Zitat von ZettelWenn ich Zeit habe (was im Augenblick ungewiß ist), dann mache ich mal eine kleine internationale Presseschau.
Aber mit Artikeln, die auch konkret sagen, welche Vorteile Deutschland sich denn gesichert haben soll. In der NYT fehlt das.
Zitat Dieser Attitüde, daß immer wir Deutschen die Dummen sind und für die anderen zahlen müssen, kann ich überhaupt nichts abgewinnen.
Diese Attitüde ist dezidiert nicht die meine! Ich habe nie etwas dagegen gehabt, daß Deutschland Haupt-Nettozahler in der EU ist. Ich habe mehrfach explizit gesagt, daß ich es für sinnvoll und legitim finde, wenn man sich durch Zahlung von Geld außenpolitische Vorteile verschafft.
Zitat Wir zahlen, weil wir davon Vorteile für uns haben.
Dann bitte nennen Sie diese Vorteile! Und bitte nicht die Sache mit dem "Schutz vor dem gräßlichen Finanz-Crash". Dazu hatte ich schon die nötigen Gegenargumente gebracht.
Zitat von PopeyeLieber Zettel, bitte lesen Sie die Beiträge zum Thema bei AchGut, Freunde der offenen Gesellschaft, Bissige Liberale ohne Gnade, den Blog des Liberalen Institutes und den vielen dort verlinkten liberalen Blogs.
Ich fürchte, lieber Popeye, dass Zettel auch nach Lektüre dieser Blogs (von der ich auch annehme, dass sie stattfindet) bei seiner alten Liebe bleiben wird
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von RaysonVerträge, deren Einhaltung von wesentlichen Vertragspartnern nicht beabsichtigt ist und zu deren Durchsetzung es keinen wirksamen Mechanismus gibt, sind ihr Papier nicht wert.
Im Prinzip ja - aber das ist hier nicht der Punkt. Es war klar, daß das mit den Maastricht-Kriterien nicht funktionieren würde. Da war der Vertrag wertlos - aber das war auch nicht wirklich schlimm, solange die No-Bailout-Klausel hält.
Und die war eigentlich klar genug, da reicht das Interesse eines wesentlichen Vertragspartners (nämlich Deutschland), um eine Einhaltung zu garantieren. Es hätte nämlich schlicht gereicht, unter Berufung auf diesen Vertrag "Nein" zu sagen - und kein Euro wäre aus Deutschland geflossen. Diese Klausel diente dem Schutz deutscher Interessen und es war davon auszugehen, daß eine deutsche Regierung davon auch Gebrauch machen würde.
In dem Moment, in dem Merkel freiwillig und ohne wirkliche Not diese Klausel in die Tonne getreten hat, wurde der Vertrag wertlos. Aber ein so unsinniges Verhalten einer deutschen Regierung konnten die deutschen Unterhändler beim Euro-Vertrag wirklich nicht erwarten.
Zitat von PopeyeLieber Zettel, bitte lesen Sie die Beiträge zum Thema bei AchGut, Freunde der offenen Gesellschaft, Bissige Liberale ohne Gnade, den Blog des Liberalen Institutes und den vielen dort verlinkten liberalen Blogs.
Ich fürchte, lieber Popeye, dass Zettel auch nach Lektüre dieser Blogs (von der ich auch annehme, dass sie stattfindet) bei seiner alten Liebe bleiben wird.
Meine alte Liebe, lieber Rayson, ist die Vernunft; oder sagen wir genauer: die skeptische Vernunft.
Wenn du dir den Beitrag in Erinnerung rufst, der diesen ein wenig länglichen Thread ausgelöst hat, dann wirst du sehen, daß ich mich überhaupt nicht dazu äußere, ob der Weg, den die Regierungen Europas gehen, richtig ist.
Wie soll ich das beurteilen können? Ich vermute, daß es nur wenige Fachleute gibt, die das beurteilen können; und diese sind sich - siehe die Haltung von Sinn - vermutlich nicht einig.
Mir ging es bei dem Artikel - wie auch Poschardt - darum, daß die Arbeit der Kanzlerin gewürdigt wird. Sie leistet gute Arbeit. International wird das durchweg anerkannt; nur in Deutschland unterstellen ihr manche, daß es ihr nur um ihr Amt ginge. Dagegen habe ich mich gewandt.
Ob der eingeschlagene Weg richtig ist, das ist eine ganz andere Frage. Eine, die man vermutlich nie wird beantworten können, weil man ja nicht weiß, was gewesen wäre, wenn man sich anders entschieden hätte.
Zitat von R.A.In dem Moment, in dem Merkel freiwillig und ohne wirkliche Not diese Klausel in die Tonne getreten hat, wurde der Vertrag wertlos. Aber ein so unsinniges Verhalten einer deutschen Regierung konnten die deutschen Unterhändler beim Euro-Vertrag wirklich nicht erwarten.
Nicht? Ich behaupte, dass es von den meisten erwartet wurde. Das war auch der Grund für die relativ geringen Spreads griechischer Anleihen.
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Zitat von ZettelMeine alte Liebe, lieber Rayson, ist die Vernunft; oder sagen wir genauer: die skeptische Vernunft.
O.k., das mag deine ältere Liebe sein Aber eine, die auch schon einige Zeit andauert, ist die zu unserer Kanzlerin. Du hast ja hier eine Reihe von Kommentatoren und Mitbloggern um dich versammelt, die durchaus große Schnittmengen mit deinem Weltbild haben. Nur in einem liegst du praktisch mit allen über Kreuz: in der Beurteilung der Kanzlerin. Nun geht, was ich gerne eingestehe, Quantität nicht vor Qualität, aber ich nehme für mich in Anspruch, ein selbstkritischer Typ zu sein, der auch gerne um der Übung willen mal Thesen verkündet, die er in Wirklichkeit gar nicht vertritt, aber wenn hier so viele Kommentatoren, von denen ich etwas halte, so ziemlich dasselbe denken wie ich, dann fällt es mir sehr schwer, zu der Überzeugung zu gelangen, dass ich Unrecht habe
Zitat von ZettelWie soll ich das beurteilen können? Ich vermute, daß es nur wenige Fachleute gibt, die das beurteilen können; und diese sind sich - siehe die Haltung von Sinn - vermutlich nicht einig.
Aber, lieber Zettel, vor dem Problem stehen wir doch fast immer. Und wir versuchen trotzdem, uns eine eigene Meinung zu bilden. Es mangelt im konkreten Fall ja auch nicht an Hinweisen, welche zumindest aus liberaler Sicht tendenziell eine vernünftige wäre. Da wären z.B. zu nennen: seitens der bestimmenden Akteure Unaufrichtigkeit und Verbalinjurien, entgegen deiner Andeutungen eine nahezu einhellige Beurteilung durch die zuständige Wissenschaft, wichtige liberale Grundsätze des Wirtschaftens wie z.B. die persönliche Verantwortung für eigene Entscheidungen.
Wirklich Führung und wirkliche Stärke wäre, das eigentliche Problem anzugehen. Und das ist, wahrlich nicht nur meiner Meinung nach, die Grundsatzfrage, wie es mit der Eurozone weitergehen soll. So lange diese Frage nicht beantwortet ist, so lange werden die Finanzmärkte auch keine Ruhe geben, Und da gibt es eben nur diese zwei Modelle: Zentralmacht oder Spaltung. Aber vor dieser Frage drückt sich die Stimmungskanzlerin.
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Zitat von R.A.In dem Moment, in dem Merkel freiwillig und ohne wirkliche Not diese Klausel in die Tonne getreten hat, wurde der Vertrag wertlos. Aber ein so unsinniges Verhalten einer deutschen Regierung konnten die deutschen Unterhändler beim Euro-Vertrag wirklich nicht erwarten.
Nicht? Ich behaupte, dass es von den meisten erwartet wurde. Das war auch der Grund für die relativ geringen Spreads griechischer Anleihen.
Vielleicht liegen die deutschen Interessen u.a. darin das, ich sag das jetzt mal so, erfolgreiche Wirtschaftsmodel inklusive Länderfinanzausgleich auf Europa zu übertragen. Da gibt es keine No Bail Out-Klausel. Frankreich ist vermutlich genauso überzeugt das sein zentralistisches System besser ist und die bekommen noch Recht aus Übersee doch endlich die EZB das benötigte Geld einfach drucken zu lassen.
Ich kann diese Darstellung in keiner Weise nachvollziehen. Bei einer Insolvenz Griechenlands hätten sich die Gläubiger mit Griechenland einigen und Verluste in Kauf nehmen müssen. Schließlich habe sie für das erhöhte Ausfallrisiko auch höhere Zinsen genommen, erst das Eingreifen der Politik nahm die Banken aus ihrer Verantwortung. Außerdem bestehen starke Zweifel an den "50%":
Zitat Griechenland wird Ende des Jahres 354 Mrd. Euro verschuldet sein. Ende des Jahres werden voraussichtlich 73 Mrd. € von IWF und Eurostaaten bewilligt worden sein. Die EZB hält angeblich griechische Anleihen zum Nominalwert von 75 Mrd. €, so dass die Schulden bei Banken und anderen 206 Mrd. € umfassen. Angeblich sollen die griechischen Banken rund 85 Mrd. griechische Anleihen selbst halten. Es scheint nicht sehr wahrscheinlich, dass diese Institute an einer Umschuldung Griechenlands beteiligt werden, sie müssen und müßten selbst rekapitalisiert werden. Für eine fünfzigprozentige Umschuldung bleiben daher nur die verbleibenden 121 Mrd. € übrig. 60,5 Mrd. im Verhältnis zur Gesamtverschuldung von 354 Mrd. € sind daher keine 50 % sondern lediglich 17 %. So zerrinnt der harte Schuldenschnitt für Griechenland am Ende doch im Nirvana.
Zitat von Erling PlaetheVielleicht liegen die deutschen Interessen u.a. darin das, ich sag das jetzt mal so, erfolgreiche Wirtschaftsmodel inklusive Länderfinanzausgleich auf Europa zu übertragen.
Und das meinst du nicht ironisch?
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Zitat von UrlauberAls der Schwindel zwei Jahre später aufflog, wurden Rettungspakete geschnürt und Rettungsschirme aufgespannt. Fachkundige Kommentatoren schätzen den Schaden auf eine halbe Billion.
Vielleicht sind es auch nur vierhunderfündundvierzig Milliarden. Gerade lesen wir, dass die HRE sich um 55.000.000.000€ verrechnet hat. Was wir nicht kritisieren. Irren ist menschlich. Und Hand aufs Herz, hat sich nicht jeder von uns schon mal um 55 Fantastilliarden vertan?
Zitat von ZettelIch habe wirklich den Eindruck, daß in Deutschland in einem Anfall von nationalem Masochismus das, was überall als großer Verhandlungserfolg der Kanzlerin gesehen wird, in sehr deutscher Manier bejammert wird.
Vielleicht liegt es daran, dass uns keiner den angeblichen Erfolg erklärt. Ich wäre schon einer vernünftigen Argumentation zugänglich, wenn da nur eine wäre.
Das wollte ich damit andeuten. Was soll man davon halten, wenn eine Bank sich um zig Milliarden verrechnet, wenn eine andere mit Note eins gestressteste Bank ein Viertel Jahr später zig Milliarden für ihre Rettung benötigt? Die vom Staat veröffentlichten Zahlenwerke sind doch Humbug von Anfang bis Ende.
Zitat von Erling Plaethe Vielleicht liegen die deutschen Interessen u.a. darin das, ich sag das jetzt mal so, erfolgreiche Wirtschaftsmodel inklusive Länderfinanzausgleich auf Europa zu übertragen.
Erfolgreich ? Machen Sie Witze ? Der Länderfinanzausgleich ist eins der schlechtesten politischen Konzepte in Deutschland, er hat die Lebensunterschiede zwischen Nord und Süd zementiert, er leistet der Verschwendung Vorschub wie kaum ein anderes Umverteilungsinstrument. Nur ein einziges Bundesland hat es in 50 Jahren geschafft von unten nach ganz oben zu kommen. Ein einziges. Der Rest ist fixiert. Ausgerechnet dieses Pleitegesetz als Vorbild etablieren zu wollen bedeutet im Endeffekt in Europa die Einkommenspyramide auf Jahrzehnte zu zementieren.
Zitat von UrlauberDie vom Staat veröffentlichten Zahlenwerke sind doch Humbug von Anfang bis Ende.
Nicht nur die vom Staat veröffentlichten. An den Bilanzierungsvorschriften schreiben auch viele andere mit, nicht zuletzt über Umwege die Betroffenen. Der Umstieg von HGB zu IFRS/US-GAAP ist ein Grund, warum deutsche Banken mit drin stecken im Dilemma.
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Zitat von ZettelWas passiert mit dem französischen, dem europäischen Bankensystem, wenn die Griechen einfach bankrott gehen und ihre Staatspapiere danach noch so viel wert sind wie heute die Aktien der Bagdad-Bahn?
Ob dabei auch die französischen Banken sind kann ich nicht sagen. Sollten sich die europäischen Banken aber gut versichert haben dürfte ein großer Teil der Kosten bei amerikanischen Versicherern hängen bleiben.
Es ist in bisschen wie die 'Reise nach Jerusalem'.
Zitat von Erling PlaetheVielleicht liegen die deutschen Interessen u.a. darin das, ich sag das jetzt mal so, erfolgreiche Wirtschaftsmodel inklusive Länderfinanzausgleich auf Europa zu übertragen.
Zitat von Erling Plaethe Vielleicht liegen die deutschen Interessen u.a. darin das, ich sag das jetzt mal so, erfolgreiche Wirtschaftsmodel inklusive Länderfinanzausgleich auf Europa zu übertragen.
Erfolgreich ? Machen Sie Witze ? Der Länderfinanzausgleich ist eins der schlechtesten politischen Konzepte in Deutschland, er hat die Lebensunterschiede zwischen Nord und Süd zementiert, er leistet der Verschwendung Vorschub wie kaum ein anderes Umverteilungsinstrument. Nur ein einziges Bundesland hat es in 50 Jahren geschafft von unten nach ganz oben zu kommen. Ein einziges. Der Rest ist fixiert. Ausgerechnet dieses Pleitegesetz als Vorbild etablieren zu wollen bedeutet im Endeffekt in Europa die Einkommenspyramide auf Jahrzehnte zu zementieren.
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, nur scheint die miserable Qualität des Konzeptes die Qualität der Gesamtstruktur (soziale Marktwirtschaft) überhaupt nicht zu beeinträchtigen, sondern zu bestätigen und als Empfehlung für eine europäische Fiskalunion zu dienen. Also ich wundere mich nicht dass deutsche Interessen das deutsche Wirtschaftsmodel exportieren.
Viele Grüße, Erling Plaethe
WasIstLiberal?
(
gelöscht
)
Beiträge:
29.10.2011 06:54
#145 RE: Zitat des Tages: Die Leistung der Kanzlerin
Und die war eigentlich klar genug, da reicht das Interesse eines wesentlichen Vertragspartners (nämlich Deutschland), um eine Einhaltung zu garantieren. Es hätte nämlich schlicht gereicht, unter Berufung auf diesen Vertrag "Nein" zu sagen - und kein Euro wäre aus Deutschland geflossen. Diese Klausel diente dem Schutz deutscher Interessen und es war davon auszugehen, daß eine deutsche Regierung davon auch Gebrauch machen würde.
In dem Moment, in dem Merkel freiwillig und ohne wirkliche Not diese Klausel in die Tonne getreten hat, wurde der Vertrag wertlos. Aber ein so unsinniges Verhalten einer deutschen Regierung konnten die deutschen Unterhändler beim Euro-Vertrag wirklich nicht erwarten.
Dies Klausel war nicht nur für Deutschland da. Alle Länder die sich leidlich finanziell verhalten, konnten sich darauf berufen. Ich kann nicht verstehen warum nicht ein Land hier gesagt hat. "Ohne uns". Das mit den Finnen ist ja auch kein klares Nein, sondern "Ja aber" ich will weitere Vorteile. Ich verkneife mir hier mal ein Kommentar zur Slowakei denn was dort gelaufen ist kann man ja nur Betrug nennen.
Zitat von ZettelMeine alte Liebe, lieber Rayson, ist die Vernunft; oder sagen wir genauer: die skeptische Vernunft.
Skeptische Vernunft? Das sind doch nur die Vorurteile der Aufklärer...
Eine Haltung skeptischer Vernunft, lieber JeffDavis - eine Haltung also in der Tradtition von Hume, Kant, Popper - unterscheidet sich von den meisten anderen philosophischen Haltungen darin, daß sie methodischen und nicht inhaltlichen Prinzipien verpflichtet ist:
Eben gerade keine Vorurteile haben; Behauptungen darauf prüfen, ob sie in sich schlüssig und durch die Fakten gerechtfertigt sind; nicht aus allgemeinen Glaubenssätzen kurzschlüssig konkrete Aussagen ableiten - das sind die Maximen.
Ich versuche, aus dieser Haltung heraus beispielsweise die Klima-Diskussion zu kommentieren und - aktuell - an den beiden hitzigen Diskussionen teilzunehmen, die im Augenblick hier im Forum laufen.
Ich kann nicht sehen, daß es einen einfachen Weg aus der Krise Euroas gäbe und daß man nur die Klassiker des Liberalismus anwenden muß, und alles wird gut.
Ich behaupte auch nicht, daß der jetzt eingeschlagene Weg der alleinseligmachende ist. Er scheint mir allerdings wohlüberlegt zu sein. Ich habe den Eindruck, daß man sorgfältig und professionell arbeitet; daß die Kanzlerin sich ihrer Verantwortung bewußt ist und versucht, ihr gerecht zu werden.
Ob es gut geht, weiß ich nicht. Ob eine radikal liberale Lösung gut gegangen wäre, weiß ich ebensowenig. Die skeptische Vernunft sagt mir, daß man das nicht wissen kann; nur educated guesses anstellen.
Aus meiner Sicht wären die Folgen eines Nicht-Eingreifen des Staats unkalkulierbar. Auch in den beiden großen Krisen der zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hat der Markt es letztlich geregelt; aber zu dem Preis, daß viele Menschen verarmt sind.
Meine Großeltern sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits haben damals alles verloren. Vestigia terrent.
Vielleicht ist die Haltung in der jetzigen Krise deshalb auch eine Generationsfrage. Wer wie ich von den Großeltern erzählt bekommen hat, wie es war, als die Wirtschaft zusammenkrachte, der möchte dieses Risiko doch lieber vermeiden; auch wenn es vielleicht nicht sehr groß ist.
Oder nehmen Sie den Islam. Ich sehe die Gefahren des Islamismus; ich schreibe ja immer wieder darüber. Ich sehe die Bedrohung Israels durch den Iran, durch die Hamas und die Hisbollah.
Ich sehe zweitens etwas, was damit nur wenig zu tun hat; nämlich eine demographische Entwicklung in Deutschland, die dazu führen wird, daß in wenigen Generationen ein erheblicher Teil der Deutschen Moslems sind. Wir Nichtmoslems müssen unsere christlich-abendländische Kultur, vor allem (aus meiner Sicht) die Kultur der Aufklärung, also der kritischen Vernunft, vor den Gefahren bewahren, die damit einhergehen.
Wir müssen unsere kulturelle Überlegenheit ausspielen und dazu beitragen, daß der Islam in Deutschland sich verwestlicht, daß er so liberal wird, daß er in diese Gesellschaft integriert werden kann.
Wir dürfen nicht auf den Islam starren wie das Kaninchen auf die Schlange und uns vor ihm fürchten. Wir dürfen ihn nicht dämonisieren, sondern müssen ihn als das sehen, was er ist: Eine (gegenwärtig noch) rückständige Religion, die es dringend nötig hat, endlich in der Moderne anzukommen. Dazu können wir gerade in Deutschland beitragen.
Mir ist diese Angst vor dem Islam nicht nachvollziehbar. Ich sehe darin einen seltsamen abendländischen Selbstzweifel. Wir sind dem Islam in jeder Hinsicht überlegen; bis auf eine: Was das Selbstbewußtsein angeht.
Sie sehen, lieber JeffDavis, wenn man die kritische Vernunft pflegt, dann ist der natürliche Platz, auf dem man sitzt, der zwischen den Stühlen. Ich fühle mich da ganz wohl.
Es scheint sehr logisch was Hans-Werner Sinn in diesem Interview darlegt. Europa kann jetzt die alten Fehler wenn schon nicht korrigieren, so aber nicht wiederholen. Griechenland muss die Euro-Zone verlassen.
Zitat von Welt OnlineWelt Online: Herr Professor Sinn, die Regierungschefs meiden das Wort vom Staatsbankrott. Bedeutet der Schuldenschnitt, dass Griechenland jetzt pleite ist? Hans-Werner Sinn: Ja. Mit dem Schuldenschnitt wird nun offiziell anerkannt, dass Griechenland zahlungsunfähig ist.
Zitat von Welt OnlineWelt Online: Reicht der Schuldenschnitt von 50 Prozent? Hans-Werner Sinn: Nein. Mit dem Schuldenschnitt gelangen wir in Bezug auf die Höhe der Staatsverschuldung an den Punkt zurück, an dem die Griechenlandkrise angefangen hat. Es geht also wieder von vorne los. Das Hauptproblem ist, dass Griechenland nicht wettbewerbsfähig ist. Das Land ist bei den selbst erstellten Waren doppelt so teuer, wie sein dürfte, wenn man es mit der Türkei vergleicht. Griechenland müsste jetzt aus dem Euro austreten und seine Wettbewerbsfähigkeit über eine Abwertung verbessern. Außerdem kann es nicht sein, dass man ein Land, das seine Schulden nicht zurückzahlt, im Euroraum lässt. So wie man jetzt den Staatsbankrott akzeptiert hat, wird man irgendwann auch den Austritt akzeptieren, weil dies die einzige Möglichkeit ist, dass Griechenland wieder auf die Beine kommen kann.
Aus meiner Sicht wären die Folgen eines Nicht-Eingreifen des Staats unkalkulierbar. Auch in den beiden großen Krisen der zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hat der Markt es letztlich geregelt; aber zu dem Preis, daß viele Menschen verarmt sind.
Meine Großeltern sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits haben damals alles verloren. Vestigia terrent.
Herzlich, Zettel
Ich denke das Nichteingreifen des Staates trifft durchweg auch für diese Zeit nicht zu. Es wurde eingegriffen und "abgewertet", hat aber nicht funktioniert. Und Protektion war auch damals die Antwort. Friedman und Rothbard haben hier durchaus "gestritten". Was auch noch mal hier thematisiert wurde http://www.ef-magazin.de/2011/07/04/3070...ards-falschgeld
Damals hatten Staaten noch minimale Schulden, davon kann man heute nicht mehr reden...
Zitat Mir ist diese Angst vor dem Islam nicht nachvollziehbar. Ich sehe darin einen seltsamen abendländischen Selbstzweifel. Wir sind dem Islam in jeder Hinsicht überlegen; bis auf eine: Was das Selbstbewußtsein angeht.
Aber: Das ist der entscheidende Punkt. Wir knicken viel zu häufig ein. Das müssten wir nicht, der Westen ist dem Islam überlegen. Aber daraus kann man noch nicht darauf schliesen, dass der Islam reformierbar ist! Naivität, um nicht zu sagen Übermut, kann jeden zu Fall bringen.
Zitat Wir dürfen nicht auf den Islam starren wie das Kaninchen auf die Schlange und uns vor ihm fürchten. Wir dürfen ihn nicht dämonisieren, sondern müssen ihn als das sehen, was er ist: Eine (gegenwärtig noch) rückständige Religion, die es dringend nötig hat, endlich in der Moderne anzukommen. Dazu können wir gerade in Deutschland beitragen.
Menschen kann man Aufklären, nicht jede Geistesströmung, Religion oder Weltanschauung. Vielleicht ist es möglich, vielleicht auch nicht.
Aber aus einer Überlegenheit des Westens zu schlussfolgern, es werde schon alles gut, ist Naiv. Übermut kommt vor dem Fall.
Warum schliesen so viele, ein selbstbewusster, nicht dämonisierender Blick auf den Islam müsse auch den Glauben an eine Reformierbarkeit jeder Religion, jeder Ideologie beinhalten.
Der Austritt der Menschen aus ihrer (evt. selbstverschuldeten) Unmündigkeit ist nicht mit jeder Weltanschauung vereinbar, sie kann die Ablage bestimmte Weltbilder benötigen.
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