Als bisher "stiller" interesierter Leser möchte ich an dieser Stelle meine Betroffenheit zum Ausdruck bringen. Ein qualitatives Stück Internet geht damit verloren.
Aber im Sinne von Herrn Zettel, denke ich dass diese Arbeit weitergeführt werden sollte. Ich werde diesen Blog weiterhin regelmäßig besuchen.
Diese Aufforderung mag etwas seltsam klingen, daher werde ich versuchen, sie zu begründen. Sind wir traurig Zettels wegen, oder für uns selber?
Uns fehlt er, natürlich. Aber das hat auch was egoistisches. Er hat uns so viel gegeben, wir hätten gern noch mehr davon. Ich denke, wir tun uns selber einen großen Gefallen, wenn wir weniger an das denken, was wir nun nicht mehr bekommen werden, sondern dankbar sind für das was wir schon erhalten haben!
Sind wir Zettels wegen traurig? Dafür gibt es nun gar keinen Grund! C. hat hier: Zukunft von ZR / Zettels kleinem Zimmer dankenswerterweise Zettels Gedanken über den Tod und das Danach verlinkt. Wenn Zettel Recht hatte, geht es ihm jetzt nicht schlecht, und das wäre gut.
Ich bin nicht besonders religiös, aber ich bin sicher, hier war Zettel im Irrtum. Seine Seele wird noch existieren. Und der Weg für ihn führt sicher nach "oben", nicht nach "unten". Da gibt es so viel Neues für ihn zu entdecken, wir sollten ihm das gönnen. Wenn er jetzt aber hier mitliest, wird er sich die Haare raufen, weil er sich uns nicht mehr mitteilen kann in der Art: "Leute, mir geht es doch gut! Macht Euch keine Sorgen um mich." Wollen wir ihn mit dieser Unmöglichkeit belasten, oder nicht doch lieber gehen lassen zu seinen neuen Entdeckungen in dem Wissen, "hier" ist alles gut?
Was am Tod sicher belastend ist, ist die Frage, wie er kommt. Steht einem langes Siechtum bevor, oder geht es schnell? Ich bin sicher, jeder zieht das schnelle Ende vor. Zettel hat das genau so bekommen, das ist doch schön! Stellen Sie sich vor, er hätte einen langen Verfall seiner geistigen Kräfte an sich beobachten müssen! Die Vorstellung, wie er sich da gefühlt hätte, die hätte mich sehr traurig gemacht. So aber bleibt nur Dankbarkeit, das alles in der geringst belastenden Weise passiert ist.
Bitte sehen Sie mir nach, daß diese Abhandlung recht technisch nüchtern geschrieben ist, ich bin halt kein Schriftsteller sondern Technikmensch.
Gruß, H_W
p.s. Sehen Sie mal die Zugriffszahlen dieses Threads! Zettel schlägt Jauch! Da sieht man, wer bedeutend ist.
Woran erkennt man ein linksgrünes Märchen? Es beginnt mit: Es wird einmal sein. __________________________________________ __________________________________________
In den fast sieben Jahren, die der Blog existiert hat - der erste Beitrag "Adieu, Schrippe-Forum!" stammt vom 4. Juni 2006 - hat Zettel ein erstaunliches Kunststück zu Wege gebracht. Gewöhnlich werden Leute in Nachrufen nicht als großer Mann, als wichtige liberale Stimme, als großer Lehrer gewürdigt, die nie ein Buch oder einen Zeitungsartikel veröffentlichten, nie einen Fernsehauftritt hatten, die einfach nur, unter Pseudonym, Texte im World Wide Web veröffentlichten. (Wobei ich natürlich nicht weiß, was er alles unter seinem eigenen Namen veröffentlichte.) Wie bekannt wäre der Unbekannte geworden, wenn er länger seinen Blog betrieben hätte?
Auch mein Alltag ist durch diesen Verlust ärmer geworden.
Zitat p.s. Sehen Sie mal die Zugriffszahlen dieses Threads! Zettel schlägt Jauch! Da sieht man, wer bedeutend ist.
Ich erlebe dieses Phänomen zum ersten Mal. Ich trauere um einen Menschen, den ich nur kurze Zeit durch sein Schreiben erlebt habe. Viele andere Forumsmitglieder haben schon eloquenter und herzlicher als ich es je könnte, ausgedrückt, was Zettel und die Diskussionen im Zimmer für sie bedeutet haben.
Mir ist es ein Trost, in diesem Thread zu lesen, vielleicht ist es die Anonymität im Netz, die es dem Einzelnen ermöglicht, sein Herz zu öffnen. Die Anteilnahme, die aus den Beiträgen spricht, ist offener und soviel klarer als alles, was ich auf Friedhöfen gehört und selber gesagt habe. Ich empfinde das als sehr wohltuend und bin dankbar.
Ich wünsche mir sehr, dass es einen Space geben wird, in dem die von Zettel gepflegte Diskussionskultur weiterleben kann. Diese Forum ist der einzige Grund, aus dem ich mich durchringen konnte, mich mit politischen Themen zu befassen. Wissen und Achtung vor der Meinung des Anderen treffen sich in in anregendem Miteinander.
Und mit der Zeit wird die Trauer in die viel beschworene Zeit der dankbaren Erinnerung übergehen.
Ich habe Zettels Raum erst vor sehr kurzer Zeit für mich entdeckt, Grund war das Interview mit Cora Stephan. Seitdem bin ich regelmäßig auf seiner Seite, weil mir seine Gedanken zu politischen Entwicklungen, aber auch zu kulturellen Dingen, Orientierung und Rat gegeben haben. Ich war kein aktiver Leser, und erst jetzt habe ich den Weg ins Forum/ins kleine Zimmer gefunden. Als ich gestern nicht schlafen konnte, ging ich einmal wieder auf Zettels blog. Ich war geschockt über die Nachricht seines Todes. Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen, seiner Familie und auch all jenen, die hier jahrelang diskutiert, gestritten und laut gedacht haben.
Ich möchte an dieser Stelle meinem Mitgefühl für Zettels Angehörige Ausdruck verleihen.
Wenn ich darüber nachdenke, bin ich wohl ein gar nicht so schlechtes Beispiel dafür, was Zettel durch seine unermüdliche Arbeit zu bewegen vermochte: Mit meinen 24 Jahren darf ich sagen, dass Zettels Essays und Artikel meine geistige Entwicklung in den letzten 5-6 Jahren mit Sicherheit maßgeblich beeinflusst haben. An dieser Stelle möchte ich dafür ein letztes Mal meinen Dank aussprechen.
Ein Dank gebührt auch jenen, die sich nach seinem Tod für Zettels Andenken verdient machen. Die Nachrufe haben mich tief berührt. Man kann an den Reaktionen in diesem Thread auch erkennen, dass Zettel es geschafft hat, sich mit Menschen mit charakterlicher Stärke zu umgeben.
#148 RE: Zettel ist tot --------------- Zitat von M.Schneider im Beitrag #139 Es ist wirklich komisch, wie einen eine solche Nachricht berührt, obwohl man den Menschen nie persönlich kennen gelernt hat, ja im Grunde von ihm persönlich fast nichts wusste, da er mit Informationen über seine Person immer hinter dem Berg hielt. ---------------- Aber nein, lieber M.Schneider, das betraf ja nur die offiziellen Fakten wie Name, Adresse, Lebenslauf. Vor allem in den ersten Jahren des Blogs hat er öfter mal Einblick in sein Privatleben gegeben. Ich hatte darüber im September 2009 einen kleinen Mailwechsel mit ihm: ---------------------------
Lieber Kallias
Ich weiß natürlich was sie sagen wollen und da haben sie ja auch Recht.
Was ich meinte ging mehr in die Feinheiten. Ich erinnere mich an eine Diskussion über das dritte Reich, genauer, nicht mal direkt darüber, es ging nur um die Erfindungen in jener Zeit. Ich merkte damals an Zettels Reaktionen, dass ich bei ihm da einen wunden Punkt erwischt hatte. Ich habe die Diskussion dann auch sanft auslaufen lassen, weil ich zu dem Schluss kam, dass Zettel in jener Zeit schlimme frühkindliche Erfahrungen gemacht haben muss, die wohl auch nach über 60 Jahren noch nicht wirklich verarbeitet waren.
Oder bei einer anderen Diskussion, es war schon etwa 2007 oder 2008 vertrat ich damals die Meinung, dass die Freiheit der Bürger in Deutschland immer mehr durch den Staat ka-putt gemacht wird und das viele Menschen deshalb auswandern. Ich sagte, dass man staatlichen Stellen nicht mehr trauen kann, belegte ihm auch einen speziellen Fall unseres Büros. Damals wiedersprach er mir vehement.
Ich war dann sehr verwundert, als Zettel vor etwa 2 Jahren, damals ging es ihm wohl gesundheitlich mal sehr schlecht, plötzlich genau diese meine Meinung postete, bis hin zur Empfehlung für jüngere Leute, Deutschland zu verlassen. Auch in dem Interview mit der Zeitung Welt, mit Frau Cora Stephan wies er nun auf die Beschneidung der Freiheit durch den Staat hin. Offensichtlich hatte er in den Jahren seine Meinung geändert, oder vielleicht wollte er es sich zum Zeitpunkt der Diskussion mit mir noch nicht eingestehen?
Ich weiß es nicht.
Aus diesen Beispielen sieht man eben, das es viele Dinge beim Menschen Zettel gab, Gefühle, Erlebnisse, Veränderungen in der Sichtweise usw. die man eben nicht kannte, die nicht im Blog auftauchten.
Es sind wohl die Dinge, die man nur erfährt, wenn man jemanden sehr gut persönlich kennt, bei persönlichen Gesprächen.
Nun ja, das war es, was ich meinte. Ich hätte auch gerne gewusst, welchen Fachbereich er studiert hat, ich wusste nur, er war Naturwissenschaftler wie ich.
Und obwohl man all diese Feinheiten nicht wusste, ist Zettel einem ans Herz gewachsen. Er war wie ein Freund, den man regelmäßig und gerne kontaktierte auch wenn man in Manchem anderer Meinung war, manchmal sogar deutlich und sich dann auch gestritten hat - daraus erwächst ja aber auch erst die Diskussion. Man suchte eine eigene Bewertung zu einer Sache in der man selber nicht drinsteckte und sagte zu sich, „erst mal sehen was Zettel sagt, das ist immer sachlich, und gut recherchiert“.
Tja, sehr traurig und viel zu früh, ich weiß nicht mal woran er starb, weil es so schnell ging. War es etwa eine Grippe, wissen Sie es?
Am Sonntag früh las ich noch seine letzte Info über Berlusconi und weiß noch, dass ich irri-tiert war, als am Sonntag keine Erweiterungen an Infos kamen. Es war gar nicht Zettels Art, da er das Geschehen immer laufend verfolgte. Und Montag auch nichts. Das hatte mich wirklich sehr stark irritiert, nun weiß ich leider warum, mit dem Grund hatte ich nicht gerechnet.
-- Es bleibt die Frage nach der Zukunft des Blogs.
Nun lieber Kallias, ich möchte mich unbedingt dem Wunsch der anderen Teilnehmer an-schließen, der Blog möge in Zettels Sinn fortgeführt werden, wenn ich auch weiß, der Wunsch ist einfach ausgesprochen, die Umsetzung sehr viel schwerer, schon aus Zeitgründen. Es würde mich aber sehr freuen, wenn es dennoch gelingt.
Den Wechsel auf die vorgeschlagenen fremden Blogs halte ich nicht für die richtige Lösung, das zerstört Zettels Bloggemeinschaft, aber auch den Geist seines Blogs. Sein Blog war immer anders als die aufgezählten Fremdblogs. Und Wamba, na, das sollte sich auch regeln lassen, damit die Zivilisation der Diskussion erhalten bleibt.
In dem Sinne lieber Kallias, aber auch allen Mitautoren und Forumsteilnehmern Herzlich M. Schneider
Ps: den Gruß „Herzlich“ habe ich damals mal Zettel abgeschaut und seit dem auch verwendet. Ich fand ihn so persönlich, viel angenehmer als „mit freundlichem Gruß“, oder nur „Gruß“
Auch für einen Neuling hier eine außergewöhnlich traurige Nachricht! Gerade war der tägliche Besuch des Zimmers zu einem festen Bestandteil des Tages geworden ...
Danke Kallias für die Weitergabe dieser außergewöhnlich traurigen Nachricht.
Seit vier Jahren lese ich hier regelmäßig und war immer begeistert von Zettels Belesenheit, von seinem Engagement und seiner Art und Weise. Auch die Diskussionen hier im kleinen Zimmer waren über die Maßen sachlich und niveauvoll. Er wird mir fehlen, auch wenn er für mich letztlich ein Fremder blieb. Seine klugen Worte und scharfen Gedanken haben mich mehr als einmal dazu gebracht, meine eigene Meinung zu überdenken, mit Fakten zu untermauern und von Zeit zu Zeit auch mal zu berichtigen.
In Gedanken bin ich bei Zettels Angehörigen und wünsche Ihnen die Kraft, den Verlust mit Würde zu tragen und den Mut, am Ende loszulassen und weiter nach vorn zu blicken.
Zettel hat mit seinem Blog etwas Bemerkenswertes und Einzigartiges geschaffen. David Harnasch schreibt völlig zutreffend, dass man von ihm 'täglich etwas lernen' konnte. Mit seiner Bereitschaft, die richtigen Fragen zu stellen, seiner Fähigkeit, Sachverhalte nüchtern zu analysieren und verständlich zu beschreiben und der unglaublichen Breite und Tiefe seiner - intellektuellen wie menschlichen - Bildung, die ihm half, die Dinge in den passenden Kontext einzuordnen, war er ein begnadeter Lehrer und Mentor, wie unsere Lehrer es hätten sein sollen, ein unvoreingenommener Wissenschaftler und Forscher, wie Wissenschaftler eigentlich sein sollten und auch ein redlicher Journalist, wie es heute leider kaum mehr welche zu geben scheint. In den vergangenen zwei Jahren ist auch mir Zettels Raum zu der 'Oase der Vernunft' geworden, als die Cora Stephan ihn sehr passend beschrieb. Zettel wird fehlen, und er fehlt jetzt bereits.
Über den intellektuellen Verlust für die vielen Menschen, die von Zettel lernen durften, sollten wir aber auch nicht den - viel schwerer wiegenden - persönlichen Verlust für seine Angehörigen vergessen. Diesen möchte ich meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen und wünschen, dass sie nach angemessener Zeit der Trauer mit Dankbarkeit auf den Weg zurückblicken können, den sie mit diesem außergewöhnlichen Menschen gehen durften.
Zettel hat in seinem 'Kleinen Zimmer' immer auch Christen unterschiedlicher Konfessionen zu Gast gehabt. Das kann ich gut nachvollziehen, denn ich habe mich als Christ im Hause des aufrichtigen Agnostikers stets sehr wohl gefühlt. Deswegen möchte ich Zettel wünschen, was Herr in seinem sehr berührenden persönlichen Nachruf als Abschluss formuliert: "Möge er schauen, was er nicht glauben konnte."
Ich schreibe erst jetzt, weil ich technische Probleme bei der Wiederanmeldung hatte.
Zettel war schon ganz lange mein Periskop, mit dessen Hilfe ich aus dem, in eigener trüber Brühe, abgetauchten U-Boot Deutschland einen Rundumblick auf die Wirklichkeit tun konnte. Schon Sommer 2007 entdeckte ich Ihn, da bin ich richtig dankbar für. Unglaublich viel habe ich von diesem Mann gelernt und Ihn mit dem einen oder anderen Kommentar auch erheitert oder informiert. Er fehlt mir so sehr wie allen Anderen Lesern. Gestritten haben wir nur einmal, nämlich über bemannte Raumfahrt. Er, als Betonkopf dagegen, ich als Betonkopf dafür.
Nun noch eine praktische Frage. Gibt es finanzielle Probleme bei der Weiterführung des Blogs? Oder finanziert er sich über das bißchen Werbung? Wenn nicht, müssen wir doch alle regelmäßig etwas spenden? Oder?
Woran erkennt man ein linksgrünes Märchen? Es beginnt mit: Es wird einmal sein. __________________________________________ __________________________________________
Ich bin erschüttert. Wie traurig. Ein Schock. Ich werde ihn sehr vermissen. Mein herzliches Beileid an seine Familie und alle die ihm real oder virtuell nahe standen.
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