendwann als Heranwachsender erfährt, daß er Sohn oder daß sie Tochter eines Verbrechers ist, der die Mutter vergewaltigt hat?

Es wurde in diesem Thread schon erwähnt, daß es Teil des natürlichen Geschehens ist, daß befruchtete Eizellen sich nicht einnisten und abgehen. Offenbar hat - religiös gesprochen - Gott das so eingerichtet. Was ist verwerflich daran, einen solchen Fall durch einen medikamentösen Eingriff herbeizuführen, um menschliches Leid - der Mutter, wahrscheinlich des Kindes - zu verhindern?

Herzlich, Zettel

adder Offline




Beiträge: 1.073

05.02.2013 10:29
#95 RE: Jauch, gestern Antworten

Lieber Zettel,

ich habe zwei Anmerkungen zu Deinem Kommentar.
1) Ich denke, man muss sehr stark differenzieren bei der deutschen katholischen Kirche. Vielfach sind es Einzelmeinungen, die publik werden, die Bischofskonferenz sagt dann wieder etwas anderes, und der Papst im Anschluss (allerdings nicht ex cathedra - also nicht als unumstössliche Wahrheit) noch wieder was anderes. Im normalen Leben passieren in vielen katholischen Einrichtungen durchaus sehr liberale Dinge. Ich bin in gleich zwei katholischen Internaten aufgewachsen, in denen die Kinder nicht nur sehr gut betreut (und nicht gar in irgendeiner Weise "mißbraucht") wurden, sondern in denen ihnen Selbstständigkeit und eigenes Denken anerzogen wurden. Selbst im Religionsunterricht (der ab der 11. Klasse aufwärts nicht einmal mehr verpflichtend war) wurde diese Haltung durchgezogen. Ich bin Jahre später aus der Kirche ausgetreten und faktisch exkommuniziert worden, allerdings nur deshalb, weil ich einen anderen Glauben gefunden habe, der mich persönlich eben tatsächlich berührt und der sehr viel persönlicher ist. Mitschüler von mir waren spätere grüne Bundestagsabgeordnete, 2 Kinder buddhistischer vietnamesischer Einwanderer, Bundeswehroffiziere und gar Mitglieder der LINKEN.

2) Die ganze Frage der "Pille danach" ist ja ein sogar im nicht-christlichen Bereich ein Diskussionsthema, das starke Emotionen weckt. Dass dann eine Glaubensgemeinschaft, die sich so sehr dem Schutz ungeborenen Lebens verschrieben hat, dass sie bereits alle Verhütungsmethoden außer der "natürlichen" ablehnt, so starke Probleme mit der Notfallkontrazeption hat, verwundert mich nicht. Mich stört in dieser Debatte sowohl die Arroganz, mit der gegen eben diese Probleme vorgegangen wird - denn es sind ja Menschen, die eben nur eine andere Meinung haben, und sie ja mittlerweile nicht mehr der ganzen Republik aufzwingen wollen - als auch die Dogmatik der Kirche(n), die ihren Gläubigen vorschreiben wollen, was sie zu glauben haben. Warum kann nicht jeder selbst entscheiden? Und warum kann nicht jeder seine Meinung deutlich machen, zumindest ohne lächerlich gemacht zu werden?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.02.2013 10:54
#96 RE: Jauch, gestern Antworten

Zitat von adder im Beitrag #95
Lieber Zettel,

ich habe zwei Anmerkungen zu Deinem Kommentar.
1) Ich denke, man muss sehr stark differenzieren bei der deutschen katholischen Kirche. Vielfach sind es Einzelmeinungen, die publik werden, die Bischofskonferenz sagt dann wieder etwas anderes, und der Papst im Anschluss (allerdings nicht ex cathedra - also nicht als unumstössliche Wahrheit) noch wieder was anderes. Im normalen Leben passieren in vielen katholischen Einrichtungen durchaus sehr liberale Dinge.

Ich stimme Ihnen (ich möchte gern beim "Sie" bleiben) zu. Mein Artikel war auch nicht gegen den Katholizismus gerichtet - deshalb ja der disclaimer, mit dem er beginnt -, sondern gegen den Dogmatismus, den es eben auch gibt, und den der Jauch-Gast Lohmann repräsentiert hat.
Zitat von adder im Beitrag #95
Mich stört in dieser Debatte sowohl die Arroganz, mit der gegen eben diese Probleme vorgegangen wird - denn es sind ja Menschen, die eben nur eine andere Meinung haben, und sie ja mittlerweile nicht mehr der ganzen Republik aufzwingen wollen - als auch die Dogmatik der Kirche(n), die ihren Gläubigen vorschreiben wollen, was sie zu glauben haben.

Ja, das stört mich auch. Aber dieser Thread ist ein Beispiel dafür, daß man auch über ein solches Thema sachlich und mit Respekt für den Andersdenkenden diskutieren kann. Dank dafür an alle, die sich an dieser Diskussion beteiligen.

Herzlich, Zettel

Martin Offline



Beiträge: 4.129

05.02.2013 11:04
#97 RE: Wohl des Kindes Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #94
[quote="Fluminist"|p89269]Wie wächst ein Kind auf, das von der Mutter abgelehnt wird, weil sein Vater ein Verbrecher ist, der sich an ihr vergangen hat? Wie fühlt sich jemand, der irgendwann als Heranwachsender erfährt, daß er Sohn oder daß sie Tochter eines Verbrechers ist, der die Mutter vergewaltigt hat?


Lieber Zettel,

Wie fühlt sich jemand, der geliebt wird, wie er ist? Eine gläubige Mutter hat durch den Glauben möglicherweise die Bescheidenheit, ein Schicksal als ein solches zu sehen, und es ohne Bitterkeit oder Ablehnung hinzunehmen. Ich habe gläubige Menschen kennengelernt, die aus dem Glauben Kräfte schöpfen, die sich dem Ungläubigen nicht erschließen. Man kann das zur Kenntnis nehmen, aber schwer diskutieren.

Ihren Punkt weitergedacht: Ein Mutter kann ihr Kind auch ablehnen, weil sie den Vater inzwischen hasst. Sie kann viele andere Gründe haben. Wer ablehnen will, braucht dazu keine Vergewaltigung. Und ein Kind kann einen Mann zum Vater haben, der ganz andere Verbrechen begangen hat. Welche Empfehlung haben Sie für ein solches Kind? Die Kirchen bieten einem solchen Kind zumindest eine Lebensphilosophie. Immerhin: Auch ein Verbrecher ist ein Mensch, den Sie in dieser Argumentation auf sein Verbrechen reduzieren. Genau das tut die Kirche nicht, ein Punkt (weniger Kälte) für sie.

Was den Eingriff in die Entstehung der Schwangerschaft angeht, da kann man ganz sicher biologisch argumentieren um regulatorische Grenzen zu ziehen. Man kann aber nicht die Entscheidung aus dem eigenen Gedächtnis löschen. Diese wirkt bis zum Ende des Lebens.

Gruß, Martin

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

05.02.2013 11:07
#98 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Solus im Beitrag #79
Zitat von stefanolix im Beitrag #78
Selbstverständlich kann ein solches Arzneimittel nicht freigegeben werden. Die unkontrollierte Anwendung könnte zu gesundheitlichen Schäden führen. Mit gutem Grund ist doch die Verhütung mittels Pille auch nicht einfach ohne Rezept zu haben. Ich finde diese Forderungen aus der Politik populistisch und kurzsichtig. Die »Pille danach« kann es nicht »auf Vorrat« geben. In Deutschland haben wir eine hervorragende medizinische Versorgung und im Normalfall sollte innerhalb weniger Stunden eine Ärztin oder ein Arzt die entsprechenden Schritte einleiten können.

Ich sehe das Problem nicht, die Anwendung den Konsumenten zu überlassen. Geht in Nachbarländern Deutschlands doch auch.


Es sind keine Konsumentinnen. Es sind in diesem Moment Patientinnen. Und man muss sich ja nicht immer an den Gesetzen in anderen Ländern orientieren. Es gibt offenbar Risiken für bestimmte Frauen (und auch Nebenwirkungen), die mindestens eine fundierte Beratung in der Apotheke nahelegen. In der Beratung müssten die Risiken eigentlich abgefragt werden. Um die Risiken erkennen zu können, ist aber ein Arztbesuch unerlässlich.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

05.02.2013 11:12
#99 RE: Jauch, gestern Antworten

Zitat von adder im Beitrag #95
Mich stört in dieser Debatte sowohl die Arroganz, mit der gegen eben diese Probleme vorgegangen wird - denn es sind ja Menschen, die eben nur eine andere Meinung haben, und sie ja mittlerweile nicht mehr der ganzen Republik aufzwingen wollen - als auch die Dogmatik der Kirche(n), die ihren Gläubigen vorschreiben wollen, was sie zu glauben haben. Warum kann nicht jeder selbst entscheiden? Und warum kann nicht jeder seine Meinung deutlich machen, zumindest ohne lächerlich gemacht zu werden?


Lieber adder,

eine Kirche ist eine Glaubensgemeinschaft mit gemeinsamen Überzeugungen, das ist nun mal das Wesen einer Religion, Beliegikeit wäre das Gegenteil. Niemand zwingt Sie, dieser anzugehören. Umgekehrt sollte auch niemand einen Angehörigen dieser Religion zu etwas zwingen dürfen, was gegen dessen Überzeugung ist.

Gruß, Martin

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

05.02.2013 11:15
#100 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #83
Sie haben recht, ich hätte 'potentielle' Schwangerschaft schreiben müssen. Das ändert aber nichts an der ethischen Bewertung eines Artzes oder eben einer Religionsgemeinschaft. Ein Arzt kann sich mittels gesetzlichem Rückhalt vor Strafverfolgung schützen, nicht aber vor seiner persönlichen Überzeugung. Und die katholische Kirche ist auch gegen Schwangerschaftsverhinderung, unbenommen der gesetzlich erlaubten Eingriffe.


Offensichtlich ist die Katholische Kirche im Notfall nicht gegen die »Pille danach«, mit der man den Eisprung verzögert. Die Einwände der Katholischen Kirche beginnen erst bei Medikamenten, mit denen die Nidation verhindert wird. Das hat doch der Kölner Kardinal eigentlich eindeutig erklärt.

»Im Notfall« meint: Wenn die Frau einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist oder in eine andere Notsituation geraten ist. Soweit ich weiß, ist die Katholische Kirche aber auch nicht mehr generell gegen eine verantwortungsbewusste Verwendung von Kondom und herkömmlicher Pille. Damit wird ja letztlich auch nur die Vereinigung von Eizelle und Samenzelle verhindert – und kein Leben zerstört.

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