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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 322 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.02.2013 08:08
#201 RE: Wohl des Kindes Antworten

Zitat von adder im Beitrag #200
Daher taugt dieses Argument nicht, um ein Verbot zu rechtfertigen, oder auch nur eine moralische Verwerflichkeit eben dieser Optionen zu konstruieren.


Lieber adder,

mit irgendwelchen Strafandrohungen zu sanktionierenden 'Verboten' der Kirche hat diese Diskussion nichts zu tun. Und auch wenn die katholische Kirche Verhütung oder Schwangerschaftsabbrüche ablehnt, dann zwingt sie ihre Mitglieder nicht dazu. Sie kann entsprechende Behandlung aber aus ihrem Repertoire streichen und das unter ihrem Schirm arbeitende Personal anweisen, bestimmte Therapien o.a. nicht anzubieten. Das ist Teil eines Arbeitsvertrags, der auch von seiten des AN akzeptiert ist.

Moral kann man einfach respektieren soweit sie nicht in Konflikt mit Gesetzen kommt, man muss sie aber nicht abwerten, indem man sie konstruiert nennt.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

07.02.2013 10:15
#202 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #201

Moral kann man einfach respektieren soweit sie nicht in Konflikt mit Gesetzen kommt, man muss sie aber nicht abwerten, indem man sie konstruiert nennt.


Da stimme ich Ihnen zu, lieber Martin. Nur war die Ausgangslage ja die eingeschränkte Wahlmöglichkeit der Vergewaltigten bei der Wahl des Krankenhauses welches ihr die Wahl aller möglichen Optionen bietet. In einem Gesundheitssystem welches die Möglichkeiten eines freien Marktes bewusst unterbindet, halte ich Einschränkungen der Wahlmöglichkeiten aufgrund ethisch/religiöser Grenzen welche eben durch bestehende Gesetze nicht bestätigt werden, im wohlwollenden Fall für einen Luxus den ich durchaus in Frage stelle. Im anderen Fall ist es ein Mangel.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

07.02.2013 10:54
#203 RE: Wohl des Kindes Antworten

Zitat von adder im Beitrag #200
Zitat von Emulgator im Beitrag #199
Und wenn Ihre Mutter hinterher so große Freude an Ihnen gehabt hätte? Warum soll für eine vergewaltigte Frau nicht auch das Licht auf die Dunkelheit folgen? Es gibt ja nicht wenige Frauen, die das Kind ihres Vergewaltigers noch austragen, und das selbst wenn dieser Vergewaltiger ihr eigener Vater war.


Aber genau diese Möglichkeit steht doch den Damen offen, auch ohne dass wir Schwangerschaftsabbruch und Notfallkontrazeption verbieten. Daher taugt dieses Argument nicht, um ein Verbot zu rechtfertigen, oder auch nur eine moralische Verwerflichkeit eben dieser Optionen zu konstruieren.
Da haben Sie den Diskussionsstrang nicht ganz verfolgt, daß Ihre entgegnung paßt. Llarian meinte, daß ein Mensch normalerweise immer seine Existenz der Nichtexistenz vorziehen wollte und begründet auf diese Weise (ohne Rekurs auf die Religion!), warum Abtreibung im Sinne eines Kant'schen Imperativs oder besser im Sinne Rawls'scher Gerechtigkeitstheorie allgemein als Unrecht erkennbar seien müsse.
Frankenstein meinte, er würde seine Nichtexistenz bevorzugen, sofern seine Entstehung mit großem Leid für seine Mutter verbunden sei.
Ich relativiere die Bedeutung des Leides, weil hinter dem Schleier der Unwissenheit auch eine Antizipation darüber nicht möglich ist und deswegen die ursprüngliche Argumentation durch Frankensteins Einwand nicht gestört wird. Es reicht für mich zu zeigen, daß eine Vergewaltigung für die Frau nicht eine Freude an dem Kind unmöglich macht, die ihr das Leid erträglich erscheinen läßt.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.02.2013 10:56
#204 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #202
In einem Gesundheitssystem welches die Möglichkeiten eines freien Marktes bewusst unterbindet, halte ich Einschränkungen der Wahlmöglichkeiten aufgrund ethisch/religiöser Grenzen welche eben durch bestehende Gesetze nicht bestätigt werden, im wohlwollenden Fall für einen Luxus den ich durchaus in Frage stelle. Im anderen Fall ist es ein Mangel.



Lieber Erling Plaethe,

zum Glück muss weder eine Organisation, noch ein Individuum alles tun, was das Gesetz erlaubt. Ein Krankenhaus kann auch aus ethischen Gründen keine Schönheitsoperationen anbieten wollen. In der Regel ist ein Krankenhaus auf ein bestimmtes Repertoire spezialisiert (aus welchen Gründen auch immer), und das sollte auch den überweisenden Ärzten bekannt sein. Wo es keine Wahl gibt, wie beispielsweise in Notfällen, ist natürlich jeder Mediziner und Nichtmediziner in der Pflicht.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

07.02.2013 11:20
#205 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #204
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #202
In einem Gesundheitssystem welches die Möglichkeiten eines freien Marktes bewusst unterbindet, halte ich Einschränkungen der Wahlmöglichkeiten aufgrund ethisch/religiöser Grenzen welche eben durch bestehende Gesetze nicht bestätigt werden, im wohlwollenden Fall für einen Luxus den ich durchaus in Frage stelle. Im anderen Fall ist es ein Mangel.


zum Glück muss weder eine Organisation, noch ein Individuum alles tun, was das Gesetz erlaubt. Ein Krankenhaus kann auch aus ethischen Gründen keine Schönheitsoperationen anbieten wollen. In der Regel ist ein Krankenhaus auf ein bestimmtes Repertoire spezialisiert (aus welchen Gründen auch immer), und das sollte auch den überweisenden Ärzten bekannt sein. Wo es keine Wahl gibt, wie beispielsweise in Notfällen, ist natürlich jeder Mediziner und Nichtmediziner in der Pflicht.

Naja, den Vergleich mit Schönheitsoperationen würde ich jetzt nicht ziehen, aber ein Vergewaltigungsopfer so zu behandeln wie es medizinisch und im Sinne der Patientin angezeigt ist, fällt m.E. nicht unter eine Spezialisierung. So etwas stellt jedes Krankenhaus bereit, nur eben katholische u.U. nicht.
Und diese Problematik ist ja nicht neu, weshalb ich auch den, recht mutigen, Vorstoß von Kardinal Meisner betreffs der Pille danach, außerordentlich begrüße.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 355

07.02.2013 12:40
#206 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #205
Zitat von Martin im Beitrag #204
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #202
In einem Gesundheitssystem welches die Möglichkeiten eines freien Marktes bewusst unterbindet, halte ich Einschränkungen der Wahlmöglichkeiten aufgrund ethisch/religiöser Grenzen welche eben durch bestehende Gesetze nicht bestätigt werden, im wohlwollenden Fall für einen Luxus den ich durchaus in Frage stelle. Im anderen Fall ist es ein Mangel.


zum Glück muss weder eine Organisation, noch ein Individuum alles tun, was das Gesetz erlaubt. Ein Krankenhaus kann auch aus ethischen Gründen keine Schönheitsoperationen anbieten wollen. In der Regel ist ein Krankenhaus auf ein bestimmtes Repertoire spezialisiert (aus welchen Gründen auch immer), und das sollte auch den überweisenden Ärzten bekannt sein. Wo es keine Wahl gibt, wie beispielsweise in Notfällen, ist natürlich jeder Mediziner und Nichtmediziner in der Pflicht.

Naja, den Vergleich mit Schönheitsoperationen würde ich jetzt nicht ziehen, aber ein Vergewaltigungsopfer so zu behandeln wie es medizinisch und im Sinne der Patientin angezeigt ist, fällt m.E. nicht unter eine Spezialisierung. So etwas stellt jedes Krankenhaus bereit, nur eben katholische u.U. nicht.
Und diese Problematik ist ja nicht neu, weshalb ich auch den, recht mutigen, Vorstoß von Kardinal Meisner betreffs der Pille danach, außerordentlich begrüße.

Sehr geehrter Erling Plaethe,
ich habe den Eindruck, dass Sie hier immer noch auf die Berichterstattung bzw. Kampagne der "Qualitätsmedien" hereinfallen.
Es ging doch hier nicht mehr um die Erstversorgung als Vergewaltigungsopfer, sondern um die anonyme Spurensicherung, die von 5 anderen Krankenhäusern im Kölner Stadtgebiet bereitgestellt wird. Die Frau war bereits medizinisch versorgt.
Ich verweise dazu noch einmal auf Beitrag #13 von Gorgasal.

A common mistake that people make when trying to design something completely foolproof is to underestimate the ingenuity of complete fools.
Douglas Adams

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

07.02.2013 14:21
#207 RE: Sternenkinder Antworten

Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #206

ich habe den Eindruck, dass Sie hier immer noch auf die Berichterstattung bzw. Kampagne der "Qualitätsmedien" hereinfallen.
Es ging doch hier nicht mehr um die Erstversorgung als Vergewaltigungsopfer, sondern um die anonyme Spurensicherung, die von 5 anderen Krankenhäusern im Kölner Stadtgebiet bereitgestellt wird. Die Frau war bereits medizinisch versorgt.
Ich verweise dazu noch einmal auf Beitrag #13 von Gorgasal.


Den habe ich selbstverständlich gelesen; und keine Sorge, ich begegne den "Qualitätsmedien" mit allergrößter Skepsis. Ansonsten habe ich Übung in der Bildung einer eigenen Meinung, welche nicht nur nicht vom Qualitätsjournalismus geteilt zu werden braucht, sondern auch sonst von kaum jemand. Meinetwegen auch von Niemandem.
Ich meinte, bitte sehen Sie mir das nach, wenn Sie anderer Ansicht sind, mit "behandeln wie es medizinisch und im Sinne der Patientin angezeigt ist", eben auch die Verabreichung der Pille danach.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.02.2013 15:02
#208 Nichtexistenz Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #203
Llarian meinte, daß ein Mensch normalerweise immer seine Existenz der Nichtexistenz vorziehen wollte und begründet auf diese Weise (ohne Rekurs auf die Religion!), warum Abtreibung im Sinne eines Kant'schen Imperativs oder besser im Sinne Rawls'scher Gerechtigkeitstheorie allgemein als Unrecht erkennbar seien müsse.

Es gibt, lieber Emulgator, den Satz ich glaube von Epikur: Der Tod ist uns nichts. Wenn wir sind, ist er nicht. Wenn er ist, sind wir nicht.

Man kann nicht Existenz und Nichtexistenz abwägen; denn Nichtexistieren ist weder schmerzhaft noch sonstwie nachteilig.

Man kann über Nichtexistierendes keine Existenzaussage machen. Die leere Menge ist nun einmal leer.

Herzlich, Zettel

adder Offline




Beiträge: 1.073

07.02.2013 15:25
#209 RE: Wohl des Kindes Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #203
Zitat von adder im Beitrag #200
Zitat von Emulgator im Beitrag #199
Und wenn Ihre Mutter hinterher so große Freude an Ihnen gehabt hätte? Warum soll für eine vergewaltigte Frau nicht auch das Licht auf die Dunkelheit folgen? Es gibt ja nicht wenige Frauen, die das Kind ihres Vergewaltigers noch austragen, und das selbst wenn dieser Vergewaltiger ihr eigener Vater war.


Aber genau diese Möglichkeit steht doch den Damen offen, auch ohne dass wir Schwangerschaftsabbruch und Notfallkontrazeption verbieten. Daher taugt dieses Argument nicht, um ein Verbot zu rechtfertigen, oder auch nur eine moralische Verwerflichkeit eben dieser Optionen zu konstruieren.
Da haben Sie den Diskussionsstrang nicht ganz verfolgt, daß Ihre entgegnung paßt. Llarian meinte, daß ein Mensch normalerweise immer seine Existenz der Nichtexistenz vorziehen wollte und begründet auf diese Weise (ohne Rekurs auf die Religion!), warum Abtreibung im Sinne eines Kant'schen Imperativs oder besser im Sinne Rawls'scher Gerechtigkeitstheorie allgemein als Unrecht erkennbar seien müsse.
Frankenstein meinte, er würde seine Nichtexistenz bevorzugen, sofern seine Entstehung mit großem Leid für seine Mutter verbunden sei.
Ich relativiere die Bedeutung des Leides, weil hinter dem Schleier der Unwissenheit auch eine Antizipation darüber nicht möglich ist und deswegen die ursprüngliche Argumentation durch Frankensteins Einwand nicht gestört wird. Es reicht für mich zu zeigen, daß eine Vergewaltigung für die Frau nicht eine Freude an dem Kind unmöglich macht, die ihr das Leid erträglich erscheinen läßt.


Ok... nur eine Frage: da ja das potentielle Kind automatisch seine spätere Existenz der späteren Nichtexistenz vorziehen wird, und dadurch gemäß Ihrer Argumentation ein Abbruch automatisch "allgemein als Unrecht erkennbar" sei: gilt das nicht auch für Verhütung?
Gilt es nicht sogar automatisch immer - so dass der einzige Weg, als Frau im gebärfähigen Alter gegenüber potientiellen Kindern kein Unrecht zu verüben, wäre, stets und ständig, sobald theoretisch fruchtbar, begattet zu werden? Nein, auf diese Bahn möchte ich eigentlich nicht gehen.

Aber Verhütung egal in welcher Form (inklusive Abstinenz) wäre ja doch auch Unrecht, oder?

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

07.02.2013 15:50
#210 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #208
Man kann nicht Existenz und Nichtexistenz abwägen; denn Nichtexistieren ist weder schmerzhaft noch sonstwie nachteilig.
Man kann über Nichtexistierendes keine Existenzaussage machen.
Sie hätten gegen mich auch einwenden können, Nichtexistierendes könne nicht wollen. Das ist mir schon klar. Vielleicht hätte ich lieber "Inkarnation" schreiben sollen, das ist treffender.
Rawls geht davon aus, daß die Gesellschaftsmitglieder sich auf gerechte Normen einigen würden, solange sie nicht wissen, wie es zwischen den Individuen zugeht, von dem sie je eines werden würden. Auf diese Weise umgeht er elegant einen Nachteil von Kants kategorischem Imperativ. Der aufgeklärte preußische Offizier, der den Rekruten prügelt, kann sagen: "Ich kann ja einverstanden sein, daß die Maxime, Rekruten dürften geschlagen werden, auch an mir angewendet wird, schließlich bin ich Offizier" Da ist das Sein bestimmend für das Sollen. Er ist Offizier, der andere Rekrut, ein naturalistischer Fehlschluß. Derart geht man heutzutage auch vor: Sie ist Embryo, ich bin Mensch. Man kann auch weiter gehen: Ich lebe im 21. Jahrhundert, der andere nach dem Rentenkollaps.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

07.02.2013 16:23
#211 RE: Wohl des Kindes Antworten

Zitat von adder im Beitrag #209
Gilt es nicht sogar automatisch immer - so dass der einzige Weg, als Frau im gebärfähigen Alter gegenüber potientiellen Kindern kein Unrecht zu verüben, wäre, stets und ständig, sobald theoretisch fruchtbar, begattet zu werden? Nein, auf diese Bahn möchte ich eigentlich nicht gehen.
Ich auch nicht, weil es für mich als hypothetische Frau bedeuten würde, gar keine Freiheit mehr zu haben, mit der ich Nutzen aus meiner Existenz ziehen kann. Und so ungefährlich sind Schwangerschaften ja auch nicht, selbst wenn der weibliche Organismus grundsätzlich dafür ausgelegt ist. Deswegen würde wohl keiner ein Abstinenzverbot befürworten.

Zitat von adder im Beitrag #209
Aber Verhütung egal in welcher Form (inklusive Abstinenz) wäre ja doch auch Unrecht, oder?
Verhütung ist in der katholischen Kirche (ich antworte zur Abwechslung auf dieser Ebene, für das andere müßte ich erst nachdenken) nicht deswegen eine Sünde, weil es eine latente Abtreibung seien könne. Verhütung wird deswegen als Sünde aufgefaßt, weil die Ehe wie jedes Sakrament die Teilhabe an Gottes Erlösungswerk vermittelt. Bei jedem Sakrament geschieht das durch bestimmte Aspekte des Sakraments, auf Theologisch genannt "Gnaden". Im Ehesakrament gehört dazu die Fruchtbarkeit: Durch die Fruchtbarkeit hat man Teil an Gottes Erlösungswerk, weil zur Erlösung natürlich die Erschaffung der Erlösungskandidaten gehört. Wer deswegen die Fruchtbarkeit seiner Ehe ausschließt, weist ein Gnadengeschenk Gottes zurück. Wie empfinden wir eine Zurückweisung? Als Trennung, Theologisch "Sünde".

Korollar: Wenn unverheiratete bei ihrem Geschlechtsverkehr Verhütungsmittel anwenden, ist nur der GV die Sünde. Die Anwendung des Verhütungsmittels ist in dem Fall weder Sünde noch Schwerefall des GV, weil ohne Ehe ja nicht die Fruchtbarkeit seines Eheverkehrs schützen kann.

Frankenstein Offline




Beiträge: 891

07.02.2013 16:46
#212 RE: Wohl des Kindes Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #198
Zitat von Frankenstein im Beitrag #197
Eine Strohmannfrage. Wenn mein Leben nur durch derartiges Leid meiner Mutter gegenüber zustande gekommen wäre, hätte ich ohne mit der Wimper zu zucken darauf verzichtet - eine Nichtexistenz würde ich in diesem Falle vorziehen. Einen rückwirkenden Selbstmord haben Sie erst in Ihrer Antwort ins Gespräch gebracht.

Ich sehe den Unterschied nicht, lieber Frankenstein. Wir reden ja von einem fiktiven Wunsch und eine tatsächliche Entscheidung können sie ja nun nur dann treffen, wenn sie die Frage verstehen. Und da ein Embryo die Frage nicht versteht, kann sie nur so gestellt werden. Die ursprüngliche These war (sehen Sie nach): "Ich bin ziemlich sicher dass nahezu 100% der Menschen eine Existenz als Kind eines Verbrechers der Nichtexistenz gegenüber vorziehen. " Das bedeutet doch in der Konsequenz, dass man, so man feststellte, dass der Vater ein Verbrecher wäre, den Selbstmord, also die Nichtexistenz. Es ging nie um die Frage die Tat retrospektiv zu verhindern, denn das ist tatsächlich ein Strohmann. Den Sie (!) eingebracht haben.

Nicht im Geringsten. Die fiktive Option der Nichtexistenz in Form eines alternativen Zeitstrahls ist etwas grundlegend Anderes als ein Selbstmord nachdem man bereits x Jahre gelebt hat.

Zitat

Zitat
Zudem ist mir die Emo-Sternenkinder-Gefühlsduselei völlig fremd, wobei ein Sternenkind meines Ermessens etwas völlig anderes ist als ein durch eine Vergewaltigung gezeugter Embryo.


Zum einen, lieber Frankenstein, ich sage es genau einmal höflich, ein Qualifizerung als "Emo-Sternenkinder-Gefühlsduselei" ist ein Ausfall, der keine höfliche Kommentierung in sich verdient. Vielleicht denken Sie einmal darüber nach, ob das so passend ist. Zum anderen diente die Erklärung dem, dass die Sicht ob und wann ein Leben beginnt, sehr unterschiedlich sein kann. Und natürlich ist der Vorgang ein gänzlich anderer, aber genau da springt ja der Punkt: Das Recht zum schützenswerten, liebenswerten Leben sollen nur diejenigen Embryonen oder Föten haben, die geliebt werden ? Ich meine das kann und darf nicht sein. Es werden vielzuviele Kinder von ihren Eltern nicht geliebt und dennoch meine ich, dass sie deswegen nicht ein bischen weniger Mensch sind. Bei den Sternenkindern ist es leichter zu sehen, dass die Föten und Embryonen Menschen sind. Viel leichter als bei dem Kind einer Vergewaltigung. Aber da kann doch das Kind nichts für.

Wenn ein Sternenkind stirbt, dann zeigt der Schmerz der Eltern allzu plastisch was passiert ist. Wenn das Embryo einer Vergewaltigung stirbt, dann gibt es keine Tränen, keine Beerdigung, allenfalls eine Entsorgung. Was es viel schwerer macht zu sehen was passiert. Und das wo im tatsächlichen Sinne genau das selbe geschehen ist. Für jemanden, der es als "sehr schade" empfindet, wenn das eigene Kind getötet wird, mag das beides nicht wirklich dramatisch sein, das eine ist dann vielleicht nur Gefühlsduselei, das andere eben ein klinischer Akt. Für jemanden der mehr als schade empfindet stellt sich die Situation anders dar.



Auch wenn ein geliebtes Haustier stirbt, gibt es grossen Schmerz. Und was folgern wir daraus? Dass ein Haustier ein Mensch ist?

Lieber Llarian,

Ihre katholische Denke bleibt mir leider (bzw. zum Glück) völlig fremd, wie von einem anderen Stern. Weder halte ich den Menschen für die Krone der Schöpfung (schon gar nicht die eines strengväterlichen Gottes), noch halte ich Einzeller mit entsprechendem Entwicklungspotenzial für vollwertige Menschen/Kinder mit einer Seele, auch wenn Sie - stellvertretend für viele Christen - einmal mehr versuchen, einem diesen Unsinn unterzujubeln. Angesichts solch abenteuerlicher Argumentationsmuster ist es wahrlich kein Wunder, dass die Linke den gesellschaftlichen Diskurs dominiert.

Belassen wir es dabei, es ist eine Diskussion über Glaubensfragen, die relativ wenig Sinn macht.

Doctor Hesselius ( gelöscht )
Beiträge:

07.02.2013 18:03
#213 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #208
Es gibt, lieber Emulgator, den Satz ich glaube von Epikur: Der Tod ist uns nichts. Wenn wir sind, ist er nicht. Wenn er ist, sind wir nicht.

Diese Argumentation, lieber Zettel, lässt aber generell jede Tötung als moralisch unbedenklich erscheinen. Womit wir wieder bei einem ethischen Nihilismus angelangt wären.

Zitat von Zettel im Beitrag #208
Nichtexistieren ist weder schmerzhaft noch sonstwie nachteilig.

Ich würde lieber in der Hölle schmoren, als nicht existent zu sein.

Zitat von Zettel im Beitrag #208
Die leere Menge ist nun einmal leer.

Die leere Menge ist zwar leer, aber dennoch existent.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.02.2013 18:07
#214 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Doctor Hesselius im Beitrag #213
Ich würde lieber in der Hölle schmoren, als nicht existent zu sein.
Sie würden davon nix merken.

Wo kein Subjekt ist, da ist auch kein Prädikat. Wo keine existentia, da keine essentia.

Herzlich, Zettel

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

07.02.2013 18:15
#215 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Doctor Hesselius
Ich würde lieber in der Hölle schmoren, als nicht existent zu sein.



Ich nicht. Einen vergleichsweise großen Anteil der geschätzten 3,7 Mrd. Jahre, die das Universum existiert, war ich nicht existent. Ich kann mich nicht erinnern, dies irgendwie nachteilig erlebt zu haben.
Herzlichen Gruß,
Andreas Döding

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.02.2013 18:31
#216 Todesangst Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #215
Einen vergleichsweise großen Anteil der geschätzten 3,7 Mrd. Jahre, die das Universum existiert, war ich nicht existent. Ich kann mich nicht erinnern, dies irgendwie nachteilig erlebt zu haben.

Es ist glaube ich a bisserl mehr an Jahren, lieber Andreas Doeding.

Ansonsten haben Sie Recht: Es ist absurd, sich vor der eigenen Nichtexistenz zu fürchten. Man stellt sich vor, man würde existieren und es bedauern, daß man nun leider nicht mehr existiert.

Aber die Angst vor dem Tod hat naturlich ihre biologsche Wurzel. Wer sie nicht hat, dessen Chancen sinken, seine Gene weiterzugeben.

Herzlich, Zettel

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

07.02.2013 18:46
#217 RE: Todesangst Antworten

Zitat von Zettel
Es ist glaube ich a bissler mehr an Jahren, lieber Andreas Doeding.



O Gott wie peinlich. Ich bin mit Zahlen sicher nicht sehr firm, aber daß es 13,7 Mrd Jahre sind, weiß ich eigentlich schon

Zitat
Man stellt sich vor, man würde existieren und es bedauern, daß man nun leider nicht mehr existiert.



Ich nenne das bei der Arbeit immer die "Vorstellung von einer beobachtenden Instanz", die es ja bräuchte, um am Tod leiden zu können.
Wenn ich dann genau Nachfrage, stelle ich allerdings oft fest, dass es vor allem um Angst vor dem Sterben geht, vor den möglichen Schindereien und Leiden. Aber die sind ja nun mal ausgesprochen diesseitig. Da haben es die Stoiker, meiner Meinung nach, gut getroffen: Nicht der Tod an sich beunruhigt uns, sondern die Vorstellungen, die wir uns vom Tod machen. So ist es ja auch sonst oft.

Herzlichen Gruß,
Andreas Döding

Doctor Hesselius ( gelöscht )
Beiträge:

07.02.2013 18:46
#218 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #214
Sie würden davon nix merken.

Genau das ist ja das eigentlich schreckliche, noch nichtmal zu merken, dass man nichts merkt.

Herzlich, Doctor Hesselius

Leibniz Offline




Beiträge: 383

07.02.2013 18:47
#219 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Doctor Hesselius im Beitrag #213
Zitat von Zettel im Beitrag #208
Die leere Menge ist nun einmal leer.
Die leere Menge ist zwar leer, aber dennoch existent.
Herr Doctor Hesselius, das behaupten Sie so einfach! Dürfte ich um einen Beweis bitten?

Frankenstein Offline




Beiträge: 891

07.02.2013 19:03
#220 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #215

Zitat von Doctor Hesselius
Ich würde lieber in der Hölle schmoren, als nicht existent zu sein.


Ich nicht. Einen vergleichsweise großen Anteil der geschätzten 3,7 Mrd. Jahre, die das Universum existiert, war ich nicht existent. Ich kann mich nicht erinnern, dies irgendwie nachteilig erlebt zu haben.
Herzlichen Gruß,
Andreas Döding


Das Universum? Vielleicht eher dieses Universum (in den für uns wahrnehm- bzw. fassbaren Manifestationen).

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

07.02.2013 19:14
#221 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Frankenstein

Das Universum? Vielleicht eher dieses Universum (in den für uns wahrnehm- bzw. fassbaren Manifestationen).



Schon klar, lieber Frankenstein. Und dann ist es ja auch nur das für uns beobachtbare Universum. Ein anderer Beobachter hat ein anderes beobachtbares Universum zur Verfügung für Forschungen, und wie weit sind die für uns am weitesten entfernten beobachtbaren Galaxien von uns heute weg? Und wie schnell sind sie heute unterwegs, wenn die Rotverschiebung, im Blick zurück, schon so gigantisch ist? und dann die Vorstellung von einem Multiversum...

Vor diesem Hintergrund betrachte ich mich, mit Blick auf Religion, übrigens als suchenden Agnostiker.

Herzlichen Gruß,
Andreas Döding

Reinhard Offline




Beiträge: 15

07.02.2013 19:22
#222 RE: Todesangst Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #217

Ich nenne das bei der Arbeit immer die "Vorstellung von einer beobachtenden Instanz", die es ja bräuchte, um am Tod leiden zu können.
[...]
Da haben es die Stoiker, meiner Meinung nach, gut getroffen: Nicht der Tod an sich beunruhigt uns, sondern die Vorstellungen, die wir uns vom Tod machen. So ist es ja auch sonst oft.

Das wären dann Glaubensvorstellungen, verstehe ich das richtig? Ich habe keine Ahnung, inwieweit so jemand tatsächlich mehr Furcht erfährt als ein komplett ungläubiger. Aber ich denke, die Angst vor dem Tod ist älter als jeder Glauben.

Zitat von Doeding im Beitrag #217
Wenn ich dann genau Nachfrage, stelle ich allerdings oft fest, dass es vor allem um Angst vor dem Sterben geht, vor den möglichen Schindereien und Leiden. Aber die sind ja nun mal ausgesprochen diesseitig.

Tot zu sein kann man auch anders übersetzen als "nicht existent": als schlichtes "nicht mehr leben". Nun sind Mensch und Tier unter normalen Umständen aber am Leben ausgesprochen interessiert.

Ich bin mal fies und hole die Handschellen raus: Wenn man Sie an eine H-Bombe anketten würde, bräuchten Sie sich um ein diesseitiges Leiden keinerlei Sorgen zu machen. Was würden sie empfinden, wenn Sie wüssten, da spielt jemand mit der Fernsteuerung?

In meiner Jugend waren Fragen solcher Art (wahrscheinlich kam ich deswegen auf obiges Beispiel) sehr beliebt: Was machst Du in Deinen letzten Minuten vor einem Atomschlag? Single Malt Whiskey und Sex waren beliebte Antworten. Meine war: ich mache mir in die Hose.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

07.02.2013 19:27
#223 RE: Wohl des Kindes Antworten

Zitat
Llarian meinte, daß ein Mensch normalerweise immer seine Existenz der Nichtexistenz vorziehen wollte und begründet auf diese Weise (ohne Rekurs auf die Religion!), warum Abtreibung im Sinne eines Kant'schen Imperativs oder besser im Sinne Rawls'scher Gerechtigkeitstheorie allgemein als Unrecht erkennbar seien müsse.



Es gibt viele Gründe, warum man nie hätte existieren können. Zum Beispiel wenn sich die Eltern nicht getroffen hätten. Zum Beispiel wenn verhütet wird.

Und im übrigen sagt die goldene Regel nur aus, dass man sein eigenes Verhalten daran messen soll, ob es gut wäre, wenn alle so handeln.
Mhm, nach der Logik kann man dann tatsächlich Verhütung verbieten, denn wenn jeder nur noch verhütet, dann sterben wir aus.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."
-Thomas Jefferson
Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

07.02.2013 19:36
#224 RE: Todesangst Antworten

Zitat von Reinhard
Das wären dann Glaubensvorstellungen, verstehe ich das richtig?



Nicht ganz. Es geht eher um eine rationale Disputation irrationaler Ängste, nicht um Glaubensfragen, jedenfalls nicht direkt. Sie haben recht. Die Angst zu sterben ist universell und biologisch begründet, Zettel hat weiter oben darauf hingewiesen. Aber all diese Ängste sind diesseitig und auf Verhinderung des Todes zum Zwecke der Reproduktion ausgerichtet. Jedoch: ist der Käse gegessen, dann ist er gegessen. Ist die Reproduktionsmöglichkeit erloschen, dann gibt es, auch biologisch, keinen Grund mehr, darunter zu leiden. Weil man damit nichts mehr verhindern kann. Mannomann, diese Woche ist für mich die Woche der Zeitmaschine

Gleiches gilt aus meiner Sicht für Ihr H-Bomben Beispiel (das ich aus meiner Kindheit gut kenne). Ich erinnere mich leider nicht mehr an meine damaligen Antworten.
Herzlichen Gruß,
Andreas Döding

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.02.2013 19:36
#225 RE: Nichtexistenz Antworten

Zitat von Doctor Hesselius im Beitrag #218
Zitat von Zettel im Beitrag #214
Sie würden davon nix merken.

Genau das ist ja das eigentlich schreckliche, noch nichtmal zu merken, dass man nichts merkt.

Und wer ist denn gleich "man"?

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