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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Doeding Offline




Beiträge: 2.612

09.06.2013 10:50
Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Gleichsam als ergänzend zum gestrigen Beitrag Erling Plaethes kann dieser Beitrag verstanden werden, der die Folgen eines großflächigen, langandauernden Stromausfalles beleuchtet. Interessanterweise ging die Diskussion zu Erling Plaethes Beitrag hier im Kleinen Zimmer fast prophetisch bereits in diese Richtung; einschließlich der Erwähnung des Berichtes, der Grundlage meines Artikels ist.

Jakob Nierstein Offline



Beiträge: 133

09.06.2013 15:49
#2 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

In Bremen Neustadt hatten wir seit dem 21. März zwei Stromausfälle. Über die Ursache wurde bislang geschwiegen. Der erste Stromausfall war 6:45 Uhr, sodass die meisten Menschen ihn nicht bemerkt haben dürften, aber der zweite Stromausfall war dann zwischen 10 und 11 Uhr, werktags! Bei uns in der Firma gingen plötzlich alle Monitor aus. Ich bin 32 Jahre alt, bin in der DDR geboren und habe dort noch einige Stromausfälle mitgemacht. Diese waren aber häufig bei Unwetter. Auch nach der Wiedervereinigung waren Stromausfälle dann, wenn es Orkan gab. Aber nachdem in der ersten Hälfte der 90er das Stromnetz modernisiert wurde, hieß Orkan nicht zwangsläufig mehr Stromausfall.

Nun erlebe ich innerhalb von zweieinhalb Monaten zwei Stromausfälle bei moderatem Wetter. In der DDR fiel der Strom in Extremwetterlagen aus, heute aber bei normalen Wetter. Die Energiewende schafft es, dass die Energieversorgung unzulässiger wird als sie in der DDR der 1980er Jahre war.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.513

09.06.2013 17:00
#3 RE: Wir sind nicht allein Antworten

Energiewendistan ist nicht die einzige Gegend, wo man das Motto "Überholen ohne Einzuholen" als zukunftsträchtig ansieht:

Christopher Booker im Telegraph: "MPs want to turn your lights off"

Zitat Telegraph 08 June 2013
___________
Last Tuesday something happened in the House of Commons so weird that it must be counted as one of the more terrifying episodes in the entire history of our Parliament. ... What MPs were being asked to endorse was that, within just six years, we should all be forced by law to make a mind-boggling cut in how much electricity we are allowed to use.
(...)
By 2020, it said, Britain must reduce its electricity use by “103 terawatt hours”, rising by 2030 to “154 terawatt hours”. This could have been understood only by someone aware that we currently use each year some 378 “terawatt hours”. So what was being proposed was that this must be cut down in six years by 27 per cent – more than a quarter – rising 10 years later to a cut of more than 40 per cent, or two fifths.
___________

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

09.06.2013 18:19
#4 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Jakob Nierstein im Beitrag #2
In Bremen Neustadt hatten wir seit dem 21. März zwei Stromausfälle.
Schöne Anektode, über die Versorgungssicherheit in Deutschland sagt das eigentlich gar nichts aus.

Mehr schon der SAIDA-Wert, leider nur bis 2011: http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1911...04E30BCC5D41404
Im Vergleich mit einigen anderen europäischen Ländern: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Ausfa...n_Stromnetz.gif

Und ein Kommentar vom Experten:
Zitat von Meister Petz im Beitrag RE: Deutschland im Öko-Würgegriff (34): Offshore-Windparks
Zusammenfassend: Das Risiko eines Stromausfalls steigt, aber auf sehr niedrigem Niveau. Dennoch sollte man was tun und die Netze ausbauen. Ich behaupte: Wenn alle Freunde der Energiewende bei der Versorgungssicherheit ein ähnliches Risikobewusstsein hätten wie beim Thema Endlagerung von radioaktivem Material, hätten wir in Deutschland 3.000 km Höchstspannungsleitungen mehr.



edit: Der nächste der nächste Monitoring-Bericht zur Versorgungssicherheit wird 2014 veröffentlicht: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/str...did=292508.html

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

09.06.2013 18:36
#5 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Das gruselige dabei ist ja, dass es keinerlei gesellschaftlichen Impulse gibt, sich auf solche Situationen vorzubereiten. Obwohl das Risiko inzwischen hundertemal höher ist als eine massive Freisetzung von Radioaktivität in Deutschland, werden weiterhin Milliarden im Kampf gegen den "radioaktiven Tod" ausgegeben, aber keine müde Mark gegen den völligen Zusammenbruch unserer industriellen Strukturen. Ich vermute, das hat auch etwas mit dieser völlig irrationalen Liebhaberei für vorindustrielle Strukturen bei unserer linken Journalisten zu tun. Die schwärmen von den glückliche Aborigines - während die gleichen Journalisten zeitgleich per Mail ein Treffen bei ihrem Lieblingsitaliener klarmachen und noch schnell einen Zahnarzttermin zwischenschieben.

Diese völlige Ignoranz, dieses Doppeldenk unserer "4. Macht im Staate" ist erschreckend. Das die (Verzeihung) tumbe Hausfrau vom Lande oder der Jupp vom Bau keine Vorstellung hat, was passieren könnte, kann man schwerlich kritisieren. Aber das Journalisten sich nicht klarmachen, wie abhängig wir von unserer Industriekultur sind, das grenzt schon an Schreibtischtätertum. Wenn es tatsächlich mal zum landesweiten Ausfall des Stromnetzes käme, dann reden wir von tausenden, wenn nicht zehntausenden Toten. OK, aus Sicht der Linken mögen das verschmerzbare Kollateralschäden sein auf dem Weg ins gelobte Energiewende-Land. Und wenn der Netzzusammenbruch dann noch im Winter passieren würde, dann geht´s richtig ab. Das Risiko ist ja gering, keine Frage. Aber immer noch viel, viel höher als das Risiko einer Freisetzung von Radioaktivität aus einem deutschen AKW. Und wenn, ja WENN es zu einem Netzzusammenbruch im Winter käme, dann würden wir uns alle wünschen, es hätte nur so einen kleinen SuperGau gegeben.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

09.06.2013 18:50
#6 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #5
Das gruselige dabei ist ja, dass es keinerlei gesellschaftlichen Impulse gibt, sich auf solche Situationen vorzubereiten. Obwohl das Risiko inzwischen hundertemal höher ist als eine massive Freisetzung von Radioaktivität in Deutschland, werden weiterhin Milliarden im Kampf gegen den "radioaktiven Tod" ausgegeben, aber keine müde Mark gegen den völligen Zusammenbruch unserer industriellen Strukturen. [...]
Das Risiko ist ja gering, keine Frage. Aber immer noch viel, viel höher als das Risiko einer Freisetzung von Radioaktivität aus einem deutschen AKW. Und wenn, ja WENN es zu einem Netzzusammenbruch im Winter käme, dann würden wir uns alle wünschen, es hätte nur so einen kleinen SuperGau gegeben.


Völlig richtig. Ich bin gespannt, wie sich das Ausfallrisiko verändern wird. Letztes Jahr gab es einen einstündigen Komplettblackout in Hannover; 650.000 Menschen ohne Strom. Wann hat es das in Deutschland zum letzten Mal gegeben? Auch wenn dieser Ausfall mit der Energiewende direkt nichts zu tun hatte: durch die völlig unregelmäßige Einspeisung von erneuerbaren Energien scheint das Netz insgesamt instabiler geworden zu sein. Was das für das Risiko eines großen Stromausfalls bedeutet, ist vermutlich noch offen. Jedenfalls darf man die Netzagentur als Bundesbehörde von jeglichem Alarmismus freisprechen, wenn es um die Folgen der Energiewende geht. Ein ausnahmsweise mal ganz interessanter Beitrag auf Zeit online dazu:

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/06/S...ausfall/seite-1

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

09.06.2013 19:40
#7 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #6
Ein ausnahmsweise mal ganz interessanter Beitrag auf Zeit online dazu:

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/06/S...ausfall/seite-1


Der Schlusssatz aus obigen Artikel: Die gute Nachricht: Bald wird sich die Lage entspannen. 2013 gehen neue Kohlekraftwerke ans Netz, auch neue Leitungen werden dann fertig.
Ist das auch wirklich so? Konkret, um welche Kraftwerke und Leitungen handelt es sich?

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

09.06.2013 20:24
#8 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #5
Das[s] die (Verzeihung) tumbe Hausfrau vom Lande oder der Jupp vom Bau keine Vorstellung hat, was passieren könnte, kann man schwerlich kritisieren. Aber das Journalisten sich nicht klarmachen, wie abhängig wir von unserer Industriekultur sind, das grenzt schon an Schreibtischtätertum.

Lieber Frank,
es ist ja rührend, dass Sie um Verzeihung bitten, wenn Sie von der tumben Hausfrau und dem Jupp vom Bau sprechen, gleichwohl ist Ihre Vorstellung, die Sie sich von diesen Menschen machen, ebenso weltfremd wie der Blick unserer Schorrnallje, die in die Welt passt, wie das Schwein aufs Sofa.

Die wenigen tumben Hausfrauen und Jupps, die ich kenne, sind im Vergleich mit den gebildeten Ständen, die unser Land in den Abgrund zu steuern niemals müde zu werden scheinen, auf dererlei Katastrophen besser vorbereitet, als sich mancher Frank2000 vorzustellen vermag.

Einen schönen Sonntag noch …

--
Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

10.06.2013 00:16
#9 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #7
Zitat von Doeding im Beitrag #6
Ein ausnahmsweise mal ganz interessanter Beitrag auf Zeit online dazu:

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/06/S...ausfall/seite-1


Der Schlusssatz aus obigen Artikel: Die gute Nachricht: Bald wird sich die Lage entspannen. 2013 gehen neue Kohlekraftwerke ans Netz, auch neue Leitungen werden dann fertig.
Ist das auch wirklich so? Konkret, um welche Kraftwerke und Leitungen handelt es sich?


Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Bei den Leitungen spielt die Musik momentan im Osten - Ende 2012 ist die Windsammelschiene and Netz gegangen, dann werden heuer noch die Uckermarkleitung und Bärwalde-Schmölln gebaut.

Die Steinkohle kommt dahin, wo man sie erwartet: Kraftwerk Westfalen (Hamm), Duisburg-Walsum, Lünen-Stummhaven und das GDF-Suez-Teil in Wilhelmshaven.

Gruß Petz

"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln

Helmut Erb Offline



Beiträge: 8

10.06.2013 13:48
#10 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Man muß wirklich nicht Elsbergs Bestseller „Blackout“ lesen. Die Bundestagsdrucksache ist genauso spannend.

Aus den regionalen Stromausfällen, die sich in Lübeck und Ostholstein, Eckernförde, Hamburg, Bergedorf, München an sonnigen, windigen Tagen ereignet haben, lernt der aufmerksame Beobachter, was ohnehin jeder wissen könnte:
Die angeblich so dezentralen, verbrauchernahen „Erneuerbaren“ sind auf ein stabiles Stromnetz angewiesen, in das sie einspeisen können. Fällt das allgemeine Stromnetz wegen eines technischen Defekts aus oder wegen des Mißgeschicks eines Baggerfahrers, dann schalten sie alle sofort zum Eigenschutz ab. Sie leisten eben keinen eigenständigen Beitrag zur Stromversorgung, sondern sind teure Trittbrettfahrer. Immer nutzlos, zu jeder Tageszeit, bei jedem Wetter.
Und beim begrenzten wie beim großflächigen Stromausfall warten sie einfach, bis richtige Kraftwerke das Netz wiederhergestellt haben.

Joachim Offline



Beiträge: 46

10.06.2013 15:18
#11 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Also irgendwie scheinen die deutschen Eliten alle paar Jahrzehnte dem Wahnsinn zu verfallen. Nach dem Kladderadatsch dürfen wir Bürger dann wieder aufräumen, bis die nächste Generation von Besserwissern herangewachsen ist.

Kritiker Offline



Beiträge: 274

13.06.2013 22:06
#12 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Ich möchte hier mal das tun, wozu mein Nick Programm ist - kritisieren.

Zunächst lieber Andreas Döding konzentriert sich der Beitrag im Mittelteil zu stark auf die Darstellung der Studie zum GAU. Eine solche breite Darstellung bei gleichzeitiger sehr stark zusammenfassender Darstellung der anderen Themen, zeigt eine Tendenz zur Angstmacherei, die zu Recht bei anderen politischen Gruppen kritisiert wird. Es hätte völlig genügt, die Ergebnisse der GAU Studie zusammenzufassen und die Studie selbst zu zitieren. Warum ist die Angstmacherei bei den Linken schlecht, aber wenn es um die eigenen Themen geht, ist sie gut?

Dann wird zitiert, dass die Eingriffe der Netzbetreiber daran lagen, dass ZUVIEL Strom eingespeist wird. In einem späteren Beitrag zitieren Sie einen Artikel der Zeit, wo ein Stromausfall daher kommt, dass ein Kohlekraftwerk wegen eines Defektes abgeschaltet wird. Darin word prophezeit, dass es zu Zusammenbrüchen kommt, weil ZUWENIG Energie eingespeist wird. Quintessenz scheint mir zu sein: Egal ob zuviel oder zuwenig, Schuld ist auf jeden Fall die Energiewende. Ich glaube den Prophezeiungen aber schon lange nicht mehr, weil das Argument GAU immer gebracht wird, egal welche Position vertreten wird.

Und am Schluß wird es meines Erachtens sehr problematisch. Die Studie zum GAU betont ausdrücklich die niedrige Wahrscheinlichkeit des GAU Eintritts. Aber für Sie, lieber Andreas Döding ist es klar, dass die Wahrscheinlichkeitsberechnung der Studie falsch ist - wegen der Energiewende. Sie zitieren aber kein Beleg für diese Behauptung. Es mag durchaus sein, dass sich das europäische Verbundnetz weniger stabil verhält als früher, aber auch dafür habe ich keine Daten (ich habe die Behauptung nur hier und da mal gehört - vorzugsweise von einer Unternehmensleitung, die gerne statliche Hilfen haben will), denn es wird zwar etwas über die Anzahl der Eingriffe der Netzbetreiber dieses Jahr berichtet, aber nicht, wie es denn z.B. in den letzten zehn Jahren ausgesehen hat.

Ich bin technisch ein Laie, aber mir fallen vielen mögliche Gründe ein, warum das Verbundnetz instabiler geworden ist (wenn es denn instabiler geworden ist). Zu den möglichen Gründen zählen

- Zunahme des Verbrauchs, z.B. wegen massiver Ausbreitung der Klimaanlagen (in den USA ist das eine Ursache)
- Veralten der Infrastruktur wegen mangelnder Investitionen der Netzbetreiber, also wegen Marktwirtschaft
- Zunahme des Stromhandels - also auch wegen Marktwirtschaft. Der Handel hat zwei Seiten, denn er stabilisiert, weil Ausfälle in einem Land eventuell durch Einspeisung aus einem anderen Land ausgeglichen werden kann. Aber gleichzeitig erhöht sich die Abhängigkeit wegen der Kopplung der Netze.

Es kann auch sein, dass die Energiewende an sich gar nicht das Problem ist, sondern das Management der Energiewende. Schuld sind hier durchaus auch die Unternehmen, die ständig nach staatlichen Hilfen bei ihren Investitionen schreien, weil das politische Klima dafür gerade günstig ist. Und Hilfestellung leistet in allen Fällen das gründliche Ausmahlen eines GAUs.

Meines Erachtens isrt dieses ständig wiederholende Schimpfen auf die Energiewende ziemlich sinnlos. Vielmehr sollten wir darauf drängen, dass die Energiewende gut gemanaged wird und am Ende zu den Vorteilen für Deutschland führt, die ich erwarte.

Der Kritiker

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

14.06.2013 07:53
#13 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Kritiker
Ich möchte hier mal das tun, wozu mein Nick Programm ist - kritisieren.



Schön, daß Sie mal wieder reinschauen, lieber Kritiker.

Zitat
Zunächst lieber Andreas Döding konzentriert sich der Beitrag im Mittelteil zu stark auf die Darstellung der Studie zum GAU. Eine solche breite Darstellung bei gleichzeitiger sehr stark zusammenfassender Darstellung der anderen Themen, zeigt eine Tendenz zur Angstmacherei,



Das kann ich nicht erkennen. Der "Mittelteil" war übrigens mein Hauptanliegen; insofern muß es nicht verwundern, wenn er viel Raum einnimmt. Angstmacherei kann ich nicht erkennen; es handelt sich um eine Kurzfassung der Studie, und die Studie hatte ganz sicher nicht das Ziel der Angstmacherei. Daß einem angst und bange werden kann, wenn man das (Original) liest, ist eine andere Sache. Die Gefahr von größeren Blackouts wird bisweilen nicht nur in ihrer Wahrscheinlichkeit heruntergespielt (insbesondere im Vergleich zu Atomunfällen in D.), sondern auch mit Blick auf die Konsequenzen. Daß es sich hier um eine nationale Katastrophe handeln würde, ist mMn vielen Menschen nicht klar. An dieser Stelle sollte der Artikel informieren; so wie ich mich vor einem Jahr durch Lektüre der Studie informiert habe.

Zitat
Und am Schluß wird es meines Erachtens sehr problematisch. Die Studie zum GAU betont ausdrücklich die niedrige Wahrscheinlichkeit des GAU Eintritts. Aber für Sie, lieber Andreas Döding ist es klar, dass die Wahrscheinlichkeitsberechnung der Studie falsch ist - wegen der Energiewende.



Nein. Die Wahrscheinlichkeitsschätzung stimmte für die Zeit vor/bis zur Energiewende. Die Energiewende wurde aber erst nach der Veröffentlichung der von mir zitierten Studie beschlossen. Und daß es seitdem im Netz knackt im Gebälk wie nie zuvor, kann man der Tagespresse, die nun nicht im Verdacht steht, eine Lobbyveranstaltung der Energiekonzerne zu sein, regelmäßig entnehmen. Hier hat man zusätzliche Risiken für einen Blackout geschaffen und versucht sie nun zu managen, die man ohne Energiewende nie bekommen hätte und die in der Studie noch nicht berücksichtigt werden könnten. Deutsche Hybris halt. Daß die Wahrscheinlichkeit immer noch in einem eher kleinen Bereich liegt, das dürfte so sein. Durch den immensen Schaden (der wohl auch durch einen GAU in einem deutschen AKW kaum erreichbar wäre) ist das Risiko als Produkt aus Wahrscheinlichkeit und maximal möglichem Schaden eben doch hoch und wohl sehr viel höher als bei einem Atomunfall (da hier die Wahrscheinlichkeit sehr viel kleiner und der mögliche Schaden, bei Licht betrachtet, geringer ausfällt).

Zitat
Es kann auch sein, dass die Energiewende an sich gar nicht das Problem ist, sondern das Management der Energiewende.



Es handelt sich um Konsequenzen, des hektischen, überstürzten Ausstiegs aus der Atomenergie. Der hektische, unsortierte Charakter ist aber nun mal das konstituierende Alleinstellungsmerkmal dieser Energiewende. Bis Fukushima hatte man einen relativ entspannten Ausstieg, durch die Laufzeitverlängerungen, geplant. Der ganze Schlamassel, das wird heute oft vergessen, resultierte einzig daraus, daß man den Ausstieg nun schneller meinte hinbekommen zu müssen. Wegen ein paar Jahren also.

Zitat
Meines Erachtens isrt dieses ständig wiederholende Schimpfen auf die Energiewende ziemlich sinnlos.



Nein, einzig ein Leben ohne Mops ist sinnlos. "Wer Fehler A gemacht hat, muß auch Fehler B machen" ist dagegen erschreckende und historische deutsche Tradition.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

14.06.2013 14:13
#14 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #12
- Veralten der Infrastruktur wegen mangelnder Investitionen der Netzbetreiber, also wegen Marktwirtschaft

Da sind wohl die vielen Bürgerinitiativen (+ Lokal- und Landespolitiker) gegen neue Hochspannungsleitungen schuld. Ginge es nach den Netzbetreibern, wäre der 380kV Ring in Österreich schon lange geschlossen. Aber daran geht wohl das christliche oder grüne Abendland zugrunde. Anders ist das nicht zu erklären, dass Parteien die sich 110% der Energiewende verschrieben haben gegen Netzausbau und Speicherausbau sind.

Pirx Offline



Beiträge: 92

14.06.2013 14:19
#15 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #14
Da sind wohl die vielen Bürgerinitiativen (+ Lokal- und Landespolitiker) gegen neue Hochspannungsleitungen schuld. Ginge es nach den Netzbetreibern, wäre der 380kV Ring in Österreich schon lange geschlossen. Aber daran geht wohl das christliche oder grüne Abendland zugrunde. Anders ist das nicht zu erklären, dass Parteien die sich 110% der Energiewende verschrieben haben gegen Netzausbau und Speicherausbau sind.



Etwas Offtopic: Über die Wiener Donauinsel, dank der Wien beim vergangenen Wasser trocken blieb, schreibt der Standard:

Zitat
Heute könnte die Donauinsel vermutlich nicht gebaut werden. Die Vorschriften für ein derartiges Megaprojekt sind mittlerweile viel strenger als in den 60er Jahren. Schon an der Umweltverträglichkeitsprüfung würde es wahrscheinlich scheitern. Eine Baustelle muss unter anderem auf Staubentwicklung, Lärmbelastung und CO2-Bilanz geprüft werden. "Das wäre wahrscheinlich negativ ausgegangen", sagt Hannes Gabriel, ebenfalls Geschäftsführer bei DonauConsult.



Gut, dass man das schon in den 70ern gebaut hat - sonst wäre Wien ziemlich unter Wasser gewesen. Dafür wäre aber die Umwelt intakt geblieben

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

15.06.2013 10:04
#16 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Lieber Kritiker,

ich kenne mich zufällig ein bisschen im deutschen Stromnetz aus und konzentriere mich deshalb auf Ihren Teil zum Netzbetrieb:

Zitat von Kritiker im Beitrag #12
Dann wird zitiert, dass die Eingriffe der Netzbetreiber daran lagen, dass ZUVIEL Strom eingespeist wird. In einem späteren Beitrag zitieren Sie einen Artikel der Zeit, wo ein Stromausfall daher kommt, dass ein Kohlekraftwerk wegen eines Defektes abgeschaltet wird. Darin word prophezeit, dass es zu Zusammenbrüchen kommt, weil ZUWENIG Energie eingespeist wird. Quintessenz scheint mir zu sein: Egal ob zuviel oder zuwenig, Schuld ist auf jeden Fall die Energiewende. Ich glaube den Prophezeiungen aber schon lange nicht mehr, weil das Argument GAU immer gebracht wird, egal welche Position vertreten wird.


Der Widerspruch ist nicht so groß, wie er sich anhört. Die Last im deutschen Stromnetz ist (das beantwortet Ihre Frage nach den Klimaanlagen) eigentlich seit Jahren relativ konstant. Die Einspeisungssituation hat sich aber durch die Energiewende radikal verändert (Stichwort Zufallsstrom). Das größte Problem ist aber geographischer Natur: Die EEs kommen vorrangig aus dem Norden, der Verbrauch ist im Süden. Der Leitungsbau, um das auszugleichen, steckt noch in den Kinderschuhen. So kann es durchaus sein, dass im Norden Wind abgeregelt wird, obwohl im Süden Strom fehlt.

Zitat von Kritiker im Beitrag #12
Ich bin technisch ein Laie, aber mir fallen vielen mögliche Gründe ein, warum das Verbundnetz instabiler geworden ist (wenn es denn instabiler geworden ist).
Lieber Kritiker, damit befinden Sie sich in guter Gesellschaft! Hier ein paar Antworten aus Netzbetreibersicht.

- Zunahme des Verbrauchs, z.B. wegen massiver Ausbreitung der Klimaanlagen (in den USA ist das eine Ursache)
Falsch, der jährliche Stromverbrauch schwankt in den letzten 10 Jahren in Deutschland um max. 10%: https://de.wikipedia.org/wiki/Bedarf_an_...gie#Deutschland

- Veralten der Infrastruktur wegen mangelnder Investitionen der Netzbetreiber, also wegen Marktwirtschaft
Das stimmt zum Teil, nur die Begründung ist falsch. Die Netzinfrastruktur ist seit jeher auf konventionelle Stromerzeugung ausgerichtet, das heißt grundlastfähige Kraftwerke in der Nähe der Verbrauchszentren. Die meisten dieser Leitungen stammen übrigens aus Zeiten, in denen die Energieversorgung noch nicht privatisiert war. Die Energiewende kehrt dieses Verhältnis um, und zwar in einem radikalen Tempo. Ich denke, dass die ursprünglichen rot-grünen Ausstiegspläne leichter zu bewältigen gewesen wären, weil die Kernkraftwerke nacheinander weggenommen wären. Dass Sie den Netzbetreibern vorwerfen, Leitungen nicht gebaut zu haben, die man zur Bauzeit nicht gebraucht hat, ist - verzeihen Sie den Ausdruck - antikapitalistisches Geplärre. Oder meinen Sie der Staat hätte mal eben eine 200 Mio teure Wäscheleine durch den Thüringer Wald hingestellt, durch die kein Strom fließt? Das Thema der Genehmigungsverfahren noch außen vor gelassen - von der Planung bis zum Errichten des ersten Mastes dauert es acht Jahre im Schnitt.

- Zunahme des Stromhandels - also auch wegen Marktwirtschaft. Der Handel hat zwei Seiten, denn er stabilisiert, weil Ausfälle in einem Land eventuell durch Einspeisung aus einem anderen Land ausgeglichen werden kann. Aber gleichzeitig erhöht sich die Abhängigkeit wegen der Kopplung der Netze.
Ich lehne mich nicht sehr weit aus dem Fenster, wenn ich feststelle, dass ohne das europäische Verbundnetz die Lage in Deutschland deutlich brenzliger wäre, weil wir nämlich bei Starkwind im polnischen und tschechischen Netz ganz schön schmarotzen gehen. Abgesehen davon ist die Marktkopplung zwischen benachbarten Netzen insgesamt eine gute Sache, die trägt nämlich zur besseren Auslastung der Kuppelleitungen bei, da der Strom immer die Richtung von billig nach teuer nimmt und den Strompreis senkt.

Zitat von Kritiker im Beitrag #12
Es kann auch sein, dass die Energiewende an sich gar nicht das Problem ist, sondern das Management der Energiewende. Schuld sind hier durchaus auch die Unternehmen, die ständig nach staatlichen Hilfen bei ihren Investitionen schreien, weil das politische Klima dafür gerade günstig ist.

Damit gebe ich Ihnen völlig recht. Diese Unternehmen heißen aber vor allem Windreich, Solarworld, BARD usw.. Es ist doch so: Vor allem die PV- und Offshore-Windparkbetreiber werden über jedes vernünftige Maß hinaus subventioniert, während die konventionellen Reservekraftwerke aufgrund des Einspeisevorrangs nicht mehr rentabel betrieben werden können (auch ein Gaskraftwerk sollte 1500 Stunden im Jahr laufen, damit es Gewinn macht).

Und da sowohl der Kernenergieausstieg als auch der EE-Ausbau völlig unmarktwirtschaftlich erfolgt (die einen bekommen ein Betriebsverbot, die anderen bekommen eine Absatzgarantie, obwohl ihr Produkt nicht gebraucht wird) sind gerade die Kapazitätsreserven, auf die es ankommt, die einzigen, die noch marktwirtschaftlichen Bedingungen unterworfen sind. Und wenn die sich dann völlig zu Recht benachteiligt fühlen, ist das aus Ihrer Sicht der Grund für die Schwierigkeiten bei der Energiewende?

Zitat von Kritiker im Beitrag #12
Und Hilfestellung leistet in allen Fällen das gründliche Ausmahlen eines GAUs.

Lieber Kritiker, auch einem technischen Laien ist es durch das Wiederholen einfacher Experimente (Finger nass machen und hochhalten, aus dem Fenster schauen) möglich nachzuvollziehen, dass eine derart volatile Einspeisung bei ziemlich konstanter Last ein Problem darstellt. Und zwar sowohl bei zu wenig als auch bei zu viel Einspeisung.

Zitat von Kritiker im Beitrag #12
Meines Erachtens isrt dieses ständig wiederholende Schimpfen auf die Energiewende ziemlich sinnlos. Vielmehr sollten wir darauf drängen, dass die Energiewende gut gemanaged wird und am Ende zu den Vorteilen für Deutschland führt, die ich erwarte.
Leider gehen alle politischen Signale der Energiewendefans in den Parteien in eine andere Richtung. Einer Deckelung und Kontrolle des EE-Ausbaus würden die Grünen nicht zustimmen (auch die CSU nicht, weil sie Angst hat, den Bauern ihre Gelddruckmaschine Biogas wegzunehmen), eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren beim Netzausbau, die den Namen auch verdient, ist mit den Kommunen nicht zu machen, und bei der Einrichtung eines Kapazitätsmarktes für Reserveleistungen gibt es auch Probleme, weil man ja kein Geld für böse fossile Brennstoffe ausgeben will.

Gruß Petz

"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

15.06.2013 12:37
#17 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat
Meines Erachtens isrt dieses ständig wiederholende Schimpfen auf die Energiewende ziemlich sinnlos. Vielmehr sollten wir darauf drängen, dass die Energiewende gut gemanaged wird und am Ende zu den Vorteilen für Deutschland führt, die ich erwarte.



Sehr geehrte Kritiker, das klingt ja erst einmal sehr vernünftig. Konstruktive Kritik ist immer besser als bloßes polemisieren. Ich denke Sie können daher auch folgender Forderung zustimmen:

Meines Erachtens ist dieses ständige Schimpfen und Dämonisieren der Kernenergie ziemlich sinnlos. Vielmehr sollten wir darauf drängen, dass die Kernenergie und ihre Weiterentwicklung gut gemanaged wird und am Ende zu den Vorteilen für Deutschland führt, die ich von ihr erwarte.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Kritiker Offline



Beiträge: 274

15.06.2013 19:40
#18 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Hallo Meister Petz

Danke für die erhellenden Anmerkungen, es ist gut, jemanden zu haben, der sich auskennt

Zitat von Meister Petz im Beitrag #16

Das stimmt zum Teil, nur die Begründung ist falsch. Die Netzinfrastruktur ist seit jeher auf konventionelle Stromerzeugung ausgerichtet, das heißt grundlastfähige Kraftwerke in der Nähe der Verbrauchszentren. Die meisten dieser Leitungen stammen übrigens aus Zeiten, in denen die Energieversorgung noch nicht privatisiert war. Die Energiewende kehrt dieses Verhältnis um, und zwar in einem radikalen Tempo. Ich denke, dass die ursprünglichen rot-grünen Ausstiegspläne leichter zu bewältigen gewesen wären, weil die Kernkraftwerke nacheinander weggenommen wären.



Würden Sie also zustimmen, wenn man sagt, dass das Problem also darin liegt, dass Haupt-Erzeuger und Verbraucher weiter auseinander liegen als geplant und dass die Netzinfrastruktur darauf noch nicht ausgelegt ist?
Kann es ausserdem auch sein, dass die Menge der kleinen Einzelerzeuger Regelungstechnisch nicht so gut angebunden sind, wie dies ein Kraftwerk wäre, es also auch an dem Ausbau der Regelungstechnik noch fehlt?

Diese Aussagen wären aber ein Ausdruck der Aussage: "Die Energiewende ist machbar, wird aber in Deutschland schlecht gemacht"

Der kritiker

Kritiker Offline



Beiträge: 274

15.06.2013 19:52
#19 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #17

Sehr geehrte Kritiker, das klingt ja erst einmal sehr vernünftig. Konstruktive Kritik ist immer besser als bloßes polemisieren. Ich denke Sie können daher auch folgender Forderung zustimmen:

Meines Erachtens ist dieses ständige Schimpfen und Dämonisieren der Kernenergie ziemlich sinnlos. Vielmehr sollten wir darauf drängen, dass die Kernenergie und ihre Weiterentwicklung gut gemanaged wird und am Ende zu den Vorteilen für Deutschland führt, die ich von ihr erwarte.


Als Physiker habe ich keinerlei Probleme mit Kernkraftwerken - hatte ich nie. Es gibt hier zwei zentrale Probleme - der Brennstoff und die Radioaktivität.

Uran als Brennstoff ist wie die fossilen Brennstoffe begrenzt, die Idee des Brüters hat sich nicht durchgesetzt, wohl auch weil Plutonium so extrem giftig ist.
Radioaktivität ist eine Gefahr, die zwar in der öffentlichen Aufmerksamkeit überschätzt wird, aber trotzdem da ist und das Potenzial hat, ganze Landstriche auf lange Zeit zu verseuchen. Fukushima hat in dieser Hinsicht zwar keine langfristigen Folgen, weil die Katastrophe letztendlich nicht eingetreten ist (es wurden nur relativ geringe Mengen an die Umwelt abgegeben), aber Tschernobyl hat gezeigt, was passieren kann, wenn nicht Geld und Technik zur Verfügung steht.
Der radioaktive Abfall ist auch problematisch, irgendwie will den keiner haben.

Wenn ich die Wahl hätte, meine Energie aus Kernkraft oder aus Wind/Sonne/Wasser zu erhalten, würde ich Wind/Sonne/Wasser vorziehen. Diese Techniken sind regernativ und haben kaum Zerstörungspotenzial.
Kernkraft kann also meines Erachtens höchstens eine Übergangslösung sein, bis wir die regerativen Energien technisch im Griff haben. Dies gilt auch für die Fusion, denn dort haben wir wegen der vielen Neutronen auch ein Problem mit der Radioaktivität.

Der Kritiker

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

15.06.2013 20:50
#20 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #18

Diese Aussagen wären aber ein Ausdruck der Aussage: "Die Energiewende ist machbar, wird aber in Deutschland schlecht gemacht"



Ich denke, "machbar" würde jeder unterschreiben. Aber halt zu immensen Kosten.

Sie hatten hingegen behauptet, eine gut gemanagte Energiewende könne am Ende zu Vorteilen für Deutschland führen. Das dürfen Sie gerne etwas präziser ausführen, ich habe da offenbar zuwenig Phantasie, um solche Vorteile mir vorstellen zu können.

Gruß,
hubersn

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

15.06.2013 21:09
#21 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #19

Als Physiker habe ich keinerlei Probleme mit Kernkraftwerken - hatte ich nie. Es gibt hier zwei zentrale Probleme - der Brennstoff und die Radioaktivität.

Uran als Brennstoff ist wie die fossilen Brennstoffe begrenzt,



Das hört man immer wieder, und es ist natürlich ein richtiges Argument - alles ist irgendwie begrenzt (außer der menschlichen Dummheit, wenn man Einstein glauben darf). Aber kein stichhaltiges, weil diese "Begrenzung" uns frühestens in ein paar Jahrhunderten trifft, und das auch nur, wenn wir ab sofort den gesamten Energiebedarf per Kernenergie decken und wir auf Wiederaufarbeitung verzichten. Jedenfalls sind Kohle, Öl und Gas deutlich begrenzter, es ist also auf keinen Fall ein Argument dafür, auf Kernenergie zu verzichten und stattdessen auf Kohle, Öl und Gas zu setzen (wie wir es in Deutschland z.B. tun).

Zitat

die Idee des Brüters hat sich nicht durchgesetzt, wohl auch weil Plutonium so extrem giftig ist.



Plutonium ist eigentlich nicht besonders giftig. Halt ein Schwermetall, das ein wenig strahlt.

Brüter sind halt teurer als klassische "langsame" Reaktoren, und im Angesicht riesiger Uranreserven gibt es keinen zwingenden Grund, Brüter einsetzen zu wollen. Abgesehen davon: ein Thorium-Brüter würde kein Plutonium erbrüten.

Zitat

Radioaktivität ist eine Gefahr, die zwar in der öffentlichen Aufmerksamkeit überschätzt wird, aber trotzdem da ist und das Potenzial hat, ganze Landstriche auf lange Zeit zu verseuchen. Fukushima hat in dieser Hinsicht zwar keine langfristigen Folgen, weil die Katastrophe letztendlich nicht eingetreten ist (es wurden nur relativ geringe Mengen an die Umwelt abgegeben), aber Tschernobyl hat gezeigt, was passieren kann, wenn nicht Geld und Technik zur Verfügung steht.



Das einzige, was Tschernobyl gezeigt hat war, dass es keine gute Idee ist, einen graphitmoderierten Druckröhrenreaktor ohne Sicherheitsbehälter und anständiges Containment zu betreiben und damit leichtsinnige Experimente in einem kommunistischen Land von einer unerfahrenen Betriebsmannschaft durchführen zu lassen.

Zitat

Der radioaktive Abfall ist auch problematisch, irgendwie will den keiner haben.



Wenn das Uran so knapp ist, wie Sie glauben, wird man uns den Abfall aus den Händen reißen.

Ansonsten ist es natürlich eine Binsenweisheit, dass Abfall niemand haben will. Egal, ob er radioaktiv ist oder nicht. Wichtig zu wissen ist: die Abfallmengen sind extrem gering, und mit der Zeit wird der Abfall immer weniger gefährlich. Durch geeignete Nachbearbeitung ist diese Zeit sogar überschaubar.

Zitat

Wenn ich die Wahl hätte, meine Energie aus Kernkraft oder aus Wind/Sonne/Wasser zu erhalten, würde ich Wind/Sonne/Wasser vorziehen. Diese Techniken sind regernativ und haben kaum Zerstörungspotenzial.
Kernkraft kann also meines Erachtens höchstens eine Übergangslösung sein, bis wir die regerativen Energien technisch im Griff haben.



Das Zerstörungspotenzial von Wasserkraft ist immens (und noch viel größer, wenn man dieselben Maßstäbe anlegt wie Kernkraftgegner es gerne bei KKWs tun). Und auch Wind und Photovoltaik sind nicht ganz harmlos und haben auf jeden Fall schon mehr Menschenleben gefordert als die friedliche Nutzung der Kernenergie. Und die höheren Kosten von Wind und Photovoltaik sorgen natürlich indirekt für weiteren Verlust von Menschenleben.

Ehrlich gesagt verstehe ich auch nicht, wie wir jemals die naturgegebenen Nachteile von Wind und Photovoltaik "technisch in den Griff" bekommen sollen. Ein Durchbruch bei den Kosten von Speichertechnologie würde ja allen Arten der Stromerzeugung zugute kommen.

Gruß,
hubersn

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

15.06.2013 23:50
#22 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat
Uran als Brennstoff ist wie die fossilen Brennstoffe begrenzt



Die Frage ist, ob das für uns relevant ist.

Zitat

Radioaktivität ist eine Gefahr, die zwar in der öffentlichen Aufmerksamkeit überschätzt wird, aber trotzdem da ist und das Potenzial hat, ganze Landstriche auf lange Zeit zu verseuchen. Fukushima hat in dieser Hinsicht zwar keine langfristigen Folgen, weil die Katastrophe letztendlich nicht eingetreten ist (es wurden nur relativ geringe Mengen an die Umwelt abgegeben), aber Tschernobyl hat gezeigt, was passieren kann, wenn nicht Geld und Technik zur Verfügung steht.



Aber Deutschland hat Geld für die Anfangsinvestitionen und Technik - ob es auch genügen Geld für das Zufallsstromparadies hat, ist eine andere Frage.

Zitat

Wenn ich die Wahl hätte, meine Energie aus Kernkraft oder aus Wind/Sonne/Wasser zu erhalten, würde ich Wind/Sonne/Wasser vorziehen. Diese Techniken sind regernativ und haben kaum Zerstörungspotenzial.



Und den letzten Satz halte ich für eine Phrase. "regenerativ", was soll der Begriff für eine Relevanz habe? Solarmodule halten nicht ewig, Windräder verschleißen, von den Gesamtkosten sind diese daher nicht billiger (auch wenn die Kernenergie gerne durch selektive Betrachtungen in grünen "Studien" teuer gerechnet wird) - und Verbrauchen auch Ressourcen. Ein niedrigeres Zerstörungspotential hilft gar nicht, wenn eine Zivilisation auf heutigem Stand damit nicht machbar ist. Wenn das Zerstörungspotential unter dem Strich den Überhaupt niedriger ist (es gibt nicht nur Reaktortypen mit ausgerechnet Graphit als Moderator).

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

16.06.2013 00:01
#23 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Zitat
Ein Durchbruch bei den Kosten von Speichertechnologie würde ja allen Arten der Stromerzeugung zugute kommen.



Zumal die Speicher im Zusammenspiel mit konventionelle Kraftwerken gleichmäßiger verwendet werden können.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

16.06.2013 01:17
#24 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

Lieber Kritiker!

Meine Anmerkungen sind rein aus Netzbetreibersicht. Der Netzbetreiber hat einen einzigen Auftrag, der heißt Versorgungssicherheit. Und zwar egal, was die politischen Rahmenbedingungen sind. Er kann die Energiewende als solches für sinnvoll halten oder nicht, aber die Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass jeder Deutsche 24/7 Strom hat. Insofern ist er neutral gegebüber den Energiequellen und benennt Risiken lediglich aus dem Blickwinkel der Versorgungssicherheit. Die wirtschaftliche Sicht ist eine ganz andere, aber dazu haben sich ja schon Forumskollegen geäußert.

Zu Ihren Fragen:

Zitat
Würden Sie also zustimmen, wenn man sagt, dass das Problem also darin liegt, dass Haupt-Erzeuger und Verbraucher weiter auseinander liegen als geplant und dass die Netzinfrastruktur darauf noch nicht ausgelegt ist?


So wäre es, wenn irgendetwas geplant gewesen wäre. Ist es aber nicht. Die Einspeisevergütung und der Einspeisevorrang machen Wind und PV so attraktiv, dass die Dinger sich unkontrolliert vermehren, und zwar da, wo sie am meisten Rendite versprechen. Und gerade der Windenergieausbau in Niedersachsen und Schleswig-Holstein (da ist im Vegleich mehr Wind als im Süden) hat das Erzeugungsgewicht schwer nach Norden verlagert. PV gibt es im Süden auch, da ist aber die Volatilität noch viel höher, in der Nacht und im Winter bringt die gar nix.

Das Problem ist, dass die EE-Ziele rein quantitativ sind. Ein möglichst hoher Anteil an installierter Leistung genügt, dass die Politiker sich hinstellen können und sagen "hach, das haben wir aber fein gemacht". Und damit die Betreiber auch richtig Asche machen können, gibt es einen Einspeisevorrang. Strenggenommen heißt das: Nur wenn die EE nicht reicht, werfen wir ein Konvikraftwerk an, und wenn wir zu viel haben, müssen alle Konvis stillstehen, bevor wir die erste Windmühle ausmachen.

Wir haben uns mit der Energiewende ohne Not von einer Nachfrageorientierten zu einer Angebotsorientierten Stromversorgung entwickelt(man möchte hinzufügen: wie in Drittweltstaaten, wo das Licht dann angeht, wenn gerade Sprit für den Generator eingetroffen ist).

Der Netzbetreiber muss damit umgehen. Als Physiker wissen Sie, dass man Strom nicht wie Kartoffeln auf Halde produzieren kann und eine möglichst reiche Ernte nicht zur Effizienz der Energieversorgung beiträgt. Und auch, dass die Spannungs- und Frequenzstabilität gewährleistet sein muss - und die bekomme ich dann am besten, wenn ich möglichst genau das einspeise, was verbraucht wird. Die Last kann ich ziemlich genau voraussagen, bei der Einspeisung brauchte ich es früher nicht. Heute muss ich das, und die Wetterprognosen sind immer fehleranfällig, gerade bei PV. Es gab z. B. auch keinen Anreiz für einen Kraftwerksbetreiber, teuren Brennstoff für Strom zu verfeuern, den man nicht verkaufen kann. Bei den EE ist das anders: Die pumpen das allerletzte Watt ins Netz, weil die Kasse klingelt, egal ob das Zeug wer haben will.

Da in absehbarer Zeit der Einspeisevorrang für EE nicht fällt, gibt es für den Netzbetreiber nur zwei Alternativen: Leitungen bauen und Kapazitäten zur Reserve und Regelung vorhalten. Der Leitungsbau ist aufgrund der langwierigen Genehmigungsverfahren vielleicht in den nächsten 10 Jahren zu bewältigen. Und bis dahin steigt das Blackoutrisiko an. Was die Kapazitätsreserven angeht: Über kurz oder lang wird ein nennenswerter Anteil der Stromrechnung für thermische Kraftwerke draufgehen, die nicht laufen, sondern von den Netzbetreibern gekauft oder gemietet werden und für wind- und sonnenarme Zeiten vorgehalten werden. Der Stolz der deutschen Energieerzeugung, der Koloss von Irsching, steht mittlerweile bei TenneT unter Vertrag: http://www.focus.de/finanzen/news/subven...aid_973161.html . Das ist der Preis der Energiewende.

Zitat
Kann es ausserdem auch sein, dass die Menge der kleinen Einzelerzeuger Regelungstechnisch nicht so gut angebunden sind, wie dies ein Kraftwerk wäre, es also auch an dem Ausbau der Regelungstechnik noch fehlt?t"


Sie würden sich wundern, wir können auch Tante Ernas Solardach ausmachen, wenn wir wollen. Dürfen wir aber nicht - Einspeisevorrang. Abgesehen ist es unwirtschaftlich, wir müssen ja Tante Erna trotzdem die Einspeisevergütung bezahlen - dadurch steigt die EEG-Umlage.

Zitat
Diese Aussagen wären aber ein Ausdruck der Aussage: "Die Energiewende ist machbar, wird aber in Deutschland schlecht gemacht


Das Pferd ist von hinten aufgezäumt worden, weil man nur so schnell wie möglich installierte Leistung haben wollte. Und da die Einspeisevergütungen garantiert sind, kommt man so einfach nicht mehr raus, ohne den Zorn von 100000 Tante Ernas hervorzurufen. Wenn man koordiniert Netzausbau, Kernenergieabschaltung, EE-Ausbau und Kapazitätsreserven ins Verhältnis gesetzt hätte, wäre es zwar immer noch ein teures Prestigeprojekt, das mehr emotionale als sachliche Vorteile hätte, aber kein so gefährliches mehr. Allerdings auch nicht mehr so spektakulär, was die Zahlen angeht. Und so funktioniert nun mal Politik..

Gruß Petz

"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln

Nola Offline



Beiträge: 1.719

16.06.2013 08:41
#25 RE: Kaskadeneffekte der Energiewende Antworten

http://www.bundestag.de/dokumente/textar...ehnt/index.html

Zukunft der Solarindustrie:
Bei Enthaltung der Grünen hat der Bundestag am 13. Juni einen Antrag der Linksfraktion (17/13242) abgelehnt, die Zukunft der Solarindustrie zu sichern. Die Fraktion hatte unter anderem ein Unterstützungsprogramm mit zinsgünstigen Krediten für die Fotovoltaikindustrie und Förderprogramme für kommunale Investitionen in erneuerbare Energien verlangt. Bei Enthaltung der SPD und gegen das Votum von Linksfraktion und Grünen lehnte das Parlament einen Antrag der Grünen (17/9742) ab, die Solarwirtschaft zu stärken, etwa durch einen Speicherbonus zur stärkeren Netzintegration erneuerbarer Energien oder durch staatliche Kreditbürgschaften und ein Kreditprogramm der staatlichen KfW-Bankengruppe. Der Bundestag folgte einer Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (17/13794).

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

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