Man sollte die Rachsucht als menschliche Regung nicht unterschätzen, wenn Paladine zu Diadochen aufrücken können. Wir können uns für die nächste Zeit sämtliche Königsdramen des dritten deutschen Klassikers aus Stratford-on-Avon getrost schenken. #lebendigeLeitkultur
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #8 Seehofer hat sich 2015ff mehrmals eine blutige Nase geholt.
Wenn jemand sich aufbaut, die Klappe aufreisst und dann, wenn er damit nicht durch kommt, den Schwanz einzieht, dann ist das keine blutige Nase. Seehofer hätte Merkel 2015 stürzen können.
Da bin ich anderer Ansicht. 2015, als fast die gesamte veröffentlichte Meinung dieses Landes der Kanzlerin huldigte, hätte Seehofer Merkel nicht stürzen können, weil es bei der überwältigenden Mehrheit der damaligen GroKo nicht auf die CSU ankam, will heißen: CDU und SPD hätten auch allein weitermachen können.
Zitat von Llarian im Beitrag #22 Auch danach war mehrfach Gelegenheit und er hat immer gekniffen.
Anfang 2017 (Schulz-Hype und Merkel als scheinbare lame duck) bin ich mir da, aufgrund der geschilderten Mehrheitsverhältnisse in der letzten GroKo, auch nicht so sicher.
Nach der Absage der FDP an den Jamaika-Unfug hätte er hingegen alles in die Waagschale werfen können, frei nach dem Motto: Obergrenze oder Opposition. Dies nicht getan zu haben kann man Seehofer tatsächlich vorwerfen.
Zitat von R.A. im Beitrag #10Oha, da geht gerade etwas ab in Berlin.
Aber hallo:
Zitat In der Sitzung sei von mehreren Rednern betont worden, dass der Kanzlerin "vollstes Vertrauen" entgegengebracht werde, berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend.
Zitat von R.A. im Beitrag #10Oha, da geht gerade etwas ab in Berlin.
Aber hallo:
Zitat In der Sitzung sei von mehreren Rednern betont worden, dass der Kanzlerin "vollstes Vertrauen" entgegengebracht werde, berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend.
Man kann ja viel gegen Prantl sagen (und er schreibt inhaltlich auch ungefähr das, was zu erwarten ist), aber zumindest mein altbayerischer Landsmann Noricus wird mir zustimmen, dass diese Metapher sämtliche Großmütter, -Tanten, -Cousinen (twice removed) wert ist:
Zitat von Neues SüddeutschlandDer Ober sticht den Unter. So ist es im Kartenspiel, so ist es in der Politik. Normalerweise. (...) "Ich spiele einen" heißt der einschlägige Ruf beim Schafkopfen, der den "Wenz" ankündigt. Das ist eine Variante des Schafkopfens, bei dem der Ober seinen Status als Trumpf verliert - und bei dem die Unter der Trumpf sind. Schafkopf also in Berlin.
ein paar unsortierte Anmerkungen zu interessanten Details:
1. Mir ist nicht ganz klar, von wem (CSU oder CDU) die Eskalation überhaupt ausgeht. Vordergründig könnte man meinen es wäre die CSU. Aber dann bin ich über diesen Beitrag des (wie immer hervorragend informierten) Robin Alexander gestoßen: https://www.welt.de/politik/deutschland/...Eskalation.html Zitat: "Unionsfraktionschef Kauder wollte deshalb zunächst eine gemeinsame Sonderfraktionssitzung für den Donnerstag einberufen. Die CSU kündigte daraufhin an, wie üblich zuvor die Landesgruppe tagen zu lassen. Daraufhin ließ Kauder abstimmen, ob man sich dann als CDU nicht besser getrennt von den Christsozialen besprechen sollte." Wenn ich es richtig verstehe, ist die getrennte Vorab-Sitzung der CSU-Landesgruppe absolut üblich. Eine getrennte Sitzung der CDU (ohne CSU) gab es in der Geschichte der Unions-Fraktion aber noch nie. Soweit ich das sehe, hat hier also Kauder eskaliert und die Lunte an die gemeinsame Unions-Fraktion gelegt. Eigentlich unglaublich. Gerade seine Aufgabe hätte in dieser Lage doch eigentlich die De-Eskalation sein müssen.
2. Immer wieder überraschend ist die Brutalität Merkels im Umgang mit den eigenen Koalitionspartnern. Auch kleine - für den Partner aber überlebenswichtige - Zugeständnisse verweigert sie. Damit hat sie um ein Haar die FDP gekillt. Und jetzt ist die CSU dran. Ich habe mal vor langer Zeit eine F.J.Strauss-Biographie gelesen, in der dieser ansprach, wie wichtig Adenauer gewesen sei, dass die CSU auch ihre kleinen Siege feiern konnte. Ähnlich auch Kohl, der immer ein Auge darauf hatte, dass die FDP nicht zu kurz kam. Entsprechend regierten Kohl und (weitgehend) Adenauer über 4 Amtszeiten mit der gleichen Koalition. Auch alle anderen Kanzler vor Merkel hatten immer nur EINE Koalitions-Konstellation, die sie über ihre ganze Amtszeit beibehielten. Merkel hingegen braucht immer wieder neue Koalitions-Optionen weil sie die alten verbrannt hat. Und jetzt kann man sogar schon Spekulationen lesen, dass es zu einer aberwitzigen CDU-SPD-Grünen-Koalition (ohne CSU) kommen könnte. Schon beachtlich, wie sehr sich Merkels Taktik in diesem Punkt von allen ihren Vorgängern unterscheidet. (Wobei ihre Taktik nicht offensichtlich ungeschickt ist. Immerhin regiert sie jetzt schon seit 13 Jahren.
3. Ich fürchte, die CSU hat sich hier ungeschickt verhalten. Wenn sie sich durchsetzen will, dann ist das gegen die Kanzlerin nur schwer machbar. Gegen Kanzlerin und hinter dieser stehenden CDU aber unmöglich. Am Montag schien es ja noch so, dass auch viele CDU-Abgeordnete auf Seehofer-Kurs waren. Die CSU-Granden haben in der Folge aber ihr Blatt überreizt. Sie wollten nicht nur in der Sache gewinnen sondern auch noch Merkel demütigen. Es kamen da einfach zu viele kraftmeierische Wortmeldungen unter der Gürtellinie.
(Ein Beispiel aus Robin Alexaners Twitter-Feed: "Krass! Erfahrener CSU-MdB herrscht auf Fraktionsebene vor Journalisten CDU-MdB an: „Ihr spinnt doch. Der Merkel ist das dt Volk egal, der Merkel sind die Abgeordneten egal. Und ihr lasst Euch erzählen, sie sei die letzte Super-Europäerin“
Mit solchen Sprüchen hat die CSU aber überzogen. Was bleibt einem CDU-MdB da eigentlich anderes über, als sich mit Merkel zu soldiarisieren? Denn diese CSU-Versuche, Merkel zu demütigen wäre dann letztlich auch eine Demütigung für die CDU geworden - und da wollten die CDU-Abgeordneten dann wohl doch nicht mitmachen. Statt der erhofften Konstellation "Merkel contra Seehofer+Unionsfraktion" heißt es jetzt anscheindend nach der cleveren Intervention von Merkl: Merkel+CDU gegen Seehofer+CSU. Und das kann für die CSU böse enden. Die CSU hat keinen Hebel, wie sie Merkel aus dem Amt bekommen kann. Selbst wenn die CSU die Regierung verlässt: Merkel könnte weiter machen. Entweder als Minderheiten-Kanzlerin (die nicht durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden kann, weil es im Bundestag keine konstruktive Mehrheit gegen sie gibt). Oder indem sie ein Bündnis mit SPD und Grüne (oder - was den eigenen Leuten wahrscheinlich leichter zu verkaufen wäre - mit SPD und FDP) formt. Die CDU hat nämlich kein Interesse an einem Sturz Merkels zum jetzigen Zeitpunkt. Nicht nur, weil man sich schon aus reiner Selbstachtung von der CSU sicher nicht vorschreiben lassen will, wen die CDU als Kanzler stellt. Sondern auch, weil die Nachfolge ja völlig ungeklärt ist. Welcher CDU-Politiker stünde denn als Kanzler-Nachfolger überhaupt zur Verfügung und wäre in der jetzigen Situation vermittelbar? (Einen Spahn würde der CDU-Merkel-Flügel z.B. nie mittragen. Die üblichen Merkel-Vertrauten würde hingegen der konservative CDU-Flügel und auch die CSU nicht haben wollen).
Zitat Raheem Verifizierter Account @RaheemKassam Raheem hat Peter Rough retweetet This is true. I’ve heard from a number of German sources that Merkel’s position is untenable in the immediate future. She’ll be ousted to save her party and its coalitions. About time too.
Peter Rough @peterrough Folgen @peterrough folgen Mehr Peter Rough hat Tom Wright retweetet I am in Berlin and you can cut the tension with a knife. Merkel is on the brink at the moment. In fact, one foot is over the ledge and she is peering into the abyss. AfD may be merely in opposition, but their pressuring of CSU from the right may lead to end of her chancellorship.
Hoffen wir mal, daß der Abgrund zurückblickt.
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Zitat von R.A. im Beitrag #9Das hätten Seehofer und die CSU im letzten Herbst tun können. Haben sie aber nicht.
Wir haben das hier und jetzt. Nicht den letzten Herbst.
Es geht darum, was heute getan werden kann und da frage ich mich, wie ein besserer Vorschlag aussehen sollte, als das was gerade geschieht.
Warum Dinge im Herbst nicht geschehen sind, mag viele Gründe haben. Menschen machen Fehler, lernen daraus, oder eben auch nicht. Manche Menschen ändern Meinungen, manche nicht. Manche mögen in besonderen Situationen zu besonderem Verhalten fähig sein, manche nicht. Viele mögen fragen warum jetzt? Ich frage, wann sonst? Noch drei Jahre warten? Oder vielleicht eines? Ich weiß es nicht, wie es sich verhält in vorliegendem Fall. Versuchen das Positive zu sehen, habe ich gerade von dir aber immer wieder gelernt. Jetzt tue ich das eben einmal, vor allem weil ich eben nicht wüsste, wie es besser gehen sollte.
Lindner hat heute im Interview übrigens einen Vorschlag gemacht, der meines Erachtens die CDU/CSU retten könnte, bzw. Gesichtswahrung ermöglichen könnte, wenn sie nicht komplett im "Rottweiler Durchbeis" Modus gefangen sind: Einen fixen Zeitpunkt ankündigen, an dem der Seehofer Plan umgesetzt wird, in mehr als 2 Wochen von heute. Dann hat Merkel das EU treffen, die EU Nachbarn können sich darauf einstellen, und Seehofer hat sich doch durchgesetzt.
Merkel hat genug Machtinstinkt sich hier noch einmal herauszumanövrieren. Das mag sein. Sie macht allerdings Politik gegen etwa 2/3 der deutschen Bevölkerung, wenn die Umfragen stimmen, die ich heute sah. Das hält sie nicht durch auf Dauer und sie zerstört Vertrauen in den Parlamentarismus und beschädigt die CDU dauerhaft, je länger sie diesen politischen Todeskampf hinauszögert.
Zitat In der Sitzung sei von mehreren Rednern betont worden, dass der Kanzlerin "vollstes Vertrauen" entgegengebracht werde, berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend.
Zitat Mit solchen Sprüchen hat die CSU aber überzogen. Was bleibt einem CDU-MdB da eigentlich anderes über, als sich mit Merkel zu soldiarisieren? Denn diese CSU-Versuche, Merkel zu demütigen wäre dann letztlich auch eine Demütigung für die CDU geworden - und da wollten die CDU-Abgeordneten dann wohl doch nicht mitmachen. Statt der erhofften Konstellation "Merkel contra Seehofer+Unionsfraktion" heißt es jetzt anscheindend nach der cleveren Intervention von Merkl: Merkel+CDU gegen Seehofer+CSU.
Mag sein, aber sie kommen anscheinend durch damit. Dass sie Merkel die Zeit bis zum EU-Gipfel lassen müssen, war eh klar. Und da hat Seehofer eine gute Ausgangsposition (vorausgesetzt er spielt seinen Wenz nicht ohne zwei). Denn auf wen kommt es bei der europäischen Einigung primär mal an? Auf Österreich und Italien. Die Unterstützung von Kurz hat er demonstrativ rausposaunt, während Merkel und die CDU sich von dieser komischen Islambeauftragten da zuquasseln haben lassen. So nach dem Motto "Ick bün all hier".
Ich glaube ja im Gegensatz zu den meisten Kommentatoren im patriotischen Spektrum nicht, dass es Merkel nur drum geht, auf Teufel komm raus Deutschland mit neuen kulturfremden Subjekten zu fluten, sondern dass sie nach wie vor noch von einer europäischen Lösung träumt. Bringt Seehofer nun Kurz und die Italiener vorab auf seine Seite, hat er seine Lösung und Merkel steht nach dem Gipfel auch nicht besser da als vorher. Dann kann sie wahrscheinlich ihre Kanzlerschaft für den Augenblick retten, aber Seehofer gibt in der Migrationsfrage den Ton an.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #32Man kann ja viel gegen Prantl sagen (und er schreibt inhaltlich auch ungefähr das, was zu erwarten ist), aber zumindest mein altbayerischer Landsmann Noricus wird mir zustimmen, dass diese Metapher sämtliche Großmütter, -Tanten, -Cousinen (twice removed) wert ist:
Zitat von Neues SüddeutschlandDer Ober sticht den Unter. So ist es im Kartenspiel, so ist es in der Politik. Normalerweise. (...) "Ich spiele einen" heißt der einschlägige Ruf beim Schafkopfen, der den "Wenz" ankündigt. Das ist eine Variante des Schafkopfens, bei dem der Ober seinen Status als Trumpf verliert - und bei dem die Unter der Trumpf sind. Schafkopf also in Berlin.
Das Bild ist nicht schlecht gewählt, überhaupt ist der Artikel mit erstaunlich wenig Furor geschrieben.
Das Problem beim Wenz ist, dass man diesen mit nur einem Unter in aller Regel nicht gewinnt. Das kann lediglich funktionieren, wenn die anderen drei Unter auf die drei Gegenspieler verteilt sind und der Spieler mit Assen gut bestückt ist (Letzteres sollte beim Wenz ohnehin gegeben sein, zu viele Spatzen [Karten ohne Augenwert] machen für gegnerische Stiche anfällig).
So wie ich Seehofer kenne, wird er seinen Wenz im Falle einer Niederlage in einen Ramsch (wer die wenigsten Augen macht, hat gewonnen) umdeuten.
Zitat accent circonflexe (chapeau) auf dem i in soit.
Ah, ich hätte schwören können, dass da einer steht. Aber wenn man den subjonctif so beharrlich verweigert wie ich, kann man darin auch nicht viel Übung haben.
Zitat Das Problem beim Wenz ist, dass man diesen mit nur einem Unter in aller Regel nicht gewinnt. Das kann lediglich funktionieren, wenn die anderen drei Unter auf die drei Gegenspieler verteilt sind und der Spieler mit Assen gut bestückt ist (Letzteres sollte beim Wenz ohnehin gegeben sein, zu viele Spatzen [Karten ohne Augenwert] machen für gegnerische Stiche anfällig).
Das Bild ist überhaupt noch viel genialer, je mehr man drüber nachdenkt.
Am meisten Spaß machen ja die Hasardwenze mit dem alten Wenz (in unserem Fall der Horst) und einer langen Farbe (die CSU-Abgeordneten). Funktioniert so: Wenz ziehen und die Ohren spitzen. Wenn man keine Spritze hört, sind die anderen Unter verteilt, dann stechen die anderen nimmer. Und ich find nicht, dass eine Spritze (Horst entlassen) erfolgt ist.
Andererseits, was auch ein häufiger Fehler beim Wenz ist? Dass man die Ober, die kein Trumpf mehr sind und in die Farbe eingereiht werden, vergisst mitzuzählen und sie am Schluss stehenbleiben und doch stechen.
Zitat zu viele Spatzen [Karten ohne Augenwert] machen für gegnerische Stiche anfällig
Hier ist die Frage, ob Prantl als sozialisierter Münchner schreibt oder als gebürtiger Oberpfälzer. Die spielen nämlich - genau wie die Franken - ohne 7er und 8er, da gibts überhaupt nur einen Spatzen pro Farbe.
Zitat von Florian im Beitrag #33Soweit ich das sehe, hat hier also Kauder eskaliert und die Lunte an die gemeinsame Unions-Fraktion gelegt.
Faktisch vielleicht schon, aber gewollt war das m. E. nicht. Es ging ihm wahrscheinlich nur darum, die schwankenden CDU-Reihen etwas zu stabilisieren, bevor die CSU dazu stößt. Und rein vom Ablauf her schien das wahrscheinlich eine ganz harmlose und naheliegende Idee zu sein: Da sich die CSU ohnehin zuerst intern trifft, kann sich ja auch die CDU parallel intern treffen und dann macht man gemeinsam weiter. Er konnte sich wohl nicht vorstellen, wie dieses Signal draußen gewertet würde.
Zitat Immer wieder überraschend ist die Brutalität Merkels im Umgang mit den eigenen Koalitionspartnern.
Das liegt wohl schlicht daran, daß sie zu wenig eigene Statur hat. Adenauer, Brandt, Schmidt, Kohl hatten ihre eigenen Inhalte, Themen, Schwerpunkte. Sie konnten den Partnern ihre Spielfelder überlassen. Merkel hat inhaltlich nichts Eigenes. Wenn andere leuchten dürfen, bleibt sie im Dunkeln.
Zitat Wobei ihre Taktik nicht offensichtlich ungeschickt ist. Immerhin regiert sie jetzt schon seit 13 Jahren.
Das ist wohl ein historischer Zufall, der für sie glücklich gewirkt hat. Die Parteienlandschaft zersplittert (auch in anderen Ländern, das ist nicht primär ein Merkel-Effekt), und da gibt es dann eine Fülle von Koalitionsoptionen, die ein Brandt nicht hatte.
Zitat Die CSU-Granden haben in der Folge aber ihr Blatt überreizt.
Das liegt wohl einerseits an der fortdauernden Rivalität der Granden untereinander. Söder und Dobrindt sind nur auf die Landtagswahl fokussiert und setzen auf volle Eskalation. Ein Koalitionsbruch in Berlin würde ihnen vor Ort sogar nutzen. Sie lassen Seehofer daher keine Rückzugs- und Kompromißmöglichkeit. Und der weiß: Wenn er zurückweicht, ist er der Sündenbock für das Landtagswahlergebnis. Und andererseits haben wohl alle die Eigendynamik innerhalb der CSU-Abgeordneten unterschätzt. Die haben sich jahrelang darüber geärgert, wie Merkel sie hat auflaufen lassen. Und jetzt lassen sie die Sau raus.
Zitat Was bleibt einem CDU-MdB da eigentlich anderes über, als sich mit Merkel zu soldiarisieren?
Absolut richtig. Ich wette, daß Merkel in der CDU-Fraktion eigentlich keine Mehrheit mehr hat. Aber die große CDU ist nicht bereit, sich ihren Vorsitzendenwechsel aus Bayern vorschreiben zu lassen. Diverse Äußerungen aus der CDU gestern abend waren da recht deutlich.
Zitat Selbst wenn die CSU die Regierung verlässt: Merkel könnte weiter machen.
Daran glaube ich nicht. Eine Auswechslung der Schwesterpartei gegen die Grünen wäre in der CDU nicht durchsetzbar. Es gibt auch zu viele CDU-Abgeordnete die um ihr Mandat fürchten müßten, falls die Unionsparteien sich trennen und die CSU dann bundesweit antritt.
Im Zweifelsfall heißt vielleicht der Deal, daß sowohl Merkel als auch Seehofer ins Gras beißen müssen und dann CDU/CSU auf einer Basis weitermachen, die beim Asylthema dicht an der CSU-Linie liegt - aber ihr nicht ganz folgt.
Zitat Sondern auch, weil die Nachfolge ja völlig ungeklärt ist.
Wir können sicher sein, daß alle Nachfolgeoptionen derzeit hinter den Kulissen diskutiert werden. Und da finden sich immer welche.
Zitat Das liegt wohl einerseits an der fortdauernden Rivalität der Granden untereinander. Söder und Dobrindt sind nur auf die Landtagswahl fokussiert und setzen auf volle Eskalation. Ein Koalitionsbruch in Berlin würde ihnen vor Ort sogar nutzen.
Dobrindt würde es am meisten nutzen. Dobrindt will Parteivorsitzender werden, und er hat gute Chancen. 1. Es ist nicht vermittelbar, beide Ämter in die Hand eines Franken zu geben. Dobrindt ist der natürliche Kandidat, denn:
2. Dobrindt ist zwar als Verkehrsminister an die Wand gefahren, aber er ist ein unglaublidh talentierter Parteistratege (die absolute Mehrheit 2013 ist weniger Seehofer als Dobrindts Wahlkampf als Generalsekretär zu verdanken). Da er nicht dumm ist und daraus gelernt hat, hat er sich für das notorisch unterschätzte Amt des CSU-Landesgruppenvorsitzenden entschieden.
3. Söder ist auf dem Zenit seiner Macht angekommen, für ihn geht es nur darum, sich über die Landtagswahl zu retten und seine Macht in Bayern zu stabilisieren. Dobrindt dagegen wäre mit seinen Fähigkeiten als Organisator, sollte es zum Undenkbaren kommen, der Mann, der eine bundesweite CSU aufbauen könnte.
Zitat Selbst wenn die CSU die Regierung verlässt: Merkel könnte weiter machen.
Daran glaube ich nicht. Eine Auswechslung der Schwesterpartei gegen die Grünen wäre in der CDU nicht durchsetzbar. Es gibt auch zu viele CDU-Abgeordnete die um ihr Mandat fürchten müßten, falls die Unionsparteien sich trennen und die CSU dann bundesweit antritt.
Im Zweifelsfall heißt vielleicht der Deal, daß sowohl Merkel als auch Seehofer ins Gras beißen müssen und dann CDU/CSU auf einer Basis weitermachen, die beim Asylthema dicht an der CSU-Linie liegt - aber ihr nicht ganz folgt.
Da haben Sie eine Seite zuvor noch exakt das Gegenteil behauptet: Merkel bräuchte allein den Rückhalt der Union um sich an der Macht zu halten.
Zitat zu viele Spatzen [Karten ohne Augenwert] machen für gegnerische Stiche anfällig
Hier ist die Frage, ob Prantl als sozialisierter Münchner schreibt oder als gebürtiger Oberpfälzer. Die spielen nämlich - genau wie die Franken - ohne 7er und 8er, da gibts überhaupt nur einen Spatzen pro Farbe.
Gruß Petz
So oder so verwende ich den Begriff anders. "Spatzn" sind für mich alle Nichtrümpfe außer den Säuen (und evtl. der Spiel-Farbe). Bei einem Spiel auf die Alte wäre für mich auch die Gras-Zehn ein Spatz.
Zitat Llarian: Halte ich gegen, lieber HR2. Können die. Das Spiel läuft ja nicht erst seit gestern, seit 2015 ruft die CSU Zeter und Mordio, von anhaltendem Rechtsbruch und Verfassungsklagen. Passiert ist nix.
Und selbst für den absoluten Fall der Fälle, dass die CSU wirklich das Tuch zerschneidet, ist das immer noch nicht das direkte Ende von Merkel. Die grünen Hilfstruppen stehen Gewehr bei Fuß. Wenn die CSU ernsthaft Männchen macht, dann wird das Merkels Ende in drei Jahren fest zementieren. Aber kurzfristig ist da noch viel Schaden, den sie anrichten kann und wird. Das Ende von Merkel findet entweder bei den nächsten Wahlen oder aus der CDU heraus statt. Nicht aus Bayern.
Die Wette würde ich eingehen und lehne mich mal weit aus dem Fenster, lieber Llarian.
Wenn die CSU standhaft bleibt, und das wird sie, beginnt ab Montag die Demontage Merkels. Eine Koalition mit den Grünen ist der CDU nicht vermittelbar, zumal diese eben nicht inhaltlich geschlossen hinter Merkel steht. Die FDP wird einen Teufel tun, Merkel an der Macht zu halten. Die SPD ist ohnehin nur mit Bauchschmerzen in die Koalition eingetreten. Nur ein Nachgeben Merkels könnte ihre Kanzlerschaft retten.
Zitat von Florian im Beitrag #33Soweit ich das sehe, hat hier also Kauder eskaliert und die Lunte an die gemeinsame Unions-Fraktion gelegt.
Faktisch vielleicht schon, aber gewollt war das m. E. nicht. Es ging ihm wahrscheinlich nur darum, die schwankenden CDU-Reihen etwas zu stabilisieren, bevor die CSU dazu stößt. Und rein vom Ablauf her schien das wahrscheinlich eine ganz harmlose und naheliegende Idee zu sein: Da sich die CSU ohnehin zuerst intern trifft, kann sich ja auch die CDU parallel intern treffen und dann macht man gemeinsam weiter. Er konnte sich wohl nicht vorstellen, wie dieses Signal draußen gewertet würde.
es trifft sich vorab ja offiziell eigentlich nicht "die CSU". Sondern die bayerische Landesgruppe der Unions-Fraktion. Vermutlich gibt es auch andere Unions-Landesgruppen, die sich regelmäßig treffen. Vielleicht auch regelmäßig vor den Unions-Fraktionssitzungen. In soweit ist es halt schon was anderes, wenn sich die CDU-Abgeordneten insgesamt zu einer Fraktionssitzung unter Ausschluss der CSU treffen (unter Leitung des CDU/CSU-Fraktionsvorstzenden) als wenn die Unions-Abgeordneten aus Bayern ein Treffen veranstalten.
Aber wie dem auch sei: Es gab nunmal ein Treffen der Unions-Fraktion unter Ausschluss der CSU seit 1949 bisher halt noch nie. Wenn man das dann erstmals macht, dann sollte einem alten Hasen wie Kauder klar sein, wie das wirkt. In der Welt habe ich zudem gelesen, dass Spahn sogar einen ausdrücklichen Antrag stellte, die CSU zuzulassen - und er mit diesem Antrag scheiterte. Es wurde also ausdrücklich darüber diskutiert und es muss Kauder spätestens nach dieser Diskussion absolut klar gewesen sein, wie dieses Signal ankommt.
Zitat von HR2 im Beitrag #43Da haben Sie eine Seite zuvor noch exakt das Gegenteil behauptet: Merkel bräuchte allein den Rückhalt der Union um sich an der Macht zu halten.
Das war ein anderer Kontext! Es ging darum, daß die CSU nicht über den CDU-Vorsitz bestimmen kann. Wenn die CSU zu viel Druck auf die CDU macht, erzeugt das Trotzreaktionen und stärkt Merkel. Das heißt aber noch nicht, daß die CDU-Abgeordneten bereit wären, einen endgültigen Bruch mit der CSU und einen Ersatz durch die Grünen zu akzeptieren.
Zitat Wenn die CSU standhaft bleibt, und das wird sie, beginnt ab Montag die Demontage Merkels.
Bis Montag ist noch viel Zeit. Seit gestern abend glühen bei allen halbwegs wichtigen Unionspolitikern die Telephondrähte (wie wäre da eigentlich das moderne Äquivalent zu dieser Redewendung?) und das werden sie auch das ganze Wochenende tun. Es gibt m. E. keine relevanten Kräfte in beiden Unionsparteien, die aktuell wirklich eine Spaltung oder ein Koalitionsende wollen. Und in der Abwägung der Prioritäten stehen ebenfalls in beiden Parteien die weitere Amtsdauer der jeweiligen Parteivorsitzenden gar nicht so weit oben - schließlich ist bei beiden das Verfallsdatum ohnehin schon sichtbar.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #35Lindner hat heute im Interview übrigens einen Vorschlag gemacht, der meines Erachtens die CDU/CSU retten könnte, bzw. Gesichtswahrung ermöglichen könnte, wenn sie nicht komplett im "Rottweiler Durchbeis" Modus gefangen sind: Einen fixen Zeitpunkt ankündigen, an dem der Seehofer Plan umgesetzt wird, in mehr als 2 Wochen von heute. Dann hat Merkel das EU treffen, die EU Nachbarn können sich darauf einstellen, und Seehofer hat sich doch durchgesetzt.
Das ist doch im wesentlich einer von zwei Kompromißvorschlägen, die heute von der CSU gekommen sind. Merkel hat abgelehnt.
Zitat von Florian im Beitrag #46In der Welt habe ich zudem gelesen, dass Spahn sogar einen ausdrücklichen Antrag stellte, die CSU zuzulassen - und er mit diesem Antrag scheiterte. Es wurde also ausdrücklich darüber diskutiert und es muss Kauder spätestens nach dieser Diskussion absolut klar gewesen sein, wie dieses Signal ankommt.
Der Spahn-Antrag war aber später als Kauders Entscheidung, die CDU-Abgeordneten zusammenzurufen. Und gegen Spahn's Herausforderung mußte Kauder gegenhalten. So entwickeln die Dinge halt oft ihre Eigendynamik.
Kauder war sich bestimmt bewußt, daß das eine ungewöhnliche Maßnahme war. Aber die Situation war ja auch ungewöhnlich. Trotzdem ging es ihm wohl in erster Linie darum, die Reihen der CDU zu stabilisieren. Und nicht den Konflikt bewußt zu eskalieren.
Insgesamt sehe ich hier nirgendwo einen Mastermind mit ausgeklügelter Strategie. Sondern einen Haufen Akteure mit sehr verschiedener Motivation und jeweils aus der Situation entstandenen Entscheidungen. Die sind m. E. alle überrascht über die Entwicklung und konnten sich bei keiner Einzelentscheidung vorher ausmalen, wohin das führen würde.
Einen Moment lang dachte ich, ich hätte bei meinen letzten Beiträgen deutlich daneben gelegen. Die Schlagzeile von n-tv lautete: "Breaking News: Seehofer kündigt Fraktionsgemeinschaft der Union auf".
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