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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 195 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Llarian Offline



Beiträge: 7.115

24.09.2011 09:32
#126 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von WasIstLiberal?
Ich kenne keinen Menschen der den Tod rückgängig machen kann.


Und wen kennen Sie, der eine lebenslange Haftstrafe wieder rückgängig machen kann ?

Zitat
Wollen Sie also sagen es ist ein "zu aktzeptierender" Fehler wenn einem hier "mal" ein solches ja wie soll man es nennen? "Malheur" passiert?


Genaugenommen habe ich das gar nicht bewertet sondern nur darauf hingewiesen, dass solche Fehler die Folgen eines Justizsystemes sind, dass Sanktionen vergibt. Die Forderung das solche Fehler nicht passieren können ist äquivalent mit dem Abschaffen der Justiz, ich denke nur, dass Sie diese Konsequenz nicht akzeptieren werden. Eine Justiz ohne Fehler zu wollen ist legitim, aber es ist ein Wunsch und nichts weiter. Mit Wünschen kann man aber keine Gesellschaft erhalten.

Zitat
Ich will Ihnen bei dem nicht wiedergutzumachenden Unrecht gar nicht widersprechen. Nur wird hier "falsch" entschieden, wird eben ein nicht wiedergutzumachendes Unrecht begangen.


Das ist bei einer lebenslangen Haftsstrafe nicht ein bischen anders.

Zitat
Nein, ich stimme nicht mit Ihnen überein, die Todesstrafe ist jenseits allen Rechts und es gibt nichts was den Namen "Recht" weniger verdient.


Wo habe ich das bitte gesagt ? (bitte mit exaktem Zitat)

Zitat
Wie kann man das als "schwach" bezeichnen?


Eine widersprüchliche Argumentation ist immer schwach. Ich denke es gibt einige sehr gute Argumente, die man vorbringen kann. Viele, die man nur bewerten kann, ohne sie im Kern widerlegen zu können (insbesondere ethische Argumente, die auf den Wert des Lebens an sich zielen). Aber ihr Argument ist schwach, weil es widersprüchlich ist. Es basiert auf einer Vorgabe, die man nicht erheben kann und mit der Todesstrafe selbst überhaupt nichts zu tun hat.

Zitat
Wie kann es sein, daß eine "gerechte" Strafe sich als nicht wiedergutzumachendes Unrecht herausstellen kann?


Das ist das Wesen nahezu jeden Justizirrtums. Es erweist sich grundsätzlich als ungerecht. Das ist eine ganz simple Folge der Forderung einer Justiz selbst. Den geständigen Täter mit dem Tatwaffe in der Hand über seinem Opfer mit hundert Zeugen und Motiv und Ankündigung und Wasweisichnochalles, den gibts im Fernsehen. Und sonst nirgends. Jedes Urteil birgt das Risiko eines Jusitzirrtums. Und jeder Justizirrtum im Zusammenhang mit einem Kapitalverbrechen schafft nicht wiedergutzumachendes Unrecht.

Zitat
Lasst es uns trotzdem machen oder eher "lassen wir es besser"?


Das für sich ist das korrekte Argument. Aber nicht gegen die Todesstrafe sondern gegen die Justiz. Man kann das fordern, ich finde ich finde es auf seine Art legitim. Aber sinnvoll ? Mich überzeugt es nicht.

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

24.09.2011 10:05
#127 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Ich will Ihnen nicht widersprechen. Ich bin für mich nicht bereit die Folgen eines Todesurteils zu tragen, daher lehne ich die Todesstrafe ab. Und mit einer Justiz die so etwas "mitmacht" möchte ich nicht zu tun bekommen. Also bleibe ich solchen Ländern fern. Möge das jeder mit sich ausmachen, ich für meinen Teil habe es für mich "entschieden".

ex-blond Offline




Beiträge: 155

24.09.2011 11:13
#128 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von WasIstLiberal
Ich finde die dort genannten "Irrtumszahlen" einfach ungeheuerlich


Ich habe mir den Artikel von George Ryan durchgelesen. Außer dem Beispiel Anthony Porter wird keine Irrtumszahl genannt. Hier gibt es jedoch eine Liste.
Ich denke, man muss sich die US-Fälle einzeln ansehen, oftmals wird da nicht die Unschuld eindeutig bewiesen, sondern auf Grund neuer Techniken (z.B. DNA Analyse) ist die Schuld nicht mehr eindeutig und somit kommt ein Todesurteil nicht in Frage, Beispiel "A prosecutor today dismissed murder charges against Paul House, 24 years after Union County killing for which he was sentenced to death row". Da heißt es auch:

Zitat von Zeitungsartikel
Phillips told Blackwood that the testing showed the blood got on House's jeans "as a result of contact with the victim and not as a result of negligence or misconduct by law enforcement."

However, he said that fact alone would not support a murder conviction and, at most, would help prosecutors prove House was an accessory by helping dump her body.


Es spricht für das Justizsystem im Illinois, wenn von vorneherein nur in 2% aller Morde die Todesstrafe ausgesprochen wurde.
Zu dem Artikel gäbe es noch viel zu sagen und zu diskutieren, ich finde ihn sehr interessant und aufschlussreich, danke für den Link :-)

http://antialleinerziehende.wordpress.com/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

24.09.2011 12:02
#129 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von ex-blond
Es spricht für das Justizsystem im Illinois, wenn von vorneherein nur in 2% aller Morde die Todesstrafe ausgesprochen wurde.

Das ist, liebe Ex-Blond, ein wichtiger Punkt, der oft übersehen wird. In der Regel werden in den USA ja Mörder nicht zum Tode verurteilt. Das geschieht nur bei besonders verabscheuungswürdigen Morden. Allerdings sind die Maßstäbe hierfür, wie anders, sehr verschieden.

In diesen Tagen geht eine makabre Geschichte durch die amerikanische Presse:

Zitat
Texas stopped serving so-called last meals to death row inmates this week after a state lawmaker complained about an inmate request he considered excessive.

The furor arose after Lawrence Brewer, 44, a convicted murderer and self-described white supremacist, requested a last meal that included: two chicken-fried steaks with gravy and sliced onions; a triple-patty bacon cheeseburger; a cheese omelet with ground beef, tomatoes, onions, bell peppers and jalapeños; a bowl of fried okra with ketchup; one pound of barbecued meat with half a loaf of white bread; three fajitas; a meat-lover’s pizza; one pint of Blue Bell Ice Cream; a slab of peanut-butter fudge with crushed peanuts; and three root beers.

Brewer hatte aus reinem Rassismus einen Schwarzen mit den Füßen an einen Pickup gebunden und ihn über mehrere Kilometer zu Tode geschleift. Anschließend enthauptete er die Leiche und warf sie vor den Friedhof der Schwarzen in der betreffenden Stadt in Osttexas.

Ich bin aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die Todesstrafe; sie übersteigt aus meiner Sicht das, was der Staat darf. Aber viele der Minderheit von Mördern, die in den USA zum Tode verurteilt werden, haben sich derart scheußlicher Taten schuldig gemacht.

Hinzu kommen die Polizistenmörder. Das sieht man in den USA so, daß jemand, der einen Polizisten ermordet, nicht nur eine Tat gegen diesen einen Menschen, sondern auch gegen den Staat begeht.

Ein fortdauerndes Problem - in den USA intensiv diskutiert - ist die erwähnte Frage, ob stets dieselben Kriterien angelegt werden. Es gibt, wenn ich mich recht erinnere, Untersuchungen, wonach Schwarze für dieselben Taten eher zum Tode verurteilt werden als Weiße. Deshalb habe ich in dem Artikel erwähnt, daß die Jury, die Troy Davis verurteilt hat, aus sieben Schwarzen und fünf Weißen bestand.

Herzlich, Zettel

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.254

24.09.2011 13:24
#130 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von Zettel
Ein fortdauerndes Problem - in den USA intensiv diskutiert - ist die erwähnte Frage, ob stets dieselben Kriterien angelegt werden. Es gibt, wenn ich mich recht erinnere, Untersuchungen, wonach Schwarze für dieselben Taten eher zum Tode verurteilt werden als Weiße. Deshalb habe ich in dem Artikel erwähnt, daß die Jury, die Troy Davis verurteilt hat, aus sieben Schwarzen und fünf Weißen bestand.

Meine Antwort, lieber Zettel, passt jetzt vielleicht nicht zu 100 prozentig zu Ihrer Einlassung, dennoch meine ich, dass die von mir verlinkte Seite ein guter Einstieg zum Thema Todesstrafe in den USA ist. Wer sich damit beschäftigt, kann sich beim DPIC (Death Penalty Information Center) informieren. Deren durchsuchbare Datenbank (Link auf die zeitlich jüngsten Hinrichtungen) listet alle vollzogenen Todesstrafen seit 1977 mehr oder weniger detailliert (Geschlecht und Hautfarbe des Opfers, sowie des Täters, etc.) auf.

 
Mit freundlichem Gruß

--
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

tekstballonnetje Offline



Beiträge: 236

24.09.2011 14:35
#131 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von stefanolix
Eine moderne Form der Barbarei ist es, wenn der Staat einen Gefangenen exekutiert. Diese Form der Barbarei ist überwindbar. Deshalb sollte die Todesstrafe auf unbestimmte Zeit ausgesetzt und durch die wahrhaftig lebenslange Haftstrafe ersetzt werden.



Es gibt allerdings sehr unterschiedliche Vorstellungen von Barbarei. Ich hatte beispielsweise eine Mitschülerin, die sich gegen die Todesstrafe ausgesprochen hat. Nicht etwa, weil die Todesstrafe zu grausam wäre, sondern weil ihrer Meinung nach die Todesstrafe den Mörder von den Leiden seiner Haft erlöst und demnach eine zu gnädige Bestrafung darstellt...

ex-blond Offline




Beiträge: 155

24.09.2011 15:18
#132 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Hallo lieber Zettel,

Zitat von Zettel
Brewer hatte aus reinem Rassismus einen Schwarzen (...)


ja, das habe ich auch gehört - dieser Mörder wurde am selben Tag wie Troy Davis exekutiert. Auch Brewer hatte bis zuletzt behauptet, er habe den Mord nicht begangen.
Vor seiner Gefängniszelle gab es keinerlei Demonstrationen von Gegnern der Todesstrafe.
Ich vermute: die Grauenhaftigkeit der Tat ist für Außenstehende zu unmittelbar erkennbar und nachfühlbar. Jeder kann sich sofort ansatzweise in die Situation des Opfers hineinversetzen. Zudem hatte Brewer erklärt, er sei ein überzeugter "white supremacist", hatte also eine äußerst unsympathische Auffassung der Welt. Er passte damit von vorneherein auch nicht in das Schema 'Opfer von Rassismus'.

Zitat von Zettel
Ich bin aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die Todesstrafe; sie übersteigt aus meiner Sicht das, was der Staat darf.


Dürfte der Staat aus Ihrer Sicht eine buchstäblich lebenslängliche Freiheitsstrafe verhängen? Wenn ja: warum ziehen sie an dieser Stelle die Grenze?

http://antialleinerziehende.wordpress.com/

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

24.09.2011 16:49
#133 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von ex-blond

Zitat von WasIstLiberal
Ich finde die dort genannten "Irrtumszahlen" einfach ungeheuerlich


Ich habe mir den Artikel von George Ryan durchgelesen. Außer dem Beispiel Anthony Porter wird keine Irrtumszahl genannt. Hier gibt es jedoch eine Liste.




Sie haben recht ich habe mir das falsch was auf folgendes "zusammengereimt".
"Die Todesstrafe wird deshalb nicht fair und gerecht verhängt, weil es für die 102 Counties des Staates keine einheitlichen Richtlinien gibt. Die Staatsanwälte entscheiden, ob sie die Todesstrafe beantragen. Darf die Geographie bestimmen, wer zum Tode verurteilt wird? Ich meine nein, aber in Illinois gibt es solche Unterschiede. In den ländlichen Regionen besteht eine fünffach höhere Wahrscheinlichkeit, daß man zum Tode verurteilt wird, als etwa hier in Cook County. Eine fünffach höhere Wahrscheinlichkeit. Wo ist da die Fairneß, wo das rechte Verhältnis? "

Und da hab ich mir irgendwas mit Fehlern umgerechnet, was offensichtlich falsch war. Es ging also nicht um Irrtümer sondern um statistisch Unterschiede wann und wo die Todesstrafe "ausgesprochen" wird.... Warum es diese Unterschiede geben könnte, weiß ich nicht und warum es auf dem Land soviel mehr Mörder geben sollte die den Tod verdienen leuchtet mir nicht ein. Sagt aber nichts über die "irrtümlchen" Toten aus. Das habe ich schlicht und einfach falsch verstanden.

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

24.09.2011 17:14
#134 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von ex-blond


Zitat von Zettel
Ich bin aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die Todesstrafe; sie übersteigt aus meiner Sicht das, was der Staat darf.


Dürfte der Staat aus Ihrer Sicht eine buchstäblich lebenslängliche Freiheitsstrafe verhängen? Wenn ja: warum ziehen sie an dieser Stelle die Grenze?




Ich denke das hängt mit der Unumkehrbarkeit zusammen. Sie könne sich noch so viele Gründe ausdenken, warum die Todesstrafe (gut?, gerecht?, angemessen?, angebracht?) sein könnte. Nach der Exekution ist gar nichts mehr möglich, außer den Toten zu begraben. Darum kann man sehr gut schon sehen (jedenfalls meines Erachtens) warum hier eine Grenze ist und ich finde diese Grenze "absolut". Sie sehen es anders nur hier in Deutschland ist die Todesstrafe eben kein "Recht" und das gut so. Die Todesstrafe in den USA ist dort "Recht" aber das finde ich schlecht. Warum auch eine Todesstrafe in einem Rechtstaat besser sein sollte als in einer Diktatur wurde ja hier schon breit beleuchtet. Was für mich wenig überzeugend ist, für mich ist es eine, darf man es so nennen, Schandfleck im Recht der USA. Sich mit China und anderen Diktaturen hier auf eine Ebene zu befinden finde ich schrecklich. Ich finde es auch höchst bedenklich, daß man sich bei China kaum aufregt. Man liest ja nur "mal eben" so etwas als Randnotiz und China ist mit Abstand der größte staatliche Lebensvernichter durch Todesstrafe.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

24.09.2011 17:22
#135 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von WasIstLiberal?

Sie könne sich noch so viele Gründe ausdenken, warum die Todesstrafe (gut?, gerecht?, angemessen?, angebracht?) sein könnte. Nach der Exekution ist gar nichts mehr möglich, außer den Toten zu begraben. Darum kann man sehr gut schon sehen (jedenfalls meines Erachtens) warum hier eine Grenze ist und ich finde diese Grenze "absolut".



Vorschlag: Sobald die Ermordung des Opfers umkehrbar ist, reden wir wieder über die Unumkehrbarkeit einer Hinrichtung des Mörders.

Oder wie die Schweizer sagen: Den Galgen hat man abgeschafft, die Schelmen sind geblieben.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

24.09.2011 17:47
#136 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von JeffDavis

Zitat von WasIstLiberal?

Sie könne sich noch so viele Gründe ausdenken, warum die Todesstrafe (gut?, gerecht?, angemessen?, angebracht?) sein könnte. Nach der Exekution ist gar nichts mehr möglich, außer den Toten zu begraben. Darum kann man sehr gut schon sehen (jedenfalls meines Erachtens) warum hier eine Grenze ist und ich finde diese Grenze "absolut".



Vorschlag: Sobald die Ermordung des Opfers umkehrbar ist, reden wir wieder über die Unumkehrbarkeit einer Hinrichtung des Mörders.




Also Unrecht + Unrecht = Recht? Es hilft dem Ermordeten ungemein wenn sein Mörder hingerichtet wird. Also nützt es dann auch ungeheuer wenn man den Henker wieder "hinrichtet" usw. usf.?


Zitat

Oder wie die Schweizer sagen: Den Galgen hat man abgeschafft, die Schelmen sind geblieben.



Dem kann man nur beipflichten.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

24.09.2011 20:46
#137 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von WasIstLiberal?

Zitat von JeffDavis

Vorschlag: Sobald die Ermordung des Opfers umkehrbar ist, reden wir wieder über die Unumkehrbarkeit einer Hinrichtung des Mörders.



Also Unrecht + Unrecht = Recht? Es hilft dem Ermordeten ungemein wenn sein Mörder hingerichtet wird. Also nützt es dann auch ungeheuer wenn man den Henker wieder "hinrichtet" usw. usf.?




Ihre Gleichung enthält einen simplen, aber entscheidenden Fehler: Wenn ein Mörder entsprechend dem Gesetz und in einem justizförmigen Verfahren zum Tode verurteilt und hingerichtet wird, ist das Recht und kein Unrecht. Demzufolge erledigt sich auch der Rest Ihrer Gedankenkette.

Die Hinrichtung des Mörders hilft all denen, die er dann nicht mehr ermorden kann. Der Ermordete und seine Angehörigen haben die Genugtuung, daß der Mörder das gleiche Schicksal erleidet wie das Opfer. Außerdem hat man die Gewißheit, daß er sich nicht für den Rest seines Lebens in seiner Erinnerung an den Qualen erfreuen kann, die er seinem Opfer zugefügt hat.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

24.09.2011 21:12
#138 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von JeffDavis
Die Hinrichtung des Mörders hilft all denen, die er dann nicht mehr ermorden kann. Der Ermordete und seine Angehörigen haben die Genugtuung, daß der Mörder das gleiche Schicksal erleidet wie das Opfer. Außerdem hat man die Gewißheit, daß er sich nicht für den Rest seines Lebens in seiner Erinnerung an den Qualen erfreuen kann, die er seinem Opfer zugefügt hat.



Und nach der Hinrichtung eines fälschlich verurteilten Mörders sollen sich wohl die an der Hinrichtung Beteiligten ihr Leben lang mit der Erinnerung an die Tötung eines Unschuldigen abquälen?

Wenn zehn Jahre nach der Tat ein neuer DNA-Test den Beweis für die Schuld eines anderen liefert, kann man ja immer noch den »richtigen« Mörder hinrichten.

Ich habe mit Entsetzen gelesen, dass in einem Land, in dem die Scharia gilt, Verwandte des Opfers den entscheidenden Handgriff bei der Hinrichtung übernehmen können. Wollen wir uns als westliche Demokratien moralisch auf die selbe Stufe stellen?

Nein! Das ganze System ist falsch. Die Todesstrafe ist nicht nur wegen ihrer Opfer falsch. Es kommt ein schlimmerer Punkt hinzu. Die Todesstrafe muss gebannt werden, weil sie Menschen zu Henkern macht. Es sind Menschen, die einer unglaublichen Belastung unterliegen, weil man nicht gleichzeitig Mensch bleiben und Henker sein kann.

Es gibt nichts Richtiges in einem grundlegend falschen System. Deshalb war es auch falsch, den Verurteilten hinzurichten, der diesem Thread seinen Namen geben musste. Eine unbegrenzte lebenslange Haftstrafe hätte genügt.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

24.09.2011 21:58
#139 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von stefanolix

Und nach der Hinrichtung eines fälschlich verurteilten Mörders sollen sich wohl die an der Hinrichtung Beteiligten ihr Leben lang mit der Erinnerung an die Tötung eines Unschuldigen abquälen?



Ich frage mich, warum die Gegner der Todesstrafe immer nur über den zu Unrecht Verurteilten reden, nie über den zu Recht Verurteilten und nie über die Opfer. Mich interessiert aber der zu Recht verurteilte Mörder, denn um seinetwillen gibt es die Todesstrafe, nicht wegen unschuldig Verurteilter. Die sind idR ein Opfer des Justizsystems, die Fehler sind lange vor der Hinrichtung passiert. Da würde ich doch lieber das Justizsystem verbessern.

Im übrigen wird keiner gezwungen, Richter oder Henker zu werden. Und ja, damit können und müssen sich Angehörige dieser Berufsstände auseinandersetzen. Genauso wie zB der Arzt, der auch einen tödlichen Behandlungsfehler begehen kann. Mir ist auch nichts davon bekannt, daß sich in dem jahrhundertelangen Zeitraum, in dem es die Todesstrafe in Europa und den USA gab, Angehörige dieser Berufe keine Gedanken darüber gemacht hätten. Selbstverständlich gab es Kritik, Selbstzweifel, Einwände. An Richtern und Henkern hat es trotzdem nie gemangelt.

Zitat

Wenn zehn Jahre nach der Tat ein neuer DNA-Test den Beweis für die Schuld eines anderen liefert, kann man ja immer noch den »richtigen« Mörder hinrichten.


Selbstverständlich, denn er ist ein Mörder.


EDIT: Tippfehler

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

ex-blond Offline




Beiträge: 155

24.09.2011 23:02
#140 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von stefanolix
Die Todesstrafe muss gebannt werden, (…) weil man nicht gleichzeitig Mensch bleiben und Henker sein kann.

Doch, kann man. Sowohl der Henker, als auch der Mörder sind Menschen. Die Möglichkeit der Entscheidung zwischen gut und böse (nicht zwischen Leben und Nicht-Leben) ist, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Der Mörder ist ein Mörder, weil er ein Mensch ist.

Zitat von stefanolix
Ich habe mit Entsetzen gelesen, dass in einem Land, in dem die Scharia gilt, Verwandte des Opfers den entscheidenden Handgriff bei der Hinrichtung übernehmen können. Wollen wir uns als westliche Demokratien moralisch auf die selbe Stufe stellen?

Das hat dieselbe Logik wie: "Hitler war Vegetarier. Wollen Sie sich, wenn Sie sich vegetarisch ernähren, etwa auf eine Stufe mit Hitler stellen?"
Und ehrlich gesagt, mich entsetzt die Vorstellung, dass unmittelbar Betroffene den entscheidenden Handgriff bei einer Hinrichtung übernehmen können nicht. Halten sie Marianne Bachmeier für eine Barbarin? Ich nicht. Mir geht es eher so: wenn ich an sie denke, möchte ich sie tröstend umarmen.

http://antialleinerziehende.wordpress.com/

Llarian Offline



Beiträge: 7.115

24.09.2011 23:45
#141 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von stefanolix
Und nach der Hinrichtung eines fälschlich verurteilten Mörders sollen sich wohl die an der Hinrichtung Beteiligten ihr Leben lang mit der Erinnerung an die Tötung eines Unschuldigen abquälen?


Natürlich sollen sie das. Genauso wie sich bitte die Beteiligten eines unschuldig lebenslang einsitzenden Täters bitte auch damit abquälen sollen. Das ist nun einmal die Verantwortung, die man übernimmt, wenn man Urteile spricht.

Zitat
Wollen wir uns als westliche Demokratien moralisch auf die selbe Stufe stellen?


Seltsame Argumentation. Stellen wir uns dann nicht auch auf eine Stufe mit solchen Ländern, wenn bei uns die selben Sachen verboten sind ? Stehen wir auf einer Stufe mit dem Iran weil bei uns einer, der einen anderen schlägt, auch ins Gefängnis geworfen wird ? Und wenn nicht, warum denn nicht ?

Zitat
Es sind Menschen, die einer unglaublichen Belastung unterliegen, weil man nicht gleichzeitig Mensch bleiben und Henker sein kann.


Zum einen ist das eine ziemlich üble Argumentation, denn sie spricht einem Menschen das Menschsein, was man gemeinhin nicht einmal mit Massenmördern tut. Zum anderen, das soll doch wohl jeder selbst entscheiden. Es ist auch eine unglaubliche Belastung überhaupt Urteile über andere zu sprechen. Oder eine Waffe zum Schutz eines anderen Menschen einzusetzen. Das heisst nicht, dass es keine Menschen gibt, die sich dazu finden. Und Unmenschen sind das deswegen noch lange nicht. Im Gegenteil, mir ist eher geläufig, dass die meisten Henker ihren Job als genau das betrachten, als Job. Mitleidsfähigkeit oder Respekt vor menschlichen Leben sind keine Grundvorraussetzungen fürs Mensch sein. Ansonsten gäbe es auch nicht die Spur eines Problems bei einer Hinrichtung, schliesslich wird ja dann "kein Mensch" hingerichtet.

Zitat
Eine unbegrenzte lebenslange Haftstrafe hätte genügt.


Sagt wer ? Jedenfalls nicht diejenigen die zu Gericht sassen und darüber zu befinden hatten.

fedchan Offline



Beiträge: 129

24.09.2011 23:49
#142 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Hallo und Guten Abend.

Mein (wichtigstes) Argument gegen die Todesstrafe ist, dass m.E. niemand 'Angst' davor haben darf, wieder in die Rechtsgemeinschaft zurückzukehren. Was ich damit meine wird vielleicht deutlich angesichts des Beispiels eines Flüchtigen: Wenn er weiß, dass er schlimmstenfalls lebenslänglich ins Gefängnis kommt, mag er die Vorstellung sehr unangenehm finden, aber er ist nicht durch den nackten Überlebenswillen motiviert, weiterhin zu flüchten, und sich buchstäblich um jeden Preis der Justiz zu entziehen.

Gruß, fedchan

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.09.2011 00:58
#143 Die Todesstrafe ist voraufklärerisch Antworten

Liebe Ex-Blond,

Zitat von ex-blond

Zitat von Zettel
Ich bin aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die Todesstrafe; sie übersteigt aus meiner Sicht das, was der Staat darf.

Dürfte der Staat aus Ihrer Sicht eine buchstäblich lebenslängliche Freiheitsstrafe verhängen? Wenn ja: warum ziehen sie an dieser Stelle die Grenze?


Ich halte die buchstäblich lebenslange Strafe für inhuman. Man muß aus meiner Sicht einem Menschen Hoffnung lassen. Aber das kann man anders sehen; ich kann auch gut die Position von Stefanolix verstehen.

Wichtiger finde ich die Frage der Grenze. Lassen Sie mich etwas ausholen:

Bis zur Aufklärung gab es - neben der Verbannung und dem Einzug des Vermögens - im wesentlichen nur Körperstrafen.

Eingesperrt wurde jemand, weil man sich seiner bis zu einem Prozeß sicher sein wollte; weil er in den Schuldturm gesteckt wurde, bis seine Schulden beglichen waren; manchmal auch, um einen politischen Gegner aus dem Verkehr zu ziehen. Aber das Einsperren war keine Strafe; weder in der Antike noch im Mittelalter.

Gestraft wurde, von den erwähnten Ausnahmen abgesehen, körperlich: Durch Verstümmeln, durch Töten. Wie es heute noch die Scharia vorschreibt. Wobei besondere Bedeutung dem Prinzip Auge um Auge, Zahn um Zahn zukommt. Dem Täter soll das angetan werden, was er dem Opfer angetan hat; zur Genugtuung des Opfers oder seiner Hinterbliebenen.

Beispielsweise, indem ein Täter chirurgisch querschnittgelähmt wird, weil er sein Opfer mit einem Beil angegriffen und dabei gelähmt hatte. Kürzlich ging der Fall einer Iranerin durch die Presse, der ein Scharia-Gericht das Recht zugesprochen hatte, ihrem Ex-Freund die Sehkraft zu nehmen, weil dieser das ihr mit einem Säureattentat angetan hatte.



Warum empfinden wir solche Strafen heute als barbarisch? Weil der strafende Staat sich damit auf dieselbe Stufe wie der Täter stellt. Er ist ihm ethisch nicht überlegen, sondern er benimmt sich genauso grausam wie der Täter. Diese Körperstrafen sind archaisch, weil der Staat sich nicht als dem Täter ethisch überlegen benimmt, sondern auf dessen eigener ethischer Ebene zurückschlägt.

Es ist im Grunde das Prinzip der Blutrache: Wie du mir, so ich dir. Wie Halbwüchsige auf dem Schulhof: Der hat mich gehauen, also haue ich zurück.

Aber seit der Aufklärung, liebe Ex-Blond, sind wir doch (mehrheitlich) der Meinung, daß der Staat sich nicht auf eine Stufe mit dem Täter stellen sollte. Der Täter verhält sich unmoralisch, grausam, ungesteuert usw. Der Staat sollte rational, diszipliniert, kurz: vernünftig handeln.



Die Todesstrafe ist die letzte im Westen angewandte Strafe, die dem archaischen Prinzip des Auge um Auge, Zahn um Zahn folgt. Sie paßt nicht in eine aufgeklärte Gesellschaft.

Ich habe das schon einmal gefragt und möchte es auch Sie, liebe Ex-Blond, noch einmal fragen: Wenn Sie für die denkbar schlimmste Körperstrafe sind, das Töten - warum sind Sie dann nicht auch für mildere Körperstrafen wie das Abhacken der Hände, das Herausschneiden der Zunge oder das Ausstechen der Augen?

Und gleich noch eine zweite Frage, die auch in diesen Zusammenhang gehört: Warum werden eigentlich Exekutionen, die doch abschrecken sollen, nicht öffentlich vollzogen, also heutzutage im TV gezeigt? Und warum wird nicht guillotiniert - die humanste Art der Hinrichtung - sondern die Delinquenten auf dem elektrischen Stuhl, in der Gaskammer oder mittels der Giftspritze langsam zu Tode gebracht?

Herzlich, Zettel

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

25.09.2011 07:08
#144 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von JeffDavis

Zitat von WasIstLiberal?

Zitat von JeffDavis

Vorschlag: Sobald die Ermordung des Opfers umkehrbar ist, reden wir wieder über die Unumkehrbarkeit einer Hinrichtung des Mörders.



Also Unrecht + Unrecht = Recht? Es hilft dem Ermordeten ungemein wenn sein Mörder hingerichtet wird. Also nützt es dann auch ungeheuer wenn man den Henker wieder "hinrichtet" usw. usf.?




Ihre Gleichung enthält einen simplen, aber entscheidenden Fehler: Wenn ein Mörder entsprechend dem Gesetz und in einem justizförmigen Verfahren zum Tode verurteilt und hingerichtet wird, ist das Recht und kein Unrecht. Demzufolge erledigt sich auch der Rest Ihrer Gedankenkette.





Formulieren wir es mal etwas um. Wenn ein Oppositioneller entsprechend dem Gesetz und einem justizförmigen Verfahren zum Tode verturteil und hingerichtet wird, ist das Recht und kein Unrecht. Ich unterschreibe nun mal mit den üblichen Abschluß von louis_jane.

Kein Kommentar.

Kein Kommentar

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

25.09.2011 09:16
#145 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von WasIstLiberal?

Formulieren wir es mal etwas um. Wenn ein Oppositioneller entsprechend dem Gesetz und einem justizförmigen Verfahren zum Tode verturteil und hingerichtet wird, ist das Recht und kein Unrecht.




Sie formulieren nicht um, sondern verlagern die Diskussion auf einen Punkt, der mit unserer Frage nichts zu tun hat. Es geht nicht darum, ob, wann und unter welchen Umständen geschriebenes Recht auch mißbraucht werden kann. Wir diskutieren hier darüber, ob die Todesstrafe bei bestimmten Kriminellen erlaubt sein darf oder nicht. Es handelt sich um Personen, deren Verbrechen unstrittig ist. Springen Sie bitte nicht hin und her, sondern bleiben beim Thema, sonst zerfasert die Diskussion.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

25.09.2011 09:48
#146 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von JeffDavis
[quote="WasIstLiberal?"]
Es handelt sich um Personen, deren Verbrechen unstrittig ist. Springen Sie bitte nicht hin und her, sondern bleiben beim Thema, sonst zerfasert die Diskussion.



Dieses unstrittig umfaßt keine Fehlermöglichkeit mehr. Es ist 100 % sicher, der/die wars. Diesen Absolutheitsanspruch lehne ich ab. Ich werde mich dazu hier nicht mehr äußern.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

25.09.2011 10:04
#147 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von JeffDavis
Sie formulieren nicht um, sondern verlagern die Diskussion auf einen Punkt, der mit unserer Frage nichts zu tun hat. Es geht nicht darum, ob, wann und unter welchen Umständen geschriebenes Recht auch mißbraucht werden kann. Wir diskutieren hier darüber, ob die Todesstrafe bei bestimmten Kriminellen erlaubt sein darf oder nicht. Es handelt sich um Personen, deren Verbrechen unstrittig ist. Springen Sie bitte nicht hin und her, sondern bleiben beim Thema, sonst zerfasert die Diskussion.



Wenn die Todesstrafe eine ganz normale Strafe wäre: Was hielte uns dann davon ab, sie auch für Kindesmissbrauch, Ehebruch, Wirtschaftsdelikte oder oppositionelle Umtriebe zu verhängen? Für Kindesmissbrauch fordern es die Neonazis, für Ehebruch können Frauen in einigen Staaten auch heute noch gesteinigt werden, für Wirtschaftsdelikte wird die Todesstrafe in China bereits in vielen Fällen angewendet und für Opposition gegen den Staat wurde sie im 20. Jahrhundert wohl millionenfach vollstreckt.

Nun könnte man argumentieren: In den USA ist die Todesstrafe für bestimmte Vergehen eben eingeführt und das akzeptieren wir oder wir finden es sogar gut. Aber in anderen Ländern geht man viel weiter. Und das muss für aufgeklärte Menschen zumindest ein Grund zum Hinterfragen der Todesstrafe sein.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

25.09.2011 10:14
#148 RE: Die Todesstrafe ist voraufklärerisch Antworten

Zitat von Zettel
(…) Warum empfinden wir solche Strafen heute als barbarisch? Weil der strafende Staat sich damit auf dieselbe Stufe wie der Täter stellt. Er ist ihm ethisch nicht überlegen, sondern er benimmt sich genauso grausam wie der Täter. Diese Körperstrafen sind archaisch, weil der Staat sich nicht als dem Täter ethisch überlegen benimmt, sondern auf dessen eigener ethischer Ebene zurückschlägt.

Es ist im Grunde das Prinzip der Blutrache: Wie du mir, so ich dir. Wie Halbwüchsige auf dem Schulhof: Der hat mich gehauen, also haue ich zurück.

Aber seit der Aufklärung, liebe Ex-Blond, sind wir doch (mehrheitlich) der Meinung, daß der Staat sich nicht auf eine Stufe mit dem Täter stellen sollte. Der Täter verhält sich unmoralisch, grausam, ungesteuert usw. Der Staat sollte rational, diszipliniert, kurz: vernünftig handeln.



Die Todesstrafe ist die letzte im Westen angewandte Strafe, die dem archaischen Prinzip des Auge um Auge, Zahn um Zahn folgt. Sie paßt nicht in eine aufgeklärte Gesellschaft.

Ich habe das schon einmal gefragt und möchte es auch Sie, liebe Ex-Blond, noch einmal fragen: Wenn Sie für die denkbar schlimmste Körperstrafe sind, das Töten - warum sind Sie dann nicht auch für mildere Körperstrafen wie das Abhacken der Hände, das Herausschneiden der Zunge oder das Ausstechen der Augen?

Und gleich noch eine zweite Frage, die auch in diesen Zusammenhang gehört: Warum werden eigentlich Exekutionen, die doch abschrecken sollen, nicht öffentlich vollzogen, also heutzutage im TV gezeigt? Und warum wird nicht guillotiniert - die humanste Art der Hinrichtung - sondern die Delinquenten auf dem elektrischen Stuhl, in der Gaskammer oder mittels der Giftspritze langsam zu Tode gebracht?



Die Guillotine wird vermutlich deshalb nicht angewendet, weil sie auf die Vollstrecker und Zuschauer so barbarisch wirkt. Es gab ja vor einiger Zeit auch lange Diskussionen um die Erschießung, die wohl in einem Bundesstaat der USA noch zur Anwendung kommt. Bei beiden Hinrichtungsarten wird der Körper des Delinquenten (in Sekundenbruchteilen) sichtbar zerstört, mit allen Folgen, die damit verbunden sind. Dagegen wird die Giftspritze in einer pseudo-medizinischen Umgebung eingesetzt, als handele es sich um eine Art Operation. Aus ethischer Sicht sind alle Arten der Hinrichtung in gleicher Weise barbarisch.

Urlauber ( gelöscht )
Beiträge:

25.09.2011 10:27
#149 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von Zettel
Es gibt, wenn ich mich recht erinnere, Untersuchungen, wonach Schwarze für dieselben Taten eher zum Tode verurteilt werden als Weiße.

Was anderes kommt ja gar nicht in Frage, in den rassistischen USA.

Werfen wir einen Blick auf die Seiten des Bureau of Justice Statistics:
Von 1976 bis 2005 wurden 45,8% aller Morde von Weißen begangen, 52,2% von Schwarzen.
In jedem Jahr 1976 bis 2009 waren/sind mehr Weiße als Schwarze in den Todeszellen
2009 wurden 31 Weiße hingerichtet und 21 Schwarze.
2008 20 Weiße und 17 Schwarze
2007 28 Weiße und 14 Schwarze.
usw. usf.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

25.09.2011 11:19
#150 RE: Der Fall Troy Davis Antworten

Zitat von WasIstLiberal?
Dieses unstrittig umfaßt keine Fehlermöglichkeit mehr. Es ist 100 % sicher, der/die wars. Diesen Absolutheitsanspruch lehne ich ab. Ich werde mich dazu hier nicht mehr äußern.




Das ist schade, denn so bleibt unklar, warum Sie jetzt von der Frage der Todesstrafe für Mörder auf die Frage der Erkenntnissicherheit im strafgerichtlichen Verfahren springen. Der "Absolutheitsanspruch" gilt schließlich für jedes Verfahren, nicht bloß für die, die mit der Todesstrafe enden können. Unklar bleibt auch, welcher Grad der Sicherheit denn Ihrer Meinung nach für eine Verurteilung ausreichen soll/darf/muß, und was ein "Absolutheitsanspruch" überhaupt mit der Todesstrafe für Mörder zu tun haben soll.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

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