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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 177 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Frank2000 Offline




Beiträge: 3.260

17.09.2014 00:07
#51 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #50

Zumal ich dann auch meiner Kreativität freien Lauf lassen könnte - mindestens einer müsste das dann sehen



Zwei.

___________________
Kommunismus mordet.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.09.2014 00:47
#52 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #51
Zwei.
Stimmt, müssten mindestens zwei sein.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

17.09.2014 06:46
#53 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #50
Übrigens gibt es noch eine andere interessante Zahl, die so gut wie nie erwähnt wird: die der ungültigen Stimmen. Ich kann dieser Form des Protestes gegen das miserable Angebot deutlich mehr abgewinnen als dem Nichtwählen, vor allem weil der ungültig Wählende denselben Aufwand treiben musste wie der gültig Wählende, der Vorwurf der Faulheit und der Uninteressiertheit also komplett an ihm vorbei geht. Auf der anderen Seite wird der aus Protest ungültig Wählende natürlich in einenTopf mit den Deppen geworfen, die erst gar nicht in der Lage waren, eine gültige Stimme abzugeben. Aber mich überzeugt das nicht: Unter den Stimmen für die Parteien dürften ähnlich viele "Zufallstreffer" zu finden sein.

Meine Stimme gilt. Ich werde sie nicht eigenhändig ungültig machen. Das wäre für mich so, als würde ich mich eigenhändig entmündigen.
Deshalb kann sich für mich nur die Frage stellen, ob ich als mündiger Bürger meine Stimme abgebe oder für mich behalte.
Es geht mir dabei auch gar nicht so sehr darum zu den Deppen zu zählen, die nicht in der Lage sind eine gültige Stimme abzugeben, sondern auf keinen Fall einer zu sein, der so tut als ob. Das ist ja noch schlimmer.
Ich mach mich doch nicht blöder als ich bin.
Und eben auch nicht weniger mündig.
Denn meine Mündigkeit wird ja schon dadurch eingeschränkt, dass ich mich nicht der Stimme enthalten kann und dies auch so gewertet wird. Dieses perfide "Angebot" doch ungültig wählen zu können, ist der berühmte Kakao den ich auch noch trinken soll, nachdem ich mangels Enthaltungsmöglichkeit zuvor durch selbigen gezogen wurde.
Eine Frechheit ist das.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

17.09.2014 10:27
#54 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #53
Meine Stimme gilt. Ich werde sie nicht eigenhändig ungültig machen. Das wäre für mich so, als würde ich mich eigenhändig entmündigen.
Deshalb kann sich für mich nur die Frage stellen, ob ich als mündiger Bürger meine Stimme abgebe oder für mich behalte.
Es geht mir dabei auch gar nicht so sehr darum zu den Deppen zu zählen, die nicht in der Lage sind eine gültige Stimme abzugeben, sondern auf keinen Fall einer zu sein, der so tut als ob. Das ist ja noch schlimmer.
Ich mach mich doch nicht blöder als ich bin.
Und eben auch nicht weniger mündig.
Denn meine Mündigkeit wird ja schon dadurch eingeschränkt, dass ich mich nicht der Stimme enthalten kann und dies auch so gewertet wird. Dieses perfide "Angebot" doch ungültig wählen zu können, ist der berühmte Kakao den ich auch noch trinken soll, nachdem ich mangels Enthaltungsmöglichkeit zuvor durch selbigen gezogen wurde.
Eine Frechheit ist das.

Man kann das vielleicht auch anders sehen: das Abgeben eines ungültigen Stimmzettel ist die Korrektur dafür, daß die Option "keine der Genannten" auf dem Zettel fehlt. Der Besuch des Wahllokals bedeutet dann nicht, daß man einer der vorgeschlagenen Parteien oder Personen seine Stimme gegeben hat, sondern nur, daß man am demokratischen Prozeß teilgenommen hat.



Who is General Failure and why is he Reading my Disk?

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

17.09.2014 11:53
#55 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Gedanken zum Thema in der FAZ.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.09.2014 12:21
#56 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #54
Man kann das vielleicht auch anders sehen: das Abgeben eines ungültigen Stimmzettel ist die Korrektur dafür, daß die Option "keine der Genannten" auf dem Zettel fehlt. Der Besuch des Wahllokals bedeutet dann nicht, daß man einer der vorgeschlagenen Parteien oder Personen seine Stimme gegeben hat, sondern nur, daß man am demokratischen Prozeß teilgenommen hat.
Exaktamente! Das hat weniger mit Mündigkeit zu tun als mit Kommunikation. Wie der von n_s_n verlinkte FAZ-Artikel zeigt, können zwei komplett entgegengesetzte Motivationen zur Nichtteilnahme an der Wahl führen - die perfekte Einladung für die Politik, das Thema entweder zu ignorieren oder sich die jeweils genehme Alternative herauszusuchen. Gebe ich hingegen eine ungültige Stimme ab, bin ich maximal noch mit den Überforderten in einem Topf, aber darüber hinaus wird mir keiner unterstellen können, ich sei mit dem Angebot im Großen und Ganzen zufrieden, zu faul oder komplett desinteressiert.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

17.09.2014 12:30
#57 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #55
Gedanken zum Thema in der FAZ.

Zitat von http://m.faz.net/aktuell/politik/wahl-in...r-13155265.html
Ohne Bürger ist aber kein Staat zu machen. Das kann die an die Macht bringen, die auf Wahlen gar keinen Wert mehr legen.


Das wird durch Wiederholungen für mich auch nicht logischer.

Zitat von http://de.m.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl_März_1933
Die Wahlbeteiligung stieg enorm auf 88,74 % an (+ 8,2 %).


Wahl März 1933.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

17.09.2014 12:53
#58 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Lieber Rayson,
wer in der Politik ignoriert das Thema Wahlbeteiligung noch gleich? Das interessiert mich jetzt mal. Vielleicht wähle ich die beim nächsten Mal.
Nachtrag:
Bin selber drauf gekommen: Die Partei.

Viele Grüße, Erling Plaethe

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

17.09.2014 13:24
#59 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #57

Zitat von http://m.faz.net/aktuell/politik/wahl-in...r-13155265.html
Ohne Bürger ist aber kein Staat zu machen. Das kann die an die Macht bringen, die auf Wahlen gar keinen Wert mehr legen.

Das wird durch Wiederholungen für mich auch nicht logischer.

Zitat von http://de.m.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl_März_1933
Die Wahlbeteiligung stieg enorm auf 88,74 % an (+ 8,2 %).


Wahl März 1933.


Das Wörtchen "kann" ist eben eine dehnbahre Vokabel.
Daher kann die Aussage der FAZ richtig sein, wie auch falsch, sowie auch das Gegenteil der Aussage richtig sein kann, wie auch falsch. Sie haben da in der Tat einen der schwächeren Sätze des Kommentators aufgezeigt, welcher den Atikel eher schlechter als besser macht.

Ich finde allerdings in diesem Artikel den Gedanken (Wie in meinen Beiträgen vorher versucht zu beleuchten) interessant, dass es den Wählern egal ist, wer das Rennen macht. Ich finde, dass an diesem Gedanken viel dran ist.

Grundlage meines Gedankes ist folgende:
Ich gehe davon aus, dass es grundsätzlich keinen politisch desinteressierten Menschen gibt. Alle Menschen sind politisch interessiert, sie unterscheiden sich lediglich dadurch "ab wann" ihr politisches Interesse erwacht und wann sie eigenes politisches Handeln als notwendig erachten. Das "ab wann" definiert sich dabei über die Lebensumstände im Sinne von Wohlstand, persönlicher Freiheit und Unversehrtheit.

Sind die Lebensumstände, nach eigenem Empfinden, kommod und sieht man sie durch die zur Wahl stehenden politischen Alternativen nicht bedroht, ist der Antrieb zur Wahl zu gehen für viele Menschen eher klein. Sind die Lebensumstände unerträglich oder sieht man eine akute Bedrohung seiner kommoden Lebensumstände, wird der Antrieb zur Wahl zu gehen bei jedem irgendwann ankommen.

Weitergedacht deutet das auf einen Umstand hin, den ich persönlich für recht valide halte: Die Wahlbeteiligung ist so niedrig wie nie, weil es uns derzeit so gut geht wie nie und es gibt derzeit keine Partei, die das in den Augen der Wähler nachhaltig bedroht. Die Nuancen in denen sich die Parteien derzeit unterscheiden sind dabei so klein, dass sie eher denjenigen zur Wahl treiben für den das "politisch Grundsätzliche" ebenso wichtig ist, wie seine Lebensumstände. Für einen der aber nur seine Lebensumstände im Blick hat, erscheinen Wahlen eher unerheblich (Ob er damit dann recht hat, ist damit allerdings nicht gesagt.).

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

22.09.2014 09:16
#60 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #33
Was ich sagen wollte war: Das waren durchaus drei interessante Landtagswahlen, mit echten Optionen.
Ich würde gerne auf einen Artikel von Frau Vera Lengsfeld hinweisen, der sich ebenfalls mit diesem Thema auseinander setzt. Man muß Ihre Sicht nicht teilen, interessante Gedanken formuliert Sie durchaus.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

22.09.2014 09:42
#61 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Und noch einmal Thomas Rietschel auf der ADG zum Thema: Alles der gleiche Kaffee!.

Den großen Teil der Nichtwähler als desinteressiert zu betrachten, ist nach meiner Ansicht nicht richtig. Dieser Beitrag nennt ein paar Gründe für meine Ansicht.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.09.2014 15:17
#62 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #61
Und noch einmal Thomas Rietschel auf der ADG zum Thema: Alles der gleiche Kaffee!.

Den Beitrag von Vera Lengsfeld fand ich interessant, weil inhaltlich wohlbegründet.
Den von Rietschel dagegen finde ich ziemlich schlecht. Da werden Ressentiments und unbewiesene Behauptungen mit einer arroganten Attitude gebracht - sehr unsympathisch.

Er schreibt:

Zitat
Wer ... die Nichtwähler - ... - kurzerhand als faule Säcke, wenn nicht gar als schlechte Demokraten diffamiert, sollte selbst noch einmal in die Grundschule der Demokratie gehen. Schließt doch das grundgesetzlich verbriefte Wahlrecht auch das Recht ein, davon keinen Gebrauch zu machen. Auch wenn er sich dafür entscheidet, handelt der Bürger als Demokrat.


Das ist logisch falsch.
Man hat das Recht, vom Wahlrecht keinen Gebrauch zu machen. Aber das sagt überhaupt nichts darüber aus, ob der Betreffende Demokrat ist oder nicht. Schließlich ermöglich genau dieses grundgesetzlich verbriefte Wahlrecht auch, daß man undemokratische Kräfte wie Kommunisten und Nazis wählt. Die Nichtteilnahme an einer Wahl ist kein Nachweis demokratischer Gesinnung.

Zitat
Niemand muss jemanden in den Sattel heben, von dem er von vornherein weiß, dass er nicht reiten kann.


Es sind 14 Parteien in Thüringen angetreten - mit wirklich sehr verschiedenen politischen Themen und vielen Direktkandidaten. Und der Herr Rietschel behauptet nun, die wären alle komplett unfähig und deswegen könne man nicht wählen?
Wie verblendet und arrogant muß man eigentlich sein, um so etwas behaupten zu können?

Ich ärgere mich ja nun oft genug über schlechte Politiker, die gibt es reichlich. Aber so eine Pauschalverurteilung finde ich ziemlich daneben.

Zitat
Wo die Politik derart professionalisiert ist, dass jede Partei darum kämpfen muss, irgendwie, regierend oder oppositionell, im Geschäft zu bleiben, werden dem Wähler keine Alternativen mehr angeboten, zwischen denen er sich sinnvoll entscheiden könnte.


Wieder logischer Unsinn.
Selbstverständlich kämpft jede Partei darum, "im Geschäft zu bleiben". D.h. sie will Einfluß gewinnen um Entscheidungen in ihrem Sinne zu erreichen. Aber das heißt doch überhaupt nicht, daß die Parteien DESWEGEN inhaltlich keine Alternativen bieten würden.

Zitat
Am Ende verfolgen ja doch alle das selbe Ziel: den Erhalt eines politischen Kartells, das um seiner selbst Willen existiert.


Was redet der Mann hier eigentlich? Welches Kartell sollen denn Afd, Piraten und KPD miteinander bilden?

Und im weiteren Verlauf wird er dann noch abstruser, mit seinen historisch haltlosen Vergleichen mit der Aristokratie früherer Jahrhunderte und so weiter.
Irgendwie paßt bei solchen Generalabrechnungen wieder der schöne alte Spruch "Dann geh' doch rüber". In Nordkorea ist die Wahlbeteiligung hoch und die Politiker sind absolute Spitzenklasse. Müßte ihm gefallen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.551

22.09.2014 15:47
#63 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #62
Irgendwie paßt bei solchen Generalabrechnungen wieder der schöne alte Spruch "Dann geh' doch rüber". In Nordkorea ist die Wahlbeteiligung hoch und die Politiker sind absolute Spitzenklasse. Müßte ihm gefallen.


Das ist zu hart. Achsen-Autoren haben einen bescheidenen Anspruch auf Artenschutz. Es gibt in Nordkorea doch gar keine Politiker - allenfalls Lakaien & Verwandte, die im Handumdrehen als Hundefutter enden können, dazu ein paar Uniformierte, die Militär spielen - und ein formatsprengendes Riesenbaby.

Die griffigste Definition für NK lautet: "1984", gespielt von den Teletubbies.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.09.2014 16:02
#64 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #63
Achsen-Autoren haben einen bescheidenen Anspruch auf Artenschutz.

Rietzschel hat zwar einige Gastauftritte gehabt, ist aber kein Achse-Autor.

Und auch abgesehen von Nordkorea wird er ziemlich Mühe haben irgendeinen Staat zu finden, in dem die von ihm gewünschte Politiker-Qualität zur Wahl steht.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.260

22.09.2014 16:13
#65 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #62

Man hat das Recht, vom Wahlrecht keinen Gebrauch zu machen. Aber das sagt überhaupt nichts darüber aus, ob der Betreffende Demokrat ist oder nicht. Schließlich ermöglich genau dieses grundgesetzlich verbriefte Wahlrecht auch, daß man undemokratische Kräfte wie Kommunisten und Nazis wählt. Die Nichtteilnahme an einer Wahl ist kein Nachweis demokratischer Gesinnung.



Ich habe immer noch Schwierigkeiten, die Facetten "Demokratie", "demokratische Verhalten" und "demokratische Gesinnung" unter einen Hut zu bringen. Ihre Formulierungen lesen sich für mich oft so, als würden Sie demokratische Gesinnung als Bestandteil oder gar Voraussetzung von demokratischem Verhalten verstehen.

___________________
Kommunismus mordet.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

22.09.2014 16:27
#66 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat
Schließt doch das grundgesetzlich verbriefte Wahlrecht auch das Recht ein, davon keinen Gebrauch zu machen. Auch wenn er sich dafür entscheidet, handelt der Bürger als Demokrat.

Zitat
Das ist logisch falsch. […]Die Nichtteilnahme an einer Wahl ist kein Nachweis demokratischer Gesinnung.

Lieber R.A.
Es wäre logisch falsch, wenn er aus dem Akt des „nicht Wählens“ eine demokratische Gesinnung ableiten wollte. Dies tut er aber nicht. Er leitet daraus eine demokratische Handlung ab. Dies ist ein ganz wesentlicher Unterschied.
So wie Herr Rietschel formuliert, handelt es sich daher keineswegs um einen logisch falschen Schluß, sondern viel mehr um die Umkehrung des von Ihnen gezogenen Schlusses:
„Man kann dem Nichtwähler per se keine antidemokratische Gesinnung (oder von mir aus auch Faulheit) unterstellen, wenn seine Handlung eine demokratisch legitimierte ist.“ Und das ist ja, über den moralsichen Umweg, der Vorwurf, welcher dem Nichtwähler ab und an gerne gemacht wird.



Zitat
Es sind 14 Parteien in Thüringen angetreten - mit wirklich sehr verschiedenen politischen Themen und vielen Direktkandidaten. Und der Herr Rietschel behauptet nun, die wären alle komplett unfähig und deswegen könne man nicht wählen?
Wie verblendet und arrogant muß man eigentlich sein, um so etwas behaupten zu können?

Sie ziehen einen sehr starken Schluß aus Rietschels Aussage und interpretieren Sie dabei abseits des Wortlautes. Man kann diese Aussage auch anders lesen: Kein Wähler kann dazu gezwungen werden, Programmen zum Wahlsieg zu verhelfen, die er in wesentlichen Punkten nicht teilt.

Möglicherweise bin ich arrogant und verblendet, aber innerhalb von 10 Minuten war es mir zum Beispiel anhand des Internets möglich herauszufinden, dass alle 12 in Thüringen (laut Wikipedia Aufstellung; mag sein, dass da etwas fehlt) zur Wahl stehenden Parteien Positionen vertraten, die ganz grundsätzlich mit meinen eigenen nicht vereinbar sind. Möglicherweise hätte ich daher keine davon gewählt (ich weiß es ehrlich gesagt nicht), was aber nicht heißt, dass ich jede dieser Parteien für unwählbar halte.



Zitat
Wo die Politik derart professionalisiert ist, dass jede Partei darum kämpfen muss, irgendwie, regierend oder oppositionell, im Geschäft zu bleiben, werden dem Wähler keine Alternativen mehr angeboten, zwischen denen er sich sinnvoll entscheiden könnte.

Zitat
Wieder logischer Unsinn..

Hier stimme ich völlig mit Ihnen überein. Die Logik dieses Satzes war mir auch nach dreimaligem Lesen nicht zugänglich.



Zitat
Was redet der Mann hier eigentlich? Welches Kartell sollen denn Afd, Piraten und KPD miteinander bilden?

Ich habe den Eindruck, dass Sie Rietschel an dieser Stelle mißverstehen wollen.
Ich persönlich las diese Passage so, dass der ganze politische Betrieb immer mehr die Züge einer Veranstaltung annimmt, die sich um ihrer selbst Willen versucht zu erhalten. Nicht um Dinge zu bewegen, welche den Parteien wichtig sind.
Ich habe mit Ihnen bereits oft hier im Forum über die FDP diskutiert und schätze Ihre Meinung sehr, trotzdem konnten Sie meine Enttäuschung darüber bisher nicht abmildern, dass ich auch in „Lindners FDP“ nur noch eine Partei im Sinne dieses Konformismus wahrnehmen kann, die sich lediglich selbst erhalten möchte. Notfalls als Muster ohne Wert.
Was ich damit sagen mag: Mir ist dieser Gedanke der Enttäuschung sehr vertraut, welcher sich einstellt wenn man die (vermuteten) gemeinsamen Werte (mit einer politischen Partei) zum Zwecke des konformistischen Machterhalts verraten wähnt. -- Damit sage ich nicht, dass es objektiv auch so ist. Ich empfinde aber so und habe noch keine eingängigen Argumente vernommen, die mich vom Gegenteil überzeugen.



Zitat
Und im weiteren Verlauf wird er dann noch abstruser, mit seinen historisch haltlosen Vergleichen mit der Aristokratie früherer Jahrhunderte und so weiter.

Der Vergleich ist wohl eher schlecht gewählt, um das deutlich zu machen, was ihm vermutlich am Herzen lag. Da gebe ich Ihnen Recht.



Zitat
Irgendwie paßt bei solchen Generalabrechnungen wieder der schöne alte Spruch "Dann geh' doch rüber". In Nordkorea ist die Wahlbeteiligung hoch und die Politiker sind absolute Spitzenklasse. Müßte ihm gefallen.


Diesen logischen Schluß verstehe nun ich nicht. Rietschel hat weder den Schluß gezogen, dass ein besonders gutes gesellschaftliches System einen hohe Wahlbeteiligung hat, noch dass eine hohe Wahlbeteiligung als Gütesiegel eines politischen Systems zu sehen ist. Er zog implizit den Schluß, dass die Ursachen des Nichtwählens nicht notwendigerweise beim Wähler verortet werden müssen.

Ich weiß lieber R.A., dass Sie dem Nicht Wählen nicht viel abgewinnen können. Ich kann viele Ihrer Argumente nachvollziehen, sehe aber mittlerweile eine Ambivalenz, welche mich auch die Gegenposition verstehen läßt. Bei Sätzen wie Ihrem letzten habe ich das Gefühl, dass Ihnen das Gefühl der Ambivalenz, (wie auch vielleicht Herrn Rietschel „anders herum“) bezüglich dieser Standpunkte Wählen/Nichtwählen nicht bekannt ist.

Auf jeden Fall hoffe ich, und das meine ich ganz ernsthaft, dass Sie mit Ihrem unerschütterlichen Glauben an die FDP als liberale Kraft in Deutschland Recht behalten und ich Unrecht.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

adder Offline




Beiträge: 1.073

22.09.2014 16:35
#67 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #62
Er schreibt:

Zitat
Wer ... die Nichtwähler - ... - kurzerhand als faule Säcke, wenn nicht gar als schlechte Demokraten diffamiert, sollte selbst noch einmal in die Grundschule der Demokratie gehen. Schließt doch das grundgesetzlich verbriefte Wahlrecht auch das Recht ein, davon keinen Gebrauch zu machen. Auch wenn er sich dafür entscheidet, handelt der Bürger als Demokrat.

Das ist logisch falsch.
Man hat das Recht, vom Wahlrecht keinen Gebrauch zu machen. Aber das sagt überhaupt nichts darüber aus, ob der Betreffende Demokrat ist oder nicht. Schließlich ermöglich genau dieses grundgesetzlich verbriefte Wahlrecht auch, daß man undemokratische Kräfte wie Kommunisten und Nazis wählt. Die Nichtteilnahme an einer Wahl ist kein Nachweis demokratischer Gesinnung.



Aber auch kein Nachweis des Gegenteils. Nicht an einer Wahl teilzunehmen sagt erst einmal nichts über irgendeine Gesinnung aus.
In diesem Fall wäre ich wohl auch zu Hause geblieben, wenn ich noch in Thüringen gewohnt hätte. Weil es in der Tat egal war - in jedem Fall hätte man die Bildung einer unfähigen und landesschädlichen Regierung unterstützt - denn es stand nicht zu erwarten, dass jemand anders als schwarz/rot oder rot/grün/mischrot (Ramelow mag ja rot sein, seine Partei ist zumindest in Thüringen aber eher konservativ bis reaktionär) eine Mehrheit bekommen würde.

Zitat

Zitat
Niemand muss jemanden in den Sattel heben, von dem er von vornherein weiß, dass er nicht reiten kann.


Es sind 14 Parteien in Thüringen angetreten - mit wirklich sehr verschiedenen politischen Themen und vielen Direktkandidaten. Und der Herr Rietschel behauptet nun, die wären alle komplett unfähig und deswegen könne man nicht wählen?
Wie verblendet und arrogant muß man eigentlich sein, um so etwas behaupten zu können?




10 dieser Parteien vertreten - teilweise offensiv - den gleichen sozialdemokratischen bis sozialistischen Brei. Die PARTEI ist nicht ernst zu nehmen, die AfD wurde schon vor der Wahl von allen Parteien als koalitionsunfähig bezeichnet und die fdp ist mittlerweile komplett verbrannt für 99% der Wähler, und FDP und die Freien Wähler sind nur deshalb nicht die 11. sozialdemokratische oder sozialistische Partei, weil sie auch Bürokratieabbau wollen. Sozial-liberal kann man dazu sagen - wählen kann man das nicht.

Welche Partei hätten Sie also gewählt? Die fdp?

Zitat
Ich ärgere mich ja nun oft genug über schlechte Politiker, die gibt es reichlich. Aber so eine Pauschalverurteilung finde ich ziemlich daneben.



Ja, das ist daneben. Leider nur ganz knapp. Die deutschen Politiker überbieten sich nämlich auch mit Wählerbeschimpfungen, die in diesem Artikel eben vollkommen zu recht abgewiesen werden.

Zitat

Zitat
Wo die Politik derart professionalisiert ist, dass jede Partei darum kämpfen muss, irgendwie, regierend oder oppositionell, im Geschäft zu bleiben, werden dem Wähler keine Alternativen mehr angeboten, zwischen denen er sich sinnvoll entscheiden könnte.


Wieder logischer Unsinn.
Selbstverständlich kämpft jede Partei darum, "im Geschäft zu bleiben". D.h. sie will Einfluß gewinnen um Entscheidungen in ihrem Sinne zu erreichen. Aber das heißt doch überhaupt nicht, daß die Parteien DESWEGEN inhaltlich keine Alternativen bieten würden.




Wirklich? Ein Politiker will "an der Macht" bleiben. Nicht (nur), um Entscheidungen im Sinne seiner Überzeugungen zu erreichen - sondern um Entscheidungen treffen zu können. Und 95% der Politiker haben nun einmal ein Interesse daran, mehr Staat zu fordern, weil dieses ihre Macht am besten sichert. Selbst ein Großteil der fdp-Politiker ist mittlerweile so drauf. Deswegen ist es ja auch so schwierig, eine gute Wahl zu treffen, da es immer wieder die gleichen Aussagen gibt.

Zitat
Was redet der Mann hier eigentlich? Welches Kartell sollen denn Afd, Piraten und KPD miteinander bilden?

Und im weiteren Verlauf wird er dann noch abstruser, mit seinen historisch haltlosen Vergleichen mit der Aristokratie früherer Jahrhunderte und so weiter.



AfD und KPD teilen sich die Unberührbarkeit. Ansonsten sind sie noch nicht soweit, dass er sie ins Kartell einordnen würde. Behaupte ich jetzt...
Der Vergleich ist so unsinnig übrigens nicht: gerade bei Landtagswahlen gibt es immer wieder diese Momente, in denen dem Wähler klar wird, dass die Politiker sich nur um Pfründe streiten. Heide Simonis ist da ein Paradebeispiel, aber auch Mike Mohring hat sich dieses Mal nicht mit Ruhm bekleckert...

Zitat
Irgendwie paßt bei solchen Generalabrechnungen wieder der schöne alte Spruch "Dann geh' doch rüber". In Nordkorea ist die Wahlbeteiligung hoch und die Politiker sind absolute Spitzenklasse. Müßte ihm gefallen.



Ich weiss nicht, was Rietschel gefallen würde. Mir ist natürlich eine niedrige Wahlbeteilung lieber als eine hohe Wahlbeteiligung, weil meine Stimme dann mehr zählt... - aber es ist nicht so einfach, jetzt eine gute, informierte und passende Wahl zu treffen.

adder Offline




Beiträge: 1.073

22.09.2014 16:44
#68 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #65
Zitat von R.A. im Beitrag #62

Man hat das Recht, vom Wahlrecht keinen Gebrauch zu machen. Aber das sagt überhaupt nichts darüber aus, ob der Betreffende Demokrat ist oder nicht. Schließlich ermöglich genau dieses grundgesetzlich verbriefte Wahlrecht auch, daß man undemokratische Kräfte wie Kommunisten und Nazis wählt. Die Nichtteilnahme an einer Wahl ist kein Nachweis demokratischer Gesinnung.



Ich habe immer noch Schwierigkeiten, die Facetten "Demokratie", "demokratische Verhalten" und "demokratische Gesinnung" unter einen Hut zu bringen. Ihre Formulierungen lesen sich für mich oft so, als würden Sie demokratische Gesinnung als Bestandteil oder gar Voraussetzung von demokratischem Verhalten verstehen.



Demokratisches Verhalten ist kein Resultat einer demokratischen Gesinnung. Die beiden haben erst einmal auch nichts mit "Demokratie" im Sinne moderner westlicher Demokratie zu schaffen.
Demokratisch einwandfreies Verhalten ist auch in westlichen Demokratien Ergebnis der Erziehung und Androhung von Zwangsmaßnahmen - und der Einsicht darin, dass die eigenen Interessen am besten durch dieses Verhalten zu vertreten sind, da ansonsten die anderen sich einfach drüber hinweg setzen könnten.
Eine demokratische Gesinnung ist ebenfalls Ergebnis der Erziehung und der Einsicht. Sie ist sicherlich hinreichende, aber nicht notwendige Bedingung für demokratisches Verhalten - nicht aber für Demokratie.

Die Monarchisten in der Weimarer Republik waren sicherlich keine Musterbeispiele an demokratischer Gesinnung, repräsentierten aber durchaus einen Großteil des demos des Deutschen Reiches - und hätten sie bei Wahlen über 50% der Stimmen bekommen, wäre auch die Entscheidung, zur Monarchie zurückzukehren, demokratisch legitimiert gewesen.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

22.09.2014 16:58
#69 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #66
... trotzdem konnten Sie meine Enttäuschung darüber bisher nicht abmildern, dass ich auch in „Lindners FDP“ nur noch eine Partei im Sinne dieses Konformismus wahrnehmen kann, die sich lediglich selbst erhalten möchte. Notfalls als Muster ohne Wert.
Was ich damit sagen mag: Mir ist dieser Gedanke der Enttäuschung sehr vertraut, welcher sich einstellt wenn man die (vermuteten) gemeinsamen Werte (mit einer politischen Partei) zum Zwecke des konformistischen Machterhalts verraten wähnt.
Ein Nachtrag in dieser Hinsicht, weil wir schon oft über die AFD diskutiert haben:

Die AFD ist eine reaktionäre Partei. Da gibt es kein Vertun. Sie hat allerdings ein Alleinstellungsmerkmal im derzeitigen politischen Betrieb: Sie vertritt nonkonformistische Positionen zum Zeitgeist in wichtigen Fragen, welche keine andere politische Partei, gleich in welchem politischen Spektrum verortet, zu vertreten wagt.

Viele Wähler nehmen das durchaus wahr. Daher setzen sie gewisse Hoffnungen in diese Partei – ob berechtigt oder unberechtigt, sei einmal dahingestellt. Daher gewinnt die AFD, in meinen Augen, auch über alle Lager hinweg Stimmen. Viele Positionen werden im aktuellen politischen Betrieb als alternativlos verkauft und die AFD bietet eben diese Alternative. Aus meiner Sicht wählen daher die Wähler die AFD nicht aufgrund der Gesinnung, sondern um aus der selbstverordneten Konformität des Politikbetriebes auszubrechen.

Ob dies sinnvoll ist oder nicht, will ich gar nicht beurteilen. Für mich ist es aber ein Zeichen dafür, dass es diese Positionskonformität der Parteien bei vielen wichtigen Fragen durchaus gibt und dass diese der Wähler so nicht möchte.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.09.2014 17:18
#70 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #65
Ihre Formulierungen lesen sich für mich oft so, als würden Sie demokratische Gesinnung als Bestandteil oder gar Voraussetzung von demokratischem Verhalten verstehen.

Vielleicht stehe ich jetzt auf dem Schlauch. Aber ja: Von einem Demokraten (demokratische Gesinnung) erwarte ich schon, daß er sich demokratisch verhält. Wobei sich demokratisches Verhalten nicht alleine daraus herleiten läßt, daß jemand an einer Wahl teilnimmt.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.09.2014 18:04
#71 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #66
Es wäre logisch falsch, wenn er aus dem Akt des „nicht Wählens“ eine demokratische Gesinnung ableiten wollte.

Genau das tut er.
Seine Formulierung war "handelt ... als Demokrat"
Die Teilnahme oder Nichtteilnahme an einer demokratische Wahl ist zwar beides erlaubt, läßt aber m. E. überhaupt keine Rückschlüsse auf die demokratische Gesinnung des Betreffenden zu.

Überhaupt geht seine Entgegnung am Thema vorbei. Denn der Vorwurf "fauler Sack" läßt sich eben NICHT darum entkräften, daß Faulsein legal ist.

Zitat
Sie ziehen einen sehr starken Schluß aus Rietschels Aussage und interpretieren Sie dabei abseits des Wortlautes. Man kann diese Aussage auch anders lesen: Kein Wähler kann dazu gezwungen werden, Programmen zum Wahlsieg zu verhelfen, die er in wesentlichen Punkten nicht teilt.


Der zweiten Aussage würde ich ja zustimmen. Aber das hat Rietzschel eben nicht gesagt.
Der Wortlaut ist "Niemand muss jemanden in den Sattel heben, von dem er von vornherein weiß, dass er nicht reiten kann." Da geht es also überhaupt nicht darum, ob man in politischen Positionen übereinstimmt. Sondern er behauptet, die Kandidaten würden es allesamt nicht können.

Dieses (sehr verbreitete) Stammtisch-Vorurteil, alle Politiker seien unfähig - das ist etwas völlig anderes als Ihre von mir völlig geteilte Feststellung, daß man oft nur eine sehr ungenügende inhaltliche Übereinstimmung mit den eigenen Wünschen findet.

Zitat
Ich habe den Eindruck, dass Sie Rietschel an dieser Stelle mißverstehen wollen.


Ich nehme seine Äußerungen zum Barwert. Und er differenziert eben NICHT zwischen "Kartell-Politikern" und anderen - sondern für ihn ist alles eine Soße. Sagt er ja schon im Titel.

Zitat
Ich persönlich las diese Passage so, dass der ganze politische Betrieb immer mehr die Züge einer Veranstaltung annimmt, die sich um ihrer selbst Willen versucht zu erhalten.


Das wiederum wäre eine ganz andere Position. Der ich auch zustimmen würde. Die aber Raum für Kandidaten oder Parteien läßt, die das vielleicht anders sehen oder beabsichtigen. Aber diesen Raum schließt Rietzschel aus.

Zitat
... trotzdem konnten Sie meine Enttäuschung darüber bisher nicht abmildern, dass ich auch in „Lindners FDP“ nur noch eine Partei im Sinne dieses Konformismus wahrnehmen kann, die sich lediglich selbst erhalten möchte.


Diese Enttäuschung kann ich auch gar nicht abmildern, weil das in der Ihnen möglichen Wahrnehmung (d.h. ohne Kenntnis der Interna) kaum anders aussehen kann.
Aber das ist ein anderes Thema. Die sinkende Wahlbeteiligung in Thüringen hat ja nur ganz am Rande mit der aktuellen FDP-Krise zu tun. Und bei den übrigen Parteien wüßte ich jetzt nicht, wieso die derzeit so viel anders von den Wählern wahrgenommen werden sollten als vor fünf Jahren.

Zitat
Er zog implizit den Schluß, dass die Ursachen des Nichtwählens nicht notwendigerweise beim Wähler verortet werden müssen.


Gar nicht implizit. Er stellt das komplette politische System als so völlig kaputt dar, daß Nichtwählen fast als einzig logische Folge dasteht.

Zitat
Ich weiß lieber R.A., dass Sie dem Nicht Wählen nicht viel abgewinnen können.


Das ist gar nicht der Punkt. Ich kann gut damit umgehen, wenn jemand keine Lust hat zu wählen. Es gibt immer wieder gute persönliche und politische motivierte Gründe. Oder man macht bei schönem Wetter lieber einen Ausflug als zur Wahlurne zu gehen. Ist ok, sollte man halt bloß nicht hinterher meckern, wenn die Wahl nicht ausfällt wie gewünscht.

Aber was mich richtig aufregt ist diese Pauschalkritik der Art: "Man kann überhaupt nicht wählen, weil es überall nur unfähige und korrupte Politiker gibt." Das läßt Rietzschel ziemlich deutlich raushängen, und da kann ich nach 30 Jahren ehrenamtlicher Arbeit nur noch antworten: "Dann mach's doch selber". Was Leute wie er natürlich weder können noch wollen.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

22.09.2014 22:18
#72 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #69
Die AFD ist eine reaktionäre Partei. Da gibt es kein Vertun. Sie hat allerdings ein Alleinstellungsmerkmal im derzeitigen politischen Betrieb: Sie vertritt nonkonformistische Positionen zum Zeitgeist in wichtigen Fragen, welche keine andere politische Partei, gleich in welchem politischen Spektrum verortet, zu vertreten wagt.

Viele Wähler nehmen das durchaus wahr. Daher setzen sie gewisse Hoffnungen in diese Partei – ob berechtigt oder unberechtigt, sei einmal dahingestellt. Daher gewinnt die AFD, in meinen Augen, auch über alle Lager hinweg Stimmen. Viele Positionen werden im aktuellen politischen Betrieb als alternativlos verkauft und die AFD bietet eben diese Alternative. Aus meiner Sicht wählen daher die Wähler die AFD nicht aufgrund der Gesinnung, sondern um aus der selbstverordneten Konformität des Politikbetriebes auszubrechen.

Ob dies sinnvoll ist oder nicht, will ich gar nicht beurteilen. Für mich ist es aber ein Zeichen dafür, dass es diese Positionskonformität der Parteien bei vielen wichtigen Fragen durchaus gibt und dass diese der Wähler so nicht möchte.

Herzlich


n_s_n

Aber zeigt Ihr Beispiel der AfD (und vorher die Grünen, die Republikaner und Dutzende weniger erfolgreicher Parteien) nicht gerade, daß früher oder später - sobald das Bedürfnis kritisch geworden ist und unternehmungslustige Gründer zur Verfügung stehen - die Neugründung nichtkonformer Parteien die konforme Parteienlandschaft wieder belebt? Freilich, es ist nicht jedermanns Sache, politisch aktiv zu werden und einer neuen Partei beizutreten oder gar eine zu gründen, aber solange die Möglichkeit dazu besteht und es auch immer wieder vorkommt, ist die Demokratie lebendig.
Es ist nun einmal das Grundprinzip der Demokratie, daß Politik nicht per definitionem von "denen da oben" gemacht wird, sondern sich im Prinzip jeder beteiligen kann, auch wenn nur die wenigsten das aktiv tun wollen. Im Einzelfall mag es vorkommen, daß wirklich keine Partei auch nur annähernd den eigenen Vorstellungen gerecht wird (und dann muß absichtliches Nichtwählen legitim sein, da gebe ich Erling Plaethe recht), aber darüber zu jammern und das Ende der Parteiendemokratie heraufzubeschwören ist eigentlich keine Option. Wem die Situation nicht paßt, der tue etwas dagegen, und wer nichts dagegen tun will, der braucht sich nicht zu beschweren.

Wenn ich Sprüche höre der Art, das Parteiensystem habe abgewirtschaftet und sei nicht reformierbar, sie seien alle gleich und es müsse etwas ganz anderes her (z.B. direkte Demokratie), dann läuft es mir immer kalt über den Buckel, es erinnert mich zu sehr an 1932, als keiner in Deutschland, und leider am allerwenigsten die ganz oben, vom Reichspräsidenten und den Parteivorsitzenden angefangen, mehr an die Zukunft der repräsentativen Demokratie glaubte.



Who is General Failure and why is he Reading my Disk?

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

22.09.2014 23:11
#73 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #71
Er stellt das komplette politische System als so völlig kaputt dar, daß Nichtwählen fast als einzig logische Folge dasteht.
Zitat von Fluminist im Beitrag #72
Wenn ich Sprüche höre der Art, das Parteiensystem habe abgewirtschaftet und sei nicht reformierbar...
Lieber R.A., lieber Fluminist, ich verstehe nun, dass sie beide den Text Thomas Rietschels so lesen. Kann man möglicherweise. Ich habe ihn nicht so gelesen. Aus meiner eigenen, sehr persönlichen Sicht auf die Dinge und meinen eigenen Erfahrungen heraus, las ich ihn als eine wütende, teils polemische Abrechnung, mit einer Parteienlandschaft, die einem mitunter wirklich durch ihre Spitzenkandidaten das Grausen lehrt. Dass er das Parteiensystem nicht per se ablehnt, lese ich alleine daraus, dass er das Entstehen der AFD positiv beurteilt.

Ich stelle wieder einmal fest, dass man in einem Text immer gerne "die eigene Meinung findet" und sich oft schwer tut, ihn unvoreingenommen zu lesen.

Zitat von Fluminist im Beitrag #72
Aber zeigt Ihr Beispiel der AfD ... daß früher oder später - sobald das Bedürfnis kritisch geworden ist und unternehmungslustige Gründer zur Verfügung stehen - die Neugründung nichtkonformer Parteien die konforme Parteienlandschaft wieder belebt?
Aber natürlich zeigt es das. Unter anderem deswegen habe ich das Beispiel ja auch gebracht: Um (R.A.) einen Grund zu nennen, warum Menschen die AfD wählen. Nicht weil sie sie für eine liberale oder "was auch sonst immer Partei" halten, sondern weil sie den Menschen eine Alternative zum parteipolitischen Konformismus bietet. Ich habe nie behauptet, dass die parlamentarische Demokratie in Deutschland in einer Sackgasse gelandet ist, wollte es zumindest nicht behaupten. Lesen Sie das aus meinen Beiträgen heraus, dass ich der Meinung bin der Parlamentarismus sei am Ende? Dann muß ich wohl in der Tat noch sorgfältiger formulieren lernen, wobei es wohl nicht ausschließlich ein Formulierungsproblem meinerseits ist, wenn man das aus meinen Beiträgen so herauslesen sollte.

Weswegen ich R.A. hier zum Teil widersprochen habe und worin ich Herrn Rietschel zum Teil recht gebe ist, dass die fünf etablierten Parteien in gewisser Hinsicht ein konformistisches Meinungskartell bilden, das (nach meiner ganz persönlichen Ansicht) unbedingt aufgebrochen werden muß. Ob man das dann damit tut indem man die AfD wählt, obwohl man eigentlich keine reaktionäre Partei wählen möchte, oder eben dadurch, dass man garnicht wählt, weil die vorhandenen Optionen einem keine Stimme verantwortbar erscheinen lassen, sollte man den Wählern überlassen. Anders gesagt, man sollte den Nichtwähler nicht in der Masse verunglimpfen. Dies zu tun ist der selbe Pauschalismus, gegen den sich R.A. an anderer Stelle zurecht wehrt.

Ich bin (und das habe ich schon an anderer Stelle hier oft erwähnt) ein Befürworter der parlamentarischen Demokratie und ich sehe sie auch bei weitem nicht am Ende. Bei der aktuellen Parteienlandschaft und ihrem großräumigen Konsensdenken, welches für mich unter dem Motto "Hauptsache regieren" firmiert, bin ich mir da weniger sicher. Ich habe wenig Hoffnung, dass Parteien welche Leute wie Merz, Koch, Clement, Sarrazin oder jetzt auch Schäffler an Ihre Ränder (oder gar hinaus) drängen, neue innere Orientierung zu finden imstande sind. Da braucht es Druck von außen und er wird kommen. Wie lange das dauert werden wir sehen. Dass es diesen Druck von außen zu brauchen scheint, ist übrigens einer der Gründe, warum ich bezüglich der Liberalen zukunft der FDP eher skeptisch bin - anders als R.A..

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

22.09.2014 23:17
#74 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #72
Wenn ich Sprüche höre der Art, das Parteiensystem habe abgewirtschaftet und sei nicht reformierbar, sie seien alle gleich und es müsse etwas ganz anderes her (z.B. direkte Demokratie), dann läuft es mir immer kalt über den Buckel, es erinnert mich zu sehr an 1932, als keiner in Deutschland, und leider am allerwenigsten die ganz oben, vom Reichspräsidenten und den Parteivorsitzenden angefangen, mehr an die Zukunft der repräsentativen Demokratie glaubte.
Auch wenn ich den versteckten Godwin nicht so mag, der Kritik stimme ich zu: Das Auftauchen von Parteien wie der "Piraten" oder der AfD zeugt von der Funktionsfähigkeit unseres Systems. Das Problem ist nur: Die bisherigen Spieler in diesem System haben sich so sehr mit den Institutionen dieses Staates verwoben, dass jede neue Partei als existenzbedrohend wahrgenommen wird. Erst recht eine Partei, die den vorhandenen Konsens, der, ähnlich dem Vorgehen der römisch-katholischen Kirche in Glaubensfragen, als der demokratischen Botschaft schlechthin gleich betrachtet wurde, wagt in Frage zu stellen. Das führt zu dem Paradoxon, dass die Parteiendemokratie gegen den Großteil ihrer Nutznießer verteidigt werden muss.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

22.09.2014 23:31
#75 RE: Manipulierte Schuldgefühle Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #71
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #66
Es wäre logisch falsch, wenn er aus dem Akt des „nicht Wählens“ eine demokratische Gesinnung ableiten wollte.

Genau das tut er.
Seine Formulierung war "handelt ... als Demokrat"
Die Teilnahme oder Nichtteilnahme an einer demokratische Wahl ist zwar beides erlaubt, läßt aber m. E. überhaupt keine Rückschlüsse auf die demokratische Gesinnung des Betreffenden zu.

Herr Rietzschel entgegnet hier dem Vorwurf, Nichtwähler würden die Demokratie beschädigen und der Diffamierung als schlechte Demokraten. Das sagt er auch ein paar Sätze zuvor.

Zitat von R.A. im Beitrag #71
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #66
Sie ziehen einen sehr starken Schluß aus Rietschels Aussage und interpretieren Sie dabei abseits des Wortlautes. Man kann diese Aussage auch anders lesen: Kein Wähler kann dazu gezwungen werden, Programmen zum Wahlsieg zu verhelfen, die er in wesentlichen Punkten nicht teilt.

Der zweiten Aussage würde ich ja zustimmen. Aber das hat Rietzschel eben nicht gesagt.
Der Wortlaut ist "Niemand muss jemanden in den Sattel heben, von dem er von vornherein weiß, dass er nicht reiten kann." Da geht es also überhaupt nicht darum, ob man in politischen Positionen übereinstimmt. Sondern er behauptet, die Kandidaten würden es allesamt nicht können.

M.E. sollte man das Wort "muss" nicht übersehen. Immerhin steht ja im Raum zur Wahl zu gehen und irgendwas wählen zu müssen oder eben den Wahlzettel ungültig machen zu müssen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

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