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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 207 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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lois jane Offline



Beiträge: 662

03.05.2011 18:26
#51 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von Gorgasal
"Wird angesehen" würde ich hier nicht schreiben. Das ist ein schwerer Eingriff in die Souveränität eines Staates. Man stelle sich vor, Navy SEALS hätten die Hamburger Zelle ohne vorherige Rücksprache mit den deutschen Stellen hochgenommen.


So eindeutig ist das nicht.
Die Souveränität bringt Rechte und Pflichten mit sich. Ein Staat hat das Recht, auf seinem Gebiet das Gewaltmonopol auszuüben (und damit sind Kommandoeinsätze fremder Staaten erst einmal unzulässig) - aber er hat auch die Pflicht, auf diesem Gebiet für Ruhe und Ordnung zu sorgen und insbesondere Übergriffe auf die Rechte anderer Staaten zu verhindern.

Deswegen war z. B. Israels Vorgehen im Südlibanon zulässig, weil sich der libanesische Staat nachhaltig unfähig zeigte, die Angriffe der Hisbollah gegen Israel zu unterbinden. Entebbe gehörte auch in diese Kategorie.

Das Nichtvorgehen Pakistans gegen Bin Laden und teilweise auch die Taliban geht in eine ähnliche Richtung, die Souveränitätsrechte würde ich da durchaus in der Grauzone sehen ...




Das verdreht aber doch die Tatsachen. Die US-Streitkräfte haben ja nicht eingegriffen, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen - von Unruhen in der Garnisonsstadt habe ich noch nichts gehört - oder um sich zu verteidigen - auch nicht von Angriffen aus der Garnisonstadt auf US-Gebiet habe ich nichts gehört - sondern um Bin Laden zu ergreifen bzw. zu töten.

Ein Parallelfall wäre die Entführung Eichmanns aus Argentinien, nicht irgendein vorgehen im Südlibanon.

Wir sollten doch nicht Wahrheit und Klarheit aus Sympathiegründen opfern!!!

Kein Kommentar!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.05.2011 19:32
#52 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat von lois jane
Ein Parallelfall wäre die Entführung Eichmanns aus Argentinien, nicht irgendein vorgehen im Südlibanon.

So ist es. Und auch das war gerechtfertigt.

Ntürlich haben die USA mit dieser Aktion die Souveränität Pakistans verletzt. Eine petitesse im Vergleich damit, daß Pakistan seit Jahrzehnten zwar offiziell die Kaida und die Taliban bekämpft, einflußreiche pakistanische Kreise sie aber unterstützen. Haben Sie in dem Artikel von Harsh V. Pant die Information gelesen, daß der pakistanische Geheimdienst ISI sogar Vertreter in der Quetta Shura hat, dem Kriegsrat der Taliban?

Angesichts des pakistanischen Doppelspiels hatten die USA überhaupt keine Wahl, als die Aktion ohne Kenntnis pakistanischer Dienste und Behörden durchzuführen.

Natürlich ist man in Pakistan jetzt wütend. Aber was spricht denn aus unserer westlichen Sicht dagegen, die Souveränität dieses Landes zu verletzen?

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

03.05.2011 20:06
#53 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat von Zettel
Aber was spricht denn aus unserer westlichen Sicht dagegen, die Souveränität dieses Landes zu verletzen?


All das, was auch dagegen spricht, auf eine vergleichbare Art und Weise die Souveränität Frankreichs, Deutschlands oder der USA zu verletzen. Ob (oder dass) das in diesem Falle gerechtfertigt ist, entwertet diese Argumente keineswegs. Die offenkundige Parallele ist ja: "Was spricht aus unserer westlichen Sicht dagegen, die Grundrechte dieses Straftäters zu verletzen?"

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.05.2011 20:34
#54 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
Aber was spricht denn aus unserer westlichen Sicht dagegen, die Souveränität dieses Landes zu verletzen?


All das, was auch dagegen spricht, auf eine vergleichbare Art und Weise die Souveränität Frankreichs, Deutschlands oder der USA zu verletzen. Ob (oder dass) das in diesem Falle gerechtfertigt ist, entwertet diese Argumente keineswegs. Die offenkundige Parallele ist ja: "Was spricht aus unserer westlichen Sicht dagegen, die Grundrechte dieses Straftäters zu verletzen?"


Danke, lieber Gorgasal, daß Sie auf meine Provokation eingegangen sind.

Ich sehe diese Parallele überhaupt nicht. Die Grundrechte sind in der Bundesrepublik Deutschland durch das Grundgesetz garantiert, das unmittelbar geltendes Recht ist. Es gibt aber kein internationales Grundgesetz, das in derselben Weise die Souveränität eines Staats garantieren würde.

Erstens, weil es überhaupt kein Gesetzbuch gibt, in dem das Völkerrecht so niedergelegt ist wie bei uns die geltenden Gesetze in den einschlägigen Gesetzbüchern. Das, was man Völkerrecht nennt, ist ein Wust von Verträgen, Konventionen, Beschlüssen usw. Mal bindend, mal weniger bindend. Jeder kann eine Konvention verlassen, der er einmal beigetreten ist. Niemand ist verpflichtet, sich an "Völkerrecht" zu halten. Wer sollte ihn den anklagen, wer ihn verurteilen, wenn er es nicht tut? Es gibt jetzt Ansätze zu so etwas, aber mangels einer Weltregierung mit einer Weltpolizei (wollen wir die denn?) halte ich das für einigermaßen putzig.

Zweitens, weil meines Wissens "Souveränität" überhaupt kein Bestandteil dieses Völkerrechts ist. Ein Staat ist souverän, wenn er bestimmte Merkmale hat - ein Territorium, über das eine Regierung Kontrolle hat. Das ist es schon so ungefähr. Deutschland war bis 1989 nicht souverän, weil aufgrund der Alliierten Vorbehaltsrechte die Regierung keine volle Kontrolle hatte; beispielsweise nicht, was Angelegenheiten der stationierten Truppen anderer Mächte anging.

Die Pakistanís protestieren zu Recht; aber nicht in einem völkerrechtlichen Sinn mit Recht. Die USA haben sie geärgert. Jetzt können sich sich überlegen, ob sie ihrerseits die USA ärgern, oder ob sie ein Auge zudrücken und zu business as usual übergehen.

Herzlich, Zettel

Juno Offline



Beiträge: 332

03.05.2011 22:01
#55 RE: The purloined letter approach Antworten

Zitat
Verstecken, indem man nicht versteckt - das nennt man manchmal im Englischen "The purloined letter approach"; und das hat Osama Bin Laden offenbar gemacht.


Eine sehr charmante, aber aus meiner Sicht doch allzu charmante Theorie.

Ein frei handelnder Bin Laden, der Deckung sucht, kann und will sich schließlich nicht einfach in ein stummes Blatt Papier verwandeln. Er muss zumindest kommunizieren können und braucht ein Minimum an Wachschutz, ein gewisses Kommen und Gehen ist unvermeidbar. Ein Standort mitten in einer hochgesicherten Militärstadt ist da doch sehr riskant.

Das Ganze mag noch funktionieren, wenn es sich um eine Wohnung in einem anonymen Hochhausgebiet o.ä. handelt (vgl. die deutsche RAF).
Aber einfach mal so ein opulentes Hochsicherheits-Anwesen direkt neben der wichtigsten Militärakademie anmieten??

Bin Laden könnte ein Jahrtausendgenie des Untergrunds gewesen sein. Viel plausibler ist aber Folgendes:

1. Pakistanische Sicherheitskräfte haben "ihren Mann" an einer Stelle geparkt, wo ihn
a) - in der Tat - kein Normalsterblicher vermutet hätte und wo er
b) von amerikanischen Greiftrupps eigentlich nicht zu fassen sein konnte.
In Punkt b) hat man sich dann doch verschätzt, wie sich zeigt.

2. Dieses Versteck ist dermaßen kompromittierend und peinlich für Pakistan, dass sich wohl auch alle Spekulationen über einen Kuhhandel mit den Amerikanern erübrigen. Hätten die Pakistaner Bin Laden als Teil eines wie auch immer gearteten politischen Deals "ans Messer liefern" wollen, dann hätte man dafür wohl einen anderen Ort arrangiert.

Leider ist die Sache nicht nur ein Detektivspielchen. Denn das Fazit heißt:

Hochrangige Teile der Sicherheitsbehörden eines islamischen failing state, der Atomwaffen besitzt, arbeiten mit al Kaida & Co. zusammen.

Erschütternd.

243-OFS Offline



Beiträge: 3

03.05.2011 22:15
#56 RE: Hintergründe des Zugriffs Antworten

Zitat von lois jane

Zitat von 243-OFS
Bei genauer Betrachtung von Obamas Rede erkenne ich an der Stelle

Zitat
"After a firefight, they killed Osama bin Laden..."


erstens eine klare zeitliche Trennung von Feuergefecht und Tod Osamas durch das Wörtchen "after", und zweitens eine bewusste, aktive Ausführung durch "they" ("A small team of Americans", die Einsatztruppe) und kein versehentlicher, passiver Tod bin Ladens im Feuergefecht. Deshalb kommt eine gezielte Exekution Osamas vor Ort in meinen Augen durchaus in Betracht.


Das ist eine mögliche Lesart, aber nicht die einzige. Die Tötung kann eben auch den Abschluss des Gefechts bilden. Und das paßt eigentlich noch viel mehr zur Aussage "er weigerte, sich zu ergeben" - wenn er sich weigert, dann wehrt er sich ja wohl noch. Ein Szenario, bei dem US-Soldaten OBL unter Kontrolle haben und ihn auffordern sich zu ergeben, wäre ja etwas absurd.




Das Weiße Haus hat heute in Person von Pressesprecher Jay Carney folgendes verlauten lassen: "Bin Laden was then shot and killed. He was not armed." (Eine Niederschrift seiner Stellungname findet sich hier: http://thelede.blogs.nytimes.com/2011/05...en/#more-104031). Es fand zu diesem Zeitpunkt also kein Feuergefecht mehr statt, der Abschluss desselben muss bereits erfolgt sein und bin Laden wurde bewusst getötet. Wann die Aufforderung sich zu ergeben an bin Laden gestellt wurde, geht hieraus leider ebenso wenig hervor wie aus bisherigen Schilderungen. Dies ist in meinen Augen aber auch nebensächlich, da bin Laden wohl relativ früh begriffen haben dürfte, dass seine Siegchancen denkbar schlecht stehen bei der geringen Anzahl an Wächtern innerhalb des Gebäudes.

Zitat von lois jane

Zitat
Keine Frage, daß das höchst unangenehm geworden wäre.

Erstens wegen dieser Auslieferungsfrage. Zweitens stelle man sich dann einen Prozeß in den USA vor: Riesige Sicherheitsprobleme und ein Osama Bin Laden, der entweder den Prozeß zur Propaganda genutzt hätte oder den man à la Stammheim hätte behandeln müssen; mit entsprechendem Propagandaerfolg für die Kaida in beiden Fällen.



Das ist der Preis der Gerechtigkeit. Mag ja sein, daß das Ergebnis das gleiche ist - ein (Massen-)Mörder ist getötet - aber Gerechtigkeit ist es im engeren Sinne nicht.



Was ist denn Gerechtigkeit im engeren Sinne? Bei der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich zu Gerechtigkeit u.a. folgendes:

Zitat
"Gerechtigkeit
Allg.: G. bezeichnet das Verhalten eines Menschen oder eine soziale Gegebenheit, die subjektiv als (ge-)recht beurteilt wird."


Besonderes Augenmerk sei hier auf das Wort subjektiv gelegt. In unserem Fall scheint die Ermordung von bin Laden für die Opfer von 9/11, wie für die Amerikaner im Allgemeinen, als ausgleichende Gerechtigkeit durchaus rechtmäßig zu sein. Wir hierzulande, in weitaus geringerem Maße von bin Ladens Machenschaften betroffen und dadurch mit einem kleineren Bedürfnis nach ausgleichender Gerechtigkeit versehen, mögen dagegen einen Konflikt zwischen unseren Werten und dem Verfahren mit bin Laden erkennen, was einen Mangel an austeilender Gerechtigkeit darstellt. Das Ganze läuft also auf eine unterschiedliche Gewichtung des Wunsches nach ausgleichender und des nach austeilender Gerechtigkeit hinaus, die anhand von subjektiven Beurteilungen vollzogen wird. Hier vom engeren Sinne der Gerechtigkeit zu sprechen greift dieser subjektiven Gewichtung in meinen Augen vorweg.

H_W Offline



Beiträge: 456

03.05.2011 22:27
#57 Dazu kommt noch Antworten

Kaum jemand wird Pakistan beschuldigen, ein Rechtsstaat in unserem Sinne zu sein.

Die Staatsgewalt dort wird also eher noch neugieriger sein als die hier bei uns.

Das relativ aufwendige Anwesen, dabei aber nur minimalste Interaktion mit der Außenwelt, das muß doch auffallen. Hätten die Behörden nicht Bescheid gewußt, hätten sie sicher gedacht, daß da eine Konspiration gegen den Staat liefe.
Vielleicht war das anfänglich auch so, spätestens bei einer geplanten Überprüfung des Anwesens hätte man aber den Behörden einen Wink gegeben, weshalb sich die Hausbewohner so seltsam verhalten.

Ich denke daher auch, daß zumindest weit oben im pakistanischen Behördenapparat sehr wohl bekannt war, wer da wohnte.

Gruß, H_W

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.05.2011 23:03
#58 RE: Hintergründe des Zugriffs Antworten

Zitat von 243-OFS
Das Weiße Haus hat heute in Person von Pressesprecher Jay Carney folgendes verlauten lassen: "Bin Laden was then shot and killed. He was not armed." (Eine Niederschrift seiner Stellungname findet sich hier: http://thelede.blogs.nytimes.com/2011/05...en/#more-104031). Es fand zu diesem Zeitpunkt also kein Feuergefecht mehr statt, der Abschluss desselben muss bereits erfolgt sein und bin Laden wurde bewusst getötet. Wann die Aufforderung sich zu ergeben an bin Laden gestellt wurde, geht hieraus leider ebenso wenig hervor wie aus bisherigen Schilderungen. Dies ist in meinen Augen aber auch nebensächlich, da bin Laden wohl relativ früh begriffen haben dürfte, dass seine Siegchancen denkbar schlecht stehen bei der geringen Anzahl an Wächtern innerhalb des Gebäudes.

Aus meiner Sicht, lieber O (wenn ich Sie der Einfachheit halber so nennen darf; ich fürchte, den Nick kann ich mir nicht merken ), täte Obama gut daran, mit offenen Karten zu spielen und am besten den Befehl zu veröffentlichen, den er am vergangenen Freitag unterzeichnet hat.

Die Kaida hat den USA den Krieg erklärt, und eine Kommandoaktion innerhalb dieses Kriegs galt dem Oberbefehlshaber, jedenfalls einem hochrangigen Kommandeur, des Feindes. Darin ist nichts, aber auch absolut nichts Verwerfliches.

Allenfalls wäre zu prüfen, ob Osama Bin Laden sich eindeutig erkennbar ergeben wollte, also zB die Hände gehoben hat. Dann hätte man ihn nach dem Kriegsrecht nicht töten dürfen, sondern gefangennehmen müssen.



Wenn ich mir die heutigen Nachrichtensendungen in Deutschland ansehe, dann habe ich den Eindruck, daß von einem ganz anderen Vorgang berichtet wird: Ein unbewaffneter Zivilist wurde von Soldaten überfallen und ermordet. Und nun hebt ein Nachdenken und Mahnen darüber an. War das denn ethisch erlaubt? Durfte die Kanzlerin gar sagen, daß sie sich über diesen Erfolg gefreut hat?

Ich schreibe ja nicht mehr über deutsche Politik, jedenfalls vorläufig nicht mehr, weil ich mit diesem Land nicht mehr zurechtkomme. Diese absurde Reaktion auf einen Erfolg unseres Verbündeten in einem vom Gegner erbarmungslos geführten Krieg ist das jüngste Beispiel dafür, wie dieses Land aus dem Ruder läuft. Ils sont fous, les Allemands.

Zitat von 243-OFS
In unserem Fall scheint die Ermordung von bin Laden für die Opfer von 9/11, wie für die Amerikaner im Allgemeinen, als ausgleichende Gerechtigkeit durchaus rechtmäßig zu sein. Wir hierzulande, in weitaus geringerem Maße von bin Ladens Machenschaften betroffen und dadurch mit einem kleineren Bedürfnis nach ausgleichender Gerechtigkeit versehen, mögen dagegen einen Konflikt zwischen unseren Werten und dem Verfahren mit bin Laden erkennen, was einen Mangel an austeilender Gerechtigkeit darstellt. Das Ganze läuft also auf eine unterschiedliche Gewichtung des Wunsches nach ausgleichender und des nach austeilender Gerechtigkeit hinaus, die anhand von subjektiven Beurteilungen vollzogen wird. Hier vom engeren Sinne der Gerechtigkeit zu sprechen greift dieser subjektiven Gewichtung in meinen Augen vorweg.

Es kann gut sein, daß dieser Gesichtspunkt der Gerechtigkeit bei der emotionalen Reaktion vieler Amerikaner im Vordergrund steht; wohl auch derjenige der Rache.

Verständlich, aber aus meiner Sicht unerheblich. Entscheidend ist der Erfolg in diesem asymmetrischen Krieg.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

03.05.2011 23:04
#59 RE: Hintergründe des Zugriffs Antworten

Zitat von 243-OFS
In unserem Fall scheint die Ermordung von bin Laden für die Opfer von 9/11, wie für die Amerikaner im Allgemeinen, als ausgleichende Gerechtigkeit durchaus rechtmäßig zu sein.


Ich höre immer Ermordung. Wo ist eigentlich auch nur der Funken eines Beweises es handele sich um eine Ermordung ? Ein Mord ist eine widerrechtliche Tötung bei der Mordmerkmale vorliegen. Zweiteres dürfte klar nicht erfüllt sein, erstes ist es auch nicht.

Zum ersteren hat sich Bin Laden im Krieg gesehen. Und die USA sieht sich im Krieg mit der Kaida. Somit ist das gegenseitige Töten von Kombatanten nicht illegal, weder im Völkerrechte noch im Staatsrecht. Dabei ist es auch vollkommen unerheblich ob der Betroffene unbewaffnet ist oder nicht. Kein Bomberpilot und auch kein Scharfschütze kontrolliert ob der Gegner bewaffnet ist. Es ist auch unwichtig. Man könnte (!) argumentieren, hier wäre jemand getötet worden, der sich ergeben hatte. Dafür gibt es aber nicht einmal den Ansatz eines Beleges. Erschwerend dürfte hinzu kommen das Bin Laden wohl keine Uniform getragen haben dürfte, sich aber dennoch als Kombatant sah. Das macht ihn wohl zu einem Spion und damit ohnehin zu einem Kandidaten für standrechtliches Erschiessen. Ganz ohne jedes Verfahren.

Mordmerkmale nachzuweisen dürfte noch absurder werden. Niedere Beweggründe ? Als da wären Mordlust, Geschlechtstrieb, Habgier oder sonstige niedere Gründe. Das wäre schon ziemlich absurd zu behaupten. Naja, vielleicht klappts ja mit der Begehung: Heimtücke ? Ist nicht. Besondere Grausamkeit ? Im Leben nicht. Gemeingefährliche Mittel ? Bei einer Bombe vielleicht, bei einem Schuss im Leben nicht. War auch nix. Bleibt noch die Verdeckung einer Straftat. Und das ist ja noch absurder.

D.h. selbst wenn man die Tötung Bin Ladens als unrechtmäßig deklariert kriegt man hier im Leben keinen Mord konstruiert.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.05.2011 00:05
#60 RE: Hintergründe des Zugriffs Antworten

Zitat von Llarian
Zum ersteren hat sich Bin Laden im Krieg gesehen. Und die USA sieht sich im Krieg mit der Kaida. Somit ist das gegenseitige Töten von Kombatanten nicht illegal, weder im Völkerrechte noch im Staatsrecht. Dabei ist es auch vollkommen unerheblich ob der Betroffene unbewaffnet ist oder nicht. Kein Bomberpilot und auch kein Scharfschütze kontrolliert ob der Gegner bewaffnet ist.

Da haben wir, lieber Llarian, parallel fast dasselbe geschrieben.

Das Traurige ist, daß man im heutigen Deutschland (ich habe gerade die neuesten Zahlen von "Sonntagsfrage aktuell" bekommen - Grüne 25,5%, SPD 23,0%, Linke 8,5%; zusammen also 57 Prozent gegen CDU 32,5 Prozent; FDP nicht mehr im Bundestag) mit dieser simplen Wahrheit bereits ein krasser Außenseiter ist.

Herzlich, Zettel

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

04.05.2011 00:34
#61 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat
Die Pakistanís protestieren zu Recht; aber nicht in einem völkerrechtlichen Sinn mit Recht. Die USA haben sie geärgert. Jetzt können sich sich überlegen, ob sie ihrerseits die USA ärgern, oder ob sie ein Auge zudrücken und zu business as usual übergehen.



Das Argument hat zwei Brüche, weswegen es so nicht stimmt.

Zitat
Erstens, weil es überhaupt kein Gesetzbuch gibt, in dem das Völkerrecht so niedergelegt ist wie bei uns die geltenden Gesetze in den einschlägigen Gesetzbüchern. Das, was man Völkerrecht nennt, ist ein Wust von Verträgen, Konventionen, Beschlüssen usw. Mal bindend, mal weniger bindend. Jeder kann eine Konvention verlassen, der er einmal beigetreten ist. Niemand ist verpflichtet, sich an "Völkerrecht" zu halten. Wer sollte ihn den anklagen, wer ihn verurteilen, wenn er es nicht tut? Es gibt jetzt Ansätze zu so etwas, aber mangels einer Weltregierung mit einer Weltpolizei (wollen wir die denn?) halte ich das für einigermaßen putzig.



Das ist richtig (und die Frage nach der Weltpolizei würde ich mit "Ja" beantworten denn ich halte sie und die Debatte darum für eines der wichtigsten Themen die wir im Moment auf der Welt haben) und es macht aus dem Völkerrecht ein Völker"recht". Es ist nicht einklagbar, nicht durchsetzbar, ein Gewohnheitsrecht auf das man sich, fast schon aus gegenseitigem Respekt, eben geeinigt hat. "Soft Power" nennen das Juristen wohl. Und andere Juristen merken dann an dass "Soft" so viel wie "No" bedeutet.

Zitat
Zweitens, weil meines Wissens "Souveränität" überhaupt kein Bestandteil dieses Völkerrechts ist. Ein Staat ist souverän, wenn er bestimmte Merkmale hat - ein Territorium, über das eine Regierung Kontrolle hat. Das ist es schon so ungefähr. Deutschland war bis 1989 nicht souverän, weil aufgrund der Alliierten Vorbehaltsrechte die Regierung keine volle Kontrolle hatte; beispielsweise nicht, was Angelegenheiten der stationierten Truppen anderer Mächte anging.



Die Definition von "Staat" und die von "souverän" sind zwei Baustellen. Sie haben hier einen Teil der Staatsdefinition vorgelegt, Souveränität lässt sich leider nur viel komplizierter messen. Das ist der zweite Bruch. Denn Sie erklären in einem Absatz, es gäbe kein Völkerrecht und dann, dass es darin keine Souveränität gibt. Das fehlende Völkerrecht ist ein Argument, die fehlende Souveränität ein anderes. Zusammen passen die beiden nicht weil das erste Argument Sinn machen muss damit das zweite Sinn machen kann. Wenn Sie schon am Anfang sagen: "Völkerrecht gibt es nicht" dann ist die Frage nach der Souveränität hinfällig. Deswegen ist die Schlussfolgerung falsch.

Zitat
Die Pakistanís protestieren zu Recht; aber nicht in einem völkerrechtlichen Sinn mit Recht.


Damit ist das erste "Recht" ein normatives. Das kann jeder sehen wie er will. Das zweite "Recht" ist interessanter denn es ist die Frage ob nach dem, was als "Völkerrecht" eigentlich Grundlage der Beziehungen der beiden Staaten ist. Beide sind Mitglieder der UN, unterhalten Botschaften bei einander und achten sich gegenseitig als souveräne Staaten. Damit ist es schwer ein Argument zu finden, dass die USA diese Souveränität nicht gebrochen haben mit dem was sie getan haben. Es sei denn, die beiden Staaten einigen sich zuvor darauf, dass die USA das einfach dürfen. Was ich für am wahrscheinlichsten halte.

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

04.05.2011 00:43
#62 RE: Hintergründe des Zugriffs Antworten

Zitat
Das Traurige ist, daß man im heutigen Deutschland (ich habe gerade die neuesten Zahlen von "Sonntagsfrage aktuell" bekommen - Grüne 25,5%, SPD 23,0%, Linke 8,5%; zusammen also 57 Prozent gegen CDU 32,5 Prozent; FDP nicht mehr im Bundestag) mit dieser simplen Wahrheit bereits ein krasser Außenseiter ist.



Ehrlich gesagt: Deutsche Mordmerkmale auf einen Vorgang in Pakistan anzuwenden, bei dem Amerikaner einen Saudi erschießen, halte ich für eine Übung die krassen Außenseitern vorbehalten bleiben sollte. Der normalvernünftige Rest würde sich dabei ohnehin was tun...

Das Kriegsrecht ist hier auch nicht wirklich hilfreich. Es bezieht sich auf den Krieg zwischen Staaten. Wie auch sonst, die Kaida kann ja zum Beispiel nicht kapitulieren. Der Konflikt hier findet technisch gesehen zwischen Pakistan und einer militanten Organisation auf deren Staatsgebiet statt, Pakistan bittet die USA um Hilfe und die machen das dann. Damit ist das eine Art Bürgerkrieg mit Intervention von Dritter Seite und damit spielen Dinge wie "Mord" oder dergleichen keine Rolle mehr.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.05.2011 01:23
#63 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat von vielleichteinlinker
Das Argument hat zwei Brüche, weswegen es so nicht stimmt.

Als ich das las, gingen die Lauscher hoch. Klang interessant.

Zitat von vielleichteinlinker

Zitat
Erstens, weil es überhaupt kein Gesetzbuch gibt, in dem das Völkerrecht so niedergelegt ist wie bei uns die geltenden Gesetze in den einschlägigen Gesetzbüchern. Das, was man Völkerrecht nennt, ist ein Wust von Verträgen, Konventionen, Beschlüssen usw. Mal bindend, mal weniger bindend. Jeder kann eine Konvention verlassen, der er einmal beigetreten ist. Niemand ist verpflichtet, sich an "Völkerrecht" zu halten. Wer sollte ihn den anklagen, wer ihn verurteilen, wenn er es nicht tut? Es gibt jetzt Ansätze zu so etwas, aber mangels einer Weltregierung mit einer Weltpolizei (wollen wir die denn?) halte ich das für einigermaßen putzig.

Das ist richtig (und die Frage nach der Weltpolizei würde ich mit "Ja" beantworten denn ich halte sie und die Debatte darum für eines der wichtigsten Themen die wir im Moment auf der Welt haben) und es macht aus dem Völkerrecht ein Völker"recht". Es ist nicht einklagbar, nicht durchsetzbar, ein Gewohnheitsrecht auf das man sich, fast schon aus gegenseitigem Respekt, eben geeinigt hat. "Soft Power" nennen das Juristen wohl. Und andere Juristen merken dann an dass "Soft" so viel wie "No" bedeutet.


Soweit scheinen Sie mir ja zuzustimmen.

Zitat von vielleichteinlinker

Zitat
Zweitens, weil meines Wissens "Souveränität" überhaupt kein Bestandteil dieses Völkerrechts ist. Ein Staat ist souverän, wenn er bestimmte Merkmale hat - ein Territorium, über das eine Regierung Kontrolle hat. Das ist es schon so ungefähr. Deutschland war bis 1989 nicht souverän, weil aufgrund der Alliierten Vorbehaltsrechte die Regierung keine volle Kontrolle hatte; beispielsweise nicht, was Angelegenheiten der stationierten Truppen anderer Mächte anging.

Die Definition von "Staat" und die von "souverän" sind zwei Baustellen. Sie haben hier einen Teil der Staatsdefinition vorgelegt, Souveränität lässt sich leider nur viel komplizierter messen. Das ist der zweite Bruch.


Hm, der erste ist mir entgangen. Wo war der gewesen?

Ich glaube schon, lieber vielleichteinlinker, daß Souveränität zur Definition des Staats gehört. Eingeschränkte Souveränität ist sozusagen ein modus deficiens des Staatseins.

Da es ja aber nicht um glauben geht, sondern um Definitionen, habe ich jetzt mal nachgesehen:

Zitat von Encyclopedia Britannica
The concept of sovereignty— one of the most controversial ideas in political science; is closely related to the difficult concepts of state and government and of independence and democracy. Derived from the Latin term superanus through the French term souveraineté, sovereignty was originally meant to be the equivalent of supreme power. However, in practice it often has departed from this traditional meaning.


Zitat von Wikipedia
Sovereignty is the quality of having supreme, independent authority over a geographic area, such as a territory. It can be found in a power to rule and make law that rests on a political fact for which no purely legal explanation can be provided. In theoretical terms, the idea of "sovereignty", historically, from Socrates to Hobbes, has always necessitated a moral imperative on the entity exercising it. The United Nations currently only requires that a sovereign state has an effective and independent government within a defined territory. According to current international law norms, states are only required to have an effective and independent system of government pursuant to a community within a defined territory.

Das kommt, nicht wahr, dem ziemlich nahe, was ich geschrieben hatte.

Zitat von vielleichteinlinker
Denn Sie erklären in einem Absatz, es gäbe kein Völkerrecht und dann, dass es darin keine Souveränität gibt.

Nein. Ich erkläre ja, in welchem Sinn es ein Völkerrecht gibt. Achtung der Souveränität ist aber meines Wissens nicht dessen Bestandteil. Anders gesagt: Jemand, der die Souveränität eines Staats nicht respektiert, indem er zum Beispiel ein Kommandounternehmen auf dessen Territorium durchführt, verstößt damit - meines Wissens - nicht gegen das Völkerrecht (wohl aber gegen Rechtsnormen dieses Staats - Spionage, unerlaubtes Überschreiten der Grenze, unerlaubtes Tragen von Waffen, u.U. Mord und Körperverletzung wären im jetzigen Fall mögliche Gesetzesverstöße).

Zitat von vielleichteinlinker
Das fehlende Völkerrecht ist ein Argument, die fehlende Souveränität ein anderes. Zusammen passen die beiden nicht weil das erste Argument Sinn machen muss damit das zweite Sinn machen kann. Wenn Sie schon am Anfang sagen: "Völkerrecht gibt es nicht" dann ist die Frage nach der Souveränität hinfällig. Deswegen ist die Schlussfolgerung falsch.

Ich hoffe, ich habe das jetzt geklärt. Es gibt Völkerrecht, nur nicht mit demselben Rang wie das kodifizierte Recht einzelner Staaten (oder Staatenbünde, wie die EU). Und in diesem Völkerrecht, das aus Konventionen, Verträgen usw. besteht, kommt meines Wissens die Achtung der Souveränität nicht vor. ("Souveränität" als solche ist natürlich ein völkerrechtlicher Begriff).

Aber es kann sein, daß ich mich irre; das Thema ist weit von meinem Metier. Wenn Sie oder jemand anders Konventionen, Verträge o.ä. kennt, die ausdrücklich die Mißachtung der Souveränität eines Staats als völkerrechtswidrig deklarieren, dann freue ich mich über die Korrektur.

Herzlich, Zettel

fedchan Offline



Beiträge: 129

04.05.2011 04:00
#64 Völkerrecht Antworten

Hallo und Guten Morgen.

Ein paar kleine Anmerkungen vom Zivilrechtler (der deshalb vielleicht die Klappe halten sollte ).

Zitat
Zettel Jemand, der die Souveränität eines Staats nicht respektiert, indem er zum Beispiel ein Kommandounternehmen auf dessen Territorium durchführt, verstößt damit - meines Wissens - nicht gegen das Völkerrecht.
(...)
Wenn Sie oder jemand anders Konventionen, Verträge o.ä. kennt, die ausdrücklich die Mißachtung der Souveränität eines Staats als völkerrechtswidrig deklarieren, dann freue ich mich über die Korrektur.



So ungefähr steht das, glaube ich, in der UN-Charta, Art. 2 IV:

Zitat
All Members shall refrain in their international relations from the threat or use of force against the territorial integrity or political independence of any state, or in any other manner inconsistent with the Purposes of the United Nations.



Sie haben natürlich Recht, dass darin nicht der Begriff "Souveränität" vorkommt, aber worüber man im Zusammenhang mit Militäraktionen motzt dürfte diese Vorschrift sein: Egal, ob man zwecks Eroberung angreift, einen Terroristen killt oder einen Völkermord verhindert, die Überschreitung der Grenze mit Militär ist erstmal böse.

Zitat
ZettelIch glaube schon, lieber vielleichteinlinker, daß Souveränität zur Definition des Staats gehört.



Ich habe vor vielen Jahren im zweiten Semester gelernt, dass ein Staat drei Eigenschaften aufweist: Ein Staatsvolk, ein Staatsgebiet und Staatsgewalt. 'Souveränität' dürfte unter die Staatsgewalt zu subsumieren sein in dem Sinne, dass das in Rede stehende Gebilde (faktisch) die allleinige Rechtssetzungs- und -durchsetzungskompetenz auf dem in Rede stehenden Gebiet ausübt.

Zitat
vielleichteinlinkerEs ist nicht einklagbar, nicht durchsetzbar, ein Gewohnheitsrecht auf das man sich, fast schon aus gegenseitigem Respekt, eben geeinigt hat. "Soft Power" nennen das Juristen wohl. Und andere Juristen merken dann an dass "Soft" so viel wie "No" bedeutet.



Der Begriff der allgemeinen Rechtslehre lautet "soft law" und meint in der Tat nicht einklagbares oder zumindest nicht durchsetzbares Recht. Mein Lieblingsbeispiel ist die Menschenrechtskonvention .

Gruß, fedchan

H_W Offline



Beiträge: 456

04.05.2011 07:36
#65 Recht und Gesetz Antworten

Diese Diskussionen, ob die Aktion nun durch Auslegung irgendwelcher geschriebenen Rechtsvorschriften als legal oder illegal anzusehen sind, halte ich für theoretische Gedankenspiele auf einem Nebenkriegsschauplatz.

Meiner Meinung gibt es das "Recht" in Form von Gesetzen, und es gibt das, was "richtig" und "gerecht" ist.
Gesetze sind Versuche, dem Ideal "richtig" und "gerecht" nahezukommen, werden dieses Ziel aber nie erreichen. Für höherwertig halte ich das Ziel. "Recht" schlägt "Gesetz".
Oft genug verursachen Gesetze und deren getreuliche Anwendung schreiendes Unrecht. Sicher kennt jeder Urteile, die offensichtlich zu Unrecht führen.

Was nun richtig und gerecht ist, ist dann noch von Kulturkreis zu Kulturkreis unterschiedlich. Daher denke ich , es ist schlicht unmöglich, Gesetze zu machen, die weltweit als "richtig" gesehen und anerkannt werden.

In unseren Augen abenteuerlich Verblendete werden mit voller Überzeugung behaupten, daß auch nur ein Gerichtsverfahren gegen bin Laden völlig unangemessen wäre, von seiner "Ermordung" ganz zu schweigen. Er hat doch nur für die göttliche Wahrheit gekämpft, und das muß doch höher stehen als "westliche" Gesetze.

Naja, der Fall ist ja nun bis zur höchsten Instanz verwiesen worden, die wird das schon beurteilen. Vermutlich trifft ihn die gesetzliche Beschränkung der menschgemachten Klimavernichtung nicht und er muß beträchtlich mehr als nur zwei Grad Temperaturerhöhung aushalten.
Oder kriegt er doch seine 72 Jungfrauen?
Ein Kompromiß unter Berücksichtigung islamischer wie auch unserer Werte: er kriegt sie, aber erst, wenn C. Roth und A. Schwarzer drüben angekommen sind?

Gruß, H_W

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.05.2011 07:44
#66 RE: Völkerrecht Antworten

Zitat von fedchan

Zitat
Zettel Jemand, der die Souveränität eines Staats nicht respektiert, indem er zum Beispiel ein Kommandounternehmen auf dessen Territorium durchführt, verstößt damit - meines Wissens - nicht gegen das Völkerrecht.
(...)
Wenn Sie oder jemand anders Konventionen, Verträge o.ä. kennt, die ausdrücklich die Mißachtung der Souveränität eines Staats als völkerrechtswidrig deklarieren, dann freue ich mich über die Korrektur.



So ungefähr steht das, glaube ich, in der UN-Charta, Art. 2 IV:

Zitat
All Members shall refrain in their international relations from the threat or use of force against the territorial integrity or political independence of any state, or in any other manner inconsistent with the Purposes of the United Nations.



Sie haben natürlich Recht, dass darin nicht der Begriff "Souveränität" vorkommt, aber worüber man im Zusammenhang mit Militäraktionen motzt dürfte diese Vorschrift sein: Egal, ob man zwecks Eroberung angreift, einen Terroristen killt oder einen Völkermord verhindert, die Überschreitung der Grenze mit Militär ist erstmal böse.


Hm, da bin ich eben nicht so sicher, lieber fedchan. Jedenfalls nicht "böse" im Sinn des Völkerrechts.

Der Begriff der territorialen Integrität bezieht sich meines Wissens auf die Grenzen eines Staats. Der Artikel, den Sie zitieren, verbietet also eine gewaltsame Änderung von Grenzen; vulgo Landraub. Dies ist bei der jetzigen Aktion natürlich weder beabsichtig gewesen noch geschehen; ebensowenig ist die politische Unabhängigkeit Pakistans tangiert worden.

Wie schon geschrieben - zweifellos wurde mit dem Kommandounternehmen pakistanisches Recht gebrochen; so, wie mit fast jedem Spionageunternehmen das Recht des jeweiligen Landes gebrochen wird. Aber einen Bruch des Völkerrechts kann ich nach wie vor nicht erkennen; jedenfalls kann man ihn aus meiner bescheidenen Sicht - der ich weit von diesem Fach entfernt bin - nicht aus dem Artikel ableiten, den Sie zitieren.

Zwei Juristen, drei Meinungen - was meinen die anderen Juristen unter den Zimnmerleuten?

Herzlich, Zettel

Martin Offline



Beiträge: 4.129

04.05.2011 08:18
#67 RE: Völkerrecht Antworten

Zitat von Zettel
Der Begriff der territorialen Integrität bezieht sich meines Wissens auf die Grenzen eines Staats. Der Artikel, den Sie zitieren, verbietet also eine gewaltsame Änderung von Grenzen; vulgo Landraub. Dies ist bei der jetzigen Aktion natürlich weder beabsichtig gewesen noch geschehen; ebensowenig ist die politische Unabhängigkeit Pakistans tangiert worden.

Wie schon geschrieben - zweifellos wurde mit dem Kommandounternehmen pakistanisches Recht gebrochen; so, wie mit fast jedem Spionageunternehmen das Recht des jeweiligen Landes gebrochen wird. Aber einen Bruch des Völkerrechts kann ich nach wie vor nicht erkennen; jedenfalls kann man ihn aus meiner bescheidenen Sicht - der ich weit von diesem Fach entfernt bin - nicht aus dem Artikel ableiten, den Sie zitieren.

Zwei Juristen, drei Meinungen - was meinen die anderen Juristen unter den Zimnmerleuten?

Herzlich, Zettel



Lieber Zettel,

wäre Ihre Interpretation conform mit den UN, dann frage ich mich, warum bei der Einflussnahme auf die Souveränität eines Landes (zuletzt Lybien, dann Irak, u.a.) die internationale Gemeinschaft dies überhaupt mühevoll auf Basis von Resolutionen durchführen will.

Ich denke, Pakistan ist etwas komplizierter. Unter Musharraf wurde der amerikanischen CIA sehr viel Aktionsspielraum auf pakistanischem Boden gewährt. Die CIA hat sich über 'Zweigstellen' in ganz Pakistan breit gemacht. Offensichtlich haben die Nachfolger Musharrafs diesen Spielraum eingeengt (sehen wollen). So genau ist das m.W. nicht bekannt und Vereinbarungen dürften sich auf diplomatischer Ebene abspielen. Deshalb würde ich den völkerrechtlichen Aspekt zurückstellen. Der wichtigere Aspekt für die politische Beurteilung ist m.E. die innerpakistanische Situation. Als Anfang des Jahres der US-Agent Raymond Davis auf öffentlicher Straße Pakistani erschoss, wurde der Bevölkerung die aus ihrer Sicht wohl etwas merkwürdige Situation deutlich vor Augen geführt. Gerichte wollten Davis rechtmäßig verurteilt sehen, die USA haben Davis zum 'Diplomaten' deklariert, die Öffentlichkeit war sehr wütend. Die Regierung war in Erklärungsnot, und ist es sicher weiter geblieben, nachdem Davis an die USA ausgehändigt worden war. Es gab von Regierungsseite Aussagen, dass US-Agenten in Pakistan nicht mehr (mit dem Plazet der Regierung) tätig sein dürften. Da passt die bin Laden Operation natürlich wie die Faust auf das Auge. Die pakistanische Regierung hat wohl mehr Probleme, diese Operation vor dem eigenen Volk zu vertreten, als die Amerikaner vor den UN.

Llarians freier Interpretation von Kombattanten stimme ich aus Sicht des 'Völkerrechts' nicht zu. Da könnte man jeden Hassprediger zum Kombattanten erklären. Trotzdem denke ich, dass 'Völkerrecht' (hat sich die EU die Compliance nicht in die 'Verfassung' geschrieben?) letztlich nur zur Disziplinierung der kleinen Länder dienen kann. Das Recht des Stärkeren steht nach wie vor darüber. Deshalb ist eine Diskussion des Völkerrechts meist eh nur fürs Publikum.

Gruß, Martin

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.05.2011 08:57
#68 RE: Völkerrecht Antworten

Zitat von Martin
wäre Ihre Interpretation conform mit den UN, dann frage ich mich, warum bei der Einflussnahme auf die Souveränität eines Landes (zuletzt Lybien, dann Irak, u.a.) die internationale Gemeinschaft dies überhaupt mühevoll auf Basis von Resolutionen durchführen will.

Dort handelte es sich eben um militärische Aktionen gegen dieses Land. Das jetzige Kommandounternehmen war aber nicht gegen das Land Pakistan gerichtet, sondern gegen eine einzelne Person, die sich - ohne pakistanischer Staatsbürger zu sein, nebenbei bemerkt - dort aufhielt.

Ich halte es für unwahrscheinlich, daß eine solche Handlung Gegenstand des Völkerrechts ist; so rechtswidrig sie nach pakistanischem Strafrecht sein mag. Aber wie gesagt - ich lasse mich, lieber Martin, gern belehren.

Herzlich, Zettel

Martin Offline



Beiträge: 4.129

04.05.2011 10:30
#69 RE: Völkerrecht Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Martin
wäre Ihre Interpretation conform mit den UN, dann frage ich mich, warum bei der Einflussnahme auf die Souveränität eines Landes (zuletzt Lybien, dann Irak, u.a.) die internationale Gemeinschaft dies überhaupt mühevoll auf Basis von Resolutionen durchführen will.

Dort handelte es sich eben um militärische Aktionen gegen dieses Land. Das jetzige Kommandounternehmen war aber nicht gegen das Land Pakistan gerichtet, sondern gegen eine einzelne Person, die sich - ohne pakistanischer Staatsbürger zu sein, nebenbei bemerkt - dort aufhielt.

Ich halte es für unwahrscheinlich, daß eine solche Handlung Gegenstand des Völkerrechts ist; so rechtswidrig sie nach pakistanischem Strafrecht sein mag. Aber wie gesagt - ich lasse mich, lieber Martin, gern belehren.

Herzlich, Zettel




Lieber Zettel,

ich bin weit davon entfernt, in einem mir fachfremden Gebiet belehren zu wollen . Aber irgendwie muss eine Argumentation auch plausibel mit dem sein, was ich so tagtäglich lese. Bei der Ihrigen frage ich mich zum Beispiel, wie die Unterscheidung zwischen Angriff auf ein Land und auf einen Nicht-Staatsbürger letztlich aussehen soll: Ich führe eine Militäraktion in einem Land durch mit der Behauptung es ginge nicht gegen das Land, zerstöre zufällig dessen ganze militärische Infrastruktur, entschuldige mich und ziehe von dannen. Die UN schauen unter diesem Aspekt zu, auch wenn sie aus 'humanitären Gründen' schon mal bei 'Bürgerkriegen' intervenieren.

Ich hätte angenommen, dass nach internationalem Recht jeder Staat für den Schutz auch von Nicht-Staatsangehörigen in seinen Grenzen verantwortlich ist, egal ob dieser von innen oder außen bedroht wird. Damit ist ein Angriff auf einen Gast des Landes ein Angriff auf den Gastgeber. Das ist schon fast ungeschriebenes antikes 'Gesetz'. Wobei ich darum bitte, den Begriff 'Gast' nicht überzuinterpretieren, ich denke nicht, dass ein 'Gast' unter falschem Namen gleich für vogelfrei erklärt werden kann.

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.05.2011 11:58
#70 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat von lois jane
Die US-Streitkräfte haben ja nicht eingegriffen, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen


Sicher haben sie das. Immer noch gibt es regelmäßig Al-Kaida-Anschläge mit vielen Toten - der erfolgreiche Schlag gegen Bin Laden wird hunderten Unschuldigen das Leben retten.

Zitat
- von Unruhen in der Garnisonsstadt habe ich noch nichts gehört -


Die Opfer der RAF lebten auch nicht in der konspirativen Wohnung, in der die Terroristen ihr Quartier hatten.

Zitat
auch nicht von Angriffen aus der Garnisonstadt auf US-Gebiet habe ich nichts gehört


Wenn in dieser Stadt der Kaida-Chef sitzt, dann sind die Kaida-Anschläge mit Angriffen "aus der Garnisonsstadt" gleich zu setzen.

Zitat
Ein Parallelfall wäre die Entführung Eichmanns aus Argentinien, nicht irgendein vorgehen im Südlibanon.


Beides ist vergleichbar. Man eliminiert einen Gewalttäter, weil die regional eigentlich zuständigen Behörden dies unterlassen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.05.2011 12:00
#71 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
Aber was spricht denn aus unserer westlichen Sicht dagegen, die Souveränität dieses Landes zu verletzen?


All das, was auch dagegen spricht, auf eine vergleichbare Art und Weise die Souveränität Frankreichs, Deutschlands oder der USA zu verletzen.



Also nichts!

Denn wenn Frankreich oder Deutschland bewußt den Terror gegen die USA unterstützt hätten oder sich als dauerhaft unfähig/unwillig erwiesen hätten, gegen Terrorzellen auf ihrem Gebiet vorzugehen - dann wäre natürlich auch ein Eingreifen auf französischem/deutschen Territorium völlig gerechtfertigt.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.05.2011 12:08
#72 RE: Recht und Gesetz Antworten

Zitat von H_W
Naja, der Fall ist ja nun bis zur höchsten Instanz verwiesen worden, die wird das schon beurteilen.


Da fällt mir doch das Zitat von Norman Schwarzkopf ein:
"I believe that forgiving them is God's function. Our job is simply to arrange the meeting."

Ich bin ja nun kein Theologe.
Aber dieser Spruch gefällt mir deutlich besser als viele Stellungnahmen von Kirchenvertretern in den letzten Tagen, bei denen die Heuchelei ziemlich peinlich raustropfte.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.05.2011 12:11
#73 RE: Völkerrecht Antworten

Zitat von Zettel
Das jetzige Kommandounternehmen war aber nicht gegen das Land Pakistan gerichtet, sondern gegen eine einzelne Person, die sich - ohne pakistanischer Staatsbürger zu sein, nebenbei bemerkt - dort aufhielt.

Ich halte es für unwahrscheinlich, daß eine solche Handlung Gegenstand des Völkerrechts ist ...


Da würde ich jetzt doch nicht mitgehen.

Wenn ein Staat mit seinen offiziellen Streitkräften in einem fremden Land Gewalt einsetzt (und auch sonst gegen die lokalen Gesetze verstößt), dann ist das m. W. schon völkerrechtlich ein Übergriff - egal gegen wen sich das genau und aus welchen Grund richtet.

Dieser Einsatz ist zwar zu rechtfertigen (siehe meine vorigen Beiträge), damit auch völkerrechtlich ok - aber ohne solche Zusatzbegründungen wäre er es nicht.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.05.2011 12:32
#74 Deutschland auf dem Weg zu sich selbst Antworten

Zitat von R.A.
Da fällt mir doch das Zitat von Norman Schwarzkopf ein:
"I believe that forgiving them is God's function. Our job is simply to arrange the meeting."

Ich bin ja nun kein Theologe.
Aber dieser Spruch gefällt mir deutlich besser als viele Stellungnahmen von Kirchenvertretern in den letzten Tagen, bei denen die Heuchelei ziemlich peinlich raustropfte.

Ich weiß gar nicht mal, lieber R.A., ob es Heuchelei ist. Viele denken wirklich so.

Und das ist das aus meiner Sicht Deprimierende, das mich in meiner pessimistischen Beurteilung der Lage in Deutschland bestärkt: Auch diese Diskussion wird wieder ganz überwiegend irrational geführt, wie die über den "Atomausstieg".

Es wird nicht primär gefragt, in wessen Interesse dieses Kommandounternehmen lag, welche Konsequenzen es für den Kampf gegen die Dschihadisten haben wird, für die Lage in Afghanistan, für die innenpolitische Entwicklung in Pakistan usw.; auch für den Wahlkampf in den USA.

Sondern der Diskurs - jedenfalls in den meisten Medien, jedenfalls in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen - wird von ganz belanglosen Fragen dominiert wie der, ob die USA das überhaupt "durften", ob die Kanzlerin ihrer Freude Ausdruck gegeben "durfte" usw.



Ethisierendes Geschwafel an Stelle einer rationalen Analyse. Nichts illustriert das besser als der Umstand, daß diese Kommission, die sich mit der Frage der künftigen Erzeugung von Strom in Deutschland befassen soll, allen Ernstes "Ethikkommission" heißt.

Und niemand lacht!

Daß die Grünen die SPD längst überholt haben und jetzt der Union auf den Pelz rücken, ist ja kein Zufall. Nach Jahrzehnten der geballten Agitprop ist das deutsche Denken vergrünt, sozusagen vermoost. Es ist in den Bauch gerutscht.

Deutschland ist wieder auf dem Weg zu sich selbst - zum Land der Romantik, der Jugendbewegung, Wilhelms II, Rosa Luxemburgs, Hitlers.

Jetzt fehlt nur noch eine Bundespräsidentin Käßmann.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

04.05.2011 12:38
#75 RE: Analysen von Stratfor Antworten

Zitat von Zettel
Und niemand lacht!


Mir ist hinsichtlich Deutschlands nicht mehr zum Lachen zumute.

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

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