Zitat von LeibnizWenn ich nochmal antworte so auch, um mich gegen eine Stimmung zu wehren, die mir irgendwo zwischen Depression und Defätismus angesiedelt ist und um sich zu greifen scheint.
Wenn dieser Eindruck entstanden ist, dann möchte ich das zumindest kurz ein bischen ergänzen. Ich bin überhaupt nicht depressiv oder defätistisch was die Menschheit angeht, im Gegenteil, ich bin eigentlich eher davon frustriert wie begrenzt meine Lebenszeit ist und ich nicht mitbekommen werde, was der Mensch noch so alles schaffen wird. Ich sehe eigentlich nur Europa eher negativ und Deutschland im Besonderen. Geschichtlich betrachte ich das als völlig normal, Rom war durchaus mal das Zentrum der Welt und was ist es heute ? Und für mich ist das insofern ärgerlich, weil es mich dazu zwingt Kosten auf mich zu nehmen, wenn ich mich dem ganzen entziehe. Der Ärger darüber kommt manchmal mit hoch, aber ich versuche mich zu bessern.
Zitat Ich will keine Unternehmer verpflichten AKWs zu bauen und Risiken einzugehen, die sie nicht tragen wollen, sondern ein Wettbewerbsverbot aufgehoben sehen, dass durch die Form eines Neubauverbotes von AKWs besteht.
Das ist von der Forderung her schon in Ordnung. Aber es bringt nix, weil kein Mensch dieses Werk bauen wird. Und kein Politiker hat in Deutschland Lust sich die Pfoten zu verbrennen, schon gar nicht für etwas, was nichts bewirkt.
Zitat Und an wen sollte sich denn eine Forderung nach Liberalisierung und Wettbewerbsöffnung denn richten wenn nicht an eine schwarz-gelbe Regierung?
Und genau das ist der Punkt warum ich Deutschland so negativ sehe. Nicht einmal eine schwarz-gelbe Regierung macht heute mehr eine faktenorientierte Politik oder nennt die Dinge beim Namen. Die FDP schwadroniert von sozialer Gerechtigkeit, die Frau Bundeskanzler, eine Physikerin (!), faselt von den Risiken deutscher Kernkraftwerke und nicht hilfreichen Büchern.
Zitat P.S. In lese gerade, dass letzte Woche (!) in den Niederlanden der Neubau eines Kernkraftwerks bewilligt wurde (in Zeeland). Jetzt würde ich nur noch gerne wissen auf welchem Chromosom sich die Niederländer denn von den Deutschen unterscheiden sollen.
Nicht nur die Niederländern, auch andere Nationen planen und bauen AKWs. Ich denke der grösste Unterschied besteht darin, dass die Deutschen wesentlich fanatischer sind als andere Nationen. Deutsch sein heisst etwas um seiner selbst willen zu tun, so kenn ich das zumindest. Wenn die Deutschen in den Krieg ziehen, dann tun sie das richtig, wen sie sich auf soziale Gerechtigkeit einschiessen, dann tun sie das richtig und wenn sie Ökologie toll finden, dann tun sie das richtig. Und Ökologie ist im Kern eine recht faschistische Idee, die ein obskures Idealbild über den Menschen stellt. Und mit dieser Idee beglücken die Deutsche nicht nur sich selbst und zwingen alle dabei mitzumachen, sie wollen auch die restliche Welt an ihrem Wesen genesen lassen. Die Methode ist nichtmal neu, nur der Inhalt ist ewas zeitgemässer. Und ich glaube genau das unterscheidet die Deutschen im Mittel von anderen Völkern. Ein unglaublicher Drang das Richtige zu tun und das allen anderen ebenso aufzudrücken.
Zitat von LeibnizP.S. In lese gerade, dass letzte Woche (!) in den Niederlanden der Neubau eines Kernkraftwerks bewilligt wurde (in Zeeland). Jetzt würde ich nur noch gerne wissen auf welchem Chromosom sich die Niederländer denn von den Deutschen unterscheiden sollen.
Ach nein, lieber Leibniz, mit Genetik hat das nichts zu tun; gar nichts (übrigens schon deshalb, weil wir Deutschen genetisch ausgesprochen heterogen sind; kein Wunder bei unserer Geschichte und Geographie).
Ich habe mich das oft gefragt, wo eigentlich diese deutsche Irrationalität herkommt, die auch Lllarian in seinem aktuellen Beitrag in diesem Thread noch einmal zusammenfaßt. Natürlich gibt es, wie stets bei historischen Phänomenen, nicht eine einzige Wurzel, sondern viele Faktoren.
Der offensichtlichste ist das Fehlen einer demokratischen Tradition. Politik vernünftig zu betreiben haben die Angelsachsen in Jahrhunderten gelernt, die Franzosen immerhin in dem schmerzlichen Prozeß, der von der Revolution über Bonaparte, die Restauration und die Wirren des 19. Jahrhunderts schließlich in die Dritte Republik geführt hat; mit ihr (und keineswegs mit der Revolution) begann die eigentliche, die positive demokratische Tradition Frankreichs. Das war immerhin 1871, als in Deutschland das Kaiserreich entstand.
Wir Deutschen haben uns - das ist Schulbuchwissen - die Demokratie nicht erkämpft (auch nicht 1919); und sie kam spät. Noch dazu scheiterte der erste Demokratieversuch 1919 bis 1933 vollständig; so daß von einer erfolgreichen demokratischen Tradition überhaupt erst ab 1949 die Rede sein kann. Im halben Deutschland; im ganzen gar erst seit 1989.
Ein zweiter Grund liegt wohl in der Geistesgeschichte.
Bis Ende des 18. Jahrhunderts war Deutschland nicht auffällig. Es hat mit Lessing, Karl Philipp Moritz und Christoph Martin Wieland drei der größten Schriftsteller der Aufklärung hervorgebracht, poètes-savants alle drei.
Die deutsche eigenartige Entwicklung begann mit dem Sturm und Drang und mündete in Romantik und Biedermeier. Der Sturm und Drang war - heftiger als anderswo, wo man auch gegen die Aufklärung aufbegehrte - eine erste deutsche Jugendbewegung. Ihr folgten weitere: Die Turner und Burschenschaften in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts; die so bezeichnte Jugendbewegung ("Aus grauer Städte Mau-hau-ern zieh wir durch Wald und Feld") ab der Wende zum 20. Jahrhundert. Das sind zum Teil durchaus achtenswerte Bewegungen gewesen; aber sie führten auch zur Hitlerjugend, zur FDJ und zur Jugendbewegung der 68er.
Alle diese Bewegungen waren geprägt nicht durch skeptische Vernunft, sondern durch Verstiegenheit, Unmäßigkeit, auch Arroganz. In der 68er Bewegung kam nachgerade alles zusammen, was schlecht und bedenklich an der deutschen Tradition ist - Irrationalität, Arroganz, Aggressivität; die typisch deutsche Idee, von Deutschland werde eine Bewegung ausgehen, die ganz Europa, am besten die ganze Welt erfaßt. Jetzt haben wir dasselbe wieder beim Wahnwitz des "Ausstiegs".
Man soll drittens den Einfluß der Philosophie nicht unterschätzen. Zwar befassen sich Wenige mit Philosophie, aber durch Übermittlung - über Professoren, deren Studenden, deren Schüler, wenn sie Lehrer werden, deren Leser, wenn sie Journalisten werden usw. - dringt doch viel Philosophie in die Mentalität eines Volkes ein. Die Franzosen sind in ihrer Mehrheit Cartesianer, auch wenn viele nie eine Schrift von Descartes in der Hand hatten; die Angelsachsen sind ähnlich geprägt durch Locke und Hume.
Und wir Deutschen leider nicht durch Kant, sondern durch Hegel, Fichte und Heidegger. Also durch wildes Spekulieren, Pathos, Angst und Geraune.
Zitat Wir Deutschen haben uns - das ist Schulbuchwissen - die Demokratie nicht erkämpft (auch nicht 1919); und sie kam spät. Noch dazu scheiterte der erste Demokratieversuch 1919 bis 1933 vollständig; so daß von einer erfolgreichen demokratischen Tradition überhaupt erst ab 1949 die Rede sein kann. Im halben Deutschland; im ganzen gar erst seit 1989.
Das ist interessant, deswegen eine tiefergehende Frage: Worauf führen Sie das zurück? Gerade für die Jahre 1918/1919.
Zitat Wir Deutschen haben uns - das ist Schulbuchwissen - die Demokratie nicht erkämpft (auch nicht 1919); und sie kam spät. Noch dazu scheiterte der erste Demokratieversuch 1919 bis 1933 vollständig; so daß von einer erfolgreichen demokratischen Tradition überhaupt erst ab 1949 die Rede sein kann. Im halben Deutschland; im ganzen gar erst seit 1989.
Das ist interessant, deswegen eine tiefergehende Frage: Worauf führen Sie das zurück? Gerade für die Jahre 1918/1919.
Schwer zu sagen; mir jedenfalls fällt es schwer.
Es gab in den Jahrzehnten bis 1919, grob gesagt, vier große politische Strömungen in Deutschland:
* Die Konservativen, die den Kaiser und das Reich, so wie es war, bewahren wollten. Mit Reformen, wie Bismack sie betrieben hatte - eben um diese weithin autoritäre Monarchie zu festigen.
* Die Liberalen, die entweder eine Republik nach französischem Vorbild oder eine konstitutionelle Monarchie nach britischem Vorbild wollten; die letztere hätte entstehen können, wenn Friedrich III. nicht nach 99 Tagen als Kaiser gestorben wäre.
* Die rechten Sozialdemokraten, überwiegend Lassallianer, teils auch marxistische Revisionisten, die mit dem bürgerlichen Rechtsstaat ihren Frieden gemacht hatten und die, was die Demokratie anging, weitgehend ähnliche Ziele verfolgten wie die Liberalen.
* Die linken Sozialdemokraten, aus denen dann die USPD, der Spartakus und schließlich die KPD hervorgingen. Sie waren Marx treu geblieben und wollten die Revolution und dann die Diktatur des Proletariats.
Bis 1914 gab es eine ausgezeichnete Chance, daß Liberale und rechte Sozialdemokraten gemeinsam Deutschland auf den Weg Englands bringen würden; er hätte zu konstitutionellen Monarchien wie in Skandinavien, in Holland und Belgien führen können. Deutschland, das eine verspätete Nation war, hätte auch eine verspätete Demokratie werden können.
Der Erste Weltkrieg hat das verhindert. Die wilhelminische Ordnung brach zusammen; nicht aufgrund einer Revolution, sondern als ein Aspekt der Niederlage. Hinzu kam die Attraktivität des Sowjetkommunismus für die linken Sozialdemokraten.
1848 hatten die Revolutionäre den Kopf voller Ideen für ein besseres Deutschland gehabt. 1919 sah kaum jemand in der sich zur Geburt quälenden Republik etwas, mit dem man sich identifizieren mochte.
Daß diese Republik sich in der Umklammerung durch ihre linken und rechten Feinde befand - zwischen Dolchstoßlegende und "Wer hat uns verraten? - Sozialdemokraten!" sozusagen - ist wiederum Schulbuchwissen. Interessanter erscheint mir aber, wie skeptisch auch Viele ihr gegenüberstanden, die weder Kommunisten noch Reaktionäre oder Nazis waren - Tucholsky und v. Ossietzky auf der einen, Ernst Jünger und Gottfried Benn auf der anderen Seite; beispielsweise.
Sie hatte keinen appeal, diese Weimarer Republik. Man hat sie hingenommen, nicht geliebt und geachtet.
Sie stellen, lieber vielleichteinlinker, eine "tiefergehende Frage". Das ist mein Versuch einer tiefergehenden Antwort: Weimar scheiterte im Kern daran, daß diese Republik aus der Not geboren und nicht mit Begeisterung gewollt gewesen war. Diese Republik klappte am Ende zusammen, weil es an einer breiten Bereitschaft fehlte, sie zu verteidigen.
Zitat von ZettelBis 1914 gab es eine ausgezeichnete Chance, daß Liberale und rechte Sozialdemokraten gemeinsam Deutschland auf den Weg Englands bringen würden; er hätte zu konstitutionellen Monarchien wie in Skandinavien, in Holland und Belgien führen können. Deutschland, das eine verspätete Nation war, hätte auch eine verspätete Demokratie werden können.
Das ist sehr interessant. Es gab - ich glaube 1919 - einen Geschichtsband der mehrere Autoren die Frage beantworten ließ, wann man den Weltkrieg hätte verhindern können. Die meisten gaben als Antwort "1789". Ich sehe das bei Ihnen in einem anderen Fall ähnlich. Mit dem Tod Friedrichs - also 1888. Oder doch eher mit dem Ende Bismarcks. Vielleicht mit 1948. Da endete die Chance auf eine "normale" Demokratie.
Zitat Sie stellen, lieber vielleichteinlinker, eine "tiefergehende Frage". Das ist mein Versuch einer tiefergehenden Antwort: Weimar scheiterte im Kern daran, daß diese Republik aus der Not geboren und nicht mit Begeisterung gewollt gewesen war. Diese Republik klappte am Ende zusammen, weil es an einer breiten Bereitschaft fehlte, sie zu verteidigen.
Nun ja,
Zitat Der Erste Weltkrieg hat das verhindert.
Es waren nicht zuletzt scheidenden Eliten - allen voran die Militärs - die das verhinderten. Die Verlierer einer neuen Ordnung versuchten in einem Schlag noch einmal ihre Macht zu festigen. Ich würde fast soweit gehen dass hier die Mär vom weltvernichtenden preußischen Militarismus geboren und die grundlegende Skepsis gegenüber der "Nation" entstanden ist. Der Erste Weltkrieg ist nicht "ausgebrochen" er hat nichts selbst getan. Er wurde losgetreten von den selben Mächten, die an seinem Ende der aufkommenden Demokratie die schwersten Steine auferlegten. Die Skepsis gegenüber der Demokratie, die Angst vor den Sozialdemokraten, die Geringschätzung für die Liberalen.
Die Krux ist, dass mit diesen Mächten eine Demokratie niemals machbar gewesen wäre. Sie haben den schleichenden Übergang gespürt und sich gewehrt. Schon als Friedrich noch Kronprinz war, je näher das Jahr 1914 rückte umso stärker wurde ihre Angst.
Worauf ich hinaus will: Die Unfähigkeit zur Demokratie scheint mir einen klareren Ursprung zu haben als Sie es bisher geschrieben haben.
Zitat von H_WGenau diese Typen fahre ich, Golf 1 und Jetta 1 natürlich ohne Airbag, W126 mit und ohne Airbag. Bei der Auswahl, welchen Wagen ich gerade nutze spielt Airbag oder nicht KEINE Rolle. Sicher läßt sich ein theoretischer Fall konstruieren, daß mir eines Tages ein Airbag entscheidend helfen würde. Sehr wahrscheinlich ist das aber nicht! Sehen Sie mal, was so auf den Schrottplätzen rumsteht. Die meisten Autos sterben an TÜV, oder seit einiger Zeit eher an KFZ-Steuer oder Dummweltplakette. Kaum ein Unfallwagen, und davon nur wenige mit ausgelöstem Airbag. In den vergangenen Jahrzehnten hat es sicher mehr Verkehrstote gegeben als heutzutage. Aber so schlimm, daß sich Golffahrer fast selber ausgerottet hätten, ist es nun wirklich nie gewesen!
Nunja, darüber kann man geteilter Meinung sein. Ich persönlich halte – bei aller Liebe für alte Automobile, die auch ich teile – einen Rückgang der Verkehrstoten um 75 % im genannten Zeitraum durchaus für relevant genug. Ein aktueller Smart bietet sicherlich mehr Insassenschutz als ein Dickschiff aus den Siebzigern. Übrigens bin ich der Meinung, daß aktive Sicherheitseinrichtungen (ABS, ESP, Bremsassistent) noch wesentlich mehr Unfälle verhindern als nur Airbags und Sicherheitszellen.
Zitat von ZettelDie Franzosen sind in ihrer Mehrheit Cartesianer, auch wenn viele nie eine Schrift von Descartes in der Hand hatten; die Angelsachsen sind ähnlich geprägt durch Locke und Hume.
Und wir Deutschen leider nicht durch Kant, sondern durch Hegel, Fichte und Heidegger. Also durch wildes Spekulieren, Pathos, Angst und Geraune.
Lieber Zettel,
Sie können die französische Mentalität sicher besser einschätzen als ich, aber wie erklären Sie sich dann, daß die französische Gegenwartsphilosophie völlig uncartesianisch daherkommt und eine wilde Mischung aus Hegel, Heidgger und Freud plus schlechter Semiotik, Vulgärkonstruktivismus und -relativismus ist (zumindest wenn man sich an den wirklich prominenten Figuren orientiert).
Ich stimme ihren Ausführungen, wie meistens, weitestgehend zu, lieber Zettel. Allerdings würde ich ein Wort dabei spalten wollen: Es ist weniger das Fehlen demokratischer Tradition als das Fehlen rechtsstaatlicher Tradition. Deutschland hat nicht unbedingt ein Demokratiedefizit, immerhin hat sich selbst Hitler demokratisch an die Macht geputscht. Und auch heute würde ich nicht sagen, dass die Bundesregierung eine Minderheit vertritt. Das Problem besteht vielmehr in dem Fehler rechtsstaatlicher Tradition, die die Grundrechte achtet, egal ob der Betreffende ein Kapitalist (pfui), ein Rechter (oberpfui) oder gar ein Befürworter von Kernkraftwerken (megapfui) ist.
Dazu kommt ein massiver Hang zum Irrationalen. Erstaunlicherweise muss man konstatieren, dass die Mehrheit der Deutschen Moral für wichtiger halten als Ratio und noch witzigererweise ist die Moral dabei recht austauschbar. Die Idee des Rechtsstaates ist dagegen eher eine rationale, ethische Idee. Der Konflikt ist damit deutlich auf der Hand liegend. Und wenn in Deutschland der Rechtsstaat im Widerspruch zur Moral steht, ist offensichtlich wer in einem demokratischen Entscheid am Ende recht behält. Nach meinem Dafürhalten ist mehr Demokratie nicht unbedingt hilfreich, wenn man eigentlich Probleme mit dem Rechtsstaat hat.
Lieber Energist, wenn ich den Ball kurz aufnehmen darf: Sicher sind 3/4 weniger Verkehrstote wünschenswert. Und noch wünschenswerter ist das, wenn es wenig kostet. Wenn es dagegen Billionen von Euro kosten würde, dann darf man sich nicht nur die relativen, sondern muss sich auch die absoluten Zahlen ansehen. Und dann haben wir jedes Jahr einige hundert Tote weniger. Sicher schön, aber von Billionen Euro kann man ein bischen mehr tun als einigen hundert das Leben retten.
Natürlich gibt ein Airbag ein gutes Gefühl, aber man sollte darüber nicht vergessen, dass auch in den siebziger Jahren die Wahrscheinlichkeit bei einem Autounfall zu sterben, mit den realen Todesursachen (Herzerkrankungen, Krebs) in kaum einer sinnvollen Relation stand.
Zitat von DrNickSie können die französische Mentalität sicher besser einschätzen als ich, aber wie erklären Sie sich dann, daß die französische Gegenwartsphilosophie völlig uncartesianisch daherkommt und eine wilde Mischung aus Hegel, Heidgger und Freud plus schlechter Semiotik, Vulgärkonstruktivismus und -relativismus ist (zumindest wenn man sich an den wirklich prominenten Figuren orientiert).
Sie denken an Michel Foucault, Jacques Derrida, Gilles Deleuze, Jacques Lacan, Jean Baudrillard, gar an Bernard-Henri Lévy, André Glucksmann?
Ich sehe keinen von ihnen als einen Philosophen. Es sind Schriftsteller, die zwischen Soziologie, Psychoanalyse, Sexualforschung, Politik und diesem und jenem Philosophen, von dem sie etwas aufgeschnappt haben, herumvagabundieren. Wie ihr Urvater Sartre.
Diese sogenannten Philosophen wandeln auf den Spuren Voltaires, nicht denen von Descartes, Condillac oder LaMettrie. Auf denen der "Humanisten" der iatlienischen Renaissance, die überwiegend sophistische Windbeutel waren.
In der seriösen französischen Philosophie kenne ich mich leider gar nicht aus; ich denke, da könnten Sie mehr wissen. Sicherlich wird doch dort auch Analytische Philosophie betrieben?
Und noch eine Überlegung: Gerade weil das cartesianische Denken so fest in der französischen Mentalität verankert ist, muß in diesem Kultur-Treibhaus Paris, in dem die philosophischen Moden schneller wechseln als diejenigen der Haute Couture, natürlich gegen den Strich argumentiert und geschrieben werden. Originalität zählt, nur sie.
Das ist nichts Neues - die französische Faszination durch Nietzsche und dann Heidegger ist ja schon älter.
Zitat von ZettelSie denken an Michel Foucault, Jacques Derrida, Gilles Deleuze, Jacques Lacan, Jean Baudrillard, gar an Bernard-Henri Lévy, André Glucksmann?
Genau, primär dachte ich an die ersten vier, von denen wiederum die letzten drei nur schwer an Obskurantismus zu übertreffen sind (Foucault schreibt ja noch halbwegs verständlich).
Zitat von ZettelIch sehe keinen von ihnen als einen Philosophen. Es sind Schriftsteller, die zwischen Soziologie, Psychoanalyse, Sexualforschung, Politik und diesem und jenem Philosophen, von dem sie etwas aufgeschnappt haben, herumvagabundieren. Wie ihr Urvater Sartre.
Sympathische Haltung, v.a. was Sartre angeht, der ja bei einigen noch als ernstzunehmender Phänomenologe gilt.
Zitat von ZettelIn der seriösen französischen Philosophie kenne ich mich leider gar nicht aus; ich denke, da könnten Sie mehr wissen. Sicherlich wird doch dort auch Analytische Philosophie betrieben?
Die gibt es. Spontan fallen mir Pascal Engel, Pierre Jacob und François Recanati ein, die aber alle nicht an französischen Universitäten tätig sind (sondern in Genf und am "Institut Jean Nicod"). Ein Einblick aus erster Hand habe ich nicht, aber ich habe mehrfach gehört, daß man mit analytischen Arbeiten in der französischen Universitätsphilosophie nicht weit kommt.
Als ich noch in einem anderen Teil Deutschlands lebte hatte ich einen Nachbarn, einen Theatermann, der als Dienstwohnung eine Burg hatte. Eines Abends fuhr ein Golf vor und ein Professor der Theologie und der Burgherr machten sich dann beim Kaminfeuer Gedanken über Gott, die Welt und die Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt. Fragte der Theatermann: "Sagen sie mal, lieber Joseph, jetzt haben wir schon seit 2000 Jahren das Christentum, aber die Welt ist noch nicht besser geworden. Wie kommt das?" Worauf Joseph antwortete: "Weil das Gute in jedem Menschen und mit jeder Generation aufs Neue sich entwickeln muss."
So ähnlich sehe ich das eigentlich auch. Vor diesem Hintergrund soll das heißen: das /Fehlen einer demokratischen Tradition/ vor 1949 erklärt mir nicht, was in Berlin heute passiert.
Die persönlichen Biographien dann schon eher. Also zu /Geistesgeschichte, Jugendbewegung und 68er/: Das mag ja auf die Schröder-Fischer Situation zutreffen, aber auf die Kanzlerin, den Vizekanzler und den 1965 geborenen Umweltminister?
"Man soll drittens den Einfluß der Philosophie nicht unterschätzen." Ich schwanke da hin und her. Schließlich muss es auch eine starke Tradition der Rationalität in Deutschland geben, und zwar in der Bevölkerung, denn sonst wären ja die technischen und ökonomischen Leistungen nicht erklärbar. "Durch wildes Spekulieren, Pathos, Angst und Geraune" wird man zum Beispiel nicht Exportweltmeister.
Und auch nein, die Franzosen sind nicht fester in der Rationalität verankert als die Deutschen, das ist eine urban legend, von Frankophilen gerne vorgebracht.
Die politische Geschichte Frankreichs seit 1949 zeigt etwas anderes: Wikipedia: Unter Georges Marchais wurde die Partei 1973 mit 20,6 Prozent stärkste Fraktion der französischen Nationalversammlung.
Dies auf der einen Seite und heute Marine Le Pen, Vorsitzende der Front National, wieder Wikipedia: "Umfragen im März 2011 sagen ihr dafür 23 Prozent der Wählerstimmen voraus, womit sie vor Staatspräsident Nicolas Sarkozy (21%) läge."
Zitat von LeibnizEines Abends fuhr ein Golf vor und ein Professor der Theologie und der Burgherr machten sich dann beim Kaminfeuer Gedanken über Gott, die Welt und die Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt. Fragte der Theatermann: "Sagen sie mal, lieber Joseph, jetzt haben wir schon seit 2000 Jahren das Christentum, aber die Welt ist noch nicht besser geworden. Wie kommt das?" Worauf Joseph antwortete: "Weil das Gute in jedem Menschen und mit jeder Generation aufs Neue sich entwickeln muss."
Interessante Antwort. Zu einer vernünftigen Antwort auf die Frage wird sie erst dann, wenn man sie vervollständigt: "Weil das Gute in jedem Menschen und mit jeder Generation aufs Neue sich entwickeln muss, es dies bisher aber noch nie getan hat, auch nicht im Christentum".
Zitat So ähnlich sehe ich das eigentlich auch. Vor diesem Hintergrund soll das heißen: das /Fehlen einer demokratischen Tradition/ vor 1949 erklärt mir nicht, was in Berlin heute passiert.
Mir schon, lieber Leibniz wenn auch natürlich nicht zur Gänze.
Ich habe das lange nicht wahrhaben wollen, wie mächtig nationale, wie mächtig übernationale kulturelle Traditionen sind.
Die Venezianer (sofern sie noch in Venedig leben) zeigen noch heute die Kultiviertheit, auch die Arroganz der Bürger eines der erfolgreichsten Stadtstaaten der Weltgeschichte. Vergleichen Sie das mit der heidnischen Sinnlichkeit der Neapolitaner!
Man könnte Dutzende Beispiele nennen - die Kultur des Habsburgerreichs, die heute Länder wie Tschechien und Kroatien noch in erheblichem Maß prägt; die Kultur der amerikanischen Südstaaten, die auch fast 150 Jahre nach Ende des Sezessionskriegs noch lebendig ist; in Frankreich die römisch geprägte Provence und die keltische Bretagne - zwei Spielarten des Katholizismus, die zeigen, wie vielfältig, wie in sich gegensätzich er ist.
Zitat Die persönlichen Biographien dann schon eher. Also zu /Geistesgeschichte, Jugendbewegung und 68er/: Das mag ja auf die Schröder-Fischer Situation zutreffen, aber auf die Kanzlerin, den Vizekanzler und den 1965 geborenen Umweltminister?
Persönliche Biographien sehe ich nicht als entscheidend an. Entscheidend ist die Weitergabe von Sichtweisen, Wissen, Überzeugungen, auch äußeren Traditionen, von Generation zu Generation.
Woher zum Beispiel jetzt dieser Aufstieg der Öko-Ideologie? Vordergründig eine Reaktion auf Fukushima; aber warum gibt es nur in Deutschland diese Art von Reaktion? Wer jetzt zwischen 30 und 40 ist, also in der aktivsten Zeit seiner Biographie, der wurde zwischen 1970 und 1980 geboren, rund gerechnet. Eine Kohorte also, die schon im Kindergarten mit rotgrüner Ideologie versorgt wurde, die von dieser Ideologie auf der Schule, in den Unis begleitet war.
Schon zehn Jahre machen einen großen Unterschied: Wer 1960 geboren ist, der war schon mindestens in der Pubertät, als Anfang der siebziger Jahre die Rotgrünen die Schulen und Unis zu erobern begannen.
Zitat "Man soll drittens den Einfluß der Philosophie nicht unterschätzen." Ich schwanke da hin und her. Schließlich muss es auch eine starke Tradition der Rationalität in Deutschland geben, und zwar in der Bevölkerung, denn sonst wären ja die technischen und ökonomischen Leistungen nicht erklärbar. "Durch wildes SpeCkulieren, Pathos, Angst und Geraune" wird man zum Beispiel nicht Exportweltmeister.
Das ist ein guter Punkt. (Naja, that's a good point ). Ja, es gibt diese andere, parallele Tradition in Deutschland.
Aber Pragmatismus und Rationalität waren, anders als bei den Angelsachsen der Pragmatismus und bei den Franzosen die Rationalität, nicht Sache Schriftsteller, der Künstler und der Philosophen, also derer, die man üblicherweise "Kulturträger" nennt (Jakob Burkhard bringt es in seiner faszinierenden "Kultur der Renaissance in Italien" fertig, Wissenschaft und Technik so gut wie nicht zu behandeln!).
Bezeichnend ist, daß es im 19. Jahrhundert im deutschen Sprachraum keinen Realismus gab, der Dickens, Balzac, Zola vergleichbar gewesen wäre. Tieck hat sich mit Abscheu über Balzac geäußert, dem jede Poesie fehle. Ja, in der Tat.
Aber es gab diese Parallel-Kultur, deren Träger zum einen die Mittelschicht war - Handwerker, kleine Industrielle, Erfinder und Tüftler. Zum anderen waren es die Naturwissenschaftler und Ingenieure, die im 19. Jahrhundert Außerordentliches leisteten. Aber "gebildet" war man bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts hinein nur dann, wenn man ein humanistisches Gymnasium besucht hatte. Mein Großvater war Bauingenieur; er legte außerordentlichen Wert darauf, daß er die Illias auf Griechisch lesen konnte. Erst das qualifizierte ihn als gebildet.
Diese Tradition der Naturwissenschaft und Technik, der wir unseren Wohlstand verdanken, wird seit den siebziger Jahren systematisch demontiert und zurückgedrängt.
Deutschland war in der Chemie bis Mitte des 20. Jahrhunderts weltweit führend. Wenn Sie heute eine repräsentative Stichprobe von Deutschen fragen, was ihnen zu "Chemie" einfällt, dürfte die Primärassoziation "Gift" sein.
Bei der friedlichen Nutzung der Atomenergie waren wir ebenfalls führend. Das wird jetzt mutwillig zerstört. Deutschland war einmal in der optischen Industrie, in der chemischen Industrie weltweit an der Spitze. Was ist davon geblieben?
"Deutschland schafft sich ab" - nicht nur demographisch, sondern auch technologisch. Arno Schmidt hat in seiner "Novellen-Comödie" mit dem Titel "Die Schule der Atheisten" ein Deutschland beschrieben, in dem es nur noch Reservate in der Art der Indianerreservate gibt. Ausländische Touristen reisen dorthin und staunen über die Sitten & Gebräuche.
Zitat man sollte darüber nicht vergessen, dass auch in den siebziger Jahren die Wahrscheinlichkeit bei einem Autounfall zu sterben, mit den realen Todesursachen (Herzerkrankungen, Krebs) in kaum einer sinnvollen Relation stand.
Lieber Llarian, genau darum geht es mir! Da wird ein Riesenaufwand betrieben um einen eher geringen Effekt zu erzielen. Das mag ja jeder für sich persönlich entscheiden, wie er seine Prioritäten setzt.
Was mich stört, ist die völlig selbstverständliche Anmaßung, alle, die eventuell eine eigene vom Mainstream abweichende Risikoabschätzung machen, als völlig unverantwortlich zu diskreditieren.
Technisch sind Systeme wie ABS, ESP und neuerdings Bremsassistent geniale Erfindungen. Nur entmündigen sie den Fahrer und lassen ihn geistig noch mehr abschlaffen. Wozu mitdenken, das Auto regelt doch schon alles aus. Diesen Effekt erlebt man ja schon bei den Navis, wenn Leute in blindem Vertrauen in einen Fluß fahren, weil das Navi "glaubt", da wäre eine Brücke.
Selber denken und VERANTWORTLICH Entscheidungen treffen wird (auch) durch solche Bequemlichkeiten verlernt. Und das verstärkt die heutzutage überall anzutreffende Wehleidigkeit, verbunden mit "Wir FORDERN, dies und das muß noch mehr reglementiert und verboten werden!"
Zitat von Leibniz Schließlich muss es auch eine starke Tradition der Rationalität in Deutschland geben, und zwar in der Bevölkerung, denn sonst wären ja die technischen und ökonomischen Leistungen nicht erklärbar.
Aber problemlos. Es braucht vergleichsweise wenige, kluge Köpfe, um ökonomische und technische Leistungen zu erbringen. Das dritte Reich war zu weiten Teilen von grösster Irrationalität geprägt und hat gleichzeitig enorme technische Leistungen erbracht.
Zitat "Durch wildes Spekulieren, Pathos, Angst und Geraune" wird man zum Beispiel nicht Exportweltmeister.
Ist Deutschland ja auch nicht. Und auf lange Sicht wird es das wohl auch nicht wieder werden.
Zitat Dies auf der einen Seite und heute Marine Le Pen, Vorsitzende der Front National, wieder Wikipedia: "Umfragen im März 2011 sagen ihr dafür 23 Prozent der Wählerstimmen voraus, womit sie vor Staatspräsident Nicolas Sarkozy (21%) läge."
Zitat von ZettelSie denken an Michel Foucault, Jacques Derrida, Gilles Deleuze, Jacques Lacan, Jean Baudrillard, gar an Bernard-Henri Lévy, André Glucksmann? Ich sehe keinen von ihnen als einen Philosophen. Es sind Schriftsteller, die zwischen Soziologie, Psychoanalyse, Sexualforschung, Politik und diesem und jenem Philosophen, von dem sie etwas aufgeschnappt haben, herumvagabundieren. Wie ihr Urvater Sartre.
So ist es. Madame C. würde vielleicht sagen 'Qualitätsphilosophen' ;-)
Zitat von ZettelSicherlich wird doch dort auch Analytische Philosophie betrieben?
Mein Eindruck ist ähnlich. Mir scheint, hier wird etwas arg deterministisch Dinge aus historischem abgeleitet, das keinen Bezug zu den heutigen Akteuren hat. 1900-1950 gab es neben dem Nationalsozialismus auch andere in anderen Staaten realisierte ähnlich gelagerte aber kleinere Verbrechen im Namen des Kommunismus oder Imperialismus. Insofern ist das nicht spezifisch deutsch, die Ausführung in Richtung Perfektionismus schon eher.
Was heutige Meinungsfreiheit angeht, so gibt es ähnliche Intoleranz und Niederbügeln anderer v.a. konservativer Meinungen oder Demonstrationen nicht nur in Deutschland, sondern in weiten Teilen des westlichen Europas.
In gewissem Sinne ist die Öko-Bewegung die technische Antwort auf den Treibhauseffekt, der ja weltweit diskutiert wird. So gesehen ist Deutschland innovativ und problemorientiert, was zu technischem Fortschritt vor den anderen führen kann... aber nicht muss.... wie man sieht... oder auch nicht sieht, denn neben viel Unsinn entstehen auch gute Konzepte wie Niedrigenergiehäuser trotz schwierigem kalten Umfeld. Die Kritik daran erscheint mir ähnlich wie, wenn man zu Karl Benz gesagt hätte "Die langsamen Stinkedinger..... das glauben sie doch selbst nicht...."
Ähnlich wie was von wem? Seien Sie mir nicht böse, lieber Blub - aber was soll ich mit so einem Beitrag anfangen?
Ich lese im Flat-Modus, neue Beiträge zuerst. Um zu wissen, was Sie meinen, mußte ich in den Threaded-Modus wechseln, dort herumsuchen, bis ich Ihren jetzigen Beitrag gefunden hatte, dann nachsehen, wo er denn in den Verzweigungen der Baumstruktur steht und auf wen sie also antworten. Dann mußte ich auf diesen Beitrag - von Leibniz, wie sich herausstellte - klicken und ihn nachlesen.
Dann endlich wußte ich, worauf Sie Ihr "Mein Eindruck ist ähnlich" beziehen.
Normalerweise hätte ich das nicht gemacht, sondern einfach das Lesen Ihres mir unverständlichen Beitrags abgebrochen. Ich habe es diesmal gemacht, um diese Antwort schreiben zu können.
Ist denn der eine Klick auf die Schaltfläche "diesen Beitrag zitieren" rechts unter dem Schreibfenster so schwer, mit dem Sie das, worauf Sie sich beziehen, mühelos in das Schreibfenster kopieren können? Oder hat es sich immer noch nicht herumgesprochen, daß das so funktioniert?
Zitat von Leibniz"Durch wildes Spekulieren, Pathos, Angst und Geraune" wird man zum Beispiel nicht Exportweltmeister.
Zitat von LlarianIst Deutschland ja auch nicht.
Sie müssen doch bitte den Kontext der Diskussion sehen, sie bezieht sich ja nicht nur auf das Tagesgeschehen. Hier ist die Rede von der Relevanz von Verhaltensweisen und Befindlichkeit der Deutschen seit mindestens 1949, wenn nicht, wie Zettel eher meint, von Jahrhunderten.
In den letzten 10 Jahren war Deutschland 5 mal Exportweltmeister (nach Wikipedia).
Zitat von LlarianUnd auf lange Sicht wird es das wohl auch nicht wieder werden.
Aber warum? Weil ein Gigant wie China aufgewacht ist. Das ist aber nichts Neues, und es ändert auch nichts daran, dass man "durch wildes Spekulieren, Pathos, Angst und Geraune" nicht Exportweltmeister wird.
Dazu übrigens auch FAZ-Online von heute: "Die deutschen Aus- und Einfuhren sind im März auf Rekordwerte gestiegen. Die Ausfuhren waren um 15,8 Prozent höher als im März 2010. Damit könnte bei den Exporten in diesem Jahr erstmals die Umsatzgrenze von einer Billion Euro geknackt werden. Volkswirte sehen Deutschland vor einem goldenen Jahrzehnt."
Zitat von LeibnizDies auf der einen Seite und heute Marine Le Pen, Vorsitzende der Front National, wieder Wikipedia: "Umfragen im März 2011 sagen ihr dafür 23 Prozent der Wählerstimmen voraus, womit sie vor Staatspräsident Nicolas Sarkozy (21%) läge."
Zitat von LlarianUnd wieso sollte das irrational sein ?
Die Front National ist eine rechtsextreme Partei. Ein Wählerverhalten das zum Extremismus neigt ist irrational. Wieso soll ich Ihnen das eigentlich erläutern?
Daneben wirft es auch ein Schlaglicht auf die meiner Meinung nach irrige Ansicht von Zettel, die Franzosen seien 'rationaler' als die Deutschen. Dass Descartes das Karopapier für Rechenaufgaben erfunden hat reicht da nicht aus.
Während aber Zettels Vision, dass der König von Friedrichshain/Kreuzberg und Ostprenzlistan "nach dem Wahlsieg von Rotgrün ein Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten" eine eher persönliche deutsche Nachtmahr ist, ist die Möglichkeit, dass der nächste Président de la République française eine extreme Figur ist, eine reale französische.
Zitat von LeibnizDie Front National ist eine rechtsextreme Partei. Ein Wählerverhalten das zum Extremismus neigt ist irrational. Wieso soll ich Ihnen das eigentlich erläutern?
Der Front National, lieber Leibniz, hat sich unter Marine Le Pen sehr gewandelt.
Sie hatte heftige Auseinandersetzungen mit ihrem Vater, der ihr widerwillig das Ruder überlassen hat. Bereits bevor sie Vorsitzende wurde, war der extremistische Flügel unter Bruno Mégret weggebrochen; dieser hatte eine eigene Partei gegründet, die aber wenig Erfolg hatte.
Marine Le Pen hat sich dann in weiteren Machtkämpfen gegen die im FN verbliebenen Extremisten durchgesetzt; angeführt von Bruno Gollnisch. Ich habe sie einige Male in Interviews und Diskussionen auf den Sendern France24 und LCP gesehen. Sie vertrat jedenfalls dort keine extremistischen Auffassungen sondern lag, sagen wir, auf der Linie der CSU. Sie bejaht die Fünfte Republik mit ihren Institutionen; anders als ihr Vater, der immer noch Vichy nachtrauert.
Wenn rund ein Viertel der Franzosen, in einigen Umfragen noch mehr, sagen, sie würden Marine Le Pen wählen, dann sind das überwiegend keine Extremisten. Es sind viele Konservative dabei, die Sarkozy gewählt hatten und die von dessen Kurs und seiner Leistung als Staatspräsident enttäuscht sind.
Zitat von ZettelDie Grundrechte sind in der Bundesrepublik Deutschland durch das Grundgesetz garantiert, das unmittelbar geltendes Recht ist. Es gibt aber kein internationales Grundgesetz, das in derselben Weise die Souveränität eines Staats garantieren würde.
Natürlich gibt es das. Ich muß gar nicht mit der UN-Charta kommen, sondern verweise auf das klassische Völkerrecht, welches zwar souveränen Staaten das Recht zur Kriegsführung gibt, aber ihnen auch abverlangt, daß dieser Krieg zu erklären ist. Und seit wann befinden sich denn nun die USA und Pakistan im Krieg?
Zitat von lois janeEin Parallelfall wäre die Entführung Eichmanns aus Argentinien, nicht irgendein vorgehen im Südlibanon.
So ist es. Und auch das war gerechtfertigt.
Eichmann hat man ja auch nicht ermordet, sondern ihn vor ein Gericht gestellt. Und er hat wesentlich mehr Tote zu verantworten als OBL.
Zitat Eine petitesse im Vergleich damit, daß Pakistan seit Jahrzehnten zwar offiziell die Kaida und die Taliban bekämpft, einflußreiche pakistanische Kreise sie aber unterstützen. Haben Sie in dem Artikel von Harsh V. Pant die Information gelesen, daß der pakistanische Geheimdienst ISI sogar Vertreter in der Quetta Shura hat, dem Kriegsrat der Taliban?
Nein, habe ich nicht gelesen, wußte ich aber im Großen und Ganzen schon. Tut nur nichts zur Sache, denn wenn diese Logik zieht, darf nun andererseits jeder nach Lust und Laune die amerikanische Souveränität verletzen, weil diese ja die pakistanische ... Und diesen darf dann wiederum ein anderer angreifen.
Es sei denn, Sie - nein nicht Sie, sondern die USA - sehen das pakistanische Verhalten einen kriegerischen Akt und antworten entsprechend. Das ist derzeit nicht geschehen.
Zitat von LlarianZum ersteren hat sich Bin Laden im Krieg gesehen. Und die USA sieht sich im Krieg mit der Kaida. Somit ist das gegenseitige Töten von Kombatanten nicht illegal, weder im Völkerrechte noch im Staatsrecht. Dabei ist es auch vollkommen unerheblich ob der Betroffene unbewaffnet ist oder nicht. Kein Bomberpilot und auch kein Scharfschütze kontrolliert ob der Gegner bewaffnet ist.
Da haben wir, lieber Llarian, parallel fast dasselbe geschrieben.
Das Traurige ist, daß man im heutigen Deutschland (ich habe gerade die neuesten Zahlen von "Sonntagsfrage aktuell" bekommen - Grüne 25,5%, SPD 23,0%, Linke 8,5%; zusammen also 57 Prozent gegen CDU 32,5 Prozent; FDP nicht mehr im Bundestag) mit dieser simplen Wahrheit bereits ein krasser Außenseiter ist.
Herzlich, Zettel
Nur sind wir halt nicht mehr in der Steinzeit: Krieg heißt ja nicht, alle Angehörigen der Gegenseite töten zu dürfen.
Und, Zettel, mit der Parteizugehörigkeit hat das nicht im Geringsten etwas zu tun. Weder würden alle schwarz-gelben Ihre Meinung unterschreiben, noch dürften auf der Linken alle konsequente Pazifisten bzw. Kriegsvölkerrechtler sein.
Zitat von Martinwäre Ihre Interpretation conform mit den UN, dann frage ich mich, warum bei der Einflussnahme auf die Souveränität eines Landes (zuletzt Lybien, dann Irak, u.a.) die internationale Gemeinschaft dies überhaupt mühevoll auf Basis von Resolutionen durchführen will.
Dort handelte es sich eben um militärische Aktionen gegen dieses Land. Das jetzige Kommandounternehmen war aber nicht gegen das Land Pakistan gerichtet, sondern gegen eine einzelne Person, die sich - ohne pakistanischer Staatsbürger zu sein, nebenbei bemerkt - dort aufhielt.
Ich halte es für unwahrscheinlich, daß eine solche Handlung Gegenstand des Völkerrechts ist; so rechtswidrig sie nach pakistanischem Strafrecht sein mag. Aber wie gesagt - ich lasse mich, lieber Martin, gern belehren.
Natürlich ist eine solche Handlung Gegenstand des Völkerrechts und ein klarer Verstoß.
Auf dem Gebiet eines Staates hat dieser das Gewaltmonopol. Wer von außen hereinkommt, verletzt dieses ... ist das so schwer zu begreifen?
Zitat von LlarianIch stimme ihren Ausführungen, wie meistens, weitestgehend zu, lieber Zettel. Allerdings würde ich ein Wort dabei spalten wollen: Es ist weniger das Fehlen demokratischer Tradition als das Fehlen rechtsstaatlicher Tradition. Deutschland hat nicht unbedingt ein Demokratiedefizit, immerhin hat sich selbst Hitler demokratisch an die Macht geputscht. Und auch heute würde ich nicht sagen, dass die Bundesregierung eine Minderheit vertritt. Das Problem besteht vielmehr in dem Fehler rechtsstaatlicher Tradition, die die Grundrechte achtet, egal ob der Betreffende ein Kapitalist (pfui), ein Rechter (oberpfui) oder gar ein Befürworter von Kernkraftwerken (megapfui) ist.
Dazu kommt ein massiver Hang zum Irrationalen. Erstaunlicherweise muss man konstatieren, dass die Mehrheit der Deutschen Moral für wichtiger halten als Ratio und noch witzigererweise ist die Moral dabei recht austauschbar. Die Idee des Rechtsstaates ist dagegen eher eine rationale, ethische Idee. Der Konflikt ist damit deutlich auf der Hand liegend. Und wenn in Deutschland der Rechtsstaat im Widerspruch zur Moral steht, ist offensichtlich wer in einem demokratischen Entscheid am Ende recht behält. Nach meinem Dafürhalten ist mehr Demokratie nicht unbedingt hilfreich, wenn man eigentlich Probleme mit dem Rechtsstaat hat.
Und irgendwo wäre diese Einschätzung zumindest dadurch exemplarisch "belegt", wie leichtfertig oder kaltschnäuzig hier das elementare Völkerrecht aus dem Fenster fliegt.
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